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S O N D E R a u S g a b E • J u n i 2 0 1 1 • B 0 1 0 4 6<br />
<strong>Preh</strong><br />
goes global<br />
www.automobil-industrie.de
<strong>Preh</strong> Innovative Automation (PIA)<br />
Partner für Montage und Automatisierung:<br />
<strong>Preh</strong>Cell Montagelinien<br />
<strong>Preh</strong>Flex Lean Production Systeme<br />
<strong>Preh</strong>Trace Produktionsdatenerfassungssysteme<br />
Montage-Vorrichtungen und -Arbeitsplätze<br />
Mess- und Prüfanlagen<br />
Automatisierung und Verkettung von Prozessen<br />
Roboterzellen<br />
Spritzgießautomation<br />
Skalierbare Systemlösungen<br />
für Montage und Automatisierung<br />
<strong>Preh</strong> GmbH, Geschäftsbereich Innovative Automation,<br />
Schweinfurter Straße 5–9, D-97616 Bad Neustadt a. d. Saale, www.preh.com
Redaktion<br />
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E-Mail: wilhelm.missler@vogel.de<br />
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North American Correspondent: Cornelia Truckenbrodt<br />
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Bernhard Mack, Annette Weißenberger, Kristin Albrecht, Richard Schäffauer<br />
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Julia Fischer, Tel.: 0049-(0)931/4 18-21 54, Fax: 0049-(0)931/4 18-27 79<br />
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Erfüllungsort und Gerichtsstand: Würzburg<br />
Verbreitete Auflage: 9.770, IVW I/2011<br />
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Der Titel »Automobil Industrie« umschließt auch den folgenden Titel: »automotive business international«.<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
I m p r e s s u m / E d i t o r i a l<br />
Die Erfolgsstory<br />
geht weiter!<br />
In allen Phasen der Unternehmensentwicklung<br />
hat<br />
sich <strong>Preh</strong> durch ein hohes<br />
Maß an Innovationskraft ausgezeichnet“,<br />
sagte <strong>Preh</strong>Chef<br />
Dr. Michael Roesnick vor zwei<br />
Jahren zum 90jährigen Jubiläum<br />
des Unternehmens – mitten<br />
in der größten Wirtschaftskrise<br />
seit 1929. Er sollte Recht behalten:<br />
Dank der hohen technischen<br />
Kompetenz, des ausgewogenen<br />
Kundenportfolios<br />
und der konsequent durchgezogenenInternationalisierungsstrategie<br />
ist <strong>Preh</strong> gestärkt aus<br />
Claus-Peter Köth,<br />
stellv. Chefredakteur »AI«<br />
der Krise hervorgegangen. Der Umsatz kletterte im Geschäftsjahr<br />
2010 mit 351 Millionen Euro sogar auf ein neues<br />
Allzeithoch.<br />
Doch damit nicht genug: Gemeinsam mit dem neuen<br />
Mehrheitsgesellschafter Joyson soll jetzt in Asien, getreu<br />
dem Motto „<strong>Preh</strong> goes global“, die nächste Wachstumsstufe<br />
zünden. Eine Verdopplung des Umsatzes in den nächsten<br />
fünf Jahren sei durchaus vorstellbar, laut Roesnick. Zumal<br />
die Produktgruppen von <strong>Preh</strong> mit den Megatrends der Automobilindustrie<br />
wie CO 2 Reduzierung, Komfort und Sicherheit<br />
stark korrespondieren.<br />
Apropos Joyson: Die unterzeichnete Übernahme der<br />
<strong>Preh</strong> GmbH durch den privaten chinesischen Automobilzulieferer<br />
und bisherigen JointVenturePartner im April dieses<br />
Jahres hat nicht nur die nordbayerische Region aufhorchen<br />
lassen. Das anfängliche Bauchgrummeln bei Kunden und<br />
Mitarbeitern ist jedoch schnell der Überzeugung gewichen<br />
„<strong>Preh</strong> bleibt <strong>Preh</strong>!“. Und da bleibt in der Tat fast alles beim<br />
Alten: Der Name, die Eigenständigkeit, der Innovationsstandort<br />
Bad Neustadt, die Geschäftsführung und weitestgehend<br />
auch der Aufsichtsrat. Deutlich besser geworden<br />
sind hingegen die Eigenkapitalausstattung und der Marktzugang<br />
in China.<br />
„Eine ideale Ergänzung“, urteilt Dr. Roesnick. Und „der<br />
beste Partner für <strong>Preh</strong>“, sagt der alte und neue Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Dr. Rolf Scheffels von der Deutschen Beteiligungs<br />
AG. Beide sind überzeugt davon, dass die Erfolgsstory<br />
von <strong>Preh</strong> weitergeht – jetzt auch in China.<br />
Und Sie? Viel Spaß beim Entdecken des neuen Global<br />
Players!<br />
Foto: Archiv
I n h a l t<br />
3 Editorial<br />
Unternehmen<br />
5 Vollblutunternehmer und Kunsthistoriker •<br />
Platz für weiteres Wachstum: zweites <strong>Preh</strong>-<br />
Werk in Mexiko • Ausgezeichnete<br />
Pre(h)mium-Qualität • „Vertrauen zum Kunden<br />
aufzubauen braucht Zeit“ • <strong>Preh</strong> wieder<br />
auf der Überholspur: mit Vollgas aus<br />
der Krise<br />
Interview<br />
8 „Eine ideale Ergänzung“<br />
Dr. Michael Roesnick, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der <strong>Preh</strong> GmbH, über<br />
Chancen und Risiken der Joyson-Übernahme<br />
sowie neue Wachstumsmärkte und<br />
Geschäftsfelder<br />
10 „Der beste Partner für <strong>Preh</strong>“<br />
Die Aufsichtsräte Dr. Rolf Scheffels und<br />
Dr. Willibald Schleuter im Gespräch<br />
Klimakompetenz<br />
12 Mehr <strong>als</strong> nur warm oder kalt<br />
Über die Wahrnehmung und geeignete<br />
Abstimmung des Klimakomforts<br />
Bediensysteme<br />
14 Pre(h)mium Look and Feel<br />
<strong>Preh</strong> entwickelt neue technische Lösungen<br />
für aktuelle Bediensystem-Trends<br />
Sensorik<br />
18 System-Know-how für Sensoren<br />
<strong>Preh</strong> liefert jährlich mehrere Millionen Sensoren<br />
für Automotive-Anwendungen<br />
<strong>Preh</strong><br />
goes global<br />
10<br />
Dr. Michael Roesnick, Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung<br />
der <strong>Preh</strong> GmbH,<br />
über die zukünftige Ausrichtung<br />
von <strong>Preh</strong>.<br />
14<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH gehört<br />
zu den innovativen Spezialisten<br />
für Bediensysteme<br />
im Fahrzeuginterieur.<br />
18<br />
<strong>Preh</strong> fertigt insbesondere<br />
auch Positionssensoren<br />
für hoch anspruchsvolleEinsatzbedingungen.<br />
22<br />
Jochen Ehrenberg, Leiter<br />
der Entwicklung und<br />
Industrialisierung bei<br />
<strong>Preh</strong>, über künftige<br />
Bedienkonzepte.<br />
Steuergerätekompetenz<br />
20 System-Partner statt<br />
System-Lieferant<br />
<strong>Preh</strong> definiert sich <strong>als</strong> System-Partner<br />
für Steuergeräte<br />
Interview<br />
22 Eingabe, Anzeige<br />
und Design werden eins<br />
Jochen Ehrenberg, Leiter der Entwicklung<br />
und Industrialisierung bei <strong>Preh</strong>,<br />
über künftige Bedienkonzepte<br />
Joyson Automotive<br />
24 Von 0 auf 100 wie ein<br />
Supersportwagen<br />
Porträt der Joyson-Gruppe, dem neuen<br />
Eigentümer der <strong>Preh</strong> GmbH<br />
Strategie<br />
26 Sich jetzt den Chancen stellen<br />
Wie Automobilzulieferer ihre Zukunft<br />
profitabel gestalten können<br />
Produktionsverbund<br />
28 Fertigungstiefe mit System<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH verfügt über eine ungewöhnlich<br />
hohe Fertigungstiefe<br />
Historie<br />
32 Innovationstreiber seit<br />
mehr <strong>als</strong> 90 Jahren<br />
Personalmanagement<br />
34 Mit Teamgeist!<br />
Automobil Industrie Special / 2011
Vollblutunternehmer und<br />
Kunsthistoriker<br />
Ein Unternehmer, der im Automotive-Business ebenso zu<br />
Hause ist wie in der Kunstgeschichte? Das will nicht so recht<br />
in die gängigen Klischeebilder über Wirtschaftskapitäne aus<br />
scheinbar unaufhaltsam wachsenden Boom-Ländern wie<br />
China passen. Doch Joyson-Inhaber Jeff Wang (Jahrgang<br />
1970) ist der lebendige Beweis dafür, dass man <strong>als</strong> erfolgreicher<br />
Manager durchaus in beiden Welten verwurzelt sein<br />
kann. Obwohl seine Eltern zu den Ersten gehörten, die die<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
U n t e r n e h m e n<br />
zunehmenden wirtschaftlichen Freiheiten in China für den<br />
Aufbau eines privaten Automotive-Geschäfts nutzten, folgte<br />
Jeff Wang zunächst seiner Leidenschaft für Kunst und Kultur:<br />
Er absolvierte ein Kunststudium an der „Arts University<br />
of China“. Doch auch seine kaufmännische Neigung stellte<br />
Wang auf ein solides akademisches Fundament und schloss<br />
ein zweites Studium mit einem Master of Business Administration<br />
an der Beijing University ab.<br />
Berufserfahrung sammelte Jeff Wang zunächst im elterlichen<br />
Betrieb, in dem er 1993 die Verantwortung <strong>als</strong> General<br />
Manager übernahm. Ab 1997 folgte eine erste intensive Zusammenarbeit<br />
mit einem international agierenden Automotive-Unternehmen:<br />
Bis 2004 war Wang Partner und General<br />
Manager in einem Joint Venture mit TRW in Ningbo. Doch<br />
Jeff Wang wäre nicht der Vollblutunternehmer, der er ist,<br />
wenn er es mit dem TRW-Joint-Venture hätte bewenden lassen.<br />
Stattdessen gründete er 2004 die eigene Joyson Holding<br />
in Ningbo, die in kürzester Zeit mit ihren beiden Geschäftsfeldern<br />
Automotive und Real Estate ein rasantes<br />
Wachstum erzielte. Allein die Automotive-Story von Joyson<br />
liest sich beeindruckend: In nur sechs Jahren steigerte<br />
Joyson seinen Umsatz <strong>als</strong> Automobilzulieferer auf umgerechnet<br />
125 Mio. Euro. Insgesamt erzielte die Joyson-Gruppe<br />
im Jahr 2010 mit 1.800 Mitarbeitern einen Umsatz von<br />
198 Mio. Euro. Doch auch auf dieser Erfolgsbilanz hat sich<br />
Wang nicht ausgeruht. Durch die gezeichnete mehrheitliche<br />
Beteiligung an <strong>Preh</strong> ist Joyson auf dem Weg zu einem globalen<br />
Automotive-Player, mit dem Jeff Wang das nächste Kapitel<br />
seiner Unternehmerstory schreiben wird.<br />
Ein echter Vollblutunternehmer eben…<br />
Platz für weiteres Wachstum: zweites <strong>Preh</strong>-Werk in Mexiko<br />
Die Erfolgsgeschichte von <strong>Preh</strong> in der nordamerikanischen<br />
Freihandelszone NAFTA geht weiter. Nach dem Start<br />
des Unternehmens vor sechs Jahren im mexikanischen<br />
Monterrey platzt das dort aufgebaute Werk trotz mehrfacher<br />
Erweiterungen mittlerweile aus allen Nähten. Um mit dem<br />
starken Wachstum weiterhin Schritt halten zu können, wird<br />
derzeit in einem nahe gelegenen Industriepark ein zweites<br />
Werk aufgebaut. Damit werden die Produktionskapazitäten<br />
von <strong>Preh</strong> in Mexiko deutlich vergrößert.<br />
<strong>Preh</strong> produziert derzeit in Mexiko auf über 7.000 Quadratmetern<br />
an der Kapazitätsgrenze: sieben Tage die Woche,<br />
24 Stunden am Tag in drei oder vier Schichten. Da ist kein<br />
Puffer mehr drin. „Wir haben sehr viel Neugeschäft in Nordamerika<br />
generiert und kommen mit der Produktion kaum<br />
noch nach“, erläutert André Dronigke, Manager Corporate<br />
Business Development bei <strong>Preh</strong>. „Um unsere Lieferverpflichtungen<br />
einhalten zu können, mussten wir unbedingt handeln.“<br />
Daher habe man sich für die zusätzliche Produktionsstätte<br />
in einer 8.300 Quadratmeter großen Halle entschieden.<br />
Am neuen Standort wird neben dem Versandbereich vor<br />
allem die Endmontage von <strong>Preh</strong>-Produkten für den US-Markt<br />
angesiedelt. Die kompletten Montagelinien für die Kunden<br />
Volkswagen, General Motors, BMW und Ford ziehen dafür<br />
schrittweise vom alten ins neue Produktionswerk um. Das<br />
schafft dringend benötigten Platz im bisherigen Werk, in dem<br />
nun die Vorfertigung mit Anlagen für das Kunststoffspritzgießen<br />
und Lackieren erweitert wird. Die Mitarbeiter in Mexiko<br />
müssen sich kaum umstellen, da die beiden Werke nur<br />
fünf Kilometer voneinander entfernt liegen.<br />
Mit der Erweiterung wird die Zukunft von <strong>Preh</strong> in Nordamerika<br />
gleich doppelt abgesichert. So sorgt die neue Fertigungshalle<br />
für dringend benötigte Produktionskapazitäten.<br />
Außerdem hat sich das Unternehmen die nächste Wachstumsoption<br />
gesichert: Direkt neben dem neuen Werk liegt<br />
ein freies 5.000 Quadratmeter großes Grundstück, das sofort<br />
integriert werden kann. Auf einem anderen benachbarten<br />
10.000 Quadratmeter großen Grundstück ist sogar Platz für<br />
ein komplettes weiteres Werk.
