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Daniela Ziegler - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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<strong>Daniela</strong> <strong>Ziegler</strong><br />

Hausfrau, Ehefrau, Lebensgefährtin, Mutter.<br />

Die sozialen Rollenbilder der Frau auf attischen Vasen klassischer Zeit


Hausfrau, Ehefrau, Lebensgefährtin, Mutter.<br />

Die sozialen Rollenbilder der Frau auf attischen Vasen klassischer Zeit<br />

Inaugural-Dissertation<br />

in der Philosophischen Fakultät I<br />

(Philosophie, Geschichte und Sozialwissenschaften)<br />

der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

<strong>Erlangen</strong>-<strong>Nürnberg</strong><br />

vorgelegt von<br />

<strong>Daniela</strong> S. <strong>Ziegler</strong><br />

aus<br />

Neuendettelsau


Tag der mündlichen Prüfung: 23.02.2007<br />

Dekan: Prof. Dr. R. Sturm<br />

Erstgutachter: Prof. Dr. P. Kranz<br />

Zweitgutachter: PD Dr. U. Kreilinger


Danksagung<br />

Mein nachdrücklicher Dank gilt Prof. Dr. Peter Kranz und PD Dr. Ulla Kreilinger, dafür dass sie mich<br />

an dieses Thema herangeführt haben. Sie haben mich in zahllosen Gesprächen hinterfragt und meinen<br />

eigenen Gedanken immer wieder neue Ansätze hinzugefügt. Für Ihre Geduld und Ihr Vertrauen<br />

während der Überarbeitungsphase sei Ihnen herzlich gedankt.<br />

Gerne erinnere ich mich auch der vielen Kommilitonen und Kommilitoninnen im Erlanger Institut. Ihr<br />

habt all diese Jahre zu etwas ganz Besonderem gemacht und ich werde Euch nie vergessen.<br />

Ein ganz großes Dankeschön gilt meiner Familie und vor allem meinen Eltern, die mich ohne<br />

Kompromisse unterstützt haben.<br />

Von der Abgabe bis zur Publikation dieser Dissertation sind lange vier Jahre ins Land gegangen und<br />

ich muss gestehen, dass ich zwischenzeitlich selbst daran gezweifelt habe, ob sie jemals veröffentlicht<br />

wird. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran haben deshalb – neben oben genannten Personen, all<br />

die Personen, die mit harmlos klingenden Fragen wie „Und wie weit bist du mit deiner Diss?“ mein<br />

Gewissen traktiert haben. Ihr bekommt alle ein Geschenkexemplar!<br />

Die Umzeichnung der Schale aus Hannover, die das Titelblatt schmückt, verdanke ich M. Glasner, der<br />

mit seinem unglaublichen zeichnerischen Talent mal eben so ein kleines Kunstwerk geschaffen hat.


Inhaltsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................ 8<br />

Einleitung ............................................................................................................................................... 11<br />

1. Die Braut ............................................................................................................................................ 15<br />

1. 1. Das Heiratsalter ..............................................................................................................................15<br />

1. 2. Der Zweck der Ehe .........................................................................................................................17<br />

1. 3. Die Wahl des Partners ....................................................................................................................18<br />

1. 4. Die Hochzeitsfeierlichkeiten ..........................................................................................................20<br />

1. 5. Die Hochzeit in der Bildkunst der attisch rotfigurigen Keramik ...................................................21<br />

1. 5. 1. Hochzeitsprozessionen ...............................................................................................................21<br />

1. 5. 2. Die Schmückung der Braut ........................................................................................................22<br />

1. 5. 3. Die hochzeitliche Ikonographie..................................................................................................23<br />

2. Die Frau in der Familie: Hausfrau, Ehefrau und Mutter .................................................................... 27<br />

2. 1. Vorstellungen zur Ehe in den antiken Schriftquellen .....................................................................27<br />

2. 1. 1. Die Ehe aus Sicht des Mannes ...................................................................................................27<br />

2. 1. 2. Die ideale Ehefrau ......................................................................................................................28<br />

2. 1. 3. Die Ehe aus Sicht der Frau .........................................................................................................31<br />

2. 1. 4. Der ideale Ehemann ...................................................................................................................33<br />

2. 1. 5. Zusammenfassung ......................................................................................................................37<br />

2. 2. Die ideale Haus- und Ehefrau in Xenophons „Oikonomikos“ .......................................................39<br />

2. 3. Die Bewegungsfreiheit der verheirateten Frau ...............................................................................42<br />

2. 3. 1. Geschlechterspezifische Lebensräume .......................................................................................44<br />

2. 3. 2. Sittliches Verhalten ....................................................................................................................46<br />

2. 3. 3. Zwischengeschlechtliche Kontakte ............................................................................................50<br />

2. 4. Das Haus. Räumliche Gestaltung und Organisation ......................................................................52<br />

2. 4. 1. Die Quellen ................................................................................................................................52<br />

2. 4. 1. 1. Xenophon: Das Haus des Ischomachos ..................................................................................52<br />

2. 4. 1. 2. Lysias: Das Haus des Euphiletos............................................................................................53<br />

2. 4. 1. 3. Vereinzelte Textstellen zur antiken Wohnkultur ....................................................................55<br />

2. 4. 2. Der archäologische Befund: Pastas- und Single-Entrance-Courtyard-House ...........................57<br />

2. 4. 2. 1. Olynth .....................................................................................................................................58<br />

2. 4. 2. 2. Piraeus ....................................................................................................................................58<br />

2. 4. 2. 3. Athen ......................................................................................................................................59<br />

2. 4. 2. 4. Der Bau Z im Kerameikos .....................................................................................................60<br />

2. 4. 3. Das Sozialleben im Oikos ..........................................................................................................62<br />

2. 5. Der Oikos in der Bildkunst der attisch rotfigurigen Keramik ........................................................68<br />

2. 5. 1. Der Mann im Frauengemach ......................................................................................................69<br />

2. 5. 2. Familienbilder ............................................................................................................................70<br />

2. 5. 3. Der Mann im Oikos ....................................................................................................................80<br />

S e i t e | 5


2. 5. 4. Paardarstellungen ...................................................................................................................... 83<br />

2. 6. Zusammenfassung ......................................................................................................................... 88<br />

3. Werben und Schenken in der Antike ................................................................................................. 92<br />

3. 1. Liebes- und Werbegeschenke ........................................................................................................ 92<br />

3. 2. Die Werbeszenen auf den attisch-rotfigurigen Vasen und ihre Ikonographie ............................... 96<br />

3. 3. Werbe- oder Oikosszenen? ............................................................................................................ 98<br />

3. 3. 1. Kränze, Bänder, Kästchen und Co. ............................................................................................ 98<br />

3. 3. 2. Fleisch...................................................................................................................................... 103<br />

3. 3. 3. Tiere ......................................................................................................................................... 105<br />

3. 4. Werben mit Geld ......................................................................................................................... 107<br />

3. 4. 1. Der Geldbeutel als Instrument der Werbung? ......................................................................... 110<br />

3. 4. 1. 1. Textilarbeit und Geld ........................................................................................................... 112<br />

3. 4. 1. 2. Die 'spinnende Hetäre' ......................................................................................................... 117<br />

3. 4. 1. 3. Die Semiotik des Spinnens .................................................................................................. 119<br />

3. 4. 2. Geldbeutelsszenen ohne Textilkontext .................................................................................... 122<br />

3. 4. 3. Der Geldbeutel in weiblicher Hand – ein antikes Paradoxon? ................................................ 127<br />

3. 5. Zusammenfassung ....................................................................................................................... 129<br />

4. Die Ehefrau als Sexualpartnerin und Gefährtin ............................................................................... 132<br />

4. 1. Sexualsymbole und Sexualerziehung in der athenischen Gesellschaft ....................................... 133<br />

4. 2. Die Ehefrau, das asexuelle Wesen ............................................................................................... 137<br />

4. 2. 1. Zwischen Ehefrauen, Hetären und schönen Knaben ............................................................... 138<br />

4. 2. 2. Die Antithese Ehefrau – Hetäre in den schriftlichen Quellen ................................................. 140<br />

4. 2. 3. Das Verhältnis der Ehepartner ................................................................................................. 143<br />

4. 2. 4. Das Verhältnis von Liebhaber und Hetäre............................................................................... 145<br />

4. 3. Der Geschlechtsverkehr ............................................................................................................... 148<br />

4. 3. 1. Eheliche Sexualität in den Schriftquellen ................................................................................ 149<br />

4. 3. 2. Sexzoten in der aristophanischen Komödie ............................................................................. 154<br />

4. 3. 2. 1. Die „Ekklesiazusen“ ............................................................................................................ 155<br />

4. 3. 2. 2. Die „Thesmophoriazusen“ ................................................................................................... 157<br />

4. 3. 2. 3. Die „Lysistrate“ ................................................................................................................... 158<br />

4. 4. Sexualität und Intimität in der Bildkunst der attisch-rotfigurigen Keramik ................................ 160<br />

4. 4. 1. Szenen der Verbundenheit und Annäherung ........................................................................... 160<br />

4. 4. 1. 1. Cheir epi karpo und dexiosis ............................................................................................... 161<br />

4. 4. 1. 2. Die Hand auf der Schulter ................................................................................................... 162<br />

4. 4. 1. 3. Umarmungen ....................................................................................................................... 163<br />

4. 4. 1. 4. Küsse ................................................................................................................................... 166<br />

4. 4. 1. 5. Das An- bzw. Entkleiden ..................................................................................................... 167<br />

4. 4. 2. Die Kline und der Geschlechtsakt ........................................................................................... 169<br />

4. 4. 2. 1. Sexualität im hochzeitlichen Kontext .................................................................................. 169<br />

4. 4. 2. 2. Die Kline in nicht-hochzeitlichen Darstellungen ................................................................ 171<br />

4. 4. 2. 3. Das (Ehe-?) Paar im Thalamos ............................................................................................ 172<br />

4. 4. 2. 4. Die Hochzeitskline in mythischen Bildern .......................................................................... 174<br />

S e i t e | 6


4. 4. 3. Unzensierte Sexualität ..............................................................................................................175<br />

4. 4. 4. Zusammenfassung ....................................................................................................................177<br />

5. Zur Figur des Eros ............................................................................................................................ 180<br />

5. 1. Eros im literarischen Diskurs .......................................................................................................181<br />

5. 2. Eros in der Bildkunst der attisch-rotfigurigen Keramik ...............................................................184<br />

5. 2. 1. Eros in den Hochzeitsbildern ...................................................................................................188<br />

5. 2. 2. Eros in den Oikosszenen ..........................................................................................................191<br />

5. 2. 3. Eros und der Mann im Oikos ...................................................................................................192<br />

5. 2. 4. Der musische Eros und der Oikos ............................................................................................195<br />

5. 3. Die chronologische Entwicklung des Eros-Motivs ......................................................................198<br />

5. 4. Zusammenfassung ........................................................................................................................202<br />

6. Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................................................... 204<br />

Katalog ................................................................................................................................................. 213<br />

Abbildungsnachweis ............................................................................................................................ 232<br />

Literaturliste ......................................................................................................................................... 238<br />

Tafeln<br />

S e i t e | 7


S e i t e | 8<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis der häufiger zitierten Literatur:<br />

BADINOU 2003 P. Badinou, La laine et le parfum. Épinetra et alabastres. Forme,<br />

iconographie et fonction. Recherche de céramique attique féminine<br />

(Louvain 2003).<br />

BUNDRICK 2008 S. D. Bundrick, The Fabrik of the City. Imaging Textile Production<br />

in Classical Athens, Hesperia 77, 2008, 283–334.<br />

CAHILL 2003 N. Cahill, Household and City Organization at Olynthus (New<br />

Haven 2002).<br />

CALAME 1992 C. Calame, I Greci e l´Eros. Simboli, pratiche e luoghi (Rom 1992).<br />

DAVIDSON 1999 J. N. Davidson, Kurtisanen und Meeresfrüchte. Die verzehrenden<br />

Leidenschaften im klassischen Athen (Darmstadt 1999).<br />

DIERICHS 1993 A. Dierichs, Erotik in der Kunst Griechenlands (Mainz 1993).<br />

FANTHAM 1994 E. Fantham – H. P. Foley – N. Boymel Kampen – S. B. Pomeroy –<br />

H. A. Shapiro (Hrsg.), Women in the Classical World. Image and<br />

Text (New York 1994).<br />

FISCHER – MORAW 2005 G. Fischer – S. Moraw (Hrsg.), Die andere Seite der Klassik.<br />

Gewalt im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. Kulturgeschichtliches<br />

Kolloquium Bonn 11.–13.7.2002 (Stuttgart 2005).<br />

GÖTTE 1957 E. Götte, Frauengemachbilder in den Vasenbildern des 5. Jhs. (Diss.<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München 1957).<br />

HARTMANN 2002 E. Hartmann, Heirat, Hetärentum und Konkubinat im klassischen<br />

Athen (Frankfurt a. M. 2002).<br />

HEINRICH 2006 F. Heinrich, Das Epinetron. Aspekte der weiblichen Lebenswelt im<br />

Spiegel eines Arbeitsgeräts (Rahden 2006).<br />

HOEPFNER 1999 W. Hoepfner (Hrsg.), Geschichte des Wohnens 1. 5000 v. Chr.–500<br />

v. Chr.: Vorgeschichte, Frühgeschichte, Antike (Stuttgart 1999).<br />

JUST 1989 R. Just, Women in Athenian Law and Life (London 1989).<br />

KEULS 1985 E. C. Keuls, The Reign of the Phallus. Sexual Politics in Ancient<br />

Athens (New York 1985).<br />

KILLET 1994 H. Killet, Zur Ikonographie der Frau auf attischen Vasen<br />

archaischer und klassischer Zeit (Berlin 1994).<br />

KNIGGE 2005 U. Knigge, Der Bau Z, Kerameikos. Ergebnisse der Ausgrabungen<br />

17 (München 2005).<br />

KILMER 1993 M. F. Kilmer, Greek Erotica on Attic Red-Figure Vases (London<br />

1993).<br />

KREILINGER 2007 U. Kreilinger, Anständige Nacktheit. Körperpflege, Reinigungsriten<br />

und das Phänomen weiblicher Nacktheit im klassischen Athen.<br />

Tübinger Archäologische Forschungen 2 (Tübingen 2007).<br />

KUNISCH 1997 N. Kunisch, Makron (Mainz 1997).<br />

LACEY 1983 W. K. Lacey, Die Familie im antiken Griechenland (Mainz 1983).<br />

LEWIS 2002 S. Lewis, The Athenian Woman. An Iconographic Handbook<br />

(London 2002).


LLEWELLYN-JONES 2003 L. Llewellyn-Jones, Aphrodites Tortoise. The Veiled Woman of<br />

Ancient Greece (Swansea 2003).<br />

MEYER 1988 M. Meyer, Männer mit Geld, JdI 103, 1988, 87–125.<br />

MERCATI 2003 C. Mercati, Epinetron. Storia di una forma ceramica fra archeologia<br />

e cultura (Città di Castello 2003).<br />

MÖSCH-KLINGELE 2006 R. Mösch-Klingele, Die loutrophoros im Hochzeits- und<br />

Begräbnisritual des 5. Jahrhunderts v. Chr. in Athen (Bern 2006).<br />

MOSSÉ 1983 C. Mossé, La femme dans la Grèce antique (Paris 1983).<br />

NEVETT 1995 L. C. Nevett, Gender Relations in the Classical Greek World, BSA<br />

90, 1995, 36–381.<br />

NEVETT 1999 L. C. Nevett, House and Society in the Ancient Greek World<br />

(Cambridge 1999).<br />

NEILS – OAKLEY 2003 J. Neils – J. H. Oakley (Hrsg.), Coming of Age in Ancient Greece.<br />

Images of Childhood from the Classical Past. Ausstellungskatalog<br />

Hanover (New Haven 2003).<br />

OAKLEY – SINOS 1993 J. H. Oakley – R. H. Sinos, The Wedding in Ancient Athens<br />

(Madison 1993).<br />

PATTERSON 1998 C. B. Patterson, The Family in Greek History (Cambridge 1998).<br />

PESCHEL 1987 I. Peschel, Die Hetäre bei Symposium und Komos in der attisch-<br />

rotfigurigen Malerei des 6.–4. Jhs. v. Chr. (Frankfurt a. M. 1987).<br />

POMEROY 1985 S. B. Pomeroy, Frauenleben im Klassischen Altertum (Stuttgart<br />

1985).<br />

POMEROY 1994 S. B. Pomeroy, Xenophon. Oeconomikus. A Social and Historical<br />

Commentary (Oxford 1994).<br />

REEDER 1995 E. D. Reeder (Hrsg.), Pandora. Frauen im klassischen Griechenland.<br />

Ausstellungskatalog Baltimore – Dallas – Basel (Baltimore 1995).<br />

REINSBERG 1993 C. Reinsberg, Ehe, Hetärentum und Knabenliebe im antiken<br />

Griechenland ²(München 1993).<br />

REUTHNER 2005 R. Reuthner, Wer webte Athenes Gewänder? Die Arbeit von Frauen<br />

im antiken Griechenland (Frankfurt a. M. 2006).<br />

SCHNURR-REDFORD 1996 C. Schnurr-Redford, Frauen im klassischen Athen. Sozialer Raum<br />

und reale Bewegungsfreiheit (Berlin 1996).<br />

SOJC 2005 N. Sojc, Trauer auf attischen Grabreliefs. Frauendarstellung<br />

zwischen Ideal und Wirklichkeit (Berlin 2005).<br />

SUTTON 1981 R. F. Sutton Jr., The Interaction between Men and Women<br />

portrayed on Attic red-figured Pottery (Chapel Hill 1981).<br />

SUTTON 1997 R. F. Sutton Jr., Nuptial Eros: The Visual Discourse of Marriage in<br />

Classical Athens, JWaltersArtGal 55/56, 1997/98, 27–48.<br />

SUTTON 2004 R. F. Sutton Jr., The Oikos on Attic Red-Figure Pottery, in: A. P.<br />

Chapin (Hrsg.), Charis. Essays in Honor of Sara A. Immerwahr,<br />

Hesperia Suppl. 33 (Athen 2004) 327–350.<br />

TAAFFE 1993 L. K. Taaffe, Aristophanes and Women (London 1993).<br />

VAZAKI 2003 A. Vazaki, Mousike Gyne. Die musisch-literarische Erziehung und<br />

Bildung von Frauen im Athen der klassischen Zeit (Möhnesee<br />

2003).<br />

WIEMER 2005 H.- U. Wiemer, Die gute Ehefrau im Wandel der Zeiten. Von<br />

Xenophon zu Plutarch, Hermes 133, 2005, 424–446.<br />

S e i t e | 9


S e i t e | 10


Einleitung<br />

Über die Frau in der Antike ist besonders seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts so viel<br />

geschrieben worden, dass sich dieses Thema regelrecht zu einem Modethema entwickelt hat. Mancher<br />

wird – quasi übersättigt – meinen, dass inzwischen alles gesagt sein dürfte, was es zu diesem Thema<br />

zu sagen gibt.<br />

Das Frauenbild vor allem der althistorischen Forschung wurde in den letzten zwanzig Jahren in vielen<br />

Punkten modifiziert, so dass eine Neubetrachtung des archäologischen Materials zum Thema „Frauen<br />

in der Antike“ gerechtfertigt, ja gar dringend notwendig erscheint. Insgesamt ist allerdings zu<br />

beobachten, dass die archäologischen Disziplinen sich den neuen Erkenntnissen der althistorischen<br />

Forschung nur zögernd öffnen. Die archäologische Forschung gab sich lange damit zufrieden, das<br />

etablierte, jedoch antiquierte Frauenbild oft einseitig herausgegriffener, antiker literarischer Quellen<br />

und ihre dezidierten Ansichten zum weiblichen Ideal zur Erklärung der Vasenbilder heranzuziehen<br />

und Eins zu Eins auf diese zu übertragen. Frauen waren jenen Idealvorstellungen gemäß im<br />

öffentlichen Leben unsichtbar, verbrachten die meiste Zeit im Haus, dem Hort ihrer Tugend und Ort<br />

ihrer Pflichten. In Erscheinung traten sie außerhalb der eigenen vier Wände nur bei besonderen<br />

Anlässen wie Hochzeiten, Todesfällen oder kultischen Feiern. Die Vasenmalerei scheint, da sie den<br />

Schwerpunkt der Frauenbilder auf die athenische Bürgerin als Braut, fleißige Hausfrau, Trauernde und<br />

als Kultteilnehmerin legt, diese Sichtweise zunächst weitgehend zu bestätigen. 1 Bilder umstrittener<br />

Deutung jedoch, die nicht zur herkömmlichen Vorstellung der idealen, griechischen Haus- und<br />

Ehefrau passen, werden bei der Rekonstruktion des Bürgerinnenbildes generell von der Betrachtung<br />

ausgeschlossen. Dies sind im Wesentlichen Paardarstellungen von Männern und Frauen, die keinen<br />

erkennbaren hochzeitlichen Kontext aufweisen. Sich auf einschlägige Quellenzitate stützend war es<br />

bequemer, all jene Bilder, in denen Frauen gemeinsam mit Männern abgebildet sind, als Darstellungen<br />

von Hetären zu deklarieren.<br />

Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zum Themenkreis „Interaktion der Geschlechter“, der<br />

bereits zahlreiche Untersuchungen vorzuweisen hat. 2 Was meine Vorgehensweise allerdings von<br />

vielen anderen bisher erschienenen Veröffentlichungen unterscheidet, ist, dass ich von Beginn an<br />

gezielt das Sozialleben der Ehefrau und Bürgerin in den Mittelpunkt stelle. Besondere<br />

Aufmerksamkeit gilt dabei, wie bereits angedeutet, den Szenen, die diese in Interaktion mit der Welt<br />

der Männer treten lassen. Da die gesellschaftlichen Freiheiten, die einer Bürgerin erlaubt waren, eng<br />

definiert waren, kann es sich bei den betreffenden männlichen Personen eigentlich nur um Angehörige<br />

der Familie, zumeist wahrscheinlich um den eigenen Ehemann handeln.<br />

Das Verhältnis der Eheleute zueinander war bisher als kaum lohnenswerter Gegenstand der<br />

Untersuchung empfunden worden, so überwältigend war der Eindruck von der Dominanz des Mannes<br />

1 Lewis 2002, 58: “Women become visible in art only in certain roles, as brides, mothers, celebrants of religion, or the<br />

grotesquely aged.”<br />

2 z. B. T. Scheer, Forschungen über die Frau in der Antike. Ziele, Methoden, Perspektiven, Gymnasium 107, 2000, 143–<br />

172; für einen detaillierten, forschungsgeschichtlichen Überblick, s. auch Sutton 1981; Schnurr-Redford 1996, 13–56.<br />

S e i t e | 11


und der fehlenden Nähe zwischen den Ehepartnern. Vielerorts wirkt hier zudem noch die<br />

Überzeugung nach, das Alltagsleben der Griechen habe sich innerhalb geschlechtsspezifisch strikt<br />

definierter Bereiche abgespielt. Die Begegnung eines athenischen Bürgers mit einer Frau könne<br />

deshalb nur eine bestimmte Sorte von Frau meinen, die nicht dem gängigen Moralkodex der<br />

griechischen Gesellschaft unterworfen ist wie die Hetären oder Prostituierte im Allgemeinen. Wie<br />

unsinnig eine solche Auffassung ist, macht ein Blick auf die sog. Frauengemachsszenen der attischen<br />

Vasenmalerei deutlich. Jene wurden stets als Ausdruck gelebter Geschlechtertrennung verstanden,<br />

zeigen jedoch tatsächlich nicht ausschließlich das Leben der Frauen unter Geschlechtsgenossinnen. In<br />

einer Reihe von Vasenbildern mischen sich nämlich männliche Personen unter die Frauen. Für diese in<br />

der Forschung bisher als Freier bezeichneten Männer findet sich im Rahmen des griechischen<br />

Oikoslebens durchaus eine einleuchtende Erklärung. In diesem Zusammenhang spielt die Definition<br />

des Frauengemachs, der Gynaikonitis, eine entscheidende Rolle. Obwohl die Existenz der<br />

Gynaikonitis durch das Schrifttum belegt ist, ist dies auf archäologischem Gebiet bisher nicht<br />

gelungen. Um eine bessere Vorstellung vom Sozialleben im Oikos und von der Position der Ehe- und<br />

Hausfrau im Familien- und Oikosverband zu gewinnen, sollen unter Heranziehung archäologischer<br />

Befunde und schriftlicher Quellen Überlegungen zur Arbeits- und Rollenverteilung im athenischen<br />

Oikos angestellt werden, wobei auch die Frage der Geschlechterseparation anzusprechen sein wird.<br />

Die Untersuchung der Geschlechterrollen im Rahmen des Oikos stellt den Forscher vor eine weitere<br />

Schwierigkeit: die problematische Unterscheidung von Ehefrau und Hetäre in der antiken Bildkunst.<br />

So eindringlich manche Autoren auch votieren, eine Unterscheidung sei letztlich weder<br />

ikonographisch zu untermauern noch überhaupt beabsichtigt, 3 so möchte ich dennoch im Folgenden<br />

darauf hinweisen, dass eine soziale Einordnung der dargestellten weiblichen Figuren aus dem Kontext<br />

heraus oftmals möglich oder zumindest umgekehrt nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist.<br />

Trotz der erzielten Fortschritte der historischen Forschung ist das wesentliche<br />

Unterscheidungskriterium nach wie vor, ob die betreffende Frau gemeinschaftlich mit Frauen oder mit<br />

Männern abgebildet ist. Geblendet von normativen Eindrücken aus der Literatur, die man ohne<br />

Überlegung auf die Vasenbilder quasi als Illustrationen des griechischen Alltagslebens übertrug, hat<br />

man es als undenkbar erachtet, dass die zwischengeschlechtlichen Begegnungen einen nicht-sexuellen<br />

Hintergrund haben könnten. Besonders stark davon betroffen ist das Phänomen der sog. spinnenden<br />

Hetäre. Spinnerinnen wurden in Anwesenheit von Männern und vor allem dann, wenn sie wie z. B. auf<br />

einer Hydria in Heidelberg III/26 (Taf. 15 Abb. 2) oder auf einem Alabastron in Berlin III/24 (Taf. 14<br />

Abb. 6. 7) mit einem Geldbeutel konfrontiert werden, als spinnende Hetären gedeutet. Dass die<br />

umworbene, angebliche Hetäre beim Spinnen wiedergegeben ist, störte nicht. Längst hat man sich mit<br />

der Erklärung abgefunden, das Weben und Spinnen sei keine ausschließlich den Hausfrauen<br />

vorbehaltene Tätigkeit, sondern würde als eher geschlechtsspezifische denn als statusspezifische<br />

Arbeit auch von Hetären praktiziert, die sich an bürgerlichen Tugendmodellen orientierten, um ihren<br />

Kunden einen speziellen Anreiz zu bieten. Für den Geldbeutel wie für Attribute im Allgemeinen gilt<br />

aber, dass sie in der Bildsprache der griechischen Vasenmalerei oft formelhaft verwendet werden und<br />

somit nicht so sehr aussagekräftig sind für die Bewertung von Interaktionen, sondern vielmehr der<br />

3 z. B. Paul-Zinserling 1994, 112 f.; Pomeroy 1985, 132–135, Sutton 1981, 99; Bundrick 2008, 297.<br />

S e i t e | 12


Charakterisierung einer Person dienen. Zu den typisch weiblichen Attributen zählen Kästchen, Truhen,<br />

Spiegel, Bänder, Wollkorb und Spindel, zu den Gegenständen der männlichen Lebenswelt dagegen<br />

vor allem der Bürgerstock, Athletenutensilien und der Geldbeutel. Nicht selten nahm die Forschung<br />

aus dem Drang heraus, Szenen situativ deuten zu wollen, Widersprüche in Kauf, die daraus<br />

resultierten, erklären zu müssen, weshalb eine Hetäre mit Attributen ausgestattet sein sollte, die in die<br />

ureigene Sphäre der Hausfrau und Bürgerin weisen. So hat man bei dem Berliner Alabastron III/24<br />

trotz der Webutensilien, vor allem aber auch trotz des transparenten Schleiers allein aufgrund des ihr<br />

angebotenen Geldbeutels an der Deutung der sitzenden Spinnerin als Hetäre festgehalten.<br />

Ein Genre, welches sich ausführlich den Interaktionen der Geschlechter widmet, sind die zumeist<br />

kategorisch unter dem Begriff der Werbeszenen zusammengefassten Darstellungen. Zu den sog.<br />

Werbe- oder Liebesgeschenken gehören neben dem Geldbeutel ferner so unterschiedliche Objekte wie<br />

Blüten, Kränze, Alabastra oder Fleischstücke. Inwieweit eine Werbung, also folglich auch eine<br />

Übergabe von Geschenken, tatsächlich gemeint ist, muss in vielen Fällen erneut zur Diskussion<br />

gestellt werden. Es erscheint nämlich vielfach plausibel, jene Gegenstände erneut nicht so sehr nach<br />

ihrer Funktion als Liebesgeschenk zu bewerten, sondern als Attribut, welches den jeweiligen Träger<br />

charakterisiert. Gerechtfertigt ist ein Umdenken vor allem dann, wenn das Ambiente den Oikosszenen<br />

entlehnt zu sein scheint. Hat man sich nämlich erst einmal vom Vorurteil gelöst, dass allein die<br />

Begleitung eines Mannes den Status einer Frau suspekt macht, dann rückt dies manche 'Werbeszene'<br />

in ein völlig neues Licht. Während man also bisher das Werben um die Gunst einer Frau stets auf die<br />

Prostituierte bezog, die bezahlt oder durch Gaben überzeugt werden musste, eröffnet sich nun die<br />

Möglichkeit, zumindest in manchen Werbeszenen Darstellungen der Ehefrau und Bürgerin zu<br />

erkennen, deren Verhältnis zum Mann hier unter neuen Aspekten beleuchtet wird.<br />

Das Umwerben von Ehefrauen war, so dachte man lange Zeit, ein Widerspruch in sich. Unsere<br />

Vorstellungen vom Leben der athenischen Ehefrau wurden vor allem durch die Oikosszenen geprägt,<br />

die diese als strebsame und funktionale Arbeiterin beschreiben. Eleganz, Schönheit und nicht zuletzt<br />

Erotik werden eher mit subtilen Mitteln zum Ausdruck gebracht, etwa durch aufwendige Gewänder,<br />

kunstvolle Frisuren, Schmuck, Spiegel, Alabastra oder durch einen Eros. Die Frage nach der<br />

Sexualität der Ehefrau wurde in den meisten Abhandlungen nur flüchtig gestreift, weil weder Schrift-<br />

noch Bildmaterial viel beizutragen wussten. Doch die sexuellen und erotischen Aspekte des<br />

Frauenbildes außer Acht zu lassen, hieße, dass ein wesentlicher Aspekt der griechischen Ehefrau<br />

unberücksichtigt bliebe. Es ist zweifellos wahr, dass die griechische Ikonographie der Klassik mit der<br />

Umsetzung der Erotik und Sexualität der Bürgerin weitaus vorsichtiger zu Werke ging als im Hinblick<br />

auf die Kopulationsszenen mit Prostituierten. Einen möglichen Ansatzpunkt bietet hier z. B. die<br />

Darstellung der Kline, die in Hochzeitsszenen, interessanterweise aber auch außerhalb des<br />

hochzeitlichen Kontexts mit dem Leben der Bürgerin verbunden wird. Daneben existieren einige,<br />

wenige Vasenbilder, deren emotionale Bekundungen sich durchaus mit den Vorstellungen vom<br />

Verhältnis der Eheleute in Einklang bringen lassen. Unter gewissen Vorbehalten ist demzufolge zu<br />

konstatieren, dass emotional-persönliche Komponenten der Ehe zumindest in der Vasenmalerei hier<br />

und da zum Ausdruck gebracht wurden, auch wenn sie anderweitig meist völlig verschwiegen oder<br />

übergangen wurden.<br />

S e i t e | 13


Ein weiterer, vielversprechender Ansatz bei der Klärung der Frage, ob zwischen der Darstellung einer<br />

Hetäre oder Ehefrau differenziert werden könne, sind im Übrigen die Bilder von Paaren in Begleitung<br />

eines Eros. Obgleich sich bisher offensichtlich niemand daran störte, auch Paare in Gemeinschaft mit<br />

Eros als Hetären mit ihren Kunden zu interpretieren, ist es doch so, dass Eros keineswegs wahllos<br />

hinzutritt. Im Gegenteil, die Verbindung eines Eros mit einer Hetäre wäre, wie eine entsprechende<br />

Untersuchung zeigen wird, für die klassische Vasenmalerei in der Tat höchst exzeptionell. In<br />

gewissem Sinn ist er fast attributiv zu verstehen, wenn auch nicht zwangsläufig geschlechtsspezifisch<br />

verwendet wie Wollkorb und Geldbeutel.<br />

Das Bild der Ehefrau auf Vasen ist, das dürfte schon dieser kurze Überblick verdeutlicht haben, weit<br />

vielschichtiger als dies von der Forschung bisher wahrgenommen wurde. Zu ihrer sozialen Einbindung<br />

in ihre Familie gehören ebenso ihre Beziehungen zum männlichen Geschlecht. Ziel der folgenden<br />

Untersuchung soll nun sein, deutlich zu machen, dass sich das Bild der Ehefrau nicht in dem der<br />

treuen Hausfrau erschöpft, sondern es in der attischen Vasenmalerei durchaus einen Bedarf an<br />

Darstellungen gab, die Mann und Frau als Ehemann und Ehefrau und nicht etwa als Freier und Hetäre<br />

wiedergeben.<br />

S e i t e | 14


1. Die Braut<br />

1. 1. Das Heiratsalter<br />

Um die Hochzeitsdarstellungen auf den attischen Vasen verstehen und bewerten zu können, ist es<br />

dienlich, zumindest einige Formalia, die im Umfeld der Hochzeit und hinsichtlich des Verhältnisses<br />

des Brautpaares wichtig sind, zu skizzieren.<br />

Das Heiratsalter junger Mädchen in der griechischen Antike beginnt für unsere modernen Begriffe<br />

bereits relativ früh, nämlich kurz nach <strong>Erlangen</strong> der Geschlechtsreife. Eine feste Regelung scheint<br />

jedoch nicht bestanden zu haben, da uns über die Jahrhunderte hinweg durchaus leicht variierende<br />

Aussagen und Meinungen überliefert sind. Um 700 v. Chr. gibt etwa Hesiod dem Bauern den klugen<br />

Rat, ein körperlich und sexuell voll entwickeltes Mädchen zur Frau zu nehmen. Aus seinen Angaben<br />

errechnet sich ein Alter von 15-17 Jahren. 4 Erst 14 Jahre zählt die Braut des Ischomachos in der<br />

Schilderung Xenophons, woraus sich ganz allgemein im 4. Jh. v. Chr. ein gebräuchliches Heiratsalter<br />

von 14-15 Jahren erschließen lässt. 5 Philosophen wie Platon und Aristoteles setzen das Heiratsalter<br />

etwa zur selben Zeit etwas höher an; sie tendieren zu einem Heiratsalter von 16-20 Jahren, nicht<br />

zuletzt weil man um die Gesundheit der jungen Mutter und des Neugeborenen besorgt war, da<br />

konfliktbehaftete Schwangerschaften besonders bei sehr jungen Frauen häufig waren. 6 Die jung<br />

verheiratete Frau ist dennoch nicht kategorisch als Kindfrau anzusprechen. Zu berücksichtigten ist<br />

neben dem faktischen Alter der Braut auch der Grad der sexuellen Reife pubertierender Mädchen, der<br />

in einer Gesellschaft, die ihre Parthenoi jung zu verheiraten pflegte, ein anderer gewesen sein kann als<br />

in unseren modernen Gesellschaften.<br />

Der Bräutigam war zum Zeitpunkt der Eheschließung in der Regel in den Dreißigern, so dass –<br />

unerheblich, ob die Braut nun 14 oder 18 Jahre alt war – ein beträchtlicher Altersunterschied<br />

bestanden haben dürfte. 7 Die unterschiedliche geistige und emotionale Reife der Brautleute wird<br />

gewöhnlich als Grund angeführt, weshalb das Verhältnis von Ehemann und Ehefrau distanziert und<br />

unpersönlich blieb. „Der Altersunterschied zwischen Mann und Frau bedeutete, dass die kindliche<br />

Ehefrau in ihrer geistig-seelischen Entwicklung ihrem Mann gänzlich unterlegen war. Ganz<br />

unverhohlen wird dieses Defizit als Vorzug gewertet und die Formbarkeit der jungen Frau als Tugend<br />

herausgestrichen“, resümiert etwa C. Reinsberg. 8 Es finden sich in den Quellen durchaus<br />

4 Hes. erg. 697: „Aber die Frau sei vier Jahre mannbar, im fünften sei Hochzeit.“<br />

5 Xen. oik. 7, 5; Demosth. or. 28, 15 f.; 29, 43: In etwa dasselbe Alter war für die Verheiratung der Tochter des<br />

Demosthenes vorgesehen, die bereits mit 5 Jahren testamentarisch einem Mann versprochen wurde; s. auch Harrison<br />

1968, 6 f.<br />

6 Plat. Pol. 460e; ders. leg. 785b; Aristot. Pol. 7, 16.<br />

7 Sol. 27, 9 f. West = /19, 9 f. Diehl; P. E. Slater, The Greek Family in History and Myth, Arethusa 7, 1974, 10 f. 24 ff. 40:<br />

Die Psychoanalyse begründet diese Konstellation einerseits mit der Furcht des Mannes vor reifen Frauen, die ihn folglich<br />

veranlasst, sich für ihn weniger bedrohlichen und sexuell noch inaktiven Mädchen zuzuwenden, andererseits mit der<br />

Überlegenheit, die der Mann schon allein aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seiner reicheren Erfahrung auch in<br />

sexuellen Belangen auskosten kann.<br />

8 Reinsberg 1993, 41 f.; s. auch Pomeroy 1985, 112.<br />

S e i t e | 15


Bestätigungen, dass ein Mann einen Vorteil darin sah, seine jugendliche Gattin nach seinen Wünschen<br />

formen und erziehen zu können. 9 Auf der anderen Seite lernen wir etwa in den „Ekklesiazusen“ des<br />

Aristophanes in Person der Praxagora eine junge Frau kennen, die ihren älteren Ehemann fintenreich<br />

um den Finger wickelt. Und wie schon Xenophon im „Oikonomikos“ Ischomachos zu seiner Ehefrau<br />

sagen lässt, erarbeitet sich eine Frau durch Strebsamkeit und Fleiß ihren Platz im Oikos und die<br />

Achtung ihres Mannes, bis sie sich letzten Endes gar ihm selbst als überlegen erweist. 10<br />

Eine einleuchtende Erklärung für die späte Heirat der Männer liegt in ihrer langwierigen Erziehung.<br />

Militärisches Training und eine vielseitige Ausbildung in Rhetorik, Philosophie, Sport und Musik<br />

zielten auf einen universellen Polisbürger ab. Die politische Mündigkeit, d. h. die Berechtigung, ein<br />

Amt der Polis zu bekleiden, fiel zeitlich wohl in etwa mit der finanziellen Unabhängigkeit zusammen,<br />

die der junge Mann meist erst nach dem Tod seines Vaters erreichte oder dann, wenn dieser ob seines<br />

hohen Alters ihm freiwillig die Verwaltung des Oikos überließ. 11 Vorher war der athenische Sohn in<br />

der Regel nicht in der Lage, eine eigene Familie zu unterhalten.<br />

Die frühzeitige Verheiratung der athenischen Töchter erschien vor allem aus zwei Gründen ratsam.<br />

Junge Frauen wurden bis zu ihrer Heirat wohl unter strenger Aufsicht gehalten. 12 Das Erwachen der<br />

weiblichen Sexualität mit dem Beginn der Pubertät wurde als gefährlich empfunden. Ein Ehemann<br />

diente dazu, diese Sexualität gesellschaftlich zu sanktionieren, zu kontrollieren und sie durch das<br />

Zeugen von Kindern gleichzeitig in den Dienst von Staat und Familie zu stellen. 13 Ein weiterer Grund<br />

für die zeitige Verheiratung der Frau in der Antike könnte die niedrige Lebenserwartung der älteren<br />

Generation gewesen sein. Dem Vater einer erwachsenen Tochter dürfte daran gelegen gewesen sein,<br />

sie noch zu seinen Lebzeiten versorgt zu wissen. 14 Der Wunsch, noch die eigenen Enkel aufwachsen<br />

zu sehen, hatte Mantis veranlasst, seinen Sohn bereits mit 18 Jahren zu verheiraten, so dass aus<br />

bestimmten Gründen manchmal auch Männer ungewöhnlich früh in den Stand der Ehe traten. 15<br />

9 z. B. Hes. erg. 698; Aristot. oec. I, 1343a: „Das heißt aber, dass man die Frau zu dem Wesen formt, das sie sein muss.“<br />

Ebenda I, 1344a; Xen. oik. 3, 12; Demokr. fr. 110; Men. fr. 702 K; derartige Quellenaussagen wurden häufig<br />

herangezogen, um die These vom bewusstem dumm Halten der Frauen zu stützen, s. Keuls 1985, 104; Reuthner 2006,<br />

120–122.<br />

10 Xen. oik. 7, 41–43.<br />

11 Lacey 1983, 109; Hartmann 2002, 100 f.<br />

12 Xen. oik. 7, 5: Ischomachos´ Braut, die vor ihrer Heirat möglichst wenig gesehen und gehört hat; Peschel 1987, 12;<br />

Reinsberg 1993, 137.<br />

13 So auch schon J. L. Sebesta, Visions of Gleaming Textiles and a Clay Core: Textiles, Greek Women, and Pandora, in: H.<br />

P. Foley (Hrsg.), Reflections of Women in Antiquity (London 1981) 127.<br />

14 s. z. B. Demosth. or. 27, 4–5; Hartmann 2002, 83 erkennt darin auch den Grund, warum die Engye zwischen Vater und<br />

Bräutigam manchmal vereinbart wurde, obwohl die Tochter noch weit von der Pubertät entfernt war.<br />

15 Demosth. or. 40, 12.<br />

S e i t e | 16


1. 2. Der Zweck der Ehe<br />

“Marriage serves largely as an instrument for the extraction of the services normally rendered by<br />

female to male: sexual satisfaction, childbearing, and cheap labor.” 16 Dieses plakative Urteil von E.<br />

Keuls, das die antike griechische Ehefrau rein auf ihre Funktionalität reduziert, zeigt drastisch, wie<br />

fremd uns das Konzept der Zweckehe geworden ist und wie sehr sich mancherorts das Bild der<br />

benutzten und rechtlosen Frau festgesetzt hat. Wir sind heute kaum mehr in der Lage, die Vorteile und<br />

Gründe für eine arrangierte Heirat anzuerkennen. Welchen Nutzen sah die antike Gesellschaft in der<br />

Ehe, was war ihre Grundlage? Ist die Athenerin in klassischer Zeit tatsächlich nur Gebärerin und<br />

ausgebeutete Arbeitskraft im Haus ihres Ehemannes, wie uns E. Keuls suggerieren will? Obgleich<br />

auch C. Reinsberg zu einer äußerst nüchternen Definition der Institution Ehe gelangt, ist ihre<br />

Schlussfolgerung weitaus treffender, da sie ihre Erkenntnis aus dem Studium der Quellen bezieht,<br />

ohne sich zu subjektiven Bewertungen verleiten zu lassen. "Die Voraussetzungen und Ziele dieser<br />

Lebensgemeinschaft sind ökonomischer und sozialer Art. Es geht um den Fortbestand der Familie,<br />

nicht zuletzt wegen der Alterssicherung, und um die optimale Bewirtschaftung des Besitzes." 17 Die<br />

entsprechende antike Textpassage, die zur Frau und ihren Aufgaben im Haus Stellung nimmt, stammt<br />

aus dem „Oikonomikos“ des Xenophon:<br />

„Denn mir scheinen, Frau, habe er gesagt, die Götter dieses Paar, das Mann und Frau<br />

genannt wird, mit größter Umsicht zusammengefügt zu haben, damit es sich selbst<br />

möglichst nützlich sei bei seinem gemeinsamen Leben. Erstens nämlich ist dieses Paar dazu<br />

bestimmt, miteinander Kinder zu zeugen, damit die Gattungen nicht aussterben; sodann<br />

wird aus dieser Verbindung – wenigstens bei den Menschen – erreicht, Pfleger für das<br />

eigene Alter zu haben; schließlich leben die Menschen nicht wie das Vieh unter freiem<br />

Himmel, sondern brauchen offensichtlich Behausungen. Die Menschen, die etwas haben<br />

wollen, was sie unter Dach und Fach bringen können, brauchen natürlich Arbeitskräfte für<br />

die Arbeiten auf dem Felde. Denn Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzen und Viehhüten –<br />

all das sind Arbeiten im Freien, und aus ihnen entstehen die Mittel zum Leben. Wenn sie<br />

unter Dach und Fach gebracht sind, wird wieder jemand gebraucht, der sie aufbewahrt und<br />

der die Arbeiten verrichtet, die im Haus zu erledigen sind.“ (Xen. oik. 7, 18-21)<br />

Xenophons Erklärung für die Lebensgemeinschaft zweier Menschen ist eine nüchterne, auf Fakten<br />

reduzierte, rationale Annäherung, die versucht, vorgefundene Lebensverhältnisse auf philosophischem<br />

Wege zu ergründen. Seiner Meinung hat es die Natur so gefügt, dass Männer und Frauen jeweilige<br />

Fähigkeiten besitzen, einen Haushalt führen und eine Familie gründen. Ein Urteil über die Frau wird<br />

hierbei zunächst nicht gefällt.<br />

16 Keuls 1985, 98.<br />

17 Reinsberg 1993, 35; vgl. Plat. leg. 772d.<br />

S e i t e | 17


S e i t e | 18<br />

1. 3. Die Wahl des Partners<br />

Die Auswahlkriterien bei der Suche nach dem Lebenspartner orientierten sich mehrheitlich an<br />

praktischen Gesichtspunkten. Romantische Liebe dürfte kaum eine Rolle gespielt haben, da Braut und<br />

Bräutigam einander entweder nicht oder kaum kannten. Die Engye, die vorrangig dazu diente, dem<br />

Bräutigam die legitime Herkunft seiner Braut zu garantieren 18 und die Höhe der Mitgift 19<br />

festzusetzen, wurde zwischen dem Brautvater und dem Bräutigam vereinbart. Die Verheiratung und<br />

Versorgung der Tochter durch ihre Eltern oder einen nahen Verwandten war, wie uns die nächste<br />

Quelle zeigt, eine Angelegenheit, die gut bedacht werden wollte:<br />

"[...] we are dealing with no light affairs, but are entrusting the lives of our sister and<br />

daughters, for whom we seek the greatest possible security.” (Demosth. or. 30, 21)<br />

Vermögen, Stellung, Prestige, Herkunft und Charakter waren Kriterien, die bei der Entscheidung für<br />

den richtigen Lebenspartner abgewogen wurden. 20 Bei Platon heißt es, dass Charakter und<br />

Lebensführung des Bräutigams vom Vater der Braut sorgsam geprüft werden. 21 Und auch noch zu<br />

Beginn der hellenistischen Epoche verspricht Chaireas in Menanders „Menschenfeind“ dem verliebten<br />

Sostratos, Auskünfte bezüglich des familiären und sozialen Hintergrundes seiner auserkorenen Braut<br />

einzuholen:<br />

„Spricht mir nun wer von Heirat, edlem Mädchentum?<br />

Ich frag, im Gegensatz zu sonst, wer ist sie denn?<br />

Charakter? Lebenswandel?“ (Men. Dysk. 64-66)<br />

Gleichzeitig wird es jedoch ebenso wahr sein, dass von Seiten des Bräutigams die Brautwahl in vielen<br />

Fällen von den Lockungen einer stattlichen Mitgift diktiert wurde. Die Klagen der betroffenen<br />

Männer, die aufgrund einer königlichen Mitgift die unmöglichsten Frauen in Kauf nahmen, hallen zur<br />

Genüge in den antiken Quellen wider. 22 In den „Wolken“ des Aristophanes schimpft Strepsiades<br />

wortreich über seine hochnäsige Gattin, die als Abkömmling eines alten attischen Geschlechts dem<br />

18 Harrison 1968, 2–9; Mossé 1983, 51 f.; Just 1989, 45–50; C. B. Patterson, Marriage and the Married Woman in Athenian<br />

Law, in: S. Pomeroy (Hrsg.), Women´s History and Ancient History (1991) 49–52; Reinsberg 1993, 32 f. 37; Hartmann<br />

2002, 80–83; s. auch Plat. leg. 774e; Hdt. 6, 130; Men. Pk. 1012–1015.<br />

19 Harrison 1968, 45–60; Lacey 1983, 111 f.; Just 1989, 48. Die Übereinkunft bezüglich der Mitgift war zwar meist Teil der<br />

Vereinbarung der Engye, scheint jedoch kein gesetzlich festgeschriebener Bestandteil gewesen zu sein, wie uns der Fall<br />

Lys. 19, 14–15 zeigt. Andererseits scheint sie eine soziale Forderung gewesen zu sein, wenn man bedenkt, dass arme<br />

Töchter vom Staat mit einer Mitgift ausgestattet wurden; s. z. B. Mossé 1983, 53: “Doter largement sa fille était une<br />

preuve d´ honorabilité.” Es gehörte also zu den Pflichten eines Vaters oder Bruders, die Töchter mit einer Mitgift<br />

auszustatten; s. auch Demosth. or. 30, 12 f.; Plut. Arist. 27: Ausgerechnet Aristides, der große Staatsmann und Wohltäter,<br />

ließ nach seinem Tode seine beiden Töchter mittellos zurück.<br />

20 E. Cantarella, Pandora´ Daughters. The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore 1987) 26;<br />

C. A. Cox, Household Interests (Princeton1998) 70.<br />

21 Plat. leg. 924d.<br />

22 Thgn. 183–192; Men. fr. 333 K.


Bauern aus einfachen Verhältnissen das Leben schwer macht. 23 In einer Gerichtsrede des Lysias<br />

betont der Sprecher ausdrücklich, dass auch schon sein Vater die Achtbarkeit der Familie und ihr<br />

politisches Prestige höher schätzte als die Summe der Mitgift. 24 Die Mitgift war jedoch nicht nur dazu<br />

angetan, den Wohlstand des Ehemannes zu mehren, sondern diente zuallererst der Versorgung der<br />

Ehefrau. 25 Wurde die Ehe beendet, musste sie an den nächsten Verwandten der Frau zurückerstattet<br />

werden. 26 Die Höhe der Mitgift mag sich durchaus auf die Stellung der Braut im neuen Oikos positiv<br />

ausgewirkt haben. 27 War ein Mann auf die Mitgift seiner Frau angewiesen, hatte er ein besonderes<br />

Interesse daran, die Ehe aufrechtzuerhalten. Umgekehrt war die finanzielle Liquidität des Bräutigams<br />

sicherlich auch der Familie der Braut nicht unwillkommen. Bereits Theognis beklagt, dass die edle<br />

Abkunft auf beiden Seiten zunehmend weniger zählt als der Besitz. 28 Es war natürlich im Interesse der<br />

Eltern gelegen, für ihre Tochter einen Ehemann zu finden, der über ausreichend Möglichkeiten<br />

verfügte, diese angemessen zu versorgen. In einem Komödienfragment des 4. Jhs. v. Chr. veranlasst<br />

die Verschuldung eines Ehemannes den Schwiegervater, sich nach einem besser situierten Ehemann<br />

für seine Tochter umzusehen. 29<br />

23 Aristoph. Nub. 41–55.<br />

24 Lys. 19, 13–17; im gleichen Sinne rät Plat. leg. 773a dem Mann, „einer Ehe mit Armen nicht aus dem Weg zu gehen und<br />

einer Heirat mit Reichen nicht besonders nachzujagen, sondern, falls im übrigen Gleichheit besteht, immer die ärmlichere<br />

Partie vorzuziehen, wenn du eine Verbindung eingehst.“<br />

25 Harrison 1968, 55–57; J.-P. Vernant, Mythos und Gesellschaft im alten Griechenland (Frankfurt a. M. 1987) 52; L.<br />

Foxhall, Household, Gender and Property in Classical Athens, ClQ 39, 1989, 29; Just 1989, 73 f.; Xen. oik. 7, 13: Die<br />

Bemerkung des Ischomachos zur Gütergemeinschaft ist etwas irreführend. Er möchte den Eindruck einer<br />

uneingeschränkten und gleichberechtigten Partnerschaft erwecken, der hier störende Gedanke an Zurückerstattung der<br />

Mitgift im Falle einer Scheidung wird unterdrückt.<br />

26 z. B. Mossé 1983, 53: Die Mitgift ging in den Besitz der Kinder über, wenn die geschiedene Frau nicht mehr im<br />

heiratsfähigen Alter war; Pomeroy 1985, 95. – Zur Verfügungsgewalt über die Frauen, z. B. V. J. Hunter, Policing<br />

Athens, Social Control in the Attic Lawsuits, 420–320 v. Chr. (Princeton 1994) 15–19; E. Hartmann,<br />

Geschlechterdefinitionen im attischen Recht. Bemerkungen zur kyrieia, in: E. Hartmann – K. Pietner – U. Hartmann<br />

(Hrsg.), Geschlechterdefinitionen und Geschlechtergrenzen in der Antike (Stuttgart 2007) 37–53. 74 f. zieht in Zweifel,<br />

das die kyrieia als Vormundschaft gedacht war, die der Vater, Ehemann etc. lebenslang über die Ehefrau, Tochter etc.<br />

ausübten. Zum kyrios, d. h. rechtlichen Vertreter, wurden männliche Personen für die Frauen bestellt, die keine<br />

männlichen Angehörigen mehr hatten.<br />

27 z. B. Just 1989, 74; L. Foxhall, Household, Gender and Property in Classical Athens, ClQ 39, 1989, 34; C. A. Cox,<br />

Household Interests (Princeton 1998) 70. Ein hervorragendes Beispiel liefert Aristoph. Nub. 41–55. 60–72: Neben der<br />

stattlichen Mitgift, die seine Frau, eine Städterin aus einer der ersten Familien Athens, mit in die Ehe bringt, ist es vor<br />

allem das soziale Gefälle oder auch ihre Dominanz, die dem Bauer Strepsiades eine ungleich schlechtere Position in<br />

seinem Haus verleihen; Aristot. eth. Nic. 1161a: “Zuweilen aber, wenn die Frauen Erbtöchter sind, herrschen sie. Da<br />

entscheidet denn nicht die Tugend über die Gewalt, sondern Reichtum und Macht.“<br />

28 Thgn. 185–188.<br />

29 Gk. Lit. Pap. 34.<br />

S e i t e | 19


S e i t e | 20<br />

1. 4. Die Hochzeitsfeierlichkeiten<br />

Diverse Monographien zur athenischen Hochzeit machen es unnötig, den Ablauf der dreitägigen<br />

Feierlichkeiten in aller Ausführlichkeit auszubreiten. 30<br />

Der Hochzeit voraus ging die Engye, bei der es sich nach E. Hartmann um die Bestätigung der<br />

legitimen Abstammung der Braut durch ihren Vater handelte, die für die Anerkennung der Ehe als<br />

Zusammenschluss zweier Bürger vonnöten war. 31 Die Engye selbst hat keine juristisch bindende<br />

Funktion, sie ist keine Garantie für den Vollzug der Verheiratung. 32<br />

Die Riten am Tag der eigentlichen Hochzeit, am Tag nach den Proaulia, begannen mit dem Einholen<br />

des Hochzeitswassers. In Loutrophoren wurde frisches Quellwasser aus der Eneakrounos geschöpft<br />

und zum Reinigen des Brautpaares verwendet. 33 Obwohl das Bad des Bräutigams uns nur ein einziges<br />

Mal auf einer Vasendarstellung erhalten ist 34 , war es für ihn wohl ebenso verpflichtend wie für die<br />

Braut, deren Waschung sicherlich nicht zufällig an Szenen der Aphrodite erinnert. Nach der<br />

Schmückung der Braut, die mit Sorgfalt und großem Aufwand exerziert wurde, fand das Bankett statt.<br />

Am Ende des Tages machte sich, wenn man den Vasenbildern Glauben schenken darf, ein von Musik<br />

begleiteter Prozessionszug daran, Bräutigam und Braut in ihr neues Heim zu geleiten. In ihrem neuen<br />

Zuhause angekommen wurde die Braut eventuell von den Eltern des Bräutigams willkommen<br />

geheißen. Riten wie das Umschreiten des Herdes und das Verstreuen von Nüssen, Datteln und Feigen<br />

waren Ausdruck ihrer neuen Stellung als Herrin des Haushaltes und der Hoffnung auf Fruchtbarkeit<br />

und Blüte des Hauses. 35 Die Hochzeitsnacht des Paares wurde begleitet von Hochzeits- und<br />

Spottgesängen. Am Tag danach, den Epaulia, empfingen Braut und Bräutigam Freunde und<br />

Verwandte und nahmen Geschenke entgegen.<br />

30 RE VIII (1913) 2129–2133 s. v. Hochzeit (Heckenbach); F. F. Fink, Hochzeitsszenen auf attischen schwarz- und<br />

rotfigurigen Vasen (Diss. Wien 1974); Oakley – Sinos 1993; C. Leduc, Heirat im antiken Griechenland (9.–4.<br />

Jahrhundert v. Chr.), in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 263–320; A.-<br />

M. Vérilhac – C. Vial, Le mariage grec du VIe siècle av. J.-C. à l´epoche d´Auguste (Athen 1998); Winkler 1999, 110–<br />

119; Hartmann 2002, 76–97.<br />

31 Hartmann 2002, 79–84.<br />

32 J.-P. Vernant, Mythos und Gesellschaft im antiken Griechenland (Frankfurt a. M. 1987) 51 f.<br />

33 z. B. Thuk. 2, 15, 5. Das antike Quellenmaterial in Zusammenstellung und Übersetzung bei Winkler 1999, 16–20; dies.<br />

21 f. 92–109 unterscheidet zwischen dem Brautbad, einem kultisches Bad am ersten Tag der Hochzeit, dessen Wasser<br />

aus einer Hydria gegossen wird, und dem Hochzeitsbad. Bei letzterem wird am zweiten Tag der Hochzeit eine rituelle<br />

Waschung oder Besprengung mit dem Wasser (im Thalamos?) vorgenommen, das in die Loutrophoros abgefüllt wurde. –<br />

Zur Bedeutung des rituellen Hochzeitsbades, s. Kreilinger 2007, 127 Anm. 801; 134f. 140–144.<br />

34 Hydria des Leningrad-Malers, Warschau, Nat. Mus. 142290: Winkler 1999, 94.<br />

35 Zum Brauch der Katachysmata, s. Sutton 1981, 197–200; A.-M. Vérilhac – C. Vial, Le mariage grec du VIe siècle av. J.-<br />

C. à l´epoche d´Auguste (Athen 1998) 335–348; Oakley – Sinos 1993, 34. – bildliche Umsetzung: vgl. Loutrophorosfrg.,<br />

Boston, Mus. of Fine Arts 10.223, hier V/10.


