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Psychische Belastung - Lasa

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1<br />

Gute Arbeit – Gesund arbeiten in Brandenburg<br />

Fachtagung am 18. Juni 2012 im Dorint-Hotel in<br />

Potsdam<br />

Arbeitsgruppe 2<br />

„Arbeitsbedingte psychische <strong>Belastung</strong>en - Wie viel Stress verträgt<br />

der Mensch - Risikofaktoren in der Arbeitswelt? Wie können<br />

psychischen <strong>Belastung</strong>en erkannt werden? Was tun gegen<br />

Monotonie, psychische Ermüdung, Burnout?“<br />

Dr. Gabriele Richter


2<br />

1. Warum ist das Thema „<strong>Psychische</strong><br />

<strong>Belastung</strong>“ heute so wichtig?<br />

Gabriele Richter<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Dr. Gabriele Richter


3<br />

Tertiarisierung zunehmend geistige und interaktive Tätigkeiten,<br />

„Emotionsarbeit“, steigende kognitive Anforderungen<br />

Informatisierung ortsunabhängiges und zeitlich flexibles Arbeiten<br />

(„Entgrenzung“), Multitasking, Telekooperation<br />

Subjektivierung neue Steuerungsformen, Zielvereinbarungen,<br />

zunehmende Eigenverantwortung<br />

Beschleunigung erhöhte Veränderungsdynamik,<br />

erhöhte Lern-, Flexibilitäts- und Mobilitätsanforderungen<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelt<br />

demographischer Wandel<br />

(Morschhäuser, 2011)


4<br />

Perspektive <strong>Psychische</strong> <strong>Belastung</strong>en<br />

100%<br />

80%<br />

60%<br />

40%<br />

20%<br />

0%<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

1986 1998 2005<br />

Termin- und Leistungsdruck Schwere Lasten heben (M > 20kg; F > 10 kg)<br />

Verschiedene Arbeiten gleichzeitig Lärm<br />

Störungen bzw. Unterbrechungen<br />

Quelle: BIBB/IAB bzw. BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung (Rothe, 2011)


5<br />

Perspektive <strong>Psychische</strong> Störungen: AU-Tage<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Mio. AU<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Krankheiten des Muskel-Skelett-Apparates und Bindegewebes<br />

psychische und Verhaltensstörungen<br />

Quelle: Arbeitsunfähigkeitsdaten verschiedener Krankenkassenverbände, eigene Berechnungen<br />

(Rothe 2011)<br />

-10 %<br />

(alle)<br />

-25 %<br />

+56 %


6<br />

Verschiedenartige Arbeiten<br />

gleichzeitig<br />

Starker Termin- und<br />

Leistungsdruck<br />

Ständig wiederkehrende<br />

Arbeitsvorgänge<br />

Störungen, Unterbrechungen<br />

Sehr schnell arbeiten<br />

Konfrontation mit neuen<br />

Aufgaben<br />

Stückzahl, Leistung, Zeit<br />

vorgegeben<br />

Arbeitsdurchführung<br />

detailliert vorgeschrieben<br />

% der Erwerbstätigen<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

<strong>Psychische</strong> <strong>Belastung</strong>sfaktoren im Überblick<br />

Fühle<br />

mich<br />

belastet<br />

Angabe<br />

„häufig“<br />

Quelle: BIBB/BAuA<br />

Erwerbstätigenbefragung<br />

2005/06 (N= 20.000)<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Zeitdruck<br />

Umgang mit schwierigen Kunden,<br />

Patienten, Schülern, etc.<br />

Zu lange oder unregelmäßige<br />

Arbeitszeiten<br />

Schlechte Kommunikation<br />

zwischen Management und<br />

Beschäftigten<br />

Schlechte Zusammenarbeit unter<br />

den Kollegen<br />

Arbeitsplatzunsicherheit<br />

Probleme zwischen Mitarbeitern<br />

und Vorgesetzten<br />

Fehlende Einflussmöglichkeiten<br />

auf die Organisation ihrer Arbeit<br />

% der Betriebe<br />

Quelle: ESENER,<br />

Managerbefragung 2010<br />

(N=1510), eigene Auswertung<br />

0 10 20 30 40 50 60 70


7<br />

2. Welche Folgen haben psychische<br />

<strong>Belastung</strong>en?<br />

Gabriele Richter<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Dr. Gabriele Richter


8<br />

Headline, Arial Folgen 28 psychischer pt, 1-zeilig <strong>Belastung</strong><br />