U n t e r n e h m e n<br />
Ausgezeichnete Pre(h)mium-Qualität<br />
Das Qualitätsteam der <strong>Preh</strong> GmbH erhält am Produktionsstandort in<br />
Monterrey, Mexiko, im März 2011 den Q1 Award der Ford Motor Company.<br />
V.l.n.r.: Ruben Chavez, STA Electrical Manager, Ford Motor Company;<br />
Ivonne Rodriguez, Qualitätsmanagerin, <strong>Preh</strong> de Mexico; Gerardo<br />
Bazan, STA Ingenieur, Ford Motor Company und Horst Müller, Geschäftsführer,<br />
<strong>Preh</strong> de Mexico.<br />
Gute Produktqualität ist die entscheidende Grundlage für<br />
Erfolg. Kein Wunder, dass sich <strong>Preh</strong> höchsten Qualitätsstandards<br />
verschreibt. Oder anders ausgedrückt: Ausgezeichnete<br />
Pre(h)mium-Qualität steht bei dem Automobilzulieferer an<br />
erster Stelle. Von den Kunden wird diese nachhaltig wirkende<br />
Firmenphilosophie anerkannt und entsprechend gewürdigt.<br />
So hat die Ford Motor Company <strong>Preh</strong> de Mexico im<br />
vergangenen März mit dem „Q1 Award“ ausgezeichnet, der<br />
Landmaschinenhersteller CLAAS hat das Unternehmen im<br />
Januar zum „Lieferant des Jahres 2010“ ernannt, und schon<br />
im September letzten Jahres hat die ZF Friedrichshafen AG<br />
<strong>Preh</strong> den „ZF Supplier Award“ verliehen.<br />
Mit dem „Q1 Award“ honoriert Ford erzielte Qualitätsverbesserungen.<br />
Ausgezeichnet wurde das <strong>Preh</strong>-Werk in Mexiko<br />
<strong>als</strong> eines der besten der Branche. <strong>Preh</strong> beliefert Ford seit<br />
2008 direkt aus dem Produktionszentrum in Monterrey mit<br />
Klimabediensystemen und elektronischen Steuergeräten.<br />
„Wir sind sehr stolz, dass Ford unser Engagement für das<br />
Erreichen kontinuierlicher Verbesserungen anerkannt hat“,<br />
freute sich Horst Müller, Geschäftsführer in Monterrey. „Der<br />
‚Q1 Award‘ würdigt sowohl unsere harte Arbeit <strong>als</strong> auch<br />
die ausgezeichneten Ergebnisse, die unser Qualitätsteam<br />
erzielt hat.”<br />
Die Ehrung des Landmaschinenherstellers CLAAS <strong>als</strong><br />
„Lieferant des Jahres“ erhielt <strong>Preh</strong> in der Kategorie „Innovation“.<br />
Neben der Entwicklung und Herstellung von Kombiinstrumenten<br />
war <strong>Preh</strong> unter anderem maßgeblich an der Realisierung<br />
von multifunktionalen Bediensystemen für das<br />
Cockpit von CLAAS-Landmaschinen beteiligt. „Eine verbesserte<br />
Ergonomie stand im Fokus, um optimale Bedingungen<br />
für die Nutzer zu schaffen“, sagte CLAAS-Einkaufsleiter<br />
Christoph Perge. „Im Ergebnis ermöglichte unsere Zusammenarbeit<br />
mit <strong>Preh</strong> eine innovative Lösung, die in der gesamten<br />
CLAAS-Gruppe eingesetzt werden kann. Dabei wurde<br />
der anspruchsvolle Projektzeitplan jederzeit eingehalten.“<br />
„Gut ist uns nicht gut genug – wir wollen die Besten der<br />
Guten“, erklärte auch Hans-Georg Härter, Vorstandsvorsitzender<br />
der ZF Friedrichshafen AG. Der Automobilzuliefererkonzern<br />
hatte den Produktbereich <strong>Preh</strong> Innovative Automation<br />
(PIA) bereits im vergangenen September 2010 mit<br />
dem ZF Supplier Award ausgezeichnet. Innerhalb dieser<br />
„Top 5“ wurde die <strong>Preh</strong> GmbH in der Kategorie Betriebsbedarf<br />
geehrt. Der Preisträger überzeugte ZF durch höchste<br />
Qualität, herausragende Technik, effiziente Logistikprozesse<br />
und wettbewerbsfähige Kostenstrukturen.<br />
„Vertrauen zum Kunden<br />
aufzubauen braucht Zeit“<br />
Investitionsgüter aus dem Bereich „<strong>Preh</strong> Innovative Automation“<br />
(PIA) kauft man nicht im Vorbeigehen. Manchmal<br />
dauert es mehrere Jahre, bis sich Neukunden von der technischen<br />
und organisatorischen Leistungsfähigkeit individueller<br />
Montagesysteme von PIA überzeugt haben. Aufbau von<br />
Vertrauen zwischen Anlagenhersteller und Kunde spielt dabei<br />
eine entscheidende Rolle für eine dauerhafte Geschäftsbeziehung.<br />
Das kostet Zeit und Mühe, die sich aber lohnen,<br />
wie das Beispiel Brose Fahrzeugteile zeigt. Der fränkische<br />
Automobilzulieferer zählt heute zu den <strong>Preh</strong>-Stammkunden.<br />
Nachdem PIA den ersten Kontakt zu Brose bereits 2003<br />
geknüpft hatte, sollten noch sechs Jahre bis zum ersten Auftrag<br />
vergehen. Besonders erfreulich: Ausgerechnet im Krisenjahr<br />
2009 wurden die Verträge für eine <strong>Preh</strong>-Anlage unterzeichnet.<br />
Brose bestellte für sein Coburger Werk eine<br />
technisch sehr anspruchsvolle Montageanlage für Sitzschienen.<br />
Die Anlage kann 20 unterschiedliche Varianten von Kfz-<br />
Sitzschienen produzieren. Die Schienen in linker und rechter<br />
Automobil Industrie Special/ 2011
<strong>Preh</strong> wieder auf der Überholspur: mit Vollgas aus der Krise<br />
Nach der Branchenkrise 2008/09 ist<br />
<strong>Preh</strong> im Jahr 2010 ein beeindruckendes<br />
Comeback gelungen. Der positive Trend<br />
setzte sich auch im laufenden Geschäftsjahr<br />
fort: Der Zulieferer aus Bad Neustadt<br />
hat im ersten Quartal 2011 ein 30-prozentiges<br />
Umsatzplus gegenüber dem Vorjahreszeitraum<br />
erzielt. Konkret stiegen die Umsatzerlöse<br />
auf 103,4 Mio. Euro (1. Quartal<br />
2010: 78,4 Mio. Euro). Aufgrund der sehr<br />
erfreulichen Geschäftsentwicklung werden<br />
für das laufende Jahr insgesamt ein starkes<br />
zweistelliges Umsatzwachstum und ein Ertrag<br />
über dem Vorjahresniveau erwartet.<br />
Bereits 2010 war <strong>Preh</strong> mit Vollgas aus<br />
der Krise gefahren und zur Ertragskraft der<br />
Vorkrisenzeit zurückgekehrt. Der Automotive-Umsatz<br />
stieg um 43 Prozent auf die<br />
Rekordmarke von rund 343 Mio. Euro (2009: 240 Mio. Euro).<br />
Damit hat <strong>Preh</strong> sein Automotive-Geschäft seit 2003 mehr <strong>als</strong><br />
verdoppelt (2003: 169 Mio. Euro). Das operative Ergebnis vor<br />
Zinsen und Steuern (EBIT) stieg 2010 auf 17,8 Mio. Euro.<br />
Zusammen mit dem vorgesehenen neuen Mehrheitsgesellschafter<br />
Joyson aus Ningbo (China) soll der Wachstumstrend<br />
weiter beschleunigt werden. „Wir sehen in der neuen<br />
Konstellation große Chancen, insbesondere mit Blick auf<br />
den schnellen Aufbau unseres Geschäfts in China“, sagte<br />
Montageanlage für linke und rechte Sitzschienen.<br />
Ausführung werden gleichzeitig auf spiegelbildlich aufgebauten<br />
Anlagemodulen hergestellt. Sechs Roboter kommen<br />
dabei zum Einsatz. „Um die geforderte Taktzeit zu erreichen,<br />
kam es auf jede Millisekunde an“, erläutert <strong>Preh</strong>-Bereichsleiter<br />
Günter Brosch die Komplexität der Aufgabe. „Deshalb<br />
müssen sich zwei Schweißroboterpaare die Arbeit an ihrem<br />
gemeinsamen Werkstück aufteilen. Dabei wird der Laserstrahl<br />
ständig zwischen den Schweißoptiken der Roboter<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
dazu Dr. Michael Roesnick, Vorsitzender der <strong>Preh</strong>-Geschäftsführung.<br />
„Zudem haben wir mit Joyson einen besseren Zugriff<br />
auf den chinesischen Beschaffungsmarkt“ (vgl. hierzu<br />
auch das Interview auf Seite 8 f.).<br />
Die Beschäftigtenzahl in der <strong>Preh</strong>-Gruppe lag Ende 2010<br />
bei 2.471 Mitarbeitern (Vollzeitbeschäftigte) und 67 Auszubildenden.<br />
Im Zuge des weltweiten Wachstums sieht die Personalplanung<br />
im Jahr 2011 einen Anstieg auf 2.655 Beschäftigte<br />
weltweit vor.<br />
umgeschaltet und ein drittes<br />
Roboterpaar entlädt<br />
gleichzeitig die Schweißaufnahmen<br />
des Drehtellers.<br />
Die Qualität der Schweißnähte<br />
wird online durch eineLichtspektrum-Auswertung<br />
des Schweißplasmas<br />
überwacht.“<br />
Zufriedene Stammkunden<br />
sind jene, die gern wiederkommen.<br />
Brose bestellte<br />
nur ein Jahr nach dem<br />
Erstauftrag für sein Werk<br />
im tschechischen Ostrava<br />
eine zweite Anlage dieser Art. Außerdem orderte das Unternehmen<br />
für seine Betriebsstätte in Würzburg eine Montageanlage<br />
für elektrische Antriebe. In diesem Jahr folgte für das<br />
Brose-Werk in Coburg unter anderem eine Montageanlage<br />
für Sitzhöhenverstellungen. Günter Brosch: „Die Auftragseingänge<br />
zeigen deutlich, dass der Erfolg bei Montagesystemen<br />
schrittweise wächst, indem wir durch solide Arbeit das<br />
Vertrauen unserer Kunden gewinnen.“
I n t e r v i e w Geschäftsführung<br />
„Eine ideale Ergänzung”<br />
Dr. Michael Roesnick, Vorsitzender der Geschäftsführung der <strong>Preh</strong> GmbH, über Chancen<br />
und Risiken der Joyson-Übernahme, den künftigen Stellenwert des Stammsitzes in Nordbayern<br />
sowie neue Wachstumsmärkte und Geschäftsfelder.<br />
Ü Die Übernahme der <strong>Preh</strong> GmbH durch den chinesischen<br />
Elektronik-Spezialisten Joyson im April dieses<br />
Jahres war ein Paukenschlag. Welche Chancen und Risiken<br />
sind mit dem neuen Mehrheitsgesellschafter verbunden?<br />
Û Wir haben in der Geschäftsführung die Übernahme aktiv<br />
unterstützt und sehen in der neuen Konstellation große<br />
Chancen, insbesondere was den schnellen Aufbau unseres<br />
Geschäfts in China betrifft. Außerdem haben wir mit Joyson<br />
einen besseren Zugriff auf den chinesischen Beschaffungsmarkt,<br />
und wir haben die Eigenkapitalquote von <strong>Preh</strong> durch<br />
eine signifikante Kapitalerhöhung gestärkt. All das wird unser<br />
Wachstum weiter beschleunigen.<br />
Eine gewisse Herausforderung sehe ich in den unterschiedlichen<br />
Kulturen. Hier müssen beide Seiten noch voneinander<br />
lernen. Allerdings starten wir ja nicht bei Null. Schließlich<br />
kennen wir unseren bisherigen Joint-Venture-Partner<br />
Joyson schon seit mehr <strong>als</strong> drei Jahren.<br />
Ü Welche Überschneidungen gibt es im Produktportfolio?<br />
Û Es gibt keine Synergien und Integrationsthemen.<br />
Deshalb fanden wir das Angebot ja so attraktiv. Im Gegensatz<br />
dazu hätte es bei der Akquisition durch einen<br />
echten, größeren Wettbe-<br />
werber wohl eine Konsolidierung<br />
gegeben und wir<br />
hätten vielleicht nur unsere<br />
Werke in den Konzern einbringen<br />
können.<br />
Ü Gab es überhaupt<br />
ernsthaftes Interesse von<br />
dieser Seite, und warum<br />
war ein Börsengang keine<br />
Alternative?<br />
Û Am Interesse der großen<br />
Zulieferer hat es sicher<br />
nicht gefehlt. Aber wir hatten<br />
gemeinsam mit der<br />
Deutschen Beteiligungs AG<br />
eine Lösung gesucht, mit<br />
der wir die Eigenständigkeit<br />
Zur Person<br />
Dr. Michael Roesnick ist gebürtiger Hamburger, Jahrgang<br />
1953. Nach dem Studium der Nachrichtentechnik und der<br />
Technischen Kybernetik promovierte Roesnick 1984 zum Dr.-<br />
Ing. an der Hochschule der Bundeswehr in Hamburg. 1985<br />
wechselte er in die Industrie und trat 1995 nach Stationen bei<br />
Philips Medizin Systeme, Salzgitter Elektronik und Hagenuk in<br />
den Rheinmetall-Konzern <strong>als</strong> Direktor und später <strong>als</strong> Generalbevollmächtigter<br />
ein. Zusätzlich wurde Roesnick 1997 Geschäftsführer<br />
der RMP Elektroniksysteme und 1999 Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung der <strong>Preh</strong>-Werke. Von Januar 2000<br />
an bis zum Verkauf der <strong>Preh</strong>-Gruppe Ende 2003 war er zugleich<br />
Vorstand der Aditron AG, des Unternehmensbereichs<br />
„Electronics“ von Rheinmetall. Den Vorsitz der Geschäftsführung<br />
der <strong>Preh</strong> GmbH hat Roesnick sowohl nach der Veräußerung<br />
von <strong>Preh</strong> an die Deutsche Beteiligungs AG <strong>als</strong> auch nach<br />
der mehrheitlichen Übernahme durch Joyson beibehalten.<br />
Automobil Industrie Special/ 2011
von <strong>Preh</strong> erhalten können. Ein Börsengang wäre sicher auch<br />
attraktiv gewesen. Allerdings sind wir hier zehn Jahre zu spät<br />
dran. Das Börsenumfeld in Deutschland ist für ein Unternehmen<br />
unserer Größe derzeit nicht geeignet. Aber Joyson führt<br />
mit seinen Automotive-Aktivitäten aktuell einen Börsengang<br />
durch und hat erklärt, uns innerhalb von drei Jahren in diese<br />
Börsenstory einbringen zu wollen. Insofern wäre <strong>Preh</strong> dann<br />
ein wesentlicher Bestandteil der Joyson-Börsenstory.<br />
Ü Wo ist die Win-win-Situation? Die technische Kompetenz<br />
von Joyson dürfte doch weit hinter der von <strong>Preh</strong><br />
zurückliegen?<br />
Û <strong>Preh</strong> ist <strong>als</strong> Technologie- und Innovationsführer in Europa<br />
und Amerika sicherlich auf einem anderen technischen<br />
Niveau. Aber Joyson verfügt über alle Grundkompetenzen,<br />
und wir halten das Unternehmen für sehr ausbaufähig. Auf<br />
der anderen Seite profitieren wir von der guten Kapitalausstattung<br />
und dem exzellenten Marktzugang von Joyson in<br />
China.<br />
Gemeinsam wollen wir ein stark wachsendes Technologieunternehmen<br />
schaffen, das weltweit die Anforderungen der<br />
OEMs an globale Plattformvergaben bedienen kann.<br />
Ü Was bedeutet die Übernahme für den nordbayrischen<br />
Stammsitz Bad Neustadt?<br />
Û Bad Neustadt ist und bleibt der Innovationsstandort<br />
von <strong>Preh</strong>, und wir werden dort weiterhin unsere hoch spezialisierte<br />
Fertigungskompetenz erhalten. Außerdem steuern<br />
wir von dort aus sämtliche Aktivitäten unserer Produktgruppen.<br />
Darüber hinaus haben wir bei <strong>Preh</strong> in der<br />
Breite das robustere, international erfahrenere Automotive-Management.<br />
Jeff Wang, der Eigentümer von<br />
Joyson, weiß, dass er dieses Know-how nicht nach<br />
China transferieren kann. Diese Kompetenz zu erhalten<br />
und zu schützen, hat für ihn nach eigener Aussage<br />
oberste Priorität.<br />
Ü Wird Joyson operativ in die europäischen und<br />
amerikanischen <strong>Preh</strong>-Gesellschaften einsteigen?<br />
Û Nein, wir steuern unsere Tochtergesellschaften<br />
<strong>als</strong> <strong>Preh</strong>-Geschäftsführung. Allerdings werden wir<br />
Joyson bei der Akquisition von Projekten unterstützen.<br />
Schließlich haben wir die Absicht, das Produktprogramm<br />
beider Unternehmen weltweit anzubieten.<br />
Ü Welche neuen Wachstumsmärkte wollen Sie gemeinsam<br />
mit Joyson erschließen?<br />
Û Im ersten Schritt gehört unser Hauptaugenmerk dem<br />
chinesischen Heimatmarkt, immer mit dem Ziel, unsere Kunden<br />
mit einer lokalen Fertigung bedienen zu können. Indien,<br />
Malaysia oder Japan von China aus zu beliefern, ist für uns<br />
derzeit keine strategische Option.<br />
Ü Welche Geschäftsfelder von <strong>Preh</strong> werden von dem<br />
Know-how beider Unternehmen profitieren?<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Û Mit den Klimabedien- und Fahrerbediensystemen werden<br />
wir <strong>als</strong> Erstes auf unsere chinesischen Kunden zugehen.<br />
Dort ist der Bedarf am höchsten. Aber auch Produktgruppen<br />
wie Steuergeräte mit Funktionssicherungselektronik sowie<br />
Sensorsysteme oder innovative Automationskonzepte werden<br />
mittelfristig für den Markt China interessant. Umgekehrt<br />
sind die Luftausströmer von Joyson ein weltweit vielversprechendes<br />
Produkt.<br />
Ü Sehen Sie durch die Zusammenarbeit mit Joyson<br />
auch Chancen für neue Produktgruppen, etwa für Low-<br />
Cost-Fahrzeuge in China oder Indien?<br />
Û Zunächst einmal sind wir bekannt für unsere Premium-<br />
Produkte, die wir typischerweise von oben nach unten in<br />
den Markt einführen. Low-Cost-Fahrzeuge aus den Emerging<br />
Markets sind für uns weniger interessant. Allerdings sehen<br />
wir generell den Trend nach höherer Wertigkeit und Anmutung<br />
im Innenraum – gerade auch im Kleinwagensegment<br />
und in neuen Märkten wie China. Die Erwartungshaltung der<br />
Kunden an Haptik und Optik verändert sich weltweit zu unseren<br />
Gunsten.<br />
Ü Wie sieht sich <strong>Preh</strong> nach der Internationalisierungsstrategie<br />
der vergangenen Jahre mittlerweile im<br />
Wettbewerbsumfeld positioniert?<br />
Û In Europa sind wir mit Werken in Deutschland, Portugal<br />
und Rumänien sehr gut aufgestellt. Weiterhin sind wir in<br />
Nordamerika inzwischen die Nummer zwei im Bereich Klimabediensysteme<br />
– unter anderem durch den starken Ausbau<br />
unserer Ende 2005 in Mexiko gestarteten Aktivitäten.<br />
Und in China produzieren wir ab dem dritten Quartal dieses<br />
Jahres. Wir haben dort erste Aufträge und wollen bis 2012<br />
vier Produkte vor Ort fertigen.<br />
Generell ist der globale Footprint extrem wichtig geworden;<br />
es gibt schon noch lokales Geschäft, aber ohne unsere Internationalisierungsstrategie<br />
hätten wir das hohe Wachstum<br />
der vergangenen Jahre nicht erreicht.<br />
Ü Wie will <strong>Preh</strong> von der Elektromobilität profitieren?<br />
Û Bei der Elektromobilität konzentrieren wir uns auf das<br />
Batteriemanagement. Um hier die Entwicklung voranzutreiben,<br />
haben wir eine stark spezialisierte Mannschaft aufgebaut.<br />
In einem Fahrzeug eines deutschen Premiumherstellers<br />
findet unser Batteriemanagementsystem erstmalig in<br />
einer Kleinserie Anwendung. Aktuell qualifizieren wir das<br />
System gemeinsam mit einem Kunden für die Großserie.<br />
Ü Wo wird die <strong>Preh</strong> GmbH in fünf Jahren stehen?<br />
Û Im Jahr 2010 haben wir im Automotive-Geschäft einen<br />
Umsatz von 343 Millionen Euro erwirtschaftet. In fünf<br />
Jahren rechne ich mit einer Verdoppelung dieser Zahl. Und<br />
wer weiß: Vielleicht überspringen wir einige Jahre später<br />
sogar die Eine-Milliarde-Euro-Umsatzgrenze. Parallel dazu<br />
wollen wir gemeinsam mit Joyson eine gute Börsenstory<br />
hinlegen. Das Interview führte Claus-Peter Köth.