1. 5. Die Hochzeit in der Bildkunst der attisch rotfigurigen Keramik<br />

Die Hochzeit wird oft als das einschneidendste Ereignis im Leben der griechischen Frau<br />

herausgestellt. 36 So kann es kaum verwundern, dass uns heute noch eine derart große Menge an<br />

Hochzeitsdarstellungen auf Vasen überliefert ist, die uns mitsamt der dazu erhaltenen schriftlichen<br />

Quellen eine gute Vorstellung von den antiken Sitten und Gebräuchen geben können. 37<br />

Einen hohen Prozentsatz der Hochzeitsdarstellungen nehmen zunächst die Prozessionsszenen ein, in<br />

denen der Bräutigam seine junge Braut nach der Hochzeit in sein Heim überführt. Die früheste<br />

Darstellung einer solchen Hochzeitsprozession befindet sich auf dem Francois-Krater in Florenz 38 , der<br />

u. a. mit der Hochzeit des Peleus und der Thetis geschmückt ist. Die Ikonographie der mythischen<br />

Hochzeitsszenen wird später dann auch für die Feierlichkeiten der Sterblichen verbindlich. Von den<br />

vielen anderen rituellen Vorgängen, die zum Ablauf der dreitägigen Hochzeitsfeier gehörten, wurden<br />

neben den Hochzeitsprozessionen vorrangig das Schmücken der Braut und das Überreichen der<br />

Hochzeitsgeschenke, die Epaulia, ins Bild gesetzt, seltener das Einholen des Hochzeitswassers oder<br />

das Hochzeitsbad selbst. Die verwendeten Formeln sind früh standardisiert, so dass hier jeweils ein<br />

Beispiel genügen soll, um die Form- und Bildsprache der Hochzeitsdarstellungen zu erläutern. Wir<br />

werden im Laufe der Arbeit jedoch noch häufiger auf die hochzeitliche Ikonographie zurückgreifen.<br />

1. 5. 1. Hochzeitsprozessionen<br />

Eine Loutrophoros in Boston I/1 (Taf. 1 Abb. 1–4). ist eine der reizvollsten Umsetzungen einer<br />

Hochzeitsprozession. Der Bräutigam führt seine mit einem Schleier und einem Diadem festlich<br />

geschmückte Braut an der Hand heim; ihr Kopf wird von zwei kleinen Eroten umschwirrt. Das Paar ist<br />

umgeben von Festteilnehmern; eine Frau nestelt am Gewand der Braut, ein Gestus, wie er häufig mit<br />

der Nympheutria in Verbindung gebracht wird. Der Zielpunkt der Prozession ist durch eine<br />

zweiflügelige, halb geöffnete Tür angedeutet, die den Blick auf das dahinter befindliche Hochzeitsbett<br />

freigibt. Die Tür wird links flankiert von einer Fackelträgerin, die zum festen Repertoire der<br />

Hochzeitsszenen gehört, rechts von einer Frau, deren ausgebreitete erhobene Arme das Paar<br />

willkommen zu heißen scheinen oder doch zumindest kompositorisch auf das sich nähernde Brautpaar<br />

verweisen. Die Szenerie wird durch weitere Personen vor allem weiblichen Geschlechts<br />

vervollständigt, die ein Kästchen, ein Exaleiptron 39 und eine Schale bringen, die entweder Geschenke<br />

darstellen oder bei bestimmten rituellen Handlungen verwendet wurden. Die Handreichung eines<br />

bärtigen Mannes und eines Jünglings wird als die einzige bildliche Darstellung des Engye-Vertrages<br />

zwischen dem Brautvater und dem Bräutigam interpretiert (Taf. 1 Abb. 4). 40<br />

36 z. B. C. Bérard – J.-P. Vernant (Hrsg.), Die Bilderwelt der Griechen (Mainz 1985) 139.<br />

37 Sutton 1981, 147 ff.; Oakley – Sinos 1993; J. H. Oakley, Hochzeitliche Nuancen: Hochzeitliche Bildelemente in nicht-<br />

hochzeitlichen mythologischen Szenen, in: Reeder 1995, 63–73.<br />

38 Florenz, Mus. Arch. 4209: J. Boardman, Schwarzfigurige Vasen aus Athen 4 (Mainz 1994) Abb 46.5.<br />

39 Behälter für Duftöle oder Reinigungssubstanzen im Rahmen der Hochzeitsvorbereitung, s. Winkler 1999, 15.<br />

40 Mösch-Klingele 2006, 81 f. bevorzugt hier eine Deutung als „Kriegers Abschied“ und weist der Bostoner Loutrophoros<br />

eine sepulkrale Verwendung zu.<br />

S e i t e | 21


Das Vasenbild reiht mehrere Aspekte der Hochzeit in loser Ordnung aneinander. Ausgangspunkt ist<br />

die Ekdosis, die Übersiedlung der Ehefrau von ihrem väterlichen Oikos in den Haushalt ihres<br />

Ehemanns. 41 Die Engye-Szene, die zeitlich lange vor der eigentlichen Hochzeit stattgefunden hat,<br />

betont die Gesetzmäßigkeit der Heirat und die Legitimität der Nachkommenschaft, die für den<br />

Bürgerstatus notwendig sind. Durch die Darstellung der Kline bietet der Vasenmaler gleichzeitig einen<br />

Ausblick auf die Hochzeitsnacht, die den Vollzug der Hochzeit letztendlich besiegelt. Das<br />

gemeinsame Lager spielt daneben auch für die Ehe selbst eine Rolle, da das Zeugen von Kindern als<br />

konstituierend für eine gültige und glückliche Ehegemeinschaft angesehen wurde. 42 Die Attraktivität<br />

der Braut wird durch die Eroten akzentuiert.<br />

S e i t e | 22<br />

1. 5. 2. Die Schmückung der Braut<br />

Ein Lebes Gamikos in Athen I/2 (Taf. 1 Abb. 5) soll exemplarisch für die Gruppe der<br />

Brautschmückungsszenen stehen. Die Hauptperson ist eine im Zentrum sitzende Frau, die sich mit<br />

Hilfe eines Eros ein Haarband im Haar befestigt. Die hinter ihr stehende Frau hat den Ellbogen auf die<br />

Stuhllehne gestützt und begutachtet das Ergebnis, wobei sie nachdenklich ihre Hand an das Kinn führt.<br />

Die anderen anwesenden Frauen bringen Kästchen, Bänder und Gefäße, die entweder für die<br />

Prozeduren der Toilette herangezogen werden oder zugleich einen anderen Aspekt des attischen<br />

Hochzeitsfestes aufgreifen: die Epaulia. Der Vasenmaler bediente sich im Grunde des bekannten<br />

Ambientes des Frauengemaches. Nur die Form des bemalten Gefäßes, ein Lebes Gamikos, die<br />

Loutrophoros in den Händen einer Helferin und die assistierenden Eroten setzen die Darstellung in<br />

einen hochzeitlichen Kontext.<br />

Es ist bezeichnend, dass im Laufe der Klassik die Frauengemachsszenen mit denen der<br />

Brautschmückung zu verschmelzen beginnen. 43 In vielen Fällen ist eine sichere Unterscheidung<br />

letztlich unmöglich. Denn während sich die Frauen Anfang des 5. Jhs. v. Chr. noch mit konkreten<br />

Tätigkeiten des Haushalts beschäftigen wie dem Verarbeiten von Wolle, geht die Tendenz schließlich<br />

schrittweise dahin, Werkzeuge bzw. Geräte des Alltags den Frauen rein attributiv beizugeben. 44 Dies<br />

geht einher mit der Entwicklung, die Frauen als genießerische und schöne Wesen bei der<br />

41 Hartmann 2002, 88 macht darauf aufmerksam, dass der Begriff der Ekdosis für die Heimführungsszenen nicht korrekt ist.<br />

„Denn das Substantiv ekdosis und das entsprechende Verb ekdidomi bezeichnen lediglich die Bereitschaft des jeweiligen<br />

Vormundes einer Frau, diese an einen anderen Mann zu übergeben, mit der Option, die Frau wieder zurückzunehmen,<br />

falls es ihr Vormund für notwendig hält." Da er sich in der archäologischen Literatur etabliert hat, wird er hier weiterhin<br />

verwendet.<br />

42 Wenn das telos der Ehe, das Zeugen von Kindern, nicht erfüllt wurde, hatte der Ehemann das Recht sich von seiner Frau<br />

zu trennen. Die Ehe galt dann trotz des Sexualakts als nicht ordnungsgemäß vollzogen, s. auch Kreilinger 2007, 56 f. zum<br />

Begriff der Nymphe. Kinderlosigkeit war in der an Besitz orientierten Gesellschaft Athens mit ihren kompromisslosen<br />

Erbgesetzen durchaus ein gewichtiges Problem, das viele kinderlose Männer bewogen haben dürfte, sich nach einer<br />

neuen Ehefrau umzutun. Dabei wurde die Schuld am Nachwuchsmangel zumeist den Frauen und ihrer biologischen<br />

Dysfunktion zugeschoben. Eine Ausnahme wird bei Is. 2, 6–9 geschildert: hier ist die Zeugungsunfähigkeit des Menekles<br />

der Trennungsgrund.<br />

43 z. B. Götte 1957, 35–37.<br />

44 Vidale 2002, 480–485.


Schönheitspflege darzustellen, wobei Attribute wie der Wollkorb nur noch vage an ihren<br />

Aufenthaltsort und ihre Rolle als Hausfrau erinnern. Dieses Konzept veranschaulicht ein<br />

Lekanisdeckel in St. Petersburg I/3 (Taf. 1 Abb. 6) auf nachdrückliche Weise. Im Oikos herrscht<br />

emsige Betriebsamkeit; Frauen hantieren mit Objekten wie Kästchen, Bändern, Spiegeln und Gefäßen,<br />

sind umringt von Möbelstücken und Vögeln. Da sich unter den Gefäßen auch eine Loutrophoros<br />

befindet, die zusammen mit dem vor einer Frau mit nacktem Oberkörper knieenden Eros einen<br />

hochzeitlichen Rahmen vermuten lässt, handelt es sich wohl nicht um eine einfache Oikosszene. 45<br />

1. 5. 3. Die hochzeitliche Ikonographie<br />

Anhand beider diskutierter Beispiele wird deutlich, dass die Hochzeitsdarstellungen zwar im Kern auf<br />

realistischen, rituellen Prozeduren basieren, die Vorstellung von der Ehe, die dabei vermittelt wird,<br />

aber stark von ideologisierenden Tendenzen beeinflusst wird. 46 Die Schönheit der Braut wird ebenso<br />

betont wie die harmonische Verbindung von Mann und Frau in der Ehe, die in der Zeugung von<br />

Nachkommen ihre Erfüllung finden soll. 47<br />

Eine solche positive Auswertung der hochzeitlichen Ikonographie wird allerdings nicht von allen<br />

geteilt. Noch in jüngster Zeit wurde z. T. im Sinne eines männlichen aktiven und eines weiblichen<br />

passiven Rollenverständnisses behauptet: “Throughout the wedding the Greek bride was pulled, led,<br />

carried, covered, and exposed in a series of rites that rendered her little more than an object to be<br />

controlled and viewed.” 48 Diese postulierte Passivität und Objekthaftigkeit der Braut wurde von L.<br />

Llewellyn-Jones auf die Vasendarstellungen übertragen (Taf. 2 Abb. 1). 49 Auch der Schleier, vom<br />

selben Autor anfänglich noch als Zeichen von Aidos und Sophrosyne verstanden und positiv<br />

45 Mösch-Klingele 2006, 69 f. Nr. 82 Abb. 36.<br />

46 Als eine Art bewusste Schönfärberei interpretiert sie S. Moraw, Bilder, die lügen: Hochzeit, Tieropfer und Sklaverei in<br />

der klassischen Kunst, in: Fischer – Moraw 2005, 84: „Thematisiert werden auf diesen Hochzeitsbildern also die<br />

angenehmen Aspekte von Hochzeit und Eheleben: Geschenke, Schönheitspflege, Schmuck, die Braut als Herrin des<br />

Oikos, Mutterglück und ein jugendlich anmutiger Bräutigam. Die weniger erfreulichen Seiten werden hingegen<br />

ausgeklammert.“; Heinrich 2006, 77.<br />

47 So auch Sutton 1981, 173.<br />

48 Llewellyn-Jones 2003, 243 f.; s. auch Reinsberg 1993, 72: „Die Frau ist hier stets – und dies gilt nicht generell für<br />

Frauenbilder – das passive, geführte, angeleitete oder in sonst einer Weise manipulierte Objekt des Mannes.“<br />

49 Als Veranschaulichungsbeispiel dient Llewellyn-Jones die Loutrophoros, Berlin, Antikensammlung F 2372 auf der der<br />

Bräutigam seine Braut auf den Wagen hebt, hier Kat. Nr. I/4; Reeder 1995, 172 findet für die „Leblosigkeit und<br />

Passivität“ der Braut jedoch eine plausible Erklärung im Bildinhalt selbst, so dass diese gestalterische Eigenheit<br />

keinesfalls als Merkmal der gesamten Hochzeitsikonographie gelten darf. In erster Linie hat die bärtige Gestalt mit<br />

Zepter, die ihrer Aussage nach ein königliches Erscheinungsbild besitzt, die Autorin bewogen, die Szene als mythische<br />

Begebenheit, nämlich als Hochzeit des Epimetheus mit Pandora zu deuten. Die „Brettartigkeit“ der Braut wäre dann ein<br />

Zugeständnis an ihre „künstliche“ Erschaffung aus Ton und Wasser. Bei dem Motiv des in-den-Wagen-Hebens handelt<br />

es sich m. M. um eine standardisierte ikonographische Formel. Gewisse künstlerische Defizite, die man hier vielleicht<br />

hinsichtlich einer naturalistischen Darstellung postulieren möchte, müssen keineswegs eine Auswirkung auf die<br />

inhaltliche Bildaussage haben.<br />

S e i t e | 23


konnotiert 50 , wird plötzlich zum Symbol der Unterlegenheit und Passivität. „The inability of control<br />

access to her own face was perhaps the most degrading (and possibly frightening) event of the<br />

marriage ritual because a woman´s capacity to veil herself gave her some modicum of personal<br />

expression and control.” 51 Die kulturellen Ursprünge des Ver- und Entschleierns während der<br />

Hochzeit seien dahingestellt, es ist jedoch kaum sinnvoll, diese Interpretation der unterdrückten und<br />

gedemütigten Braut auf die Vasenbilder zu übertragen! Man muss bedenken, dass Gefäße mit solchen<br />

Hochzeitsszenen dem Brautpaar zuweilen geschenkt wurden. 52 Eine Sichtweise, wie sie L. Llewellyn-<br />

Jones vorschlägt, wäre in dieser Situation höchst unpassend.<br />

Als Beleg für die Objekthaftigkeit der Braut wird des Weiteren zumeist auch der Cheir epi karpo-<br />

Gestus angeführt, der in der Regel als Besitzergreifungsgestus gedeutet wird, der die<br />

Verfügungsgewalt des Ehemannes als Kyrios über seine junge Frau symbolisiert. 53 Dieses<br />

soziologisch-rechtliche Resümee der antiken Ehe mag durchaus mit dem übereinstimmen, was wir<br />

über die Geschlechterhierarchie in Griechenland im Allgemeinen wissen, dennoch ist es der<br />

ikonographischen Tradition unübersehbar daran gelegen, eine ideale Sicht auf die Eheschließung zu<br />

propagieren. Das Umblicken des Bräutigams, keinesfalls eine kompositorische Notwendigkeit, stellt<br />

persönlichen Kontakt her und drückt ein gewisses Maß an Verbundenheit aus, das die harsche Geste<br />

des cheir epi karpo bedeutsam abmildert. 54 F. Lissarague sieht darin das Walten der Peitho angedeutet,<br />

durch welches der Bräutigam für seine Braut empfänglich gestimmt wird. 55 Auf einigen Vasenbildern<br />

ist zu beobachten, dass der dominant anmutende Griff um das Handgelenk der Braut abgewandelt<br />

wird. Auf einer Loutrophoros in Oxford V/8 (Taf. 24 Abb. 1) etwa scheint der Bräutigam eher die<br />

Hand seiner Braut halten.<br />

Es dürfte schon nach dieser knappen Betrachtung deutlich geworden sein, dass archäologische Bilder<br />

und literarische Quellen unterschiedliche Tendenzen aufweisen. 56 Die Schriftquellen legen die<br />

Betonung sachlich auf die Gründung einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die den Kern jedes<br />

Oikos bildet, ferner auf die Fortpflanzung, die zur langfristigen Etablierung einer Familie nötig ist.<br />

Beide Ziele werden in den Dienst der Gemeinschaft gestellt. Die Darstellungen der Eheschließung auf<br />

50 Llewellyn-Jones 2003, 156 ff. – Zur Verschleierung der Braut als einer Art Übergangsritus, s. D. L. Cairns, The Meaning<br />

of the Veil in Ancient Greek Culture, in: L. Llewellyn-Jones (Hrsg.), Women´s Dress in the Ancient Greek World<br />

(London 2002) 76: “the bride´s veiling certainly conveys messages (first) about her adherence to cultural norms and<br />

(second) about her subjective emotional experience that can be immediately understood in terms of honour, aidos, and<br />

sophrosyne, but it is equally clear that it also constitutes a ritualized enactment of her separation from her old status prior<br />

to the assumption of her new.“<br />

51 Llewellyn-Jones 2003, 247.<br />

52 Lewis 2002, 36: Gefäße mit Hochzeitsszenen werden auch in Heiligtümer geweiht oder funerativ verwendet. All dies<br />

macht eine pejorative Darstellung der Braut unwahrscheinlich.<br />

53 Zur Tradition des Gestus und mit weiterer Literatur, s. Reeder 1995, 127; Sutton 1997, 29. – Zur kyrieia, z. B. V. J.<br />

Hunter, Policing Athens. Social Control in the Attic Lawsuits, 420–320 v. Chr. (Princeton 1994) 9–42; E. Hartmann,<br />

Geschlechterdefinitionen im attischen Recht. Bemerkungen zur kyrieia, in: E. Hartmann – K. Pietner – U. Hartmann<br />

(Hrsg.), Geschlechterdefinitionen und Geschlechtergrenzen in der Antike (Stuttgart 2007) 37–53.<br />

54 Sutton, 1997, 29 f.: “warmer atmosphere with a glance of desire, love, and reassurance”.<br />

55 Sutton 1981, 184; F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.), I<br />

misteri del gineceo (Bari 2000) 204.<br />

56 Sutton 1997, 27.<br />

S e i t e | 24


den griechischen Vasen sind Szenen unbeschwerter Festlichkeit, in deren Mittelpunkt das Brautpaar<br />

steht. Die soziale und kultische Bedeutung der Hochzeit, die Ausführung der Riten und die Gründung<br />

einer neuen Oikosgemeinschaft bleiben stets gegenwärtig. Die hochzeitliche Ikonographie verwendet<br />

daneben jedoch auch viel Mühe darauf, etwa durch den Blick des Bräutigams, den cheir epi karpo-<br />

Gestus oder die Anwesenheit des Eros eine persönliche und emotionale Bindung des Brautpaares zu<br />

implizieren. Insgesamt zielt das Bildprogramm darauf ab, die Attraktivität und das Glück der jungen<br />

Frau zu überhöhen und dadurch ihre Stellung und ihre Rolle als Braut zu romantisieren. 57 Auch das<br />

oftmals durch die Haustür sichtbare Hochzeitslager gehört in diesen Zusammenhang, wenngleich es<br />

nicht unbedingt Ausdruck sexueller Befriedigung und Leidenschaft ist, sondern wohl mehr auf die<br />

Einigkeit des Ehepaares hindeutet und an die Verantwortung erinnert, den Oikos mit Nachwuchs zu<br />

versorgen. 58 Jeder Eindruck erzwungener sexueller Verfügbarkeit oder Hinweis auf die Rechtlosigkeit<br />

der Ehefrau und ihre untergeordnete Rolle wird sorgfältig vermieden.<br />

Eine romantische Verklärung des Hochzeitsfestes wird ab dem späten 5. Jh. v. Chr. nicht nur durch die<br />

Figur des Eros, sondern auch durch weitere Personifikationen und Allegorien erzielt. 59 Das bekannte<br />

Epinetron des Eretria-Malers in Athen I/5 zeigt beispielhaft, welche Kräfte am Vorabend der Hochzeit<br />

am Werke sind. Als Braut erscheint, vor der Tür ihres Schlafgemaches auf ihre Kline gestützt, keine<br />

andere als die tugendsame Alkestis, die von Euripides als Paradebeispiel der aufopferungsvollen<br />

Gattin 60 inszeniert wird (Taf. 2 Abb. 2). Die Hochzeitsvorbereitungen der Harmonia werden begleitet<br />

von Personifikationen und Allegorien wie Eros und Aphrodite, Himeros und Peitho (Taf. 2 Abb. 3). 61<br />

Es handelt sich dabei vor allem um Mächte, die die Anziehungskraft, die Schönheit und nicht zuletzt<br />

die erotische Ausstrahlung der Braut betonen. Wie Eros scheinen sie ihre zerstörerische wilde Kraft<br />

verloren zu haben und sind quasi gebändigt und ehetauglich gemacht. 62 Die Bedeutung des Eros v. a.<br />

im Rahmen zwischenmenschlicher Beziehungen verdient zu einem späteren Zeitpunkt weitere<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Im 4. Jh. v. Chr. wird als Resultat der sozialen und politischen Veränderungen in Folge des<br />

Peloponnesischen Krieges eine allgemeine Aufwertung der Stellung der attischen Frau vermutet, die<br />

sich auch auf die Ehe auswirkte. Sie wandelte sich vom „Wirtschaftsbund“ und „Zeugungsinstitut“<br />

nun hin zur partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft. 63 Tatsächlich wurden zunächst vereinzelt, dann<br />

vermehrt Stimmen laut, die wie z. B. Aristoteles gegenseitige Treue in der Ehe forderten. 64 In<br />

Menanders Komödien sind Liebesheiraten an der Tagesordnung, verzehren sich Liebende, gegen<br />

deren Heirat der Vater opponiert, oder leiden wegen angeblicher Untreue des Partners. In der<br />

57 Sutton 2004, 329; Kreilinger 2007, 14.<br />

58 Diesem Zweck dient auch der pais amphitales, s. Calame 1992, 94 f.<br />

59 Götte 1957, 42 f.; Fantham 1994, 101: “quiet intimacy”; Vidale 2002, 375.<br />

60 Eur. Alk. 150 f. 181 f. 328–333.<br />

61 z. B. Mercati 2003, 60–62.<br />

62 Zu Eros und Himeros gesellen sich in der Vasenmalerei des Reichen Stils nicht selten Allegorien wie Eunomia und<br />

Eukleia, die dafür sorgen, dass die Gemütsäußerungen in geregelten Bahnen verlaufen, s. B. Borg, Der Logos des<br />

Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen griechischen Kunst (München 2002) 200–203.<br />

63 Sutton 1981, 232 f.; Reinsberg 1993, 45.<br />

64 Aristot. oec. I, 1344a; III, 144; Isokr. 3, 40.<br />

S e i t e | 25


Vasenmalerei dagegen findet diese Einstellung offensichtlich bereits in der zweiten Hälfte des 5. Jhs v.<br />

Chr. ihren Niederschlag.<br />

S e i t e | 26


2. Die Frau in der Familie: Hausfrau, Ehefrau und Mutter<br />

2. 1. Vorstellungen zur Ehe in den antiken Schriftquellen<br />

2. 1. 1. Die Ehe aus Sicht des Mannes<br />

Es wurde im ersten Kapitel bereits kurz angesprochen, welche Kriterien für die Auswahl des<br />

Ehepartners von Bedeutung waren. Hier soll nun im Folgenden intensiver die Frage beschäftigen, wie<br />

Ehemann und Ehefrau beschaffen sein sollten und was uns die Quellen im Bezug auf die realen<br />

Verhältnisse tatsächlich verraten. Erst dann werden zum Vergleich die Vasenbilder herangezogen.<br />

Die Ehe ist ein Schicksal, dem die jungen athenischen Töchter in der Regel nicht entkommen konnten.<br />

Dabei wird gerne übersehen, dass die griechische Gesellschaft die Ehe nicht nur der Frau, sondern<br />

auch dem Mann auferlegt hat. Dementsprechend ertönt in den antiken Quellen die Klage über das<br />

Übel des Ehestandes nicht nur aus dem Munde der Frauen, sondern auch aus dem der Männer:<br />

„Ein Übel sind die Weiber! Doch ihr alle wisst,<br />

Mitbürger, dass ohn´ Übel niemand hausen kann.<br />

Heiraten ist von Übel, nicht heiraten auch.“ (Susarion fr. 1) 65<br />

In Hesiods äußerst sachlicher Analyse zu den Vor- und Nachteilen der Ehe sprechen letztendlich vor<br />

allem zwei Argumente für die Ehe: eine Ehefrau übernimmt die Pflege ihres Mannes im Alter und<br />

gebärt Kinder, denen der Hausherr seinen Besitz hinterlassen kann, und die nach seinem Tod sein<br />

Andenken ehren. 66 In „Werke und Tage“ gehört das Weib – verschärft formuliert – zum bäuerlichen<br />

Betrieb wie der Viehbestand, 67 die Ehe zum Lebenszyklus des Mannes wie das Bestellen der Äcker.<br />

Immerhin gesteht Hesiod zu, dass die Tatsache, ob sich die Frau letztlich als Segen oder als Fluch<br />

entpuppt, nicht allein von ihrem Geschlecht, sondern individuell vom Charakter der betreffenden<br />

Person abhängig ist:<br />

„Nimmer kann ja der Mann etwas Besseres als eine gute<br />

Frau sich erbeuten, doch auch nichts Schlimmeres als eine böse,<br />

die aufs Essen nur lauert. Denn ohne Fackel versengt sie<br />

auch noch den stärksten Mann und macht ihn vorzeitig altern.“ (Hes. erg. 701–704)<br />

Einen äußerst lebendigen Eindruck vom Dilemma der Männer verschafft uns Semonides in seinem<br />

„Weiber-Jambus“ über die verschiedenen Arten von Frauen. 68 Wenig schmeichelhaft werden ihre<br />

65 Besonders Athenaios bietet seitenweise Exzerpte ehefeindlicher Aussprüche, so z. B. Athen. XIII 559b. d, wo derjenige<br />

verspottet wird, der so dumm war, ein zweites Mal zu heiraten. Im Übrigen kann man derartige Aphorismen auch bei<br />

Menander lesen, der ansonsten eher die Tendenz zur Romantisierung menschlicher Beziehungen hat, z. B. Men. fr. 40.<br />

66 Hes. theog. 603–607. – Zur Rolle der Frau bei Hesiod, s. Mossé 1983, 96 f.<br />

67 Hes. erg. 405–406.<br />

68 Sem. fr. 7 West. – Zur Einordnung des literarischen Genus´, s. auch P. Kranz, Die Frau in der Bildkunst der griechischen<br />

Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.), Antike Literatur – Mensch, Sprache, Welt, Klassische Sprachen und Literaturen 34<br />

(München 2000) 59 f. – Zur rituellen Beschimpfung anlässlich der Hochzeit, s. L. Schear, Semonides Frg. 9: Wives and<br />

their Husbands, EchosCl N. S. 3, 1984, 39–49.<br />

S e i t e | 27


Wesensarten mit Tieren und den Elementen Erde und Wasser verglichen, wobei die Frauen allesamt<br />

mit Ausnahme der Bienenkönigin für die Männer ein unerträgliches Übel sind. Sie sind entweder<br />

hässlich, schmutzig, über alle Maßen neugierig, faul, launisch, eitel, verfressen, diebisch oder<br />

verschlagen.<br />

Gar nicht gut ergeht es z. B. Strepsiades, der – selber nur ein Bauer – allen Statusgrenzen zum Trotz<br />

eine Frau aus einer alteingesessenen, athenischen Adelsfamilie geehelicht hat. In dieser<br />

unglückseligen Heirat, wie er sie selbst nennt, machen ihm der gehobene Lebensstandard und das<br />

selbstbewusste Auftreten seiner Frau schwer zu schaffen:<br />

S e i t e | 28<br />

„Da nahm ich, Bauer, aus dem Haus Megakles<br />

Megakles´ Nichte, städtisch, üppig, stolz<br />

Und flott, die eingefleischte Koisyra:<br />

Als ich mit der das Hochzeitsbett bestieg,<br />

Roch ich nach Hefe, Käs und schmutz´ger Wolle,<br />

Sie nach Pomade, Schmink´ und Zungenküsschen,<br />

Hoffart, Verschwendung, Schlemmerei und Buhlschaft.“ (Aristoph. Nub. 45–51)<br />

Die frauenfeindlichen Äußerungen, von denen die antike Literatur unzählige überliefert, haben jedoch<br />

auch eine Kehrseite. Vielerorts schimmert ein anderes Frauenbild hervor: die Vorstellung von der<br />

idealen Frau.<br />

2. 1. 2. Die ideale Ehefrau<br />

Was stellen sich Männer unter einer idealen Ehefrau vor? Trotz massiver Vorbehalte des Semonides<br />

gegen das Frauengeschlecht scheint zumindest seine Bienenkönigin eine für den Mann vertretbare<br />

Spezies von Frau darzustellen:<br />

„Und eine nach der Biene. Wer die kriegt, hat Glück –<br />

Weil ja auf ihr allein kein Tadel sitzen bleibt:<br />

Es blüht, wo sie regiert, und mehrt sich der Besitz,<br />

Sie wird, dem Mann gut, der sie gern hat, mit ihm alt,<br />

Und schön und namhaft ist der Stamm, den sie gebar.<br />

Und deutlich sichtbar ragt sie aus den Frau´n hervor –<br />

Aus allen (göttlich ist der Reiz, der sie umgibt),<br />

Und dort bei Frau´n zu sitzen macht ihr keinen Spaß,<br />

Wo man von seinen Liebessachen sich erzählt.<br />

Ja, solche Frauen macht den Männern zum Geschenk<br />

Zeus als die besten und verständigsten zugleich!” (Semonides, frg. 7 West, 83–93)<br />

Nur eine ideale Haus- und Ehefrau mit tugendhaftem Wesen kann also den Ehemann mit dem<br />

‛Notstand‛ versöhnen und eine erfolgreiche und harmonische Ehe führen. Semonides verrät uns,<br />

welche Eigenschaften an Frauen geschätzt bzw. verabscheut werden. Die perfekte Ehefrau ist schön,<br />

jedem Geschwätz abgeneigt, ihrem Mann ergeben. Sie trägt zum Wohlergehen des Oikos bei und<br />

gebärt hübsche Kinder. Dieser Tugendkatalog kehrt in ähnlicher Form in den antiken Quellen stets


wieder, so z. B. in der Figur der Andromache bei Euripides. Sein gleichnamiges Werk befasst sich<br />

ausgiebig und sehr variantenreich mit dem Thema „Ehe und Liebe“. Es sind sich gleich mehrere<br />

Eheverbindungen gegenübergestellt, die allerdings fast ausnahmslos ein unglückliches Ende fanden. 69<br />

Andromache klärt die eifersüchtige Hermione darüber auf, weshalb deren Ehemann eine andere Frau<br />

bevorzugt:<br />

„Nicht meine Gifte trennen dich vom Mann,<br />

Du bist die Frau nicht, die sich in ihn schickt.<br />

Auch dies bezaubert: nicht nur schöner Leib,<br />

Der Seele Adel fesselt den Gemahl.<br />

[...]<br />

Die Gattin selbst des schlechteren Gemahls<br />

Ist gut zu ihm und fügt sich seinem Sinn. “ (Eur. Andr. 205–214)<br />

In vielerlei Hinsicht wird uns Andromache als ideale Ehefrau präsentiert. In den "Troerinnen" verrät<br />

uns Andromache, welche Zugeständnisse sie an ihre Ehe gemacht hat, um ihrem Ehemann eine<br />

tadellose Ehefrau zu sein:<br />

„Was alle Welt an edlen Frauen rühmt,<br />

Hab ich in Hektors Hallen stets geübt.<br />

Ob eine Frau im bösen Leumund steht,<br />

Ob nicht, so wird ihr dieses schon verargt,<br />

Wenn sie sich außer Haus hält: ich blieb,<br />

Auch wenn das Draußen lockte, im Gemach.<br />

Auch ließ ich Winkelwort der Nachbarfraun<br />

Niemals ins Haus, gebrauchte den Verstand,<br />

Den Gott mir gab, und war mir selbst genug.<br />

Schweigsamen Mund und stilles Auge bot<br />

Ich Hektor, wusste, wo er herrschen muss<br />

Und wo er mir das Herrschen überließ.“ (Eur. Tro. 645–656)<br />

Andromache stellt ausgesprochen hohe Ansprüche an sich selbst. Eine gute Ehefrau dient ihrem Mann<br />

und ihrer Familie; sie demonstriert Scham, indem sie sich vom alltäglichen Geschwätz fernhält,<br />

bevorzugt den Aufenthalt im Haus, um keinen Anlass zu bösem Gerede zu geben. 70 Beinahe könnte<br />

man den Eindruck gewinnen, Andromache stehe nicht höher als eine gehorsame Dienerin. Doch die<br />

letzten beiden Verse zeigen, dass auch sie Einfluss besitzt. Von welcher Art ihre Kompetenzen sind,<br />

verschweigt sie. Die Betonung liegt eher auf ihrer Ergebenheit und auf ihrem Wissen, wie sich eine<br />

69 I. C. Storey, Domestic Disharmony in Euripides´ Andromache, GaR 36, 1989, 16–27. Daneben werden im Hintergrund<br />

auch Anspielungen auf die Ehen von Peleus und Thetis, Menelaos und Helena, Klytemnästra und Agamemnon gemacht,<br />

von denen keine unter die Rubrik „vorbildhaft“ fällt; die eine kam unter Gewaltanwendung zustande, eine scheiterte an<br />

Untreue und die letzte wurde durch einen Mord beendet.<br />

70 M. Lefkowitz, Wives and Husbands, in: I. McAuslan, P. Walcot (Hrsg.), Women in Antiquity (Oxford 1996) 68.<br />

S e i t e | 29


ideale Ehefrau zu verhalten hat. 71 Andromaches Willfährigkeit findet ihren Höhepunkt in Versen, die<br />

I. C. Storey als „bizarre passage“ 72 bezeichnet:<br />

S e i t e | 30<br />

„Du liebster Hektor, wenn dich Kypris je<br />

Betrog, so nahm ichs deinethalb auf mich,<br />

Bot auch den Nebenkindern meine Brust,<br />

Und nie erweckt ich deine Bitterkeit!“ (Eur. Andr. 222–225)<br />

Während sich die Athenerin des 5. Jhs. v. Chr. soweit mit dem Tugendmodell „Andromache“<br />

durchaus identifizieren durfte, empfahl sich die Aufnahme von Bastarden in den Oikos und somit in<br />

die Familie sicherlich nicht als nachahmenswert. 73 Im Gegenteil, im Athen der Klassik war die<br />

Reinhaltung des Oikos heiliges Gebot. Das Gesetz stand eindeutig auf Seiten der legitimen Ehefrauen<br />

und ihrer Kinder. Besonders nach der Perikleischen Gesetzgebung von 451/50 v. Chr. wurde der<br />

Unterschied zwischen legitimer und illegitimer Nachkommenschaft verschärft, eine Anmaßung des<br />

Bürgerrechts unter Vorspiegelung falscher Herkunft streng geahndet. 74 Letztlich zwingt sich die Frage<br />

auf, ob nicht Euripides die extremen Haltungen beider Frauen, Hermiones und Andromaches, als<br />

falsch verurteilt, insofern, als Andromaches Definition weiblicher Arete 75 mit zeitgenössischen<br />

Moralvorstellungen kollidiert.<br />

Schon Semonides war der unerschütterlichen Überzeugung, dass eine gute Ehefrau im Interesse des<br />

Oikos handeln müsse. 76 Auch Xenophon und Aristoteles verstehen die Ehe als Arbeitsgemeinschaft<br />

mit dem einen Ziel, den Besitz des Oikos zu mehren. Xenophon legt der ehelichen Gemeinschaft im<br />

„Oikonomikos“ eine naturgegebene Rollenverteilung zugrunde, die die Arbeiten im Haus der<br />

Verantwortung der Frau, die Angelegenheiten außerhalb des Hauses der Verantwortung des Mannes<br />

unterstellt. Die Ansprüche des Ischomachos an seine Ehefrau werden klar definiert: sie verlangen<br />

einerseits nach einer loyalen und fleißigen Hausfrau, die im Interesse des Oikos handelt, vernünftig<br />

delegieren kann, selbst tatkräftig mit anpackt, Kinder gebärt, die Familie mit Nahrung und Pflege<br />

versorgt und die körperlichen und seelischen Bedürfnisse des Hausherrn erfüllt. Andererseits wünscht<br />

er sich eine offene und ungekünstelte Ehefrau, die keine Gedanken an modische Eitelkeiten<br />

verschwendet, sondern sich so gibt, wie sie ist. 77<br />

Während das Modell der ehelichen Gemeinschaft, wie sie Xenophon entwirft, auf Gleichrangigkeit<br />

beruht, ist das Verhältnis der Geschlechter in den „Oikonomika“ des Aristoteles vor allem hierarchisch<br />

71 Vgl. Aristot. oec. III, 141, wo es auch heißt, dass eine Frau das Haus mit Leichtigkeit regiert, wenn sie sich an einige<br />

Grundregeln hält, wie etwa die, die Überlegenheit ihres Mannes nicht in Frage zu stellen. Beides schließt sich also<br />

offenbar nicht aus.<br />

72 Storey a. O. (Anm. 69) 18.<br />

73 G. Wickert-Micknat, Die Frau, in: F. Matz – H. Buchholz (Hrsg.), Archaeologia Homerica. Die Denkmäler und das<br />

frühgriechische Epos 3 (Göttingen 1988) R 83–86: Die Aufzucht von illegitimen Kindern war in der griechischen<br />

Bronzezeit eine Selbstverständlichkeit. Eine große Nachkommenschaft erhöhte das Prestige.<br />

74 z. B. Lacey 1983, 194 f.; Hartmann 2002, 52–57.<br />

75 Eur. Andr. 222–227.<br />

76 Sem. fr. 7 West, 85–87.<br />

77 Xen. oik. 10, 2–8.


aufgebaut. 78 Die Beziehung des Mannes zu seiner Frau soll zwar von Achtung geprägt sein, die<br />

Unterordnung der Frau unter den Mann könnte jedoch kaum deutlicher gefordert werden: sie muss<br />

gehorsam sein, ohne jemals die Meinung ihres Mannes in Frage zu stellen. Die Frau, deren<br />

Hauptaufgabe auch hier die Besorgung der hausinternen Angelegenheiten ist, wird daran erinnert, dass<br />

Bescheidenheit und eine ehrenvolle Lebensführung ihr besser zu Gesicht stehen als teure Kleidung<br />

und Schmuck. Mittels Charaktereigenschaften wie Geduld, Demut und Nachsicht sei es ihr ein<br />

leichtes, wie es Aristoteles ausdrückt, das Haus zu regieren. 79<br />

Auch Euphiletos erhofft sich von einer Ehefrau eine effektive Hausverwaltung, Loyalität seinem<br />

Oikos gegenüber und einen männlichen Erben. Seine Ehe nimmt einen durchaus Erfolg<br />

versprechenden Anfang, stellt sich seine Ehefrau doch als überaus geschickte Hausfrau heraus.<br />

“In der ersten Zeit nun, ihr Männer von Athen, war sie die beste Frau der Welt, den sie war<br />

überaus tüchtig und sparsam und verwaltete alles genau.” (Lys. 1, 7)<br />

2. 1. 3. Die Ehe aus Sicht der Frau<br />

In der archäologisch-historischen Forschung wird stets proklamiert, die Ehe sei im Athen klassischer<br />

Zeit der wichtigste Einschnitt im Leben einer Frau gewesen. Der Ehestand war sozusagen der<br />

natürliche Zustand einer jeden Frau. Während Demosthenes gar nicht auf den Gedanken kommt, eine<br />

verwitwete Frau könne einer Wiederverheiratung abgeneigt sein, solange sich ihre Familie die Mitgift<br />

leisten konnte 80 , stellen die Tragödien die Ehe dagegen kaum als segensreiche Institution für die<br />

Frauen dar. In Worten, die ihnen freilich Männer in den Mund gelegt haben, drücken die Frauen ihre<br />

negativen Einstellungen zum Ehestand aus. Prokne etwa kritisiert die Heiratspraktiken des<br />

patriarchalischen Griechenlands:<br />

„Doch macht das Mädchenalter uns verständiger, dann stößt man aus dem Haus uns und<br />

verhandelt uns.“ (Soph. Ter. Frg. 583)<br />

Wir haben bereits gesehen, dass sich nicht nur Frauen negativ über die Ehe äußern. 81 Von ihnen nimmt<br />

man jedoch in der Regel an, sie täten dies zu Recht, da sie in der Ehe ja eine untergeordnete Stellung<br />

bekleideten. Bevor man sich nun aber den entsprechenden Textstellen zuwendet, muss man sich klar<br />

machen, dass sie in ihrer Mehrheit der Tragödie entlehnt sind und somit einer Gattung, die in<br />

besonderem Maße dramatische Schicksale zum Inhalt hat.<br />

Vielerorts an erster Stelle zitiert wird, wenn es um die Benachteiligung und Unterdrückung der Frau in<br />

der griechischen Antike geht, der berühmte Monolog Medeas, der die Widrigkeiten weiblichen Lebens<br />

78 Die Ideologie bezüglich der Oikos-Hierarchie wird nicht nur von den Philosophen vertreten, sondern ist auch in der<br />

Komödie greifbar, s. C. Sourvinou-Inwood, Männlich und Weiblich, Öffentlich und Privat, Antik und Modern, in:<br />

Reeder 1995, 113.<br />

79 Aristot. oec. III, 141.<br />

80 Demosth. or. 30, 33; s. auch Hartmann 2007, 70.<br />

81 Gegenbeispiele sind etwa Deianeira oder die junge Klytemnästra, s. Fantham 1994, 71.<br />

S e i t e | 31


eklagt. Er ermöglicht zwar, Einsicht in die Stellung der Frau in der antiken Gesellschaft zu nehmen,<br />

sein Ton und seine Widersprüchlichkeiten gemahnen jedoch zur Vorsicht, nicht jede Aussage für bare<br />

Münze zu nehmen:<br />

S e i t e | 32<br />

„Ach, wir Frauen sind ja von allem Geschöpf,<br />

Das da atmet und fühlt, die unseligste Art:<br />

Wir kaufen mit schwerem Gold den Gemahl,<br />

Ja, schlimmer noch, kaufen den Herrn unsres Leibs<br />

Und er bleibt unser Schicksal, ob gut oder schlecht;<br />

Wir könnens nicht weigern, und Scheidung ist Schimpf.<br />

Was wir nirgends erlernten: In fremden Gebrauch<br />

Uns fügen, erraten die Wünsche des Manns –<br />

Wir müssen es üben. O glückliche Frau,<br />

Die den Mann ohne Zwang zum Gefährten gewann!<br />

Alles andre ist schlimmer als Tod: Was der Mann<br />

Im Hause entbehrt, sucht er außer Haus –<br />

Wir schauen auf ihn als den einzigen Trost.<br />

Man preist unsern Frieden, so fern von der Schlacht:<br />

Lieber dreimal am Feind als einmal Geburt!<br />

Ihr tragt es ja leichter, habt Heimat und Haus,<br />

Verwandte und Güter; ich stehe allein,<br />

Vom Verräter erbeutet im fernen Land,<br />

Ohne Mutter und Bruder, von niemand beschützt. (Eur. Med. 230–258)<br />

Ist dies tatsächlich ein aufrüttelndes Zeugnis für die Verzweiflung der Ehefrauen, die in den Worten<br />

Medeas stellvertretend für all die stummen Frauen Athens zum Ausdruck gebracht wird? 82 Man darf<br />

dem Tragiker Euripides ein außerordentlich feines Gespür für menschliche Emotionen zugestehen, der<br />

Text ist aber nur zum Teil eine sozialhistorische Analyse. Die Rede – wenn auch in Abschnitten<br />

verallgemeinernd – ist zunächst die subjektive Stellungnahme einer mythischen Figur, die vor dem<br />

Hintergrund ihres Erfahrungshorizontes betrachtet werden muss: Die ablehnende und anklagende<br />

Haltung der Institution Ehe gegenüber verbindet sich nun mit einem Resümee zur allgemeinen<br />

Determiniertheit und Abhängigkeit der griechischen Frau. Viele der vorgebrachten Kritikpunkte lassen<br />

sich jedoch entweder nicht auf Medea oder nicht auf die athenische Durchschnittsehefrau übertragen!<br />

Durch die Häufung von Anklagepunkten wird die Lage der Frau weitaus düsterer gezeichnet, als es<br />

wohl der Fall gewesen sein dürfte. Greifen wir uns einige der Vorwürfe heraus und prüfen ihren<br />

Wahrheitsgehalt:<br />

Medea setzt sich durch ihre Wesensart und ihre nichtgriechische Herkunft von Anfang an vom<br />

Prototyp der zeitgenössischen athenischen Frau ab. 83 Medeas Ehe kam denn auch nicht auf dem<br />

üblichen Weg zustande, d. h. sie wurde nicht wie die der Athenerinnen durch den Vater oder Bruder<br />

82 So z. B. E. Cantarella, Pandora´s Daughters. The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore<br />

1987) 71. – Euripides als Frauenrechtler?, s. Mossé 1983, 110; Pomeroy 1985, 160 f.<br />

83 Fantham 1994, 69: “Medea has maintained the modesty and retirement appropriate to the life of a proper Athenian wife.”


gestiftet. 84 Infolge dessen wurde folglich auch nicht nach griechischer Sitte eine Mitgift ausgesetzt,<br />

durch die ihr Unterhalt während und auch nach der Ehe hätte bestritten werden können. 85 Während es<br />

des Weiteren im Falle athenischer Bürgerstöchter vermutlich zutrifft, dass sie kaum etwas über das<br />

Wesen ihres zukünftigen Ehemanns wussten, hat Medea ihre Entscheidung, Iason nach Griechenland<br />

zu folgen, aus Liebe getroffen 86 , und stellte den Fremden damit über ihre eigene Familie und Heimat. 87<br />

Medeas soziale Desintegration erklärt sich z. T. über ihre exogene Abstammung, denn, wie sie selbst<br />

betont, lebte die verheiratete Frau in ihrer Ehe keineswegs isoliert. Aus vielen anderen Schriftquellen<br />

wissen wir, dass die Ehefrauen in der Regel rege Kontakte mit befreundeten und benachbarten Frauen<br />

pflegten. 88 Medeas prekäre Situation ohne familiären Rückhalt, soziale Kontakte und ohne<br />

persönlichen Besitz, wäre auf das Athen klassischer Zeit übertragen, zumindest was die bürgerliche<br />

Schicht anbelangt, aber wohl eher als Sonderfall zu betrachten.<br />

2. 1. 4. Der ideale Ehemann<br />

Mit der Frage, was sich die antiken griechischen Frauen selbst von der Ehe erhofften, hat sich bereits<br />

M. R. Lefkowitz 89 ausgiebig beschäftigt. Sie kam zu wegweisenden Schlussfolgerungen, die<br />

bestätigen, dass die Griechen ein von Grund auf anderes Bild der Ehe besaßen, dass sich dies aber<br />

keinesfalls nachteilig auf die Stellung der Ehefrau auswirkte. Weshalb hält Penelope so lange an der<br />

Rückkehr ihres Mannes fest, wo sie doch ohne weiteres eine gute Partie hätte machen können?<br />

Weshalb erklärt sich Alkestis bereit, für ihren Mann in den Tod zu gehen? Worin sieht sich Medea<br />

getäuscht und verraten, als sie von Iason verlassen wird? Nicht selten spielen für diese Frauen<br />

persönliche Gefühle eine große Rolle. Die Charakterisierung des idealen Ehemanns gestaltet sich nicht<br />

ganz einfach, kommen die athenischen Ehefrauen doch in der antiken Literatur selbst nicht zu Wort.<br />

Und die antiken Autoren gaben sich mit der Frage, was ihre Ehefrauen von ihnen erwarteten, im<br />

Allgemeinen nicht ab. Wir sind folglich gezwungen, die Untersuchung auf indirektem Wege<br />

anzugehen: Was bringen wir über Männer in Erfahrung, von denen wir wissen, dass ihnen ihre<br />

Gattinnen zugetan waren? Gerade die Tragödien des Euripides bergen viele Informationen zum<br />

Verhältnis zwischen den Geschlechtern, zur emotionalen Bindung innerhalb der Familie und zu den an<br />

die Ehe geknüpften Erwartungen und Verpflichtungen. Obwohl man zum Teil dieser Gattung –<br />

ähnlich wie der Komödie – nur eine geringe objektive Aussagekraft zu den tatsächlichen<br />

84 So auch A. Klöckner, Mordende Mütter. Medea, Prokne und das Motiv der furchtbaren Rachen im klassischen Athen, in:<br />

Fischer – Moraw 2005, 256: Frauen wie Medea und ihr autonomes Verhalten bei der Suche nach einem Lebenspartner<br />

„untergraben den Sinn der Ehe, die eigentlich als Kontrakt zwischen Männern ausgehandelt wird“; Medeas Urteil der<br />

verkauften Braut wird auch vertreten von Keuls 1985, 100 f.<br />

85 C. A. Cox, Household Interests (Princeton 1998) 70 betont die stabilisierende Wirkung der Mitgift auf die Ehe.<br />

86 Eur. Med. 8.<br />

87 Klöckner a. O. (Anm. 84) 260 vertritt die interessante These, Medea erweise sich zwangsläufig als schlechte Ehefrau und<br />

Mutter, nachdem sie sich auch als schlechte Tochter und Schwester herausgestellt hat.<br />

88 Zu weiblicher Schwatzhaftigkeit und gegenseitigen Besuchen, z. B. Eur. Troer. 651 f.; s. auch Kap. 2. 3. 2.<br />

89 M. Lefkowitz, Wives and Husbands, in: I. McAuslan – P. Walcot (Hrsg.), Women in Antiquity (Oxford 1996) 67–82.<br />

S e i t e | 33


Lebensbedingungen und Ansichten der Frauen zugesteht 90 , sind doch die zeitgenössischen<br />

literarischen Werke für uns heute fast die einzige Möglichkeit, die Kultur- und Geistesgeschichte des<br />

klassischen Athen zu rekonstruieren.<br />

Die Figur der Alkestis aus dem gleichnamigen Werk des Euripides ist das Exempel der treuen Gattin<br />

schlechthin. Sie gibt ihr Leben freiwillig hin, um das ihres Mannes zu retten. Doch warum ist sie zu<br />

diesem Opfer bereit? Ihre Liebe zu Admet gründet sich auf seine Zuneigung, Treue und positive<br />

