Tab1Charakteristika der 4 randomisierten Screeningstudien ... - BDC
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ekommen und dort alles zentralisiert wird. Die größten<br />
Kassen werden dann die an<strong>der</strong>en verdrängen, Wettbewerb<br />
gibt es nicht mehr – auch zu Lasten von Leistungserbringern<br />
und Patienten. Der schon lange nicht mehr zutreffende<br />
Gemeinwohl-Status mit entsprechenden Steuervorteilen<br />
für GKV-Kassen ist damit endgültig ad absurdum geführt.<br />
Auf EU-Ebene gab es da schon einmal eine heftige Diskussion,<br />
sie wird wie<strong>der</strong>kommen, weil die Gemeinwohl-Diskussion<br />
und das Pochen <strong>der</strong> GKV-Kassen darauf ein einziger<br />
Krampf war und bleibt. Richtig ist, dass sie in einem<br />
ruinösen und härter werdenden Verdrängungswettbewerb<br />
stehen.<br />
Dabei ist eins längst und belastbar evidenzbasiert:<br />
Recht gehabt und bekommen hat bisher keiner von den „Jahrhun<strong>der</strong>treformern“,<br />
weil vor allem die gesamtgesellschaftlichen/<br />
gesamtwirtschaftlichen Realitäten konsequent aus den gesundheitspolitischen<br />
Diskussionen ausgeblendet worden sind – meist<br />
aus Angst vor Wahlen.<br />
Eigentlich ist es geradezu „unethisch“ nicht über Priorisierung<br />
und Rationierung zu sprechen, da bisher – trotz ständig<br />
wortreicher Versprechen – alles über ständig wachsende Beiträge<br />
plus Steuern finanziert worden ist und auch wohl weiterhin<br />
finanziert werden soll zu Lasten kommen<strong>der</strong> Generationen,<br />
die einen im Grunde illegalen Schuldenberg schultern müssen,<br />
wenn man den Artikel 115 Grundgesetz als Maßstab nimmt.<br />
Auch bei uns wird dann bald „Griechenland“ kommen, weil wir<br />
ständig mehr versprochen haben als bezahlbar ist.<br />
Natürlich machen das dann in ähnlicher Weise auch Bundeslän<strong>der</strong><br />
und Kommunen nach. Das Defizit <strong>der</strong> Kommunen wird<br />
in diesem Jahr auf 15 Mrd. Euro zusteuern, drei Mrd. mehr als<br />
erwartet. Der Negativrekord aus dem Krisenjahr 2003 hat sich<br />
damit fast verdoppelt. Auch hieran wird das im Grunde seit<br />
Jahrzehnten unehrliche Wachstumsgefasel deutlich.<br />
Die Folge: Die Kommunen/Kreise werden ebenso wie die<br />
Bundeslän<strong>der</strong> weiterhin nicht mehr im gebotenen Maße in<br />
das Gesundheitswesen investieren können. Die duale Finanzierung<br />
wird so schon seit Jahren abgeschmolzen. Eine sinnvolle<br />
Krankenhausplanung war und ist so nicht möglich. Das<br />
för<strong>der</strong>t große Komplexe in Ballungszentren und vor allem private<br />
Träger.<br />
Und dann wird von Schuldenbremsen geredet, auf die – und<br />
das nicht erst seit <strong>der</strong> weltweiten Finanzkrise, die jetzt für alles<br />
herhalten muss – nicht nur nicht getreten worden ist, son<strong>der</strong>n<br />
auf die auch weiterhin nicht getreten wird – im Gegenteil.<br />
Zusätzlich sei erneut erinnert, dass Rationierung im Gesundheitswesen<br />
schon lange Zeit heimlich und verdeckt praktiziert<br />
wird.<br />
So wird es weitergehen, weil die Scherenentwicklung zwischen<br />
absackenden Einnahmen und geringer werdenden Steuereinnahmen<br />
bei gleichzeitig wachsenden Ausgaben ununterbrochen<br />
zunimmt. „Den gesetzlichen Krankenkassen steht das<br />
