Tenero - Patrizia Kummer
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Wenig Schlaf, viel Energie<br />
Jerzovskaja ist Zeichner mit Leib und Seele. Sein Atelier in Zürich sei seine Welt, sagt er,<br />
und wenn ihn etwas begeistere, dann sei er nicht zu bremsen. Das Projekt «Fussballhelden»<br />
hat ihn begeistert. Seit Juni 2005 hat er seine Idee eines Kunstbildbandes, der<br />
wie ein Panini-Album daherkommt, zusammen mit seinem Freund Achilles Greminger<br />
(Künstlername: Ashi) in die Tat umgesetzt. Am Tag erledigten die beiden Illustratoren<br />
Aufträge für ihre Kunden, in der Nacht arbeiteten sie an ihrem Buch. Geschlafen habe<br />
er in den letzten zehn Monaten zwei bis drei Stunden pro Nacht, sagt Jerzovskaja. Nun<br />
sitzt er an der Bar des Luzerner Kunstlokals UG, in dem die 700 Porträts seiner Fussballhelden<br />
ausgestellt sind – und strahlt. Jerzovskaja, der von sich sagt, dass er aufpassen<br />
müsse, durch seine Begeisterung fürs Zeichnen nicht zum unsozialisierten Wesen zu<br />
werden, redet und erzählt eineinhalb Stunden, spricht über sich, über seine Jugend,<br />
über sein Projekt. Zwei Kaffees trinkt er dazu, ansonsten sind ihm die schlaflosen<br />
Nächte nicht anzumerken.<br />
Von links nach rechts<br />
Wie sich der Künstler selber sieht:<br />
Jerzovskajas Selbstporträt.<br />
Alain Sutter, ehemaliger Star der<br />
Schweizer Fussball-Nationalmannschaft,<br />
gezeichnet von Ashi.<br />
Ashi (links) und Jerzovskaja (rechts) sind<br />
die beiden Köpfe hinter Fussballhelden.<br />
Wayne Rooney sieht aus wie ein Lausbub, Zinédine<br />
Zidane hat Mickey-Maus-Ohren: Viele der gezeichneten<br />
Fussballer dürften an ihrem Porträt wenig<br />
Freude haben.<br />
Für einen Illustrator ist es einfach, eine Person lächerlich<br />
aussehen zu lassen. Das hat aber keiner der 50 Zeichner<br />
gemacht. Wir haben die Spieler respektvoll dargestellt.<br />
Jedes Bild im Buch ist eine Hommage und keine Karikatur.<br />
Indem sich die Zeichner intensiv mit ihrer Mannschaft<br />
beschäftigt haben, sind nicht nur Abbilder der Fussballer<br />
entstanden, sondern auch neue Figuren.<br />
Inspiration für Ihr Buch waren die Panini-Alben,<br />
wegen denen in der Schweiz das Sammelfieber<br />
ausgebrochen ist. Haben Sie die Sticker selber<br />
auch gesammelt als Kind?<br />
Ich habe ein paar Mal angefangen zu sammeln. Es war ein<br />
frustrierendes Erlebnis, weil ich mir als Kind das Sammeln<br />
schlicht nicht leisten konnte.<br />
Heute können Sie sich das Sammeln leisten. Tun Sie<br />
es auch?<br />
Ich besitze heute alle Panini-WM-Alben seit 1968, gesammelt<br />
habe ich aber kein einziges Bild. Ich habe mir die<br />
Alben in Bücherantiquariaten gekauft. Ich bewundere<br />
Panini. Die Bilder sind von schlechtester Qualität, und die<br />
Firma macht damit ungeheuer viel Geld. Die Leute geben<br />
mindestens 200 Franken aus, um ein Album voll zu kriegen.<br />
Da kann ich nur den Kopf schütteln, wenn uns vorgeworfen<br />
wird, unser Buch mit über 900 Bildern in höchster<br />
Druckqualität sei mit 60 Franken zu teuer.<br />
Freuen Sie sich auf die WM?<br />
Ja, klar. Da ich selber keinen Fernseher habe, werde ich wie<br />
immer während Fussball-Grossanlässen für drei Wochen zu<br />
meinem Bruder ziehen, er hat nämlich einen Beamer. Aber<br />
vergiftet sind wir nicht. Ist ein Spiel langweilig, schalten wir<br />
den Beamer aus und kochen gemeinsam.<br />
Jerzovskaja<br />
Bürgerlicher Name Kai Jerzö Alter 34<br />
Wohnort Zürich Beruf Selbstständiger Illustrator<br />
mit eigenem Atelier in Zürich<br />
Jerzovskaja & Ashi, «Fussballhelden», Herzglut-Verlag.<br />
4 2006 swiss sport 23