Interview Aufsichtsrat<br />
„Der beste Partner<br />
für <strong>Preh</strong>“<br />
Die Aufsichtsräte Dr. Rolf Scheffels und Dr. Willibald Schleuter über den Verkauf von <strong>Preh</strong><br />
an den chinesischen Investor Joyson, Reaktionen der Kunden und die vordringlichste Aufgabe<br />
für das neue Unternehmen.<br />
Ü Herr Dr. Scheffels, warum haben Sie die Mehrheit<br />
Ihrer <strong>Preh</strong>-Gesellschafteranteile an den chinesischen<br />
Investor Joyson verkauft?<br />
Û Die Deutsche Beteiligungs AG<br />
war – gemeinsam mit dem Management<br />
– rund acht Jahre an <strong>Preh</strong> beteiligt.<br />
Unsere Ziele haben wir inzwischen<br />
erreicht, zum Teil sogar übertroffen:<br />
<strong>Preh</strong> ist heute ein sehr viel<br />
besser positioniertes Unternehmen,<br />
insbesondere durch die massiven Investitionen<br />
in Auslandsstandorte wie<br />
auch die Entwicklung neuer Produktgruppen.<br />
Wir waren uns mit dem Management<br />
einig, jetzt einen neuen<br />
Gesellschafter zu finden, mit dessen<br />
Unterstützung <strong>Preh</strong> die nächsten Entwicklungsschritte<br />
gehen kann. Wir<br />
haben diskutiert, welcher Käufer am<br />
besten geeignet erscheint, um die<br />
<strong>Preh</strong>-Erfolgsgeschichte fortzuschreiben.<br />
<strong>Preh</strong> ist für etliche Unternehmen<br />
ausgesprochen attraktiv; wir wurden<br />
deshalb von mehreren möglichen<br />
Käufern angesprochen und hatten einen<br />
sehr guten Marktüberblick. Es kristallisierte sich deutlich<br />
heraus, dass Joyson der beste Partner ist: Mit seinem eigenen<br />
Automotive-Geschäft in China ist Joyson vollkommen<br />
komplementär. Joyson eröffnet <strong>Preh</strong> den nächsten Entwicklungsschritt,<br />
nämlich den Weg nach Asien. Außerdem finanziert<br />
Joyson das weitere Wachstum in Europa und im<br />
NAFTA-Raum, ohne dass <strong>Preh</strong> nachteilige Veränderungen<br />
fürchten müsste, wie sie typischerweise bei einem Kauf<br />
durch einen direkten Wettbewerber unter dem Stichwort<br />
„Realisierung von Synergien“ zu erwarten wären.<br />
Ü Sie haben verkauft, bleiben aber dennoch substanziell<br />
beteiligt. Was versprechen Sie sich davon?<br />
Û Die DBAG und das Management wollen einen möglichst<br />
reibungslosen Übergang sicherstellen und bleiben<br />
deshalb eine Zeit lang weiter beteiligt. Dies war nicht nur unser,<br />
sondern auch der Wunsch von Joyson. Wir werten das<br />
Dr. Rolf Scheffels, Mitglied des Vorstands der<br />
Deutschen Beteiligungs AG und Aufsichtsratsvorsitzender<br />
der <strong>Preh</strong> GmbH.<br />
<strong>als</strong> wichtiges Indiz dafür, dass sich Joyson den Herausforderungen<br />
und Sensibilitäten seines Einstiegs bei <strong>Preh</strong> bewusst<br />
ist. Jeff Wangs Bitte, dass Herr Dr.<br />
Schleuter <strong>als</strong> Branchenexperte unverändert<br />
Mitglied des Aufsichtsrats<br />
bleiben und ich für eine Übergangszeit<br />
weiter den Aufsichtsratsvorsitz<br />
innehaben soll, unterstreicht den<br />
Willen aller Beteiligten nach Kontinuität<br />
und das gemeinsame Vorhaben<br />
zu einem Erfolg zu machen.<br />
Ü Herr Dr. Schleuter, sehen Sie<br />
nicht die Gefahr, dass es auf Kundenseite<br />
Vorbehalte gegen den<br />
Einstieg eines chinesischen Investors<br />
gibt?<br />
Û Die OEMs möchten wissen, wie<br />
das Geschäft operativ weitergeht.<br />
Das sieht aus Kundensicht auf absehbare<br />
Zeit gut aus, eben weil ein<br />
Höchstmaß an Kontinuität bei Ansprechpartnern<br />
und Abläufen sichergestellt<br />
wird. Darüber hinaus geht es<br />
um die weitere Entwicklung von<br />
<strong>Preh</strong>. Da <strong>Preh</strong> die technische Leadership innerhalb der<br />
Joyson-Gruppe übernimmt, bewerte ich auch das positiv.<br />
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die deutlich erhöhte<br />
Eigenkapitaldecke. Sie eröffnet gerade aus der Sicht der<br />
Premiumkunden neue technische Potenziale.<br />
Ein anderer Aspekt ergibt sich aus langfristiger strategischer<br />
Sicht: Hier ist ein Vergleich zu VW möglich: VW stieg <strong>als</strong> erstes<br />
westliches Unternehmen in China ein und hat daraus<br />
Vorteile in der Marktposition gewonnen, die bis heute wirksam<br />
sind. Die Übernahme von <strong>Preh</strong> durch Joyson wird nicht<br />
die erste dieser Art bleiben. In einem Umfeld, in dem in China<br />
weitere Steigerungen des Local Content gefordert sind,<br />
kann das aus Sicht der OEMs in Gesprächen mit chinesischen<br />
Partnern hilfreich sein. Auch bezüglich der Regierungsforderung<br />
an die westlichen Hersteller, zur Weiterentwicklung<br />
der chinesischen OEMs beizutragen, wird die<br />
Übernahme positiv zu sehen sein.<br />
10 Automobil Industrie Special/ 2011<br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
Ü Herr Dr. Scheffels, gab es Vorabgespräche mit einzelnen<br />
OEMs?<br />
Û Wir sind mit Joyson schon seit einigen Jahren in Kontakt,<br />
der von einer Zusammenarbeit auf Projektebene über<br />
das Joint Venture zu der Beteiligung geführt hat. Insofern<br />
hatten wir eine Vorstellung davon, welche Vorteile die Verbindung<br />
auch für die Kunden bringen würde. Deshalb haben<br />
wir eine hohe Akzeptanz der OEMs erwartet. Andererseits<br />
konnte die Transaktion überhaupt nur erfolgreich sein, wenn<br />
bis zum Schluss absolute Vertraulichkeit gewahrt würde; wir<br />
sind sehr froh, dass dies gelungen ist und der gesamte Prozess<br />
ohne Handlungsdruck abgeschlossen werden konnte.<br />
Wir alle wissen, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.<br />
Ü Verstehen Sie Ihr fortgesetztes Engagement im Aufsichtsrat<br />
<strong>als</strong> Korrektiv zum chinesischen<br />
Investor?<br />
Û Dr. Scheffels: Nicht <strong>als</strong> Korrektiv,<br />
sondern <strong>als</strong> logische Folge des gewählten<br />
Wegs: Zielsetzung ist, <strong>Preh</strong><br />
positiv weiterzuentwickeln: Das heißt<br />
zunächst in vielerlei Hinsicht, so weiterzumachen<br />
wie bisher und nicht alles<br />
zu verändern. Auf der anderen Seite<br />
möchte <strong>Preh</strong> natürlich von den Möglichkeiten,<br />
die Joyson bietet, profitieren.<br />
Û Dr. Schleuter: Auch ich sehe die<br />
Aufgabe nicht <strong>als</strong> Korrektiv, sondern<br />
unter der Maßgabe, zur Weiterentwicklung<br />
von <strong>Preh</strong> bei Produkten und<br />
Marktposition unter den neuen Rahmenbedingungen<br />
positiv beizutragen.<br />
Ü Herr Dr. Scheffels, wäre Ihre<br />
Wachstumsstrategie nicht auch mit<br />
einem europäischen oder amerikanischen<br />
Investor möglich gewesen?<br />
Û Sicher, es gab auch einige europäische und amerikanische<br />
Zulieferer unter den Interessenten. Aber nochm<strong>als</strong>:<br />
Wir sind gemeinsam mit dem Management zu dem Schluss<br />
gekommen, dass Joyson der beste Partner für <strong>Preh</strong> ist. Hinzu<br />
kam, dass im Laufe der Zeit ein Vertrauensverhältnis zwischen<br />
dem <strong>Preh</strong>-Management und uns auf der einen und<br />
Jeff Wang, dem Unternehmer hinter Joyson, und seinem<br />
Team auf der anderen Seite gewachsen ist. Es wäre auf den<br />
ersten Blick vielleicht einfacher gewesen, an einen amerikanischen<br />
oder europäischen Konzern zu verkaufen. Das hätte<br />
aber für die weitere Entwicklung von <strong>Preh</strong> andere Konsequenzen<br />
gehabt und weniger Chancen eröffnet.<br />
Ü Haben Sie beide bereits Erfahrungen mit ähnlichen<br />
Konstellationen?<br />
Û Dr. Schleuter: Nein, ich verfüge über keine vergleichbare<br />
Erfahrung.<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Dr. Wilibert Schleuter, Aufsichtsratsmitglied<br />
der <strong>Preh</strong> GmbH, ehem<strong>als</strong> Leiter Entwicklung<br />
Elektrik/Elektronik Audi AG.<br />
Û Dr. Scheffels: Auch für uns gibt es keinen direkten Vergleich.<br />
Allerdings haben wir den Pumpenhersteller Lewa vor<br />
einiger Zeit an einen japanischen Hersteller verkauft. Auch<br />
hier gab es große europäische und amerikanische Interessenten,<br />
aber das Management und wir hielten aus den gleichen<br />
Gründen den japanischen Bieter für am besten geeignet,<br />
die positive Entwicklung von Lewa fortzuschreiben. In diesem<br />
Fall hat sich die Einschätzung bereits mehr <strong>als</strong> bestätigt.<br />
Ü Gibt es bereits einen Zeitplan für den Ausstieg der<br />
Deutschen Beteiligungs AG?<br />
Û Dr. Scheffels: Wir planen, bis 2013 engagiert zu<br />
bleiben.<br />
Ü Was sehen Sie <strong>als</strong> Aufsichtsräte jetzt <strong>als</strong> vordringlichste<br />
Aufgabe für das neue Unternehmen?<br />
Û Dr. Scheffels: Inhaltlich steht im<br />
Vordergrund, das künftige Zusammenspiel<br />
so zu gestalten, dass die Potenziale<br />
der Partnerschaft auch wirklich<br />
gehoben werden und möglichst wenig<br />
Reibungsverluste entstehen. Kurzfristig<br />
steht dabei der Aufbau des Joint<br />
Ventures im Vordergrund, der ja bereits<br />
seit einigen Monaten im Gange<br />
ist. Die Herausforderung ist sicherlich,<br />
die unterschiedlichen Kulturen zusammenzuführen.<br />
Û Dr. Schleuter: Zusammengefasst<br />
geht es mir darum, die Chancen der<br />
neuen Konstellation bei Produkten und<br />
Marktposition konsequent zu nutzen<br />
und mitzugestalten und gleichzeitig zu<br />
einer entsprechenden Stabilität und<br />
Kontinuität beizutragen.<br />
Ü Kann man überhaupt die Corporate-Governance-Standards<br />
von deutschen und chinesischen<br />
Unternehmen in Einklang bringen?<br />
Û Dr. Schleuter: Die Standards der Corporate Governance<br />
und die historische Entwicklung dieser Themen sind<br />
unterschiedlich und bergen damit ein Konfliktpotenzial. Es<br />
wird daher wichtig sein, wie die Zusammenarbeit und die<br />
gegenseitige Wertschätzung der Partner gelebt werden. Das<br />
Konfliktpotenzial kann man deutlich reduzieren, indem man<br />
die Themen ausführlich bespricht und vor allem danach<br />
schriftlich dokumentiert.<br />
Û Dr. Scheffels: Aus meiner Sicht ist entscheidend, dass<br />
für <strong>Preh</strong> auch künftig deutsches Recht und dementsprechend<br />
eine unveränderte Corporate Governance gilt. Ich sehe<br />
die praktischen Herausforderungen – neben den angesprochenen<br />
kulturellen Unterschieden – eher auf der operativen<br />
Ebene, zum Beispiel in speziellen Reportinganforderungen.<br />
Die Fragen stellte Carsten Deuster.<br />
11
Fotos: <strong>Preh</strong><br />
Klimakompetenz<br />
Mehr <strong>als</strong> nur warm<br />
oder kalt<br />
Wenn ein potenzieller Kunde ein Automobil zur Probe fährt, dann zählt der erste Eindruck.<br />
Für sein subjektives Empfinden spielt die Abstimmung des Klimakomforts eine bedeutende<br />
Rolle.<br />
Bei einem Crashtest liefern diverse<br />
Sensoren am Dummy „harte“ Fakten<br />
und damit eine solide Basis, um die<br />
Sicherheit zu optimieren. Aber wie lässt<br />
sich menschliches Wohlbefinden messen?<br />
Offensichtlich hängt es von<br />
weitaus mehr ab <strong>als</strong> nur<br />
von einer angenehmenTemperatur:<br />
Ist die Luft zu<br />
trocken? Zieht<br />
es? Riecht es<br />
gut? Scheint die<br />
Sonne oder ist es<br />
dunkel und regnerisch?<br />
Die große Herausforderung<br />
bei der Auslegung<br />
des Klimakomforts liegt in der enormen<br />
Bandbreite menschlichen Wohlbefindens, der man<br />
sich messtechnisch immer nur annähern kann.<br />
In die Abstimmung gehen diverse objektive Parameter<br />
ein, aber letztlich kommt es immer auch auf die persönliche<br />
Klimasteuerungs-Intelligenz integriert:<br />
Audio- und Klimabediensystem<br />
im Cockpit und<br />
Klimabediensystem für Fond<br />
(BMW 7er).<br />
langjährige Erfahrung<br />
der Ingenieure an, die<br />
bei verschiedenen<br />
Testfahrten die Endabstimmung<br />
des Klimakomfortsvornehmen.<br />
Dennoch kann dieser<br />
Komfort sehr unterschiedlichwahrgenommen<br />
werden, wenn<br />
sich die individuelle<br />
<strong>Preh</strong>-Klimasteuergerät, Körperphysiologie<br />
einschließlich Klimasteue- eines Fahrzeuginsasrungssoftware,<br />
für Ford.<br />
sen von der eines<br />
„Durchschnittsmenschen“<br />
stark unterscheidet.<br />
So ist es auch kein Zufall, dass die Bedienung<br />
der Klimaanlage bis heute immer im direkten Zugriff<br />
geblieben ist. Um mehr Übersichtlichkeit im Cockpit zu<br />
schaffen, wurden in Fahrzeugen der Premiumhersteller, und<br />
zunehmend auch im Massenmarkt, diverse Schalter einge<br />
12 Automobil Industrie Special/ 2011<br />
Foto: BMW
spart und deren Funktionen in<br />
Untermenüs verbannt.<br />
Doch das Bediensystem für<br />
die Klimafunktionen hat diesem<br />
Trend widerstanden, denn der<br />
schnelle und direkte Zugriff auf<br />
diese Komforteinstellungen genießt<br />
einen hohen Stellenwert.<br />
Außerdem spielt hier auch die<br />
Fahrsicherheit eine Rolle: Wenn<br />
die Scheiben beschlagen, gelangt<br />
mit einem Druck auf die „Defrost“<br />
Taste schnellstens ein Strom entfeuchteter,<br />
temperierter Luft an<br />
die Windschutzscheibe und entfernt<br />
den Beschlag.<br />
Weltweit lassen sich die Automobilzulieferer<br />
mit KlimakomfortKompetenz an zwei Händen<br />
abzählen. Es sind überwiegend Hersteller von Klimaaggregaten.<br />
Aggregatunabhängige Lieferanten sind äußerst<br />
rar. Für einen OEM sind sie aber umso interessanter: Denn<br />
dann muss das Klimabediensystem, <strong>als</strong> Bestandteil des<br />
Fahrzeuginterieurs, nicht zwangsläufig vom Aggregatehersteller<br />
kommen, sondern der OEMEinkäufer kann höchst<br />
flexibel agieren.<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH ist ein Aggregatunabhängiger Zulieferer,<br />
der seit mehr <strong>als</strong> 15 Jahren nicht nur Bediensysteme für die<br />
Klimafunktionen herstellt, sondern auch Klimaregelungssoftware<br />
entwickelt. Hier kommt es entscheidend darauf an, die<br />
sehr unterschiedlichen Anforderungen verschiedener OEMs<br />
umsetzen zu können. Während manche Hersteller mit sehr<br />
exakten Systemvorgaben arbeiten, lässt ein anderer für seine<br />
zwei und dreizonigen Klimasysteme dem Lieferanten nahezu<br />
freie Hand. Dementsprechend verbleiben weniger oder<br />
mehr Freiheitsgrade, um mit geeigneten Maßnahmen einen<br />
guten Klimakomfort zu erreichen. Andererseits werden teilweise<br />
auch reine Umsetzungen von Schaltfunktionen gefordert,<br />
ohne jede Klimaintelligenz.<br />
<strong>Preh</strong> konnte im Laufe der Jahre in zahlreichen Projekten<br />
die ganze Bandbreite von Klimabediensystemen und Klimasteuerungssoftware<br />
in Serie umsetzen: Darunter sind<br />
halbautomatische Systeme (z. B. VW Polo), einzonige Systeme<br />
(Audi A1), mehrzonige vollautomatische Systeme (BMW<br />
7er) oder auch besondere Lösungen, etwa für Traktoren, deren<br />
Kabinen extrem große Glasflächen haben.<br />
<strong>Preh</strong> spricht in diesem Zusammenhang von einem echten<br />
Kompetenzvorteil gegenüber reinen Schalterlieferanten.<br />