Wasser bis zum Hals“, so Johannes Singhammer (CSU) am<br />
14. Mai 2010. Dazu kann man Berechnungen des Bundesversicherungsamtes<br />
anführen, das für 2011 ein Defizit von 6 bis 15<br />
Mrd. Euro erwartet.<br />
Das dann abzumil<strong>der</strong>n durch Steuereinnahmen, ist aber<br />
nichts an<strong>der</strong>es als <strong>der</strong> bisherige Trick: Beitragssätze niedrig halten,<br />
den Rest über Steuern, die – ein kleines Problem – aller-<br />
schwerpunkt<br />
dings millionenfach aus demselben Geldbeutel kommen wie die<br />
Kassenbeiträge.<br />
Was machen also gesetzliche Krankenkassen?<br />
Lauthals verkünden viele:<br />
Wir halten in 2010 den Beitrag stabil. (Man will natürlich auf<br />
solch populistische Weise Mitglie<strong>der</strong> werben, auf Kassenwechsler<br />
spekulieren, die den Zauber nicht verstehen.)<br />
Weil das aber spätestens 2011 vor die Wand läuft, werden jetzt<br />
schon erhöhte Steuerzuschüsse gefor<strong>der</strong>t, mit denen man selbst<br />
gemachte Finanzierungslöcher und unzulässige Schulden finanzieren<br />
will/muss. So macht man letztlich das Solidarsystem von<br />
Seiten <strong>der</strong> Kassenspitzen wissentlich kaputt. Siehe dazu auch<br />
das aufschlussreiche Gutachten von Prof. Thorsten Kingreen.<br />
Zu denken sollte auch geben, dass das PKV-System sehr ähnliche<br />
Finanzierungsprobleme hat. Auch da sind weitere kontinuierliche<br />
Steigerungen <strong>der</strong> Beiträge kaum durchsetzbar. Sollen<br />
dann da auch Steuermittel fließen, wo doch auch aus den<br />
Geldbörsen <strong>der</strong> PKV-Versicherten Gel<strong>der</strong> in die GKV-Kassen<br />
gespült werden?<br />
Für unsere Demokratie alles bedenklichste Entwicklungen,<br />
die Wahlenthaltungen zeigen es immer deutlicher. Man erwartet<br />
zunehmend von <strong>der</strong> Politik nicht mehr Wahrheiten.<br />
Neue Wege?<br />
Man erinnere sich dazu an Ciceros Einsicht zu den stoischen<br />
Lebensweisheiten: „Die Menschen verstehen nicht, welch große<br />
Einnahmequelle in <strong>der</strong> Sparsamkeit liegt.“ Einigen wird <strong>der</strong><br />
Spruch von Norbert Blüm mehr zusagen: „Alle wollen den Gürtel<br />
enger schnallen, aber je<strong>der</strong> fummelt am Gürtel des Nachbarn<br />
herum.“<br />
Einfacher vielleicht: Wir können nicht ständig mehr ausgeben,<br />
als wir haben.<br />
Also Start einer offenen Debatte über Grundversorgung und<br />
parallel über Rationieren und Priorisieren, um auch auf diesem<br />
Weg den Bürgern ein höheres Maß an Kostenbewusstsein und<br />
Selbstverantwortung zu implantieren... Aber vor allem Offenheit<br />
und Wahrheit über Unausweichliches, damit ein langsamer<br />
Umstellungsprozess beginnen kann und dazu die Erkenntnis,<br />
dass wir in unserem Land gegenüber fast allen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> Welt immer noch ein leistungsfähiges, hervorragendes<br />
Gesundheitssystem besitzen.<br />
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Gesundheitspolitischen<br />
Info-Dienstes „Schütze-Brief“, Leo Schütze GmbH<br />
Diesen Artikel finden Sie auf <strong>BDC</strong>|Online über www.bdc.de, unter <strong>der</strong><br />
Rubrik News|Politik|Perspektiven<br />
Der Chirurg <strong>BDC</strong> 7 · 2010<br />
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