freizeit - MuseumsQuartier Wien
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ZUKUNFTSLABOR<br />
und Datenschutz ist längst kein Minderheitenprogramm<br />
mehr. Genauso wenig<br />
wie die Computerspiele, die sich zur<br />
farbenfrohen Popkultur des 21. Jahrhunderts<br />
gemausert haben und etwa im<br />
Subotron-Shop vertreten sind. Die Anbindung<br />
an die zeitgenössische Bildende<br />
Kunst stellen wiederum das paraflows-<br />
Festival oder das Kunst-Informationsbüro<br />
eSeL her. Auch das renommierte<br />
Linzer Computerkunst-Festival Ars Electronica<br />
war eine Zeit lang im wechselnden<br />
Nutzer-Spektrum des quartier21 mit<br />
Die Schau „DigitalMaterial<br />
Luzern“ (2010) widmete sich<br />
dem Einfluss des Digitalen<br />
auf die Kunstproduktion<br />
dem net.culture.space vertreten.<br />
Überhaupt ist dort Abwechslung<br />
Programm: Wie beim Websurfen,<br />
aber im realen Leben, kann man<br />
sich durch höchst unterschiedliche<br />
Angebote in rascher Abfolge bewegen,<br />
von einer „Musiktankstelle“ zum<br />
Kurzfilmfestival Vienna Independent<br />
Shorts, von den „Komischen Künsten“<br />
(Comics, Karikaturen) bis zum<br />
math.space, wo die vermeintlich trockene<br />
Materie Mathematik zum Leben<br />
erwacht.<br />
Das quartier21 zeigt: Auch digitale Daten<br />
brauchen Platz. 7000 m 2 stehen den<br />
Institutionen zur Verfügung. Insgesamt<br />
20 Initiativen aus Bereichen wie Medienkunst,<br />
Computerspiele, Visuals und<br />
Netzaktivismus sind im Quartier für Digitale<br />
Kultur (QDK) vereint. Ein essenzieller<br />
Ort des <strong>Wien</strong>er Kunstschaffens. <br />
Online-Identität: Im digitalen Raum verschwimmen die Grenzen, jeder hat zahlreiche Profile des eigenen Ichs, die er verwalten<br />
muss. Die digitale Kunst stellt sich daher der Frage nach dem Menschen auf ganz neue Weise<br />
porträt<br />
Am Anfang waren die<br />
Iglus. Und ein wenig Verwunderung<br />
in der Auskenner-Szene. Was<br />
denn das jetzt für Punschhütteln seien, und<br />
wieso jetzt auch im MQ und ob sich da<br />
vielleicht noch ein Weihnachtsmarkt<br />
einschleicht und überhaupt? Die Sorge war<br />
unbegründet, das ewige Kunsthandwerk<br />
blieb draußt am Spittelberg, viel cooler als<br />
im MQ kann die Winterzeit nicht sein. Und<br />
die große Überraschung folgte im Sommer<br />
2003: Denn aus den Iglus wurden knubbelige,<br />
unwiderstehliche Gartenmöbel. Was<br />
heißt Gartenmöbel – Hofmobilien, echte,<br />
einzigartige Enzis! Einfach so passiert?<br />
„Nein“,erklärt Anna Popelka lachend, „das<br />
wäre eine nette Geschichte, aber das hatten<br />
wir schon so geplant, bevor wir die Iglus<br />
entworfen haben.“ Und wer sollte es<br />
ANNA POPELKA & GEORG PODUSCHKA<br />
besser wissen als sie, immerhin hat sie gemeinsam<br />
mit Georg Poduschka, ihrem Partner<br />
im Architekturbüro PPAG, sowohl Iglus<br />
als auch Enzis entworfen. Und nur zwei<br />
Jahre später wurde ihr Entwurf mit dem<br />
Adolf Loos Staatspreis ausgezeichnet. Sie<br />
wurden bereits zu Laufstegen für Modeschauen<br />
umgebaut, zu Skulpturen und Palästen<br />
aufgetürmt, sie dienten als Bühne<br />
für die Großen und Klettergerüste für die<br />
Kleinen, man kann sie sogar als Paddelboot<br />
verwenden. Vor allem aber gelang es ihnen,<br />
den Platz mit Leben zu füllen, und so<br />
zu einem echten Platz zu machen. Mittlerweile<br />
gibt es sie auch für zuhause und in<br />
einer „Soft-Version“ fürs Wohnzimmer! „Wir<br />
wollten ein Volksmöbel machen“,sagt<br />
Anna Popelka. Das ist ihnen gelungen.<br />
Dass die liebgewonnenen Enzis nun den<br />
en<br />
Enzos weichen mussten, wird daran nicht<br />
viel ändern. Die „Neuen“ sind nicht nur recycle-<br />
sondern auch unbrennbar. Eine Änderung,<br />
die durchaus notwendig erschien.<br />
Die Form ist luftiger – aber im Prinzip<br />
gleich. So gilt auch für sie, was Architekturkritiker-Legende<br />
Jan Tabor über die Enzis<br />
schrieb: „Sie haben die absoluten menschlichen<br />
Maße: Sie passen allen gleich gut,<br />
Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Alten,<br />
Frauen und Männern, Studenten und<br />
Yuppies, Touristen und Einheimischen.“ Sie<br />
laden ein zum Wohnen in der Stadt. Jeden,<br />
ohne Unterschied. Und machen es uns so<br />
ausgesprochen leicht, sie zu lieben. „Sie<br />
haben nur eine schlechte Eigenschaft“,<br />
schreibt Jan Tabor resümierend: „Man kann<br />
aus ihnen Punsch-Iglus bauen.“ Aber damit<br />
können wir leben. Ganz gut sogar. <br />
Egal, ob Iglu, Bühne, Laufsteg oder Sitzgelegenheit – was wäre das MQ ohne seine Enzis.<br />
Oder Enzos. Sie mögen uns – und wir mögen sie. Beinahe bedingungslos.<br />
Eine Hymne auf die Hofmobilien des 21. Jahrhunderts.<br />
zo<br />
i<br />
FOTOS: LISI SPRECHT, LARRY RR. WILLIAMS