Eigenschaften wie Zuverlässigkeit und Fürsorge. 91 In der Formulierung „am Ehebett hängen“ treffen<br />

wir auf ein Phänomen, das in der griechischen Literatur häufiger begegnet. Das Ehebett, also der<br />

sexuelle Aspekt in der Ehe, wird mit der Ehe selbst gleichsetzt. 92 Die Tragik der Geschichte ist, dass<br />

Admet trotz all seiner guten Eigenschaften letztlich den wahren Liebesbeweis nicht anzutreten im<br />

Stande ist; ihm fehlt der Mut, seinen eigenen Tod zu akzeptieren; er ist bereit, an seiner Statt seine<br />

Ehefrau zu opfern und erweist sich somit als alles andere als ein idealer Ehemann. Dennoch muss man<br />

einräumen, dass er seiner Frau über den Tod hinaus durch den Schwur die Treue hält, sich nie wieder<br />

zu verheiraten.<br />

Der Mythos um Medea dient ebenso dazu zu zeigen, wie ein Ehemann nicht sein sollte. Die Ehe<br />

zwischen Medea und Iason – im Grunde durchaus erfolgreich und mit zwei Söhnen gesegnet – findet<br />

ein abruptes Ende, als Iason sie verstößt, um eine neue Verbindung mit einer Königstochter<br />

einzugehen, von der er sich eine stattliche Mitgift und einen ansehnlichen Prestigezuwachs verspricht:<br />

S e i t e | 34<br />

„All das tat ich für dich, doch du Schurke verrietst,<br />

Mich an neueres Bett, trotz der Söhne; denn wärst<br />

Du noch kinderlos, bliebe die Tat dir verziehn.<br />

Gelten Eide noch? Glaubst du, die Götter von einst<br />

Sind vom Thron gestoßen durch neues Gesetz,<br />

Das den Meineid erlaubt, den du offen begingst? (Eur. Med. 488–495)<br />

Scheidungen waren im zeitgenössischen Athen, wenn auch nicht an der Tagesordnung, so doch<br />

zumindest keine Seltenheit. Die Trennung konnte von der Braut selbst 93 , vom Vater der Braut 94 oder<br />

auf Betreiben des Ehemannes hin initiiert werden, etwa dann wenn die Untreue 95 oder die<br />

90 E. Keuls, The Hetaira and the Housewife. The Splitting of the Female Psyche in Greek Art, MededRom N.S. 9/10, 1983,<br />

25.<br />

91 Dabei ist das Charakterbild, das Euripides von Admetos entwirft, tatsächlich nicht gerade positiv. S. Moraw, Schönheit<br />

und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen Vasenmalerei, JdI<br />

118, 2003, 37 nennt ihn treffsicher einen „Feigling, Jammerlappen und Schwätzer“. – Für die Liebe sterben, s. F. I.<br />

Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia, cultura, arte, società I. Noi e i Greci (Turin 1996) 420 f.<br />

92 Lefkowitz a. O. (Anm. 89) 72.<br />

93 Demosth. or. 30, 26. Zustande kam eine Trennung nur im Einvernehmen mit dem Ehemann, es sei denn sie konnte auf<br />

die Unterstützung ihres Vaters zählen. Es ist ferner nicht ganz auszuschließen, dass die Scheidung in den Augen des<br />

Ehemannes einem Ehrverlust gleichkam, s. z. B. Mossé 1983, 53 f.<br />

94 Demosth. or. 49, 4: Hier beendet ein Streit zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn die Ehe; Harrison 1968, 30 f.<br />

95 Zu moicheia, s. z. B. Patterson 1998, 114–125 mit Quellendiskussion.


Unfruchtbarkeit seiner Ehefrau 96 erwiesen war oder wenn er selbst wie Iason eine bessere Partie in<br />

Aussicht hatte. In den „Gesetzen“ Platons kann die Scheidung auch auf Wunsch beider Seiten<br />

vollzogen werden, wenn sich beide aufgrund einer zu unterschiedlichen Wesensart nicht miteinander<br />

vertragen. 97 Gründe für eine Trennung waren also in großer Anzahl gegeben und durch das athenische<br />

Recht anerkannt. Obwohl wir aus der athenischen Geschichte einige Beispiele kennen, die zeigen, dass<br />

es nichts Ungewöhnliches war, wenn ein Mann sich von seiner ersten Frau trennte, um eine andere zu<br />

heiraten 98 , gewinnt der Leser doch den Eindruck, dass die Schuld für die Auflösung der Haus- und<br />

Ehegemeinschaft eindeutig auf Seiten Iasons liegt. 99 Euripides ist durchaus daran gelegen, Medeas<br />

Verzweiflung und Hass in seinem ganzen Ausmaß und in all seinen Konsequenzen fühlbar zu machen<br />

und als berechtigt zu schildern. 100 Geschickt werden von ihm Medeas Loyalität und Selbstaufopferung<br />

mit der Heimlichtuerei und der Untreue Iasons kontrastiert. 101 Die Tragödie ist in dieser Hinsicht ein<br />

leidenschaftliches Plädoyer für faires Verhalten, Loyalität und Treue in der Ehe.<br />

Xenophons „Oikonomikos“ erweist sich bezüglich der idealen Ehefrau als ergiebige Quelle. Da das<br />

philosophische Lehrgespräch jedoch aus der männlichen Perspektive heraus geführt wird, dürfen wir<br />

auf die Frage, was sich die Frau von der Ehe erhofft und was in ihren Augen einen guten Ehemann<br />

ausmacht, keine sehr ausführliche Antwort erwarten. Auf die Frage des Ischomachos, ob ihr ein<br />

ehrlicher Mann oder ein Heuchler und Gaukler lieber wäre, antwortet sie mit Nachdruck, sie ziehe<br />

einen aufrichtigen Mann vor, denn nur den könne sie „von Herzen gern haben“. 102 Dies ist im Grunde<br />

die einzige persönliche Äußerung von Seiten der Ehefrau, die zumeist nur zustimmende Antworten<br />

von sich gibt. Dennoch wird aus der Passage ersichtlich, dass das Ehearrangement nicht nur zu<br />

96 Kinderlosigkeit war in der besitzorientierten Gesellschaft Athens mit ihren kompromisslosen Erbgesetzen durchaus ein<br />

gewichtiges Problem, das viele kinderlose Männer bewogen haben dürfte, sich nach einer neuen Ehefrau umzutun. Nur<br />

vereinzelt werden persönliche Gefühle stärker gewesen sein als soziales oder politisches Kalkül. Nach Is. 2, 6–9 trennt<br />

sich Menekles uneigennützig und erst nach einigem Zögern von seiner Frau, weil er ihr noch eine Chance auf eine<br />

kinderreiche Familie geben möchte.<br />

97 Plat. leg. 929e–930a; Harrison 1968, 39. 134 f.: Ein Sonderfall war die Epikleros, die zum Zwecke der Verheiratung mit<br />

ihrem nächsten männlichen Verwandten von ihrem Ehemann geschieden wurde, wenn sie bis dato noch keine Kinder<br />

geboren hatte, auf die ihr väterliches Erbe dann übergehen konnte<br />

98 z. B. Demosth. or. 55, 28: Pasio verfügt testamentarisch die Wiederverheiratung seiner Ehefrau mit Phormio. In vielen<br />

Fällen wurde die geschiedene Frau gar nicht erst in den Schoß ihrer Familie zurückgeschickt, sondern durch ihren<br />

Ehemann mit einem passenden Kandidaten, der nicht selten aus der Verwandtschaft ihres Ex-Ehemannes stammte,<br />

verheiratet, vgl. Plut. Per. 24; Demosth. or. 57, 41ff.; s. auch C. A. Cox, Household Interests (Princeton 1998) 72.<br />

99 Sutton 2004, 328: Die antike Ehe basierte auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Medea spricht mehrfach z B. in Eur.<br />

Med. 160–165. 465–468. 492–495 davon, dass Iasons Eidbruch wider die Götter sei.<br />

100 Reinsberg 1993, 45 f.<br />

101 Z. B. Eur. Med. 586 f.: „Wärst du ehrlich, du hättest den neueren Bund mit der Gattin beraten, nicht vor ihr versteckt.“<br />

Iason wird von A. Klöckner, Mordende Mütter. Medea, Prokne und das Motiv der furchtbaren Rachen im klassischen<br />

Athen, in: Fischer – Moraw 2005, 257 als „wortbrüchiger Opportunist, der für sein schändliches Verhalten Verachtung“<br />

verdient, umschrieben; ähnlich S. Moraw, Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und<br />

bürgerlichem Status in der attischen Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 37 f.<br />

102 Xen. oik. 10, 4. Das Lexikon gibt eine große Bandbreite an Bedeutungen des Wortes aspasasthai wieder, die dennoch<br />

sehr aufschlussreich sind: sie reicht von freundlich willkommen heißen bis zu umarmen, küssen, liebkosen und gern<br />

haben.<br />

S e i t e | 35


eiderseitiger Zufriedenheit geregelt ist, sondern auch Liebe oder Zuneigung miteinkalkuliert wird,<br />

eine willkommene Nebenerscheinung dieses nützlichen Arrangements!<br />

Das dritte Buch der „Oikonomika“ des Pseudo-Aristoteles widmet sich der Definition der weiblichen<br />

und männlichen Rollen im Oikos und beleuchtet auch das Verhältnis von Mann und Frau zueinander.<br />

Nachdem die an die Ehefrau gestellten Ansprüche erläutert wurden, wendet sich Aristoteles der<br />

Gegenseite zu. Denn obwohl eine strikte hierarchische Ordnung die Frau dem Mann unterordnet 103 , ist<br />

die Beziehung der Eheleute nicht vorrangig durch die Unterwürfigkeit der Frau geprägt. Treue,<br />

Fürsorge, Vertrauen, Achtung, Freundschaft und Zuverlässigkeit sind die Gegenleistungen des<br />

Mannes. 104 Er wird ermahnt, stets Respekt und Schamgefühl zu wahren, Zurückhaltung gegenüber<br />

kleinen Fehlern zu üben und die „Teilhaberin an Elternschaft und Leben“ mehr als alles andere – mit<br />

Ausnahme seiner eigenen Eltern – zu ehren. Sein Anliegen solle sein, sie so zu unterweisen, dass er<br />

die beste und wertvollste Ehefrau sein eigen nennen könne, um dann mit der besten und wertvollsten<br />

Frau Kinder zu zeugen. 105<br />

Zum Teil stellen die Frauen jedoch auch weitreichendere Ansprüche an ihren Ehemann. Ein Auszug<br />

aus Platons „Staat“ zeigt, dass nicht nur die Polis Forderungen nach Beteiligung an den<br />

Staatsgeschäften, Gerichtsprozessen und militärischen Aktionen an den athenischen Bürger stellt.<br />

Nein, manche Ehefrau bestärkt ihren Gatten in seinen politischen Ambitionen, um nicht ganz<br />

uneigennützig den eigenen sozialen Status im Freundes- und Frauenkreis aufzubessern. Geht es nach<br />

Platon, geschieht dies bisweilen mit großem Nachdruck:<br />

S e i t e | 36<br />

“Zuerst, sagte ich, hört er von seiner Mutter, wie sie darüber klagt, dass ihr Mann nicht zu<br />

den Regenten gehört und dass sie deswegen von den übrigen Frauen zurückgesetzt wird.<br />

Und sie sehe auch, dass er sich nicht besonders um sein Vermögen kümmere und dass er<br />

nicht mit Taten und nicht mit Worten zu streiten wisse, weder in eigenen Angelegenheiten<br />

vor Gericht, noch in öffentlichen Dingen, sondern all dem gleichgültig gegenüberstehe.“<br />

(Plat. Pol. 549c–d)<br />

Gleichzeitig besteht sie auch auf Aufmerksamkeit und Respektsbezeugung. Obwohl in diesem Text<br />

der durch Xanthippe wohlbekannte Typus der „nagging housewife“ durchklingt, die selten zufrieden<br />

zu stellen ist und sich vehement beklagt, so beweist dies doch, dass zwischen Ehepartnern eine<br />

persönliche Beziehung bestand, die von beidseitigen Ansprüchen geprägt war, und dass hier von<br />

Gleichgültigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung nicht die Rede sein kann. Während in unseren ersten<br />

Beispielen die Ansprüche der Ehefrau abstrakten Wert besaßen, beziehen sich die anderer Frauen auf<br />

weit Handfesteres, nämlich auf das Geld. Xanthippos, ein Sohn des Perikles, besaß in seiner Gattin<br />

eine Frau, die hohe Anforderungen an ihren Lebensstandard stellte:<br />

103 Aristot. oec. III, 141.<br />

„Xanthippos, der ältere seiner vollbürtigen Söhne, neigte von Natur zur Verschwendung,<br />

und da auch seine junge Frau – es war eine Tochter des Teisandros, eine Enkelin des<br />

Epilykos – große Ansprüche stellte, konnte er sich mit der peinlichen Genauigkeit seines<br />

104 Aristot. oec. III, 144; Reinsberg 1993, 46.<br />

105 Aristot. oec. III, 142–143.


Vaters, der ihm das Geld in kleinen Summen kärglich zuzählte, nur schwer abfinden.“<br />

(Plut. Per. 36)<br />

Auch der herzliche Empfang des Philokleon durch die weiblichen Mitglieder seines Haushaltes ist<br />

eigentlich mehr ein geheucheltes Umschmeicheln und dient in erster Linie dazu, ihm seinen Tagessold<br />

abzuluchsen:<br />

„Ich komme nach Haus, mit der Löhnung im Maul, da umringen mich alle begrüßend<br />

Und tun mir gar schön von wegen des Gelds, und mein Töchterchen wischt gar behende<br />

jedes Stäubchen mir ab und salbt mir die Füß´ und umhalst mich und drückt mich und<br />

hätschelt<br />

Und küsst mich: „Mein Papachen!“ und fischt die drei Obolen ´raus mit der Zunge!<br />

Mein Weibchen auch kommt und liebkost mich und bringt mir gebackene Küchlein<br />

Und setzt sich zu mir und nötigt mich, ach, und wie freundlich: "Mein Alterchen, iss doch,<br />

Greif zu. “ (Aristoph. Vesp. 606–612)<br />

2. 1. 5. Zusammenfassung<br />

Die eheliche Gemeinschaft war in der griechischen Klassik auf ein übergeordnetes, klar definiertes<br />

Ziel hin ausgerichtet: die Blüte des Oikos, die Mehrung des Besitzes und das Zeugen von<br />

Nachkommen. Das Rollenmodell der griechischen Frau orientiert sich deshalb an ihrer sozialen<br />

Funktion als Ehefrau und Hausverwalterin. Als Ehefrau durfte sie keine hervorstechenden<br />

menschlichen Schwächen aufweisen, die sie zu einer unangenehmen Lebensgefährtin machen. Ihre<br />

größten Tugenden waren ihr Gehorsam und ihr Gefühl für Anstand. Als Hausverwalterin war es nötig,<br />

dass sie über ausreichend Sachverstand verfügte, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Charakterschwächen<br />

wie Eitelkeit, Faulheit, Verschwendungssucht waren Gift für das Wohlergehen des Oikos. Als<br />

weibliches Wesen musste sie ihrer biologischen Vorbestimmung gerecht werden und fruchtbar sein.<br />

Trotz vieler weiblicher Hauptakteure in den Tragödien und Komödien bleibt das Bild der Frau in der<br />

antiken Literatur als solches eher stereotyp. Die Frau als agierendes Individuum in der griechischen<br />

Gesellschaft wird von der weiblichen Rollenideologie verdeckt. Das Interesse der antiken Autoren war<br />

in erster Linie auf die Bedeutung der Frauen für den Oikos gerichtet, da diese zum einen durch Arbeit<br />

und Tugend die Produktivität und das öffentliche Ansehen des Oikos steigerten, und durch ihre<br />

Fähigkeit, neues Leben zu schenken, es den Männern außerdem ermöglichten, das durch eigene<br />

Leistung oder Erbe Erwirtschaftete an die nächste Generation weiterzugeben. Die bürgerliche und in<br />

der Regel verheiratete Frau definierte sich und wurde definiert durch ihre Funktion als Ehefrau,<br />

Hausfrau und Mutter.<br />

Ungeachtet all jener Wunschvorstellungen zum idealen Ehepartner war es damals wie heute<br />

vermutlich unabsehbar, ob eine Ehe glücklich sein oder scheitern würde. Es ging vorrangig auch nicht<br />

um persönliches Glück, sondern um ein allen zum Nutzen gereichendes Arrangement. Natürlich<br />

berichten die Quellen von Ehebrüchen, Affären, von Männern, die ihren Frauen eben nicht den<br />

gebührenden Respekt entgegenbringen, den Xenophon für eine Ehe in Eintracht als unabdingbar<br />

S e i t e | 37


erachtet. So beleidigte Alkibiades seine Frau nicht nur durch seine diversen Frauengeschichten,<br />

sondern verwehrte ihr auch die Scheidung. 106 Mancher Mann mag strengere Moralansichten gehabt<br />

haben als ein anderer und seiner Frau untersagt haben, das Haus zu verlassen. In der "Lysistrate" wird<br />

auf Schläge hingewiesen, und bei Einmischung in politische Angelegenheiten wird ihnen grob<br />

Schweigen geboten 107 . Mancher mag mit seiner Frau nur selten ein Wort gewechselt 108 , mancher das<br />

Joch der Ehe verflucht haben 109 . Es gab schwierige Frauen wie Xanthippe, die mit ihrem Geifer und<br />

Gekeife ihre männliche Umwelt tyrannisierten 110 , und wahrscheinlich auch Frauen, die ihren Männern<br />

falsche Kinder unterschoben, die Vorratskammer plünderten und alles in allem eben nicht so<br />

vorbildliche Führungspersonen waren, wie sie uns Xenophon vorführt.<br />

Auf Seiten der Männer gab es Feiglinge, Männer ohne politische Ambitionen oder feine Bildung,<br />

Geizhälse und Grobiane. Männer, die ihre Frauen eifersüchtig bewachten, ihnen das Wort verboten<br />

oder sie ignorierten. Solche, die ihren Frauen Selbständigkeit zugestanden, die sie achteten und ihnen<br />

Zuneigung bekundeten, andere, die unter ihrem Pantoffel standen, ebenso wie Männer, die lieber ins<br />

Bordell gingen oder mit Knaben in der Palästra flirteten.<br />

106 Athen. XIII 574d–e; Plut. Alk. 8. In der Sekundärliteratur ist des häufigeren zu lesen, dass Hipparete erbost darüber war,<br />

dass Alkibiades Hetären in ihrem gemeinsamen Haus einquartiert habe. Das entsprechende Verb syneinai bei Plutarch ist<br />

jedoch kein Synonym für synoikein. – Zum Wortgebrauch von synoikein, s. z. B. J.-P. Vernant, Mythos und Gesellschaft<br />

im antiken Griechenland (Frankfurt a. M. 1987) 53 f.; Hartmann 2002, 57 f.<br />

107 Sem. Fr. 7 West, 16–18; Aristoph. Lys. 160–166. 507–520. – Gewalt gegen Frauen, s. z. B. N. Fisher, Violence,<br />

Masculinity and the Law in Classical Athens, in: L. Foxhall – J. Salomon (Hrsg.), When Men were Men. Masculinity,<br />

Power and Identity in Classical Antiquity (London 1998) 77; W. Schmitz, Gewalt in Haus und Familie, in: Fischer –<br />

Moraw 2005, 120–122.<br />

108 Xen. oik. 3, 12.<br />

109 Sem. fr. 7 West; Hes. theog. 702–705; Eur. Med. 233–249; Susarion fr. 1.<br />

110 Xen. mem. 1, 2, 7: „[...] so dürfte doch niemand imstande sein, ihre Heftigkeit zu ertragen.“ und 1, 2, 8: „[...] sie sagt<br />

einem Dinge, die man nicht ums ganze Leben hören möchte“; s. auch Xen. symp. 2, 10; Plat. Phaid. 60a: dazu B.<br />

Pomeroy 1985, 119: „Die Grobheit, mit der Sokrates seine Frau Xanthippe vor seinem Tod fortschickte, um im Kreise<br />

seiner männlichen Gefährten zu sterben, weist in eindringlicher, wenn auch übertriebener Weise auf den emotionalen<br />

Abgrund hin, der zwischen dem Ehemann und seiner Frau klaffte.“ – Eine Zitatensammlung zu Xanthippe jüngst<br />

vorgelegt von K. Bartels, Xanthippe, wie sie leibt und lebt, AW 2006, 112.<br />

S e i t e | 38


2. 2. Die ideale Haus- und Ehefrau in Xenophons „Oikonomikos“<br />

Dass die gute Ehefrau in der griechischen Antike an ihrer Tüchtigkeit gemessen wurde, dürfte<br />

ausreichend deutlich geworden sein. 111 Das Führen des gemeinsamen Oikos war ein wesentliches<br />

Charakteristikum der antiken griechischen Ehe. Eine nützliche Frau war eine gute Frau. Erwies sich<br />

eine Frau im Haushalt als geschickt, fleißig und tugendsam machte sie ihrem Mann Freude. Aus<br />

Zufriedenheit resultierte dann im Idealfall Wertschätzung, Vertrauen und Respekt, die in der Antike<br />

für wertvoller erachtet wurde als die romantische Liebe, die wir heute für den Ehebund als<br />

unverzichtbar erachten. 112<br />

Die beiden ergiebigsten Quellen für den Aufgabenkatalog der Hausfrau und die Position der Frau in<br />

der ehelichen Gemeinschaft sind der „Oikonomikos“ Xenophons 113 und die „Oikonomika“ des<br />

Pseudo-Aristoteles 114 . Wir wollen uns v. a. ausführlich ersterem zuwenden. Das Gespräch mit<br />

Ischomachos ist im „Oikokonomikos“ Teil eines übergeordneten Diskurses, in dem Sokrates die<br />

Hypothese aufstellt, Kunstfertigkeit erziele man in jedwedem Bereich allein durch Anwendung<br />

fachspezifischen Wissens. Ein Bauer muss wissen, wie er seine Erde fruchtbar macht, welche Saat am<br />

besten gedeiht und wann die Zeit zur Aussaat und zur Ernte gekommen ist. Auch der Haushalt ist eine<br />

ökonomische Institution, deren Wohlergehen von einer fachkundigen Verwaltung abhängig ist.<br />

Ischomachos, ein Mann aus gutem Haus, scheint angesichts seines florierenden Oikos genau der<br />

richtige Ansprechpartner für Sokrates zu sein, um in Erfahrung zu bringen, welches Wissen hier<br />

vonnöten ist. Es ist generell problematisch zu entscheiden, wer in der Antike als Adressat solcher<br />

philosophischen Gespräche in Frage kam. Ganz offensichtlich konnte dies in der Regel aber nur eine<br />

kleine Oberschicht sein, die das Interesse dafür aufbrachte und die erforderliche Bildung besaß, auch<br />

wenn das Thema an sich für jeden athenischen Haushalt relevant war. 115 Offenbar hält Xenophon seine<br />

männlichen Leser dazu an, ebenso wie Ischomachos der eigenen Ehefrau Ratschläge zur vorteilhaften<br />

Organisation und Verwaltung der Hausangelegenheiten mit auf den Weg zu geben, um so dafür zu<br />

sorgen, dass der Oikos bestmöglich verwaltet wird. 116<br />

111 Vgl. Grabepigramme, die auf häusliche Tugenden Bezug nehmen: Melite wird mehrfach als gute, ja sogar als beste Frau<br />

bezeichnet, die ihren Mann liebte und von ihm wiedergeliebt wurde und der nun ihren Tod aufrichtig betrauert (IG II/III²,<br />

12067). Phainippe wird in ihrem Grabepigramm ihrer Arete und ihrer Sophrosyne wegen gelobt (Peek 1654). Dionysia,<br />

eine junge Frau von großer Schönheit, hat sich zu Lebzeiten durch ihre Sophrosyne und die Liebe zu ihrem Mann<br />

ausgezeichnet. (IG II², 11162) Von Archestrate heißt es, dass ihr Ehemann sie, die gut und besonnen war, im Tode<br />

schmerzlich vermisst (IG II², 10864). Zu gerühmten weiblichen Tugenden, s. auch Humphreys 1983, 107–110; C.<br />

Sourvinou-Inwood, Männlich und Weiblich, Öffentlich und Privat, Antik und Modern, in: Reeder 1995, 117 f.<br />

112 s. auch Sutton 2004, 328.<br />

113 Allg. Pomeroy 1994.<br />

114 Aristoteles, Oikonomika. Schriften zu Hauswirtschaft und Finanzwesen, übers. und erl. von R. Zoepffel (Berlin 2006).<br />

115 Wiemer 2005, 429; Kreilinger 2007, 21. Ebenso wird es sich nur die Oberschicht leisten haben können, auf die Mitarbeit<br />

der Frauen außerhalb des Hauses zu verzichten, s. z. B. W. Scheidel, Frau und Landarbeit in der Alten Geschichte, in: E.<br />

Specht (Hrsg.), Nachrichten aus der Zeit. Ein Streifzug durch die Frauengeschichte des Altertums (Wien 1992) 198.<br />

116 Reuthner 2006, 117 f. fragt sich aufgrund bestimmter Anspielungen in der Komödie, ob nicht auch im 5. Jh. v. Chr.<br />

Unterweisungen in der Haushaltsführung durch Lehrer üblich waren.<br />

S e i t e | 39


Bei der Lektüre des „Oikonomikos“ wird schnell offensichtlich, dass sich der Begriff „Oikos“ nicht<br />

nur auf die Geschehnisse innerhalb des Hauses bezieht. 117 Eine klare Aufgaben- und Rollenverteilung<br />

sieht die Besorgung der Angelegenheiten des Hauses als Domäne der Frau, die der Geschäfte<br />

außerhalb des Hauses als Domäne des Mannes an:<br />

S e i t e | 40<br />

„Da aber die Arbeiten drinnen und draußen beide der Ausführung und der Aufsicht<br />

bedürfen, hat der Gott, so habe er gesagt, von vorneherein die Natur entsprechend<br />

eingerichtet, und zwar, wie es mir scheint, die der Frau für die Arbeiten und<br />

Beschäftigungen im Inneren des Hauses, die des Mannes für die Arbeiten und<br />

Beschäftigungen im Freien.“ (Xen. oik. 7, 22) 118<br />

Während der Mann sich um seinen Landbesitz kümmert, an Volksversammlungen teilnimmt, auf der<br />

Agora Freunde trifft und Geschäfte erledigt, Beziehungen knüpft und Einkäufe tätigt, wie es seiner<br />

robusteren Natur zukommt, beaufsichtigt die Frau im Haus ihre Kinder und Sklaven, hält letztere zur<br />

Arbeit an, webt, kocht, putzt und pflegt Kranke. Sie tut also das, was noch heute mancher verächtlich<br />

als „Hausarbeit“ bezeichnet. Die Aufgaben der Ehefrau werden aufgelistet, doch nur eine einzige wird<br />

im Detail erörtert: das optimale Aufbewahren und Verstauen von Gütern und Gegenständen. Objekte<br />

sollen dort abgelegt werden, wo sie gebraucht werden, sie sollen gemäß ihren besonderen<br />

Anforderungen aufbewahrt werden – Nahrungsmittel sollen kühl oder trocken gelagert werden – und<br />

Dinge, die jeden Tag benutzt werden, sollen griffbereit sein, während andere Dinge, die nur zu<br />

speziellen Gelegenheiten oder saisonal bedingt hervorgeholt werden, gut verstaut werden sollen. 119<br />

So wenig dies Feministinnen in unserem Zeitalter der Gleichberechtigung und Selbstdefinierung der<br />

Frau gefallen mag, die oben angesprochene Rollenverteilung hat eine Jahrtausende lange Tradition,<br />

deren Berechtigung oder Richtigkeit erst in den letzten Jahrzehnten hinterfragt und außer Kraft gesetzt<br />

wurde. 120 Dieses Rollenschema wird von Xenophon als natürliche Fügung begründet, keineswegs dazu<br />

gedacht, der Frau im Oikos eine niedrigere Stellung zuzuweisen. 121 Ischomachos erklärt die<br />

Ehegemeinschaft vielmehr zur gleichberechtigten Partnerschaft, koinonia, zu der jeder und jede nach<br />

bestem Können beitrage. 122 Mann und Frau haben gleichen Anteil am "Besitz" des anderen, ihn zu<br />

117 Zu Begriff und Definition von Oikos, s. allg. C. A. Cox, Household Interests (Princeton 1998) 130–167.<br />

118 Dasselbe Prinzip der Arbeitsteilung findet sich in ähnlicher Form dann ungefähr eine Generation später in den<br />

„Oikonomika“ des Pseudo-Aristoteles wieder, Aristot. oec. I, 1343b: „Denn sie (die Natur) hat eine Unterscheidung<br />

zwischen ihnen dadurch gemacht, dass Mann und Frau nicht auf den gleichen Gebieten in jeder Beziehung nützliche<br />

Kräfte besitzen, sondern zum Teil sogar solche, die einander zwar entgegengesetzt, aber auf das gleiche Ziel hin gerichtet<br />

sind.“<br />

119 Xen. oik. 8, 9–23.<br />

120 Pomeroy 1994, 88 ff. Die Autorin widmet der Sache ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Feminism and the<br />

Oeconomicus". – Zur Neuevaluierung der weiblichen Arbeit in der Antike, s. jüngst Reuthner 2006.<br />

121 Reuthner 2006, 91–96. 106 f.: im Vergleich zu Platons zeitgleichen Werken zeichnet sich der „Oikonomikos“ des<br />

Xenophon durch eine Wertschätzung der weiblichen Produktivität aus; Bundrick 2008, 310 f.<br />

122 Xen. oik. 7, 11; Just 1989, 114 umschreibt Ischomachos als “free-thinking liberal in his treatment of his wife”; Pomeroy<br />

1994, 37; Schnurr-Redford 1996, 74 f.; Hartmann 2002, 126; dies., Geschlechterdefinitionen im attischen Recht.<br />

Bemerkungen zur kyrieia, in: E. Hartmann – K. Pietner – U. Hartmann (Hrsg.), Geschlechterdefinitionen und<br />

Geschlechtergrenzen in der Antike (Stuttgart 2007) 71 f.


ewahren und zu mehren liegt in beider Interesse. 123 „Rather than polarizing husband and wife, he<br />

views their familial and economic roles as complementary; therefore they never cease to need one<br />

another” 124 , kommentiert S. Pomeroy.<br />

Wir halten also fest, dass die Verwaltung des Haushaltes zum großen Teil der Frau oblag. Bereits mit<br />

14 Jahren verheiratet, hat die junge Ehefrau des Ischomachos von der Welt um sich herum wenig<br />

gesehen und gehört. Sie beherrscht die Kunst des Webens von Textilien und hat gelernt, wie es<br />

wörtlich heißt, „ihren Appetit zu kontrollieren“. 125 Der Besitz von Sophrosyne, die Fähigkeit zur<br />

Maßhaltung und Selbstkontrolle, kann als Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Führen eines<br />

Haushaltes angesehen werden. Von der Haushaltslehre selbst hat die junge Frau aber offenbar keine<br />

Ahnung. Nicht ganz kritiklos wurde die Art und Weise hingenommen, in der die junge Frau als<br />

Neuankömmling im Haus ihres Ehemanns von diesem instruiert wird. 126 Das Bild vom geduldigen<br />

Lehrer und der gelehrigen Schülerin wirft ein deutliches Licht auf das Verhältnis der Geschlechter in<br />

dieser von Männern dominierten Gesellschaft und unterstreicht insbesondere die unterschiedlichen<br />

Reifestadien von Ehemann und Ehefrau zum Zeitpunkt ihrer Verheiratung. Eine reale Gleichstellung<br />

von Mann und Frau wird also auch in Xenophons „Oikonomikos“ nur sehr bedingt erreicht.<br />

Eine Einführung in die Kunst des Haushaltens dürfte in der Regel vermutlich nicht erst in der Ehe<br />

durch den Ehemann oder die Schwiegermutter, sondern schon früher durch die Mutter erfolgt sein, um<br />

die Tochter auf ihr späteres Leben als Ehefrau vorzubereiten. 127 Ansatzweise finden wir durchaus<br />

Hinweise, dass von den Töchtern des Hauses neben dem obligatorischen Weben auch Hilfe beim<br />

Hüten der kleineren Geschwister und bei kleineren Haushaltsarbeiten erwartet wurde. 128 Wie hoch die<br />

Inanspruchnahme solch kleiner familiärer Pflichten letztlich war, hing mit Sicherheit vom Reichtum<br />

des Familienoberhauptes und von der Anzahl der Sklaven ab. All die genannten, der Ehefrau<br />

zugewiesenen Tätigkeiten sind Bestandteil des Alltags und eines reibungslos funktionierenden Oikos,<br />

die auf die Erfüllung täglicher Bedürfnisse, das Wohlergehen der Familie und auf den Erhalt der<br />

Ordnung ausgerichtet waren. Die Aufgaben der idealen Hausfrau, die im Verlauf des Gesprächs<br />

zwischen Sokrates und Ischomachos aufgezählt werden, erfordern mehr gesunden Menschenverstand,<br />

Veranlagung und Übung als erlerntes fachspezifisches Wissen, wie es dagegen etwa das Spinnen und<br />

Weben erfordert. 129 Dass ein 14jähriges Mädchen, das erstmals auf eigene Verantwortung einen<br />

123 Xen. oik. 7, 15; Just 1989, 117; L. Foxhall, Household, Gender and Property in Classical Athens, ClQ 39, 1989, 23;<br />

Pomeroy 1994, 60 f.; Reuthner 2006, 96 erkennt im „Oikonomikos“ ein agonales Prinzip, das die Eheleute anspornen<br />

soll, effektiv zu wirtschaften.<br />

124 Pomeroy 1994, 36.<br />

125 Xen. oik. 7, 5–6.<br />

126 D. C. Richter, The Position of Women in Classical Athens, ClJ 67, 1971, 4 spricht von einer überlegenen Erfahrung und<br />

gleichzeitigem Stolz auf die Gelehrsamkeit der Ehefrau; W. Schuller, Haushalt, in: Hoepfner 1999, 546.<br />

127 Zum Grundwissen junger Frauen, s. Reuthner 2006, 117f. 124–126; H. Foley, Mothers and Daughters, in: Neils – Oakley<br />

2003, 120 setzt der Gattin des Ischomachos die Gattin des Euphiletos entgegen.<br />

128 M. Golden, Children and Childhood in Classical Athens (Baltimore 1990) 33–35. 128: Die Mithilfe von Jugendlichen in<br />

armen Familien nimmt eher die Form von Kinderarbeit an und ist von gelegentlicher Hilfeleistung in wohlhabenden<br />

Familien zu trennen.<br />

129 Mossé 1983, 36 f.; S. Moraw, Was sind Frauen? Bilder bürgerlicher Frauen im klassischen Athen, in: W. D. Heilmeyer –<br />

M. Maischberger (Hrsg.), Die griechische Klassik. Idee oder Wirklichkeit. Ausstellungskatalog Berlin – Bonn (Berlin<br />

2002) 303; Wiemer 2005, 432.<br />

S e i t e | 41


Haushalt verwaltet, über keine diesbezügliche Erfahrung verfügen kann, steht außer Diskussion. Auf<br />

der anderen Seite stellt sich die Frage, inwieweit der Bräutigam selbst, der in der Regel erst mit der<br />

Hochzeit Herr seines eigenen Oikos bzw. des Oikos seines Vaters wurde, im Metier der<br />

Haushaltsführung geschult sein kann, um wie Ischomachos seiner Frau überhaupt Ratschläge erteilen<br />

zu können? Pragmatismus scheint den Männern offensichtlich angeboren!<br />

Es handelt sich bei Xenophons Werk um ein Schriftstück mit didaktischem Anspruch, in dem die<br />

betreffenden Personen mustergültig agieren. Besonders die noch kindliche Ehefrau ist nach einem<br />

Tugendkatalog entworfen, der stellvertretend für die zeitgenössische Gesellschaft des 4. Jhs. v. Chr.<br />

steht: sie ist jung, hübsch, zurückhaltend, gehorsam, aber auch klug und ambitioniert, alle Ratschläge<br />

in die Tat umzusetzen. 130<br />

S e i t e | 42<br />

2. 3. Die Bewegungsfreiheit der verheirateten Frau<br />

Die Vielschichtigkeit der Quellengattungen und ihre z. T. doch recht widersprüchlichen Aussagen<br />

ließen Raum für subjektive Bewertungen der sozialen Stellung der Frau und deren Möglichkeiten im<br />

öffentlichen Bereich. 131 Die Frau erfüllte im antiken Griechenland ebenso wie in späteren<br />

Generationen im Wesentlichen die Rolle der Hausfrau und Mutter. Was das Urteil über die antike Frau<br />

nachhaltig verdüsterte, waren nicht ihre häuslichen Pflichten an sich, sondern die feste Überzeugung,<br />

dass sie zudem kaum jemals das Haus verließ 132 und dem Manne als rechtloses Objekt auf Gedeih und<br />

Verderb ausgeliefert war. In diesem Sinn schreibt etwa D. Lübke: „Die frauenunfreundliche<br />

athenische Demokratie eliminierte die Frauen aus dem öffentlichen Leben, wies ihnen das Haus und,<br />

es kommt noch ärger, im Haus die Küche, das Kinderzimmer und das Gynaikeion (Frauengemach) als<br />

Betätigungsfeld zu. Rechtlich stand die Bürger-Frau, wie jeder andere zum oikos gehörende tote oder<br />

lebende Hausrat, unter der Verfügungsgewalt des Hausvaters.“ 133 In der benachteiligten juristischen<br />

Stellung der griechischen Frauen und ihrem Ausschluss aus dem politischen Leben sieht auch C.<br />

Reinsberg die Ursache für ihre Abhängigkeit und Unterlegenheit: „Die rechtliche Unmündigkeit und<br />

Abhängigkeit griechischer Ehefrauen spiegelt sich wider in ihrer sozialen Situation, der Enge ihres<br />

bürgerlichen Existenzraumes und der Ausgrenzung von jeder Öffentlichkeit. Die mangelhafte<br />

130 Durch glückliche Umstände haben wir Kenntnis vom weiteren Schicksal Chrysillas, der im “Oikonomikos” noch<br />

anonymen Ehefrau des Ischomachos. Vom Bild der perfekten Ehefrau lässt die Realität nicht viel übrig, s. And. 1, 124<br />

ff.: Nach dem Tod des Ischomachos beginnt sie eine Affäre mit ihrem Schwiegersohn. Ihre Tochter ist darüber so<br />

unglücklich, dass sie sich zu erhängen versucht; s. z. B. H. Foley, Mothers and Daughters, in: Neils – Oakley 2003, 129<br />

f.; Hartmann 2007, 64–67. 76 f.<br />

131 Wegweisend z. B. A. W. Gomme, The Position of Women in Athens in the fifth and fourth Centuries, CP 20, 1925, 1–25;<br />

s. auch B. Wagner-Hasel, Women´s Life in Oriental Seclusion? On the History and Use of a Topos, in: M. Golden – P.<br />

Toohey (Hrsg.), Sex and Difference in Ancient Greece and Rome (Edinburgh 2003) 241–252.<br />

132 Nach Plat. leg. 781c sind es Frauen “gewohnt, im Verborgenen (dedykos) und im Dunkeln (skoteinon) zu leben”; Peschel<br />

1987, 12; Fantham 1994, 103.<br />

133 D. Lübke, Platon über Frauen, Liebe und Ehe, in: M. Kunze (Hrsg.), Die Frau in der Antike. Kolloquium der<br />

Winckelmann-Gesellschaft Stendal 1985 (Stendal 1988) 51.


Ausbildung in ihrer Kindheit und die allzu frühe Verheiratung führen auf die Eingeschränktheit ihres<br />

späteren Daseins zu.“ 134<br />

Die Verachtung der athenischen Haus- und Ehefrau, so wie sie von Wissenschaftlern lange bewertet<br />

wurde, rührt außerdem von ihrem geringen juristischen Stellenwert her. Der rechtliche Status der<br />

athenischen Bürgerin vor 2500 Jahren kann selbstredend nicht dem einer Frau im heutigen Europa<br />

entsprechen. Dennoch werden stets Vergleiche mit modernen Rechtssystemen bemüht. Die rechtliche<br />

Abhängigkeit der Frau von ihren männlichen Verwandten oder vom Ehepartner wird mit einer<br />

Geringschätzung der Frau in rechtlichen Belangen gleichgesetzt und gleichermaßen auf ihre soziale<br />

Stellung übertragen.<br />

Die Vorstellungen der Gelehrten hinsichtlich der sozialen Stellung der athenischen Frau variierten von<br />

Anfang an vor allem deshalb stark, da den verschiedenen Quellengattungen nicht die gleiche<br />

historische Aussagekraft zugestanden wurde. Inzwischen ist man immerhin zu der Einsicht gelangt,<br />

dass eine Selektion der Quellen unvollständige Eindrücke oder gar Fehlinterpretationen zur Folge<br />

hat. 135 Eine Neubewertung der Bewegungsfreiheit der athenischen Ehefrau erfolgte durch C. Schnurr-<br />

Redford. 136 Anhand einer erschöpfenden Anzahl an Quellen, die sowohl der Tragödie, Komödie als<br />

auch den Gerichtsreden entnommen wurden, zeigte sie, wie vielschichtig das Bild der Frau in der<br />

Antike war, und wie sehr sich die Quellenrezeption von vorherrschenden Vorurteilen gegenüber der<br />

antiken Frau leiten ließ. Quellen wurden vielfach außerhalb ihres Kontextes zitiert, oftmals als<br />

Ausdruck der Realität missverstanden, ohne die Situation und den Sprecher zu berücksichtigen oder<br />

das Geäußerte als subjektive Meinung zu erkennen. 137<br />

Es unterliegt nach wie vor keinem Zweifel, dass strenge Moralvorschriften das Leben der Frauen<br />

reglementierten und das Ausgehen der Frauen mitunter ungern gesehen wurde. Längst ist aber klar,<br />

dass man solche Aussagen nicht bedenkenlos als Ausdruck der Realität verstehen kann. Viele<br />

Textstellen antiker Quellen, die lange Zeit als Beleg für die Eingeschlossenheit der Frau herangezogen<br />

wurden, drücken meist sehr bestimmt aus, wie das Verhalten einer verheirateten Frau auszusehen<br />

hatte. Nicht selten sind einschlägige Stellen aber als Ermahnungen formuliert, die zeigen, dass Ideal<br />

und Wirklichkeit nicht immer übereinstimmen.<br />

134 Reinsberg 1993, 41; s. auch C. Sourvinou-Inwood, Männlich und Weiblich, Öffentlich und Privat, Antik und Modern, in:<br />

Reeder 1995, 113.<br />

135 Gomme a. O. (Anm. 131) 1–25; J. Gould, Law, Custom and Myth: Aspects of the social Position of Women in Classical<br />

Athens, JHS 100, 1980, 40–42: “Discussion of the social position of women in antiquity has been characterised by over-<br />

simplification of the issues, by concentration on the part of different investigators on mutually exclusive sets of data, and<br />

by a tendency to false statement which the actual evidence is enough to rebut.”; Pomeroy 1985, 88 f. 141 f.<br />

136 Just 1989, 105–125; Schnurr-Redford 1996, 119–132.<br />

137 Gomme a. O. (Anm. 131) 12; C. Seltman, Women in Antiqutiy (London 1956) 111 f. – Zu den misogynen Äußerungen<br />

und Platitüden in den euripideischen Werken, s. auch Pomeroy 1985, 158–160.<br />

S e i t e | 43


S e i t e | 44<br />

2. 3. 1. Geschlechterspezifische Lebensräume<br />

Wenn Xenophon im „Oikonomikos“ das Haus als Wirkungsort der Frau benennt, so geschieht dies in<br />

keiner Weise in diskriminierender Absicht. Er umreißt vielmehr nüchtern die Aufgabenteilung eines<br />

Ehepaars, wie sie von der Natur begünstigt erscheint, damit ein jeder nach bestem Vermögen zum<br />

Gedeihen des Oikos und zur Mehrung des Besitzes beitrage. 138 Die Auffassung der Griechen von<br />

separaten Aufgaben- und Lebensbereichen von Mann und Frau wurde früher oft als Argument für die<br />

Geschlechterseparation herangezogen, die im Falle der Frau mit Eingeschlossenheit, Vernachlässigung<br />

und Verachtung gleichgesetzt wurde. 139 Man verstand die Aufgaben- und Raumaufteilung Xenophons<br />

als in alle Lebensbereiche übergreifendes und stringent befolgtes Gesetz: der Mann agiert außerhalb<br />

des Hauses, die Frau hält sich darin auf. 140 Man ging einst davon aus, dass der Frau nur zu Hochzeiten<br />

oder Kultfesten das Verlassen des Hauses erlaubt war, und ansonsten die Schwelle des Hauses die<br />

Grenze zwischen ihrer Lebenswelt und der der Männer bildete. 141 Durch Politik und Geschäfte von<br />

zuhause ferngehalten, genossen die Ehemänner stattdessen den Umgang mit den freizügigeren und<br />

amüsanteren Hetären 142 , die keine Sozialnorm ans Haus fesselte. Hetären und Prostituierte hatten im<br />

Gegensatz zu den Bürgerinnen uneingeschränkt Zutritt zu den Männerdomänen, ihre Wege kreuzten<br />

sich auf den Straßen, auf der Agora und natürlich bei den Symposien. 143 Die getrennten<br />

Lebensbereiche von Mann und Frau mussten sich folglich verheerend auf die ehelichen und familiären<br />

Beziehungen ausgewirkt haben.<br />

Die Frage nach der Bewegungsfreiheit der Frau schließt jedoch nicht nur das Verlassen des Hauses<br />

mit ein, sondern auch das sich frei Bewegen im Haus selbst. Lange Zeit hielt sich die Vorstellung, dass<br />

den Frauen in den athenischen Haushalten in Form der Gynaikonitis ein Rückzugsort eingeräumt<br />

worden war, in dem sie weitab von der feindlichen Außenwelt, aber auch von den Männern ihres<br />

eigenen Hauses, ihre Arbeiten versahen. 144 Der Kontakt des Ehepaares, so meinte man, beschränkte<br />

sich auf ein Minimum, Mann und Frau bewegten sich praktisch selbst im eigenen Haus in separierten<br />

Bereichen. Je nach Forschungsrichtung wurde diese häusliche Separierung teils sogar mit Isolierung<br />

und Eingeschlossenheit gleichgesetzt: „Closed off in the integral part of the house to which the men<br />

did not have access, the married woman had no chance to meet persons other than members of the<br />

household.” 145 Oder: „Während die verheirateten Frauen selten über die Schwelle der äußeren Tür<br />

138 Xen. oik. 7, 18–32.<br />

139 Seltman a. O. (Anm. 137) 111 f.; Just 1989, 118 f.<br />

140 J.-P. Vernant, Myth and Thoughts among the Greeks (London 1983) 132 f.: Das Innere wird mit dem Weiblichen, der<br />

äußere Raum mit dem Männlichen gleichgesetzt. – Zur Problematik der Kategorisierung „Öffentlich“ und „Privat“, s. C.<br />

Sourvinou-Inwood, Männlich und Weiblich, Öffentlich und Privat, Antik und Modern, in: Reeder 1995, 111–120;<br />

Hartmann 2002, 22.<br />

141 z. B. R. Flacelière, Griechenland. Leben und Kultur in klassischer Zeit (Stuttgart 1977) 81.<br />

142 Allg. RE VIII, 2 (1913) 1331–1372 s. v. Hetairai (K. Schneider); RAC III (1957) 1154–1187 s. v. Dirne (H. Herter).<br />

143 z. B. Mossé 1983, 63: Hetären “les seules femmes vraiment libres de l´Athènes classique.”<br />

144 Keuls 1985, 110: “As a result of the strict segregation of men and women, a man´s own women´s quarters must have<br />

been largely unknown territory to him.” Reinsberg 1993, 43; kritisch F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel<br />

(Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 223.<br />

145 E. Cantarella, Pandora´s Daughters, The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore 1987) 46.


ihres Hauses nach draußen schreiten, erscheinen die Mädchen kaum im Innenhof, da sie ja fern den<br />

Blicken, abseits selbst von den männlichen Angehörigen der Familie, leben müssen.“ 146<br />

Gestützt wurde diese Interpretation vermeintlich durch archäologische sowie durch literarische<br />

Überlieferungen. Die griechischen Vasenbilder zeigen in den sog. Frauengemachsszenen einen<br />

Ausschnitt aus dem Alltag der Frauen im Oikos. Der Umstand, dass die Frauen in diesen<br />

Darstellungen in der Regel unter sich sind, hat das Verständnis der Gynaikonitis, des Frauengemachs,<br />

nachhaltig geprägt. Daneben sind vereinzelte antike Textpassagen zu nennen, wie etwa die in den<br />

„Gesetzen“ Platons, der bezüglich der Lebensweise der Frauen schreibt, sie hätten ein schattenhaftes<br />

und zurückgezogenes Dasein geführt 147 , oder die Aussage bei Lysias, der behauptet, die weiblichen<br />

Mitglieder eines Haushaltes lebten so zurückgezogen, dass sie nicht einmal den Anblick der nahen<br />

männlichen Verwandten gewohnt seien 148 . Cornelios Nepos, freilich ein römischer Autor, der die<br />

griechischen Sitten bereits aus einer großen zeitlichen Distanz beurteilt, sagt in seiner Praefatio<br />

explizit, die Griechen hätten ihre Frauen in der Gynaikonitis eingesperrt. 149<br />

Inzwischen hat die Wissenschaft erkannt, dass die Trennung der Geschlechter, die in den antiken<br />

Schriftquellen eine starre Vorgabe der Gesellschaft zu sein scheint, im griechischen Alltagsleben<br />

vielerlei Gestalt annehmen kann. Separation ist nicht gleich Isolation. 150 Man sollte also nicht von<br />

einer faktischen räumlichen Absonderung oder Eingeschlossenheit der Bürgerinnen ausgehen, sondern<br />

zunächst von einer ideologischen Trennung der Lebensbereiche „Haus“ und „Öffentlichkeit“, die sich<br />

dann allerdings bis zum einem gewissen Grad auch im sozialen Miteinander des Wohnhauses<br />

widerspiegelt. Wenn wir uns in einem der nachfolgenden Kapitel mit der griechischen Wohnkultur<br />

und dem Sozialleben innerhalb des Oikos beschäftigen, soll auch die Institution der Gynaikonitis<br />

nochmals hinterfragt werden. 151<br />

146 R. Flacelière, Griechenland. Leben und Kultur in klassischer Zeit (Stuttgart 1977) 81.<br />

147 Plat. leg. 781c: Der Text benutzt das Gegensatzpaar Licht – Dunkel, das hier in etwa mit privat – öffentlich gleichgesetzt<br />

wurde. Sinngemäß bedeutet dies lediglich, dass die Frauen zurückgezogen lebten, der Begriff der Gynaikonitis fällt an<br />

dieser Stelle nicht.<br />

148 Lys. 3, 6.<br />

149 Nep. praef. 1,7: “Bei den Griechen ist das anders. Dort nämlich lässt man eine Frau zu derartigem (gemeint sind<br />

Gastmäler) nicht zu – es sei denn, die Einladung beschränkt sich auf die nächsten Verwandten –, und sie verlässt kaum je<br />

den innersten Teil des Hauses, Frauengemach genannt, den außer den nächsten Familienangehörigen niemand betreten<br />

darf.“ Z. T. ist sicherlich auch die direkte Gegenüberstellung von griechischen und römischen Sitten dafür verantwortlich,<br />

dass die kulturellen Unterschiede derart plakativ formuliert werden.<br />

150 z. B. D. Cohen, Seclusion, Separation, and the Status of Women in Classical Athens, GaR 36, 1989, 6 f.; Kreilinger 2007,<br />

47 Anm. 347.<br />

151 s. Kap. 2. 4.<br />

S e i t e | 45


S e i t e | 46<br />

2. 3. 2. Sittliches Verhalten<br />

Die Tragödien geben in besonderem Maße einen Eindruck, wie heikel und notwendig die Einhaltung<br />

gesellschaftlicher Normen zur Wahrung der politischen wie familiären Ordnung war. 152 Einige der<br />

Dramen scheinen so eindringlich an das weibliche Wohlverhalten zu appellieren, dass man die<br />

Anwesenheit von Frauen im Theaterrund fast voraussetzen möchte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass<br />

die Verhaltensideale der tragischen weiblichen Rollen die zeitgenössischen moralischen Ansprüche<br />

reflektieren. 153 Antigone, die tragische Heldin des Sophokles, wird von Euripides zunächst als<br />

unschuldiges und sittsam erzogenes Mädchen geschildert. Als sie vom Dachumgang des Hauses einen<br />

Blick auf das feindliche Lager vor den Toren der Stadt erhaschen will, trägt der sie begleitende<br />

Paidagogos Sorge, dass sie nicht von Passanten auf der Straße gesehen wird:<br />

„Antigone, des Hauses stolzes Reis,<br />

Da du das Heer von Argos schauen willst<br />

Und endlich dich die Mutter aus dem Saal<br />

Der Mädchen bis zum Söller steigen ließ,<br />

So will ich noch den Weg hinunter sehn,<br />

Ob sich kein Bürger auf den Straßen zeigt<br />

Und mich, den Diener, schelten kann wie dich,<br />

Die Herrin.<br />

[...]<br />

Kein Bürger streift das Haus, so steig getrost<br />

Die alte Zedertreppe ganz herauf!“ (Eur. Phoen. 88–100)<br />

Ein Muster an Tugend und Gehorsam verkörpert Andromache:<br />

„Ob eine Frau im bösen Leumund steht,<br />

Ob nicht, so wird ihr dieses schon verargt,<br />

Wenn sie sich außer Hauses hält: ich blieb,<br />

Auch wenn das Draußen lockte, im Gemach.“ (Eur. Tro. 647–650)<br />

Zu den Tugenden und Beschränkungen, die sich Andromache auferlegt hat, gehört auch das<br />

Ausgehen: sie hat es sich gänzlich versagt, um ihren guten Ruf nicht zu gefährden. Eine solche<br />

Willfährigkeit ist selbstverständlich überaus lobenswert. 154 Andromache scheint sich tatsächlich an<br />

einem Modell weiblicher Tugendhaftigkeit zu orientieren, das bis in die Zeit des Semonides 155<br />

zurückgeht und im 5. Jh. v. Chr. nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt hat.<br />

152 Fantham 1994, 74: [Die Tragödiendichter] “invented fantastic female characters to argue out difficult social conflicts and<br />

create women who act in ways not permitted to them in life, these striking pictures of the complex problems of a wife´s<br />

existence seem to express genuine contradictions in her role, if only in the male imagination.”<br />

153 Mossé 1983, 109 f. 112: Die traditionelle Stellung der Frau ist für die Dramen des Euripides weiterhin verbindlich. –<br />