Negative Auswirkungen psychischer Fehlbelastung<br />

Bereich<br />

kurzfristige aktuelle<br />

Auswirkungen<br />

mittel- bis langfristige chronische<br />

erlebensmäßig - Anspannung - Unzufriedenheit<br />

- Frustration - Resignation<br />

- Ärger - Depressionen<br />

- Stress, Ermüdung, Monotonie, Sättigung - Burnout<br />

verhaltensmäßig - Leistungsschwankungen - Nikotin-, Alkohol- und<br />

- Konzentration Medikamentenkonsum<br />

- Fehler - Fehlzeiten<br />

- Verschlechterung der Koordination<br />

verhaltensmäßig - Konflikte - Mobbing<br />

(in Gruppen) - Streit<br />

- Aggressionen gegen andere<br />

- Isolierung inner- und außerhalb der Arbeit<br />

wirtschaftlich - Unfälle - AU-Häufigkeit<br />

(im Unternehmen) - Zuverlässigkeit sinkt - Frühberentung<br />

- Störfälle - Fluktuation<br />

- Qualitätsverlust - Imageverlust<br />

(Quelle: in Anlehnung an UDRIS & FRESE, 1999)<br />

Dr. Gabriele Richter


9<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Folgen psychischer <strong>Belastung</strong>en<br />

Differenzierungsmerkmale unterschiedlicher Formen kurzzeitiger negativer<br />

Beanspruchungsfolgen psychischer Fehlbelastung<br />

Kriterium<br />

auslösende<br />

Leitmerkmale<br />

Phänomenale<br />

(Erlebens-)<br />

Leitmerkmale<br />

Aktivierung<br />

Stress<br />

psychische<br />

Überforderung<br />

ohne Ausweichmöglichkeit<br />

erregt geängstigte<br />

Gespanntheit<br />

erhöht<br />

LV - Leistungsvoraussetzungen; FG - Freiheitsgrade<br />

<strong>Psychische</strong><br />

Ermüdung<br />

zeitliche anhaltende<br />

(Über-)<br />

Forderungen<br />

der LV<br />

Erschöpfung,<br />

Müdigkeit ohne<br />

Langeweile<br />

anfangs kompensatorisch<br />

erhöht,<br />

später gesenkt<br />

Monotonie<br />

Unterforderung<br />

der LV<br />

Dämmern<br />

und Dösen;<br />

Langeweile<br />

mit Müdigkeit<br />

wellenförmige<br />

Senkung<br />

<strong>Psychische</strong><br />

Sättigung<br />

erlebte fehlendeSinnhaftigkeit<br />

der<br />

Tätigkeit<br />

unlustbetonteGereiztheit,<br />

Widerwillen<br />

erhöht


10<br />

3. Was kann gegen psychische <strong>Belastung</strong>en<br />

getan werden?<br />

Gabriele Richter<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Dr. Gabriele Richter


11<br />

Pausengestaltung<br />

und Leistung<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Toolbox:<br />

Instrumente zur <strong>Psychische</strong> Erfassung psychischer Ermüdung <strong>Belastung</strong>en<br />

Mittlere Stückzeiten<br />

Tageseinteilung<br />

Prozentuale Verteilung<br />

einzelner Arbeitselemente<br />

Quelle: ULICH, 1998<br />

Sekunden<br />

A<br />

B<br />

A<br />

7<br />

8<br />

9<br />

Tagesleistung:<br />

A=3043 Stück<br />

B=3114 Stück<br />

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Std.<br />

6. 00 7. 00 8. 00 9. 00 10. 00 11. 00 12. 00 13. 00 14. 00<br />

81,4 7,6 11,0<br />

B 85,1 2,7 6,0 6,2<br />

Reine Arbeitszeit<br />

Nebenarbeiten<br />

Willkürliche Pausen<br />

Betriebspausen<br />

B<br />

A


12<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Toolbox:<br />

Instrumente zur Monotonie<br />

Erfassung psychischer <strong>Belastung</strong>en<br />

Maßnahme: Tätigkeitswechsel<br />

Aktiviertheit<br />

Müdigkeit<br />

Starkes<br />

Müdigkeitsgefühl<br />

Beginn der Tätigkeit Ende der Tätigkeit Beginn neue Tätigkeit<br />

Zeit


13<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Toolbox:<br />

Instrumente zur <strong>Psychische</strong> Erfassung psychischer Sättigung<br />

<strong>Belastung</strong>en<br />

Call Center: Kumulative Fehlbeanspruchung im Wochenverlauf<br />

<strong>Psychische</strong> Sättigung (Juni 2001; 1 Auftrag im Aufgabenbereich)<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

starke Beeinträchtigung<br />

leichte Beeinträchtigung<br />

Wohlbefinden<br />

Front Office<br />

Quelle: Arbeitspsychologische Analyse und Gestaltung von Call Center Tätigkeiten; Verbundprojekt der Universitäten Dresden, Wuppertal,<br />

