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freizeit - MuseumsQuartier Wien

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ZUKUNFT<br />

Für die Häuser im MQ wird es auch in Zukunft<br />

unumgänglich sein, nach vielen Seiten hin<br />

durchlässig zu bleiben – selbst wenn ihre<br />

Wände meterdick und massiv aussehen.<br />

Statements: Erwin Wurm ließ 2006 ein Einfamilienhaus mit dem MUMOK kollidieren (oben).<br />

Yayoi Kusama verwandelte 2002 die Kunsthalle in eine Wunderwelt (oben re.)<br />

ein Zeichen nach außen und ließ den<br />

türkisch-deutschen Künstler Feridun<br />

Zaimoglu die Front des Baus mit türkischen<br />

Fahnen verhängen. 2009, anlässlich<br />

der Kunsthallen-Ausstellung „Street<br />

and Studio“, hinterließen dann Graffiti-<br />

Künstler im Außenraum ihre Spuren.<br />

Trotz der architektonischen Unauffälligkeit<br />

der Kunsthalle wehrte sich deren<br />

Direktor Gerald Matt bisher standhaft<br />

gegen das Vorhaben, aus dem MQ auszuziehen<br />

und seine Räume dem benachbarten<br />

MUMOK zu überlassen.<br />

Dass dort Platznot herrscht, ist seit der<br />

Eröffnung des MQ ein Thema in Fachkreisen:<br />

Der ehemalige MUMOK-Direktor<br />

Edelbert Köb (2001-2010) hatte<br />

stets mit Nachdruck Pläne zur Erweiterung<br />

des Museums – etwa in den einstigen<br />

Rinderhallen St. Marx oder auf der<br />

Donauplatte – präsentiert. Seine Nachfolgerin<br />

Karola Kraus gab sich in ihren<br />

Forderungen bisher eher bescheiden,<br />

beschloss aber auch, das Museum im<br />

Juli und August für Umbauten zu<br />

schließen: In dieser Zeit zeigt sich das<br />

Museum mit von Künstlern gestalteten<br />

Plakatwänden einmal mehr im öffentlichen<br />

Raum.<br />

Kraus setzt damit die Museumslinie<br />

fort: 2006/2007 setzte Österreichs<br />

Parade-Künstler Erwin Wurm ein Einfamilienhaus<br />

auf das Dach des MUMOK,<br />

um den Zusammenprall der kleinbürgerlichen<br />

Lebenswelt mit der Welt der<br />

Kunst für jeden Passanten deutlich zu<br />

machen. Der Medienkünstler Peter<br />

Kogler, den das MUMOK 2008/2009<br />

mit einer Retrospektive ehrte, ließ für<br />

die Dauer der Ausstellung weiße Ratten<br />

an der Fassade des dunklen Gebäudes<br />

hin- und herlaufen.<br />

Das Leopold Museum, mit 360.000 Besuchern<br />

(2010) der mit Abstand stärkste<br />

Publikumsmagnet im MQ, diente<br />

ebenfalls oft als Projektionsfläche:<br />

Schiele-Gemälde erschienen vielfach<br />

vergrößert auf der Fassade des Hauses,<br />

ein Jimi-Hendrix-Porträt des Skandalkünstlers<br />

Otto Muehl wies 2010 auf den<br />

bis dahin – in der Sammlung Leopold –<br />

weniger geläufigen Künstler hin.<br />

In der Standortdebatte hielten sich die<br />

Verantwortlichen des Leopold Museums<br />

bisher eher zurück – der weiße<br />

Kubus hat sich für die weltweit größte<br />

Schiele-Sammlung, für Kunst des<br />

Jugendstils und der Klassischen Moderne<br />

sowie für Sonderausstellungen zur<br />

Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts bewährt.<br />

Doch nach dem Tod des charismatischen<br />

Gründers Rudolf Leopold<br />

hat das Museum viele neue Herausforderungen<br />

zu meistern, und gerade Leopolds<br />

Witwe Elisabeth macht kein Hehl<br />

aus der angespannten finanziellen<br />

Situation des Hauses. Die Einrichtung<br />

eines Schiele-Forschungszentrums war<br />

ein erster Schritt, um den Ruf des Museums<br />

in der Fachwelt zu festigen; mit<br />