Zum geschlechtsspezifischen Rollenverständnis in der Tragödie, z. B. Pomeroy 1985, 146–154. 166 f.; K. Dowden,<br />

Approaching Women through Myth: Vital Tool or Self-Delusion?, in: R. Hawley – B. Levick (Hrsg.), Women in<br />

Antiquity. New Assessments (London 1995) 44–57.<br />

154 M. Lefkowitz, Wives and Husbands, in: I. McAuslan – P. Walcot (Hrsg.), Women in Antiquity (Oxford 1996) 68.<br />

155 Sem. fr. 7, 83–93 West.


Die Frauengestalten der Komödie scheinen auf den ersten Blick eher dem realen Leben entlehnt zu<br />

sein als die mythischen Heroinen der Tragödie. Die Frauen des Aristophanes sind aber keineswegs<br />

brave Hausmütterchen oder ideale Ehefrauen. Auf einzigartige Weise setzt Aristophanes das Mittel<br />

der Überzeichnung ein, um ein um das andere Mal die charakterlichen Mängel der Frauen für seinen<br />

spitzzüngigen Humor zu gebrauchen. Dass in den Komödien ein Frauenbild entsteht, das dem der<br />

euripideischen Tragödie in der Regel diametral entgegensteht, überrascht nicht. Die Wahrheit mag<br />

irgendwo zwischen den frech-frivolen Weibern des Aristophanes und den hochgesinnten, mutigen<br />

Damen des Euripides liegen. 156 Doch obwohl die Gestaltung der agierenden Personen der Gattung der<br />

Komödie verpflichtet ist, handeln diese stets vor dem sozial-politischen Hintergrund des<br />

zeitgenössischen Athens, so dass manche grundlegende Aussage für die Rekonstruktion des<br />

Alltagslebens der athenischen Frauen durchaus berücksichtigt werden kann. 157 Wenn etwa Kalonike in<br />

der "Lysistrate" sagt:<br />

„Ein Ausgang macht bei Frauen<br />

Sich nicht so leicht: man muss den Mann bedienen,<br />

Die Knechte wecken, muss das Kind zurecht<br />

Erst legen, sauber waschen und es füttern.“ (Aristoph. Lys. 16–19)<br />

ist offensichtlich, dass das Ausgehen an sich nicht untersagt war, sondern vielmehr die zeitraubenden<br />

und mannigfaltigen Tätigkeiten die Frauen im Hause festhielten. 158 Die ungehaltenen Äußerungen des<br />

Blebyros in den „Ekklesiazusen“ des Aristophanes über seine Gattin, die frühmorgens unbemerkt das<br />

Haus verlassen hat, haben ihre Ursache in erster Linie in dem Umstand, dass sie seinen Mantel und<br />

seine Schuhe mitgenommen hat, und er sich, um auf den Abtritt zu gehen, mit ihren Frauenkleidern<br />

behelfen muss. Er ist von ihrer Abwesenheit wenig begeistert und legt ein mürrisches Misstrauen an<br />

den Tag, das häufig die männliche Einstellung den Frauen gegenüber prägt:<br />

„Denn Gutes kam noch nie heraus, so oft<br />

Sie ausging!“ (Aristoph. Eccl. 325–326)<br />

Er unterstellt ihr jedoch keine unmoralischen Motive. 159 Den Seitensprung, der ja zu den festen Topoi<br />

der Komödie gehört, bringt später Praxagora selbst ins Gespräch. Doch sowohl die Vermutung des<br />

Nachbarn, Praxagora könne das Frühstück bei einer ihrer Nachbarinnen einnehmen, als auch die<br />

Antwort Praxagoras, sie habe Geburtshilfe bei einer guten Freundin geleistet, geben akzeptable<br />

Gründe für eine Frau an, das Haus zu verlassen. 160<br />

Überhaupt hat man bei der Quellenlektüre stets den Eindruck, dass in erster Linie das unmotivierte<br />

Ausgehen oder Verlassen des Hauses auf Kritik stößt. Angesichts der Verletzlichkeit des guten Rufes<br />

und der Bedeutung von Anstand und sexueller Maßhaltung bzw. Keuschheit für die Reinhaltung des<br />

156 Zumal die Tragödie und die Komödie Frauen unterschiedlichen Standes auftreten lassen, s. Schnurr-Redford 1996, 71.<br />

157 Mossé 1983, 114.<br />

158 C. Seltman, Women in Antiquity (London 1956) 111; D. C. Richter, The Position of Women in Classical Athens, ClJ 67,<br />

1971, 6; Lacey 1983, 158.<br />

159 Aristoph. Eccl. 350.<br />

160 Aristoph. Eccl. 348–349. 528–529.<br />

S e i t e | 47


Oikos betrachtete man das Ausgehen bürgerlicher Frauen mit gemischten Gefühlen. 161 Die Begleitung<br />

einer Dienerin und eine züchtige Aufmachung, die möglicherweise auch die Verschleierung des<br />

Kopfes und/oder des Gesichtes beinhaltete, sorgten dafür, die Frau sozusagen unsichtbar und<br />

unangreifbar zu machen. 162 Theophrasts Charakterstudie des „Knausrigen“ bemängelt, dass diesem<br />

sogar der Ankauf einer Sklavin für seine Frau zu teuer kommt:<br />

S e i t e | 48<br />

„Seiner Frau, die ihm Mitgift mit in die Ehe gebracht hat, kauft er keine Dienerin, sondern<br />

mietet für ihre Besorgungen ein Mädchen vom Weibermarkt als Begleiterin.“<br />

(Theophr. char. 22, 10)<br />

Da eine Begleitung jedoch von der Etikette, vielleicht aber auch vom Geltungsbedürfnis gefordert<br />

wird, mietet er seiner Frau je nach Bedarf eine Begleiterin an. Dies beweist, dass eine Frau, wenn sie<br />

das Bedürfnis hatte, das Haus zu verlassen, nicht grundsätzlich davon abgehalten wurde.<br />

Obwohl die Komödie am ehesten dazu neigt, das Weibervolk in seiner ganzen Freizügigkeit und<br />

Keckheit bloßzustellen, gibt es auch hier Passagen, welche die Grenzen dieser ansonsten so zügellosen<br />

Frauen aufzeigen. In den "Thesmophoriazusen" findet sich folgender Kommentar des Chors:<br />

„Zwar schimpfen jetzt all´ auf das Frauengeschlecht und setzen es schmählich herunter:<br />

Wir seien, so lügt man, der Fluch der Welt und der Urquell alles Verderbens!<br />

Wir gebären nur Hass, Zank, Kummer und Not und Empörung und Krieg! – Nun wohlan<br />

denn!<br />

Wenn ein Fluch wir sind, was freit ihr uns denn, warum, wenn wir wirklich ein Fluch sind?<br />

Was verbietet ihr uns, auf die Straße zu gehen, ja, nur aus dem Fenster zu gucken?<br />

Was bemüht ihr euch denn so mit ängstlichem Fleiß, zu hüten den Fluch und zu halten?<br />

Und geht ein Weibchen mal irgendwohin, und ihr findet sie nicht in der Stube,<br />

So tobt ihr wie rasend, anstatt euch zu freuen und den Göttern zu opfern, dass endlich<br />

Ihr entschwunden ihn seht aus dem Hause, den Fluch, und ihr nimmer ihn trefft in der<br />

Stube;<br />

Und schläft man einmal in der Freundin Haus, wo man müd sich getanzt und gejubelt<br />

Da laufen sie denn um die Betten herum und suchen den Fluch zu erwischen.<br />

Kaum gucken wir einmal zum Fenster hinaus, will jeder den Fluch sich betrachten,<br />

Und zieht man verschämt sich ein bisschen zurück, da gaffen sie nur noch verrückter,<br />

Ob der Fluch nicht noch einmal am Fenster erscheint!“ (Aristoph. Thesm. 789–799)<br />

Diese Textpassage verdeutlicht in vollem Umfang, wieso es so schwierig ist, eine exakte Aussage über<br />

die Stellung der Frau in der Antike zu formulieren. Denn während es meist schon misslingt, Urteile<br />

verschiedener Gattungen auf einen Nenner zu bringen, so ist hier nicht einmal die Aussage weniger<br />

Zeilen in sich stimmig. Während da noch behauptet wird, das Verlassen des Hauses sei verboten, ja<br />

gar das Aus-dem-Fenster-Blicken ungern gesehen, wird einige Zeilen später konstatiert, dass dieselben<br />

161 J. F. Gardner, Aristophanes and Male Anxiety. The Defence of the Oikos, GaR 36, 1989, 52 f.<br />

162 Llewellyn-Jones 2003, 1–4 bezeichnet den Schleier als “portable form of seclusion that a woman is able to wear on her<br />

visits into the male public world.”; nach Richter a. O. (Anm. 158) 6 war es auch eine Frage der Sicherheit, nicht allein auf<br />

die Straßen Athens zu gehen; Schnurr-Redford 1996, 131 interpretiert Kopfbedeckungen als Sonnenschutz; D. L. Cairns,<br />

The Meaning of the Veil in Ancient Greek Culture, in: L. Llewellyn-Jones (Hrsg.), Women´s Dress in the Ancient Greek<br />

World (London 2002) 73–75. 80 f.


Frauen sich zum Feiern träfen und die Nächte bei Freundinnen verbrächten. Der Text offenbart die<br />

Diskrepanz zwischen der gestrengen Moralvorstellung der Öffentlichkeit und dem gelebten Alltag. 163<br />

Er deutet aber auch auf eine Auseinandersetzung der Frauen mit dem gemeinhin vorauszusetzenden<br />

Frauenbild hin. Das Verhalten der Männer ist dabei im Grunde ebenso wie das der Frauen ambivalent:<br />

Männer erhaschen ganz gerne mal einen Blick auf eine Frau, doch wenn jene Frau aus dem Fenster<br />

guckt, nennt man sie neugierig oder dreist. Die Frauen werden als Übel bezeichnet, das allerdings<br />

behütet wird. Halten sie sich außer Haus auf, ist Mann nicht etwa froh sie los zu sein, sondern tobt und<br />

zetert. Das Ausgehen ist ihnen nicht kategorisch verboten – immerhin feiern sie z. B. ausgelassen mit<br />

ihren Freundinnen –, es wird jedoch von ihren Ehemännern nicht immer gutgeheißen, besonders dann,<br />

wenn sie über Nacht abwesend sind oder ihr Verbleib unbekannt ist. D. Cohen bringt es mit seinem<br />

Resümee auf den Punkt: „Women should not leave the house but participation in their independent<br />

sphere of social, religious, and economic activities requires that they do so.” 164<br />

Es wurden nun schon einige Gelegenheiten benannt, die die Abwesenheit der Frau im Haus<br />

entschuldigen. Der nachbarschaftliche Kontakt machte einen großen Anteil des sozialen Lebens der<br />

Frau außerhalb des Oikos aus. 165 Die Ehefrau des Teisias war nach Aussage ihres Sohnes mit der<br />

Nachbarsfrau lange Zeit eng befreundet:<br />

"Before they undertook this malicious action against me, my mother and theirs were<br />

intimate friends and used to visit one another, as was natural, since both lived in the country<br />

and were neighbours, and since, furthermore, their husbands had been friends while they<br />

lived." (Demosth. or. 55, 23)<br />

Immer wieder erhaschen wir in den Quellen einen Blick auf die Selbstverständlichkeit, mit der der<br />

Gang nach nebenan unternommen wird, sei es um Kleinigkeiten des Alltags zu borgen, konkrete Hilfe<br />

zu leisten oder sei es um einfach ein Schwätzchen zu halten. Dem Kleinlichen aus Theophrasts<br />

„Charakteren“ geht nachbarschaftliches Entgegenkommen in Form von Borgen jedoch gegen den<br />

Strich:<br />

„Und seiner Frau verbietet er, Salz, Lampendocht, Kümmel, Majoran, Opferschrot, Binden,<br />

Opferteig zu verborgen, sondern sagt: „Diese Kleinigkeiten machen im Jahr viel aus."<br />

(Theophr. char. 10, 13)<br />

In den "Ekklesiazusen" honoriert Chremes die Bereitschaft und Ehrlichkeit der Frauen, die darüber<br />

hinaus auch Wertsachen verliehen und zwar ohne schriftlichen Vertrag:<br />

„Die Weiber, sagt´ er, leih´n einander Kleider,<br />

Juwelen, Vasen, Silbersachen, unter<br />

Vier Augen, ohne Zeugen: dennoch geben<br />

Sie alles treu und redlich wieder heim.“ (Aristoph. Eccl. 446–449)<br />

163 D. Cohen, Seclusion, Separation, and the Status of Women in Classical Athens, GaR 36, 1989, 5.<br />

164 Cohen a. O. (Anm. 163) 11.<br />

165 „Weibliche Gegenwelt“, s. Schnurr-Redford 1996, 132–140; anders dagegen Pomeroy 1985, 132, sie versteht die<br />

Isolation der Ehefrau als absolut: „[…] lebten in den meisten Fällen auch völlig isoliert in ihren Häusern und hatten daher<br />

auch keine Möglichkeit, mit Frauen außerhalb ihrer Familie Beziehungen zu unterhalten.“<br />

S e i t e | 49


Der Austausch von Neuigkeiten war sicherlich zusätzlich Zweck solch gegenseitiger Besuche und<br />

konnte mitunter die Form regelrechter Klatschsucht annehmen. Andromache mit ihren hohen Idealen<br />

distanziert sich bewusst vom üblen Geschwätz jener Frauen:<br />

S e i t e | 50<br />

Auch ließ ich Winkelwort der Nachbarfraun<br />

Niemals ins Haus, gebrauchte den Verstand,<br />

Den Gott mir gab, und war mir selbst genug. (Eur. Tro. 651–653)<br />

Auch Hermione sieht im Geschwätz eher eine Einmischung in fremde Angelegenheiten und gibt den<br />

Nachbarinnen schließlich die Schuld daran, sie mit übler Nachrede gegen Andromache indoktriniert<br />

zu haben 166 .<br />

Ganz andere Regeln als für die Frauen der Oberschicht galten natürlich für jene Frauen aus den<br />

niedrigeren Schichten, die beruflichen Tätigkeiten nachgingen. All die arbeitenden Frauen – seien es<br />

Verkäuferinnen von Kränzen, Textilien und Gemüse, Wirtinnen oder Geldverleiherinnen – konnten<br />

sich den Luxus vornehmer Zurückgezogenheit nicht leisten. 167 Geschlechterseparation wurde bei<br />

ärmeren Schichten oder verarmten Familien also zugunsten der ökonomischen Erhaltung des Oikos<br />

aufgegeben. Dies führte zu gemeinschaftlichem Arbeiten bzw. der Okkupation ansonsten weitgehend<br />

männlich dominierter Berufe. 168 Es würde aber nicht weiter verwundern, wenn auch die ärmeren<br />

Athener versuchten, gewissen moralischen Grundsätzen die Treue zu halten, selbst dann, wenn sie in<br />

unseren Augen mit den Anforderungen des Alltags unvereinbar scheinen. 169<br />

2. 3. 3. Zwischengeschlechtliche Kontakte<br />

Nähme man die Textpassage des Lysias wörtlich, dass nämlich die unverheirateten Nichten und<br />

Schwestern so zurückgezogen und behütet im Haus ihres Bruder lebten, dass sie sogar den Anblick<br />

ihrer nächsten männlichen Verwandten mieden 170 , ergäbe sich für die Lebenssituation der<br />

(unverheirateten) Frau in der Antike ein Bild der absoluten Isolierung, das tatsächlich an<br />

Eingeschlossenheit grenzt. Dass diese Textstelle jedoch nur eine mögliche Wirklichkeit von vielen<br />

wiedergibt und Frauen das Haus zu diversen Gelegenheiten sehr wohl verlassen haben, dürften die<br />

166 Eur. Andr. 930–933.<br />

167 Plat. leg. 918e; Schnurr-Redford 1996, 213–224.<br />

168 Z. B. R. Brock, The Labour of Women in Classical Athens, ClQ 44, 1994, 336–346; Schnurr-Redford 1996, 212–224.<br />

169 J. Gould, Law, Custom and Myth: Aspects of the Social Position of Women in Classical Athens, JHS 100, 1980, 48; Just<br />

1989, 113: „What the women of the poor were forced to do need not contradict a dominant ideology in terms of which<br />

female seclusion was desirable. And such an ideology can remain dominant, although perhaps it was only the well-to-do<br />

who could translate it into full practice.”<br />

170 Lys. 3, 6: Anlass für den Aufruhr und die häusliche Ruhestörung, die schließlich in einem Gerichtsverfahren mündeten,<br />

war jedoch wohlgemerkt ein Jüngling, den der Ankläger bei sich im Haus aufgenommen hatte, um ihn in seiner Nähe zu<br />

haben und ihm Schutz gegen den Angeklagten zu gewähren. Dass Hetären ins Haus geholt wurden, ist überliefert; dass<br />

jedoch ein Jüngling in einem Haus zusammen mit unverheirateten Mädchen untergebracht und eine Affäre in einer<br />

Gesellschaft, die Diskretion vor allem in homoerotischen Angelegenheiten so schätzte, so offen ausgelebt wurde, ist sehr<br />

ungewöhnlich.


angeführten Textbeispiele des vorhergehenden Kapitels ausreichend belegt habe. Außerhalb des Oikos<br />

mussten die Regeln des Anstands umso strikter eingehalten werden. Dies bedeutete v. a. für die<br />

gesellschaftliche Elite, nicht ohne Begleitung auszugehen, züchtig gekleidet und zurückhaltend<br />

aufzutreten und sich von fremden Männern fernzuhalten. 171 Inwieweit die Ehefrauen in und außerhalb<br />

des Hauses Kontakt zu Männern hatten, ist ein anderes Problem. Elektras Ehemann rügt seine Gattin,<br />

als er sie im Gespräch mit zwei vermeintlich Fremden vor der eigenen Haustür ertappt:<br />

„Was seh ich für Fremde vor meinem Gehöft?<br />

Was führt sie herauf zu dem einsamen Haus?<br />

Sie suchen doch mich? Nie hat es der Frau<br />

Bei fremden Männern zu stehen geziemt.“ (Eur. El. 341–344) 172<br />

Der Anforderung, Distanz zu Außenstehenden zu wahren, wurde im Grunde Folge geleistet, zu<br />

wichtig war das soziale Renommee, das auf dem Spiel stand. Das Prinzip der Geschlechtertrennung<br />

ließ Männern und Frauen jedoch genügend Gelegenheit, einander bei offiziellen Anlässen zu<br />

begegnen. Die Ehefrau des Euphiletos z. B. knüpfte erste zarte Band mit ihrem späteren Liebhaber<br />

ausgerechnet während der Bestattungszeremonie ihrer Schwiegermutter. 173 Sokrates beauftragt in<br />

Platons „Phaidon“ einen seiner Freunde und Schüler, Xanthippe und ihr Kind vom Gefängnis aus nach<br />

Hause zu begleiten. 174 Ob er dies tat, weil sich eine männliche Begleitung mehr ziemte als gar keine,<br />

oder ob er sie in ihrem desolaten Geisteszustand nicht allein wegschicken wollte, ist ungewiss.<br />

Dass ein Mann regen Umgang mit Freunden hatte und auch in deren Häusern verkehrte, ist<br />

selbstverständlich, ob und inwieweit diese allerdings auf trautem Fuße mit der Hausherrin standen,<br />

dagegen fraglich. Generell bevorzugt man die von S. Blundell vertretene These: “In her own home a<br />

wife would not be expected to have any contact with male visitors. She was not present when guests<br />

were entertained, even if the invitation had been an impromptu one.” 175 Einige Verse des Semonides<br />

widersprechen, indem sie konstatieren, dass der Frauentypus der Hündin mit einem derart argen<br />

Redefluss gesegnet ist, dass sie nicht einmal im Beisein von Gästen schweigt. 176 Nun schrieb<br />

Semonides allerdings seine Gedichte bereits im 7. Jh. v. Chr. Des Weiteren ist die Information zu<br />

unspezifisch, um auf irgendwelche sittliche Gepflogenheiten schließen zu können. Diverse Zeugnisse,<br />

die zeigen, wie groß die Skrupel gewöhnlich gewesen sind, ein fremdes Haus zu betreten, sprechen<br />

meiner Einschätzung nach nicht so sehr für die Abschirmung der Ehefrau als für die Einhaltung<br />

grundsätzlicher Regeln des Anstands, die besonders dann angebracht war, wenn der Besucher der<br />

Dame des Hauses nicht bekannt war. Die Privatsphäre wurde hochgehalten, berücksichtigt man, dass<br />

171 Schnurr-Redford 1996, 88.<br />

172 s. hierzu auch Schnur-Redford 1996, 154; Sojc 2005, 42–44 macht an der Begegnung von Klytemnästra und Achill im 3.<br />

Epeisodion von Eur. Iph. Aul. deutlich, dass einer Frau weder der Kontakt noch das Gespräch mit einem Mann verboten<br />

waren, solange die zu Gebote stehenden Verhaltensregeln von beiden Seiten beachtet wurden. Auch Nausikaa möchte<br />

nicht öffentlich in Gesellschaft des Fremden Odysseus gesehen werden, weil sie sich vor Nachrede fürchtet, s. Hom. Od.<br />

VI 255–287.<br />

173 Lys. 1, 7 f.<br />

174 Plat. Phaid. 60a.<br />

175 S. Blundell, Women in Classical Athens (London 1998) 135.<br />

176 Sem. Fr. 7 West, 17–20.<br />

S e i t e | 51


das Eindringen Fremder oder Unbefugter in den Gerichtsreden als Ungeheuerlichkeit geschildert wird.<br />

Gegen die Aussage bei Theophrast, dass sich eine Frau, die persönlich die Tür öffnete, böser Nachrede<br />

aussetzte, da dieser Usus in den Bordellen gang und gebe war, wo die Huren ihre Kunden von der<br />

Straße weg ins Haus zogen, 177 steht z. B. die Ausführung des Aristoteles, dass auch die Hausherrin<br />

Besucher einließ und empfing. 178 Es gibt reichlich Hinweise, dass die Frauen des Hauses durchaus in<br />

Kontakt mit fremden Männern kamen. So wirft in Aristophanes “Thesmophoriazusen” der Ehemann<br />

seiner Frau vor, als sie augenscheinlich in Gedanken Geschirr zerbricht, sich in den Gastfreund aus<br />

Korinth verliebt zu haben. 179 In einer Rede des Lysias tritt eine Witwe vor einer Gruppe von<br />

Verwandten und Freunden der Familie auf, um das Erbe ihrer Söhne einzuklagen. Und auch wenn sie<br />

ihre freie Rede vor Männern als Abweichung von ihrem gewöhnlichen Verhalten bezeichnet, so sind<br />

die Männer ihr als Freunde ihres verstorbenen Gatten doch keineswegs fremd. 180<br />

S e i t e | 52<br />

2. 4. Das Haus. Räumliche Gestaltung und Organisation<br />

2. 4. 1. Die Quellen<br />

2. 4. 1. 1. Xenophon: Das Haus des Ischomachos<br />

Einen Eindruck, wie das Haus der Antike organisiert war, vermitteln uns vor allem zwei Textstellen.<br />

Xenophons „Oikonomikos“ enthält eine Passage, die dem Leser den Hauskomplex des Ischomachos<br />

beschreibt. Es werden verschiedene Vorratsräume genannt, ein Thalamos, der Schlafraum, ein<br />

Aufenthaltsraum, die Gynaikonitis und Andronitis. Der Text erhebt keinen Anspruch auf<br />

Vollständigkeit; so fehlt der offene Hof in der Aufzählung ebenso wie Koch- und<br />

Waschgelegenheiten, die es mit Sicherheit in einem gut ausgestatteten Haus wie dem des Ischomachos<br />

gegeben hat. Dieser gehört zu einer der alten Familien Athens und, auch wenn er eingangs betont, dass<br />

sein Haus eher zweckmäßig eingerichtet sei 181 , so wird man mit Fug und Recht annehmen können,<br />

dass er vielleicht ein bescheidenes, aber sicherlich kein ärmliches Haus besessen hat.<br />

Ischomachos Ausführung gilt allein der Funktionalität des Hauses und seiner Räume, so dass auf ihre<br />

Anordnung, Größe und Zugänglichkeit nicht eingegangen wird. Der Thalamos, unter dem wir wohl<br />

hier das den Eheleuten gemeinsame Schlafzimmer verstehen dürfen, wird zudem als der sicherste<br />

Raum des Hauses geschildert, in dem die wertvollsten Möbel und Textilien untergebracht sind. 182 Dies<br />

kann zweierlei bedeuten: entweder ist er mit starken Mauern und einer stabilen Tür gesichert oder er<br />

ist tief im Inneren des Hauses angesiedelt, so dass zuerst eine Reihe von anderen Räumen durchquert<br />

177 Theophr. char. 28, 3.<br />

178 Aristot. oec. III, 140; nach Demosth. or. 47, 35 ist es eine Dienerin oder Sklavin, die dem Kläger die Tür öffnet.<br />

179 Aristoph. Thesm. 401–404.<br />

180 Lys. 32, 11.<br />

181 Xen. oik. 9, 2.<br />

182 Xen. oik. 9, 3; J.-P. Vernant, Myth and Thoughts among the Greeks (London 1983) 149; Schnurr-Redford 1996, 96 f.


werden muss, um ihn zu erreichen. Vielleicht befindet er sich in einem zweiten Stockwerk, von dem<br />

hier nicht die Rede ist, dessen Existenz aber in vielen Häusern archäologisch nachweisbar ist.<br />

Die Lokalisierung und Definition der Andronitis und Gynaikonitis haben in der Forschung für allerlei<br />

Verwirrung gesorgt. Generell hat man aufgrund ihrer Etymologie eine Aufteilung des Hauses in<br />

Bereiche angenommen, die entweder bevorzugt oder ausschließlich von Männern oder von Frauen<br />

beansprucht wurden. Die Erklärung des Xenophon ist verglichen mit dem Gebrauch in anderen Texten<br />

überraschend; in diesem Falle handelt es sich nämlich offensichtlich um Unterkünfte für Sklaven, die<br />

nach Geschlechtern getrennt und verschließbar sind, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern.<br />

„Ich zeigte ihr auch den Raum 183 für die Sklavinnen, der durch eine verriegelte Tür vom<br />

Raum der Sklaven getrennt ist, damit weder von drinnen herausgebracht wird, was nicht<br />

sein soll, noch die Sklaven ohne unseren Willen Kinder zeugen.“ (Xen. oik. 9, 5) 184<br />

Dennoch sollten wir uns keine reinen Sklavenunterkünfte darunter vorstellen, wird doch gleichzeitig<br />

erwähnt, dass die Verschließbarkeit der beiden Räumlichkeiten auch den Zweck des Schutzes der<br />

darin aufbewahrten Güter hatte. Ein Zusammenhang mit der Ehefrau ist also nicht ausgeschlossen.<br />

Nachts Schlafplatz für die Sklavinnen mag der Raum tagsüber als Arbeits- und Aufenthaltsraum<br />

benutzt worden sein. 185 Die ebenfalls aufgelisteten Aufenthaltsräume, diaiteteria, sind nicht näher<br />

spezifiziert. Sie scheinen offenbar allen Bewohnern des Hauses offen gestanden zu haben und dienten<br />

wohl in erster Linie als Ort häuslicher Arbeiten. Sie übernehmen somit eine Funktion, die<br />

üblicherweise mit dem sog. Oikos bzw. Oikos-Unit oder der Gynaikonitis selbst in Verbindung<br />

gebracht wird. N. Cahill kommt zu dem Schluss, dass es sich bei Xenophons Entwurf eines<br />

exemplarischen Oikos nicht nur um eine ideale Rollenverteilung und Geschlechterhierarchie handelt,<br />

sondern eben auch um einen utopischen Entwurf zur Hausverwaltung, der in archäologischen<br />

Befunden nur schwer Parallelen finden wird. 186<br />

2. 4. 1. 2. Lysias: Das Haus des Euphiletos<br />

Der zweite Text, der uns einige Informationen zum Erscheinungsbild des klassischen Hauses liefern<br />

kann, stammt aus einer Gerichtsrede des Lysias. Im Laufe des Berichts zu den Geschehnissen, die<br />

letztlich zum Mord an Eratosthenes führten, hält es Euphiletos für sinnvoll, seine Hörer mit dem<br />

Inneren seines Hauses vertraut zu machen. Sein Haus besitzt zwei Stockwerke, die prompt als Frauen-<br />

und als Männerbereiche, als Gynaikonitis und Andronitis, klassifiziert werden:<br />

183 Gynaikonitis wird hier einfach als „Raum“ übersetzt.<br />

184 Die Übersetzung ist etwas ungenau: als geschlechterspezifische Räume werden tatsächlich Gynaikonitis und Andronitis<br />

genannt, wobei der Begriff, der im Deutschen mit „Sklaven“ wiedergegeben ist, im Griechischen oiketai lautet. Im<br />

Originaltext sind Gynaikonitis und Andronitis zunächst keiner bestimmten Gruppe zugeordnet, erst im Nebensatz wird<br />

die Tatsache, dass beide Bereiche verschließbar sein sollen, damit begründet, die Fortpflanzung unter den oiketai zu<br />

kontrollieren.<br />

185 Cahill 2002, 149: „Slaves and free members of the household inhabit the same spaces in Ischomachos´s house, with<br />

female slaves in the women´s quarters and male in the men´s.”<br />

186 Cahill 2002, 150.<br />

S e i t e | 53


S e i t e | 54<br />

“Nun ist es so, ihr Herren, (den auch das muss ich euch darlegen), dass ich ein kleines<br />

zweistöckiges Haus habe, dessen Frauen- und Männergemächer oben und unten gleich groß<br />

sind.” (Lys. 1, 9)<br />

Ursprünglich residierte der Hausherr im unteren Stockwerk, wo auch die täglichen Pflichten der<br />

Kinderpflege verrichtet wurden, so dass die Mutter jedes Mal, wenn sie ihr Baby stillen, waschen oder<br />

beruhigen wollte, die Treppe von den Frauenräumen hinabsteigen musste. 187 Diesem ungünstigen<br />

Arrangement wurde durch einen Umzug des Ehemannes nach oben und der Frauen nach unten<br />

abgeholfen. 188 Die Ehefrau ist zunächst noch beiden Bereichen des Hauses verhaftet; erst nach und<br />

nach zieht sie sich aus dem gemeinsamen Schlafgemach zurück und verlegt ihren Schlafplatz in das<br />

Erdgeschoss. Mit der vollzogenen Trennung entzieht sich die Gattin der Aufsicht des Ehemannes. Die<br />

extensive Schilderung seiner Wohnverhältnisse dient Euphiletos letztlich dazu, jedes Eingeständnis<br />

von Schuld bzw. Pflichtvernachlässigung von sich weisen, indem er deutlich macht, dass es zum einen<br />

keinen Verdacht auf Untreue gab, zum anderen die Umquartierung der Frauen aus dem sicheren und<br />

vor allem besser überwachbaren Obergeschoss nachvollziehbare Gründe hatte. Eine strikte<br />

Geschlechtertrennung in Form eines Ober- und Untergeschosses war jedoch zu keinem Zeitpunkt<br />

gegeben. Denn anfänglich ist das Betreten des Erdgeschosses durch die Frauen auf die Erfordernisse<br />

der Kinderpflege und den Zugang zu Küche und Wasser zurückzuführen, nach dem Umzug teilt<br />

zumindest anfangs noch die Frau das Bett mit ihrem Ehemann, d. h. sie residiert mit ihm zusammen<br />

im Obergeschoss. 189<br />

Die leichte Anpassung und Umgestaltung der Räume und ihrer Nutzung legen nahe, dass jeder<br />

Haushalt nach den individuellen Vorstellungen des Hausherrn gestaltet war und es einen Prototyp des<br />

athenischen Hauses wahrscheinlich nicht gegeben hat. Wie wir gesehen haben, erforderte der<br />

Austausch der Wohnbereiche nur einen Austausch des ohnehin sehr spärlichen Mobiliars und der<br />

persönlichen Dinge. Eine Sache macht allerdings stutzig. Noch am Abend der Tat hat Euphiletos einen<br />

Gast geladen, mit dem er zusammen im oberen Stockwerk speist. 190 Nun sind die Andrones genau die<br />

Räume, die man in der Regel immer durch architektonische Merkmale, wie eine aus der Achse<br />

versetzte Eingangsschwelle, umlaufende erhöhte Plattformen für die Klinen und eine aufwendige<br />

Ausstattung mit Kieselfußboden oder Mosaik, bestimmen kann. 191 Im oberen Stockwerk gelegene<br />

Speiseräume sind uns allein aufgrund der mangelnden Befundsituation nicht überliefert, es ist aber<br />

doch eher davon auszugehen, dass sich diese gut zugänglich, d. h. ebenerdig, befunden haben, wie es<br />

auch einzelne archäologische Befunde bestätigen. Es bleibt nur zu überlegen, ob es sich vielleicht<br />

angesichts der geringen Zahl der Gäste um ein eher informelles Speisen außerhalb des dafür<br />

187 S. Walker, Women and Housing in Classical Greece, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.), Images of Women in Antiquity<br />

²(London 1993) 83 erklärt, dass für die ein Zugang zu frischem Wasser – also etwa ein Brunnen oder eine Zisterne –<br />

Kinderpflege vonnöten war; Nevett 1995, 363.<br />

188 Lys. 1, 9 f.<br />

189 Knigge 2005, 11 weist darauf hin, dass sowohl Vitr. 6, 7 als auch Lys. 1, 9–14 den gemeinsamen Schlafraum des<br />

Ehepaares innerhalb der Gynaikonitis verorten. Dass das aber nicht zwingend der Fall sein muss, zeigt die<br />

Umgestaltungsaktion im Haus des Euphiletos; s. auch Schnurr-Redford 1996, 94.<br />

190 Lys. 1, 22.<br />

191 z. B. Piraeus, Häuser 5–9: W. Hoepfner – E.-L. Schwandner (Hrsg.), Haus und Stadt im klassischen Griechenland,<br />

Wohnen in der klassischen Polis I (München 1994) 40; Nevett 1995, 369.


vorgesehenen Andron gehandelt hat, so wie das Einnehmen der Mahlzeit ja offensichtlich auch im Hof<br />

vonstatten gehen konnte. 192<br />

2. 4. 1. 3. Vereinzelte Textstellen zur antiken Wohnkultur<br />

Ein einheitliches Verständnis des Begriffes Gynaikonitis liegt auch innerhalb der Gerichtsreden des<br />

Lysias offenbar nicht vor. Während in der ersten Rede des Lysias darunter ein komplettes Geschoss zu<br />

verstehen ist – in diesem Fall das Obergeschoss 193 , werden Frauenräume, wohlgemerkt im Plural,<br />

hingegen in seiner dritten Rede als Schlafräume der Schwester und Nichten des Anklägers genannt.<br />

Denn dort sind diese anzutreffen, als des Nachts Fremde in das Haus ein- und bis zu den<br />

Frauenräumen vordringen. 194 Wo diese Frauenräume zu lokalisieren sind und ob die Schlafräume<br />

darin integriert waren, ist dem Text nicht zu entnehmen. Es ist jedoch plausibler, sie in diesem Fall im<br />

Erdgeschoss zu vermuten, ansonsten hätten sich die fremden Männer nicht ungehindert und rasch dort<br />

Zutritt verschaffen können. 195 Da die Eindringlinge jedoch auf der Suche nach einem Jüngling waren,<br />

der zu diesem Zeitpunkt im Hause des Anklägers logierte, waren die Frauenräume kaum das<br />

eigentliche Ziel. Wenn diese nun nach stereotypem Vorbild immer an derselben Stelle innerhalb des<br />

Wohngefüges eingerichtet gewesen wären, hätten die fremden Männer damit rechnen müssen, Frauen<br />

und Parthenoi zu überraschen. Dass eine solche schändliche Tat nicht beabsichtigt war, zeigt jedoch<br />

der baldige einsichtige Rückzug.<br />

Interessant für die Debatte um die sozialen Kontakte innerhalb der Familie und den sozialen Umgang<br />

innerhalb des Oikos ist die Erwähnung des Parthenon, wörtlich übersetzt des Jungfrauengemachs, in<br />

den „Phönikerinnen“ des Euripides. Nachdem Antigone das vor der Stadt lagernde Heer gesehen hat,<br />

soll sie in ihre Räumlichkeiten zurückkehren. 196 Der Begriff scheint der Gynaikonitis<br />

bedeutungsverwandt zu sein, wobei sich der Parthenon offensichtlich auf eine genau definierbare<br />

weibliche Gruppe innerhalb der Bewohner eines Oikos bezieht. Offenbar beschränkt sich der<br />

Gebrauch des Terminus auf die Tragödie, so dass eine zeitgenössische Einrichtung im klassischen<br />

Athen vielleicht nicht unbedingt vorauszusetzen ist. Das Raumkonzept der griechischen Häuser, das<br />

sei bereits vorweggenommen, zeichnet sich durch Multifunktionalität aus, selten ist ein Raum nur<br />

einer einzigen Tätigkeit oder Personengruppe zugeordnet. 197 Es lässt sich allerdings nicht leugnen,<br />

dass der Parthenon als passender Aufenthaltsort für ein junges Mädchen beschrieben wird. Der<br />

192 Demosth. or. 47, 56.<br />

193 Schnurr-Redford 1996, 92 führt diverse Stellen des Aristophanes – Aristoph. Thesm. 482 f.; Eccl. 962. 698 – an, in denen<br />

es heißt, Frauen stiegen von oben herab bzw. hinauf, um die Lage der Gynaikonitis im Obergeschoss zu belegen.<br />

194 Lys. 3, 6.<br />

195 Ähnlich auch Cahill 2002, 153: „The account in Lysias 3 quoted above, in which Simon „broke down the doors, and<br />

entered the women´s rooms” looking for Thedotus, makes no mention of climbing up to the second story.”<br />

196 Eur. Phoen. 193–195.<br />

197 Nevett 1999, 37. 68; s. auch Kap. 2. 4. 3.<br />

S e i t e | 55


Begriff scheint fast analog für Zurückgezogenheit verwendet zu werden. 198 Dies ist nun wiederum ein<br />

Ideal, das Eingang in die bürgerliche Ideologie Athens gefunden hat. Besonders unverheiratete Frauen<br />

wurden behütet, da ihre knospende Sexualität von mancherlei Gefahr bedroht war. 199<br />

Die Anklageschrift des Demosthenes gegen Euergos ist zwar für die Gynaikonitis-Problematik ohne<br />

Belang, wir erfahren dennoch interessante Einzelheiten über die Lebensgewohnheiten einer<br />

athenischen Familie. Die Angabe, der Ankläger lebe seit seiner Kindheit in der Nähe des<br />

Hippodroms 200 , verrät, dass sich die nachfolgende Beschreibung der Baulichkeiten nicht auf die<br />

Charakteristika eines Stadthauses, sondern eher auf die eines Land- oder Vorstadthauses beziehen. J.<br />

Travlos lokalisiert besagte Sportstätte im Bezirk Halipedon, etwa dort, wo die Langen Mauern auf den<br />

Piräus treffen. 201 Das Haus verfügt über einen Garten – kepos – und über einen Hof – aule 202 , wobei<br />

beide Begriffe meiner Einschätzung nach wohl synonym verwendet werden können. Als Gläubiger<br />

des Hausherrn die Haustür aufbrechen, finden sie die Hausherrin und ihre Kinder in Begleitung einer<br />

alten Amme beim Mittagsmahl im Hof vor. Die Mägde verbarrikadieren sich im pyrgos, einem Turm,<br />

der als Wohnraum bezeichnet wird. 203 Eine runde Struktur mit massiver Mauerung ist uns tatsächlich<br />

mehrfach aus Baubefunden überliefert und ist offenbar, da sie vor allem bei Häusern außerhalb<br />

städtischer Befestigungen begegnet, eine besondere Schutzvorrichtung. 204<br />

In Menanders „Samia“ wird am Rande auf die Gestaltung des Hauses verwiesen, als sich der Herr des<br />

Hauses, Demeas, während der Hochzeitsvorbereitungen für seinen Sohn aus Versehen in die<br />

Vorratskammer einschließt:<br />

S e i t e | 56<br />

„Ich selbst war auch nicht faul und raffte, was ich konnte, auf<br />

Und schleppt´ es hin. Dabei geschah es: ich betrat<br />

Von ungefähr die Vorratskammer, wollte allerlei<br />

Dort holen, fing ein bißchen an zu inspizieren – kam<br />

Nicht mehr heraus. Wie ich mich dort verweilte, schritt herab<br />

Vom Oberstock ein Weib und ging ins Vorgemach<br />

Der Vorratskammer, wo ein Webstuhl steht! Die Treppe führt<br />

Geradewegs dorthin.“ (Men. Sam. 228–236)<br />

Der Textausschnitt belegt, dass sich die Frauen des Haushalts frei im Haus bewegen, je nachdem,<br />

wohin ihre Pflichten sie führen. Es werden Vorräte und Nahrungsmittel herangeschafft und Feuer<br />

entzündet, um das Festmahl vorzubereiten. In der allgemeinen Hektik und Betriebsamkeit packt auch<br />

der Hausherr im Haus mit an. Vorratskammer und Arbeitsraum mit dem Webstuhl befinden sich hier<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft im Erdgeschoss. Das Obergeschoss ist über den Webraum erreichbar.<br />

198 Schutz oder Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit?, z. B. F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. P. Schmitt-Pantel (Hrsg.),<br />

Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 223.<br />

199 Zu behüteten Frauen, z. B. Schnurr-Redford 1996, 160 f.<br />

200 Demosth. or. 47, 53.<br />

201 J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen (Tübingen 1971) 3. 164 Abb. 213.<br />

202 Demosth. or. 47, 53. 55 f.: kepos in Demosth. or. 50, 61 umschreibt einen Nutzgarten, in dem Gemüse gezogen wird.<br />

203 Demosth. or. 47, 56.<br />

204 z. B. W. Hoepfner – E.-L. Schwandner (Hrsg.), Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Wohnen in der klassischen<br />

Polis I (München 1994) 248–250 Abb.: Thorikos, Wohnhäuser mit Wehrtürmen, von den Autoren als Oikos identifiziert;<br />

s. auch J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Attika (Tübingen 1988) 475 Abb. 597: Kalampokas bei Voula.


Was die benannte Frau nun tatsächlich im Obergeschoss getan hat bzw. in welchem Raum sie sich<br />

aufgehalten hat, bleibt im Dunkeln.<br />

Vitruvs „De architectura“ wurde hier bewusst ausgeklammert, da inzwischen erwiesen ist, dass sich<br />

dessen Wohnkonzept nicht auf ein klassisches Stadthaus, sondern vielmehr auf einen herrschaftlichen<br />

Besitz bereits hellenistischer Zeit bezieht. 205<br />

2. 4. 2. Der archäologische Befund: Pastas- und Single-Entrance-Courtyard-House<br />

Die Vorstellung der Geschlechterseparation drang selbst bis in die Forschung zur athenischen<br />

Wohnkultur vor. Man war überzeugt, die Eheleute würden in geschlechterspezifischen Räumen oder<br />

Bereichen des Hauses leben, die sie faktisch voneinander separierten. 206 Die Rolle der Frau wurde eher<br />

als die einer Arbeitskraft im eigenen Haus gesehen, die durch den sozialen Druck von außen an ihren<br />

Wirkungsbereich gebunden war, als die einer gleichberechtigten Partnerin. 207 Auf drastische Art und<br />

Weise schien diese Hypothese durch den Befund eines frühklassischen Wohnhauses einer Insula am<br />

Nordabhang des Areopags gestützt zu werden, obgleich er für die klassische Zeit singulär bleibt. Der<br />

Andron, der aufgrund seines Kieselsteinbodens unangefochten als Bankettraum gelten darf, ist<br />

zusammen mit einem dazugehörigen, vorgelagerten Hof durch einen separaten Eingang vom Rest des<br />

Hauses abgesetzt, der als Wirkungsbereich der Frau interpretiert wird. 208<br />

Nachdem die Quellen, wie gesagt, nur bruchstückhaft das Wohnen in der Antike erhellen können,<br />

unternahm man den Versuch, das Problem durch Befragung der archäologischen Befunde zu klären.<br />

Theoretisch müssten uns diese zumindest einen Eindruck vermitteln können, wie ein Wohnhaus der<br />

Klassik gestaltet war, wie viele Räume es besaß und wie diese zueinander angeordnet waren. Das<br />

Interesse der Forscher war zunächst vordergründig auf eine Typologisierung der Wohnarchitektur<br />

ausgerichtet, die die Funktion der einzelnen Räume außen vor ließ.<br />

205 J. Raeder, Vitruv, de architectura VI 7 (aedificia Graecorum) und die hellenistische Wohnhaus- und Palastarchitektur,<br />

Gymnasium 95, 1988, 347. 368.<br />

206 vgl. Xen. oik. 9, 5, wo es heißt, dass Gynaikonitis und Andronitis durch eine verriegelbare Tür voneinander getrennt sind;<br />

s. hierzu auch S. I. Rotroff – R. D. Lamberton, Women in the Athenian Agora (Athen 2006) 28.<br />

207 z. B. Keuls 1985, 98.<br />

208 z. B. H. A. Thompson, Activities in the Athenian Agora, Hesperia 28, 1959, 100 f. Taf. 16. 17: Die Rekonstruktion der<br />

zusammengehörigen Raumeinheiten unterscheidet sich hier von dem von S. Walker verwendeten Grundrissplan; S.<br />

Walker, Women and Housing in Classical Greece, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.), Images of Women in Antiquity<br />

²(London 1993) 84. 86 f. Abb. 6, 1. 2; Fantham 1994, 104 Abb. 3, 17.<br />

S e i t e | 57


S e i t e | 58<br />

2. 4. 2. 1. Olynth<br />

W. Hoepfner bietet im ersten Band der „Geschichte des Wohnens“ erstmals einen Überblick über die<br />

gesamte geographische Bandbreite und chronologische Entwicklung der Wohnkultur im Mittelmeer.<br />

Er postuliert die Existenz eines Typenhauses 209 , das unter dem Einfluss des geplanten<br />

Städtebaukonzepts des Hippodamos von Milet im Laufe des 5. Jhs. v. Chr. in mehreren Städten<br />

exemplarisch verwirklicht wurde, wie etwa in Olynth oder im Piräus. Folgendes Bau- und<br />

Wohnkonzept, wie es großflächige Grabungen in Olynth ans Licht gebracht haben, kann<br />

stellvertretend für die Wohnkultur der Mittelschicht des 4. Jhs. v. Chr. gelten 210 : Ein Eingang führt<br />

selten direkt, meist über einen Korridor in einen weiten Innenhof mit einer Pastas, von dem radial<br />

Räume abgehen, zu denen der Andron und der Oikos-Bereich mit Herdstelle, separatem Rauchfang-<br />

und Bade-Kompartiment zählen. Der Andron befindet sich hierbei direkt im Eingangsbereich und<br />

besitzt meist einen Vorraum, so dass Gäste doch bis zu einem gewissen Grad von den privaten<br />

Angelegenheiten der Hausbewohner abgeschirmt waren. In manchen Fällen lässt sich über dem Oikos-<br />

Trakt ein zweites Stockwerk rekonstruieren, das Hoepfner mit der sogenannten Gynaikonitis<br />

gleichsetzt, wie es bei Lysias offensichtlich bezeugt ist. 211<br />

2. 4. 2. 2. Piraeus<br />

Ein ähnliches, wenn auch teilweise weniger komplex gestaltetes Konzept hat man in den<br />

Wohnhäusern im Piräus entdeckt. Die Grundzüge bleiben jedoch weiterhin die gleichen. Aus den<br />

insgesamt zwölf ergrabenen, in ihrer Ausdehnung und Einteilung einheitlichen, jedoch unterschiedlich<br />

gut erhaltenen Wohnkomplexen rekonstruiert W. Hoepfner ein Typenhaus, das sich zusammensetzt<br />

aus einem großen Hof mit zwei, zur Straße hin gelegenen Räumen und einem rückwärtigen,<br />

zweistöckigen Bereich mit Andron, Vorhalle und einem Oikos-Bereich. 212 Der Oikos, als Raum für die<br />

Mahlzeiten der Familie gedeutet, enthielt die Herdstelle und zumeist zwei kleine Nebenräume, von<br />

denen einer als Bad fungierte, dessen Wasser auf dem nahen Herd erhitzt werden konnte. Schlafraum<br />

und Gynaikonitis, die sich auf dem Grundrissplan bis dato nicht nachweisen lassen, weist W. Hoepfner<br />

dem Obergeschoss zu. Die beiden Räume, die den Eingangsbereich flankieren, könnten als<br />

Vorratsräume, Sklavenunterkünfte oder, ließe sich ein separater Eingang belegen, auch als Stall oder<br />

Laden genutzt worden sein.<br />

209 Cahill 2002, 82. 84 steht der Reduzierung der Wohnarchitektur Olynths auf das Typenhaus kritisch gegenüber: „To study<br />

only a single „type Hause“ flattens the richness and variety of this city. [...] But with more than a hundred excavated<br />

houses, Olynthus is one of the very few Greek cities where we can look at a range of alternative rather than a single<br />

standard, and put the scholarly construct of the “type house” to the test.”<br />

210 W. Hoepfner 1999, 272–274; Cahill 2002, 74–84.<br />

211 Lys. 1, 9; W. Hoepfner 1999, 274; Cahill 2002, 82 erwähnt Steinfundamente für Treppen.<br />

212 Zu Grabungsbefunden und der Rekonstruktion des Typenhauses, s. J. E. Jones, Town and Country Houses of Attica in<br />

Classical Times, MIGRA 1, 1975, 98 f. Abb. 11; K.-V. von Eickstedt, Beiträge zur Topographie des antiken Piräus<br />

(Athen 1991) 97–112; W. Hoepfner – E.-L. Schwandner (Hrsg.), Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Wohnen<br />

in der klassischen Polis I (München 1994) 38–43; W. Hoepfner 1999, 218–220.