Vor allem, wenn OEMs die Radio/InfotainmentFunktionen<br />
und die Klimabedienung zu einem Bediensystem in der Mittelkonsole<br />
zusammenfassen. „Unsere Erfahrung zeigt, dass<br />
bei Fahrzeugvolumina ab etwa 100.000 Stück pro Jahr eine<br />
integrierte Lösung günstiger ist“, erklärt Michael Jendis, Vertriebsleiter<br />
bei <strong>Preh</strong>.<br />
Darunter versteht er ein Bediensystem, das neben der<br />
Bedienblende mit den Schaltern auch über ein integriertes<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Klimabediensysteme für das Volumensegment: VW<br />
Jetta und Ford F-250/350.<br />
Fotos: <strong>Preh</strong><br />
Klimasteuergerät mit entsprechender<br />
Software verfügt. Im Unterschied<br />
dazu praktizieren manche<br />
OEMs heute auch den Ansatz,<br />
die Bedienblende vom Steuergerät<br />
abzukoppeln, um beide Komponenten<br />
separat einkaufen zu<br />
können.<br />
„Unter Kostengesichtspunkten<br />
ist das integrierte System vorteilhafter,<br />
weil es hier weniger Schnittstellen<br />
gibt und gemeinsame Basisfunktionen<br />
genutzt werden können“,<br />
betont Jendis. Andererseits<br />
kann es bei kleineren Stückzahlen<br />
bzw. bei einer hohen Variantenvielfalt<br />
auch sinnvoll sein, die<br />
Standardisierungsvorteile von separatem Steuergerät und<br />
separater Bedienblende zu nutzen. Das ist aktuell beispielsweise<br />
bei den Ford Modellen Taurus, Flex und Mustang gegeben,<br />
die auf derselben Plattform aufbauen.<br />
Allerdings: Setzt man ein Klimasteuergerät für ein Mittelklassefahrzeug<br />
mit dreizoniger Klimaregelung und leistungsfähigem<br />
Prozessor <strong>als</strong> Standardsteuergerät für einzonige<br />
Systeme ein, führt das zu unnötigen Mehrkosten, die den<br />
Standardisierungsvorteil verschwinden lassen.<br />
„Wir können für den OEM die Systeme entwickeln und<br />
fertigen, die am besten zu seiner Modellpolitik passen“, resümiert<br />
Jendis. So liefert <strong>Preh</strong> nicht nur integrierte Klimabediensysteme<br />
mit Elektronik, Software, haptisch und optisch<br />
anspruchsvollen Oberflächen, sondern auch separate Klimasteuergeräte<br />
und Bedienblenden. Des Weiteren beschäftigt<br />
sich der Zulieferer mit verbesserten Möglichkeiten der<br />
Temperatursensierung. Das jüngste Produkt ist hier ein neuartiger<br />
unbelüfteter Temperatursensor, der noch 2011 in Serie<br />
gehen soll.<br />
Lüfterloser Temperatursensor<br />
Zur Messung der Innenraumtemperatur werden erst seit wenigen<br />
Jahren unbelüftete Oberflächensensoren in Serie eingesetzt.<br />
Diese Systeme bestehen im Wesentlichen aus einer Fotodiode<br />
und einem NTC sowie entsprechenden Softwarealgorithmen.<br />
Insbesondere ungünstige klimatische Einflussfaktoren<br />
machten ein kontinuierliches Reproduzieren der gewonnenen<br />
Messergebnisse zu einer Herausforderung. Hier setzt die deutlich<br />
verbesserte Lösung der <strong>Preh</strong> GmbH an: Der neuartige unbelüftete<br />
Temperatursensor arbeitet ohne Fotodiode und setzt<br />
stattdessen auf eine Kombination aus NTCs. Die Software für<br />
den patentrechtlich geschützten Sensor sorgt dafür, dass sowohl<br />
für den HeizFall <strong>als</strong> auch für den KühlFall die gleiche<br />
Berechnungsmethode angewendet wird. So zeigt das System<br />
eine schnelle Reaktion auf die erkannte Innenraumtemperatur<br />
und es werden gut reproduzierbare Ergebnisse erzielt.<br />
13
Bediensysteme<br />
Pre(h)mium<br />
Look and Feel<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH gehört zu den innovativen Spezialisten für Bediensysteme im Fahrzeuginterieur.<br />
Automobil Industrie warf einen Blick auf aktuelle BediensystemTrends, für die der<br />
Zulieferer neue technische Lösungen entwickelt.<br />
Rolls-Royce Ghost: Cockpit mit zentralem Bediensystem auf der Mittelkonsole.<br />
BMW hatte es einst <strong>als</strong> erster Automobilhersteller gewagt:<br />
Ein puristisches Bedienkonzept mit iDrive-<br />
Controller räumte mit der Schalterflut im Cockpit auf. Was<br />
nach der Markteinführung im Jahr 2001 von den Kunden anfänglich<br />
<strong>als</strong> zu kompliziert empfunden wurde, ist längst zu<br />
einem einfach und intuitiv bedienbaren System ausgereift.<br />
Unter den deutschen Premiumherstellern zog Audi mit dem<br />
MMI (Multi Media Interface) nach und auch Mercedes steuerte<br />
sein Multimediasystem COMAND ab der S-Klasse 2005<br />
mit einem Controller auf der Mittelkonsole. Was zunächst<br />
wie ein auf deutsche Premiumhersteller begrenztes Phänomen<br />
anmutete, findet sich mittlerweile in Konzept- und Serienfahrzeugen<br />
weiterer OEMs. So hat Toyota seine Lexus-<br />
Modelle CT, RX und LFA mit einem zentralen Bediensystem<br />
ausgestattet. Die japanische Variante setzt jedoch nicht auf<br />
den klassischen Dreh-/Drücksteller mit Schiebe-, Kipp- oder<br />
Joystickfunktion. Vielmehr ähnelt das sogenannte Remote-<br />
Touch-Bedienelement in seiner Funktion einer Computermaus.<br />
Die zugrunde liegende Idee ist allerdings die gleiche:<br />
Über ein ergonomisch optimal platziertes Bedienelement in<br />
der Mittelkonsole können Funktionen aus verschiedenen<br />
Menüs gewählt werden, die auf einem zentralen Display dargestellt<br />
werden. Dieses ist so im Cockpit platziert, dass eine<br />
ideale Ablesbarkeit bei minimaler Ablenkung gegeben ist.<br />
Die Kombination aus zentralem Bedienelement und Funk-<br />
14 Automobil Industrie 6/ 2011<br />
Foto: <strong>Preh</strong><br />
Foto: Rolls Royce
tionsmenüs ersetzt eine Vielzahl von Schaltern. Somit gewinnt<br />
das Cockpit ein klareres Design. Auch das Hyundai-<br />
Modell Genesis bedient sich dieser Philosophie.<br />
Doch warum setzen eigentlich nicht viel mehr OEMs auf<br />
zentrale Bediensysteme? Einige OEMs haben sich für Touchscreen-Systeme<br />
entschieden. Nicht nur Endkunden, die täglich<br />
mit iPhone, TomTom und Co. umgehen, kommen mit der<br />
Bedienung von Touchscreens gut klar. Dennoch gehen solche<br />
Systeme in Sachen Ergonomie und Ablenkung Kompromisse<br />
ein: Bei der Funktionsauswahl muss sich der Fahrer –<br />
je nach Körperbau – mehr oder weniger weit nach vorn strecken,<br />
um das Touchdisplay mit der Hand zu erreichen. Dabei<br />
haben Arm und Hand keine Abstützmöglichkeit. Bei unebener<br />
Fahrbahn sucht der Daumen am Touchscreen-Rahmen<br />
Halt, damit der Zeigefinger ins Ziel findet. Bei dieser<br />
Prozedur genügt zur Funktionsauswahl nicht mehr nur ein<br />
kurzer Seitenblick aus dem Augenwinkel, sondern die Blickabwendung<br />
ist unvermeidlich intensiver und bringt eine vergleichsweise<br />
stärkere Ablenkung mit sich.<br />
Magnet-Haptik. Um die Ablenkung beim Bedienvorgang<br />
zu minimieren, entwickelte <strong>Preh</strong> in den vergangenen Jahren<br />
Konzepte einer fortgeschrittenen Benutzerführung. Beispielsweise<br />
wird dem Fahrer mit gezielten Verriegelungen<br />
der Bedienwege des zentralen Controllers eine haptische<br />
Hilfestellung bei der Funktionsauswahl gegeben. Der Zulieferer<br />
setzt hier unter anderem auf den Einsatz von Magnettechnologie.<br />
Dafür haben sich einige <strong>Preh</strong>-Kunden bereits in<br />
aktuellen Serienanwendungen entschieden. So wird das taktile<br />
Feedback eines multifunktionalen Dreh-, Drück- und<br />
Kippelements nicht mehr auf herkömmliche Weise mit Federn,<br />
Rastkurven und Hebeln erzeugt, sondern mit Magneten.<br />
Daraus ergeben sich gleich drei Vorteile: Erstens sind<br />
die Magnete robuster gegen Verschleiß und Verschmutzung.<br />
Zweitens lässt sich eine in alle Richtungen gleichmäßigere<br />
Haptik erzielen <strong>als</strong> mit den zuvor genannten herkömmlichen<br />
Elementen. Dazu muss der konstruktive Aufbau so erfolgen,<br />
dass nur ein einziges Magnetsystem erforderlich ist. Drittens<br />
wird auch die für eine Haptik charackteristische Kraft-Weg-<br />
Kennlinie gleichmäßiger, wenn Magnete verwendet werden.<br />
<strong>Preh</strong> verfügt hier über langjähriges Erfahrungswissen da-<br />
rüber, wie die Kennlinien-Eigenschaften gezielt verändert<br />
und eingestellt werden können. So lassen sich verschiedene<br />
Haptiken darstellen. Aber nicht nur in der Entwicklung sind<br />
die Anforderungen hoch. Um Systeme mit Magnet-Haptik<br />
zuverlässig und in hoher Qualität fertigen zu können, muss<br />
auch in der Produktion ein spezielles Prozess-Know-how zur<br />
Befestigung der Magnetelemente vorhanden sein.<br />
Touchpads im Automobil. Mit dem MMI-Bediensystem<br />
der aktuellen Generation des Audi A8 hat auch das Touchpad<br />
Einzug in die Serie gehalten und BMW kündigte bereits<br />
an, dass es zukünftig einen modifizierten iDrive-Controller<br />
<strong>Preh</strong>-Konzepte mit Touchpad sowie einem zentralen Bedienelement mit haptischer Benutzerführung aus den Jahren 2005 und 2007.<br />
Automobil Industrie 6 / 2011<br />
mit integriertem Touchpad geben werde. Insbesondere im<br />
weltweiten (Automobil-)Wachstumsmarkt Nummer eins –<br />
China – hat eine Touchpadintegration große Vorteile: Indem<br />
Haptische Qualitätswahrnehmung<br />
Robby Rieger, Leiter Konstruktion bei <strong>Preh</strong>: „Das Bediensystem<br />
für die Klimaautomatik des Audi A1 verfügt über drei<br />
Drehsteller, deren Achsenspiel praktisch bei Null liegt. Sie wurden<br />
jeweils mit einem Kugellager ausgestattet. Im Ergebnis<br />
erzielten wir eine Premium-Haptik, die keinen Zweifel daran<br />
lässt, dass hier ein Höchstmaß an Qualität vorliegt. Eine solche<br />
positive Wahrnehmung der Interieurkomponenten strahlt<br />
beim Endkunden unterbewusst immer auch auf die Gesamtwahrnehmung<br />
eines Fahrzeugs ab.“<br />
Klimabediensystem für Audi A1.<br />
15<br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
Bediensysteme<br />
per Finger die Anfangs-Strichfolge<br />
eines Schriftzeichens auf das Pad geschrieben<br />
wird, kann aus den insgesamt<br />
mehreren tausend chinesischen<br />
Schriftzeichen bequem vorselektiert<br />
werden. Durch Eingabe weiterer Zeichenbestandteile<br />
wird die Auswahl<br />
dann verfeinert.<br />
Black-Panel-Oberflächen. Homogene<br />
Black-Panel-Bedienoberflächen,<br />
die keine einzelnen Tasten aufweisen,<br />
sind eines der Wunschszenarios im<br />
Interieurdesign. Statt herkömmlicher<br />
Tastenfelder gäbe es glatte Oberflächen<br />
á la iPad. Allerdings ist die pri- Prototyp eines Bediensystems mit Black<br />
märe Aufgabe des Autofahrers nicht Panel Oberfläche, versenkbaren Drehstellern<br />
und kapazitiven Schaltern.<br />
die Auswahl unterhaltsamer Funktionen,<br />
sondern die möglichst uneingeschränkte<br />
Konzentration auf den Straßenverkehr. Vollständig<br />
homogene und glatte Bedienoberflächen im Fahrzeuginterieur<br />
wären hier eher problematisch, weil es an Fühlhilfen<br />
mangelt. Nicht umsonst sind die Tasten am iDrive Controller<br />
und an MMI-Bediensystemen (vgl. Abbildung) in ihren Konturen<br />
so unterschiedlich ausgeführt, dass der Fahrer sie mit<br />
den Fingerspitzen erfühlen kann. Ganz ähnlich ist das auch<br />
Unter den Serienlieferanten für zentrale Bediensysteme beansprucht<br />
die <strong>Preh</strong> GmbH mit rund 50 Prozent Marktanteil den<br />
Spitzenplatz. Aber nicht nur Pkw der Marken Audi, BMW,<br />
Rolls-Royce und Lamborghini profitieren von diesem Spezial-<br />
Know-how des Zulieferers. Im Bereich der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfahrzeuge entwickelte <strong>Preh</strong> für CLAAS ein multifunktionales<br />
Bedienelement, das aktuell <strong>als</strong> Schaltzentrale in XERION<br />
Traktoren dient. Das Konzept ermöglicht zukünftig einen modellübergreifenden<br />
Einsatz in weiteren Traktoren und Erntemaschinen.<br />
Foto: CLAAS<br />
Zentrale Bediensysteme von <strong>Preh</strong><br />
Multifunktionales Bedienelement<br />
für<br />
CLAAS Traktoren.<br />
Foto: <strong>Preh</strong><br />
BMW iDrive Controller im Keramik-Design<br />
und Audi MMI-Bediensystem<br />
mit integriertem Touchpad.<br />
bei vielen Lenkradschaltern und weiteren<br />
Bediensystemen der Fall. Denn<br />
ohne solche Fühlhilfen bleibt nur der<br />
Blickkontakt zum Schalter, wodurch<br />
sich die Ablenkung erhöht. Für Black<br />
Panel Oberflächen mit integrierten kapazitiven<br />
Schaltern stellt sich <strong>als</strong>o speziell<br />
für Automotive-Anwendungen die<br />
Frage, ob eine Bedienung ohne Fühlhilfen<br />
der richtige Ansatz sein kann.<br />
Hierfür geeignete technische Lösungen<br />
zu finden, gehört zu den Herausforderungen<br />
der Entwicklung zukünftiger<br />
Bediensysteme im Fahrzeuginterieur.<br />
LTK-Anzeigetechnologie. Eine neuartige Anzeigetechnologie,<br />
die von <strong>Preh</strong> zur Serienreife entwickelt wurde, soll<br />
dazu dienen, die Übersichtlichkeit zu wahren, wenn sich die<br />
Anzahl bedienbarer Funktionen erhöht. LTK ist eine Abkürzung<br />
für den sogenannten lentikularen Effekt, mit dem verschiedene<br />
Icons im gleichen Bereich einer Oberfläche dargestellt<br />
werden können. Dabei wechselt die Icon-Anzeige<br />
wie auf einem Display, aber ohne dass aktive Anzeigeelemente<br />
verwendet werden müssen, denn es handelt sich<br />
um einen rein optischen Effekt. Diese Oberflächen können<br />
auch Tastenoberflächen sein, wobei die Icons jeweils genau<br />
am gleichen Platz in der Tastenmitte angezeigt werden.<br />
Bis zu drei verschiedene Icons sind pro Anzeige möglich,<br />
<strong>als</strong>o statt nur einer Funktion kann eine Taste mit bis zu drei<br />
Funktionen belegt werden, wobei die Unterscheidung der<br />
Funktionsmenüs über eine Farbcodierung funktioniert. Im<br />
Ergebnis kann mit der LTK-Technologie die Anzahl der<br />
Schalter im Cockpit verringert werden, weil wenigen Tasten<br />
mehrere Funktionen zugewiesen werden. Dabei bleibt die<br />
Bedienung einfach und übersichtlich, weil das simple und<br />
bekannte Bedienprinzip des Tastendrucks beibehalten<br />
wird.<br />
16 Automobil Industrie 6/ 2011<br />
Foto: <strong>Preh</strong><br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
Foto: Lamborghini<br />
Human-Machine-Interface<br />
für Lamborghini Aventador<br />
Über das in der Mittelkonsole platzierte Human-Machine-<br />
Interface (HMI) lassen sich eine Vielzahl der Funktionen<br />
des Aventador intuitiv bedienen. Diese zentrale Bedieneinheit<br />
ist mit acht Funktionstasten sowie einem großen Dreh-<br />
Drück-Element mit integriertem Joystick ausgestattet. Der<br />
Lieferant ist die <strong>Preh</strong> GmbH. Zum weiteren Lieferumfang gehören<br />
die beiden Designblenden aus Aluminium sowie die<br />
markante rote Abdeckung des Start-Knopfes, mit dem der<br />
Trend zum Multifunktionslenkrad<br />
hält an<br />
Die Nachfrage nach einer Ausstattung mit Multifunktions-<br />
Lenkrad steigt beständig. Während sich im Jahr 2001 nur<br />
25 Prozent der deutschen Neuwagenkäufer dafür entschieden,<br />
waren es im Jahr 2010 schon 46 Prozent (Quelle: DAT-<br />
