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themenheft 1 - DGAP

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Wechseljahre: Amerika zwischen den Wahlen<br />

Der Frachter im Hafen von Miami trägt das Logo der südkoreanischen Unternehmensgruppe Hyundai, 2009.<br />

nationaler Ebene – unter anderem im Rahmen der Doha-<br />

Runde – berührt: nämlich Vereinbarungen ohne Wenn und<br />

Aber politisch durchsetzen zu können. Die TPA, die damals<br />

noch unter der Bezeichnung „Fast Track“ firmierte, blieb<br />

schon dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton vom<br />

demokratisch „kontrollierten“ Kongress versagt.<br />

Obama ist – auch aufgrund der Erfahrungen Bill<br />

Clintons – gut beraten, in der künftigen Auseinanderset -<br />

zung mit dem Kongress sein politisches Kapital mit Augen -<br />

maß einzusetzen. Nationale Wirtschaftsprobleme haben<br />

Oba ma das Präsidentenamt beschert – jetzt wird er an ihrer<br />

Lö sung gemessen werden. Vorrang hat deshalb die Wieder -<br />

be lebung der nationalen Wirtschaft. Zum jetzigen Zeit -<br />

punkt würde Obama mit Freihandelsinitiativen seine<br />

Stamm wählerschaft enttäuschen.<br />

Selbst jene drei bilateralen Freihandelsabkommen<br />

(mit Südkorea, Kolumbien und Panama), die bereits Oba -<br />

mas Vorgänger Bush der Legislative noch im Rahmen des so<br />

genannten „Schnellverfahrens“ (TPA) vorlegte und trotz<br />

massiver Bemühungen nicht abschließen konnte, wurden<br />

erst nach Jahren, im Oktober 2011, vom Kongress gebilligt.<br />

An darüber hinausgehende, umfangreichere Freihandels ini -<br />

tiativen wie die Transpazifische Partnerschaft (TPP) ist gar<br />

nicht zu denken.<br />

30<br />

Protektionismus auf dem Kapitol-Hügel<br />

Viele der auf dem Capitol Hill Ton angebenden De mo -<br />

kraten, nicht zuletzt auch einige Vorsitzende federführender<br />

Ausschüsse, sind protektionistisch eingestellt. Um ihre<br />

Wiederwahl nicht zu gefährden, nehmen sie Rücksicht auf<br />

die spezifischen Interessen der Wähler bzw. Wahlkampf -<br />

financiers in ihren Wahlkreisen und Bundes staa ten.<br />

Die Stimmen der Freihandelskritiker finden durch<br />

die Organisation verschiedener Interessengruppen politisches<br />

Gehör. An vorderster Front kämpfen die Gewerk -<br />

schaf ten: Sie wollen sicherstellen, dass die Lebensgrundlage<br />

amerikanischer Arbeitnehmer nicht durch die Niedriglohn -<br />

konkurrenz anderer Länder bedroht werden. Indem sie sich<br />

gegen die „Ausbeutung“ in anderen Ländern und für internationale<br />

Arbeitnehmerrechte als „Menschenrechte“ einset<br />

zen, sind sie auch politisch teilkompatibel mit der Men -<br />

schen rechtslobby.<br />

Ebenso kritisieren Umweltverbände Schädigungen<br />

der Um welt in anderen Ländern und fordern internationale<br />

Stan dards in Handelsvereinbarungen. Die Agrarlobby ist<br />

zwar der natürliche politische Gegner der Ökobewegung,<br />

wenn es um wirtschaftliche Interessen auf Kosten des amerikanischen<br />

Umweltschutzes geht. Anders als die export-<br />

Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 12<br />

Abbildung 7: US-Energieverbrauch nach Energieträgern, 1950–2010 (in Quads 89 )<br />

Quelle: Energy Information Administration (EIA), Annual Energy Review 2010, Tabelle 1.3, S. 9<br />

orientierte Agrarindustrie sieht der importbedrohte Teil der<br />

US-Landwirte jedoch im Freihandel eine Herausforderung<br />

anderer Natur: die Konkurrenz der Entwicklungsländer,<br />

die vor allem über die Doha-Runde zum Beispiel mit Baum -<br />

wolle, Zucker oder Textilien auf den Weltmarkt drängen.<br />

Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, so verfolgt<br />

diese häufig auch als „sonderbare Bettgenossen“<br />

(strange bedfellows) bezeichnete Tendenzkoalition verschie<br />

denster Interessengruppen ein gemeinsames Ziel: die<br />

Vereitelung der Freihandelspolitik.<br />

„Politik“ des schwachen Dollars<br />

Angesichts der fiskal- und handelspolitischen Beschrän -<br />

kun gen bleibt aus amerikanischer Sicht die US-Notenbank<br />

die einzige handlungsfähige Institution, um aus der Wirt -<br />

schaftskrise herauszuführen: US-Notenbankchef Ben Ber -<br />

nan ke wird bereits als „Helikopter-Ben“ karikiert, der<br />

Wechseljahre: Amerika zwischen den Wahlen<br />

immer wieder im Noteinsatz Geld abwirft, um mit zusätzlicher<br />

Liquidität für die Banken der amerikanischen Wirt -<br />

schaft aus der Misere zu helfen.<br />

Doch indem die Federal Reserve weiter Geld<br />

druckt – Stichwort: quantitative easing –, setzt sie die amerikanische<br />

Währung noch mehr unter Druck. Ein schwacher<br />

Dollar bietet den USA Vorteile: Er verringert nicht nur<br />

die vom Ausland finanzierte Schuldenlast, sondern hilft<br />

dem in handelspolitischen Fragen innenpolitisch eingeschränk<br />

ten Präsidenten Obama, seine ehrgeizige Export -<br />

strategie umzusetzen.<br />

Zwar werden die expansive Geldpolitik und der da -<br />

mit geschwächte Dollar amerikanische Exportchancen<br />

kurz fristig fördern, doch langfristig bleibt ein Struktur pro -<br />

blem der US-Wirtschaft bestehen: Die amerikanische In -<br />

dus trie hat innerhalb weniger Dekaden spürbar an Wettbe -<br />

werbs fähig keit eingebüßt. Die Obama-Regierung hat das<br />

Problem erkannt und versucht im Zuge eines „Green New<br />

Allen auch internationalem Handel zunehmend kritisch gegenüberstehen, hegen so genannte „Palaeo-Konservative“ wie Pat Buchanan darüber<br />

hinaus ein protektionistisches Gedankengut, das nicht frei von xenophoben Attitüden ist.<br />

Einsichten und Perspektiven Themenheft 1 | 12 31

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