2. 4. 2. 3. Athen<br />

Da viele antike Bauten der griechischen Hauptstadt im Laufe der Jahrhunderte zerstört oder überbaut<br />

wurden, sind die Befunde zur athenischen Wohnkultur nicht sehr zahlreich. Die Baudichte der<br />

modernen Stadt erschwert großflächige Grabungen, so dass nur hier und dort spärliche Reste des 5.<br />

Jhs. v. Chr., d. h. meist nur einzelne Wohnhäuser, seltener ganze Wohnkomplexe, zutage kamen. 213<br />

Die archäologischen Befunde zur athenischen Wohnkultur umfassen im Wesentlichen Häuser auf der<br />

Pnyx, dem Nymphenhügel und der Agora aus dem 5. Jh. v. Chr. mit Umbauphasen im 5. und. 4. Jh. 214<br />

Gesondert zu nennen sind Haus C und D am sog. Great Drain, und Häuser am Fuß des Areopag wie<br />

das sog. Omega-Haus.<br />

Das Haus vom Typ „Courtyard-House“ ist auch in Athen die dominierende Bauweise. Athen ist<br />

jedoch keine Planstadt, verwinkelte Straßenzüge bedingen oftmals einen unregelmäßigen Grundriss<br />

der Wohnhäuser. Die Größe der Häuser ist nicht normiert und generell bescheidener als man es<br />

angesichts des politischen Anspruches der Stadt und ihres Repräsentationsdranges im öffentlichen<br />

Sektor vermuten würde. 215 Angesichts der im Großen und Ganzen doch recht individuellen<br />

Wohnhäuser scheint es unangebracht, von einem athenischen Typenhaus zu sprechen. Anhand des<br />

selektiven und bruchstückhaften Materials eine Rekonstruktion der athenischen Wohnkultur<br />

entwickeln zu wollen, wäre mehr als fragwürdig. Lückenhafte Grabungsbefunde verleiten rasch zu<br />

spekulativen, funktionellen Raumzuweisungen, die sich auf die Größe, Form und die Lage der Räume<br />

innerhalb des gesamten Raumgefüges stützen. Vor dem Hintergrund der vielen anderen<br />

Grabungsergebnisse, vor allem denen Olynths, wird jedoch deutlich, dass sich auch Athen soweit in<br />

das bereits gewonnene Bild einfügt. 216 Die festgestellten, grundsätzlichen Charakterisika lassen sich<br />

auch für die athenische Bauweise konstatieren: Mittelpunkt des Hauses ist ein offener Hof, um den<br />

sich die Wohnräume gruppieren. In einigen Fällen besaß der Hof auf einer Seite eine Pastas, wie sie<br />

für die Häuser in Olynth typisch ist. Der Andron kann tatsächlich in der Regel aufgrund seiner<br />

bauspezifischen Eigenheiten identifiziert werden. 217 Er befindet sich – anders als etwa im Typenhaus<br />

in Piräus – in unmittelbarer Nachbarschaft des Eingangs.<br />

Die archäologischen Befunde konnten bisher im Falle von Athen leider nur sehr bedingt für unsere<br />

Fragestellung herangezogen werden. Zwar sind uns zum Teil verlässliche Grundrisse von<br />

Wohnkomplexen zugänglich, der Erhaltungszustand sowie eine ungenügende Funddokumentation<br />

lassen die tatsächliche Nutzung der Räume, die Geschlechtertrennung und die soziale Ordnung<br />

innerhalb des Oikos im Dunkeln. Eine Ausnahme bildet ein bescheidener Wohnkomplex einer Insula<br />

am Nordabhang der Akropolis. Der große Raum am Ende des Hofes, gegenüber dem Eingang, enthielt<br />

213 Nevett 1999, 85 f.<br />

214 J. E. Jones, Town and Country Houses of Attica in Classical Times, MIGRA 1, 1975, 67 Abb. 1, A zeigt anhand einer<br />

Zeichnung die Verteilung der nachgewiesenen, klassischen Wohnhäuser um Akropolis und Areopag.<br />

215 Pomeroy 1985, 119 f.: „ Im Gegensatz zu den so bewunderten öffentlichen Bauten, die meist den Aufenthaltsort der<br />

Männer bildeten, waren die Wohnquartiere des klassischen Athen düster, schmutzig und unhygienisch.“<br />

216 Literaturverweise zur ländlichen Wohnkultur u. a. in Attika, s. Kreilinger 2007, 47 Anm. 348.<br />

217 Nach Bundrick 2008, 313 Anm. 103 sind nur für zwei athenische Häuser Andrones nachgewiesen, für ein Haus am<br />

Nordabhang des Areopags und das sog. Haus des griechischen Mosaiks auf der Pnyx. In der Literatur werden weitere<br />

Häuser mit Andrones angeführt, nämlich Haus C und D im Industrieviertel, das Haus südlich der Süd-Stoa und das sog.<br />

Omega-Haus.<br />

S e i t e | 59


Einlassungen für Pithoi und war wohl der Vorratsraum. Im Raum gleich neben dem Eingang fand man<br />

Webgewichte, in einem anderen Kochaufsätze aus Ton, ein anderer, der vielleicht als Andron<br />

identifiziert werden kann, besaß einen Zementboden. 218<br />

S e i t e | 60<br />

2. 4. 2. 4. Der Bau Z im Kerameikos<br />

Mit dem Bau Z im Kerameikos liegt uns nun ein wahrer Glückstreffer vor. Nachdem er bisher<br />

aufgrund seiner Lage direkt an der Stadtmauer innerhalb des Töpferviertels, seiner kleinen<br />

Raumeinheiten und trotz bzw. wohl auch wegen der hohen Zahl entdeckter Webgewichte als Bordell<br />

gedeutet wurde 219 , ist nun endgültig geklärt, dass er zumindest in seinen ersten beiden Bauphasen, die<br />

die Jahre von ca. 430 v. Chr. bis zum Ende des 5. Jhs. umfassen, als Wohnhaus genutzt wurde. Eine<br />

beachtliche Anzahl von beweglichen Gegenständen – zum Teil noch in situ bzw. in Falllage – kann<br />

hilfreich sein, die Funktion der Räume und ihre spezifische Benutzung zu erhellen. Dennoch bleibt die<br />

Funktion vieler Räume aufgrund des Mangels bzw. der geringen Anzahl an Funden oder aufgrund des<br />

stark zerstörten Erhaltungszustandes unklar. Eine Rekonstruktion des Soziallebens für den Bau Z<br />

bleibt deshalb letztlich spekulativ.<br />

Eine Einteilung der Wohnfläche in Gynaikonitis, Andronitis und repräsentativen Bereich – im Übrigen<br />

nach dem Vorbild Vitruvs – wird für die Bauphase 1 um 430 v. Chr. von U. Knigge überzeugend<br />

dargelegt. Während der für Gäste gedachte Bereich, der unter anderem über eine Küche und zwei<br />

Banketträume 220 verfügte, leicht über einen Protyron-Komplex von außen erreichbar war, wurde der<br />

Zugang zu den privaten Räumen über einen zum Hof hin offenen Prostas kanalisiert. 221 Von dort<br />

waren sowohl der Oikos, als auch die voneinander getrennten Bereiche der Männer- und<br />

Frauengemächer zugänglich. Der Raum R, der nach U. Knigge in die Gynaikonitis integriert war,<br />

zeichnet sich durch den Fund von 106 Webgewichten aus, die tatsächlich auf eine Nutzung des<br />

Raumes durch Frauen hindeuten. 222 Die Identifikation der Andronitis im nördlichen Wohnbereich geht<br />

allerdings nicht auf Funde zurück 223 . Seine Existenz als Pendant zum Frauentrakt muss jedoch<br />

zwangsläufig zu einer Verortung im Wohntrakt führen. Seine Deutung als Unterbringungsort der<br />

männlichen Hausbewohner weicht von der herkömmlichen ab, die die Andronitis nicht als Teil des<br />

internen Hausbereichs, sondern als für die Öffentlichkeit zugänglichen Teil des Hauses begreift, zu<br />

dem vor allem der Andron gehört. Der Andron wird von U. Knigge dagegen in einem dritten,<br />

repräsentativen Teil lokalisiert. Für unsere Zwecke ist es wichtig festzuhalten, dass der bauliche<br />

Charakter des Baus Z in der ersten Phase offensichtlich eine Trennung der repräsentativen und der<br />

218 J. E. Jones, Town and Country Houses of Attica in Classical Times, MIGRA 1, 1975, 82 f. Abb. 6.<br />

219 z. B. Reinsberg 1993, 141 f. bezeichnet den Bau Z1–3 als Gaststätte, in denen auch Prostituierte ihr Unwesen trieben.<br />

Besonders die vielen Aphrodite-Darstellungen sind für sie ein Beweis, dass hier Prostituierte verkehrten.<br />

220 Es ist schwer vorstellbar, das ein Haus dieser Größe kein Andron besessen haben soll. In Frage kämen nur die beiden<br />

Räume O und P, die jedoch nach Knigge 2005, 17 f. keines der für Andrones üblichen Merkmale aufweisen.<br />

221 Knigge 2005, 15.<br />

222 Raum R wird von Knigge 2005, 10 als Arbeitsbereich der Hausfrau oder Schaffnerin angesprochen.<br />

223 Der Schminktopf und die drei Webgewichte aus Raum F sind nun nicht unbedingt geschlechtsspezifisch männliche<br />

Gegenstände, s. Knigge 2005, 16.


privaten Wohnbereiche beabsichtigt, wobei Andronitis und Gynaikonitis letzterem gemeinsam<br />

zugerechnet werden. Ob und inwiefern außerdem eine geschlechtsspezifische Trennung innerhalb der<br />

Privatgemächer vorliegt, bzw. welchen Charakter die Gynaikonitis tatsächlich hat, kann nur vermuten<br />

werden.<br />

Der kurzlebige, durch ein Erdbeben zerstörte Bau Z 1 wurde bereits um 420–410 v. Chr. durch seinen<br />

Nachfolgerbau Z 2 ersetzt. Obwohl beide Bauten in ihrer Entstehung nur etwa zehn bis zwanzig Jahre<br />

auseinanderliegen, wurde in Z 2 ein völlig anderes Wohnkonzept verwirklicht. Während in Phase 1<br />

jeder Trakt über einen eigenen, zumeist schmalen Hof verfügte, gruppieren sich nun die Mehrzahl der<br />

Räume um einen luftigen Hof mit großzügigen Ausmaßen. 224 Obgleich der Hof vom Eingangsbereich<br />

einsehbar war, war man nach wie vor bemüht, privat und öffentlich genutzten Raum getrennt zu<br />

halten. Mit einer der westlichen Raumreihe vorgeblendeten Pastas ist der Bau Z den Wohnhäusern<br />

Olynths vom Typus des „Pastas-Haus“ nachempfunden. Die meisten der um den zentralen Hof<br />

gelegenen Räume werden aufgrund ihrer exponierten Lage als Empfangs- und Bewirtungsräume<br />

betrachtet 225 , an die sich im Süden dann die einigermaßen gesichert identifizierbare sog. Oikos-Unit<br />

anschließt, die sich aus einer Art familiärem Aufenthaltsraum, Küche und Bad zusammensetzt. 226<br />

Besagter Oikos-Raum R scheint die einzige Zugangsmöglichkeit in den Südosttrakt gewesen zu sein,<br />

der seiner Abgelegenheit und Geschlossenheit wegen als Gynaikonitis gedeutet wird. 227 Die ohnehin<br />

sehr raren Funde lassen keinen Aufschluss über die Benutzer der Räume zu. Dass die weiblichen<br />

Mitglieder separat von den öffentlich nutzbaren Räumen untergebracht waren, ergibt Sinn. Wo in<br />

dieser Hypothese dagegen die männlichen Mitbewohner Platz finden, bleibt unklar. Die<br />

Beschädigungen im Südost-Trakt des Hauses sind derart groß, dass eine weitere Aufteilung, sollte es<br />

sie gegeben haben, sich nicht nachweisen lässt.<br />

Der erst im dritten Viertel des 4. Jhs. v. Chr. errichtete Bau Z 3 übernimmt im Großen und Ganzen den<br />

Grundriss seines Vorgängerbaus. Das Fehlen von deutlich abgrenzbaren Wohneinheiten, die in den<br />

Augen U. Knigges das hervorstechendste Charakteristikum des athenischen Wohnhauses sind, haben<br />

die Autorin letztlich zu dem Schluss geführt, im Bau des 4. Jhs. v. Chr. nun ein Wirtshaus mit<br />

integrierter Weberei erkennen zu wollen. 228 Eine auffällig hohe Funddichte an Trink- und<br />

Kochgeschirr, Webgewichten und Münzgeld scheint diese Annahme zu stützen. 229 Von den drei<br />

Zisternen sind zwei mit einer Art Auffangbecken für über einen Mosaikboden abfließendes Wasser<br />

ausgestattet. 230 Derartige Vorrichtungen, die wohl für die Reinigungsprozesse im Laufe der<br />

Gewebeherstellung vorgesehen waren, sind in einem gewöhnlichen Haushalt ebenso wenig zu<br />

erwarten wie das Speicherpotential an Wasser, das insgesamt ein Brunnen und drei Zisternen<br />

gewährleisten. Andererseits zeigt Xenophon in seinen „Memorabilia“, dass man sich im 4. Jh. v. Chr.<br />

aufgrund der allgemeinen schlechten ökonomischen Lage die handwerklichen Fähigkeiten der<br />

224 Knigge 2005, 47 f.<br />

225 Knigge 2005, 35 f.<br />

226 Knigge 2005, 28. 32–35.<br />

227 Knigge 2005, 41. Alternativ könne sich die Gynaikonitis auch im Obergeschoss, auf das sich allerdings keine Hinweise<br />

finden, befunden haben, so dass im Erdgeschoss Magazine und Personalunterkünfte untergebracht waren.<br />

228 Knigge 2005, 49. 52. 78 f.<br />

229 Knigge 2005, 71 f.<br />

230 Knigge 2005, 55 f. 63. 70 f.<br />

S e i t e | 61


weiblichen Hausangehörigen gerne zunutze machte 231 und die ursprüngliche, lediglich für den<br />

Eigenbedarf betriebene Textilproduktion im großen Maßstab aufzog. 232 Dass es sich also um ein<br />

athenisches Wohnhaus allerdings mit erweiterter gewerblicher Nutzung gehandelt haben könnte, kann<br />

nicht ausgeschlossen werden. Für die Kombination von Wohnhaus und Werkstatt haben wir im Haus<br />

C und D am Great Drain ein hervorragendes Beispiel, auch wenn es sich dort wohl um eine Werkstatt<br />

handelte, die mit den Werkstoffen Marmor, Bronze und Eisen arbeitete. 233<br />

S e i t e | 62<br />

2. 4. 3. Das Sozialleben im Oikos<br />

Die Identifizierung der Räume basiert nicht immer auf archäologischen oder schriftlichen Belegen,<br />

sondern muss sich aufgrund mangelhafter Überlieferung und zahlloser offener Fragen häufig auf<br />

Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten stützen. 234 Im Zuge ihrer Dissertation machte L. Nevett 235<br />

einen vielversprechenden Neuansatz: Was können uns die archäologischen Befunde von Wohnhäusern<br />

unter Miteinbeziehung ihrer Architektur und ihrer Funde über die Anordnung und Nutzung der Räume<br />

und das Sozialleben des Oikos verraten? Ihrem Beispiel folgte jüngst eine Publikation ähnlicher<br />

Zielsetzung von N. Cahill mit Spezialisierung auf die Fundsituation in Olynth. 236<br />

„The comparability of the features in these houses with aspects of the houses found at Olynthos<br />

suggests that similar patterns of social behaviour prevailed, with the house considered as a private<br />

environment and activity within subject to supervision from a single location.” 237 Offensichtlich<br />

postuliert L. Nevett ein für ganz Griechenland gültiges Wohnkonzept, das auf einer gemeinsamen<br />

gesellschaftlichen Norm basiert. Ist diese Prämisse richtig, müsste es uns erlaubt sein, Erkenntnisse,<br />

die aus den Grabungen in Olynth gewonnen wurden, auf athenische Verhältnisse zu übertragen.<br />

Gerade Athen lässt sich nun aber, wie wir gesehen haben, nur bedingt in das homogene Schema des<br />

Typenhauses, wie wir es in Reihenhausform im Piräus vorfinden, pressen. Unregelmäßige Grundrisse<br />

231 Xen. mem. 2, 7, 10–12.<br />

232 Reuthner 2006, 260–267.<br />

233 J. E. Jones, Town and Country Houses of Attica in Classical Times, MIGRA 1, 1975, 73 f. Abb. 3 A–C; Nevett 1999, 90.<br />

234 z. B. Cahill 2002, 78 f.<br />

235 Nevett 1999.<br />

236 Olynth eignet sich aus mehreren Gründen hervorragend für eine sozialhistorische Untersuchung. Die Stadt verfügt über<br />

eine großflächige Wohnbebauung, laut Cahill 2002, 73 f. sind insgesamt etwa 100 Wohnhäuser ausgegraben worden,<br />

deren Bearbeitung in zuverlässigen Grabungsdokumentationen vorliegt. Außerdem, und dies ist hinsichtlich der aktuellen<br />

Fragestellung der entscheidende Punkt, wurde die Stadt nach ihrer Zerstörung nur temporär und in geringem Ausmaß<br />

wiederbesiedelt, so dass sich, abgesehen von marginalen Eingriffen in den archäologischen Befund durch Plünderungen,<br />

natürliche Prozesse wie Bodenerosion oder moderne Zerstörungen etwa durch die landwirtschaftliche Bearbeitung, die<br />

Wohnhäuser uns heute noch so darbieten, wie sie verlassen wurden. Dies bedeutet, dass sich Gebrauchsgegenstände,<br />

wenn sie nicht nachträglich von ihren Besitzern geborgen wurden, da aufgefunden werden, wo sie aufbewahrt oder<br />

benutzt wurden, und uns Hinweise geben, welche Tätigkeiten in welchen Räumen von welchen Personen verrichtet<br />

wurden; s. auch Nevett 1995, 367; Cahill 2002, 45 ff.<br />

237 Nevett 1999, 87 nimmt Bezug auf die Wohnhäuser Athens z. B. an den Abhängen des Areopag, der Pnyx und der Agora,<br />

deren Erhaltungszustand eine einigermaßen verlässlich Rekonstruktion des Grundrisses gestatten.


und lückenhafte Grabungsbefunde 238 verleiten zu spekulativen funktionellen Raumzuweisungen, die<br />

sich auf die Größe, Form und die Lage der Räume innerhalb des gesamten Raumgefüges stützen.<br />

Dennoch lassen sich zumindest grundsätzliche Prinzipien griechischer Wohnkultur unter Vorbehalt<br />

verallgemeinern.<br />

Dem sog. „Single-Entrance-Courtyard-House“ bzw. „Pastas-House“ liegt zunächst einmal ein<br />

vollständig nach innen ausgerichtetes Raumkonzept zugrunde, das Ausdruck für das Verlangen nach<br />

Abgrenzung und Privatisierung ist und die Bedürfnisse der Olynther offenbar ebenso wie die der<br />

Athener befriedigt hat. Der zentral gelegene Hof reguliert den Zutritt in die angrenzenden Räume und<br />

ermöglicht den Überblick über die Vorgänge innerhalb des Hauses ebenso wie über in das Haus<br />

eintretende Gäste. 239 Dass hierbei die Frau nicht nur die Rolle einer passiven Zuschauerin spielt, verrät<br />

eine Passage in den „Oikonomika“ des Pseudo-Aristoteles. Dort ergeht der Auftrag an die Hausherrin,<br />

nicht uneingeschränkten Zugang zum Hausinneren zu gewähren, es sei denn, es geschieht auf<br />

ausdrücklichen Wunsch des Hausherrn. 240 Bei Theophrast ist es die Ehefrau des „Misstrauischen“, die<br />

nachts den Riegel vor die Haus- und Hoftür legt. 241<br />

Laut B. A. Ault war der Hof unter anderem ein Ort der Verrichtung häuslicher Arbeiten. In ihm<br />

wurden die "Vorbereitung von Nahrungsmitteln, das Kochen, die Bearbeitung von Wolle und das<br />

Weben sowie das Waschen und Trocknen von Kleidern" erledigt. 242 Das Vorhandensein eines<br />

schattigen Hofes und Funde wie Münzen, Vorrats- und Gebrauchskeramik, Lampen, Tafelgeschirr,<br />

Schmuck, Webgeräte, Toilettengefäße, Waffen, Schließen und Schlösser 243 lassen auf mannigfaltige<br />

Tätigkeiten in diesem Bereich schließen, an denen Frauen wesentlichen Anteil hatten. L. Nevett hat<br />

mit Recht darauf hingewiesen, dass viele Tätigkeiten ohne weitere Umstände von einem Raum in<br />

einen anderen verlegt werden konnten, so dass manche Räume grundsätzlich nicht nur einer Gruppe<br />

von Personen oder bestimmten Tätigkeiten vorbehalten waren. 244 Das gilt z. T. auch für Zimmer, die<br />

ihrer Funktion gemäß eingerichtet waren, wie etwa die Küche und der Andron. Es ist nachgewiesen,<br />

dass auch außerhalb der Küche mit Nahrungsmitteln hantiert 245 , ebenso wie außerhalb des Andron<br />

gespeist wurde. Die Ehefrau des Anklägers in der Prozessrede gegen Euergos speist mit ihren Kindern<br />

238 Dies gilt wohl vor allem für die z. T. recht kargen Befunde auf Pnyx, Nymphenhügel und Nordabhang des Areopag, z. B.<br />

H. Lauter-Bufe – H. Lauter, Wohnhäuser und Stadtviertel des klassischen Athen, AM 86, 1971, 109–124: Hier liegt der<br />

Bautypus des sog. Flügelhofhauses zugrunde, der vielleicht einen zeitgleiche Alternative zum athenischen Courtyard-<br />

House repräsentiert; s. auch Jones a. O. (Anm. 233) 88–91 Abb. 8, A. B.<br />

239 J. Gould, Law, Custom and Myth: Aspects of the social Position of Women in Classical Athens, JHS 100, 1980, 48.<br />

240 Aristot. oec. III, 140.<br />

241 Theophr. char. 18, 4.<br />

242 B. A. Ault, Die klassische "Aule“. Höfe und Freiraum, in: Hoepfner 1999, 540.<br />

243 Nevett 1999, 65. 69.<br />

244 Nevett 1999, 37. 68; Cahill 2002, 78.<br />

245 Zur Essenszubereitung und speziell zu Funden von Mahlsteinen, s. auch Cahill 2002, 161–168.<br />

S e i t e | 63


und einer alten Amme im Hof, als sich Euergos zusammen mit seinem Schwager gewaltsam Eintritt<br />

verschafft. 246<br />

Abgesehen vom Hof können nur der Andron, die „Oikos-Unit“ mit Koch- und Badegelegenheit und<br />

gegebenenfalls Vorratsräume durch ihre architektonischen Merkmale bzw. funktionsorientierte<br />

Ausstattung identifiziert werden. 247 Andere Räumlichkeiten, die uns heute für ein Wohnhaus<br />

unverzichtbar erscheinen, allen voran der Thalamos, das Schlafzimmer, lassen sich mittels der<br />

archäologischen Befunde nicht festmachen, weshalb auch hier der Leitsatz Nevett´s anzuwenden ist:<br />

„There is little evidence to support a notion that Greek household space may have been personalised to<br />

the same degree.“ 248 Der Thalamos war eben nicht nur für die Nachtruhe gedacht, sondern diente, wie<br />

uns die antiken Quellen unterrichten, als Stauraum für wertvolle und geschätzte Objekte und Textilien,<br />

die vermutlich oft einen Teil der bräutlichen Mitgift bildeten. 249<br />

Während die vorbereitenden Stadien zur Weiterverarbeitung von Wolle durch die Beweglichkeit der<br />

benötigten Utensilien wie Kalathos, Spinnrocken und Spindel in diversen Räumen oder auch im Hof<br />

vonstatten gehen konnten, benötigt der aufgestellte Webstuhl einen festen Standort. Größere<br />

Fundkomplexe von Webgewichten ermöglichen es, in einigen Häusern Olynths den Aufstellungsplatz<br />

des Webstuhls zu lokalisieren. 250 Vorurteile, die vor allem aus der misogynen Literatur ihre Nahrung<br />

erhielten, konnten dank der Befunde Olynths entkräftet werden: „The use of these rooms for weaving<br />

does not, however, seem to result from a desire to restrict this activity to a more private or secluded<br />

part of the house. Indeed, weaving areas were sometimes conspicuously close to the entrance of the<br />

house, hardly more removed than the court or Pastas.” 251 Das Arbeitszimmer der Hausherrin, das man<br />

gemeinhin als Gynaikonitis definierte, war also nicht ins abgelegenste und düsterste Eck des Hauses<br />

verbannt. 252 Im Falle Olynths fiel nun zunächst auf, dass häufig mehrere Bereiche des Hauses für die<br />

Textilherstellung genutzt wurden. Sie lagen häufig in unmittelbarer Nähe zu Hof, Pastas oder einer<br />

alternativen Lichtquelle und besaßen eine gute Ausleuchtung, wie sie für komplizierte Handarbeit von<br />

Vorteil ist. 253 Weben war jedoch kaum die einzige Tätigkeit, die im entsprechenden Raum ausgeführt<br />

wurde. Am Beispiel von Haus A v 9 in Olynth zeigt N. Cahill, dass in der Pastas neben dem Weben<br />

auch andere häusliche Tätigkeiten wie das Mahlen von Getreide oder das Kneten von Teig ausgeführt<br />

wurden. 254<br />

246 Laut Demosth. or. 47, 53 befindet sich das Landgut des Klägers in der Nähe des Hippodroms, d.h. im Bezirk Halipedon<br />

außerhalb Athens. – Zu Halipedon, s. J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen (Tübingen 1971) 164<br />

Abb. 213.<br />

247 Nevett 1999, 65–67.<br />

248 Nevett 1999, 37.<br />

249 Xen. oik. 9, 3; Lys. 12, 10: Eratosthenes bewahrt sein Barvermögen in einer Truhe in seinem Schlafzimmer auf. – Zu<br />

Mitgift und Aussteuer, s. Hartmann 2002, 120 f.<br />

250 Cahill 2002, 169–179 Abb. 38. Es muss hierbei unterschieden werden zwischen Webgewichten, deren Fundkontext<br />

darauf hindeutet, dass sie zum der Zeitpunkt der Zerstörung an einem Webrahmen befestigt waren, und Webgewichten,<br />

die lediglich in größerer Ansammlung aufbewahrt wurden.<br />

251 Cahill 2002, 178.<br />

252 Wie noch zu lesen z. B. bei Vidale 2002, 368.<br />

253 s. auch S. I. Rotroff – R. D. Lamberton, Women in the Athenian Agora (Athen 2006) 28f.; Bundrick 2008, 313.<br />

254 Cahill 2002, 166.<br />

S e i t e | 64


Für einen Großteil der Räume führt uns die Untersuchung der Übereinstimmung von Architektur und<br />

Fundkomplexen in die Aporie. Eine Verteilung von Funden quer durch das Haus spricht für ein hohes<br />

Maß an Multifunktionalität der einzelnen Raumeinheiten, die von mehreren Personen gleichzeitig oder<br />

zu unterschiedlichen Tageszeiten für verschiedene Aktivitäten genutzt wurden. Dies widerspricht<br />

wiederum völlig der Annahme, der Aufenthalt der Frau sei im Haus auf spezielle Frauengemächer<br />

beschränkt gewesen, eine Annahme, deren Wahrscheinlichkeitsgehalt schon durch die Pflichten der<br />

Ehefrau als Aufseherin und Delegiererin von Arbeit in Zweifel gezogen wird. 255 Eine strenge<br />

Trennung der männlichen und weiblichen Lebensbereiche scheint es also zumindest in dem Sinne<br />

nicht gegeben zu haben, dass die Frauen selbst im Haus auf die legendäre Gynaikonitis beschränkt ihr<br />

Dasein fristeten, vor den Blicken aller Männer, selbst ihrer Ehemänner, Söhne oder sonstiger<br />

Verwandter, geschützt. Schon D. Cohen riet zu einer sorgfältigen Differenzierung der<br />

Begrifflichkeiten „Separation“ und „Isolation“: „separation does not reduce the status of women to<br />

utter subordination in the way that complete isolation might.” 256<br />

Wie sind dann aber die literarisch überlieferten Begriffe von Andronitis und Gynaikonitis zu erklären?<br />

Auch hierfür wurde eine vernünftige Erklärung gefunden: es handle sich um eine Unterscheidung von<br />

Bereichen, die den Gästen zugänglich, und solchen, die täglichen und privaten Abläufen gewidmet<br />

seien. 257 Die Beantwortung der Frage, ob im athenischen Haus tatsächlich eine Separierung<br />

öffentlicher und privater Bereiche 258 angestrebt war, hängt vor allem von der Lokalisierung des<br />

Andron ab. Die Andrones in den Häusern 5–9 im Piräus lassen sich durch architektonische Details 259<br />

definitiv als Speiseräume benennen, liegen interessanterweise aber unmittelbar neben dem Oikos-<br />

Bereich im rückwärtigen Teil des Wohnhauses. 260 Zum selben Schluss kommt L. Nevett im Bezug auf<br />

die Raumsituation in olynthischen Wohnhäusern. 261 In der Nähe des Eingangs gelegene Andrones<br />

besitzen dagegen etwa das Haus südlich der Süd-Stoa oder die Häuser C und D im Industrieviertel<br />

Athens. 262 Am Eingang gelegen bedeutet jedoch nicht, dass der Bankettraum fernab vom Oikos<br />

gelegen sein bzw. dass der Hof nicht überquert oder zumindest betreten werden muss. 263 Nur der<br />

Andron in Haus C ist vom Hof durch eine Mauer abgetrennt. 264 Eine räumliche Separierung von<br />

255 So auch Patterson 1998, 126.<br />

256 D. Cohen, Seclusion, Separation, and the Status of Women in Classical Athens, GaR 36, 1989, 6.<br />

257 J. Raeder, Vitruv, de architectura VI 7 (aedificia Graecorum) und die hellenistische Wohnhaus- und Palastarchitektur,<br />

Gymnasium 95, 1988, 351; Nevett 1999, 71 f.; Bundrick 2008, 313.<br />

258 Sojc 2005, 41 f. äußert sich kritisch zur Verwendung der Termini „öffentlich“ und „privat“, da es ungewiss bleibt, ob<br />

diese Scheidung tatsächlich schon in der Antike vorgenommen wurde.<br />

259 Zu wasserdichtem Kalkmörtel und Stuckierungen auf Kalk- oder Gipsbasis, s. E.-L. Schwandner, Einzelprobleme, in:<br />

Hoepfner 1999, 529 f.<br />

260 W. Hoepfner – E.-L. Schwandner (Hrsg.), Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Wohnen in der klassischen Polis<br />

I (München 1994) 30 Abb. 20; 40.<br />

261 Nevett 1995, 369. 372.<br />

262 Hoepfner – Schwandner a. O. (Anm. 260) 240–142 Abb.<br />

263 Nevett 1999, 70; Bundrick 2008, 313.<br />

264 Das Omega-Haus mit seinem prächtigen Mosaik verzierten Andron links des Eingangs, s. z. B. Hoepfner – Schwandner<br />

a. O. (Anm. 260) 244 f. Abb.; T. L. Shear, Jr., The Athenian Agora. Excavations of 1971, Hesperia 42, 1973, 148 Abb. 4;<br />

151–156, geht zwar auf das 5. Jh. v. Chr. zurück, zählt aber in vorliegender Rekonstruktion schon unter die Luxusbauten<br />

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Gästen und den häuslichen Aktivitäten zur Wahrung der Privatsphäre scheint also nicht immer<br />

angestrebt, ein Zusammentreffen von Hausbewohnern und Besuchern nicht immer unausweichlich<br />

gewesen zu sein. 265 Davon abgesehen könnten natürlich Vorkehrungen, die nicht automatisch<br />

baulicher Natur gewesen sein müssen, – so L. Nevett – dafür gesorgt haben, den Kontakt der<br />

Hausbewohner mit Gästen zu regulieren, ohne die Frauen zwangläufig in ihrer Bewegungsfreiheit zu<br />

behindern. M. Jameson vertritt die Annahme, dass eine räumliche Trennung von Männer- und<br />

Frauenbereichen mehr auf ein verschiedenartig konzeptionelles Verständnis ihrer Gewohnheiten und<br />

Aufgaben zurückzuführen sei. 266 Der Andron besitzt in Olynth in vielen Fällen einen Vorraum, des<br />

weiteren eine verschließbare und aus der Achse verschobene Tür, so dass eine gewisse private<br />

Atmosphäre geschaffen wird, da die Vorgänge im Haus vom Inneren des Andron aus nicht verfolgt<br />

werden können. 267 Ferner ist es einer Frau stets überlassen, sich beim Erscheinen eines Gastes<br />

zurückzuziehen. Auch wird im Regelfall nicht die Hausherrin höchstpersönlich die Haustür öffnen, so<br />

dass sich der Besucher vor dem Betreten des Hauses der Anwesenheit des Hausherrn versichern<br />

konnte. 268 Die schriftlichen Belege hierfür stammen zumeist aus den Gerichtsreden und werden von<br />

Männern vorgebracht, die ihren Sinn für Anstand und gute Manieren demonstrieren wollen. Auch<br />

wenn sie daher zum Teil vielleicht übertrieben sein mögen, so zeigen sie doch, dass ein gewisses<br />

Fingerspitzengefühl vonnöten war, um nicht gegen Moral und Anstand zu verstoßen.<br />

Im Fall der folgenden Demosthenes-Rede müssen allerdings wohl doch Abstriche hinsichtlich der<br />

Authentizität der Fakten gemacht werden. Der Ankläger will seinen Zuhörern allen Ernstes<br />

weismachen, dass der Passant Hagnophilos aufgrund der Abwesenheit des Hausherren davon absieht,<br />

den Frauen des Oikos zu Hilfe zu eilen, obgleich derweil munter geplündert wird, und es zu<br />

folgeschweren Handgreiflichkeiten kommt. 269 Es stellt sich aber doch die Frage, warum die<br />

inzwischen auf der Straße versammelte Menschenmenge auch dann nicht eingreift, als die<br />

Eindringlinge mit ihrem Diebesgut von dannen ziehen. Es ist zu vermuten, dass in der Person des<br />

ehrbaren Hagnophilos ein krasses Gegenbild zum Schurken Euergos geschaffen werden sollte, dessen<br />

Verwerflichkeit so umso klarer zutage tritt.<br />

Als Xanthippe in Platons „Phaidon“ bei ihrem letzten Besuch im Gefängnis auf die Freunde ihres<br />

Mannes trifft, wird ganz klar ausgesagt, dass sie diese bereits kennt. So wird es denn auch einem von<br />

hellenistischer Zeit. Auch das Haus des griechischen Mosaiks, s. z. B. J. E. Jones, Town and Country Houses of Attica in<br />

Classical Times, MIGRA 1, 1975, 77–79 Abb. 5, A. B, das über einen Andron mit Vorraum verfügt, die beide mit<br />

Kieselmosaiken ausgestattet waren, datiert bereits in den Hellenismus.<br />

265 Nevett 1995, 372; dies. 1999, 72: “[…] control over interaction between female household members and male visitors,<br />

although spatially this is achieved by restricting the movement of visitors, rather than by confining the women to their<br />

own area of the house […].”<br />

266 M. Jameson, Private Space and the Greek City, in: O. Murray – S. Price (Hrsg.), The Greek City. From Homer to<br />

<strong>Alexander</strong> (Oxford 1990) 192.<br />

267 A. Stähli, Die Konstruktion sozialer Räume von Frauen und Männern in Bildern, in: H. Harich-Schwarzbauer – T. Späth<br />

(Hrsg.), Gender Studies in den Altertumswissenschaften. Räume und Geschlechter in der Antike (Trier 2005) 85:<br />

„architektonische Blicklenkung“.<br />

268 In Demosth. or. 47, 35–38 öffnet eine Dienerin die Tür. Der Besucher hat sich bereits vorher erkundigt, ob der Hausherr<br />

verheiratet ist oder nicht. – s. auch die Debatte um die Deutung des Vasenbildes der Chous, New York, Metropolitan<br />

Mus. of Art 37.11.19, zusammengefasst bei Sutton 2004, 331–333 Abb. 17.3.<br />

269 Demosth. or. 47, 60.<br />

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ihnen gestattet, sie nach Hause zu begleiten. 270 Offenbar muss man unterscheiden, ob der Hausgast ein<br />

völlig Fremder ist oder zum engeren Freundeskreis des Hausherrn zählt. Als eine Gruppe von<br />

Fremden den auf der Straße ausgeraubten und geschundenen Ariston nach Hause bringt, sind seine<br />

Mutter und die Dienerinnen als erste zur Stelle, um das Unglück zu beklagen. 271 Auch die Klage des<br />

Mantitheus, man könne es ihm und seiner heiratsfähigen Tochter nicht zumuten, das Haus mit losem<br />

Pack wie seinen Stiefbrüdern zu teilen, die Leute ihres Schlages ins Haus brächten, suggeriert, dass<br />

eine völlige Abschirmung der Parthenoi auch im eigenen Haus nicht möglich war. 272<br />

Die verschiedenen Lebenssphären der Geschlechter, die sich sowohl im öffentlichen als auch<br />

ansatzweise im privaten Raum manifestierten, sind in der Tat eine Eigenheit der griechischen Kultur<br />

der Antike. Es ist in diesem Sinn zu verstehen, dass den Frauen in den Wohnhäusern möglicherweise<br />

Räume mit spezifisch weiblichen Funktionen zugeordnet waren. Es lässt sich jedoch auch mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit behaupten, dass die Gynaikonitis – in welcher Form auch immer diese Einrichtung<br />

in den athenischen Wohnhäusern vorhanden war – die Ehefrauen eben nicht in ihrer<br />

Bewegungsfreiheit im Haus selbst einschränkte. Vielmehr waren die Aufgaben der Ehefrau so<br />

vielfältig, dass diese sich in allen Bereichen des Hauses aufgehalten haben dürfte. Eine strikte<br />

Geschlechterseparation, sei es von weiblichen und männlichen Hausbewohnern, sei es von<br />

Hausbewohnern und Hausgästen, lassen die Quellen nicht erkennen. Dennoch sprechen die<br />

archäologischen Befunde Olynths dafür, dass die herrschende Sozialnorm die Wohnkultur zumindest<br />

in der Hinsicht prägte, als sie den Kontakt zwischen den Frauen des Hauses und Besuchern von außen<br />

reglementierte. „Although there is no evidence that these houses were divided into different male und<br />

female areas, restrictions on access to the house as a whole and the way in which movement is<br />

channelled within do suggest that gender relationships probably exerted a major influence on the<br />

organisation of the household.” 273 A. Stähli weist zu Recht darauf hin, dass es Ausprägungen von<br />

Geschlechterseparation gibt, die in der Wohnarchitektur keinen Niederschlag gefunden haben. Sie<br />

wurden verschiedentlich zumindest ansatzweise angesprochen. So müssen wir z. B. damit rechnen,<br />

dass Räume zwar für diverse Aktivitäten und von beiden Geschlechtern genutzt wurden, gewohnte<br />

Bewegungsmuster und geschlechterspezifisches Sozialverhalten ein Zusammentreffen jedoch nicht<br />

erzwangen. 274<br />

Für die Vasenbilder haben diese Erkenntnisse erheblichen Wert. Szenen des Frauenalltags sollten nur<br />

mit äußerster Vorsicht als Szenen im Rahmen der Gynaikonitis bezeichnet werden. Die Frauen<br />

befinden sich im Oikos, dort wo sich der Aufenthalt für eine Frau nach der gültigen gesellschaftlichen<br />

Norm ziemte und wo ihre Hauptverantwortlichkeiten lagen. 275 Wenn auf einem Vasenbild ein Mann<br />

270 Plat. Phaid. 60a.<br />

271 Demosth. or. 54, 9. 20.<br />

272 Demosth. or. 40, 57.<br />

273 Nevett 1999, 79; s. auch P. Schmitt Pantel, Du symposion au sanctuaire, in: H. Harich-Schwarzbauer – T. Späth (Hrsg.),<br />

Gender Studies in den Altertumswissenschaften. Räume und Geschlechter in der Antike (Trier 2005) 6 f.<br />

274 Stähli a. O. (Anm. 267) 86; s. auch R. Just 1989, 118 f.; Nevett 1995, 372; S. I. Rotroff – R. D. Lamberton, Women in the<br />

Athenian Agora (Athen 2006) 29.<br />

275 Stähli a. O. (Anm. 267) 90–93: Die Vasenbilder reflektieren soziale Räume, eine Scheidung in Innen und Außen.; nach<br />

Götte 1961, 14 umfassen die sog. Frauengemachsszenen typische Tätigkeiten und Beschäftigungen der Frauen, die nicht<br />

S e i t e | 67


oder Jüngling inmitten von Frauen auftritt, bedeutet das aber keinesfalls, dass er in einen Bereich<br />

vordringt, der ihm üblicherweise verschlossen ist.<br />

S e i t e | 68<br />

2. 5. Der Oikos in der Bildkunst der attisch rotfigurigen Keramik<br />

Die Bilder, welche die Frau im Oikos bei handwerklichen Tätigkeiten oder bei ihrer Toilette zeigen,<br />

erhielten den Namen „Frauengemachsszenen“. Bevor man sich eingehender mit den Vasenbildern<br />

beschäftigt, muss man sich bewusst machen, dass sie eine Idealvorstellung der athenischen Ehefrau<br />

propagieren, die in der Praxis keinesfalls auf die gesamte Masse in Athen ansässiger Frauen<br />

angewendet werden kann. 276 Vornehme Zurückgezogenheit, das Spinnen und Weben im Kreise von<br />

Geschlechtsgenossinnen und die Muße für Schönheitspflege und Musik kennzeichnen in erster Linie<br />

die Frau gehobener Stellung. 277 Im Gegensatz zu ihr haben freie Frauen ärmerer Schichten oder aus<br />

verarmten Familien, bisweilen auf sich allein gestellte Witwen, weder Zeit noch Sinn für ausgiebige<br />

Schönheitspflege noch verfügen sie über Sklaven, an die sie die schweren Arbeiten delegieren können.<br />

Ihre Arbeitskraft war unverzichtbar; oftmals waren sie gezwungen, durch den Verkauf von Textilien,<br />

Gewinden, Nahrungsmitteln etc. Geld für den Erhalt der Angehörigen dazuzuverdienen. Dennoch ist<br />

anzunehmen, dass sie sich als Bürgerinnen mit dem idealisierenden Frauenbild der griechischen Kunst<br />

identifizieren konnten, auch wenn ihr tatsächlicher Lebensstandard kein Leben in Luxus und Muße<br />

erlaubte. Über Frauen im Status der Metökinnen ist wenig bekannt. Ob und inwieweit diese<br />

„Zugezogenen“ die athenischen Sitten und Moralvorstellungen adaptiert haben, bleibt der Spekulation<br />

überlassen. 278 Aus Inschriften an ihren Grabdenkmälern wird jedoch deutlich, dass sie sich die<br />

athenische Ideologie und Bildsprache der Kunst zu Eigen gemacht haben und ihre Toten auf die<br />

gleiche Weise ehrten und im Bild verewigten wie die athenischen Bürger selbst. 279 Daraus kann<br />

gefolgert werden, dass auch die Metöken sich zumindest bis zu einem gewissen Punkt mit dem Sozial-<br />

und Rollenverhalten der athenischen Bürgerschaft und folglich auch mit dem Bildprogramm der<br />

Vasen identifizierten. 280<br />

alle zwangsläufig im Haus anzusiedeln sind; auch Sojc 2005, 49 weist in diesem Sinn darauf hin, dass Mobiliar oder<br />

Gebrauchsgegenstände nicht als Einrichtung verstanden werden müssen, sondern Zuständigkeitsbereiche andeuten. Ich<br />

dagegen verstehe den Begriff tatsächlich als Ortsangabe, wobei ich den Begriff Oikos bevorzuge; Szenen am Grab<br />

gehören für mich nicht in die Gruppe der Frauengemachsszenen.<br />

276 Killet 1994, 218; Stähli a. O. (Anm. 267) 93.<br />

277 S. Walker, Women and Housing in Classical Greece: The Archeological Evidence, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.),<br />

Images of Women in Antiquity ²(London 1993) 81; F. Lissarrague, Vases Grecs. Les Athéniens et leurs images (Paris<br />

1999) 52; A. Strömberg, Private in life – Public in Death: The Presence of Women on Attic Classical Funerary<br />

Monuments, in: L. Larsson Lovén – A. Strömberg (Hrsg.), Gender, Cult, and Culture in the Ancient World from<br />

Mycenae to Byzantium. Proceedings of the Second Nordic Symposium on Gender and Women´s History in Antiquity,<br />

Helsinki 20.–22.10.2000 (Sävedalen 2003) 28; Heinrich 2006, 74–76; Bundrick 2008, 285 f.<br />

278 Mossé 1983, 62: “Ces femmes de métèques devaient avoir une vie assez proche de celle des femmes de citoyens, tenant<br />

leur maison, filant et tissant, dirigeant le travail des servantes.”<br />

279 Bergemann 1997, 142–150. – Zum Bild der Spinnerin auf den attischen Grabstelen, s. Heinrich 2006, 135–138.<br />

280 Bundrick 2008, 319 betont an diesen Bildern weniger ihre normative Funktion für die Frau, sondern mehr den Ausdruck<br />

von Wohlstand und Glück, nach denen auch die niedrigeren Schichten Athens strebten.


Im Folgenden soll nun untersucht werden, welches Frauenbild das archäologische Material<br />

widerspiegelt und inwieweit dieses mit den aus den literarischen Quellen gewonnen Eindrücken<br />

übereinstimmt. Die sog. Frauengemachsszenen sind, da sie eine der wesentlichen Darstellungsformen<br />

des Frauenlebens auf Vasen ausmachen, ohne Zweifel eine für das generelle Bild der Frau in der<br />

Vasenmalerei unerlässliche Informationsquelle. Sie sind erschöpfend behandelt worden 281 , weswegen<br />

ich sie hier vor allem unter dem Aspekte der Geschlechterbegegnung besprechen möchte, insofern als<br />

in ihnen in Ausnahmefällen auch Männer und Jünglinge auftreten.<br />

2. 5. 1. Der Mann im Frauengemach<br />

Es ist kaum zu leugnen, dass das Repertoire der Vasenbilder den Mann oder Jüngling hauptsächlich<br />

bei Aktivitäten außer Haus zeigt. Der Einwurf, der zum Thema „Frauenleben“ gemacht wird, nämlich<br />

dass die Vasen nur einen sehr ausschnitthaften Teil der historischen Realität zeigen, lässt sich auch für<br />

die Darstellungen der Männerwelt erhärten. Wir erleben Männer als Athleten, Symposiasten, Krieger,<br />

in Gesellschaft mit anderen Männern, bei Opfern und Kultfeiern, bei homo- und heteroerotischen<br />

Begegnungen mit Knaben und Prostituierten. Geschäftsszenen sind selten, Handwerkerberufe<br />

unterrepräsentiert, Szenen des politischen Lebens, die den Mann in der Ekklesia oder im Gericht<br />

zeigen, gänzlich unbekannt. 282 Die Bedeutung des Mannes in seiner Rolle als Versorger und Ehemann<br />

im Oikos wurde bislang kaum berücksichtigt. Er gilt in erster Linie als Bürger der Polis, sein<br />

Wirkungsbereich ist die Agora und das Symposion. So wie ein In-Erscheinung-Treten der Frauen im<br />

öffentlich-politischen Sektor von den Männern als Einmischung in ein maskulines Ressort beurteilt<br />

wurde, so ungeziemend galt es für den Mann, sich über Gebühr im Haus aufzuhalten. 283 Dennoch<br />

existiert neben dem „politischen“ auch stets der „soziale“, in seinen Oikos eingebundene Mann. Der<br />

athenische Bürger übt die Funktion des Hausherrn über alle unter seinem Dache lebenden Frauen,<br />

Kinder und Sklaven aus. 284 Das Haus ist auch der Ort, an dem er zu repräsentativen Zwecken des<br />

Abends seine Gäste bewirtet, der Ort, an dem er für seine Geschäftspartner, Freunde und Gläubiger<br />

erreichbar ist. Nicht zufällig oder auf gut Glück versuchen in den Gerichtsreden immer wieder Kläger<br />

oder Bekannte, den Betreffenden zuhause abzupassen. Dies wäre absurd, müsste man von vorneherein<br />

ausschließen, den Gesuchten dort anzutreffen.<br />

Es gibt nun tatsächlich einige Darstellungen auf Vasen des 5. Jhs. v. Chr., die einen Mann, teilweise<br />

auch mehrere Männer, im häuslichen Ambiente zeigen. Nun wird offensichtlich, wie unglücklich der<br />

281 Götte 1957; H. Kammerer-Grothaus, Frauenleben, Frauenalltag im antiken Griechenland (Berlin 1984); Killet 1994, 109<br />

ff. 203 ff.; F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.), I misteri del<br />

gineceo (Bari 2000) 149–190; Lewis 2002, 130 ff.; Bundrick 2008.<br />

282 s. auch A. Stähli, Die Konstruktion sozialer Räume von Frauen und Männern in Bildern, in: H. Harich-Schwarzbauer – T.<br />

Späth (Hrsg.), Gender Studies in den Altertumswissenschaften. Räume und Geschlechter in der Antike (Trier 2005) 89.<br />

283 Xen. oik. 7, 3; Schnurr-Redford 1996, 92.<br />

284 Zum Mann als Familienoberhaupt auf klassischen Weihreliefs, s. A. Klöckner, Habitus und Status. Geschlechtsspezifi-<br />

sches Rollenverhalten auf griechischen Weihreliefs, in: Die griechische Klassik. Idee oder Wirklichkeit. Ausstellungs-<br />

katalog Berlin (Mainz 2002) 321–330: Hier ist er allerdings fast durchgängig als reifer Mann mit Vollbart dargestellt.<br />

S e i t e | 69


Begriff der „Frauengemachsszene“ gewählt ist, suggeriert er doch, dass der Mann sich hier an einem<br />

Ort befindet, der eigentlich für die Frauen reserviert ist. Er wird zum Fremdkörper. Die Befremdung,<br />

die manche Archäologen beim Anblick des Mannes im „Frauengemaches“ befiel, wurde auf ganz<br />

simple Weise aus der Welt geschafft. Die anständige Frau – so die Forschung – lebte zurückgezogen<br />

von der Männerwelt. Eine Frau in Begleitung eines Mannes war bezüglich ihres Status mehr als<br />

suspekt: es konnte sich also um nichts anderes handeln als um eine Hetäre, die Männerbesuch<br />

empfing, sich umwerben ließ oder mit ihrem Freier verhandelte. Inzwischen wird in Einzelfällen<br />

eingeräumt, dass eine Begegnung von Mann und Frau nicht immer sexuell motiviert sein muss. 285<br />

Doch nach welchen Kriterien wird darüber entschieden? Welcher Kontext und welche Attribute<br />

rechtfertigen eine Entscheidung für eine Ehefrau oder eine Hetäre? Wenn die strikte räumliche<br />

Trennung männlicher und weiblicher Bereiche als Grundlage wegfällt, welche Begründung bleibt<br />

dann noch?<br />

S e i t e | 70<br />

2. 5. 2. Familienbilder<br />

Nähern wir uns dem Mann im Frauengemach also auf sehr behutsame Art und Weise. Eine<br />

Sondergruppe innerhalb der Bilder, die einen Mann im Frauengemach zeigen, stellen die Szenen dar,<br />

die auch Kinder abbilden. In diesen Fällen erscheint es mir gerechtfertigt, von einem familiären<br />

Kontext auszugehen 286 , auch wenn zu beobachten ist, dass Archäologen und Historiker den Begriff des<br />

Familienbildes für das klassische Athen bisher nur sehr widerwillig gebrauchen. 287<br />

Eines der bekanntesten mythischen Familienbilder ist die Darstellung der ihrem Knaben die Brust<br />

gebende Eriphyle auf einer Hydria in Berlin II/1 (Taf. 2 Abb. 4). Amphiaraos als Ehemann und Vater<br />

komplettiert die häusliche Szene. Ungeachtet des tragischen Ausgangs der Geschichte – höchstens die<br />

zwei Hähne deuten auf das kommende Unglück 288 – zeigt das Vasenbild die Familie noch intakt, jedes<br />

Mitglied erfüllt seine Rolle: der Mann als Kyrios, die Frau als Ehefrau und treu sorgende Mutter 289 , die<br />

Tochter Demonassa als Abbild häuslichen Fleißes und Gehorsams. Dieses Verständnis des Wesens der<br />

Familie und die Betonung der jeweiligen festgeschriebenen Rollen der einzelnen Oikosmitglieder<br />

begegnen in den folgenden Szenen menschlichen Lebens wieder.<br />

Eine Pyxis in Athen II/2 (Taf. 3 Abb. 1–4) gibt einen exemplarischen Einblick in den Alltag innerhalb<br />

285 z. B. Mercati 2003, 58 f. 66–69 ist etwa bereit, einen Mann oder Jüngling im Oikos, wenn es sich nur um einen einzigen<br />

handelt, als Ehemann in Betracht zu ziehen, da ihm der Zutritt in die „heiligen Gefilde der Gynaikonitis“ erlaubt war.<br />

286 Die Präsenz von Kindern ist nach Sutton 2004, 331 „the most reliable criterion for recognizing the oikos“.<br />

287 F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.), I misteri del gineceo<br />

(Bari 2000) 164. Dies gilt jedoch vorrangig für die griechische Keramik, im Bezug auf die griechische Grabkunst schien<br />

man lange keine derartigen Bedenken zu hegen, s. z. B. B. Schmaltz, Griechische Grabreliefs ²(Darmstadt 1993); B. Fehr,<br />

Rez. zu B. Schmaltz, Griechische Grabreliefs, Gnomon 58, 1986, 526 f. kritisiert, dass der neuzeitlich geprägte Begriff<br />

„Familie“ eine gefühlsbetonte Intimsphäre impliziert.<br />

288 F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 213<br />

Abb. 27; Sutton 2004, 345 f. Abb. 17. 14.<br />

289 L. Bonafante, Nursing Mothers in Classical Art, in: A. O. Koloski-Ostrow – C. L. Lyons (Hrsg.), Naked Truths. Women,<br />

Sexuality, and Gender in Classical Art and Archeology (London 1997) 174 f.


des Oikos. Die Frauen sind in einer streng geschlossenen und symmetrischen Komposition<br />

angeordnet. Die Szenerie wird gerahmt von zwei sitzenden Frauen 290 , von denen jene am linken Rand<br />

– einen Wollkorb neben sich – einen Wollfaden vom erhobenen Spinnrocken abwickelt. Sie hebt sich<br />

durch den über den Kopf gezogenen Schleier von den übrigen Frauen ab. 291 Ihr zugewendet sind eine<br />

Frau mit Wollkorb und eine mädchenhafte Gestalt im ungegürteten Chiton mit einem Kleinkind auf<br />

den Schultern. Daneben stehen zwei Frauen um einen Kalathos, dem soeben ein Ballen Wolle<br />

entnommen wurde; ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf die zweite sitzende Person, deren geöffneten<br />

Arme einem krabbelnden Kleinkind entgegengestreckt sind. Ganz außen hinter der Spinnerin steht ein<br />

Jüngling mit einem rundlichen Gegenstand in der ausgestreckten Hand. Der Form nach handelt es sich<br />

um einen Ball oder um eine Frucht. Passend wäre etwa ein Granatapfel, dessen symbolische<br />

Bedeutung die Fruchtbarkeit und den augenscheinlichen Kinderreichtum des abgebildeten Oikos<br />

betont. 292 Für die Interpretation ähnlicher sog. Geschenkübergabeszenen bedeutet dies, dass das<br />

Darbieten oder Überreichen eines Gegenstandes, besonders wenn es sich um ein stark symbolisch<br />

behaftetes Objekt handelt, nicht zwangsweise situativ zu verstehen ist, sondern die Darstellung um<br />

eine metaphorische Ebene bereichert. 293<br />

Auf einer Hydria in Cambridge II/3 (Taf. 3 Abb. 5) reicht eine sitzende Mutter ihren kleinen Sohn<br />

einer thrakischen Dienerin, deren kurze, hemdsartige Tunika mit gemusterter Borte sich von der<br />

griechischen Tracht unverkennbar unterscheidet. 294 Im Hintergrund verweist ein hoher, schmaler<br />

Webstuhl auf den tugendhaften Fleiß der Hausherrin. Das bereits gewebte Stück Stoff ziert ein dunkler<br />

Saum, der nach dem Vorbild des thrakischen Übergewandes hergestellt zu sein scheint. 295 Dies mag<br />

bedeuten, dass die Hausherrin entweder ein Gewand für ihre Dienerin herstellt oder aber dass sie nicht<br />

selbst als aktive Spinnerin dargestellt wird, sondern vielmehr als Souverän des Hauses Arbeiten<br />

verteilt und überwacht. Hinter ihr steht ein junger Mann mit Bürgerstock, der gelassen auf die Szene<br />

blickt. Gleichsam als Vervollständigung dieses Familienbildes ist hier also wohl auch der Ehemann<br />

und Vater in der Szene dargestellt. 296 Der Ehemann mit seinem Ausgehstock wird von E. Reeder als<br />

290 Zum Motiv des Sitzens, s. Reuthner 2006, 99 f.<br />

291 F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.), I misteri del gineceo<br />

(Bari 2000) 155.<br />

292 Sutton 1981, 320–326; F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.)<br />

I misteri del gineceo (Bari 2000) 156 spricht von einem “sguardo maschile associato al gioco del dono e della<br />

seduzione”. Der Begriff “Verführung” leitet hier angesichts des Brautschleiers und des kinderreichen Oikos fehl; Sutton<br />

2004, 342; S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v. Chr.<br />

(Berlin 2005) 114 f.<br />

293 Sutton 2004, 342; s. auch Kap. III. 3.<br />

294 H. Rühfel, Ammen und Kinderfrauen im klassischen Athen, AW 19, 1988, 45 f. Abb. 3.<br />

295 Rühfel a. O. (Anm. 294) 46.<br />

296 Sutton 1981, 340; Reeder 1995, 218 f. Nr. 51 deutet die Bartlosigkeit des Jünglings, bei dem sich in Form von Flaum der<br />

erste Bart ankündigt, als Versuch, den Altersunterschied zwischen den Eheleuten zu kaschieren; D. Williams, Women on<br />

Athenian Vases: Problems of Interpretation, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.), Images of Women in Antiquity (London<br />

1993) 94 sieht in ihm den ältesten Sohn der Familie. Wie die Marmorloutrophoros der Persia und des Euthippos, Athen,<br />

Nat. Mus. 953: CAT 2.855, deutlich macht, erzwingt die Darstellung einer Mutter mit Kind, die sich von einem<br />

jugendlichen Krieger verabschiedet, nicht die Deutung des Jünglings als Vater und Ehemann, man scheint im Gegenteil<br />

geradezu davor zurückzuschrecken. Männer im reiferen Alter wie auf der Loutrophoros des Polymnestos und der<br />

Aischylis, Athen, Nat. Mus. 3465: CAT 2.874a, sind leichter als Väter und Gatten zu akzeptieren.<br />

S e i t e | 71


Gast oder Eindringling beschrieben. Dies zeigt, wie sehr der Mann in der ikonographischen Tradition<br />

der Vasenmalerei nach dem Empfinden der Archäologen und Archäologinnen als Fremdkörper im<br />

Frauengemach betrachtet wird. 297 Gern wird zur Untermauerung der scheinbaren Deplaziertheit von<br />

Männern im Frauenkreis der Bürgerstock als Anzeichen dafür angeführt, dass diese quasi nur 'auf der<br />