Report 2011). Sicherlich trägt auch die zunehmende Verfügbarkeit<br />
dieser Ausstattungsoption in nahezu allen Fahrzeugsegmenten<br />
zur Nachfragesteigerung bei. Inzwischen sind<br />
Multifunktionslenkräder in Fahrzeugen der Premiumklasse<br />
zum Standard geworden und finden sich <strong>als</strong> optionale Ausstattung<br />
zum Beispiel weitgehend in Fahrzeugen der unteren<br />
Mittelklasse und in SUVs.<br />
Zu den führenden Herstellern von Multifunktionsschaltern<br />
für das Lenkrad zählt die <strong>Preh</strong> GmbH. Das Unternehmen<br />
entwickelt und fertigt Multifunktionsschalter für Lenkräder in<br />
Pkw und Nutzfahrzeugen. Eine Spezialität des Zulieferers ist<br />
dabei die geschickte konstruktive Auslegung der Schaltereinheiten,<br />
sodass hier trotz sehr kleiner Bauräume die Elektroniken,<br />
zum Beispiel für LIN-Bus, integriert werden können.<br />
Mittels eigener Encoder-Technologie, die es erlaubt, die<br />
Funktion vom taktilen Feedback zu separieren, wird eine<br />
sehr exakte haptische Auslegung der Schalter ermöglicht.<br />
Zu den <strong>Preh</strong>-Kunden für Lenkrad-Multifunktionsschalter,<br />
und teilweise auch für die Schaltwippen zur Gangwahl, ge-<br />
Automobil Industrie 6 / 2011<br />
Foto: <strong>Preh</strong><br />
Das HMI Bediensystem<br />
im Cockpit des<br />
Lamborghini Aventador.<br />
Zwölfzylinder zum Leben erweckt wird. Diese kleine „Klappe“<br />
entstand mit viel Liebe zum Detail in enger Zusammenarbeit<br />
von <strong>Preh</strong>-Ingenieuren und Lamborghini Designern. Im<br />
Ergebnis sorgt ein Magnet dafür, dass die Abdeckung nach<br />
dem Öffnen mit einem sanften Klick einrastet. Und statt eines<br />
schnöden „Zuklappens“ ermöglicht ein hochpräzises Dämpfungselement<br />
einen stilvollen Schließvorgang: ganz denzent<br />
und langsam.<br />
Multifunktionsschalter und Schaltwippen zur Gangwahl für Lenkräder<br />
verschiedener Audi-Modelle.<br />
hören neben Audi (Modelle A1, A6, A7 und A8) auch Volkswagen<br />
(u. a. für die Modelle Lavida, Golf VI, Passat CC und<br />
T5), Bentley (Mulsanne) und Mercedes-Benz (E-Klasse und<br />
S-Klasse). Außerdem liefert <strong>Preh</strong> für den Neoplan Starliner<br />
Bus sowie für Lkw von MAN und DAF (PACCAR Gruppe).<br />
17<br />
Foto: <strong>Preh</strong>
Sensorik<br />
System-Know-how<br />
für Sensoren<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH liefert jährlich mehrere Millionen Sensoren für Automotive-Anwendungen,<br />
insbesondere auch Positionssensoren für hoch anspruchsvolle Einsatzbedingungen. Automobil<br />
Industrie sprach mit dem Leiter der Sensorentwicklung, Dr. Hans-Michael Schmitt.<br />
<strong>Preh</strong> produziert je nach Zielmarkt in seinen Werken in<br />
Mexiko oder Portugal, aber auch am deutschen<br />
Stammsitz in Bad Neustadt an der Saale.<br />
„Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen<br />
Standorts hängt im Kern von zwei<br />
Faktoren ab: In der Entwicklung entscheidet<br />
der Leistungsumfang und bei der Fertigung<br />
spielt der Automatisierungsgrad eine<br />
wesentliche Rolle“, erklärt Schmitt.<br />
Wenn ein Sensor hingegen lediglich<br />
nach Zeichnungsvorgaben industrialisiert<br />
werden soll, brauche es kaum das umfassende<br />
Know-how des deutschen Entwicklungszentrums.<br />
Anders sehe es aus, wenn<br />
eine Betrachtung des Gesamtsystems erforderlich<br />
ist, <strong>als</strong>o die Auslegung und Ab-<br />
stimmung des Sensors für das jeweilige<br />
Einsatzumfeld, mit seinen speziellen Bedingungen.<br />
„Dann sind wir die richtige Adresse“,<br />
so Schmitt.<br />
Je nach Einsatzgebiet eines Positionssensors erarbeitet<br />
der Zulieferer beispielsweise Vorschläge für das technisch<br />
am besten geeignete Messprinzip. Dabei wird die Gesamtkonstruktion<br />
im Auge behalten, um eine kostengünstige Lösung<br />
zu ermöglichen. Umgekehrt überträgt <strong>Preh</strong> auch unterschiedliche<br />
physikalische Messprinzipien auf neuartige Auf-<br />
Vollautomatisierte Fertigung von Drosselklappensensoren am <strong>Preh</strong> Firmensitz in Deutschland.<br />
Dr. Hans-Michael Schmitt leitet<br />
die Sensorentwicklung bei<br />
<strong>Preh</strong> in Bad Neustadt.<br />
gabenstellungen. So entstehen Sensoren mit Messprinzipien,<br />
die für ein bestimmtes Einsatzumfeld bisher noch nicht in<br />
Serie zu finden sind.<br />
In der Fertigung kann <strong>Preh</strong> einen Vorteil<br />
ausspielen, der in dieser Konstellation sehr<br />
selten vorkommt: Die vollautomatischen,<br />
hoch integrierten Fertigungslinien für die<br />
Sensorproduktion werden im Geschäftsbereich<br />
„Innovative Automation“, der <strong>Preh</strong>-eigenen<br />
Automationssparte gebaut. So entstehen<br />
in unmittelbarer Abstimmung mit der<br />
Entwicklung maßgeschneiderte automatisierte<br />
Produktionsanlagen (siehe Beitrag auf<br />
Seite 30 f.).<br />
„Ende des vergangenen Jahres und Anfang<br />
dieses Jahres konnten wir gleich zwei<br />
Stückzahljubiläen mit je zehn Millionen gefertigten<br />
Sensoren feiern“, berichtet Schmitt:<br />
Zum einen waren das Systeme für den Kunden<br />
Knorr-Bremse. Sie messen den Bremsbelagverschleiß<br />
bei Nutzfahrzeugen kontinuierlich. Zum anderen<br />
handelte es sich um Drosselklappensensoren für<br />
Hitachi. Diese, sowie auch Drosselklappensensoren für<br />
Bosch, werden in weit mehr <strong>als</strong> der Hälfte aller Motoren von<br />
General Motors (GM) eingesetzt. Sensoren für die Anwendungen<br />
Drosselklappe und Abgasmanagement entstehen<br />
18 Automobil Industrie Special/ 2011<br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
Die Entwicklung kompletter Sensorsysteme ist ein Spezialgebiet von<br />
<strong>Preh</strong>: Beispiel eines Positionssensors mit integrierter Regelung und<br />
Leistungselektronik.<br />
bei <strong>Preh</strong> vor allem in Dickschichttechnik und auf Basis magnetischer<br />
Messprinzipien. Aber auch das induktive Messprinzip<br />
wird angewendet.<br />
Die Keimzelle des Sensor-Know-hows reicht viele Jahrzehnte<br />
zurück, <strong>als</strong> sich <strong>Preh</strong> mit Potenziometern für Rundfunkgeräte<br />
einen Namen machte. Später wurde das auf der<br />
Dickschichttechnik basierende Potenziometer-Prinzip für die<br />
speziellen Erfordernisse automobiler Anwendungen weiterentwickelt.<br />
Unter anderem entstanden eigens für das raue<br />
Motorumfeld sehr robuste und gegebenenfalls redundant<br />
ausgelegte Sensorsysteme.<br />
Die Gehäuse solcher Sensoren müssen extremen Beanspruchungen<br />
durch Temperaturwechsel und Vibrationen<br />
standhalten. Um hier ein Höchstmaß an Produktqualität zu<br />
erzielen, arbeiten in der Entwicklungs- und Industrialisierungsphase<br />
alle an der Systemintegration beteiligten <strong>Preh</strong>-<br />
Bereiche eng zusammen: Von der Entwicklung über die<br />
Werkzeug- und Verfahrenstechnik bis zur Fertigungs- und<br />
Prüftechnik. Dadurch ist es auch möglich, auf Kundenwünsche<br />
sehr flexibel und schnell zu reagieren.<br />
Für die Produktion von Sensorgehäusen verfügt <strong>Preh</strong><br />
über die neueste Umspritztechnik. War es früher noch notwendig,<br />
die Metallkontakte zunächst zu umspritzen, um sie<br />
dann im Gehäuse exakt positionieren zu können, kann dieser<br />
Schritt dank neuester Technologie heute entfallen.<br />
„Aktuell werden die berührenden Sensoren immer umfassender<br />
durch Beauftragungen für berührungslose Systeme<br />
ersetzt“, erläutert Schmitt. So arbeitet sein Entwicklungsbereich<br />
bei Hall-basierten Systemen mit entsprechenden<br />
Simulationstools. Mit deren Hilfe können zum Beispiel Magneten<br />
optimal ausgelegt, Umgebungseinflüsse berücksich-<br />
Drosselklappensensor in Dickschichttechnik.<br />
Rechts die Serienversion,<br />
z.B. für<br />
Cadillac DTS. Links mit<br />
transparentem Gehäuse,<br />
dass die umspritzten<br />
Sensorkontakte erkennen<br />
lässt.<br />
Drosselklappensensor mit Hall-Messprinzip, z.B. für Ford „Coyote“<br />
V-8-Motor.<br />
tigt, oder auch die Systemgrenzen bestimmt werden. „Trotz<br />
des Trends zu berührungslosen Systemen fertigen wir weiterhin<br />
auch noch beachtliche Stückzahlen in Dickschichttechnik“,<br />
sagt Schmitt, und weiter: „Das kommt nicht von<br />
ungefähr, denn diese Sensoren „Made by <strong>Preh</strong> in Germany“<br />
haben ihre Zuverlässigkeit millionenfach im Serieneinsatz<br />
bewiesen.“<br />
Das treffe auf diverse Applikationen zu, etwa zur Positionsmessung<br />
für Gas-, Kupplungs- und Bremspedale beziehungsweise<br />
bei einer Sonderapplikation für Bremsbelagverschleiß.<br />
Hier hat <strong>Preh</strong> neben der Dickschicht auf kleinstem<br />
Raum auch eine Elektronik mit ASIC integriert sowie ein<br />
miniaturisiertes Planetengetriebe aus Kunststoff, das für<br />
eine Übersetzung im Sensor sorgt. Der Zulieferer fokussiert<br />
sich insbesondere auf die Entwicklung kompletter Sensorsysteme.<br />
Nach Innovationen gefragt, erklärt Schmitt, dass man<br />
umfassendes Know-how in der kapazitiven Messung aufgebaut<br />
habe. Kapazitive Sensoren können schon in der<br />
Designphase durch Simulationstools mit hoher Präzision<br />
optimiert werden. Die Überprüfung dieser Simulationen<br />
geschieht an entsprechenden Entwicklungsmustern, wofür<br />
<strong>Preh</strong> über ein breit ausgestattetes Sensoriklabor verfügt.<br />
In Serienanwendungen ist der Zulieferer bisher mit Komfortsensoren<br />
zum Detektieren von Scheibenbeschlag erfolgreich<br />
gewesen sowie mit kapazitiven Bedienelementen für<br />
das Fahrzeuginterieur. „Nun wollen wir dieses Messprinzip<br />
für weitere Anwendungen einsetzen, zum Beispiel bei Füllstandsmessungen“,<br />
konstatiert Schmitt, und wiegt dabei einen<br />
ersten Prototypen in der Hand. Über Details dieser<br />
jüngsten Entwicklung spricht er jedoch noch nicht.<br />
19
Schematische Darstellung von Komponenten eines E-Fahrzeugs, einschließlich <strong>Preh</strong>-Steuergeräten für das Batteriemanagement „BMU“ und „CSCs“.<br />
System-Partner statt<br />
System-Lieferant<br />
Was sich wie ein Wortspiel anhört, steht für zwei grundverschiedene Ansätze der Zusammenarbeit<br />
von Automobilherstellern und Zulieferern. Die <strong>Preh</strong> GmbH definiert sich <strong>als</strong><br />
System-Partner für Steuergeräte, etwa in der E-Mobilität, wo das Unternehmen<br />
einen ersten Serienauftrag realisiert hat.<br />
Mit der weltweiten Zunahme der Elektromobilität<br />
wird eine bisherige Kernkompetenz der Fahrzeughersteller<br />
– die Entwicklung und Fertigung von Verbrennungsmotoren<br />
– langfristig verloren gehen. Deshalb legen<br />
einige OEMs großen Wert darauf, dass die Kompetenz der<br />
Systemintegration von Batteriezellen und Leistungselektronik<br />
im eigenen Haus bleibt.<br />
Diese Vergabepolitik ist für Zulieferer von Vorteil, die keine<br />
Komplettsysteme anbieten. Denn sie können <strong>als</strong> hoch<br />
flexible Entwicklungs- und Fertigungspartner, <strong>als</strong>o <strong>als</strong> „System-Partner“,<br />
für einzelne Komponenten agieren.<br />
Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit eines namhaften<br />
deutschen Automobilherstellers mit der <strong>Preh</strong> GmbH:<br />
Der Zulieferer wurde mit der Serienfertigung von Steuergeräten<br />
für das Batteriemanagement eines Elektrofahrzeugs beauftragt.<br />
Während <strong>Preh</strong> <strong>als</strong> mittelständisch geprägtes Unternehmen<br />
mit schlanken Strukturen die Änderungswünsche<br />
schnell umsetzen kann, verbleibt<br />
das Know-how für das Gesamtsystem<br />
beim OEM.<br />
Vor dem Einstieg in den<br />
Zukunftsmarkt Elektromobilität<br />
hatte <strong>Preh</strong> sei_<br />
ne Kompetenz <strong>als</strong> Steuergeräte-Lieferant<br />
unter<br />
Beweis gestellt, unter anderem<br />
mit Steuergeräten<br />
auf SIL 3 System-Level.<br />
Der Lieferant sah sich<br />
dabei zwei grundlegenden<br />
Strategien der OEMs gegenüber,<br />
mit denen die hohen Abstimmungsanforderungen<br />
immer stärker vernetzter elektronischer<br />
Subsysteme erfüllt werden sollten: Zum einen sollte<br />
20 Automobil Industrie Special/ 2011
Beim Laden gleicht das Batteriemanagement Ladungsunterschiede in den Batteriezellen aus, mittels CSCs und BMU (passive balancing).<br />
durch Standards wie Autosar und Spice die Softwarekomplexität<br />
beherrschbarer werden.<br />
Zum anderen übernahmen manche OEMs Teile der<br />
Subsystementwicklung. So konnten sie <strong>als</strong> Systemführer auf<br />
das spezielle Know-how kleinerer System-Partner zurückgreifen.<br />
Ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit von <strong>Preh</strong> <strong>als</strong> System-Partner<br />
ist unter anderem die Entwicklung und Fertigung<br />
eines Steuergeräts für die Aktivlenkung. Zum Gesamtsystem<br />
gehörte hier neben dem Steuergerät ein mechanisches<br />
System, einschließlich Steuersoftware, sowie die<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Das Steuergerät für die Aktivlenkung, beispielsweise<br />
für den BMW 7er.<br />
Fotos: <strong>Preh</strong><br />
Fahrzeugsoftware. <strong>Preh</strong> verantwortete das Steuergerät während<br />
die Verantwortung für das Gesamtsystem bei einem<br />
Systemlieferanten lag. Dementsprechend waren in dieser<br />
Konstellation nicht nur die Anforderungen des Fahrzeugherstellers<br />
zu erfüllen, sondern auch die des Systemlieferanten.<br />
<strong>Preh</strong> oblag die volle Verantwortung für Gehäuse und Entwärmungskonzept<br />
sowie für die EMV-Optimierung. Außerdem<br />
war <strong>Preh</strong> für alle weiteren Hardware-Bestandteile und für<br />
Teile der Software verantwortlich.<br />
Steuergeräte für das Batteriemanagement eines E-Autos<br />
Das neue Elektrofahrzeug eines namhaften Premiumherstellers<br />
verfügt auch über Steuergeräte der <strong>Preh</strong> GmbH: die Battery<br />
Management Unit (BMU) und die Cell Supervisory Circuit<br />
(CSC). Die Aufgabe der CSC ist es, Spannung und Temperatur<br />
jeder einzelnen Batteriezelle permanent zu überwachen. Entsprechend<br />
der Anzahl der Batteriezellen pro Fahrzeug wird die<br />
CSC mehrfach verbaut. Informationen über Ladezustand und<br />
Temperatur werden von der CSC an die Battery Management<br />
Unit weitergeleitet.<br />
Bei der Steuergeräte-Entwicklung arbeitete <strong>Preh</strong> mit dem ASIL<br />
C-Standard nach ISO 26262. Während die Software für die<br />
CSC bei <strong>Preh</strong> entstand, kam für die BMU ein Standard-Betriebssystem<br />
des OEMs zum Einsatz. Besondere Anforderungen<br />
stellte die BMU an den Bauraum sowie an das Gehäuse<br />
in Sachen EMV-Schirmung. Außerdem war die sichere<br />
Trennung von Hochvoltseite (450 V) und Niedervoltseite (12 V)<br />
zu gewährleisten, wofür u.a. eine Isolationswiderstandsmessung<br />
mittels speziell entwickelter Halbleiter-Bauelemente vorgesehen<br />