der Öffnung der Räume für eine Kunstmesse<br />

und der Nutzung des Cafés als<br />

Ausgeh-Treffpunkt zeigte das Museum,<br />

dass es sich den Entwicklungen des<br />

21. Jahrhunderts nicht verschließt.<br />

Eine völlige, radikale Neuordnung der<br />

Museen und Sammlungen, wie sie noch<br />

2007 diskutiert wurde, erscheint nach<br />

langem politischen Tauziehen heute<br />

unrealistisch. Doch für die Häuser im<br />

MQ wird es auch in Zukunft unumgänglich<br />

sein, nach vielen Seiten hin durchlässig<br />

zu bleiben – selbst wenn ihre<br />

Wände auf den ersten Blick meterdick<br />

und massiv aussehen. <br />

Gegenstimme<br />

Jan Tabor, streitbarer Architekturkritiker und selbst Mieter im MQ,<br />

INTERVIEW<br />

über Enzis, radikale Umbaupläne und die Freiheit im <strong>MuseumsQuartier</strong>. von michael huber<br />

Sie sind bei der Eröffnung 2001 mit der<br />

Architektur des <strong>MuseumsQuartier</strong>s hart<br />

ins Gericht gegangen. Hat sich an Ihrem<br />

Befund etwas geändert?<br />

Es gibt eine positive Veränderung, die<br />

man so nicht erwarten könnte – das<br />

sind die sogenannten Enzis der Architekten<br />

PPAG, die die museale, nekrophile<br />

Stimmung hier beseitigt haben. Sonst<br />

ist das MQ renovierungs- und umbaubedürftig.<br />

Die faschistoide Abgehobenheit<br />

der beiden Museen müsste eliminiert<br />

werden – ich nenne das absichtlich faschistoid,<br />

wenn man Stiegen verwendet,<br />

die es nicht braucht, nur um irgendwelche<br />

Effekte zu erreichen. Was nicht danebengehen<br />

konnte, ist, dass hier ein<br />

Biotop entstanden ist. Obwohl das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

einer der bestbewachten<br />

und -organisierten Plätze der Stadt ist,<br />

ist hier doch die größte Freiheit möglich.<br />

Woran merken Sie das?<br />

Die Leute dürfen etwas, was sie sonst<br />

nicht dürfen, etwa sich ausstrecken,<br />

was in der Stadt auf den Bänken ja sonst<br />

höchst unerwünscht ist.<br />

Was müsste man Ihrer Meinung nach<br />

verändern?<br />

Das Erste, was man machen müsste,<br />

wäre, die Kunsthalle zu verkaufen und<br />

den Platz dem MUMOK zu übergeben.<br />

Man müsste eine Rochade durchführen,<br />

bei der das Leopold Museum und MU-<br />

MOK Platz tauschen. Dazu müsste es<br />

eine Außenöffnung geben, die Treppen<br />

gehören weg, die Eingänge der Museen<br />

Im Anzug: „Der Popanz“<br />

heißt diese Arbeit von<br />

Erwin Wurm, die im Rahmen<br />

der Reihe „Die Kunst<br />

Innovationen zu schaffen“<br />

auf dem Vorplatz<br />

des <strong>MuseumsQuartier</strong>s<br />

gehören auf die Ebene des Platzes. Und<br />

der hintere Teil sollte belebt werden.<br />

Ohne Demolierung wird man hier nicht<br />

viel erreichen.<br />

Sie sind mit ihrem „Forum Experimentelle<br />

Architektur“ seit sechs Jahren Mieter im<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>, in Nachbarschaft<br />

zum ArchitekturZentrum <strong>Wien</strong>. Wie geht<br />

es Ihnen hier?<br />

Wir haben hier ein Büro, und machen<br />

etwa 30 Veranstaltungen im Jahr. Wir<br />

haben eine Projektionsleinwand vor unser<br />

Fenster montiert und projizieren<br />

Videos darauf, innen gibt es Ausstellungen.<br />

Wenn wir etwas veranstalten, dann<br />

sitzen wir im Hof, trinken, sprechen und<br />

hören uns hervorragende Vorträge an –<br />

und das ohne Subventionen. <br />

26 27<br />

gezeigt wird

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