Durchreise' seien. 298 Der Bürgerstock mag – neben seiner Bedeutung als Statussymbol – durchaus<br />

auch einen konkreten Hinweis auf die Mobilität der athenischen Männer beinhalten, die sich ja<br />

tatsächlich überwiegend in der Öffentlichkeit bewegen. Bilder wie auf der Hydria in Cambridge II/3,<br />

die den Mann nachweislich im eigenen Heim an der Seite der Ehefrau abbilden, zeigen jedoch, dass<br />

der Gebrauch dieses Attributs im eigenen Oikos ebenso selbstverständlich ist. Hier ist er der stets<br />

sichtbare und nicht ortsgebundene Beleg für den Status des Mannes als attischer Bürger. Es ist äußerst<br />

interessant, welch subjektive Eindrücke dieses Vasenbild, eben weil es aus der großen Masse<br />

heraussticht, hinterlassen hat. E. Reeder z. B. schreibt: „Obwohl er sich in dieser Umgebung, in der er<br />

eine untergeordnete Rolle spielt, anscheinend nicht sehr wohl fühlt, soll seine Präsenz wohl daran<br />

erinnern, dass der Mann doch wesentlich zur Harmonie der häuslichen weiblichen Welt beitrug, die<br />

durch den Knaben, den Webstuhl und eine fleißige, liebende Dienerin evoziert wird.“ 299 Mit ganz<br />

anderen Augen jedenfalls betrachtet H. Schulze die Szenerie, wenn er von einer „liebevoll<br />

ausgestalteten Familienszene“ spricht. 300<br />

Auf einer Hydria in München II/4 (Taf. 3 Abb. 6) finden wir ebenso alle Voraussetzungen für einen<br />

blühenden und glücklichen Oikos erfüllt. Die Hausfrau ist im Zentrum des Bildes in ihre Handarbeit<br />

versunken. Vor ihr steht ein Jüngling, wohl ebenfalls ihr Ehemann, hinter ihr ein nackter Knabe mit<br />

einem Schlagreifen, der zu einer sich nähernden Dienerin mit einem Kästchen aufblickt. Der Grundton<br />

des Gefäßes könnte wie folgt lauten: die Ehefrau, geschmückt mit einem Diadem und einem feinen<br />

Schleier, verrichtet eifrig ihre Webarbeit im Bemühen um die Leistungssteigerung ihrer Fähigkeiten<br />

und um den Wohlstand des Oikos. Der Knabe als künftiger Erbe des Oikos genießt sein Kind-Sein mit<br />

Spiel, die Dienerin steht für die Betriebsamkeit des Haushalts, und der Ehemann überblickt als Kyrios<br />

seines Hauses und seiner Familie souverän das Geschehen. 301<br />

Während jenes Bild eine ruhige und harmonische Atmosphäre vermittelt, erinnert die Geschäftigkeit<br />

auf einer Pyxis in Athen II/5 (Taf. 3 Abb. 7; Taf. 4 Abb. 1. 2) an den Aufbau der bereits betrachteten<br />

Pyxis in Athen II/2 (Taf. 3 Abb. 1–4). Die Architektur des Wohnhauses wird in verkürzter Form durch<br />

eine schwere, doppelflügelige Tür und eine einzelne Säule 302 angedeutet. Emsig eilen Frauen hin und<br />

her, die z. T. mit dem Wollkorb oder mit Geschirr beladen sind. Etwas abgesondert sitzt rechts der Tür<br />

297 z. B. H. A. Shapiro, Father and Sons, Men and Boys, in: Neils – Oakley 2003, 104.<br />

298 Reinsberg 1993, 121 f.; Badinou 2003, 30. – Zum Bürgerstock als Symbol für andreia und Geschäftstüchtigkeit, s.<br />

Bundrick 2008, 305.<br />

299 Reeder 1995, 219.<br />

300 H. Schulze, Ammen und Pädagogen. Sklavinnen und Sklaven als Erzieher in der antiken Kunst und Gesellschaft (Mainz<br />

1998) 22 f.; Lewis 2002, 17 gibt aufgrund des Fundkontextes in einem Grab in Vari eine funerative Interpretation zu<br />

bedenken; bei einer Hydria ist aber in erster Linie wohl eher eine Gebrauchsfunktion im Alltag vorauszusetzen.<br />

301 Keuls 1985, 244 f.: “A man, doubtless her husband, stands in front of her, like Xenophon´s Ischomachus, checking up on<br />

the progress of labor in the household.”; Sutton 2004, 340 f.: “a single image representing beauty, procreation, and<br />

household production”.<br />

302 Bundrick 2008, 314: Säule als möglicher Verweis auf die Pastas.<br />

S e i t e | 72


die Hausherrin, ihr Haar unter einem transparenten Schleier, vor einer geöffneten Truhe, der sie<br />

soeben offensichtlich ein Objekt entnommen hat. Ihre Gestik wiederholt sich bei dem vor ihr<br />

stehenden Jüngling, der ihr auf seinen ausgestreckten Armen wohl eine Tänie oder ähnliches reicht.<br />

Die Amme mit dem Kleinkind auf dem Arm räumt jeden Zweifel aus, dass die Vase einen Einblick in<br />

einen bürgerlichen Oikos gewährt. Kinderreichtum, der Besitz von Sklaven, eine aktive und sittsame<br />

Dame des Hauses und die vorbildliche Verrichtung aller anfallenden Arbeiten konstituieren den<br />

Prototyp des athenischen Haushalts. 303<br />

Auf einem Lebes Gamikos in Athen II/6 (Taf. 4 Abb. 3) bildet die Trias von Vater, Mutter und Kind<br />

eine eng aufeinander bezogene Gruppe, in der die Mutter ihren Sohn auf dem Schoß hält. 304 Wollkorb<br />

– hier im Übrigen in den Händen einer Nike –, Bänder und Kästchen sind Gegenstände, wie sie im<br />

privaten Ambiente häufig begegnen. Eine zweite weibliche Figur sitzt in der bekannten Haltung eines<br />

Aphrodite-Typus auf ihrem Klismos und sieht der entgegenkommenden Dienerin mit dem Kästchen<br />

entgegen. 305 Es ist meiner Ansicht nach gut möglich, dass ein und dieselbe Person, nämlich die<br />

Hausherrin, unter unterschiedlichen Aspekten geschildert wird: als aufsichtshabende Respektsperson<br />

des Hauses, deren von der Liebesgöttin abgeleiteter Habitus Eleganz und Erotik ausstrahlt, und als<br />

Ehefrau und Mutter, die an der Seite ihres Ehemanns stolz ihr Söhnchen präsentiert. 306<br />

Eine Pelike in London II/7 (Taf. 4 Abb. 4) trägt eine ungewöhnliche Darstellung, weil sie einen<br />

intimen und unserem Empfinden nach sehr lebensnahen Ausschnitt des Eltern-Kind-Verhältnisses<br />

zeigt, ohne die üblichen Anspielungen auf den Oikos und irgendwelche rollenspezifische Tugenden in<br />

den Vordergrund stellen. Mann und Frau blicken auf ein Kleinkind herab, das sich krabbelnd am<br />

Boden fortbewegt. Die Armhaltung der Mutter drückt Ermunterung und Zuneigung aus. In einem<br />

Ausstellungskatalog aus dem Jahre 1986 wird die Ansicht vertreten, es handle sich hier aus dem<br />

simplen Grunde nicht um eine anheimelnde Szene elterlicher Kinderliebe, da der athenische<br />

Durchschnittsbürger seinen Tag auf die Politik und seine Geschäfte verwende und keine Zeit für<br />

seinen Nachwuchs erübrigen könne. Die Figur verkörpere, wenn, dann den Großvater, der nun im<br />

Ruhestand endlich das Heranwachsen seines Enkels miterleben dürfe. 307 Hier hat offenkundig die<br />

Überzeugung, die Geschlechtertrennung verhindere die Entstehung einer Familiengemeinschaft, die<br />

Interpretation geprägt. Die antiken Quellen gehen nur vereinzelt auf das Thema der Kindererziehung<br />

und ihrer Einbindung in den familiären Verband ein. Es wird jedoch keineswegs der Eindruck<br />

vermittelt, dass das Aufziehen des Nachwuchses allein Frauensache war. In den bisher betrachteten<br />

Vasenbildern waren die Väter als junge Männer charakterisiert. 308 In diesem Fall haben wir allerdings<br />

einen bärtigen Mann mit schulterlangem Nackenhaar vor uns, wie es in der Regel von Heroen, auf<br />

303 Sutton 2004, 343 f. Abb. 17, 13.<br />

304 vgl. Herakles mit Deianeira und Hyllos, Glockenkrater des Pourtales-Malers aus dem 4. Jh. V. Chr., München,<br />

Antikensammlungen 2398: H. A. Shapiro, Fathers and Sons, Men and Boys, in: Neils – Oakley 2003, 84 Abb. 8.<br />

305 P. Kranz, die Frau in der Bildkunst der griechischen Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.), Antike Literatur – Mensch, Sprache,<br />

Welt, Klassische Sprachen und Literaturen 34 (München 2000) 68–71; Sutton 2004, 338 bringt die Szene konkret mit der<br />

Brautschmückung in Verbindung.<br />

306 Sutton 2004, 338 sieht hier die beiden Stadien der Nymphe und der Gyne gegenübergestellt.<br />

307 I. Jenkins, Greek and Roman Life (London 1986) 30.<br />

308 Sutton 2004, 339: „[…] the artist of this scene may have preferred to show paternal maturity, rather than the romantic<br />

youthful image so popular in nuptial scenes.”<br />

S e i t e | 73


Grabstelen aber auch von alten Männern getragen wird. Ein mythischer Kontext, man denke etwa an<br />

Amphiaraos auf der Hydria in Berlin II/1 (Taf. 2 Abb. 4), ist nicht auszuschließen, durch den Mangel<br />

an weiteren Attributen aber auch nicht zwingend. Es mag also sowohl ein Vater in reiferen Jahren als<br />

auch durchaus der Großvater zusammen mit seinem Enkel dargestellt sein, die zur Untermauerung<br />

dieser Annahme angeführten Gründe sind jedoch als subjektiv zurückzuweisen. 309<br />

Ungewöhnlich ist auch die Darstellung eines Gefässes in Münster II/8 (Taf. 4 Abb. 5). Ein auf einem<br />

Klismos stehender Knabe streckt seine Arme der Mutter entgegen, die mit dem Gürten ihres Chitons<br />

beschäftigt ist. Das Motiv des Gürtens selbst lässt sich auf mehreren griechischen Vasen verfolgen,<br />

denen laut V. Sabetai zumeist eine hochzeitliche Konnotation innewohnt. 310 Ein Zipfel des Kolpos<br />

wird dabei zwischen den Zähnen gehalten, um so Blick und Hände für das Gürten frei zu haben.<br />

Tatsächlich ist der Gürtel bereits angelegt, die ins Gewand greifende Hand der Frau ist im Begriff, den<br />

Stoffüberfall gefällig zu arrangieren, um den Akt des Ankleidens zu beenden. Die Knabenfigur<br />

versteht K. Stähler als attributive Beifügung, die „auch inhaltlich als helfend aufgefasst werden“<br />

kann. 311 Gewöhnlich findet das Ankleiden im Kreise von Frauen statt, dass dies aber nicht immer so<br />

sein muss, zeigt das vorliegende Beispiel. Als Zuschauer hat sich nämlich ein junger Mann<br />

beigesellt. 312 Im Akt des An- oder Auskleidens schwingt in der griechischen Ikonographie, auch wenn<br />

dieser im Umfeld hochzeitlicher Themen auftritt, durchaus eine unterschwellige Erotik mit. Die<br />

Anwesenheit des Kindes und das passive Verhalten des Jünglings schließen eine narrative<br />

Interpretation der Szene aber wohl aus. Es geht eher um einen generellen erotischen Aspekt der<br />

Ehefrau, der ihre Attraktivität betont, gleichzeitig aber die eheliche Sexualität der Fortpflanzung<br />

unterordnet. Dass die erotische Ausstrahlung, die diesem Motiv anhaftet, auch ein Wesenszug der<br />

Mutter sein kann, bestätigt eine Darstellung auf einer Hydria aus dem Londoner Kunsthandel 313 , auf<br />

der eine junge Frau ihre Toilettenvorbereitungen, die das Anlegen und Gürten ihres Gewandes und das<br />

Schmücken beinhalten, vollzieht. Der kleine Knabe, der verlangend beide Ärmchen ausstreckt, weist<br />

sie als Ehefrau und Mutter aus.<br />

Die Ikonographie eines Alabastron in Providence II/9 ist vor allem aus dem Grunde interessant, weil<br />

die zwischengeschlechtliche Interaktion für sich genommen mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrscheinlichkeit als heterosexuelle Werbung zwischen einer Hetäre und einem Kunden interpretiert<br />

werden würde. Eine Frau mit Spiegel steht vor einem sitzenden Jüngling. Dessen ausgestreckter Arm,<br />

309 Sutton 2004, 339 interpretiert ihn als reifen Mann. Der Altersunterschied zwischen den Eheleuten war, besonders dann,<br />

wenn der Mann im Alter noch einmal heiratete, beträchtlich. – s. auch Kap. 1. 1.<br />

310 z. B. V. Sabetai, Aspects of Nuptial and Genre Imagery in Fifth-Century Athens: Issues of Interpretation and<br />

Methodology, in: J. H. Oakley – W. D. E. Coulson – O. Palagia (Hrsg.), Athenian Potters and Painters. The Conference<br />

Proceedings (Oxford 1997) 319–335; Bundrick 2008, 304.<br />

311 K. P. Stähler, Eine unbekannte Pelike des Eucharidesmalers im Archäologischen Museum der <strong>Universität</strong> Münster (Köln<br />

1967) 13: Er verweist ferner auf Parallelen in der Komposition von Vorder- und Rückseite des Gefäßes. Der diagonal<br />

nach oben gestreckte Arm, laut Vorzeichnung ursprünglich locker herabhängend gedacht, wiederholt die des Auleten von<br />

der anderen Seite des Gefäßes.<br />

312 Auch von B. Korzus (Hrsg.), Griechische Vasen aus westfälischen Sammlungen (Münster 1984) 59 f. Nr. 6 Abb. 6a. b<br />

als Familienszene bezeichnet; kritisch dagegen Sutton 2004, 337 Anm. 42. – vgl. z. B. Schale des Kalliope-Malers,<br />

Marzabotto, Mus. Naz. Etrusco „Pompeo Aria“ T2/6587: A. Lezzi-Hafter, Der Eretria-Maler. Werke und Weggefährten<br />

(Mainz 1988) Nr. 94 Taf. 73.<br />

313 Hydria des Metyhse-Malers, London, Sotheby´s: Badinou 2003, 65 f. 377 Taf. 137 Abb.1.<br />

S e i t e | 74


der in Richtung ihres Gewandes oder ihrer Scham zielt (Taf. 4 Abb. 6), rief Assoziationen an eine<br />

handfeste, sexuelle Annäherung wach. 314 Solche Gesten sind mit großer Vorsicht zu behandeln. Denn<br />

auf der Rückseite des Gefäßes hält eine Frau ein Kleinkind auf dem Arm, während ein zweites, schon<br />

etwas größeres Kind, in die Falten ihres Gewandes greift (Taf. 4 Abb. 7). Sind die beiden Szenen, die<br />

durch einen senkrechten Dekorstreifen voneinander getrennt sind, aufeinander zu beziehen? P.<br />

Badinou sieht hier eine Mutter mit zwei Söhnen einer Werbeszene gleichsam als zwei Aspekte des<br />

Frauenlebens gegenübergestellt. 315 Unklar bleibt, ob sie auch zwei Arten von Frauen, nämlich die<br />

Ehefrau und die Hetäre, polarisiert sehen möchte, oder ob sie die Werbung als Teil des Lebens der<br />

Bürgerin begreift. Die Blicke der Frau und des älteren Kindes sind jedenfalls auf die Szene nebenan<br />

gerichtet, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein inhaltlicher Zusammenhang besteht. Die<br />

Erwachsene hat ihre Handinnenfläche an ihre Wange gelegt. Der Gestus, der der Schlüssel zum<br />

Verständnis zu sein scheint, wird von P. Badinou in ihrer Interpretation nicht berücksichtigt. Er<br />

begegnet unter anderem auf Grabstelen und kann dort wohl als Ausdruck der Trauer verstanden<br />

werden. 316 J. Bergemann formuliert ihn allgemeiner als „Ausdruck von Emotionalität“, da er auf<br />

Vasenbildern in nicht-sepulkralem Kontext Entsetzen symbolisiert oder bevorstehende Schrecken<br />

ankündigt. 317 Während J. Neils und J. H. Oakley den Gestus als besorgte Reaktion einer Ehefrau auf<br />

die außerehelichen Affären ihres Ehemannes zu begründen suchen 318 , erscheint es mir sinnvoller, die<br />

Szene des Alabastrons in Providence vor einem funerären Hintergrund zu deuten. Die ausgestreckten<br />

Arme des Paares, die sich jedoch nicht berühren, finden ihre Entsprechung auf zahlreichen<br />

weißgrundigen Lekythen, wo sie eine Vorstufe der Dexiosis darstellen. 319 Ist der Jüngling z. B. als der<br />

Verstorbene zu betrachten, böte dies eine Erklärung für das im Falle eines Jüngling oder jungen<br />

Mannes unübliche Motiv des Sitzens. 320 Auf der anderen Seite des Gefäßes hätte dann eine<br />

314 Vidale 2002, 364; S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v.<br />

Chr. (Berlin 2005) 252 vergleicht die Darstellung mit dem Vasenbild der Hydria, Chicago, Art Institut 1911.456, hier<br />

IV/9: “Stärker als auf der Hydria in Rhodos wird hier vor allem durch die handgreifliche Annäherung des Mannes aus der<br />

Werbungsszene eine Darstellung von Prostitution und Bordellbetrieb gemacht.“<br />

315 Badinou 2003, 85 f. 340 Nr. A 257 Taf. 100.<br />

316 B. Schmaltz, Untersuchungen zu den attischen Marmorlekythen (Berlin 1970) 85; nach I. Huber, Die Ikonographie der<br />

Trauer in der griechischen Kunst (Mannheim 2001) 151–154 ist diese Art der Trauer besonders typisch für die Figur der<br />

Dienerin. Nicht selten sind auch hier Kinder mit dargestellt.<br />

317 Bergemann 1997, 56.<br />

318 Neils – Oakley 2003, 236 Nr. 36.<br />

319 Sojc 2005, 64. – Zum Dexiosis-Gestus, s. B. Schmaltz, Griechische Grabreliefs ²(Darmstadt 1993) 209–212; C. Breuer,<br />

Reliefs und Epigramme griechischer Privatgrabmäler vom vierten bis zweiten Jahrhundert. Zeugnisse bürgerlichen<br />

Selbstverständnisses vom 4. bis 2. Jahrhundert v. Chr. (Wien 1995) 15–22 erklärt sie abgeleitet aus den<br />

Kriegerabschiedsszenen und den Urkundereliefs als Ausdruck der Solidarität des Einzelnen mit der Polis; Bergemann<br />

1997, 61 f. Anm. 286 mit weiterführender Literatur; M. Meyer, Gesten der Zusammengehörigkeit und Zuwendung. Zum<br />

Sinngehalt attischer Grabreliefs in klassischer Zeit, Thetis 5/6, 1999, 120 f.; nach N. Himmelmann, Attische Grabreliefs.<br />

Vorträge der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissnschaften G 357 (Wiesbaden 1999) 114 signalisiert die<br />

Dexiosis Verbundenheit und „emotionale Nähe“; Sojc 2005, 120–124.<br />

320 Eine solche Konstellation auch in Verbindung mit der Trauergeste der Dienerin: vgl. Marmorlekythos, Kopenhagen, Ny<br />

Carlsberg Glyptothek 1407: CAT 3.325, der die Personen als Vater mit zwei Töchtern deutet. Es ist korrekt, dass der<br />

junge Mann auf dem Alabastron in Rhode Island nicht dem väterlichen Bürgertypus des Grabreliefs entspricht. So wie<br />

die offenkundige Altersdifferenz Clairmont davon abgebracht hat, den bärtigen sitzenden Mann als Ehemann zu deuten<br />

S e i t e | 75


ekümmerte Dienerin oder Mutter die nun vaterlosen Kinder in einer rührenden Szene um sich<br />

geschart.<br />

Parallelen finden sich ohne Schwierigkeiten auf Lekythen, die eigens für ihre Verwendung im<br />

Grabkult 321 produziert wurden und sich auch inhaltlich mit den Themenkreisen Tod und Abschied<br />

auseinandersetzen. 322 Auf einer marmornen Grablekythos in Cleveland II/10 (Taf. 5 Abb. 1) ist eine<br />

Abschiedsszene zwischen einem Paar, das inschriftlich als Lysistrate und Timophon benannt wird,<br />

dargestellt. 323 Der Dexiosis wohnen auch die gemeinsamen Kinder bei. Eine Amme hält das<br />

Wickelkind im Arm, ein bereits größeres Kind steht zwischen Vater und Mutter.<br />

Reproduktivität und Hausverwaltung waren, wie wir gesehen haben, zumindest den Schriftquellen<br />

nach die Hauptaufgaben der Ehefrau. Während nun zahlreiche Bilder die Arbeit der Frau, ihren Fleiß<br />

und ihre körperlichen Vorzüge ins rechte Licht rücken, scheint die Vasenmaler das Sujet des<br />

kinderreichen Oikos, nach Zahl der uns überlieferten Darstellungen zu urteilen, nur mäßig interessiert<br />

zu haben. 324<br />

Den dringenden Wunsch, allen Besitz einst den eigenen Kindern zu hinterlassen, hat schon Hesiod in<br />

Worte gefasst. In seiner „Theogonie“ gehört der legitime Nachwuchs zu den wenigen Vorteilen, die<br />

den Mann mit dem harten Schicksal der Ehe versöhnen. 325 Der Stellenwert der athenischen Erbfolge<br />

und seine gesetzlichen Regelung werden vor allem in den Gerichtsreden evident, die nicht selten von<br />

diesbezüglichen familiären Auseinandersetzungen berichten. Kinder waren der Garant für das<br />

Fortbestehen des Oikos. Besonders nach der Perikleischen Gesetzgebung von 451/50 v. Chr. erfuhr die<br />

Abgrenzung illegitimer und legitimer Kinder eine krasse Verschärfung. 326 Dies könnte unter anderem<br />

zur Folge gehabt haben, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Familienangehörigen zu wecken und<br />

das Bewusstsein des Einzelnen für seine individuelle Rolle zu stärken. 327<br />

und ihn stattdessen als Vater vorgeschlagen hat, so lässt die Jugendlichkeit des Mannes auf dem Alabastron zögern, ihn<br />

als Ehemann zu benennen. Der Gestus, der einer dexiosis sehr nahe kommt, berechtigt aber eine Deutung der Figuren als<br />

Ehepaar, s. auch I. Huber a. O. (Anm. 316) 153.<br />

321 Zu den Loutra, s. z. B. Mösch-Klingele 2006, 22–24. 30–34 einschließlich einer kurzen Übersicht über die relevanten<br />

Forschungsansätze.<br />

322 Ab dem späten 5. Jh. v. Chr. betonen solche Bilder zunehmend den persönlichen Verlust und die zerbrochene Einheit der<br />

Familie, ein weiterer Beleg dafür, dass die Künstler dem Gefühl familiärer Verbundenheit mehr Gewicht verliehen.<br />

323 J. H. Oakley, Death and the Child, in: Neils – Oakley 2003, 187.<br />

324 Zur theoretischen Annäherung an das Thema „Kind in der Antike“, s. J.-A. Dickmann, Das Kind am Rande, in: R. von<br />

den Hoff – S. Schmidt (Hrsg.), Konstruktionen von Wirklichkeit. Bilder im Griechenland des 5. und 4. Jahrhunderts v.<br />

Chr. Interdisziplinäres Kolloquium vom 27.9.–1.10.1999 in Schloss Reisensburg bei Günzburg (Stuttgart 2001) 173–181.<br />

181: Der Autor verweist darauf, dass “sich die Vorstellungen der Erwachsenen von den Rollen der Kinder in<br />

unterschiedlichen sozialen Situationen erheblich veränderten”.<br />

325 Hes. theog. 606–612.<br />

326 Lacey 1983, 104–107; Just 1989, 60–62; Hartmann 2002, 51–56 mit Nennung der relevanten Schriftquellen in<br />

Übersetzung.<br />

327 So auch L. A. Beaumont, Changing Childhoods? The Representation of Children in Attic Figured Vase Painting, in: B.<br />

Schmaltz – M. Söldner (Hrsg.), Griechische Keramik im kulturellen Kontext. Akten des Internationalen Vasen-<br />

Symposions in Kiel vom 24.–28.9.2001 (Münster 2003) 108; R. Osborne, Law, the Democratic Citizen and the<br />

Representation of Women in Classical Athens, in: R. Osborne (Hrsg.), Studies in Ancient Greek and Roman Society<br />

(Cambridge 2004) 38–60.<br />

S e i t e | 76


Nach philosophischem Empfinden waren Kinder unfertig und noch unentwickelt, den Erwachsenen<br />

körperlich, moralisch und geistig unterlegen. 328 In der politisch geprägten Umwelt Athens waren<br />

Kinder ähnlich wie die Frauen nur sekundäre Bedeutungs- und Werteträger. 329 Kinderdarstellungen<br />

sind im Bildrepertoire des 6. Jhs. v. Chr. deshalb nur sehr begrenzt anzutreffen. 330 Mit der rotfigurigen<br />

Technik erweitert sich das Repertoire der Kinderdarstellungen in der attischen Vasenmalerei<br />

beträchtlich. Das Kind beginnt – wie es L. Beaumont formuliert – folgende Voraussetzung zu erfüllen:<br />

es wird zu einem „significant being in its own right“. 331 Ab dem zweiten Viertel des 5. Jhs. v. Chr.<br />

treffen wir auf Mutter und Kind im häuslichen Kontext. 332 Diese Darstellungen sind insofern eine<br />

realistische Wiedergabe antiker Verhältnisse, als die Kinder ihre ersten Lebensjahre tatsächlich<br />

inmitten einer vor allem weiblich geprägten Umgebung verbracht haben dürften. 333 Die neuartige<br />

Betonung der Mutterrolle und das Interesse am emotionalen Band zwischen Mutter und Kind zeugt<br />

nach L. A. Beaumont von einem tiefgreifenden sozialen Wandel, der eine Neudefinition der<br />

traditionellen Rollen in der Familie miteinschloss: “Mother and child are the chosen subject matter and<br />

together reflect a new found social significance and symbolism in the evolving Athenian democracy.<br />

[...] they themselves embody the social ideal of the human family unit upon which the democratic<br />

polis was founded and operated.“ 334 Ab dem dritten Viertel des 5. Jhs. wird auch die Rolle des Vaters<br />

in der griechischen Bilderwelt neu entdeckt. 335<br />

Innerhalb der Gattung der Keramik sind es vor allem die Choenkännchen, die sich<br />

Kinderdarstellungen widmen und sich mit dem Wesen der Kinder und ihrer spielerischen Interaktion<br />

mit anderen Kindern auseinandersetzen, also diese um ihrer selbst willen thematisieren. 336 Die Eltern<br />

selbst sind nur selten gemeinsam mit ihren Kindern dargestellt. Dennoch ist auffällig, dass die Zahl<br />

der Vasendarstellungen, die Kinder im Kreise ihrer beiden Eltern zeigen, anders als in der sepulkralen<br />

Kunst auf einige wenige Beispiele beschränkt ist. Das Ergebnis wird nur wenig entzerrt, nimmt man<br />

328 M. Golden, Children and Childhood in Classical Athens (Baltimore 1990) 5 ff. mit Quellenangaben.<br />

329 L. A. Beaumont, The Changing Face of Childhood, in: Neils – Oakley 2003, 61.<br />

330 V. Siurla-Theodoridou, Die Familie in der griechischen Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München<br />

1989) 256–263: Bei den frühen Kinderdarstellungen handelt es sich meist um mythische Kontexte. Daneben gibt es in<br />

der Koroplastik den Typus der Kourotrophos. – Zum Kriegerabschied, s. A. B. Spieß, Der Kriegerabschied auf attischen<br />

Vasen der archaischen Zeit (Frankfurt a. M. 1992) 127 f.<br />

331 Beaumont a. O. (Anm. 327) 107.<br />

332 z. B. Lekythos, Oxford, Ashmolean Mus. 320: Keuls 1985, 110 f. Abb. 95; 113 Abb. 97. 98; Pyxis des/aus dem Kreis des<br />

Aberdeen-Malers, Dallas, Mus. of Art 1968.28: Reeder 1995, 204 f. Nr. 43; Schale, Brüssel, Musées Royaux du<br />

Cinquantenaire A 890: CVA Brüssel (1) III. Jb 1Taf. 1, A–B. Choenkanne, <strong>Erlangen</strong>, Antikensammlung I 321: Lewis<br />

2002, 156 Abb. 4, 18.<br />

333 Keuls 1985, 110; S. Houby-Nielsen, Grave Gifts, Women, and Conventional Values of the Hellenistic Greeks, in: P.<br />

Bilde et al. (Hrsg.), Conventional Values oft he Hellenistic Greeks (Aarhus1997) 234.<br />

334 Beaumont a. O. (Anm. 327) 109; Bundrick 2008, 328. – Sprunghafter Anstieg der Kinderbestattungen im Kerameikos<br />

nach 510 v. Chr., s. Houby-Nielsen a. O. (Anm. 333) 235.<br />

335 Beaumont a. O. (Anm. 327) 109: “We now occasionally also witness the entrance of the Athenian male in his roles of<br />

father and husband into the domestic arena of Athenian iconography.”<br />

336 z. B. G. van Hoorn, Choes and Anthesteria (Leiden 1951); Rühfel, Kinderdarstellungen im klassischen Athen (Mainz<br />

1984) 125–174; R. Hamilton, Choes and Anthesteria. Athenian Iconography and Ritual (Ann Arbor 1992); J.-A.<br />

Dickmann, Bilder vom Kind im Klassischen Athen, in: W. D. Heilmeyer (Hrsg.), Die griechische Klassik. Idee oder<br />

Wirklichkeit. Ausstellungskatalog Berlin – Bonn (Berlin 2002) 311 f.<br />

S e i t e | 77


die Szenen von Kindern im Beisein nur eines Elternteils in die Untersuchung mit auf. 337<br />

Es ist bei den Familienszenen – wie in der attischen Vasenmalerei überhaupt – anzunehmen, dass dem<br />

antiken Betrachter nicht einfach nur ein Abbild der Realität, sondern bestimmte Ideal- und<br />

Wertvorstellungen vermittelt wurden. Somit haben auch die Familienszenen mit beiden Elternteilen<br />

vermutlich eine vorrangig programmatische Aussage: dem antiken Betrachter wurde ein Beispiel für<br />

eine ideale Hausgemeinschaft vor Augen geführt. 338<br />

Das griechische Familienleben in realiter rekonstruieren zu wollen, ist ein vergebliches Unterfangen.<br />

Dass die Griechen jedoch ihre Kinder geliebt haben, daran kann trotz der Praxis, überzählige,<br />

illegitime oder verkrüppelte Kinder auszusetzen, und trotz manch gängiger Abtreibungs- bzw.<br />

Verhütungsmethoden nicht bezweifelt werden. 339 Aristoteles etwa definiert das Lebensglück über den<br />

Besitz vieler und guter Kinder. 340 Auch die Komödie und die Tragödie sind beredte Zeugnisse für den<br />

verzweifelten Kinderwunsch bis dato kinderloser Frauen. Sie spiegeln die Trauer derer wider, die<br />

durch schicksalhafte Fügung ihre illegitimen Kinder aussetzen mussten und betonen gleichzeitig<br />

Freuden und Sorgen des Elterndaseins. 341 Da das Zeugen von Kindern zu den essentiellen Forderungen<br />

der Ehe erklärt worden war, ist es leicht einzusehen, weshalb Kinderlosigkeit ein akzeptabler Grund<br />

für eine Scheidung war. In der Regel wird diese auf eine biologische Dysfunktion der Frau<br />

zurückführt. Ein anders gelagerter Fall wird uns jedoch in einer Rede des Isaios vorgestellt. Dort<br />

erkennt Menekles die Ursache für die Kinderlosigkeit seiner Ehe in seiner eigenen Zeugungsimpotenz<br />

und drängt seine Frau zur Scheidung, um zumindest ihr in einer neuen Verbindung die Zeugung von<br />

Kindern zu ermöglichen. 342 In Platons Idealstaat ist für Unfruchtbarkeit kein Platz, die Unfähigkeit,<br />

Kinder zu zeugen oder zu gebären, muss gezwungenermaßen zur Auflösung der Paargemeinschaft<br />

führen. 343 Wie wir aus Thukydides erfahren, hatte der Staat reges Interesse an der Zeugungswilligkeit<br />

seiner Bürger, da sie die Grundlage für das Verteidigungs- und Angriffspotential jedes Stadtstaates<br />

bildete. 344 Dass die Familie zum Teil auch bewusst als Sympathieträger eingesetzt wurde, verraten<br />

zahlreiche Beispiele, wenn Angeklagte vor Gericht versuchen, durch Vorführen ihrer<br />

Familienangehörigen Mitleid zu erregen. Dieses Verhaltensmuster ist nur dann Erfolg versprechend,<br />

wenn sich die Entscheidungsträger mit den Werten der Familie identifizieren können. Die Art und<br />

Weise, wie ein Vater oder Ehemann die Seinen behandelte, wurde für die Öffentlichkeit zum<br />

337 Sutton 2004, 337.<br />

338 Die Präsentation des Oikos unter Miteinbeziehung der Kinder ist nach J.-A. Dickmann, Bilder vom Kind im Klassischen<br />

Athen, in: W. D. Heilmeyer (Hrsg.), Die griechische Klassik. Idee oder Wirklichkeit. Ausstellungskatalog Berlin – Bonn<br />

(Berlin 2002) 312 f. ein vorrangiges Anliegen der Weihreliefs. Eine auf die öffentliche Wirkung angelegte inhaltliche<br />

Aussage möchte ich auch für die Vasenbilder annehmen, wobei der Kontext der Verwendung natürlich ein anderer ist.<br />

339 Zur Eltern-Kind-Beziehnung, s. M.-T. Charlier – G. Raepset, Etude d´un comportement social. Les relations entre parents<br />

et enfants dans la societé athénienne à l´époche classique, AntCl 40, 1971, 589–606; V. Siurla-Theodoridou, Die Familie<br />

in der griechischen Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München 1989) 362–365; M. Golden, Children<br />

and Childhood in Classical Athens (Baltimore 1990) 80–114.<br />

340 Aristot. Rh. 1361a4–6.<br />

341 z. B. Eur. Ion 471–491.<br />

342 Is. 2, 6–9.<br />

343 Plat. leg. 784b.<br />

344 Thuk. 2, 45: Nachschub an Kriegern.<br />

S e i t e | 78


Spiegelbild seiner politischen Integrität:<br />

"The man who hates children, the bad father, would never be a reliable leader of the<br />

people." (Aischin. 3, 77–78)<br />

Obgleich die Kinderpflege in den Händen der Mütter oder weiblicher Bediensteter lag 345 , dürfen wir<br />

nicht glauben, dass die Väter gar keinen Anteil an der Erziehung ihrer Kinder hatten bzw. ihre Söhne<br />

erst zur Kenntnis nahmen, wenn diese alt genug für die offizielle Einschreibung in die Phratrie- oder<br />

Demenliste waren. Auch wenn Xenophon die Kinderliebe als einen typischen Wesenszug der<br />

weiblichen Natur betrachtet, der die Frau für das Aufziehen ihrer Kinder prädestiniert 346 , wird dennoch<br />

im Laufe des Gesprächs auch deutlich, dass Ischomachos die Erziehung künftiger Kinder als<br />

gemeinschaftliches Projekt betrachtet. 347 Mantitheus umschreibt bei Demosthenes seine Beziehung zu<br />

seinem Vater folgendermaßen:<br />

„ And he brought me up and showed me a father´s affection such as you also all show to<br />

your children.“ (Demosth. or. 40, 8)<br />

Der „Taktlose“ aus Theophrasts „Charakteren“ dagegen taugt kaum als vorbildliche Vaterfigur; er<br />

übertreibt seine Fürsorge und ist so verrückt nach seinem Sohn, dass er ihn mit dem Mund füttert, ihn<br />

küsst und Kosenamen gibt. 348 Auch Strepsiades aus den „Wolken“ des Aristophanes, dessen<br />

Verhältnis zu seinem erwachsenen Sohn äußerst gespannt ist, schwelgt in süßen Erinnerungen an die<br />

Kindheit seines Sprösslings 349 :<br />

„[...] Ich tat<br />

Dir´s auch zulieb – du lalltest noch, sechs Jahr´ alt –<br />

Als für den ersten Richtsold ich dir<br />

Ein Wägelchen kaufte zum Diasienfest.“ (Aristoph. Nub. 861–864)<br />

„Als kleines Bübchen baut´ er schon daheim<br />

Sich Häuschen, schnitzte Schiffchen, macht´ aus Leder<br />

Sich Ross und Wagen, und aus Äpfelschalen<br />

Recht art´ge Frösche, ja, du kannst mir´s glauben!“ (Aristoph. Nub. 878–881)<br />

345 Siurla-Theodoridou a. O. (Anm. 339) 366–368.<br />

346 Xen. oik. 7, 24.<br />

347 Xen. oik. 7, 12.<br />

348 Theophr. char. 20, 5.<br />

349 Dieses harmonische Erinnerungsbild ist recht einseitig, denn am Ende droht der Sohn dem Vater Prügel an zum<br />

Ausgleich für die Schläge, die er selbst als Kind einstecken musste. – Zu häuslicher Gewalt gegenüber Kindern, s. W.<br />

Schmitz, Gewalt in Haus und Familie, in: Fischer – Moraw 2005, 113–118.<br />

S e i t e | 79


S e i t e | 80<br />

2. 5. 3. Der Mann im Oikos<br />

Die Familienbilder sind, auch wenn sie nur in kleiner Zahl vorhanden sind, Beleg für die Existenz<br />

eines gewissen Familienbewusstseins. Dabei wird deutlich, dass die Vasenmaler die Anwesenheit des<br />

Mannes in Bereichen des Hauses, die gewöhnlich der Arbeit und der Kindererziehung dienten, ganz<br />

im Gegensatz zu der Vorstellung, die uns die Literatur vermittelt, nicht als problematisch oder störend<br />

empfanden. Diese Erkenntnis hat Konsequenzen für die Auslegung ähnlicher Vasenbilder, die einen<br />

Jüngling oder Mann – in einigen Fällen sind es, wie wir sehen werden, auch mehrere – im häuslichen<br />

Kontext darstellen.<br />

Auf einer Hydria in London II/11 (Taf. 5 Abb. 2) sitzt eine junge Frau frontal zum Betrachter<br />

ausgerichtet. In ihren Händen hält sie gut sichtbar Spindel und Spinnrocken, zu ihren Füßen steht der<br />

obligatorische Kalathos. Ihr Blick ist auf eine von links kommende Dienerin mit einem Kästchen<br />

gerichtet. Rechts von ihr steht isoliert und nicht in das statische Geschehen miteinbezogen ein junger<br />

Mann. Eine weitere Hydria ebenfalls in London II/12 (Taf. 5 Abb. 3) trägt eine Szene des gleichen<br />

Themas mit leicht abgewandelter Komposition. Die Spinnerin ist nun in Seitenansicht wiedergegeben,<br />

wodurch sie dem bärtigen Mann zugewandt ist, der dem Jüngling des ersten Gefäßes entspricht. Die<br />

das Kästchen tragende Dienerin ist fast eins zu eins übernommen. Webutensilien der Hausherrin sind<br />

auch hier wieder Spinnrocken, Spindel und Wollkorb. Nach M. Beard ist die Londoner Hydria das<br />

Paradebeispiel eines sog. „normative image“. 350 Die Hausherrin als Mittelpunkt des Oikos sitzt<br />

komfortabel auf ihrem Klismos, wohlgemerkt jedoch nicht müßig, sondern fleißig spinnend. 351<br />

Die fleißige Spinnerin und Hausherrin ist auch Thema eines Epinetron in Athen II/13 (Taf. 5 Abb. 4.<br />

5). Während die Frau des Hauses auf der einen Seite inmitten ihrer Gefährtinnen spinnt, ist sie auf der<br />

anderen Seite Mittelpunkt häuslicher Aktivität. Ganz rechts am Rande fungiert ein bärtiger Mann 352 als<br />

Beobachter der Szenerie, wie er schon auf zahlreichen Vasenbildern begegnet ist. Besonders die<br />

Epinetra bieten unter dem Aspekt der zwischengeschlechtlichen Begegnung reiches Material. 353 Als<br />

Hilfswerkzeug im Prozess der Textilherstellung 354 ist das ikonographische Repertoire vermutlich im<br />

Großen und Ganzen auf die Besitzer abgestimmt, die damit hantieren. Angesichts des Stellenwertes<br />

der Heimproduktion von Stoffen und Gewändern waren dies sicherlich in erster Linie die weiblichen<br />

Mitglieder eines Oikos. Dass unter den Darstellungen ausgerechnet zwischengeschlechtliche<br />

Begegnungen einen so breiten Raum einnehmen, verunsicherte, da man sich nicht erklären konnte,<br />

350 M. Beard, Adopting an Approach II, in: N. Spivey – T. Rasmussen (Hrsg.), Looking at Greek Vases (Cambridge 1991)<br />

22 f.<br />

351 s. auch Vidale 2002, 424 f.<br />

352 Mercati 2003, 58 bezeichnet ihn als Jüngling, der Abbildung nach zu urteilen trägt er aber einen Bart.<br />

353 z. B. Mercati 2003, 43 f. 58 f.<br />

354 Zu Form und Funktion des Epinetron, s. Mercati 2003, 17 ff.; Heinrich 2006, 11 f. 21 f. 41. 69 f. Mangelnde Gebrauchs-<br />

und Abnutzungsspuren lassen vermuten, dass die fragilen und bemalten Ton-Epinetra nicht für den alltäglichen Gebrauch<br />

geschaffen worden waren. Tatsächlich stellt Heinrich fest, dass insbesondere die rotfigurigen Epinetra durch ihre<br />

geringen Ausmaße für die Arbeit untauglich waren. Fundkontexte belegen das Vorkommen der Epinetra vor allem als<br />

Votiv- oder Grabbeigaben, s. auch Mercati 2003, 29 ff.; Badinou 2003, 12 ff.


warum sich Athenerinnen mit Bildern von Hetären umgeben sollten. 355 Als Abnehmer blieben folglich<br />

nur die spinnenden Hetären übrig. Angesichts vergleichbarer Szenen wie etwa auf den beiden Hydrien<br />

II/ 11 und II/12 kann man den männlichen Zuschauer auf dem Athener Epinetron jedoch als<br />

Oberhaupt des Oikos benennen. Das Epinetron verbleibt weiterhin im Besitz der athenischen<br />

Wirtschafterin!<br />

Die Beschäftigung mit Wolle ist auf den meisten attischen Vasen kaum mehr wegzudenken. Wenn die<br />

Ehefrau nicht gerade spinnt, steht dennoch in der Regel der Wollkorb zu ihren Füßen, der den<br />

Betrachter an diese wichtige Hausfrauenpflicht erinnert. Auf einer Hydria in Karlsruhe II/14 (Taf. 6<br />

Abb. 1) steht ein Jüngling hinter einer sitzenden Frau, die ihre Hände mit der Handfläche nach oben<br />

der ankommenden Dienerin mit dem emporgereckten Kalathos entgegenstreckt. Es ist vorstellbar, dass<br />

die Hausherrin den Kalathos in Empfang nehmen will oder aber ursprünglich eine Tänie oder ein Band<br />

hielt. Der Jüngling steht diesmal nicht völlig unbeteiligt hinter der Sitzenden, mit erhobener Hand<br />

signalisiert er einen Sprech- oder Grußgestus. Auf einer Hydria in Palermo II/15 wiederholt sich das<br />

eingängige Schema. Zu Frauen, die sich mit Wollkorb und Kästchen beschäftigen, gesellt sich als<br />

Zuschauer ein Jüngling.<br />

Bisweilen hält sich sogar mehr als ein Vertreter des männlichen Geschlechts im Kreis der Frauen auf.<br />

Eine Pyxis in Gotha II/16 (Taf. 6 Abb. 2–4) zeigt inmitten einer Schar von Frauen mit Wollkörben<br />

und Spiegeln 356 zwei Jünglinge. Einer der beiden steht – wie häufig beobachtet – unbeteiligt und auf<br />

seinen Bürgerstock gestützt abseits, während der andere Adressat einer Handgeste einer sich auf ihrem<br />

Klismos umwendenden Frau ist. Wie zu einer Antwort hebt er seine Strigilis. Natürlich ist die<br />

Anwesenheit gleich mehrerer Jünglinge oder Männer in den Oikos- und Arbeitsszenen im Spiegel des<br />

antiken Frauenbildes schwerer plausibel zu machen, da eine Interpretation als Ehemann entfällt. Eine<br />

Deutung der Szene als Hetärenwerbung, die durch Kalathos, Spiegel und Alabastron in eine<br />

„häusliche und seriöse“ Atmosphäre eingebettet ist, ist nicht fundiert, da sie sich wiederum<br />

vorwiegend auf das Vorurteil der von Männern isolierten Bürgerin stützt und die genannten häuslichen<br />

Attribute beliebig umdeutet. 357 In dieser Bildabfolge eine narrative Aussage entdecken zu wollen, geht<br />

wohl zu weit. Jeder Figur ist ein geschlechtsspezifisches Attribut zugeteilt: Wollkorb und Spiegel 358<br />

entsprechen dem gängigen Muster zur Kennzeichnung weiblicher Merkmale, während die Strigilis 359<br />

355 Vor allem die schwarzfigurigen, oftmals handlungsarmen Vasenbilder geben Rätsel auf: Männer und Frauen sitzen bzw.<br />

stehen sich gegenüber, unterhalten sich gestikulierend, hin und wieder mit einem Attribut oder einer Gabe versehen;<br />

Attribute, die eine Differenzierung der Personen oder eine Verortung ermöglichen würden, sind in der Regel auf ein<br />

Minimum reduziert. s. Badinou 2003, E2. 4. 5. 8. 10. 17. 28 Taf. 2. 4–6. 11. 17.<br />

356 Hier scheint es sich tatsächlich um einen Spiegel und nicht um einen Spinnrocken zu handeln.<br />

357 E. Kotera-Feyer, Die Strigilis in der attisch-rotfigurigen Vasenmalerei: Bildformeln und ihre Deutung, Nikephoros 11,<br />

1998, 125. Die vermeintlich erotisch aufreizende Haltung der Mantelfigur mit Strigilis ist eine männliche Standpose, die<br />

bestimmt keine erotischen Absichten verfolgt. Die Bedeutung der Strigilis als Liebesgeschenk wird meiner Ansicht nach<br />

überbewertet.<br />

358 Badinou 2003, 31: „Le miroir constitue ainsi un élément associé à la parure de la femme avec une signification érotique<br />

évidente.”<br />

359 Strigilis als Zeichen des Ephebenstatus, s. S. Houby-Nielsen, Grave Gifts, Women, and Conventional Values of the<br />

Hellenistic Greeks, in: P. Bilde et al. (Hrsg.), Conventional Values oft he Hellenistic Greeks (Aahus 1997) 228. Daneben<br />

behält die Strigilis ihre Mehrdeutigkeit bei. Sie ist ein Reinigungsgerät, das gerade bei Männern auch an die körperliche<br />

Ertüchtigung in der Palästra denken lässt.<br />

S e i t e | 81


in den Händen des jungen Mannes Chiffre für seine sportliche Erziehung ist.<br />

Auch die Hydria in New York II/17 (Taf. 6 Abb. 5; Taf. 6 Abb. 1. 2) zeigt zwei junge Männer<br />

innerhalb des Oikos. Ganz links hält eine Frau einem Jüngling mit Bürgerstock ein Exaleiptron<br />

entgegen, während ein Stück weiter zwei Frauen mit der Wollarbeit beschäftigt sind. Die Sitzende<br />

zwirbelt den Wollfaden von einem vollen Spinnrocken ab, der zwischen den Fingern geformte feine<br />

Faden wird auf eine Spindel aufgewickelt, die knapp über dem Boden schwebt. Die rechte Frau ist<br />

schwer mit einem Kästchen und einem Wollkorb beladen. Eine zweite Gruppe setzt sich aus drei<br />

Personen zusammen. Eine bequem auf einem Klismos sitzende Frau wendet sich, den Arm auf die<br />

Stuhllehne gestützt, zu einem Jüngling um, der ihr in einem vertraulichen Gestus die Hand auf die<br />

Schulter legt. 360 Die Szene erhält durch den intensiven Blick, Eros und die Sitzhaltung, die an einen<br />

Statuentypus der Aphrodite erinnert, einen aphrodisischen Charakter. 361 Man hat erwogen, ob es sich<br />

vielleicht bei den Schuhen in den Händen des Eros um die Nymphides, die Brautschuhe, handeln<br />

könnte. 362 Im Bereich des Henkels folgen noch zwei weitere weibliche Personen: eine etwas kleiner<br />

gebildete Frau streckt einer Frau mit Diadem, deren Arme und Hände komplett von ihrem Himation<br />

verhüllt werden, ein Kästchen entgegen. Es sind hier also diverse Aspekte des Frauenlebens<br />

aneinandergereiht, die im Inneren des Hauses stattfinden und normative Werte und Tätigkeiten der<br />

Frauen schildern. 363 Neben der beliebten Thematik der Wollgewinnung und -verarbeitung geht es hier<br />

mehr als auf den bisherigen Exemplaren auch um das Verhältnis der Geschlechter. 364 Während auf der<br />

Pyxis II/2 und den Hydrien II/3 und II/14 der Mann statisch hinter seiner sitzenden Gattin steht, ist<br />

hier erstmals physischer Kontakt dargestellt. Eros – und eventuell die nymphides – stützen die<br />

Vermutung, es könne ein Braut- oder Ehepaar gemeint sein. In welchen Bildkontexten Eros besonders<br />

im Hinblick auf Paardarstellungen erscheint und welche Assoziationen er birgt, wird gesondert<br />

untersucht werden.<br />

Die Pyxis in Boston II/18 (Taf. 7 Abb. 3) kann das Aufgebot an Männern noch steigern. 365 Es ist nicht<br />

klar, ob die Hausherrin vor ihrem Kalathos mit Wolle hantiert oder nicht vielleicht eher einen heute<br />

verblassten Kranz in den Händen hält. Ihr gegenüber steht ein bärtiger Mann. In der Regel ist es<br />

leichter, die Anwesenheit eines Mannes anstelle gleich dreier Männer zu erklären. Da jedoch einer von<br />

360 Als Gestus des In-Besitz-Nehmens wird die Hand auf der Schulter von C. Benson, in: Reeder 1995, 399–401 Nr. 130<br />

hinsichtlich einer Verfolgungsszene von Eos und Tithonos, Baltimore, Walters Art Gallery 48.2034, gedeutet. Der<br />

Szenenzusammenhang ist bei der Hydria in New York jedoch ein ganz anderer. – Gestus im sepulkralen Kontext, s.<br />

Grabstele, Piräus, Mus. 2152: CAT 3.215.<br />

361 s. auch A. Delivorrias, Das Original der sitzenden „Aphrodite-Olympias“, AM 93, 1979, 1–23; P. Kranz, die Frau in der<br />

Bildkunst der griechischen Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.), Antike Literatur – Mensch, Sprache, Welt, Klassische<br />

Sprachen und Literaturen 34 (München 2000) 70 f.<br />

362 G. M. A. Richter, Red-Figured Athenian Vases in the Metropolitan Museum of Art (New Haven 1936) 174; Keuls 1985,<br />

121 nennt hier die vorliegende Vase als einziges Beispiel für die Abbildung solcher Nymphides. – Das Anlegen von<br />

Sandalen als Zeichen für Übergang und Aufbruch in Verbindung mit der Hochzeit, s. C. Weiß, Zur Typologie und<br />

Bedeutung attischer Schuh- und Sandalengefäße, Nikephoros 8, 1995, 35–38; Sutton 1997, 36. 40.<br />

363 Keuls 1985, 121 will in den beiden sitzenden Frauen die Braut und ihre Mutter erkennen; Badinou 2003, 23.<br />

364 Bundrick 2008, 320–322 fasst das Spinnen und Weben als Metapher für ehelichen Sexualverkehr auf. Für beide Prozesse<br />

ist der griechische Ausdruck symploke belegt.<br />

365 Ich stütze mich hier auf die knappen Beschreibungen des Beazley-Archivs und auf S. R. Rutherford, The Attic Pyxis<br />

(Chicago 1978) 48 f. Nr. 12, da mir eine Abbildung der Gefäßrückseite nicht vorlag.<br />

S e i t e | 82


den beiden Jünglingen von einer Nike bekränzt wird, ist wohl kaum damit zu rechnen, dass sich die<br />

versammelten Männer bei einer Hetäre eingefunden haben. In diesen Zusammenhang gehört zudem<br />

eine Hydria in San Simeon II/19. Abgesehen von den beiden sitzenden Jünglingen, die das Bildfeld an<br />

beiden Seiten abschließen, ist die Szene eine typische Wiedergabe eines von Frauen bevölkerten<br />

Oikos. Eine Frau eilt mit einem eimerartigen Behältnis auf eine Gruppe von zwei Frauen zu, die sich<br />

auf ihren Klismoi gegenübersitzen. Die linke von ihnen hält eine Spindel. Während die linke<br />

männliche Figur das Geschehen überblickt, sitzt die rechte Figur mit dem Rücken zu den restlichen<br />

Personen und nimmt keinerlei Bezug auf ihre Umgebung. Welche Rolle die beiden Jünglinge in der<br />

Darstellung spielen, bleibt im Einzelnen unklar. Die Gliederung des Bildes durch Säulen soll vielleicht<br />

verschiedene Aufenthaltsräume des Hauses anzeigen.<br />

2. 5. 4. Paardarstellungen<br />

Die z. T. sehr erzählfreudigen Oikosbilder mit Männern gibt es auch in verkürzten Versionen, die auf<br />

Beifiguren verzichten. Hier bieten sich vor allem kleinformatige Gefäße wie Alabastra oder räumlich<br />

begrenzte Bildfelder wie die Tondi der Kylikes als Bildträger an. Unter den nachfolgenden Beispielen<br />

finden sich jedoch genauso großformatige Gefäße wie Hydrien oder Peliken.<br />

Die sitzende Frau auf dem Skyphos in Palermo II/20 (Taf. 7 Abb. 4. 5) stemmt ihr entblößtes rechtes<br />

Bein gegen die Konstruktion einer schiefen Ebene und ist mit dem Vorgang der Wollvorbereitung<br />

beschäftigt, zu dem üblicherweise ein Epinetron zu Hilfe genommen wird. Auf der anderen Seite des<br />

Gefäßes steht ein bekränzter Jüngling mit Bürgerstock mit dem Rücken zu einer massiven Tür. Die<br />