wurde.<br />
21
Interview Entwicklung<br />
Eingabe, Anzeige und<br />
Design werden eins<br />
Künftige Bedienkonzepte im Fahrzeug orientieren sich an mobilen Endgeräten. Was so<br />
einfach klingt, erfordert Kompetenzen, die von der Verarbeitung hochwertiger Oberflächen<br />
über die Softwareentwicklung und Sensorik bis hin zur Produktionstechnik reichen.<br />
Ü Herr Ehrenberg, welcher Megatrend beeinflusst<br />
die Entwicklung des Fahrzeuginnenraums?<br />
Û Ganz klar die rasante Entwicklung der Consumer-Elektronik.<br />
Da man die Oberflächen und Bedienkonzepte von<br />
iPod und Co. aber nicht eins zu eins auf Automotive-Anwendungen<br />
übernehmen kann, konzentrieren wir uns bei <strong>Preh</strong><br />
auf die Entwicklung von automotivetauglichen Konzepten.<br />
Dabei lassen sich fast alle Fragestellungen zur Automotive-<br />
Tauglichkeit auf zwei Aspekte reduzieren: Erstens eine minimale<br />
Fahrerablenkung, zweitens die für automobile Anwendungen<br />
geforderte deutlich höhere Robustheit. Beide Aspekte<br />
münden in einen Anforderungskatalog, der beispielsweise<br />
die Notwendigkeit eines haptischen und/oder akustischen<br />
Feedbacks, den erweiterten Temperaturbereich, die<br />
Foto: <strong>Preh</strong><br />
Oberflächenbeständigkeit und Betätigungszyklen über die<br />
Lebenszeit und viele weitere Fragestellungen umfasst.<br />
Ü Wie sieht ein optimales Bedienkonzept aus?<br />
Û Zukünftig muss es möglich sein, dem Fahrer mit einigen<br />
wenigen intuitiven Eingabeelementen die steigende Zahl von<br />
Funktionen neuer Fahrzeuggenerationen zu erschließen. Dafür<br />
sehe ich den Königsweg in der Kombination unterschiedlicher<br />
Bedien- und Eingabemöglichkeiten. Beispielsweise<br />
sollte das Klimagerät immer eine direkte Bedienung haben.<br />
So kann der Fahrer schnell eingreifen und die Temperatur<br />
über herkömmliche Tasten, Wippen oder Drehsteller je nach<br />
Bedarf regeln. Alle Funktionen heutiger Fahrzeuge direkt bedienbar<br />
zu machen, ist aufgrund der Fülle aber nahezu unmöglich.<br />
Mehrschichtige und logisch aufgebaute Menüs sind<br />
die Lösung. Diese kann der Fahrer entweder mittels Touchscreen<br />
oder ergonomisch besser mittels zusätzlichen Bedienelementen<br />
im Bereich der Armauflage in der Mittelkonsole<br />
bedienen. Bei dieser Lösung sind die Bedienung und<br />
die Anzeige im Fahrzeug voneinander getrennt und der Fahrer<br />
kann mit minimaler Blickabwendung und dennoch guter<br />
Ergonomie auch Mehrfacheingaben sicher umsetzen.<br />
Letztendlich sind die OEMs gefragt, ein stimmiges ganzheitliches<br />
Anzeige- und Bedienkonzept zu erstellen. Wir sind dabei<br />
in der Lage den OEMs aufgrund unseres breiten Technologiespektrums<br />
schnell innovative Lösungen aufzuzeigen<br />
und in ersten Mustern erlebbar zu machen.<br />
Zur Person<br />
Jochen Ehrenberg hat an der Universität der Bundeswehr in<br />
München Kraftfahrzeugtechnik studiert. Im Anschluss folgte<br />
ein berufsbegleitendes Studium der Wirtschaftswissenschaften<br />
sowie der MBA in Henley, UK.<br />
Seine Laufbahn bei <strong>Preh</strong> begann Ehrenberg 1997 im Key Account<br />
BMW. Im Jahr 2000 wurde ihm der Aufbau des neuen<br />
Bereichs Projektmanagement anvertraut. Seit 2009 ist er Leiter<br />
der Entwicklung und Industrialisierung bei <strong>Preh</strong>.<br />
Jochen Ehrenberg hat zwei Kinder und findet seinen Ausgleich<br />
bei unterschiedlichen Outdoor-Sportarten in der Rhön.<br />
22 Automobil Industrie Special/ 2011
Û Im Bedienkonzept des neuen A8 ist ein<br />
Touchpad mit Schriftzeichenerkennung integriert.<br />
Eignet sich die Technik auch für Volumenmodelle?<br />
Û Sicherlich, davon bin ich überzeugt. Die Schrifterkennung<br />
selbst hat in der Consumer Elektronik bereits einen hohen<br />
Reifegrad erreicht. Die Eingabe von Schriftzeichen und<br />
einfachen Gesten ist in hohem Maße intuitiv und bietet damit<br />
alle Voraussetzungen für eine weitere Marktdurchdringung.<br />
Ü Wie lange beschäftigt sich die Entwicklungsabteilung<br />
von <strong>Preh</strong> schon mit solchen Berührflächen?<br />
Û Spätestens seit der IAA 2005. Bereits dam<strong>als</strong> haben wir<br />
ein Bedienkonzept vorgestellt, in das ein Touchpad integriert<br />
war. Auf der IAA 2007 hat <strong>Preh</strong> ebenfalls die sogenannte<br />
Black-Panel-Technik vorgestellt, die inzwischen vom 5er bis<br />
7er BMW in Serienproduktion ist. Hier erscheinen Anzeigen<br />
abhängig vom Betriebszustand des Fahrzeugs.<br />
Ü Welchen Weg schlägt das Design der Bedienelemente<br />
zukünftig ein?<br />
Û Der Trend geht zur beruhigten Oberfläche. Neben Designaspekten<br />
ist es unser Ziel, dem Fahrer nur Funktionen<br />
und Anzeigen zur Verfügung zu stellen, die in der jeweiligen<br />
Fahrsituation sinnvoll sind – ein klarer Sicherheitsaspekt. Um<br />
diese Flexibilität zu erreichen, verschwimmen bei zukünftigen<br />
Innenraumkonzepten die Grenzen zwischen Eingabe-<br />
Anzeigemedium und Designfläche immer mehr.<br />
Ü Wie sieht so etwas praktisch aus?<br />
Û Es ziehen homogene Kunststoff- oder Glasoberflächen<br />
in das Fahrzeug ein. Unter ihnen erscheinen Schaltflächen<br />
und Anzeigen erst dann, wenn es der Fahrzeugzustand erfordert<br />
oder der Fahrer ein bestimmtes Menü anwählt. Ein<br />
solches Konzept mit Black-Panel-Technik, Touchbedienung<br />
und Ambientebeleuchtung haben wir gemeinsam mit Porsche<br />
in der Konsole des Konzeptfahrzeugs Spyder 918 realisiert.<br />
Das Fahrzeug wurde auf dem Genfer Automobilsalon<br />
2010 vorgestellt.<br />
Ü Wie nah ist das Konzept am Seriendesign?<br />
Û Multimediageräte wie der iPod haben Glasoberflächen<br />
mit darunterliegender Sensorfläche, die allerdings bislang<br />
nur flach ausgeprägt sind. Das reicht für Multimediageräte<br />
wie den iPod aus. Für das Automotive-Design sind solche<br />
Flächen aber nur begrenzt tauglich. Die Aufgabenstellung für<br />
zukünftige Konzepte wird es sein, hier dem Design mehr<br />
Freiheitsgrade einzuräumen.<br />
Ü Welchen Stellenwert genießt in dieser Entwicklungsphase<br />
die Industrialisierung des Produkts?<br />
Û Die Industrialisierung ist bei <strong>Preh</strong> immer fester Bestandteil<br />
des Produktentstehungsprozesses. Innovationen mit betraubarer<br />
Qualität und belastbaren Kosten in Serie zu bringen,<br />
ist nur dann möglich, wenn bereits bei den ersten Konzeptüberlegungen<br />
deren Machbarkeit für die Serie berück-<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
sichtigt wird. Die Industrialisierung muss dabei in allen Musterphasen<br />
ihre Prozesse ebenfalls verifizieren. Ziel ist es, einen<br />
optimalen Reifegrad der Serienprodukte bereits zu Beginn<br />
der Produktion zu erreichen. Dafür setzen wir auf ein<br />
enges Zusammenspiel von Entwicklungs- und Industrialisierungs-Know-how,<br />
vielleicht unser wichtigstes Differenzierungsmerkmal.<br />
Ü Wie ist das organisatorisch umgesetzt?<br />
Û Alle Disziplinen, wie Hardware, Software, Sensorik,<br />
Konstruktion und eben auch die Industrialisierung mit der<br />
Fertigungstechnik und der Kunststofftechnik haben wir in jedem<br />
Projektteam von Anfang an fest verankert. Unsere Möglichkeiten<br />
in der Industrialisierung beinhalten dabei auch den<br />
Bau komplexer Kunststoffspritzgießwerkzeuge, Montageanlagen<br />
und Prüflinien. Ein eigener unabhängiger Bereich Projektmanagement<br />
stellt zudem in jeder Phase der Projekte die<br />
Einhaltung unserer Prozesse und Projektziele sicher.<br />
Ü Welche Chancen eröffnet das SensorikGeschäftsfeld<br />
für <strong>Preh</strong>?<br />
Û Sensorik ist ganz allgemein ein Wachstumsbereich im<br />
Automotive-Business. Sie hat bei uns im Haus bereits eine<br />
lange Tradition. Gerade heute ist die Sensorik für uns in doppelter<br />
Hinsicht wichtig: zum einen <strong>als</strong> essenzieller Bestandteil<br />
unserer Bedienteile, zum anderen in Form eigenständiger<br />
Produkte, wie zum Beispiel unterschiedlichster Positionssensoren.<br />
Ü Welches Knowhow und welche Produkte kann<br />
<strong>Preh</strong> zu einem Elektroauto beisteuern?<br />
Û Wir entwickeln Steuergeräte, die den Betriebszustand<br />
von Hochvoltspeichern in Elektrofahrzeugen überwachen.<br />
Ü Woher kommt die Steuergerätekompetenz?<br />
Û Nachdem vor einigen Jahren ein Teil der OEMs begann<br />
die Klimaregelungsintelligenz in Steuergeräten getrennt von<br />
der Bedienoberfläche zu verbauen, lag der Schritt nahe,<br />
auch diese Steuergeräte in unser Produktportfolio aufzunehmen.<br />
Unsere Steuergerätekompetenz und das Geschäftsfeld<br />
haben sich erfreulich weiterentwickelt. Heute produzieren<br />
wir auch sicherheitsrelevante Steuergeräte mit ASIL-Einstufung,<br />
wie zum Beispiel die Steuereinheit für die Vorderachs-<br />
und Hinterachslenkung im BMW 5er, 6er und 7er.<br />
Ü Verdient <strong>Preh</strong> mit der EMobilität schon Geld?<br />
Û Nein. Wir haben in den letzten Jahren Kapazität bei<br />
der Hardware- und Softwareentwicklung aufgebaut und sind<br />
damit in Vorleistung gegangen. Wir denken hier aber langfristig.<br />
Durch den frühen Markteintritt und den Know-how-<br />
Aufbau im Batteriespeichermanagement erhoffen wir uns<br />
beste Chancen in einem wichtigen Segment der Elektromobilität.<br />
Damit investieren wir heute bereits in die automobile<br />
Zukunft.<br />
Das Interview führte Jens Badstübner<br />
23
Joyson Automotive<br />
Von 0 auf 100 wie<br />
ein Supersportwagen<br />
Was für eine Beschleunigung: 2004 startete Jeff Wang sein Business und katapultierte<br />
Joyson Automotive Electronics in nur sechs Jahren auf ein Umsatzvolumen von 125 Millionen<br />
Euro. Zusammen mit der Immobiliensparte schnellten die Umsätze der Joyson-Gruppe sogar<br />
auf 200 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf rund 1.800 Beschäftigte.<br />
Wie es sich für einen echten Unternehmer gehört,<br />
war Jeff Wang mit Joyson zur rechten Zeit am<br />
rechten Ort. Im Automotive-Geschäft profitierte Joyson zum<br />
einen von der außergewöhnlich hohen Wachstumsdynamik<br />
des chinesischen Automobilmarktes in den vergangenen<br />
Jahren, zum anderen besetzte der Zulieferer Marktnischen<br />
mit großem Entwicklungspotenzial.<br />
Zu den Hauptprodukten gehören Belüftungssysteme,<br />
Motor-Ansaugrohre sowie Komponenten für die Innen- und<br />
Außenausstattung, zum Beispiel Blenden für Mittelkonsolen<br />
und Außenspiegel bzw. Systeme für Scheibenwaschanlagen.<br />
Darüber hinaus verfügt Joyson auch über ein Aftermarket-Geschäft<br />
für DVD-Systeme. Führende Marktpositionen<br />
nimmt Joyson Automotive vor allem im Bereich von Belüftungsblenden,<br />
Ansaugrohren und Scheibenwaschanlagen<br />
ein, wo das Unternehmen in China auf Marktanteile von mehr<br />
<strong>als</strong> 60 Prozent kommt und über besonders fortschrittliche<br />
Produktionskompetenzen verfügt. Technologisch hat Joyson<br />
unter anderem auf dem Gebiet der Kunststoff-Hohlkörperblastechnik<br />
sehr fundierte Erfahrungen vorzuweisen.<br />
Zu den ausgewiesenen Stärken gehört auch ein weit gespanntes<br />
Vertriebsnetz mit direkten Kontakten zu führenden<br />
OEMs im chinesischen Markt, allen voran zu den drei Hauptkunden<br />
SVW, FAW-VW und SGM, aber auch zu Ford, PSA<br />
und zahlreichen anderen Herstellern. Dementsprechend be-<br />
findet sich das noch junge Unternehmen bereits zu 80 Prozent<br />
auf Tier-1- und zu 20 Prozent auf Tier-2-Lieferanten-<br />
level. Erwähnenswert ist zudem die starke eigene lokale<br />
Zuliefererkette.<br />
Last but not least basiert der Erfolg von Joyson auf hervorragend<br />
ausgebildeten Fachkräften und Managern, die im<br />
Joyson-Headquarter<br />
Das Joyson-Headquarter<br />
in Ningbo ist über die<br />
längste Brücke der Welt<br />
vom 250 km entfernten<br />
Shanghai aus in drei Stunden<br />
erreichbar. Als zweitgrößte<br />
Hafenstadt Chinas<br />
ist Ningbo das wirtschaftliche<br />
Zentrum in der Mündungsregion<br />
des Yangtse.<br />
Hier leben rund 5,5 Millionen<br />
Einwohner. Ningbo ist<br />
mit fünf Autobahnen und zwei Eisenbahnlinien mit Schnellzuggeschwindigkeiten<br />
von 250 km/h verkehrstechnisch sehr gut<br />
angebunden. Darüber hinaus verfügt der örtliche Flughafen<br />
über Verbindungen in andere chinesische Städte sowie nach<br />
Hongkong und Taiwan.<br />
24 Automobil Industrie Special/ 2011
Durchschnitt auf eine über zehnjährige Erfahrung im Automotive-Geschäft<br />
zurückblicken können – gemessen an der<br />
vergleichsweise jungen chinesischen Automobilindustrie eine<br />
ungewöhnlich lange Zeitspanne.<br />
Gefertigt werden die Joyson-Produkte von vier operativen<br />
Einheiten, nämlich Joyson Automotive Ningbo, Changchun<br />
Joyson, Bosen Corporation Ningbo und Huade Plastics<br />
Shanghai.<br />
Hauptsitz der Unternehmensgruppe ist Ningbo, das etwa<br />
250 Kilometer südlich von Shanghai liegt. Ningbo gehört zu<br />
den führenden Technologiestandorten für die chinesische<br />
Automobilindustrie. Dort hat Joyson zusammen mit <strong>Preh</strong><br />
auch im August 2010 ein Joint Venture gegründet. In wenigen<br />
Monaten ist in Ningbo ein neues gemeinsames Werk<br />
entstanden, das noch im Juni 2011 die Produktion aufnehmen<br />
wird.<br />
Mit dem gemeinsamen Fertigungsstandort wollen Joyson<br />
und <strong>Preh</strong> die „Drehzahl“ noch einmal erhöhen und mit<br />
dem Know-how des deutschen Zulieferers den Wachstumsmarkt<br />
China für Fahrerbediensysteme, Sensoren und Steuergeräte<br />
weiter erschließen.<br />
Denn Joyson und <strong>Preh</strong> ergänzen sich auf ideale Weise:<br />
Die günstigen Fertigungskapazitäten, die lokale Versorgungskette<br />
und das starke chinesische Vertriebsnetzwerk<br />
von Joysen werden mit der Hightech-Kompetenz von <strong>Preh</strong><br />
kombiniert und führen zu eindeutigen Wettbewerbsvorteilen<br />
für beide Unternehmen.<br />
Die Verbindung von Joyson und <strong>Preh</strong> soll insofern auch<br />
ein maßgeblicher Baustein für den geplanten Börsengang<br />
der Joyson-Gruppe werden. Denn den hohen „Beschleunigungswerten“<br />
im Automotive-Geschäft wollen Joyson und<br />
<strong>Preh</strong> auch möglichst rasch eine Erfolgsgeschichte im Finanzmarkt<br />
folgen lassen.<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Das Joyson-Headquarter<br />
in Ningbo,<br />
China.<br />
Luftausströmer<br />
Türgriff<br />
Luftzuführung<br />
Innenleuchte<br />
Außenspiegel<br />
Flüssigkeitssystem<br />
für Scheibenwaschfunktion<br />
DVD-Navigationssystem<br />
für den<br />
Aftermarket
Foto: Pictobank<br />
Strategie<br />
Sich jetzt den Chancen<br />
stellen<br />
Nachfrageboom in Asien und Verschiebungen im Fahrzeugmix: Die Herausforderungen für<br />
Automobilzulieferer nehmen weiter zu. Die Unternehmen müssen sich jetzt den Chancen<br />
und Risiken stellen, damit sie auch ihre Zukunft profitabel gestalten können.<br />
