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Indikationen und Kontraindikationen

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PRAXISÜbersichtsartikel Praxis 2005; 94: 1555–1560 1558MedikationDer medikamentösen Behandlung sind inder hausärztlichen Praxis engere Grenzengesetzt als im stationären Rahmen. Gründedafür sind die geringere Compliance, diegeringeren Überwachungsmöglichkeiten,das höhere Risiko für intermittierenden Alkoholkonsum<strong>und</strong> das schwächere Abgabemanagement.Derzeit stehen für den ambulantenAlkoholentzug folgende Medikamente(<strong>und</strong> deren Verwandte) im Vordergr<strong>und</strong>[5] (Tabelle 3).Im Gegensatz zum stationären Entzug eignetsich Clomethiazol zum ambulantenEinsatz nicht [5,22]. Als Gründe dafürwerden v.a. die geringe therapeutischeBreite, die erheblichen Nebenwirkungen(v.a. bronchiale Hypersekretion, d.h. absoluteKontraindikation bei Patienten mitCOPD), der additive Effekt mit Alkohol(Atemdepression) <strong>und</strong> das Abhängigkeitspotentialangegeben.Als Medikamentengruppe der ersten Wahlfür den ambulanten Entzug werden trotzihres erheblichen Abhängigkeitspotentialsdie Benzodiazepine empfohlen. Dem Abhängigkeitsrisikokann durch eine täglicheDosisanpassung <strong>und</strong> Abgabe von Tagesportionenweitgehend begegnet werden.Carbamazepin wird ebenfalls als Entzugsmedikamenterster Wahl eingestuft, wobeiaber seine Wirksamkeit bei schweren Entzugssyndromen<strong>und</strong> beim Delir unzureichendsein kann. Positiv ist dagegen dieTatsache, dass Carbamazepin kein Abhängigkeitspotentialhat. Auch bei fortgeschrittenerLebererkrankung ist sein Metabolismusunverändert. Es gibt Hinweisedarauf, dass durch die Verabreichung vonCarbamazepin die Zeit der Arbeitsunfähigkeitim Vergleich zur Anwendung andererEntgiftungsmedikationen gesenkt werdenkann [29], was vermutlich auf den wenigersedierenden Effekt zurückzuführen seindürfte.In jüngster Zeit wird die Kombination vonCarbamazepin mit Tiaprid vorgeschlagen[30, 31]. Bei Tiaprid handelt es sich um einBenzamid-Derivat, das als selektiver D2-Antagonist (also am dopaminergen System)wirkt. Es bewirkt eine gute Dämpfungpsychomotorischer Unruhe <strong>und</strong>beeinflusst die vegetative SymptomatikTab. 3: Wirkungsspektrum der im Alkoholentzug hauptsächlich eingesetzten Medikamenteantiepileptisch sedierend atemdepressiv antidelirant vegetativregulierendTiaprid nein nein nein ja jaCarbamazepin ja (ja) nein ja neinDiazepam ja ja ja (ja) neinClomethiazol ja ja ja ja (nein)Haloperidol epileptogen nein (ja) (ja) neinKey messagesgünstig. Die Nebenwirkungen sollen geringsein. Da Tiaprid selbst keine antikonvulsiveWirkung besitzt, wird die Kombinationmit Carbamazepin empfohlen.Diese neuere Entwicklung ist bisher nochwenig untersucht, eröffnet aber eine vielversprechendePerspektive. In der Schweizist Tiaprid derzeit für den Alkoholentzug(noch) nicht zugelassen.Alkoholabhängige Patienten zeigen oft einVitamin-B-Defizit <strong>und</strong> gleichzeitig einenerhöhten Bedarf. Dies kann in der Entzugssituationzu dramatischen neurologischenFolgestörungen (Wernicke-Hirnschädigung,Korsakow-Psychose) führen.Deshalb ist eine hochdosierte Vitamin-B-Substitution in der Entzugssituation <strong>und</strong>Wochen darüber hinaus zu empfehlen [32].ZusammenfassendeBemerkungenDie ambulante Entgiftung stellt häufig einegute Alternative zur stationären Entgiftungdar. Da es sich dabei aber nach wievor um eine Massnahme mit beträchtlichemRisiko <strong>und</strong> potentieller Letalitäthandeln kann, sollten im Zweifelsfalle die● Ein anamnestisch bekannter Krampfanfall <strong>und</strong>/oder ein Delir sind <strong>Kontraindikationen</strong>für den ambulanten Entzug.● Die Suizidalität kann im Rahmen des Entzuges oft überraschend zunehmen. Suizidalitätist deshalb ebenfalls eine Kontraindikation für den ambulanten Entzug.● Der ambulante Alkoholentzug ist für den Hausarzt zeitaufwändig wegen der täglichenKontrollen während der eigentlichen Entzugsphase, aber auch wegen der Notwendigkeitder engmaschigen Weiterbetreuung in der Postalkoholentzugsphase.● Die Medikamentengruppe der Wahl beim ambulanten Alkoholentzug sind dieBenzodiazepine.Lernfragen1. Mit welchem Untersuchunginstrument kann die Risikoeinschätzung beim ambulantenAlkoholentzug vorgenommen werden?a) MALTb) LARSc) AESd) a) oder b)2. Welche Aussage über Clomethiazol (Distraneurin ® ) ist falsch?a) Clomethiazol kann zu einer bronchialen Hypersekretion führen.b) Clomethiazol kann mit Alkohol einen additiven Effekt haben.c) Clomethiazol hat eine grosse therapeutische Breite.d) Clomethiazol hat ein Abhängigkeitspotenzial.

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