Ausstattung der jungen Frau mit Schleier und Diadem oder Kranz kennzeichnet sie deutlich als Braut.<br />

Auch bei Paardarstellungen muss demzufolge stets in Betracht gezogen werden, dass ein Ehe- oder<br />

Brautpaar gemeint ist.<br />

Das Alabastron in Würzburg II/21 (Taf. 7 Abb. 6–8) etwa ist repräsentativ für viele seiner Art. 366 Dort<br />

stehen sich ein bärtiger Mann mit Bürgerstock und eine züchtig verhüllte Frau mit Kalathos<br />

gegenüber. Der vertikale Dekorstreifen – in diesem Fall ein Mäanderband – ist eine Art<br />

Modeerscheinung der Alabastra des 5. Jhs. v. Chr. und offensichtlich wie die Säule eine<br />

raumgliedernde Architekturangabe, denn sowohl der Diphros als auch der Kalathos werden z. T.<br />

verdeckt. Da beide Personen jedoch in Blickkontakt stehen, ist eine kontinuierliche Lesung der beiden<br />

aneinanderstoßenden Szenen wohl intendiert. 367<br />

Fast exakt dieselben ikonographischen Elemente begegnen zur Charakterisierung von Mann und Frau<br />

im Tondo einer Schale in Hannover II/22 (Taf. 8 Abb. 1) wieder. Mann und Frau sind mit Attributen<br />

ihren sozialen Rollen gemäß ausgestattet: er als Bürger mit dem Bürgerstock, sie als Hausfrau mit<br />

Spindel. Das Ambiente ist durch die beiden Hocker – auf einem von beiden steht der Kalathos – als<br />

366 vgl. Alabastron des Aischines-Malers, Oxford, Ashmolean Mus. 327: CVA Oxford (1) III I 33 Taf. 41, 7. 8.<br />

367 z. B. S. Karouzou, Scènes de palestre, BCH 86, 1962, 439. – Ausnahme: z. B. Skyphos, Capua, Mus. Campano 220:<br />

CVA Capua (2) III. I 7 Taf. 14, 2. 3: auf der einen Seite eine Frau mit Kalathos, Alabastron und Diphros, auf der anderen<br />

ein bärtiger Mann mit Strigiles; der Pfeiler neben dem bärtigen Mann ist als Chiffre für Palästra oder Gymnasium zu<br />

verstehen; in diesem Fall handelt es sich also um zwei separat zu lesende Szenen, von denen die eine die Männer-, die<br />

andere die Frauenwelt zum Thema hat.<br />

S e i t e | 83


häuslich gekennzeichnet. Obgleich nichts in diesem Bild die Interpretation als Hetäre und Kunde<br />

erzwingt, wurde sie dennoch angesichts des eindeutigen erotischen Charakters der Werbeszenen der<br />

Außenseite als wahrscheinlich angesehen. 368 Da die Darstellung für sich selbst genommen keineswegs<br />

außergewöhnlich ist, gliedere ich sie hier mit der Option, dass ein Ehepaar abgebildet sein könnte, in<br />

die vorgestellte Gruppe von Oikosszenen ein. Der Mann gibt auf seinen Bürgerstock gestützt und die<br />

Rechte in die Hüfte gestemmt den Polisbürger par excellence ab 369 , die Palästrautensilien an der Wand<br />

versinnbildlichen den Wert der körperlichen Ertüchtigung und Körperpflege 370 . Auf die Webtätigkeit<br />

der Frau verweisen die demonstrativ in die Höhe gehaltene Spindel und der auf dem Diphros platzierte<br />

Kalathos.<br />

Die Szene auf einem Alabastron in Athen 371 II/23 (Taf. 8 Abb. 2) ist im Inneren eines Hauses<br />

angesiedelt, dessen Architektur durch eine einzelne Säule angedeutet ist. Eine junge Frau, durch den<br />

Wollkorb und die Spindel als Spinnerin gekennzeichnet, wendet sich zu einem Jüngling um, der sich<br />

lässig auf seinen Bürgerstock stützt. Welche Bewandtnis hat es nun aber mit dem „Stelzvogel“? Den<br />

Oikosszenen sind häufig Vögel aller Art beigefügt. Auch sie sind als Symbole zu verstehen, die in der<br />

Regel die betreffende Person beschreiben. Da den meisten Vögeln eine erotische Symbolik<br />

zugeschrieben wird, 372 ist man gern bereit, sie vor allem in Bildern mit heterogeschlechtlichen Paaren<br />

mit der Prostitution in Verbindung zu bringen. 373 Dazu besteht jedoch keine Notwendigkeit. Tugend,<br />

Erotik und Sexualität vereinigen sich auch in der Person der Bürgerin. Die biologische Unterscheidung<br />

von Reiher und Kranich in der wissenschaftlichen Literatur ist zumeist nicht exakt. Nach E. Böhr<br />

handelt es sich bei dem Tier mit dem s-förmigen Hals, den grazilen Beinen und dem Federschopf am<br />

368 Herauszulesen etwa aus D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz 1995) 28. –<br />

Zur Frage, ob Außen- und Innenbilder eines Gefäßes thematisch aufeinander bezogen oder quasi als Antithese einander<br />

gegenübergestellt sind, s. z. B. Killet 1994, 63; Kreilinger 2007, 23 f. mit Bezugnahme auf weitere Autoren. Derartigen<br />

„neutralen“ Bildern muss eine gewisse allgemeine Verständlichkeit innewohnen, die nicht davon abhängig ist, welche<br />

Bilder daneben betrachtet und verglichen werden können. Die Schärfe, der Witz oder die Pointierung mag bei einigen<br />

Bildern erst durch ihren Kontrast mit anderen Bildern entstehen, aber es ist kaum davon auszugehen, dass Bilder ihren<br />

Bedeutungsgehalt nach Belieben wechseln können. Damit soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne<br />

Betrachter individuelle Dinge oder Situationen mit einem Bild assoziieren. Für eine flexible Lesung, die von Rezipient zu<br />

Rezipient variieren kann, tritt ein z. B. Kreilinger 2007, 10. 26 f.<br />

369 Parallelen in der Sepulkralkunst, s. P. Kranz, die Frau in der Bildkunst der griechischen Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.),<br />

Antike Literatur – Mensch, Sprache, Welt, Klassische Sprachen und Literaturen 34 (München 2000) 71. 73.<br />

370 Zur Strigilis, s. E. Kotera-Feyer, Die Strigilis in der attisch-rotfigurigen Vasenmalerei: Bildformeln und ihre Deutung,<br />

Nikephoros 11, 1998, 107–136. bes. 123 f.: Die Autorin sieht die Strigilis als Zeichen eines hohen sozialen Ranges und<br />

bürgerlicher Arete, die sich stets auf den Mann beziehen; ihr widerspricht Kreilinger 2007, 160 f.: Die als<br />

Athletenutensilien bezeichneten Strigiles und Schwämme sind genau genommen Waschutensilien, die nicht<br />

ausschließlich von Männern verwendet werden. Im Rahmen von Reinigung und Körperpflege sind sie keineswegs<br />

Standesabzeichen; V. Paul-Zinserling, Der Jena-Maler und sein Kreis. Zur Ikonographie einer attischen Schalenwerkstatt<br />

um 400 v. Chr. (Mainz 1994) 60 f. möchte in ihnen gerne Symbole der Katharsis und Mystik sehen.<br />

371 Athen, M. Vlasto Coll. (ohne Inv.); vgl. weißgrundiges Alabastron des Malers von New York 21.131, Athen, Kerameikos<br />

Mus. HS 107: I. Wehgartner, Attische weißgrundige Keramik (Mainz 1983) Taf. 41, 1–3, das diese Ikonographie nur<br />

leicht abgewandelt aufgreift.<br />

372 Lewis 2002, 163–166; Badinou 2003, 28. 66.<br />

373 Im vorliegenden Fall z. B. E. Böhr, Mit Schopf an Brust und Kopf. Der Jungfernkranich, in: A. J. Clark – J. Gaunt – B.<br />

Gilman (Hrsg.), Essays in Honor of Dietrich von Bothmer (Amsterdam 2002) 42 f.: Kriterium für die Hetäre ist hier<br />

wiederum allein die Anwesenheit eines Mannes.<br />

S e i t e | 84


Kopf um eine Unterart des Kranichs, nämlich den Jungfernkranich. 374 Diese Gattung der Kraniche war<br />

als possierliches Haustier wohl besonders populär. Nicht immer wird man einwandfrei unterschieden<br />

können, ob der Jungfernkranich als gezähmtes Haustier gedacht werden muss oder ob er als bloßes<br />

Chiffre fungiert. Sein realistisches Agieren in Fütterungs- und Spielszenen lässt eine sorgfältige<br />

Beobachtungsgabe und naturalistische Detailfreude der Vasenmaler erahnen. In anderen Bildern ist er<br />

dagegen als stummes Beiwerk hinzugefügt. S. Lewis betont die Vielseitigkeit des Vogels in der<br />

griechischen Kunst: „The bird as companion to women thus seems to be one symbol which is truly<br />

polysemic, invoking simultaneoulsy the domestic, the divine and the erotic.“ 375 Der Reiher wurde<br />

versuchsweise mit Göttinnen wie Aphrodite oder Athena in Verbindung gebracht. 376 In Bezug auf den<br />

Jungfernkranich konnte bisher bestenfalls auf eine Verbindung zu Demeter verwiesen werden. 377 Eine<br />

mögliche symbolische Assoziation wäre sicherlich der Aspekt der Fruchtbarkeit, der Kultfesten der<br />

Demeter vielfach zugrunde lag.<br />

Derartige Bilder gibt es auf rotfigurigen Vasen mit kleinen Variationen in großer Anzahl. Im Tondo<br />

einer Schale in Basel 378 II/24 (Taf. 8 Abb. 3) hält eine sitzende Frau in den Händen einen Spiegel und<br />

eventuell eine heute verblasste Blüte. Auf einer Schale im Baseler Kunsthandel 379 ist die männliche<br />

Figur diesmal kein junger, sondern ein reiferer, bärtiger Mann. Anstelle eines Spiegels hält die Frau<br />

einen Kranz. Die beteiligten Parteien sind so nahe zusammengerückt, dass es aussieht, als würde sie<br />

ihm das „Geschenk“ über den Arm streifen. Auf einem Alabastron in Oxford 380 hält die Frau eine<br />

Frucht, möglicherweise einen Granatapfel in Händen. Auch das über ihre Gestik miteinander<br />

verbundene Paar auf der Nolanischen Amphora in <strong>Erlangen</strong> 381 II/25 (Taf. 8 Abb. 4) wird nur durch<br />

wenige Attribute wie den Festkranz des Jünglings näher charakterisiert. Die Schreibtafel, die an der<br />

Wand im Rücken der Sitzenden angebracht ist, ist Hinweis auf Bildung und Belesenheit. 382<br />

Auf einer Nolanischen Amphora in London 383 II/26 (Taf. 8 Abb. 5. 6) übt sich die Sitzende im<br />

Jonglieren von Bällen. Das Jonglieren mit Obst, Bällen oder Wollknäueln wird im 5. Jh. v. Chr. ein<br />

bei Frauen beliebtes Spiel. 384 Die Figuren sind hier einzeln auf Vorder- und Rückseite des<br />

374 Böhr a. O. (Anm. 373) 37–39. 41 f.<br />

375 Lewis 2002, 165.<br />

376 E. Bevan, Representations of Animals in Sanctuaries of Artemis and other Olympian Deities (Oxford 1986) 33. 55; Killet<br />

1994, 122 mit weiterer Lit.<br />

377 Böhr a. O. (Anm. 373) 47.<br />

378 Basel, Antikenmus. und Sammlung Ludwig BS 490: Die Außenseiten bevölkern Männer und Frauen mit Attributen wie<br />

Plemochoe, Pyxis, Kanne und Spendeschale.<br />

379 Basel, Cahn AG (ohne Inv.).<br />

380 Alabastron Euergides-Malers, Oxford, Ashmolean Mus. 1916.6: CVA Oxford (1) III I 32 Taf. 41, 3. 4.<br />

381 <strong>Erlangen</strong>, Antikensammlung I 303.<br />

382 Zur Schreibtafel, vgl. Schale des Douris, Berlin, Antikensammlung F 2285: CVA Berlin, Antiquarium (2) 29 f. Taf. 77,<br />

1. 2; 78, 1–4; Schale des Malers Bologna 417, New York, Metropolitan Mus. 06.1021.167: D. Harvey, Painted Ladies:<br />

Fact, Fiction and Fantasy, in: J. Christiansen – T. Melander (Hrsg.), Proceedings of the 3 rd Symposium on Ancient Greek<br />

and Related Pottery, Kopenhagen August 31 – September 4 1987 (Kopenhagen 1988) 250 Abb. 5, A. B.<br />

383 London, British Mus. E 339.<br />

384 S. Pfisterer-Haas, Mädchen und Frau im Obstgarten und beim Ballspiel. Untersuchungen zu zwei vorhochzeitlichen<br />

Motiven und zur Liebessymbolik des Apfels auf Vasen archaischer und klassischer Zeit, AM 118, 2003, bes. 168–177.<br />

Das Jonglieren steht manchmal in Zusammenhang mit der Braut. In den Händen von Männern wird die Frucht oder der<br />

S e i t e | 85


Gefäßkörpers verteilt. Auch in der Gewandung des Jünglings wählte der Vasenmaler eine Variante:<br />

der Mantel ist fest um den Körper gezurrt und bis über den Hinterkopf gezogen. Das Spiel mit Bällen<br />

ist auch auf der Schale in Boston 385 II/27 belegt. Hier wird der Verdacht, dass mit solchen<br />

Darstellungen durchaus auch Ehefrau und Ehemann gemeint sein könnten, durch den Brautschleier<br />

erhärtet. 386 Der Wollkorb wird gewissermaßen als ein seriöseres Element der spielerischen Anmut<br />

entgegengesetzt. Vielleicht soll er tatsächlich der mit dem Motiv des Jonglierens verbundenen,<br />

postulierten erotischen Wirkung 387 Einhalt gebieten und daran erinnern, dass das Leben der Ehefrau<br />

nicht nur aus amüsantem Zeitvertreib besteht. Vielleicht sind aber auch hier nur zwei Aspekte des<br />

Frauenlebens in einem Bild zusammengefasst, das heitere Spiel des Mädchens und die Wollarbeit, die<br />

auf die Pflichten der verheirateten Frau hinweist. Beides, Strebsamkeit und Spiel, erregen das Interesse<br />

des Betrachters. 388<br />

Auf der Pelike in Kopenhagen 389 II/28 (Taf. 9 Abb. 1) wurde das dargestellte Paar mit zwei eher<br />

unüblichen Gegenständen, nämlich mit Spendekanne und Phiale, ausgestattet. Sie deuten vielleicht auf<br />

ein gemeinsam vollzogenes kultisches Ritual hin. Gemeint ist wohl das gemeinschaftliche Versorgen<br />

des Kultes der Hausgötter. 390 Eine solche Handlung, die im Interesse des Oikos liegt, wird gewöhnlich<br />

von Eheleuten vollzogen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass sich diesmal der Jüngling in der<br />

sitzenden Position befindet; er hat sich auf einem exquisiten Diphros mit Löwenpranken<br />

niedergelassen.<br />

Das Paarmotiv wiederholt sich auffällig häufig in den Tondi der Kylikes. Da man in der Regel davon<br />

ausging, dass sich im Bildprogramm der vor allem im Rahmen von Symposien gebrauchten<br />

Trinkschalen das Umfeld ihrer Benutzung widerspiegle, galten die Paare bisher fast selbstverständlich<br />

als Mann mit Hetäre. 391 Befremdend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass auf vielen dieser<br />

Darstellungen die Gewandung der Frauen, z. T. auch die der Männer, nachdrücklich als züchtig<br />

Ball zum Liebesgeschenk abgestempelt, das erste Annäherungsversuche einleitet. – Der Apfel als Liebesgeschenk Sutton<br />

1981, 320 ff.<br />

385 Boston, Mus. of Fine Arts 13.84.<br />

386 Kreilinger 2007, 40 Abb. 398.<br />

387 Zum erotischen Aspekt des Ballspiels, s. U. Mandel, Die ungleichen Spielerinnen, in: Hellenischtische Gruppen.<br />

Gedenkschrift für A. Linfert (1999) 218–222. Die Autorin verweist auch auf einschlägige Textzitate wie etwa Hom. Od.<br />

6, 99 f., wo sich Nausikaa vor der Begegnung mit Odysseus mit ihren Gefährtinnen beim Ballspiel vergnügt. – Der Ball<br />

spielende Eros, s. Anakr. 358 PMG = 302 LGS.<br />

388 Mandel a. O. (Anm. 387) 221 f.: Schwelle zwischen der körperlichen Reife und dem ersten Erwachen der Sexualität.<br />

389 Kopenhagen, Nat. Mus. VIII 810.<br />

390 Vgl. Xen. oik. 7, 8: Ischomachos und seine Frau opfern gemeinsam; V. Siurla-Theodoridou, Die Familie in der<br />

griechischen Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München 1989) 386–389; S. B. Pomeroy, Women´s<br />

Identity and the Family in the Classical Polis, in: R. Hawley – B. Levick (Hrsg.), Women in Antiquity. New Assessments<br />

(London 1995) 115. – Vgl. Amphora, Boston, Mus. of Fine Arts 01.16: J. H. Oakley, The Phiale Painter (Mainz 1990) 72<br />

Nr. 36 Taf. 20, A: Der bärtige Mann wird von Oakley allerdings als König bezeichnet.<br />

391 z. B. C. Bérard, in: C. Bérard – J.-P. Vernant (Hrsg.), Die Bilderwelt der Griechen (Mainz 1985) 128; Bundrick 2008,<br />

288 f. Taf. 1 überrascht mit einer Statistik, die zeigt, dass ein hoher Prozentsatz der uns erhaltenen<br />

Textilherstellungsszenen der Spätarchaik und frühen Klassik ausgerechnet auf Kylikes zu finden ist. – Die Verwendung<br />

der Kylikes bei kultischen Frauenfesten, Funddepots und die Einrichtung von Klinenräumen in Heiligtümern z. B. der<br />

Demeter in Korinth und Bitalemi oder der Artemis Brauronia, s. Kreilinger 2007, 36–41.<br />

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charakterisiert wird. 392 Im Tondo der Schale in Berlin II/29 (Taf. 9 Abb. 2) stehen sich eine<br />

gestikulierende junge Frau und ein bekränzter Jüngling mit Bürgerstock gegenüber. Die linke Hand<br />

der weiblichen Figur ist von den Falten ihres Himation bedeckt, ein Motiv, das gewöhnlich als<br />

Ausdruck von Bescheidenheit und Zurückhaltung gewertet wird. 393 Ähnlich wie bei der Schale in<br />

Hannover II/22 wird die Deutung des Tondo von der szenischen Ausgestaltung der Schalenwände<br />

abhängig gemacht, deren paarweise Anordnung männlicher und weiblicher Figuren an den Aufbau der<br />

Werbeszenen erinnert. 394 Das Paar im Tondo ist bis auf die sittsam verhüllte Hand nicht differenziert.<br />

Dass dieser Darstellungsmodus mit Eigenschaften assoziiert wird, die für eine Hetäre gewiss nicht<br />

typisch sind, sollte genügen, um eine solche Deutung auszuschließen. Im Tondo einer Schale im<br />

Vatikan 395 II/30 (Taf. 9 Abb. 5) hat sich die weibliche Figur ein separates Stück Stoff umgelegt, das,<br />

da es sich im Nacken bauscht, über den Kopf gezogen werden kann. Indem sie einen Zipfel des Tuchs<br />

vor ihr Gesicht zieht, deutet sie entweder ihre Entschleierung, die im Zusammenhang mit der Hochzeit<br />

stehen könnte, oder aber ihre Verhüllung an, die wiederum Ausdruck von Schamgefühl und Anstand<br />

ist. Beides spricht deutlich gegen eine Hetäre. Im Tondo der Schale in Braunschweig 396 II/31 (Taf. 9<br />

Abb. 6) ist die Frau sogar von Kopf bis Fuß verhüllt. Der blockartige Ansatz am linken Bildrand<br />

könnte eventuell einen Altar meinen und einen kultisch-rituellen Hintergrund schaffen. 397 Doch auch<br />

hier schmücken die Außenseiten Darstellungen von Frauen, die von Männern flankiert sind. Auch<br />

wenn der Diaulos, der einer der Frauen als Attribut beigegeben ist, in den Symposionsbereich<br />

verweisen kann 398 , bleibt dennoch offen, ob der Tondo das Thema der restlichen Schale<br />

wiederaufgreift oder ein Konstrastprogramm zeigt. Die in ihren Mantel gewickelte Frau gemahnt eher<br />

an eine anständige Frau, auch wenn schon in der Antike Beschwerden laut wurden, dass sich die<br />

Hetären im Erscheinungsbild den Bürgerinnen zunehmend anglichen. 399 Die Schale in Florenz 400 II/32<br />

(Taf. 10 Abb. 1) zeigt wie die Schale II/31 eine im Beisein eines jungen Mannes streng verhüllte Frau.<br />

Mehr noch: sie hat sich – ebenso wie ihr Gegenüber – das Himation über den Kopf gezogen. Der<br />

durch das Mäanderband abgeschnittene Gegenstand ist für einen Diphros wohl zu massiv, vielleicht<br />

handelt es sich erneut um einen Altar. Das Geldsäckchen im Hintergrund wird nach Überzeugung<br />

vieler Archäologen und Archäologinnen eigentlich nur im Zusammenhang mit Frauen verwendet, die<br />

392 Zu aidos s. auch G. Ferrari, Figures of Speech. The Picture of aidos, Métis 5, 1990, 185–204.<br />

393 Llewellyn-Jones 2003, 98 ff.; Heinrich 2006, 92: Bescheidenheit und Zurückhaltung als Merkmal der idealen Frau – sei<br />

sie nun verheiratet oder eine Parthenos. – Das Bedecken der Hände ist auch auf der Hydria, New York II/17 zu sehen.<br />

394 Ohne Zögern hat man deshalb auch in der zentral platzierten und frontal dargestellten Figur der sitzenden Spinnerin nicht<br />

nur eine spinnende Hetäre, sondern sogar die Bordellaufseherin erkennen wollen. Die Schalenaußenseiten werden in Kap.<br />

3. 3. 1 erneut angesprochen.<br />

395 Vatikan, Mus. Gregoriano Etrusco 16581.<br />

396 Braunschweig, Herzog Anton Ulrich Mus. AT.263: CVA Braunschweig 27 Taf. 18, 1–5; 19, 11.<br />

397 Solche blockartigen Altäre sind für die schwarzfigurige Vasenmalerei belegt, obwohl sie selbst hier in ihrer Einfachheit<br />

die Ausnahme darstellen. Die kursorische Strichangabe im oberen Bereich könnte vielleicht auf einen Volutenabschluss<br />

hindeuten. – Übersicht über die Typologie der Altäre, s. D. Aktseli, Altäre in der archaischen und klassischen Kunst.<br />

Untersuchungen zur Typologie und Ikonographie (Espelkamp 1996).<br />

398 G. Rodenwaldt, Spinnende Hetären AA 1931, 12: Flötenspiel wurde sowohl im häuslichen, als auch im symposiastischen<br />

Bereich geübt und ist daneben auch fester Bestandteil der musischen Knabenerziehung.<br />

399 Xen. Ath. Pol. 1, 10–12.<br />

400 Florenz, Mus. Arch. PD 266.<br />

S e i t e | 87


ihren Körper verkaufen. 401 Gewandung und Altar – falls er verifiziert werden kann – sprechen jedoch<br />

definitiv gegen eine Hetäre. Es deutet sich mit diesem Bildbeispiel bereits an, dass die Deutung des<br />

Geldbeutels revidiert und neu überdacht werden muss. Dies soll im folgenden Kapitel ausführlich<br />

geschehen. Die Darstellung gehört somit zu einer Gruppe ähnlicher Bilder, die ein Ehe- oder<br />

Liebespaar im Licht sittlicher oder religiöser Werte zeigen. Hetären sind in diesem Zusammenhang<br />

auszuschließen.<br />

S e i t e | 88<br />

2. 6. Zusammenfassung<br />

Der Wandel des antiken Frauenbildes in der historischen Forschung gab Anlass, auch in der<br />

archäologischen Nachbardisziplin die Darstellungen von Frauen und ihr Verhältnis zu den Männern<br />

nochmals genauer zu analysieren. Viele der untersuchten Bilder wurden, obwohl sie als neutral gelten<br />

müssen, in dem Sinne, dass sie keinen vordergründigen sexuellen Hintergrund erkennen lassen,<br />

aufgrund der angeblichen Unvereinbarkeit der weiblichen und männlichen bürgerlichen Sphäre 402 –<br />

von wenigen Ausnahmen abgesehen – als Hetärenbilder interpretiert. Dies führte dazu, dass wichtige<br />

Aspekte im Bild der antiken Athenerin ignoriert und umgedeutet wurden. Familienbilder und<br />

Oikosbilder beweisen aber, dass es offenbar ab der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. üblich wurde,<br />

den Hausherrn bzw. andere männliche Gestalten in die Darstellungen sog. Frauengemachsszenen mit<br />

einzubeziehen. Der Mann definierte sich fortan nicht nur über seine politische Rolle, sondern ebenso<br />

über seine Oikos-Zugehörigkeit. Das rollenkonforme Verhalten athenischer Männer erhielt auch eine<br />

sozial-familiäre Bedeutungsebene. 403 Schon J.-P. Vernant hatte die ambivalente Stellung des<br />

athenischen Mannes erkannt, der einerseits das „Politisch-Öffentliche“ repräsentiert, andererseits aber<br />

als Oberhaupt seines Oikos diesen mit der Außenwelt verbindet. 404 Die Vorstellung einer strikten,<br />

geschlechterspezifischen Trennung, wie sie in den literarischen Quellen durchaus als Ideal vertreten<br />

wird, spiegelt sich in den hier untersuchten Vasenbildern keinesfalls wider.<br />

Die Kennzeichnung der Ehefrau und Hausfrau durch Tätigkeiten und Attribute unterschiedet sich in<br />

den Szenen, in denen Männer hinzutreten, nicht von den Familienszenen oder den Oikosszenen, die<br />

nur Frauen zeigen. Es ist nach wie vor die Frau mit oder ohne Dienerin, spinnend oder sich im Spiegel<br />

betrachtend, mit Kalathos, Spindel, Salbölgefäß oder Stoffband, Kästchen oder Kranz, die uns auf<br />

401 Desweiteren in diesem Zusammenhang zu nennen die Schale des Splanchnopt-Malers, München, Antikensammlung J<br />

797: Abb. s. Beazley-Archiv, Schale des Wedding-Painter, Wien, Kunsthistorisches Mus. 2150: CVA Wien (1) 20 f. Taf.<br />

21, 1–3.<br />

402 S. Moraw, Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen<br />

Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 25.<br />

403 Bergemann 1997, 129 f.; s. auch R. E. Leader, In Death not divided: Gender, Family, and State on Classical Athenian<br />

Grave Stelae, AJA 101, 1997, 683–699; M. Meyer, Gesten der Zusammengehörigkeit und Zuwendung. Zum Sinngehalt<br />

attischer Grabreliefs in klassischer Zeit, Thetis 5/6, 1999, 115–132.<br />

404 J.-P. Vernant, Myth and Thought among the Greeks (London 1983) 133; Bergemann 1997, 129 kommt auch hinsichtlich<br />

der attischen Grabstelen zu dem Schluss, dass Oikos und Polis dort keineswegs als zwei getrennte und gegensätzliche<br />

Bereiche verstanden werden.


zahllosen Vasenbildern begegnet. Während Tätigkeiten, Attribute oder Beifiguren Auskunft über die<br />

Stellung der Frau im Hausverband, ihre Aufgaben und Pflichten geben, sagt das Hinzutreten eines<br />

Mannes, der zumindest in einigen Fällen sicher als Ehemann benannt werden kann, etwas über die<br />

Personalstruktur des Oikos und die Relation der zum Haushalt gehörenden Mitglieder aus. Dass der<br />

Mann zumeist nur als Zuschauer agiert, muss beinahe zwangsläufig der Fall sein, da er an den<br />

Organisationsabläufen des Haushaltswesens selbst keinen Anteil hat. 405 Was bedeutet seine<br />

Anwesenheit aber dann? Die Antwort auf diese Frage liefert uns vielleicht Xenophon. Dieser betont<br />

als wesentlichen Aspekt der Ehe die Arbeitsgemeinschaft, koinonia. Dieses Einstehen für ein<br />

gemeinsames Ziel und die Akzeptanz der geschlechterbedingten Rollenverteilung im Oikos scheinen<br />

die klassischen Vasenbilder zu illustrieren. Dabei mag auch der aus der Literatur bekannte Terminus<br />

philia 406 zum Tragen kommen, der die persönliche Beziehung der Eheleute zueinander beschreibt und<br />

der gleichermaßen das Fundament einer glücklichen Ehe und eines funktionierenden wirtschaftlichen<br />

Betriebs ist. Nur selten wird dagegen durch Wickel- oder Kleinkinder auch auf die<br />

Fortpflanzungsfähigkeit der Ehefrau und den Fortbestand des Oikos angespielt. Ein<br />

Familienverständnis im modernen Sinn kann also nur vereinzelt nachgewiesen werden. Der<br />

Hauptakzent liegt vielmehr auf der ehelichen Gemeinschaft und ihrer Produktivität.<br />

Neben den Oikosbildern, die durch ihr Umfeld und durch Beifiguren als solche klar zu identifizieren<br />

sind, gibt es Bilder von Paaren, die nur mit wenigen Attributen versehen sind und nicht viel mehr<br />

zeigen als die beiden Figuren selbst. Diese Darstellungen scheinen mehr auf eine repräsentative<br />

Funktion ausgerichtet zu sein, da in ihnen Aktion und Interaktion nur eine Nebenrolle spielen. Welche<br />

Art von Paaren gemeint sind, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Angesichts der Oikosszenen<br />

mit Männern und der Bedeutung ihres Auftretens kann auf jeden Fall nicht ausgeschlossen werden,<br />

dass auch hier Ehepaare abgebildet sind. Die züchtige Aufmachung vieler Frauen ist als eine bewusste<br />

Kennzeichnung zu verstehen, die ausdrücklich nach den Idealvorstellungen der sittsamen Bürgerin<br />

vorgenommen wurde. Nicht immer drehte sich das Leben der athenischen Männer um sexuelle<br />

Eroberungen. Die Ehe war im 5. Jh. v. Chr. eine wichtige staatliche Institution. Da viele der<br />

Gefäßtypen von (Ehe-) Frauen gehandhabt wurden, kann das Bildprogramm eigentlich nicht auf eine<br />

so begrenzte Zielgruppe wie Prostituierte oder Hetären ausgerichtet sein, sondern muss die<br />

bürgerlichen Frauen entweder tatsächlich direkt angesprochen haben oder so flexibel interpretierbar<br />

gewesen sein, dass diese sich problemlos mit der Bildaussage identifizieren konnten.<br />

Im Übrigen stehen die Vasenmalerei und ihre Ikonographie nicht isoliert. Die Bildsprache von<br />

Keramik und Grabkunst ist, obgleich beide einem völlig anderen Zweck dienen und auf einen anderen<br />

405 Bundrick 2008, 305: „These representations can have an iconic, tableau-like quality.“<br />

406 Just 1989, 158. – Tatsächlich unterscheidet der Grieche verschiedene Begrifflichkeiten und Nuancen zum Thema<br />

"lieben", von denen sich manche auch auf die ehelichen Beziehungen von Mann und Frau anwenden lassen; Calame<br />

1992, 17: „Con il verbo phileîn […] i Greci insistevano meno sulla componente di libido dell´ amore (che in questo caso<br />

può designare anche amore filiale o amicizia) che sul charattere fiduciario della relazione di reciprocità che s´ instaura.“;<br />

ebenda 30 f.: Paare wie Paris und Helena oder Odysseus und Penelope, für die der Terminus auch verwendet wird, haben<br />

aber natürlich darüber hinaus auch eine sexuelle Beziehung; M. Lefkowitz, Wives and Husbands, in: I. McAuslan, P.<br />

Walcot (Hrsg.), Women in Antiquity (Oxford 1996) 73 fächert auf in folgende Begriffe: eran = sexuelle Begierde;<br />

philein = Liebe für Familie und Freunde; agapan = Zuneigung.<br />

S e i t e | 89


Betrachterkreis zugeschnitten sind, doch ähnlich. 407 So wird die neuartige Wahrnehmung der Familie<br />

bzw. Oikosgemeinschaft, die sich für die Vasenmalerei konstatieren lässt, mit einer gewissen<br />

zeitlichen Verzögerung auch auf den attischen Grabdenkmälern sichtbar. 408 Während nach<br />

Wiedereinsetzen der Grabdenkmäler in Athen um ca. 430 v. Chr. zunächst die bescheideneren<br />

Zweiergruppen bevorzugt werden, findet in den mehrfigurigen und häufig vollplastischen Grabreliefs<br />

des fortgeschrittenen 4. Jhs. v. Chr. die Familie mitsamt dem Hausherrn Platz 409 . Die<br />

Selbstverständlichkeit, mit der durch das Nebeneinander von Familie, Ehepaaren oder Verwandten<br />

Zusammengehörigkeit demonstriert wurde, macht es kaum nachvollziehbar, weshalb man sich so<br />

schwer tat, den Mann in den Familien- oder Oikosbildern der Vasen als Familienangehörigen<br />

anzusehen.<br />

Das Grabrelief der Theano 410 ist mit der Darstellung auf der Amphora in <strong>Erlangen</strong> II/25 (Taf. 8 Abb.<br />

4) vergleichbar. Beide Male sind eine sitzende Frau und ein stehender Mann das Thema. Laut R.<br />

Lindner ist die sitzende Theano nach dem Vorbild der würdigen „Hausherrin und Familienmutter“<br />

gestaltet, während der ordentlich gefältelte Mantel und der unter die Achsel geklemmte Bürgerstock<br />

den „politisch-aktiven Vollbürger“ kennzeichnen. 411 Der Gestus Theanos, mit der sie ihr Himation mit<br />

spitzen Fingern vor das Gesicht zieht, kann sowohl auf ihre Wohlerzogenheit und ihre Zurückhaltung,<br />

als auch auf die Entschleierung der Braut Bezug nehmen. 412 Da dieser Gestus jedoch auch auf<br />

Grabreliefs ausgeführt wird, auf denen nur weibliche Personen begegnen 413 , muss er nicht zwangläufig<br />

als Hinweis auf ein Ehepaar verstanden werden. In welcher Beziehung die beiden Personen auf dem<br />

Grabrelief zueinander stehen, kann ebenso wenig wie für die Amphora in <strong>Erlangen</strong> mit Sicherheit<br />

festgestellt werden. Dem kurzen und sorgfältig getrimmten Bart des Mannes auf dem Grabrelief steht<br />

407 S. Houby-Nielsen, Grave Gifts, Women, and Conventional Values of the Hellenistic Greeks, in: P. Bilde et al. (Hrsg.),<br />

Conventional Values oft he Hellenistic Greeks (Aahus 1997) 225: “Time and again certain gender roles are stressed: for<br />

instance the good, the brave, the wise oikos-man and the dutiful, child-bearing wife.” Bergemann 1997, 92: “Es ging in<br />

den Reliefs also nicht allein um die Darstellung einer introvertierten, emotionalen Verbindung zwischen den<br />

Angehörigen der Oikoi, sonder sie boten sich zugleich mit ihren idealen Eigenschaften und Verhaltensweisen der<br />

Öffentlichkeit dar.” A. Strömberg, Private in life – Public in Death: The Presence of Women on Attic Classical Funerary<br />

Monuments, in: L. Larsson Lovén – A. Strömberg (Hrsg.), Gender, Cult, and Culture in the Ancient World from<br />

Mycenae to Byzantium. Proceedings of the Second Nordic Symposium on Gender and Women´s History in Antiquity,<br />

Helsinki 20.–22.10.2000 (Sävedalen 2003) 35: “The message is that husband and wife are working for the same goal: the<br />

idealizing unity of the family and the success of the household and, ultimately, the confirmation of the polis.” Sojc 2005,<br />

46–49 geht gar von einer durch die Vasenmalerei, genauer die Lekythen, beeinflussten Formgebung aus.<br />

408 Humphreys 1985, 110; Strömberg a. O. (Anm. 407) 28–37.<br />

409 B. Schmaltz, Griechische Grabreliefs ²(Darmstadt 1993) 214 f. 219; Bergemann 1997, 86–88. 91–93; S. Moraw,<br />

Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen<br />

Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 40. – Als beliebiges Beispiel der Grabkunst: Grabstele der Eukoline, Athen, Kerameikos<br />

Mus. 8754/P 388: CAT 4.420.<br />

410 Athen, Nat. Mus. 3472: CAT. 2.206.<br />

411 L. Jones Roccos, The Kanephoros and her Festival Mantle, AJA 99, 1995, 664 Abb. 24; R. Lindner, Im Tode gleich?<br />

Geschlechts- und altersspezifische Grabausstattungen im antiken Griechenland, in: E. Klinger et al. (Hrsg.), Der Körper<br />

und die Religion. Das Problem der Konstruktion von Geschlechterrollen (Würzburg 2000) 107.<br />

412 Für letzteres entscheidet sich I. Huber, Die Ikonographie der Trauer in der griechischen Kunst (Mannheim 2001) 151.<br />

413 z. B. Grabrelief der Mnesarete, München, Glyptothek 491: CAT 2.286; s. auch Sojc 2005, 73 Abb. 8; 131. Durch die<br />

Inschrift erfahren wir allerdings, dass die verstorbene Großmutter verheiratet war. Insofern mag der<br />

Verschleierungsgestus durchaus auch hier ein Statussymbol der verheirateten Frau sein.<br />

S e i t e | 90


das jugendlich und vor allem unbärtige Erscheinungsbild des Mannes auf der Amphora II/25<br />

gegenüber. Das Alter muss sich nicht grundsätzlich auf die Deutung der Person auswirken, da der<br />

Trend auf Vasen im Kontext mit Hochzeit und Ehe eher dem unbärtigen Mann zuneigt. 414<br />

414 Sutton 1981, 213 hat einen 82%-Anteil an bartlosen Männer in den Hochzeitsdarstellungen errechnet; laut Sutton 1997,<br />

39 f. geht der Trend im 4. Jh. v. Chr. zurück zu bärtigen, reiferen Männern.<br />

S e i t e | 91


S e i t e | 92<br />

3. Werben und Schenken in der Antike<br />

In den bisher untersuchten Vasenbildern kamen Attribute in den Händen der männlichen Personen,<br />

sieht man einmal vom Bürgerstock ab, nur sporadisch vor. Einer der jungen Männer auf der Pyxis in<br />

Gotha II/16 (Taf. 6 Abb. 2) hat eine Strigilis bei sich und auch der bärtige Mann auf der Schale in<br />

Hannover II/22 (Taf. 8 Abb. 1) wird durch seine Athletenutensilien charakterisiert, die zu einem<br />

Beutel verschnürt an der Wand hängen. In diesem Fall machen die Attribute also eine Aussage zur<br />

Person. Der kugelige Gegenstand auf der Pyxis II/2 (Taf. 3 Abb. 1), der versuchsweise als Granatapfel<br />

gedeutet wurde, hat dagegen keine attributive Bedeutung, sondern bezieht sich auf den Szenenkontext,<br />

indem er vermutlich den Kinderreichtum des Oikos unterstreicht. Körper- und Armhaltung des jungen<br />

Mannes auf der Pyxis in Athen II/5 (Taf. 3 Abb. 7) sprechen dafür, dass er der vor ihm sitzenden Frau<br />

ein zu ergänzendes Band oder einen Kranz überreicht. Die Darstellung wurde bedenkenlos gemeinsam<br />

mit den Oikosbildern aufgelistet, auf denen der (Ehe-) Mann innerhalb des Oikos auftritt, denn neben<br />

dem Schleier bürgt auch die Dienerin mit dem Kind auf dem Arm für den Status der abgebildeten Frau<br />

als Ehefrau. Solchen von Männern an Frauen überreichten Objekten wurde jedoch – wenn überhaupt –<br />

nur noch untergeordneter Attributcharakter zugebilligt. Sie fungieren nach aktuellem Forschungsstand<br />

als Geschenke im Rahmen der Werbung.<br />

Darstellungen dieses Themenkomplexes werden deshalb unter dem Begriff der Werbeszenen<br />

zusammengefasst. Sie wurden bisher ebenso wenig zur Rekonstruktion des Bürgerinnenbildes<br />

herangezogen, da die Werbung als striktes Ressort der Hetären eingeschätzt, die Bürgerin als Objekt<br />

der Werbung dagegen kategorisch abgelehnt wurde. “As a general motif of official and respectable<br />

courtship, gift-giving seems unlikely, even when supervised“, urteilt R. F. Sutton. 415<br />

Eine Frage soll hier vorrangig gestellt werden: ist die Bezeichnung der Darstellung als Werbeszene in<br />

den einzelnen Fällen gerechtfertigt oder können nicht doch aus manchen Bildern Eindrücke aus dem<br />

Leben der athenischen Bürgerinnen sprechen?<br />

3. 1. Liebes- und Werbegeschenke<br />

Das Schenken zieht in der Antike stets eine Gegengabe nach sich. Dieser gegenseitige Austausch von<br />

Geschenken, der in Form von materiellen Gütern oder auch Dienstleistungen bzw. Gefallen erfolgen<br />

kann, stiftet oder verstärkt eine bereits bestehende Bindung zwischen Geber und Empfänger. 416<br />

Schenken im weitesten Sinn ist in der Antike in vielen Kontexten üblich. Objekte werden den Toten<br />

mit ins Grab gegeben, den Göttern geweiht, dem Hochzeitspaar oder dem Gastfreund überreicht. 417 S.<br />

415 Sutton 1981, 281.<br />

416 Koch-Harnack 1983, 24 ff.; DNP 4 (1998) 984–988 s. v. Geschenke (B. Wagner-Hasel); Davidson 1999, 132–135.<br />

417 Lewis 2002, 186.


Lewis meint deshalb zurecht: „Gifts were means of contact and persuasion between individuals, not<br />

always erotically charged.“ 418<br />

Die Funktion des Geschenks als Instrument der Werbung um Knaben oder Hetären spielt in der<br />

antiken Literatur und den archäologischen Bildquellen der Archaik und Klassik eine wichtige Rolle.<br />

Die Kunst des Umwerbens wird von Sokrates in Xenophons „Memorabilia“ in all ihren Facetten und<br />

Ambivalenzen entlarvt. 419 Theodote, eine erfolgreiche Hetäre und Zeitgenossin des Sokrates,<br />

finanziert ihren aufwendigen Lebensstil durch die großzügigen Geschenke ihrer vielen Verehrer. Sie<br />

selbst umschreibt das Arbeitsverhältnis von Hetäre und Kunde in den Termini des Gabenaustausches,<br />

aufs Äußerste bemüht, den Eindruck einer bezahlten Dienstleistung gar nicht erst entstehen zu<br />

lassen 420 :<br />

„Wenn jemand, der mein Freund geworden ist, mir etwas zukommen lassen will, davon<br />

lebe ich.“ (Xen. mem. 3, 11, 4)<br />

Es ist das soziale Gebaren, das die Hetären letztlich von den gemeinen Pornai absetzt. Sie zeichnen<br />

sich dadurch aus, dass sie ihre Liebhaber anhand des Wertes ihrer Geschenke und ihrer finanziellen<br />

Potenz gegeneinander abwägen können:<br />

„Die Dirnen aus Korinth – wenn sich an sie<br />

Ein armer Schlucker macht – für diesen sind<br />

Sie taub: doch wenn ein Reicher kommt, da schwänzeln<br />

Sie mit dem Hintern gleich um ihn herum.“ (Aristoph. Plut. 149–152)<br />

Auch dem Werben um einen schönen Jüngling kann ein Geschenk zum rechten Zeitpunkt zuträglich<br />

sein 421 :<br />

„Manch reizenden Knaben, der kalt sich verschloss, hat nah an der Grenze der Jugend<br />

Durch unsre Gewalt der verliebte Freund noch gewonnen durch Vögelpräsente:<br />

Durch ein Perlhuhn oder ein Gänschen wohl auch, durch Wachteln und persische Vögel!“<br />

(Aristoph. Av. 705–707)<br />

Die Differenzierung von Geschenk und Bezahlung war bisweilen fließend. 422 Wer als freier Mann in<br />

den Ruf kam, sich gegen Bezahlung zu prostituieren, drohte seine Bürgerrechte zu verlieren. In der<br />

Anklagerede des Aischines gegen Timarchos wird dem Angeklagten neben Verschwendung und<br />

Korruption Unzucht angelastet, ein Vorwurf, der für einen erwachsenen Bürger, wie das noch aus<br />

solonischer Zeit stammende Gesetz zeigt, die Aberkennung seines Bürgerrechts zur Folge hatte. 423<br />

418 Lewis 2002, 187.<br />

419 Xen. mem. 3, 11, 1 ff.<br />

420 s. auch Davidson 1999, 143 f. 148; Hartmann 2002, 172 f.<br />

421 z. B. Reinsberg 1993, 180: Geschenke dienten offenbar nicht nur dazu, den Favoriten für sich zu gewinnen, sondern<br />

unterstützten auch die Fortführung der Beziehung.<br />

422 Reinsberg 1993, 182; Bezugnahme auf die folgende Aristophanes-Stelle, s. Davidson 1999, 132–13.<br />

423 Aischin. Tim. 10: „Wenn ein Athener sich zur Unzucht brauchen lässt, so soll ihm nicht gestattet sein, unter die neun<br />

Archonten zu treten, noch ein Priesteramt zu bekleiden, noch vor dem Volke als Anwalt aufzutreten, noch irgend eine<br />

S e i t e | 93


Aristophanes prangert auf gewohnt scharfsinnige Art die verlogene Moral mancher gieriger Knaben<br />

an, die, um nicht in Verruf zu geraten, sich ihre Gunst anstelle mit Geld in Form von Reitpferden oder<br />

Jagdhunden begleichen lassen:<br />

S e i t e | 94<br />

Karion: Die Buben, hör´ ich, machen´s ebenso<br />

Dem Liebsten nicht, oh, nur dem Geld zuliebe!<br />

Chremylos: Die Bessern nicht! Das tun nur Hurenbübchen!<br />

Karion: Was denn?<br />

Ein rechter Knabe nimmt kein Geld!<br />

Chremylos: Ein schönes Reitpferd, eine Koppel Hunde –<br />

Karion: Bar Geld zu fordern schämen sie sich, ja,<br />

Das Schändliche verdeckt ein schöner Name! (Aristoph. Plut. 153–159)<br />

Auch Xenophon verurteilt den Knaben oder Jüngling, der aus Gründen der Habgier in eine sexuelle<br />

Beziehung mit einem erwachsenen Mann einwilligt und so alle Ideale einer päderastischen Erziehung<br />

zugunsten eines gefüllten Geldbeutels in den Wind schlägt 424 :<br />

„Wer seine Schönheit dem ersten besten für Geld verkauft, heißt ein Hurenkerl; wer sich<br />

aber einem Mann, den er als guten und edlen Liebhaber erkannt hat, zum Freunde macht,<br />

der gilt als ehrbar.“ (Xen. symp. I 6, 18)<br />

Doch auch in anderen Beziehungskonstellationen lässt sich die Bedeutung des Schenkens verfolgen.<br />

Die Alte in Aristophanes „Ploutos“ kann ihren jungen Geliebten nur halten, indem sie praktisch für<br />

seinen gesamten Lebensunterhalt aufkommt. Sie selbst empfindet ihre materielle Ausgleichsleistung<br />

für seine Gunst als recht und billig:<br />

„Er achtete mich ungemein!<br />

Geld, etwa zwanzig Drachmen, heischt er wohl<br />

Zu einem Mantel, acht zu neuen Schuhen,<br />

Dann sollt´ ich seinen Schwestern etwas kaufen,<br />

Ein Kleid, ein Mäntelchen für seine Mutter,<br />

Vier Scheffel Weizen auch erbat er sich –“ (Aristoph. Plut. 981–986)<br />

Nicht immer ist ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich bei den Empfängerinnen von Liebesgaben<br />

um Prostituierte handelt. In der Regel ist es berechtigt, die in den Komödien des Aristophanes<br />

agierenden Frauen, soweit sie nicht anders bezeichnet werden, als Bürgerinnen zu benennen:<br />

andere Stelle zu verwalten, sei es im Lande oder außer dem Lande, durch das Los, oder durch die Wahl. Er soll auch<br />

nicht zum Heroldsamte gebraucht werden, noch einen Spruch tun, noch den Opfern des Staates beiwohnen, noch bei den<br />

gemeinsamen Kränzeszügen bekränzt sein, noch innerhalb der geweihten Schranken der Volksversammlung treten<br />

dürfen.“<br />

424 So auch z. B. Plat. symp. 184a. b; S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London 1995) 197 f.; A. Stähli, Der<br />

Körper, das Begehren, die Bilder, in: R. von denn Hoff – S. Schmidt (Hrsg.), Konstruktionen von Wirklichkeit. Bilder im<br />

Griechenland des 5. und 4. Jhs. v. Chr. Interdisziplinäres Kolloquium vom 27.9.–1.10.1999 in Schloss Reisensburg bei<br />

Günzburg (Stuttgart 2001) 199: „Nicht der ökonomische Aspekt des Tausches von sexuellen Dienstleistungen gegen<br />

Geld war moralisch verwerflich, sondern die Tatsache, dass man dadurch die Autarkie über den eigenen Körper aufgab.“


„[…], wenn ein Buhler<br />

Ein Weib belügt, nicht gibt, was er verspricht,<br />

Wenn einen Buhler mit Präsenten lockt<br />

Ein altes Weib, wenn, reichbeschenkt, die Dirne<br />

Den Freund verrät, […]“ (Aristoph. Thesm. 343–347)<br />

Nicht nur die Hetäre Neaira bekommt von ihrem Liebhaber Schmuck geschenkt 425 , auch die<br />

respektable Ehefrau trägt auf den Vasenbildern Halsketten und Ohrringe zur Schau, die wie<br />

selbstverständlich neben schönen Gewändern zum Erscheinungsbild der gut situierten Dame gehören.<br />

Auch wenn der Sprecher in der „Lysistrate“ seiner Überzeugung Nachdruck verleihen möchte, dass<br />

Ehemänner ihre Frauen zu gut behandeln und sie verwöhnen und die Geschichte mit allerlei<br />

anrüchigen Zweideutigkeiten ausschmückt, mag man die Tatsache, dass ein Ehemann seiner Frau<br />

Schmuck schenkt, für wahr erachten.<br />

„Goldschmied,<br />

Am Halsband, das du meiner Frau gefertigt,<br />

Ist leider gestern abend ihr beim Tanz<br />

Die Eichel aus dem Loch gefallen!“ (Aristoph. Lys. 407–410)<br />

Es steht zwar nicht explizit geschrieben, dass es sich bei der Halskette um ein Geschenk des<br />

Ehemannes handelt, wenn wir uns aber all die modischen Extravaganzen vor Augen führen, die<br />

Kalonike in der „Lysistrate“ aufzählt, dann können diese eigentlich nur vom Ehemann finanziert<br />

werden. 426 In der Ehe ist die Grenze zwischen Mitgift, Geschenk und Unterhalt offenbar nicht immer<br />

leicht zu ziehen.<br />

Eine Sache für sich sind wohl die Hochzeitsgeschenke, die dem Brautpaar an den Epaulia überreicht<br />

werden. Obwohl in den Schriftquellen hin und wieder auch von persönlichen Geschenken unter den<br />

Brautleuten die Rede ist 427 , widmen sich die Vasenbilder ausschließlich den Epaulia. Prozessionen,<br />

die sich stets nur aus Frauen zusammensetzen, bringen Objekte wie Kästchen, Boxen, Bänder und<br />

Gefäße.<br />

Wird eine Ehe einvernehmlich geschieden oder durch den Tod des Ehepartners vorzeitig beendet,<br />

kann eine Frau paradoxerweise auch zu diesem Anlass Geschenke erhalten, die in den Gerichtsreden<br />

nicht selten in einem Atemzug mit ihrer Mitgift genannt, jedoch klar von ihr unterschieden werden.<br />

Zumeist handelt es sich um Schmuck, Haushaltsgüter oder sogar Sklaven. 428<br />

425 Demosth. or. 59, 35.<br />

426 z. B. Aristoph. Lys. 43–45. – Hinweise auf die teure Ausstattung der Ehefrauen findet sich auch im sepulkralen Bereich,<br />

s. CAT. 1.417: Im Grabepigramm des Mannes an seine verstorbene Frau wird bedauert, dass der Hinterbliebene nun<br />

fortan anstelle seiner Frau nur noch ihren Grabstein schmücken darf.<br />

427 Sinos – Oakley 1993, 37. 39; E. D. Reeder, Frauenbilder. Die Hochzeit, in: Reeder 1995, 128 Anm. 13: chlanis; DNP 4<br />

(1998) 987–988 s. v. Geschenke (B. Wagner-Hasel); Bundrick 2008, 321 Anm. 147. – Bildbeispiel: Lekanis, St.<br />

Petersburg, Ermitage Mus. St 1791/LE 89, s. Winkler 1999, 11. 52.<br />

428 Is. 2, 9; Lys. 32, 6; Harrison 1968, 47.<br />

S e i t e | 95


3. 2. Die Werbeszenen auf den attisch-rotfigurigen Vasen und ihre Ikonographie<br />

Als Vorläufer der rotfigurigen heterosexuellen Werbeszenen gelten die Darstellungen der<br />

Knabenliebe, die in der schwarzfigurigen Malerei erstmals bereits um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr.<br />

auftauchen. 429 Während dort die Tiergeschenke die verbreitetste Form der Werbung sind 430 , sind die<br />

Gaben im heterogeschlechtlichen Bereich weiter gestreut. Bereits R. F. Sutton hat eine Klassifizierung<br />

der Geschenke vorgenommen, indem er sie nach ihrem materiellen bzw. persönlichen Wert<br />

analysierte. Zu den Geschenken mit materiellem Wert zählen vor allem Geld, Fleischstücke oder<br />

Schmuck, wohingegen Kränze, Bänder, Früchte und Blüten Gaben persönlicher Natur mit abstraktem<br />

Wert sind. 431 Zwar wurde die Vermutung geäußert, die Wahl des Geschenks gebe Aufschluss über die<br />

Art der zu knüpfenden Beziehung, letztendlich werden Geschenkübergabeszenen ungeachtet der<br />

speziellen Gabe als Werbeszenen dennoch meist im Prostituiertenmilieu angesiedelt. 432<br />

Zunächst sollte man sich bewusst machen, dass unter dem Begriff „Werbeszene“ allerlei<br />

Darstellungen unterschiedlichen Inhaltes subsumiert werden. Sie umfassen Szenen des Gesprächs, der<br />