Nach der historischen Krise von 2008/09 hat sich die<br />
Automobilzulieferindustrie rasant erholt. Die Umsätze<br />
haben bei nahezu allen Unternehmen wieder das Vorkrisenniveau<br />
erreicht. Die Profitabilität war 2010 mit einer<br />
durchschnittlichen Umsatzrendite von rund sechs Prozent<br />
ebenfalls wieder auf einem recht guten Niveau. Haupttreiber<br />
dieser rasanten Erholung sind neben den stabilen Triade-<br />
Märkten insbesondere die boomenden Automärkte Chinas,<br />
Brasiliens und Indiens.<br />
Mit Blick nach vorne stellen sich für Automobilzulieferer<br />
jedoch zahlreiche Herausforderungen. Neben dem stetig<br />
wachsenden Kosten- und Margendruck durch die Fahrzeughersteller<br />
ist hier besonders der Druck zum Aufbau globaler<br />
Lieferfähigkeit zu nennen. Dieser geht einher mit der Verlagerung<br />
der Absatzmärkte nach Asien. Auch seitens der Rohstoff-<br />
und Kapitalmärkte sind mittelfristig keine guten Nachrichten<br />
zu erwarten. Dieses Umfeld kann von den Zulieferern<br />
nicht verändert werden und um zu überleben, muss sich jedes<br />
Unternehmen diesen Rahmenbedingungen stellen.<br />
Verschiebung nach Asien. Nachdem Chinas Fahrzeugmarkt<br />
im Zeitraum 2001 bis 2007 ein hohes Wachstum von<br />
35 Prozent p.a. zu verzeichnen hatte, im Wesentlichen getrieben<br />
durch die boomende private Nachfrage nach Automobilen,<br />
verlangsamte sich das Wachstum im Pkw-Geschäft<br />
2008 aufgrund der globalen Finanzkrise. Nur durch das<br />
staatliche Stimulus-Programm für die Automobilindustrie,<br />
wurde 2009 wieder die Rückkehr zu 50 Prozent Wachstum<br />
erreicht.<br />
Gemäß der jüngsten Prognose von Roland Berger wird<br />
der private Automobilabsatz in China bis 2014 die 18 Millionen<br />
Einheiten übersteigen. Gleichwohl werden die Wachstumsraten<br />
für Pkw signifikant abnehmen. Ein Trend, der in<br />
den vergangenen Monaten bereits sichtbar wurde.<br />
Zu den Herausforderungen in China zählen insbesondere<br />
eine anstehende Währungsaufwertung, die die Exporte verringern<br />
wird, das auslaufende Stimulus-Programm, die Arbeitslosigkeit<br />
und höhere Arbeitskosten.<br />
Dennoch ist die chinesische Wirtschaft gesamthaft betrachtet<br />
stabil und wird in den nächsten Jahren attraktive<br />
Wachstumsraten erzielen. Das schnelle Wachstum des Bruttoinlandsprodukts<br />
und steigende verfügbare Haushaltseinkommen<br />
werden die beiden Haupttreiber für den Automobilmarkt<br />
sein.<br />
26 Automobil Industrie Special/ 2011
Alles in allem erwartet Roland Berger eine nachhaltige<br />
Entwicklung der chinesischen Wirtschaft, jedoch mit einer<br />
etwas geringeren Geschwindigkeit <strong>als</strong> in den vergangenen<br />
Jahren.<br />
Aufgrund dieses Wachstums, verlagern die Automobilhersteller<br />
mehr und mehr Produktionskapazitäten nach China.<br />
Daraus ergibt sich für die Zulieferer ein hoher Druck,<br />
ebenfalls in China zu fertigen. Der Anteil an in China lokalisierten<br />
Teilen wird um drei bis fünf Prozent p.a. steigen;<br />
gleichzeitig werden die Liefermengen in Europa unter Druck<br />
geraten.<br />
Fazit: Um die Marktposition vor Ort zu halten, sind die<br />
westlichen Zulieferer gut beraten, die möglichen Auswirkungen<br />
einer weiter steigenden Lokalisierung in China zu<br />
analysieren und ihr bestehendes Geschäftsmodell in China<br />
auf den Prüfstand zu stellen.<br />
Verschiebungen im Fahrzeugmix. Die starke Nachfrage<br />
aus Asien wird weltweit den Anteil an kleinen und günstigen<br />
Fahrzeugen erhöhen. Hinzu kommt der Wertewandel, wovon<br />
ebenfalls das Kleinwagensegment profitieren wird – auch in<br />
den gesättigten Märkten.<br />
Auf der anderen Seite wird „small“ nicht mehr länger mit<br />
„simple“ gleichzusetzen sein, da kleine Autos in Zukunft<br />
nicht mehr nur Einstiegsautos darstellen, sondern auch für<br />
anspruchsvolle Kunden attraktiv sein müssen. Dies hat zur<br />
Folge, dass viele Hochtechnologiefunktionen und -bauteile<br />
Einzug in die unteren Fahrzeugsegmente halten.<br />
Insbesondere das Thema Konnektivität wird in diesem<br />
Zusammenhang an Bedeutung gewinnen. Darunter versteht<br />
man die Möglichkeit, <strong>als</strong> Fahrer immer „online“ zu sein und<br />
portable Endgeräte mit dem Steuerungssystem des Autos<br />
zu verbinden. Konnektivität spielt gerade für die jüngere Generation<br />
eine immer wichtigere Rolle – „always online, always<br />
Pkw-Käufer<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
connected“. Diese Entwicklung wird zu einem Zusammenrücken<br />
von Automobil- und IT-Industrie führen.<br />
Anpassung des Geschäftsmodells. Die beschriebenen<br />
Veränderungen erfordern eine Anpassung des Geschäftsmodells.<br />
Die Automotive-Branche wird vielfältige Partnerschaften<br />
mit Unternehmen aus anderen Bereichen eingehen,<br />
um Zugang zu Technologien und Kunden zu erhalten und<br />
sich Skaleneffekte zu sichern. Bei diesen neuen Geschäftsmodellen<br />
wird es nicht allein um den Vertrieb gehen, sondern<br />
zum Beispiel auch um die Integration von Hard- und Software<br />
in den Fahrzeugen.<br />
Um ein größeres Wachstum und einen leichteren Zugang<br />
zu den Ressourcen zu erreichen, werden die Automotive-<br />
Unternehmen ihre Strukturen zunehmend dezentral führen.<br />
Sie werden sich „glocal“ strukturieren – eine Kombination<br />
aus globaler Reichweite und der Anpassung an lokale Bedürfnisse<br />
und Gesetzgebungen. Diese „glocalen“ Unternehmensstrukturen<br />
machen eine Präsenz in den wichtigsten<br />
Märkten unverzichtbar. Dies gilt für OEMs und Zulieferer gleichermaßen,<br />
da Erstere eine räumliche Nähe zur Produktion<br />
verlangen. Unter den Zulieferern wird folglich die Konsolidierung<br />
weiter zunehmen. Gleichzeitig werden neue Marktteilnehmer<br />
hinzukommen – aus der Autoindustrie, aber auch<br />
von außen.<br />
Aus diesen Gründen müssen Hersteller und Zulieferer in<br />
den kommenden Jahren offen und flexibel bleiben, sodass<br />
sie ihre Zukunft profitabel gestalten können. Es ist konsequent<br />
und folgerichtig, dass sich der Zulieferer <strong>Preh</strong> durch<br />
seine jüngste Verbindung mit dem chinesischen Mehrheitsgesellschafter<br />
Joyson eine hervorragende Ausgangsposition<br />
zur Erschließung des chinesischen Markts geschaffen hat.<br />
Marcus Berret, Dr. Johannes Klein, Dennis Bücker;<br />
Roland Berger Strategy Consultants – Advisor to <strong>Preh</strong> Management<br />
OEMs Zulieferer Rohstoffmärkte<br />
1<br />
Regionale Verschiebung<br />
3<br />
Zusätzliche Kosteneinsparungen<br />
Weiter<br />
zunehmender<br />
4<br />
Preissensibilität<br />
Verringertes Preisniveau<br />
Lokalisierung der<br />
Produktion (hin zu den<br />
Endkunden-Märkten)<br />
Druck<br />
auf die Margen<br />
und<br />
steigender<br />
Konsolidierung<br />
der Anbieter<br />
Steigende Preise<br />
Gesetzgebung Kapitalbedarf Kapitalmärkte<br />
2 CO2 Reduzierung<br />
5<br />
Senkung von Emissionen<br />
Sicherheitsvorschriften<br />
Zusätzliche Kosten<br />
Überkapazitäten und<br />
Restrukturierung (Triade)<br />
Steigende technische<br />
Komplexität<br />
Erhöhter Druck<br />
Deutlich steigende<br />
Nachfrage und Preise<br />
Verknappung von Kapital<br />
Vertrauensverlust<br />
der Investoren<br />
Steigende Kapitalkosten<br />
27<br />
Quelle: Roland Berger / Lazard Grafik: »Automobil Industrie«
Internationaler Produktionsverbund<br />
<strong>Preh</strong> de México S.A. de C.V., Monterrey<br />
Montage<br />
Kunststoffspritzguss<br />
Oberflächentechnik<br />
Elektronikfertigung<br />
Werkzeugbau<br />
Sensorplatinenfertigung<br />
Fertigungstiefe<br />
mit System<br />
Die <strong>Preh</strong> GmbH verfügt am deutschen Firmensitz über eine ungewöhnlich hohe Fertigungstiefe.<br />
Auch in den Auslandswerken werden die Strukturen entsprechend gestaltet. So auch<br />
im jüngsten Werk des globalen Produktionsverbunds, das im chinesischen Ningbo entsteht.<br />
Die Vielfalt der Landesflaggen vor dem Haupteingang<br />
in Bad Neustadt signalisiert, dass sich das Unternehmen<br />
global aufgestellt hat.<br />
Der jüngste Produktionsstandort entsteht im chinesischen<br />
Ningbo auf dem Werksgelände von Joyson, dem<br />
Joint-Venture-Partner und neuen Mehrheitsgesellschafter<br />
von <strong>Preh</strong>. Parallel dazu wachsen auch die Produktionskapazitäten<br />
in Nordamerika: Im Sommer dieses Jahres soll ein<br />
zweites Werk im mexikanischen Monterrey in Betrieb gehen.<br />
Die Europäischen Werke des Automobilzulieferers befinden<br />
sich in Portugal, Rumänien und Bad Neustadt.<br />
Das Werk am deutschen Stammsitz fungiert innerhalb<br />
der internationalen Fertigungsorganisation <strong>als</strong> Kompetenzund<br />
Innovationszentrum. Das ist kein Zufall, denn im Vergleich<br />
zu anderen Unternehmen der Branche verfügt <strong>Preh</strong><br />
hier über eine ungewöhnlich hohe Fertigungstiefe.<br />
Nahezu alle Kompetenzen, die zur Entwicklung und Fertigung<br />
von Bediensystemen, Sensoren und Steuergeräten<br />
benötigt werden, finden sich hier unter einem Dach. So können<br />
zum Beispiel bei der Fertigung eines Klimabediensystems<br />
mehr <strong>als</strong> 90 Prozent der Wertschöpfung im eigenen<br />
Haus entstehen.<br />
Neue technische Verfahren werden hier entwickelt und<br />
optimiert, bis der Prozess für die Serienproduktion stabil<br />
läuft. Dazu zählt aktuell das Hinterspritzen von 3-D-Folien,<br />
<strong>Preh</strong> Portugal, Lda, Trofa<br />
Sensormontage<br />
<strong>Preh</strong> GmbH, Germany, Bad Neustadt<br />
<strong>Preh</strong> Romania S.R.L., Brasov<br />
Ningbo <strong>Preh</strong> Joyson Automotive<br />
Electronics Co., Ltd, China<br />
die unter anderem in Bediensystemen für Ford und BMW<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Die räumliche Nähe der Entwicklungs- und Fertigungsbereiche,<br />
inklusive des Werkzeugbaus und dem eigenen<br />
Produktbereich für automatisierte Montagekonzepte, erleichtert<br />
interne Abstimmungsprozesse. Die so gewonnene<br />
Flexibilität kommt den Kunden zugute, da das Unternehmen<br />
in kürzester Zeit auf Änderungswünsche reagieren kann.<br />
<strong>Preh</strong> sieht genau hierin einen wesentlichen Eckpfeiler des<br />
Unternehmenserfolgs.<br />
Erklärtes Ziel ist es, auch in den ausländischen Produktionsstandorten<br />
ein hohes Integrationsniveau zu etablieren.<br />
In dem seit 1969 bestehenden Werk in Trofa (Portugal) ist<br />
dies bereits verwirklicht. Für die jüngeren Produktionsstandorte<br />
in Mexiko, Rumänien und China geht <strong>Preh</strong> schrittweise<br />
vor.<br />
Am Anfang sind es immer die Kerntechnologien Montage,<br />
Kunststoffspritzen und Lackieren, die installiert werden.<br />
Denn diese Vorgehensweise hat sich insbesondere aus Qualitätssicht<br />
bewährt, weil unnötige Transporte zwischen Lieferanten<br />
vermieden werden und es damit weniger potenzielle<br />
Fehlerquellen gibt. Insbesondere für die Gewährleistung der<br />
hohen Oberflächengüten von Designteilen im Fahrzeuginterieur<br />
ist eine solche Fertigungsorganisation sehr vorteilhaft.<br />
Die Entscheidung, welche Produkte an welchem Standort<br />
28 Automobil Industrie Special/ 2011
gefertigt werden, unterliegt einerseits global wirkenden Faktoren,<br />
wie Marktnähe, Fertigungskosten und Begrenzung<br />
von Wechselkursrisiken. Andererseits sind natürlich die technischen<br />
Möglichkeiten am jeweiligen Werksstandort mit entscheidend.<br />
Im portugiesischen Trofa werden beispielsweise komplexe<br />
Produkte mit Premiumanspruch gefertigt, wie das<br />
Klimabediensystem für den Audi A1 und für den BMW 5er,<br />
6er und 7er.<br />
Bei <strong>Preh</strong> Romania in Brasov gehören Multifunktionsschalter<br />
für Lenkräder zum Fertigungsprogramm, denn man<br />
befindet sich hier in geografischer Nähe zu den rumänischen<br />
Niederlassungen der Lenkradhersteller. In dem seit 2009 betriebenen<br />
Standort werden auch „iDrive“-Bedienelemente<br />
für BMW produziert. Ähnlich wie bei den Lenkradschaltern<br />
erfolgen hier die Produktionsstufen Kunststoffspritzguss,<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Technologie auf neuestem Stand: Für das Radio- und Klimabediensystem<br />
des BMW 5er werden 3-D Folien mit Kunststoff hinterspritzt.<br />
Geschäftsführer Christoph Hummel zum Joint Venture in China<br />
Lackieren, Lasern und Endmontage. Die Elektroniken kommen<br />
vorerst noch aus dem Werk in Bad Neustadt.<br />
Im mexikanischen Monterrey hat <strong>Preh</strong> seit 2005 einen<br />
Fertigungsstandort für den NAFTA-Raum. Hier werden unter<br />
anderem Klimabediensysteme, Center Stacks und Sensoren<br />
für Ford, GM und VW produziert. Obwohl der Markteintritt<br />
von <strong>Preh</strong> in den USA erst 2005 erfolgte, hat sich der Zulieferer<br />
inzwischen zum zweitgrößten Anbieter für Klimabediensysteme<br />
in Nordamerika entwickeln können.<br />
Das Wachstum des Unternehmens im NAFTA-Raum ist<br />
anhaltend hoch: Im ersten Quartal 2011 stieg der Umsatz im<br />
Vergleich zum Vorjahr um über 60 Prozent. Entsprechend<br />
werden die Produktionskapazitäten durch einen zweiten<br />
Standort in Monterrey erweitert. Das bisherige Werk wird<br />
sich dann auf die Vorfertigung konzentrieren, während die<br />
neue Produktionsfläche für Endmontagen vorgesehen ist.<br />
Mit dem jüngsten Produktionsstandort im chinesischen Ningbo vollzieht<br />
<strong>Preh</strong> den Schritt zum globalen Automobilzulieferer. „Mit dem<br />
chinesischen Werk werden wir unsere internationale Wettbewerbsposition<br />
nachhaltig verbessern“, erklärt der zuständige Geschäftsführer<br />
Christoph Hummel, der bei <strong>Preh</strong> in Personalunion auch den<br />
Vertrieb, das Marketing und das Projektmanagement verantwortet.<br />
Im ersten Ausbauschritt umfasst das neue Werk eine Fläche von<br />
8.000 Quadratmetern. Dort sollen künftig vor allem Multifunktionsschalter<br />
für Lenkräder sowie Klima- und Fahrerbediensysteme gefertigt<br />
werden. Die ersten Produkte, die in dem neuen Werk vom<br />
Band laufen, werden für die Kunden Audi, VW und General Motors<br />
gefertigt.<br />
Neben der lokalisierten Produktion ist der chinesische Standort<br />
aber auch für neue Aufträge strategisch von hoher Bedeutung. „Wir<br />
sind jetzt in Asien präsent und werden bei Ausschreibungen für die<br />
globalen Plattformen unserer Kunden berücksichtigt“, so Hummel.<br />
29
Technologie<br />
Montage im <strong>Preh</strong>Cell-Design<br />
Automation modern<br />
und skalierbar<br />
Das Spezialgebiet von <strong>Preh</strong> Innovative Automation (PIA) sind Fertigungsanlagen für Automobilkomponenten,<br />
die für Sicherheit, Komfort und Verbrauchsreduzierung stehen. Hier setzt<br />
die Automationssparte von <strong>Preh</strong> auf intelligente, maßgeschneiderte Montagelösungen.<br />
Als automobilnaher Maschinen- und Anlagenbauer<br />