Potsdam sowie der BGAG; 3. Bilanzkonferenz Nov. 2001


14<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Toolbox:<br />

Instrumente zur <strong>Psychische</strong> Erfassung psychischer Sättigung<br />

<strong>Belastung</strong>en<br />

Call Center: Kumulative Fehlbeanspruchung im Wochenverlauf<br />

<strong>Psychische</strong> Sättigung (März 2000; 4 Aufträge im Aufgabenbereich)<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

starke Beeinträchtigung<br />

leichte Beeinträchtigung<br />

Wohlbefinden<br />

Front Office<br />

Quelle: Arbeitspsychologische Analyse und Gestaltung von Call Center Tätigkeiten; Verbundprojekt der Universitäten Dresden, Wuppertal,<br />

Potsdam sowie der BGAG; 3. Bilanzkonferenz Nov. 2001


Maßnahmen: Ebenen<br />

Gabriele Richter<br />

Burnout<br />

politische Ebene:<br />

Förderung des öffentliche Bewusstseins,<br />

Erhöhung der Attraktivität von Berufen (z. B.<br />

Altenpflege)<br />

betriebliche Ebene:<br />

Organisations- und Personalentwicklung<br />

Gruppenebene:<br />

Kommunikation, soziale Unterstützung,<br />

Führungsverhalten<br />

individuelle Ebene:<br />

gesundheitsförderliche Einstellungen<br />

und Lebensweisen,<br />

Optimierung der Lebensplanung und<br />

-gestaltung<br />

Abbau und<br />

Vermeidung von<br />

<strong>Belastung</strong>en<br />

Ressourcen<br />

stärken


Beispiel<br />

ELIA<br />

Gabriele Richter<br />

Burnout<br />

- erster schriftlich dokumentierter Fall von Burnout liegt mehr als 2.500 Jahre<br />

zurück (1. Könige 19,4)<br />

- übereifriger Prophet<br />

- endet ausgebrannt in der Wüste unter einem Wacholderbusch<br />

und möchte sterben seine Worte:<br />

„Es ist genug, so nimm nun Herr, meine Seele; ich bin nicht<br />

besser als meine Väter.“<br />

Maßnahmen: „Raus aus dem Hamsterrad!“<br />

- Ein Engel kam und brachte ihm zu essen und zu trinken und sagte:<br />

„Nimm, iss und schlaf!“<br />

- Elia aß, trank und schlief, und ward geheilt.<br />

(in: Wiedemann, 1997)


Beispiel<br />

Gabriele Richter<br />

Burnout<br />

Lehrer- Maßnahmen (Weber, 2000; Smolka, 2000)<br />

In Schule<br />

- Schaffung einer Schulkultur (corparate identity)<br />

- kooperativer Führungsstil, Transparenz, Information<br />

- Vertrauen, Offenheit, kollegialer Austausch<br />

- Veränderung der Lehrerrolle (Lernförderer, Motivierer)<br />

In Lehrerausbildung<br />

- nicht nur theoretische Kenntnisse, sondern praxisorientierte Ausbildung,<br />

Vermittlung von sozialen und kommunikativen Kompetenzen<br />

Für Lehrer<br />

- Supervision (mit Problemen nicht allein)<br />

- Balintgruppen für Lehrer: „Problemschüler“<br />

- arbeitsmedizinische, arbeitspsychologische Betreuung,<br />

Durchführung der Gefährdungsbeurteilung � s. Beitrag von Dr. David Beck


18<br />

Zusammenfassung<br />

Gabriele Richter<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Dr. Gabriele Richter


19<br />

Zusammenfassung<br />

� Risikofaktoren in der Arbeitswelt: Strukturwandel, Informations- und<br />

Kommunikationstechnik, Subjektivierung, Beschleunigung,<br />

demographischer Wandel, einseitige Tätigkeiten<br />

� zusätzlich:<br />

Fusionen, Restrukturierungen, Outsourcing, Personalabbau, prekäre<br />

Beschäftigungsformen<br />

� dadurch:<br />

Arbeitsplatzunsicherheit, Einhaltung von Pausen, rundum<br />

Erreichbarkeit, Gefahr der Entgrenzung<br />

aber auch: Chancen, z.B. LLL, Work life Balance<br />

� problembezogene Maßnahmen (s. Über- oder Unterforderung)<br />

� Vorrang von Verhältnis- zu Verhaltenprävention, Ressourcenaufbau<br />

Dr. Gabriele Richter


20<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

Gibt es Fragen?<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

Dr. Gabriele Richter<br />

Mehr Informationen unter www.baua.de

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