stellen wir uns den Herausforderungen einer modernen<br />
globalisierten Automobilproduktion“, erklärt Günter<br />
Brosch, Leiter <strong>Preh</strong> Innovative Automation, und weiter: „Wir<br />
erarbeiten innovative Lösungen für skalierbare Montageund<br />
Automatisierungssysteme auf dem neuesten Stand der<br />
Technik.“<br />
Bei PIA entstehen Anlagen zur Montage für verschiedenste<br />
Produkte, so u.a. Gasgeneratoren für Airbags, Fahrer-Assistenzsysteme,<br />
Elektromodule für Hybridantriebe,<br />
Pumpen oder auch Elektromotoren. Brosch: „Um hier erfolgreich<br />
zu sein, sind Innovation und Know-how gefragt, beispielsweise<br />
bei Roboterzellen mit flexiblem 3-D-Schweißroboter<br />
und automatischem Typenmanagement oder die<br />
Spritzgießautomation in Sauberraumausführung<br />
für hoch sensible Einlegeteile,<br />
wie es bei 3-D-Black-Panel-Folien<br />
der Fall ist. Weitere Beispiele im Bereich<br />
Mess- und Prüftechnik sind prozesssichere<br />
Drehmomentmessungen bis 0,7<br />
Ncm oder das Feinstdrahtschweißen<br />
von Zünddrähten mit einem Durchmesser<br />
von 20 µm.“ Neben der technischen<br />
Finesse müssen erfolgreiche Automatisierer<br />
aber auch in der Lage sein, die<br />
PIA Bereichsleiter Günter Brosch<br />
Montagesysteme an den Produktlebenszyklus anzupassen<br />
oder neue Fertigungsvarianten zu integrieren. Hier sind vor<br />
allem die Wiederverwendbarkeit sowie einfache Erweiterungsmöglichkeiten<br />
bei wachsendem Typenspektrum gefragt.<br />
Brosch betont die jahrzehntelange Erfahrung seines Geschäftsbereichs<br />
im Automatisierungssektor und ist besonders<br />
stolz, wenn die technische Problemlösungskompetenz<br />
seiner 130 Mitarbeiter von den Kunden bestätigt wird, wie im<br />
Jahr 2010 durch den ZF Supplier Award für höchste Qualität,<br />
Zuverlässigkeit und Termintreue. „Als wichtige Voraussetzung<br />
sehen wie hierbei unser Projektmanagement. Dieses ist<br />
so organisiert, dass vom Kick-off bis zum Ende der Gewährleistungsfrist<br />
das Projekt-Kernteam <strong>als</strong> ständiger Ansprechpartner<br />
für den Kunden zur Verfügung<br />
steht“, erläutert Brosch. „Erst danach wird<br />
die Verantwortung an die Serviceabteilung<br />
übergeben“, so Brosch weiter. Zum Kundenstamm<br />
zählt das Unternehmen unter<br />
anderem TRW, Brose, Pierburg, ZF,<br />
IXETIC und Siemens.<br />
Viele vollautomatische Montagelinien realisiert<br />
PIA heute auf Basis von <strong>Preh</strong>Cell, einer<br />
Montageplattform, die sich durch ihre<br />
modulare Erweiterbarkeit und Flexibilität<br />
30 Automobil Industrie Special/ 2011<br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
Spritzgießautomation in Sauberraumausführung Drehmoment-Messsystem<br />
auszeichnet. Das <strong>Preh</strong>Cell-Design „mit der runden Ecke“ wirkt<br />
optisch ansprechend. Es bietet eine durchdachte Ergonomie<br />
und Bedienbarkeit sowie unbeschränkten Zugang von allen<br />
Seiten, kommt mit einem geringen Flächenbedarf aus und ermöglicht<br />
kurze Umrüstzeiten. Basis der <strong>Preh</strong>Cell sind modulare,<br />
standardisierte Grundelemente, wobei eine starre Einteilung<br />
innerhalb der Montagezelle bewusst vermieden wurde.<br />
Das System wurde eigens für die Integration unterschiedlicher<br />
Zuführ-, Transport-, Handlings- und Robotersysteme entwickelt.<br />
Damit lassen sich ganze Fertigungslinien schnell und<br />
kostengünstig aufbauen, einschließlich der Schnittstellen zur<br />
Integration fast aller produktspezifischen Prozesse. Bei Produktwechseln<br />
können einzelne Anlagenmodule in kürzester<br />
Zeit gezielt ausgetauscht werden. Durch die automatische<br />
Umrüstbarkeit der Anlagen ergibt sich eine hohe Flexibilität,<br />
bei gleichzeitig höchster Qualität und Produktivität.<br />
Das skalierbare Automatisierungskonzept von PIA basiert<br />
auf einem umfangreichen Portfolio von Standardkom-<br />
Stückzahl<br />
<strong>Preh</strong>Flex<br />
Montagearbeitsplatz<br />
<strong>Preh</strong>Flex<br />
Lean Production System<br />
• One Piece Flow<br />
• teilautomatisiert<br />
Skalierbarkeit – von <strong>Preh</strong>Flex bis <strong>Preh</strong>Cell<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
<strong>Preh</strong>Cell<br />
Montagezellen<br />
• modular<br />
• vollautomatisch<br />
<strong>Preh</strong>Trace<br />
Datenerfassungssystem<br />
Automatisierungsgrad<br />
Flexibler 3-D-Schweißroboter<br />
ponenten, die bewährte Produktionsprinzipien wie Poka Yoke,<br />
Kanban Kaizen oder Chaku-Chaku enthalten. So wurden<br />
die <strong>Preh</strong>Flex-Prozessmodule speziell für Lean-Production-<br />
Systeme entwickelt, die typischerweise in Form eines „U“<br />
aufgebaut werden. Mit drei Standardbreiten von 600 bis<br />
1.200 Millimetern können sie bedarfsweise mit manuellen<br />
Montagevorrichtungen ausgerüstet, oder auch für halbautomatische<br />
Prozesse, bis hin zu vollautomatischen Prüfständen,<br />
eingesetzt werden.<br />
<strong>Preh</strong>Trace ist das zugehörige Traceability-System zur<br />
Prozessüberwachung und zur Erfassung von Mess- und<br />
Prüfergebnissen sowie von Material- und Maschinendaten.<br />
Es ermöglicht die Produktverfolgung per Data Matrix Scanner<br />
oder RFID-Datenträger und verfügt über spezielle Funktionen<br />
zur Analyse der produzierten Baugruppen. Außerdem<br />
bietet es alle nötigen Auswertemöglichkeiten, die für die Ermittlung<br />
der Produktionskennzahlen der gesamten Anlage,<br />
der Typen- und Variantenfertigung sowie der elektronischen<br />
Unterstützung bei Rüstabläufen und der Instandhaltung und<br />
Wartung erforderlich sind.<br />
„Ein wichtiger Faktor, um international erfolgreich<br />
zu sein, sind der hohe Standardisierungsgrad<br />
und die Servicefreundlichkeit<br />
Quelle: <strong>Preh</strong> Grafik: »Automobil Industrie«<br />
unserer Automatisierungslösungen. So produzieren<br />
unsere Kunden erfolgreich auf<br />
<strong>Preh</strong>-Montageanlagen bereits in Europa, den<br />
USA und Mexiko. Erst kürzlich haben wir eine<br />
vollautomatische Fertigungsanlage für<br />
Airbag Gasgeneratoren, bestehend aus einer<br />
Vor- und Endmontage, an das Auslandswerk<br />
eines Kunden nach Arizona (USA) geliefert“,<br />
und weiter: „Im Rahmen der Globalisierung<br />
und Internationalisierung stehen bei unseren<br />
Kunden zunehmend anwenderfreundliche,<br />
wartungsarme und energiesparende Montagelösungen<br />
mit einer hohen Wiederverwendbarkeit<br />
der Komponenten im Fokus.“<br />
31
1919-1945<br />
Historie<br />
Innovationstreiber seit<br />
mehr <strong>als</strong> 90 Jahren<br />
Nur fünf Jahre nachdem Jakob <strong>Preh</strong> sein Unternehmen 1919 in Bad Neustadt an der Saale<br />
gegründet hatte, präsentierte er eines der ersten Rundfunkgeräte auf der Funkausstellung<br />
in Berlin: den Zwei-Röhren-Empfänger „<strong>Preh</strong>-Funk“. Heute ist die <strong>Preh</strong> GmbH zu<br />
100 Prozent ein Automotive-Unternehmen – und ihrer Innovationstradition treu geblieben.<br />
1919 – 1945: Gründerjahre<br />
Ab Anfang 1919 wurden Elektroinstallationsmaterialien und<br />
später auch Bauelemente für die Rundfunkindustrie gefertigt.<br />
Außerdem zählten Winker, Blinker und Rückleuchten für<br />
Automobile zum Produktprogramm. Damit engagierte sich<br />
<strong>Preh</strong> bereits wenige Jahre nach der Unternehmensgründung<br />
in dem Markt, der sich seit Ende der 80er-Jahre zum Hauptstandbein<br />
des Unternehmens entwickelt hat.<br />
v.l.n.r.: Firmengründer Jakob <strong>Preh</strong> († 1945) und sein Sohn Walter <strong>Preh</strong><br />
(† 1971) mit Ehefrau Rosemarie <strong>Preh</strong> († 2005).<br />
Winker zur Fahrtrichtungsanzeige.<br />
<strong>Preh</strong> Funk<br />
32 Automobil Industrie Special/ 2011
1945-1988<br />
1993-2003<br />
2003-2011<br />
1945 – 1988: Die goldenen Jahre<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg schaffte das Unternehmen den<br />
Neuanfang und begann im Herbst 1949 zunächst mit der<br />
Produktion von Spielwaren, wie ferngesteuerte Blechautos<br />
und Puppen aus Polysterol. Sehr schnell konzentrierte sich<br />
<strong>Preh</strong> aber wieder auf die Fertigung elektromechanischer<br />
Bauelemente und stieg in den Zukunftsmarkt der Unterhaltungselektronik<br />
ein. Mit Potenziometern, Abstimmspeichern<br />
und Steckverbindern setzte <strong>Preh</strong> weltweit Standards in Qualität<br />
und Zuverlässigkeit. 1970 wurde in Trofa (Portugal) eine<br />
Produktionsstätte gegründet.<br />
Bordcomputer für 3er BMW<br />
Klimabediensystem für<br />
Citroën Xantia<br />
1993 – 2003: Die „Rheinmetall-Ära“<br />
1993 übernahm die Rheinmetall AG die Kapitalmehrheit an<br />
<strong>Preh</strong>. Es kam zu einer weiteren Konzentration auf Bediensysteme<br />
für die Automobilindustrie. Mit prestigeträchtigen<br />
Aufträgen, u.a. für BMW 5er und 7er, Maybach,<br />
Mercedes-Benz E-Klasse sowie für den Porsche Boxter<br />
konnte sich <strong>Preh</strong> zunehmend <strong>als</strong> Automobilzulieferer<br />
etablieren.<br />
Die <strong>Preh</strong>-Präsenz weltweit<br />
2003 – 2011: Zweistelliges Wachstum und Globalisierung<br />
2003 veräußerte Rheinmetall die <strong>Preh</strong>-Gruppe an die Deutsche<br />
Beteiligungs AG. Im selben Jahr wurde zur Erschließung<br />
des nordamerikanischen Automotive-Marktes ein Cus-<br />
Automobil Industrie Special / 2011<br />
Drosselklappensensor für Bosch<br />
Klimabediensystem für<br />
VW Passat und VW Golf<br />
Puppen<br />
<strong>Preh</strong> Potenziometer<br />
1988 – 1993:<br />
Erneuter Einstieg in die Automobilindustrie<br />
Ende der 80er-Jahre, <strong>als</strong> sich das Unternehmen aus der<br />
Unterhaltungselektronik zurückzog, begann <strong>Preh</strong> sich erneut<br />
im Geschäftsfeld Kfz-Technik zu engagieren, mit Automobilelektronik.<br />
Für europäische Automobilhersteller<br />
und Zulieferer fertigte <strong>Preh</strong> potenziometrische Sensoren<br />
sowie Klimabediensysteme.<br />
Infotainment-Bedienblende für<br />
Porsche Boxster<br />
Klimabediensystem für 5er BMW<br />
Infotainment-Bedienblende für Mercedes E-Klasse<br />
tomer Service Center im Großraum Detroit eröffnet. In den<br />
Jahren 2005 und 2008 erfolgten Werksgründungen in Monterrey<br />
(Mexiko) sowie in Brasov (Rumänien). Ein Jahr später<br />
eröffnete <strong>Preh</strong> ein Vertriebsbüro in Shanghai (China) und<br />
bahnte 2010 ein Joint Venture mit Joyson in Ningbo (China)<br />
an. Die Joyson Investment Holding Co., Ltd. wurde 2011<br />
neuer Mehrheitsgesellschafter der <strong>Preh</strong> GmbH. Die Deutsche<br />
Beteiligungs AG sowie das <strong>Preh</strong>-Management sind<br />
weiterhin am Unternehmen beteiligt.<br />
33<br />
1988-1993
Personalmanagement<br />
Mit Teamgeist!<br />
Wie schafft es ein mittelständisch geprägter Automobilzulieferer, sich fernab der großen<br />
Metropolen im Wettbewerb um die besten Fachkräfte zu behaupten?<br />
Jerome Krieck, Personalleiter<br />
bei <strong>Preh</strong>, beantwortet<br />
es so: „Wir schaffen das ganz<br />
gut, denn wir haben viel zu bieten.<br />
Unser Unternehmen entwickelt<br />
sich mit zweistelligen<br />
Wachstumsraten und wir zählen<br />
weltweit zur Spitzengruppe der<br />
innovativen Player unseres<br />
Marktsegments.“ Auch die Vorzüge<br />
eines Standorts „im Grünen“<br />
seien ein Plus.<br />
Mitarbeiter, die nach Bad<br />
Neustadt, an den Stammsitz von<br />
<strong>Preh</strong> gezogen sind, schätzen<br />
neben der landschaftlichen Attraktivität der Rhön und Mainfrankens<br />
noch andere Aspekte: Beispielsweise dürfen junge<br />
Väter und Mütter davon ausgehen, dass sie problemlos einen<br />
Kindergartenplatz bekommen. Und Kriminalität? – Fehlanzeige,<br />
die Rate ist extrem niedrig.<br />
Die verkehrstechnische Anbindung von Bad Neustadt/<br />
Saale ist über die A71 gegeben: 20 Minuten braucht der Autofahrer<br />
bis Schweinfurt, 45 Minuten bis Würzburg und etwas<br />
mehr <strong>als</strong> eine Stunde nach Erfurt oder Bamberg. „Den<br />
Mitarbeitern wird nicht nur im Unternehmen etwas geboten,<br />
auch in der Region kommt die Familie nicht zu kurz“, so<br />
Krieck.<br />
Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit am Stammsitz<br />
von <strong>Preh</strong> beträgt 16 Jahre. Die Mitarbeiterfluktuation<br />
liegt unter einem Prozent. „Eine solche Quote schaffen Sie<br />
nur mit einem hohen Maß an Zufriedenheit“, bekräftigt<br />
Krieck.<br />
Teilweise erklärt sich das wohl dadurch, dass <strong>Preh</strong> über<br />
die Arbeit an ehrgeizigen Wachstumszielen ein faires Miteinander<br />
nicht aus den Augen verloren hat. Ernst-Rudolf Bauer,<br />
kaufmännischer Geschäftsführer bei <strong>Preh</strong>, gibt ein Beispiel:<br />
Ernst-Rudolf Bauer, kaufmännischer Geschäftsführer und<br />
Personalleiter Jerome Krieck setzen auf Teamgeist.<br />
„In der Wirtschaftskrise haben<br />
wir nicht einfach entlassen, sondern<br />
einen Maßnahmenkatalog<br />
umgesetzt, um diese schwierige<br />
Zeit ohne betriebsbedingte Kündigungen<br />
durchstehen zu können.<br />
Als die Nachfrage der<br />
OEMs dann entgegen aller Prognosen<br />
überraschend stark angezogen<br />
hatte, konnten wir sofort<br />
reagieren.“<br />
Auch außerhalb des „Business“<br />
zeigen die <strong>Preh</strong>ler Teamgeist.<br />
So versammelten sich Anfang<br />
des Jahres an einem Sams-<br />
tag 300 Schaulustige, um 15 Mitarbeiter-Teams zum <strong>Preh</strong>-<br />
Hallenfußball-Turnier zu begrüßen, darunter auch eine Frauenmannschaft.<br />
„Die Idee dazu und das Organisatorische sind durch die<br />
Initiative unserer Mitarbeiter entstanden“, erläutert Bauer:<br />
„Als Geschäftsführung unterstützen wir so etwas natürlich<br />
gerne, denn das Miteinander im Unternehmen ist ein ganz<br />
anderes, wenn man sich gegenseitig nicht nur <strong>als</strong> Kollege<br />
oder Kollegin respektiert, sondern auch <strong>als</strong> Privatperson.“<br />
Doch damit nicht genug: Wer sich im Hause <strong>Preh</strong> ambitionierte<br />
Ziele setzt, der bekommt Unterstützung durch das<br />
sogenannte <strong>Preh</strong> Talent Management. Personalleiter Krieck:<br />
Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie langjährige Mitarbeiter<br />
sich weiterentwickelt haben und heute in leitenden Positionen<br />
Verantwortung übernehmen. Dazu gehört beispielsweise<br />
ein Kollege, der nach seiner langjährigen Tätigkeit <strong>als</strong> Projektmanager<br />
im <strong>Preh</strong>-internen „Young Potential Assessment<br />
Center“ überzeugte und so den nächsten Karriereschritt zum<br />
Abteilungsleiter der Fertigungstechnik machen konnte. Heute<br />
ist er <strong>als</strong> Geschäftsführer bei <strong>Preh</strong> de Mexico für die technische<br />
Werksleitung verantwortlich.“<br />
34 Automobil Industrie Special/ 2011<br />
Fotos: <strong>Preh</strong>
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