Geschenkübergabe ebenso wie des erotischen Kennenlernens, niemals aber – zumindest was die<br />

zwischengeschlechtliche Werbung anbelangt – eine Wiedergabe des Geschlechtsverkehrs. Die<br />

Interpretation als Werbeszenen beruht auf den vielfigurigen Darstellungen, die sich vor allem auf den<br />

Außenseiten der Trinkschalen befinden. Dort finden wir eine Gesamtschau der verschiedenen Stufen<br />

des Werbeprozesses, die nach R. F. Sutton den Verlauf der Verhandlungen mit den Prostituierten<br />

charakterisieren. 433 Während manche Paare sich nur anblicken oder miteinander in ein Gespräch<br />

vertieft sind, das der Überredung oder dem Regeln der Konditionen dient, sind andere schon bei der<br />

Werbung mit Geschenken angelangt oder ernten gar die Früchte ihrer Bemühung, umarmen und<br />

küssen das Objekt ihrer Begierde.<br />

Die Paare der vielfigurigen Werbeszenen folgen meist homogenen Schemata; sie variieren lediglich in<br />

der Wahl der Geschenke, in Gestik und Reaktion der umworbenen Frauen. Hinweise auf den Ort des<br />

Geschehens geben bestenfalls Sitzmöbel wie der Diphros oder der Klismos, die auf einen Innenraum<br />

hindeuten. Attribute wie Spiegel, Alabastra, Bänder oder Sandalen schmücken die Wände, wie es im<br />

Allgemeinen auch in den Oikosszenen üblich ist. 434 Ein Schalenbild in Toledo III/1 vereint viele<br />

429 H. A. Shapiro, Courtship Scenes in Attic Vase-Painting, AJA 85, 1981, 133–143; Koch-Harnack 1983; Reinsberg 1993,<br />

163–215. – Zur ikonographischen Entwicklung dieses Sujets in der schwarz- und rotfigurigen Vasenmalerei, s. Stähli a.<br />

O. (Anm. 424) 203 ff.; Meyer 1988, 119 f.; Hartmann 2002, 174 plädiert für ein gleichzeitiges Auftreten homo- und<br />

heterosexueller Werbeszenen um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr.<br />

430 Daneben Kränze, Zweige, Bälle, Strigiles, Alabastra, Schreibtafeln, Leiern, Tiere v. a. Hahn, Hase, Fleisch, Geld, s. z. B.<br />

Koch-Harnack 1983, 154–161; Reinsberg 1993, 174–178.<br />

431 Sutton 1981, 289 f.; Killet 1994, 163 trifft eine Unterteilung in vier Gruppen: Wertgegenstände, Tiere,<br />

Gebrauchsgegenstände und Objekte ohne materiellen Wert.<br />

432 Bedenken hat z. B. Lewis 2002, 193: “But to define a few images as “official and respectable courtship” while reading<br />

the rest as seduction is unfounded when there are in fact no indications of status or relationship beyond the act of gift-<br />

giving itself.”<br />

433 Sutton 1981, 52 f.<br />

434 Peschel 1987, 42: Alabastra sind zwar in größerer Anzahl in den Oikosszenen vertreten, aber auch beim Gelage legte man<br />

Wert auf Parfümierung.<br />

S e i t e | 96


Merkmale einer Werbeszene in sich. In Flöte, Kranz und Geldbeutel begegnen einzelne Bildmotive,<br />

wie sie für die Werbeszenen typisch sind. Sowohl ein Jüngling als auch ein Mann umwerben<br />

weibliche Personen mit Geld (Taf. 10 Abb. 2) In beiden Fällen ist der Geldbeutel derart betont<br />

hervorgestreckt, dass er für die Interaktion der Paare in irgendeiner Weise von Belang sein muss. Die<br />

Reaktion beider Frauen ist jedoch nicht einfach einzuschätzen. Die sitzende Figur hat den Blick<br />

abgewandt und betrachtet abwesend die Blüte in ihrer Hand. Die Bandbreite der Reaktionen auf ein<br />

Geschenk reicht von einem Ausstrecken der Hand, über ein augenscheinliches Ignorieren bis hin zum<br />

sich Abwenden. Spekulationen darüber, ob die Frau hier sich nun ziere, um ihren Verehrer zu reizen,<br />

ob sie ihn tatsächlich verschmähe und das Geschenk als minderwertig erachte, sind müßig. Ihre rechte<br />

Hand ist zwar dem Jüngling entgegengestreckt, jedoch mit dem Handrücken nach oben, so dass kaum<br />

ein Greifen nach dem Geldbeutel intendiert ist. Vielmehr hält sie einen inzwischen verblassten<br />

Gegenstand in der ausgestreckten Rechten. Auch die Gestik der stehenden Frau vermittelt eher den<br />

Eindruck einer regen Unterhaltung. Die Gegenseite teilen sich zwei Paare, von denen eines eine<br />

sitzende Frau zeigt, die einem Bärtigen einen Kranz überreicht (Taf. 10 Abb 3). 435 Der Farbauftrag des<br />

Kranzes ist verblasst, die Handhaltung der Frau ist jedoch ein ausreichendes Indiz. Man hat<br />

ansatzweise versucht, die Geste des Mannes – eine erhobene Hand mit gespreizten Fingern – als eine<br />

Vereinbarung des zu zahlenden Preises zu deuten. 436 Ähnlich verhält es sich mit der Gestik der Frau<br />

am linken Rand, die Daumen, Mittelfinger und Zeigefinger aneinander reibt, wie um anzuzeigen, dass<br />

ohne Bezahlung keine Übereinkunft möglich ist. Bei genauem Hinsehen halten jedoch auch diese<br />

beiden eine Blüte zwischen ihren Fingern. E. Keuls will hier zwei qualitativ unterschiedliche Arten<br />

des Werbens erkennen: Männer mit Geld haben von Natur aus mehr Aussicht auf Erfolg, während die<br />

Männer ohne oder mit nur minderwertigen Geschenken all ihre Überredungskünste aufbieten müssen,<br />

um eine Zusage der Hetäre zu erhalten. 437 Das Thema des Tondo, eine Frau mit einem Kanoun vor<br />

einem entzündeten Altar, wurde als Kontrastprogramm aufgefasst, das die Spaßwelt des Symposions<br />

mitsamt seiner Hetären der sittlich-religiösen Lebenswelt der Bürgerin pointiert gegenüberstellt. 438<br />

Obwohl es an alternativen Vorschlägen zur Deutung solcher Szenen mangelt, bleibt ein Stück Zweifel<br />

bestehen, nicht zuletzt weil diese Interpretation z. T. erhebliche Widersprüche birgt und oftmals auf<br />

subjektiven Eindrücken fußt. Es soll im Folgenden jedoch nur am Rande um Darstellungen wie auf der<br />

Schale in Toledo gehen. Interessant sind im Rahmen dieser Untersuchung in erster Linie Bilder, die<br />

sich von den gezeigten Oikosbildern nur durch die Beifügung oder Übergabe von Gegenständen meist<br />

attributiven Charakters unterscheiden.<br />

435 Reeder 1995, 185 f. sieht im Kranz ein Geschenk des Bewerbers, das die Hetäre freudig in Empfang genommen hat.<br />

436 Reeder 1995, 342 f.; S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v.<br />

Chr. (Berlin 2005) 250 im Bezug auf eine Schale des Douris, London, British Mus. E 51/1843.11-3.94: CVA London,<br />

British Museum (9) 41 f. Taf. 37, A. B; 38, A. B.<br />

437 Keuls 1985, 167 f.<br />

438 M. Beard, Adopting an Approach II, in T. Rasmussen – N. Spivey (Hrsg.), Looking at Greek Vases (Cambridge 1991)<br />

28–30; S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London 1995) 208.<br />

S e i t e | 97


S e i t e | 98<br />

3. 3. Werbe- oder Oikosszenen?<br />

3. 3. 1. Kränze, Bänder, Kästchen und Co.<br />

Zunächst ist die Inhomogenität der als Geschenke bezeichneten Objekte verwunderlich. Kränze,<br />

Bänder oder Blüten werden mit dem Geldbeutel auf eine Stufe gestellt. Das subtile und<br />

unaufdringliche Umwerben mit Geschenken wie Kränzen und Blüten, die der Schönheit der Frau<br />

schmeicheln und ihre Aufmerksamkeit erregen wollen, stünde unserer Vorstellung von Werbung gar<br />

nicht so fern. Ob eine Interpretation dieses Aktes als Werbung und somit des jeweiligen Gegenstandes<br />

als Geschenk gerechtfertigt ist, muss sich allerdings erst noch erweisen. Der Mann im Oikosumfeld<br />

allein genügt jedenfalls nicht mehr, um der „umworbenen“ Frau den Status einer Bürgerin<br />

abzusprechen. Als Mitglied des Oikos konnte er in vielen Beispielen plausibel gemacht werden, auch<br />

wenn in einigen Fällen seine soziale Einordnung als Ehemann, Sohn etc. offen bleiben muss. 439<br />

Einen Beleg dafür, dass nicht nur Hetären mit Geschenken bedacht werden, liefert eine Darstellung<br />

auf einem Alabastron in Paris III/2 (Taf. 10 Abb. 4. 5). Die junge, ihre ganze Aufmerksamkeit auf den<br />

Kranz in ihren Händen richtende Frau ist der Inschrift zufolge: he nymphe kale. Timodemos, ihr<br />

Ehemann, der ebenfalls inschriftlich benannt ist, überreicht ihr ein gemustertes Band. Das Schenken,<br />

wenn es fürwahr so aufgefasst werden darf, ist also auch als Ausdruck innerfamiliärer Bindungen<br />

möglich. Vielleicht steht es im Zusammenhang mit dem Geschenk des Bräutigams an seine Braut.<br />

Wieso aber ausgerechnet ein Stoffband? 440 Von der Inschrift abgesehen gibt das Bild selbst keinerlei<br />

Hinweis auf die Hochzeit. Möglicherweise handelt es sich einfach um ein weibliches Kleidungs- oder<br />

Frisuraccessoire, das der hilfreiche Gatte seiner Frau reicht.<br />

Im gleichen Kontext ist eine Loutrophoros aus Würzburg III/3 (Taf. 10 Abb. 6) zu betrachten. Die<br />

spezifische Gefäßform 441 , benutzt um das Hochzeitswasser zu transportieren und wohl zumeist als<br />

Hochzeitsgeschenk in den Besitz des Brautpaares gelangt, lässt vermuten, dass auch der Dekor im<br />

hochzeitlichen Umfeld einzuordnen ist. Im Bild reicht der Bräutigam der jungen vor der Kline<br />

wartenden Braut ein großes Kästchen. Ob es sich tatsächlich um eine Geschenkübergabe handelt, oder<br />

ob das Kästchen stellvertretend für die Gesamtheit der Hochzeitspräsente steht, oder ob es nur generell<br />

wie etwa in den Toilettenszenen um das Schmücken und die Schönheit der Frau geht bzw. in diesem<br />

Kontext um das Ablegen von Schmuck als Vorbereitung auf die Hochzeitsnacht, bleibt offen. Mit dem<br />

Begriff des „Geschenkes“ muss man also auch hier vorsichtig umgehen.<br />

Nach geltender Definition wird auch die Darstellung auf einer weißgrundigen Lekythos in Berlin III/4<br />

(Taf. 11 Abb. 1) zunächst als Werbeszene kategorisiert. Dort treffen ein bärtiger, auf seinen<br />

Bürgerstock gestützter Mann und eine sitzende Frau im häuslichen Ambiente aufeinander. Sie<br />

präsentiert in exponierter Manier einen Kranz. Die Frau auf dem Berliner Exemplar ist ferner durch<br />

einen Wollkorb, ein Alabastron 442 , einen Spiegel und einen Vogel charakterisiert, Symbole, die wohl<br />

439 s. Kap. 2. 5. 3.<br />

440 Sutton 1997, 31 hält sowohl den Kranz als auch das Band („scarf of nuptial type“) für eine hochzeitliche Ausstattung.<br />

441 Winkler 1999, 104–109; Mösch-Klingele 2006.<br />

442 Das Alabastron als Behältnis von Duftölen und seine Benutzung bei der Körperpflege zur Steigerung des Wohlbefindens<br />

und der Attraktivität, s. allg. E. Paszthory, Salben, Schminken und Parfüme im Altertum, Sondernummer AW 21, 1990,<br />

bes. 37–51.


auf ihre häuslichen Tugenden und ihre körperlichen Vorzüge abzielen und in den Oikosszenen in<br />

großer Anzahl Verwendung finden. Der Vogel wird von A. Kauffmann-Samaras als Rebhuhn erkannt,<br />

das Assoziationen an die Schönheit und erotische Ausstrahlung wecken soll. 443 Nichts spricht dagegen,<br />

dieses Paar als Ehepaar zu interpretieren.<br />

Eine vergleichbare Komposition findet sich auch auf einem Gefäß in Cambridge III/5 (Taf. 11 Abb.<br />

2). Eine Frau, die hier wiederum durch den Kalathos charakterisiert ist, präsentiert einem bärtigen<br />

Mann einen Kranz. Anders als auf der Lekythos in Berlin III/4 tritt dieser nun in Interaktion. Er hat<br />

sich vorgebeugt und scheint auch seinerseits in der erhobenen rechten Hand einen Gegenstand<br />

vorzuzeigen. Die nach oben gerichteten, aneinander gelegten Finger mögen eine Blüte halten oder<br />

aber ihn als Sprechenden kenntlich machen. Sowohl auf der Lekythos in Berlin III/4 als auch auf dem<br />

Gefäß in Cambridge III/5 erscheint der Kalathos als Attribut der sitzenden Frau. Das Kränzeflechten<br />

scheint wie die Textilherstellung zu den produktiven und kreativen Fähigkeiten der Frauen zu<br />

gehören. 444 Kränze sind in fast allen Bereichen des griechischen Lebens anzutreffen: im Götterkult, im<br />

Grabkult, beim Symposion, bei der Hochzeit und im Sport. Daneben begegnen sie als schmückendes<br />

Attribut neben Spiegeln, Blüten oder Bändern in großer Zahl vor allem im Umkreis der<br />

Oikosszenen. 445 Seit der klassischen Zeit werden die Frauen beim Kränzeflechten abgebildet. Mit<br />

Einführung des Reichen Stils wird der Kranz zum Merkmal einer „entrückten aphrodisischen Welt“. 446<br />

Den Verkauf von Kränzen nennt Aristophanes in seinen „Thesmophoriazusen“ als Beitrag mancher<br />

Frauen zum Erhalt ihrer bedürftigen Familien. 447 Dass auf den Vasenbildern Kränze zur<br />

Unterhaltssicherung angefertigt werden, können wir eigentlich ausschließen, da die hier<br />

repräsentierten Frauen sicherlich einer höheren Schicht angehören. In den „Thesmophoriazusen“ des<br />

Aristophanes berichtet Mikka vor der Frauenversammlung von den durch Euripides geschürten<br />

Unterstellungen der Ehemänner:<br />

„Flicht ein Weib auch nur<br />

Ein Kränzchen, heißt´s: Die ist verliebt!“ (Aristoph. Thesm. 400–401)<br />

Mag sein, dass er in dieser Bedeutung, als „schmückende Auszeichnung des Geliebten“ 448 , auch in den<br />

sog. Werbeszenen verstanden werden will. Als selbst gefertigte und daher persönliche Gabe ist er von<br />

Seiten der Frau ein Zeichen der Hinwendung, vielleicht sogar Wertschätzung. Mit einem<br />

unmoralischen Angebot hat das aber nichts zu tun.<br />

Auf einem Alabastron in Paris III/6 (Taf. 11 Abb. 3) werden ebenfalls symbolbehaftete Geschenke<br />

ausgetauscht: der Jüngling reicht einer Frau in Chiton und Himation einen Kranz, sie streckt ihm auf<br />

ihrer Handfläche einen Granatapfel entgegen. Jungfernkranich und Hund dürfen als<br />

443 A. Kauffmann-Samaras, Des femmes et des oiseaux. La perdrix dans le gynécée, in: B. Schmaltz – M. Söldner (Hrsg.),<br />

Griechische Keramik im kulturellen Kontext. Akten des Internationalen Vasen-Symposions in Kiel vom 24.–28.9.2001<br />

(Münster 2003) 91. Das Rebhuhn ist daher auch in vielen hochzeitlichen Szenen präsent.<br />

444 M. Blech Studien zum Kranz bei den Griechen (Berlin 1982) 345 f.<br />

445 Blech a. O. (Anm. 444) 337 f.; Heinrich 2006, 83: der Kranz als Gegenstand weiblicher Lebenswelt.<br />

446 Blech a. O. (Anm. 444) 344.<br />

447 Aristoph. Thesm. 443–458.<br />

448 Hdt. 6, 69; Blech a. O. (Anm. 444) 336.<br />

S e i t e | 99


geschlechtsspezifische Haustiere verstanden werden. Dass sie darüber hinaus Assoziationen an<br />

abstrakte Werte hervorrufen, ist gut möglich. So hat man versucht, den Jungfern- oder<br />

Nymphenkranich mit Hochzeit und Treue oder als Vogel der Demeter mit der Fruchtbarkeit zu<br />

verknüpfen 449 , während der Hund seit archaischer Zeit als treuer Begleiter seines Herrn und<br />

aristokratisches Statussymbol gilt. 450 Letztlich ist es wohl auch hier nicht angeraten, die Szene narrativ<br />

zu verstehen. Der Kranz ist entweder ein Zeichen der Wertschätzung, wie dies oben bereits konstatiert<br />

wurde, oder wird als tatsächlicher Schmuck für eine bestimmte Festivität überreicht. Der Granatapfel<br />

dagegen ist ein gebräuchliches Fruchtbarkeitssymbol, das vortrefflich in das Konzept der antiken<br />

athenischen Ehe passt. Interpretationen, die aufgrund des Zusammentreffens von Mann und Frau von<br />

Verhandlungen zwischen einer Hetäre und einem Freier sprechen, lassen all diese bedeutungsvollen<br />

Details außer Acht: Granatapfel und Kranz werden zu Liebesgeschenken zwischen Hetäre und Freier,<br />

der Kranich wird zur Reminiszenz an Häuslichkeit und Ehrbarkeit, die Hetären in ihrem Etablissement<br />

ihren Kunden vorzugaukeln pflegen. 451<br />

Sobald sich eine weibliche Person in Begleitung von mehr als einer männlichen Person befindet, fällt<br />

ihr, wie schon verschiedentlich angemerkt wurde, unweigerlich die Rolle des Begierdeobjekts zu. Auf<br />

einer Reihe von Schalen und Epinetra wird eine Frau von zwei Jünglingen flankiert. Über die Art der<br />

Attribute wird dabei gewöhnlich hinweggesehen. Auf einer Schale in Berkeley III/7 hält die angeblich<br />

bedrängte Frau ein riesiges Alabastron in die Höhe. Es ist auch hier unwahrscheinlich, dass die Frau<br />

das Alabastron als Liebesgeschenk erhalten hat, denn beide Jünglinge lehnen sich auf ihren<br />

Bürgerstock, den Arm in die Hüfte gestützt. Wiederum wäre also eine weibliche Person die Trägerin<br />

bzw. die Schenkende (Taf. 11 Abb. 4). Letztlich ist es jedoch abzulehnen, die Frau als Schenkende zu<br />

interpretieren. Zwar präsentiert sie das Ölgefäß auf ihrer prominent ausgestreckten Hand dem Jüngling<br />

zu ihrer Linken, sie bewegt sich jedoch in die entgegengesetzte Richtung von ihm fort. Die Szene der<br />

Gegenseite ist leicht abgewandelt, dieses Mal kommt es zu einer tatsächlichen Interaktion. Die<br />

weibliche Figur im Zentrum, völlig von ihrem Himation verhüllt und mit einem Spiegel in der Hand,<br />

sieht sich mit einem Jüngling konfrontiert, der ihr wohl eine Blüte entgegenhält (Taf. 11 Abb. 5). Ihre<br />

züchtige Aufmachung passt zum Bild des Tondos, in dem eine Frau am Altar eine Blüte darbringt. Die<br />

Verwirrung ist perfekt: ist dies nun eine sog. anständige und fromme Bürgerin, die mit der käuflichen<br />

Prostituierten auf der Schalenaußenseite in Kontrast gesetzt wird, oder opfert eine Hetäre die Blüte,<br />

mit der ein eifriger Verehrer zuvor um ihre Gunst geworben hat? Ein Kontrastprogramm zwischen der<br />

Lebenswelt der respektablen Frau und der Hetäre wird für einige Stücke angenommen, allen voran für<br />

die bereits erwähnte Schale in Toledo III/1 (Taf. 10 Abb. 2. 3), deren Außenwände mit den sog.<br />

449 E. Böhr, Mit Schopf an Brust und Kopf. Der Jungfernkranich, in: A. J. Clark – J. Gaunt – B. Gilman (Hrsg.), Essays in<br />

Honor of Dietrich von Bothmer (Amsterdam 2002) 43 Abb. 1; 47.<br />

450 Zum Hund, s. z. B. C. Schneider, Herr und Hund auf archaischen Grabstelen, JdI 115, 2000, 17. 24. 31 f. 36; M. Giebel,<br />

Tiere in der Antike (Darmstadt 2003) 120–123.<br />

451 Böhr a. O. (Anm. 449) 43. Die symbolische Bedeutung des Kranichs mag theoretisch auch für die Hetäre denkbar sein.<br />

Die Argumentationskette für das Alabastron in Paris geht aber davon aus, dass keine Frau in Anwesenheit eines Mannes<br />

etwas anderes sein kann als eine Hetäre. Sämtliche Attribute müssen sich dieser Deutung beugen. Das Ergebnis klingt<br />

sehr konstruiert.<br />

S e i t e | 100


Werbeszenen geschmückt sind, während im Tondo eine Frau mit einem Kanoun vor einem Altar<br />

Gaben weiht. 452<br />

Die Liste derartiger Darstellungen lässt sich beliebig fortsetzen. Auf einer Schale in Florenz III/8 (Taf.<br />

11 Abb. 6) ist es ein Kalathos, den die junge Frau auf ihrer ausgestreckten Hand präsentiert. Der hinter<br />

ihr stehende Jüngling hält eine Blüte für die junge Frau bereit, die einerseits sein Interesse,<br />

andererseits aber auch ihre Schönheit widerspiegelt. Hier liegt der Gedanke nahe, dass diese nicht<br />

aufgrund ihrer sexuellen Verfügbarkeit, sondern tatsächlich aufgrund ihrer häuslichen Fähigkeiten für<br />

heiratsfähige Männer attraktiv ist. Ischomachos vertritt in Xenophons „Oikonomikos“ nämlich die<br />

Ansicht, Fleiß und körperliche Anstrengung seien dem guten Aussehen förderlich. 453 Begehrenswert<br />

macht der Wollkorb die Frauen noch aus einem anderen Grund: der Wollkorb hat sich nämlich zur<br />

festen Chiffre für Tugendhaftigkeit entwickelt, und welcher Mann wünscht sich nicht eine fleißige und<br />

tugendhafte Ehefrau für seinen Oikos? Die Typologie des Semonides zeigt auf eindringliche Weise,<br />

wie brave Ehemänner mit faulen oder verschwenderischen Ehefrauen geschlagen sind. 454 Die zweite<br />

Seite zeigt eine Frau mit einer Spindel oder einem Spiegel zwischen zwei Jünglingen, der Tondo einen<br />

Symposiasten mit Kylix. Man sollte den Symposiasten keinesfalls zum Anlass nehmen, auch die<br />

Szenen der Außenseiten der Schale in den Bereich des Gelages als Ort der Werbung und sexuellen<br />

Ausschweifung zu verlagern. Der Symposiast ist durch die demonstrativ präsentierte Kylix schlicht<br />

und einfach als Gelageteilnehmer gekennzeichnet, ebenso wie die besagte Frau durch den Kalathos als<br />

fleißige Hausfrau bzw. durch den Spiegel als hübsch charakterisiert wird.<br />

Solche Szenen waren in der Realität des klassischen Athen für eine anständige Frau<br />

zugegebenermaßen nicht denkbar. Eine unverheiratete Frau bewegte sich nicht mit solcher<br />

Selbstverständlichkeit unter (fremden) Männern und potentiellen Bewerbern. Doch als wörtliches Zitat<br />

muss man die Vasenbilder auch gar nicht verstehen. Das Schalenbild in Florenz III/8 stellt lobend<br />

Eigenschaften und Tugenden einer jungen Frau in den Vordergrund, die sie für eine Reihe von<br />

potentiellen Brautwerbern unter dem Aspekt der guten und nützlichen Ehefrau begehrenswert<br />

erscheinen lassen. In ähnlicher Weise lässt sich diese Hypothese vielleicht auch auf die Schale in<br />

Berkeley III/7 übertragen: an Frauen werden züchtiges Auftreten und die Fürsorge für den Körper<br />

geschätzt, die Schönheit und Ausstrahlung in gesteigerter Form zur Geltung bringt. Ausgedrückt wird<br />

letzteres durch den Spiegel und das Alabastron. 455 Körperliche Schönheit ebenso wie Sinn für<br />

Körperpflege sind keine Merkmale, die auschließlich für Hetären gelten, sondern ebenso für die<br />

Bürgerinnen und Ehefrauen.<br />

Auf einem Epinetron in Athen III/9 (Taf. 11 Abb. 7. 8) unterhalten sich zwei gemischte Paare. Die<br />

eine Frau hat ein Stoffband, die andere ein Alabastron bei sich. Auf der Gegenseite flankieren diesmal<br />

zwei Frauen einen Jüngling. Auch hier wird ein Alabastron in die Höhe gereckt. Da solche<br />

452 CVA Toledo (1) 34. 48 Abb. 13 Taf. 53, 1. 2; 54, 1. 2; M. Beard, Adopting an Approach II, in T. Rasmussen – N. Spivey<br />

(Hrsg.), Looking at Greek Vases (Cambridge 1991) 28–30 Abb. 7. 8.<br />

453 Xen. oik. 10, 9 f.; s. auch Sojc 2005, 89 f.<br />

454 Sem. fr. 7 West.<br />

455 Keuls 1985, 120: “The principal connotation of the alabastron is dutiful conjugal sex, not the purchased variety.”<br />

Heinrich 2006, 85 f. Das Alabastron gehört zusammen mit anderen Gegenständen wie dem Spiegel, dem Kästchen oder<br />

dem Wollkorb der weiblichen Sphäre an.<br />

S e i t e | 101


zwischengeschlechtlichen Begegnungen auf den Epinetra recht häufig sind 456 und deren Ikonographie<br />

angesichts ihrer Funktion eher einem bürgerlichen Benutzerkreis zugedacht waren, sah sich C. Mercati<br />

veranlasst, eine Erklärung zu suchen, die von der althergebrachten Deutung der Hetäre und ihren<br />

Kunden abrückt. In Übereinstimmung mit F. Heinrich, die ebenfalls erst vor kurzem eine Arbeit über<br />

die Epinetra veröffentlichte, ist sie der Ansicht, die Bilder seien Ausdruck einer Idealvorstellung<br />

zwischengeschlechtlichen Umgangs und Werbung für rollenkonformes Verhaltens. 457<br />

In denselben Zusammenhang gehört die Szene einer Schale in Berlin II/29. Sie greift mit dem<br />

Kästchen und dem Alabastron Attribute auf, die, wie es sich erwiesen hat, in den seltensten Fällen<br />

tatsächlich Geschenkcharakter zu besitzen scheinen. 458 Um eine frontal thronende Frau mit Spindel<br />

und Spinnrocken gruppieren sich meist jugendliche Paare. Links von ihr übergibt bzw. nimmt eine<br />

Frau ein Alabastron entgegen, während auf der rechten Seite eine Frau mit einem Kästchen von einem<br />

Jüngling angesprochen wird (Taf. 9 Abb. 3). Auf der Gegenseite wendet sich ein bärtiger Mann mit<br />

erhobener Hand an eine davongehende Frau. Diese Geste kehrt bei der Frau hinter ihm wieder, die –<br />

einen ovalen Gegenstand in der Hand – einem Jüngling zugeordnet ist (Taf. 9 Abb. 4) Ausgangspunkt<br />

für die szenische Interpretation ist in der Regel die Figur der thronenden Spinnerin, die als Zuhälterin<br />

und Kupplerin gedeutet wird, unter deren gestrengen Augen die Freier sich ihren Hetärenmädchen<br />

nähern. 459 P. Badinou hebt zwar ebenfalls die häusliche Reminiszenz der Spinnerin hervor, die<br />

Anwesenheit der beiden Jünglinge ist für sie aber ein indiskutables Zeichen für den Hetärenstatus der<br />

Frauen. Die zwei Jünglinge auf der Hydria in New York II/17 (Taf. 6 Abb. 5; Taf. 7 Abb. 1) sind<br />

keinesfalls Freier, obwohl auch hier die Frauen mit ähnlichen Gegenständen hantieren. Dass es<br />

niemand wagte, die Darstellung der New Yorker Hydria als Szene einer Hetärenwerbung<br />

anzusprechen, ist hier vor allem auf die Anwesenheit des Eros zurückzuführen. Bei den Attributen<br />

handelt es sich in beiden Fällen um schlichte Alltagsgegenstände, die im Frauengemach<br />

allgegenwärtig sind. Auch die Anwesenheit einer Frau mit Libationsgerät auf einer der Seiten der<br />

Berliner Schale II/29 (Taf. 12 Abb. 4) ist mit einer Werbeszene im Bordell nicht zu vereinbaren. 460<br />

Ferner sind es die Frauen, die die potentiellen Geschenkartikel halten, während die Jünglinge zwar<br />

456 z. B. Epinetron des Diosphos-Malers, Leiden, Rijksmuseum van Oudheden I 1955.1.2: CVA Leiden (2) 19 f. Taf. 68, 1–<br />

5; Frg. eines schwarzfigurigen Epinetron der Golonos- oder der Sappho-Diosphos-Gruppe, Palermo, Mus. Arch.<br />

Regionale 1910: Heinrich 2006, 79. 84. 86. 92. 100 Kat. Nr. Sf. 90 Taf. 12, 4; Badinou 2003, 35 f. Nr. E 10 Taf. 6.<br />

457 Mercati 2003, 44: „Attraverso una simbologia ridotta all´essenziale, tali immagini sugli epinetra esprimono una visione<br />

ideale del confronto maschile-femminile, svincolando il soggetto da steccati contingenti eccessivamente realistici.<br />

Bellezza, amore, reciprocità nel rispetto dei ruoli tratteggiano le coordinate di un´ armonia auspicabile soprattutto nell´<br />

oikos.” Heinrich 2006, 81: “Eine real stattfindende Begegnung zwischen jungen Athenerinnen und Athenern ist<br />

sicherlich nicht gemeint, sondern vielmehr eine imaginäre Interaktion bzw. Kommunikation zwischen idealisierten<br />

jungen Männern und Frauen. Nichts weist auf einen symposiastischen bzw. sexuellen Hintergrund der Bilder hin. Ebenso<br />

wenig sind Anzeichen dafür zu erkennen, dass es sich bei den Figuren um Ehepaare oder Verwandte anderer Art handeln<br />

könnte.“ – Zu Realität und Ideologie in den Vasenbilder, s. Bazant 1981, 13–22; F. Lissarague, Frauenbilder, in: P.<br />

Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 253; Kreilinger 2007, 10. 24–26.<br />

458 Badinou 2003, 72 bewertet das Alabastron als Geschenk des jungen Mannes.<br />

459 E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 228 f.; Dierichs 1993, 87; Reinsberg 1993, 122.<br />

460 Vgl. Schale des Kalliope-Malers, Aléria T 89: A. Lezzi-Hafter, Der Eretria-Maler. Werke und Weggefährten (Mainz<br />

1988) Nr. 95 Taf. 74: Wieder sind es die Frauen, die Gegenstände in den Händen halten, ein Alabastron und einen Kranz.<br />

Die beiden Frauen mit dem Spendegerät schließen nun eine Werbung definitiv aus. Kultischer Kontext?<br />

S e i t e | 102


offenbar durch Sprache und Gestik in Kontakt treten, aber Distanz und Anstand wahren. Dies<br />

unterscheidet die Darstellung von anderen Werbeszenen, die körperliche Annäherungen und sexuelle<br />

Intentionen deutlich zeigen. 461 Die unmittelbare Aktion und Miteinbeziehung der Jünglinge in die<br />

Szene unterscheidet diese Szene aber auch vom Gros der bisher betrachteten Szenen von Männern im<br />

Oikos, wo die Männer häufig an den Rand gedrängt waren und sich mit der Rolle des Zuschauers<br />

begnügten. Im Grunde widerspricht dies aber keineswegs einer häuslichen Deutung. 462 Die zentrale<br />

Platzierung und die Frontalwiedergabe der Spinnerin ist durch ihre Funktion innerhalb des<br />

Personengefüges zu erklären; sie nimmt einen gehobenen Rang ein und führt die Aufsicht über ihre<br />

Umgebung, ihre Webtätigkeit zählt traditionell zu den prestigeträchtigsten Arbeiten im Oikos und<br />

ziemt sich für die Hausherrin. Die Aufsicht und das Delegieren sind nach Xenophon das tägliche Brot<br />

der Hausfrau. Sie sorgt dafür, dass Gegenstände ihrer Bestimmung gemäß und ordentlich verwahrt<br />

werden, so dass sie nach Bedarf zur Verfügung stehen.<br />

3. 3. 2. Fleisch<br />

Zu den wichtigsten materiellen Gaben oder Mitbringseln gehört neben dem Geld das Fleischstück, das<br />

im Bild die Form eines Fleischlappens oder Tierschenkels annehmen kann. Eine Hydria auf Rhodos<br />

III/10 (Taf. 12 Abb. 1) zeigt eine Reihe von Frauen, die emsig mit der Wollarbeit beschäftigt sind.<br />

Man befindet sich noch in einem vorbereitenden Stadium der Verarbeitung, die beiden stehenden<br />

Frauen halten große Wollknäuel in den Händen, die zu handlichen Portionen auseinandergezupft<br />

werden. 463 Die Darstellung flankiert rechts ein mit dem Rücken aus dem Bildfeld herausgewandter<br />

Jüngling, der sich auf seinen Gehstock stützt, links ein Jüngling mit einem gewaltigen Fleischstück 464 ,<br />

das die Form eines Tierschenkels mit zugehörigem Huf hat. Das Fleischstück gehört nebst dem<br />

Geldbeutel laut R. F. Sutton in die Kategorie der materiellen und kostspieligen Liebesgeschenke 465 ,<br />

mit denen in der Regel Hetären von ihren Freiern günstig gestimmt werden sollen. In diesem Fall<br />

scheint es mir jedoch auffällig, dass das Geschehen der Mittelszene, die sich aus den vier Frauen<br />

zusammensetzt, kompositorisch in sich geschlossen ist. Relativierend muss eingeräumt werden, dass<br />

die rechts sitzende Frau sich zwar zu ihren Geschlechtsgenossinnen umwendet, in den Arbeitsprozess<br />

selbst aber nicht integriert ist. Sie gehört kompositorisch eigentlich zu dem am Rande stehenden<br />

Jüngling. Dennoch lässt sich beobachten, dass die Jünglinge nicht aktiv in das Geschehen eingreifen.<br />

Ganz belanglos ist der Fleischträger sicherlich nicht, aber ich halte für abwegig, eine so eindeutige<br />

Arbeitsszene aus dem bürgerlichen Alltag in das Prostituiertenmilieu zu transferieren allein aufgrund<br />

zweier Jünglinge, für deren Anwesenheit bisher keine zufrieden stellende Deutung gefunden wurde,<br />

461 Vgl. z. B. Schale des Makron, New York, Metropolitan Mus. 12.231.1: Kunisch 1997, Taf. 97, 301.<br />

462 Badinou 2003, 72; Bundrick 2008, 298: „Why could this scene not represent young men and women of a contemporary<br />

Athenian household going about their day?“<br />

463 Mercati 2003, 24.<br />

464 Vidale 2002, 446 bezeichnet das Fleischstück irrigerweise als rötlichen Beutel; dadurch wird auch der Interpretation, der<br />

Jüngling bringe die Wolle, in einen Sack verpackt, ins Haus, die dann auf den Boden geleert und sortiert wird, die<br />

Grundlage entzogen.<br />

465 Sutton 1981, 289. 300 f.<br />

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zumal nun schon eine Menge von Vasenbildern vorgestellt wurden, die den Mann im Oikos nicht als<br />

singuläre Erscheinung in der Vasenmalerei zeigen. Das jugendliche Alter der beiden Männer ist, so<br />

weit dies ikonographisch auf dem Medium der Keramik möglich ist, betont. Fleischstücke als<br />

Opferanteile waren das Privileg aller erwachsenen athenischen Bürger, 466 das darüber hinaus die<br />

Möglichkeit zur besonderen Auszeichnung verdienter Personen bot. 467 „Im Akt des Opferns<br />

konstituiert sich jene Gemeinschaft von Menschen und Göttern, die für das Wohlergehen einer Polis<br />

unabdingbar ist“, konstatiert S. Moraw. 468 So stehen die Fleischstücke einerseits symbolisch für die<br />

Integrierung in den sozialen Apparat der Polis bzw. in eine Opfergemeinschaft und andererseits,<br />

besonders wenn das Opfer nicht von der Polis gestellt, sondern aus privaten Mitteln bezahlt wurde, für<br />

Frömmigkeit und gutes Einvernehmen mit den Göttern. 469 Der Fleischanteil war eine willkommene<br />

Ergänzung des Familienmahls, da Fleisch meist nur im Rahmen von Kultfesten erhältlich war. Es mag<br />

gelegentlich auch als Gabe an eine favorisierte Hetäre gedient haben, um ihre Gunst zu gewinnen,<br />

doch stand die Versorgung der legitimen Familie wohl im Vordergrund. Das Vasenbild stellt<br />

verschiedene Mitglieder des Oikos mit ihrem jeweiligen Beitrag zum Gemeinwohl nebeneinander: die<br />

Frauen – seien es freie Frauen oder Sklavinnen – kümmern sich um die Textilherstellung, die Männer<br />

– seien es die Ehemänner oder Söhne – bringen den Fleischanteil nach Hause und versinnbildlichen<br />

somit ihren doppelten sozialen Status als Bürger der Polis und als Vorsteher bzw. Versorger der<br />

Familie. 470<br />

Der Einwand, die Szene der Hydria III/10 spiegele großbetrieblich angelegte Wollverarbeitungs-<br />

prozesse wider, die Bestandteil des ökonomischen Lebens der Prostituierten seien, gründet sich allein<br />

auf die Anwesenheit der beiden Jünglinge und lässt sich angesichts mannigfaltiger<br />

Textilverarbeitungsprozeduren in den Oikosszenen nicht halten. Gerade weil die Textilarbeit eine<br />

wichtige Pflicht der Hausfrau darstellt, sollte man die Möglichkeit eines häuslich-familiären Milieus<br />

ernstlich in Betracht ziehen. Dies bedeutet ferner, dass eine Identifikation des Fleischschenkels als<br />

Liebesgeschenk an eine Hetäre alles andere als zwingend ist.<br />

Auf einer Kylix in Chiusi III/11 streckt eine zwischen zwei Jünglingen stehende Frau dem einen ein<br />

Fleischstück entgegen (Taf. 12 Abb. 2). Es kann schwerlich behauptet werden, die Frau habe jenes<br />

Fleischstück gerade eben aus den Händen des Jünglings erhalten, der die eine Hand am Bürgerstock,<br />

die andere unter einem Gewandbausch verborgen und in die Seite gestützt hat. Die Komposition der<br />

Gegenseite entspricht dem beschriebenen Bild mit dem einen Unterschied, dass die weibliche Figur<br />

anstelle eines Fleischstücks einen Diaulos emporhält. Dieses Musikinstrument genügt vielen<br />

Wissenschaftlern, um in ihr eine für ein Gelage angeheuerte Musikantin zu erkennen, deren Status als<br />

Hetäre nicht in Frage zu stellen ist. 471 Aufgrund der homogenen Bildgestaltung und der Anwesenheit<br />

466 J. Gebauer, Pompe und Thysia. Attische Tieropferdarstellungen auf schwarz- und rotfigurigen Vasen (Münster 2002)<br />

170. 449 f. 483.<br />

467 Gebauer a. O. (Anm. 466) 335 f.<br />

468 S. Moraw, Bilder, die lügen: Hochzeit, Tieropfer und Sklaverei in der klassischen Kunst, in: Fischer – Moraw 2005, 74;<br />

s. auch P. Stengel, Die griechischen Kulturaltertümer. Handbuch der Klassischen Altertumswissenschaft V 3 (München<br />

1920) 116–121.<br />

469 Gebauer a. O. (Anm. 466) 200.<br />

470 Bundrick 2008, 307.<br />

471 Zum Gebrauchskontext des Aulos bzw. Diaulos, s. Bundrick 2005, 37-42.<br />

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von jungen Männern handle es sich also, so müsste man schließen, in beiden Fällen um Hetären. Die<br />

berechtigten Zweifel, warum eine Hetäre einem Jüngling einen Fleischschenkel schenken solle,<br />

werden in der Regel erfolgreich ignoriert. In jedem Fall ist eine Frau mit einem Fleischstück<br />

erklärungsbedürftig. Da in der Regel, wie dargelegt wurde, nur männliche Vollbürger Anrecht auf<br />

ihren Fleischanteil hatten, ist der Fleischschenkel im Besitz einer Frau unüblich. 472 Es wäre etwa<br />

vorstellbar, dass er im übertragenen Sinn die Zugehörigkeit zum wohlversorgten Oikos eines<br />

frommen, athenischen Vollbürgers veranschaulichen soll.<br />

Auf einer Pyxis in Mount Holyoke III/12 (Taf. 12 Abb. 3) bringt ein Jüngling einen Tierschenkel ins<br />

Haus. Die Hausherrin sitzt vor einem zum Bersten gefüllten Wollkorb, in ihrer Rechten einen weiß<br />

gefassten rundlichen Gegenstand, wie ihn ihr gleichzeitig auch der junge Mann entgegenhält. Da die<br />

Farbgebung mit dem Inhalt des Wollkorbs übereinstimmt, wird es sich in diesem Fall nicht wie auf der<br />

Pyxis II/2 um Früchte handeln, sondern eher um Wolle. 473 Durch eine Art Begutachtung wird der<br />

Hausherr in den Prozess um die Textilherstellung miteinbezogen. Die Tür ist aus den Oikos-Bildern<br />

gut bekannt und markiert entweder den Eingang zum hochzeitlichen Schlafgemach oder die<br />

Eingangstür des Wohnhauses. Zweifel an der Deutung des Fleischschenkels als Liebesgeschenk an<br />

eine Frau zweifelhaften Charakters mehren und bestätigen sich also auch hier. 474<br />

3. 3. 3. Tiere<br />

Neben Teilen von bereits geschlachteten Tieren in Form von Tierschenkeln werden auch vollständige<br />

Tiere wie Hahn, Henne oder Hasen dargeboten. Tiere, darunter vor allem der Hase, sind eigentlich<br />

Geschenke, die bevorzugt zwischen Männern und Knaben ausgetauscht werden. 475 Es gibt jedoch<br />

einige wenige Darstellungen, die in den Bereich der heterosexuellen Werbung gehören. Ein<br />

Alabastron in Athen III/13 (Taf. 12 Abb. 4–6) gilt als Paradebeispiel. Die sitzende Frau ist wie so oft<br />

mit Spinnwerkzeug ausgestattet. Der tote Hase in den Händen des sich nähernden Jünglings wurde in<br />

472 Zu Frauen im Besitz von Fleischstücken, vgl. Hydria der Polygnot-Gruppe, London, British Mus. 1921.7-10.2: CVA<br />

London, British Mus. (6) III Ic 3 Taf. 83, 1A–D gehört zu den wenigen Beispielen, wo tatsächlich eine Frau ein solches<br />

Fleischstück und zwar im Kontext des Hauses in den Händen hält. Inmitten der kultivierten Frauen, die Barbiton und<br />

Leier spielen, der Musik lauschen oder sich in ein aufgerolltes Stück Papyrus vertiefen, wirkt die Frau mit dem<br />

Fleischschenkel allerdings tatsächlich recht befremdlich. Dennoch glaube ich nicht, dass es sich dabei anstelle des<br />

Fleisches um ein Flötenetui handelt; s. z. B. Lewis 2002, 157. Flötenetuis, im Regelfall gemustert, haben keine derart<br />

sackartige Form; Größe und Form würden für den Sakkos passen, dafür ist aber der Umriss zu unregelmäßig.<br />

Vergleichbare Fleischstücke sind etwa zu finden auf der Hydria, Rhodos, Mus. Arch. 13261, hier III/10, und auf einer<br />

Schale des Makron, London, British Mus. E 62: CVA London, British Mus. (9) 51 f. Taf. 52, A. B; 53, A. B; vgl. auch<br />

Schale in Chiusi III/11; Schale des Oltos, Bologna, Mus. Civico Arch. 361: CVA Bologna (1) III Ic 4 Taf. 1, 3; 3, 1. 2; 4,<br />

4. 5, wo auch die Kombination Musikinstrument und Fleisch auch belegt ist.<br />

473 DNP IV (1989) 1203 s. v. Granatapfel, Granatapfelbaum (C. Hünemörder); Badinou 2003, 84. – Zum Apfel als<br />

Liebesgeschenk, s. Sutton 1981, 320 ff.<br />

474 Bundrick 2008, 306 f.<br />

475 Zu den Geschenken in den Werbeszenen, s. Koch-Harnack 1983, 63; K. Dover, Homosexualität in der griechischen<br />

Antike (München 1983) 87.<br />

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Anlehnung an entsprechende Szenen päderastischer Werbung stets als Liebesgeschenk interpretiert. 476<br />

Der Hase begegnet auch auf Grabstelen 477 ; vor sepulkralem Hintergrund wird er mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit weder als Liebesgeschenk Verwendung finden noch wird er an eine Hetäre<br />

gereicht werden. Attribute sind häufig mehrdeutig und können je nach Bildkontext ihre Funktion oder<br />

Aussage wechseln. Auch wenn der Hase in manchen Werbeszenen unleugbar als Liebesgeschenk an<br />

den Eromenos dient, handelt es sich hier wohl eher um ein Attribut, das mit dem Jagdgeschick und der<br />

Schnelligkeit der Knaben einen Aspekt der Erziehung und Mannwerdung aufgreift. Auf dem<br />

Alabastron in Athen III/13 geht die Darstellung jedoch noch weiter: ein Paar umarmt sich, die Arme<br />

liebevoll um den Nacken des anderen geschlungen (Taf. 13 Abb. 6). Das Gewand der weiblichen<br />

Figur ist gelöst, das transparente Gewebe enthüllt die Körperkonturen. Wie sind beide Szenen<br />

zueinander in Beziehung zu setzen? Hat der Hase doch als Geschenk den Weg für kleine oder große<br />

Gefälligkeiten geebnet und beide Szenen geben dieselben Personen wieder und dies ist nun doch der<br />

lang ersehnte Nachweis für eine spinnende Hetäre? Oder wird die sittsame Spinnerin mit der<br />

bereitwilligen Verführerin kontrastiert?<br />

Der Verdacht, dass Tiere nicht unbedingt als Geschenke fungieren, wird im Übrigen durch die<br />

Tatsache bestätigt, dass nicht nur männlichen Personen die Rolle des Trägers übernehmen. Auf einem<br />

Alabastron in Palermo III/14 (Taf. 13 Abb. 1–3) sind die Rollen vertauscht. Hier hält eine junge Frau,<br />

deren Haar gebündelt über den Rücken fällt, in ihrer ausgestreckten Hand eine Henne. Der junge<br />

Mann, schwer vermummt in sein Himation, macht keine Anstalten, das Dargereichte zu ergreifen. So<br />

wie die Henne als Attribut der Frau zugeordnet ist, gilt dies für den Hund und den Jüngling. Ob das<br />

Huhn also als Geschenk intendiert ist, ist trotz der Geste unklar. Wenn die Übergabe eines<br />

„Geschenks“ mit Werbung gleichgesetzt wird, findet sich keine einleuchtende Erklärung dafür,<br />

weshalb eine Frau als Schenkende auftreten sollte.<br />

Ein Alabastron in Athen III/ 15 (Taf. 13 Abb. 4–6) trägt ebenfalls eine sog. Geschenkübergabeszene,<br />

die mit dem Bild der spinnenden Frau kombiniert ist. Zu einer vor einem Klismos stehenden Frau, die<br />

gerade im Begriff ist, einen Wollfaden auf eine rotierende Spindel aufzuwickeln, gesellen sich ein<br />

Jüngling mit einer Henne und ein nackter Knabe, beladen mit einem riesenhaften Oktopus und einem<br />

Rebhuhn. Laut Koch-Harnack handelt es sich hierbei um die Darbringung von Geschenken an eine<br />

Hetäre. 478 Der Oktopus im Kontext des Schenkens oder Werbens ist meines Wissens singulär. Die<br />

Vermutung, es handle sich um die Darstellung eines Freiers, der durch seine überwältigende<br />

Freigiebigkeit und die Anzahl seiner Geschenke beeindrucken will, überzeugt nicht. Der Vorschlag A.<br />

Brückners, die Frau spinne fleißig zuhause, während der Mann zusammen mit seinem Sohn oder<br />

Sklaven vom Markt komme, wird heute zugunsten der Hetärenwerbung im Allgemeinen abgelehnt,<br />

hat jedoch einiges für sich. 479 Die Argumente der Befürworter der Hetärenwerbung setzen das Athener<br />

476 U. Knigge, Ein rotfiguriges Alabastron, AM 79, 1964, 105–113; Koch-Harnack 1983, 129 f.<br />

477 z. B. Grabstele der Nikeboule und des Phyrkias in Athen, Nat. Mus. 2062: CAT 2.183.<br />

478 Koch-Harnack 1983, 130 f. 133 Abb. 65; Badinou 2003, 92 verweist auf die Ambivalenz der Ikonographie und lässt die<br />

Frage nach dem Status der Frau offen.<br />

479 A. Brückner, Lebensregeln auf athenischen Hochzeitsgeschenken, WPrBerl 62, 1902, 3–11; s. auch CVA Athen, Nat.<br />

Mus. (1) III Ic 3 Taf. 1, 3–5; J. D. Beazley, JHS 51, 1931, 121; Davidson 1999, 109 lehnt diese Deutung mit dem<br />

Verweis auf Carl Robert ab, der Anfang des 20. Jhs. in Neapel derartige Zustände miterlebte. Italien um 1919 ist mit<br />

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Alabastron in Beziehung zu Darstellungen der spinnenden Hetäre und damit zwangsweise zu<br />

Darstellungen des Geldbeutels. 480 Seitdem das Phänomen der spinnenden Hetäre in der<br />

archäologischen Forschung kursiert, ist man allzu bereitwillig geneigt, jedwede Spinnerin als Hetäre<br />

zu deklarieren. Der Vergleich mit Werbeszenen, in denen Geld dargeboten wird, dient lediglich dazu,<br />

die Anständigkeit der spinnenden Frau in Frage zu stellen, ist jedoch an dieser Stelle willkürlich, da<br />

Geld auf dem Athener Alabastron keine Rolle spielt. Ob dann der Geldbeutel tatsächlich ein Zeichen<br />

für die sexuelle Verfügbarkeit der umworbenen Frau ist, sei vorerst dahingestellt.<br />

Die Besorgungen vom Markt sind nicht beliebig gewählt: Meeresfrüchte etwa waren in der Antike ein<br />

Luxusartikel – J. N. Davidson nennt sie Instrumente der Verführung 481 –, und auch Fleisch war kein<br />

alltägliches Mahl. Ein Haushalt, der sich Derartiges leisten kann, demonstriert seinen Reichtum und<br />

seine Exklusivität. Daneben haben sicherlich auch die Vögel ihre symbolische Bewandtnis. Das<br />

Rebhuhn ist laut Athenaios eines der Tiere, dem ein starker Paarungstrieb bescheinigt wurde. 482 So<br />

stark die erotische Komponente anhand der Tiersymbolik hervortreten mag, Fruchtbarkeit ist dem<br />

griechischen Denken gemäß ganz gewiss ein Faktor der legitimen Ehe, während Hetären<br />

unerwünschter Nachwuchs kaum willkommen gewesen sein dürfte. Die Henne mag also durchaus ihre<br />

traditionelle Bedeutung als Liebesgeschenk behalten, muss jedoch hier – ebenso wie das Rebhuhn 483 –<br />

nicht bezeichnend für die Beziehung von Kunde und Hetäre sein, sondern kann ebenso auf eine<br />

Beziehung zwischen Angehörigen eines Oikos, zwischen Ehemann und Ehefrau, verweisen. Auch die<br />

Inschrift prosagoreuo ein Markenzeichen der Maler der Paidikos-Group, ist als Grußgestus zu<br />

verstehen und legt nicht fest, ob wir nun eine Hetäre oder eine Ehefrau vor uns haben. 484<br />

3. 4. Werben mit Geld<br />

„Zahlreich hingegen malte man die Geldbeutelwerbungen, die meines Erachtens durchgängig auf die<br />

käufliche Liebe im Haus der Hetäre bzw. im Bordell hinweisen. Es sind auch heute äußerst sinnfällige<br />

Bilder für Prostitution. Ein vordergründiger erotischer Reiz ist ihnen nicht eigen.“ 485 Dieses Resümee<br />

von A. Dierichs gibt im Wesentlichen den aktuellen Stand archäologischer Forschung wieder. Mehr<br />

als alle anderen sogenannten Geschenke ist der Geldbeutel mit dem Stigma der Hetärenwerbung<br />

behaftet. Es fällt schwer, für die Frauen oder Spinnerinnen, gerade wenn sie von Männern mit Geld<br />

′umworben′ werden, eine andere Erklärung zu finden als die der Prostituierten, die ihren Lohn<br />

Verlaub nicht mit Athen im 5. Jh. gleichzusetzen! Dem Knaben die Rolle des Kupplers zu geben, verbietet die<br />

Komposition, die ihn eindeutig als dem Manne zugehörig ausweist.<br />

480 Knigge a. O. (Anm. 476) 108.<br />

481 Davidson 1999, 25 ff. bes. 31.<br />

482 Athen. 9, 391d.<br />

483 A. Kauffmann-Samaras, Des femmes et des oiseaux. La perdrix dans le gynécée, in: B. Schmaltz – M. Söldner (Hrsg.),<br />

Griechische Keramik im kulturellen Kontext. Akten des Internationalen Vasen-Symposions in Kiel vom 24.–28.9.2001<br />

(Münster 2003) 90–92; Heinrich 2006, 105.<br />

484 A. Brückner, Lebensregeln auf athenischen Hochzeitsgeschenken, WPrBerl 62, 1902, 6–11.<br />

485 Dierichs 1993, 86.<br />

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empfängt. 486 Dass hierbei der Geldbeutel nicht im eigentlichen Sinn als Bezahlung, sondern im Sinne<br />

des antiken Geschenkwesens als Gabe bzw. Gegengabe gedeutet werden kann, ist dem stilisierten Bild<br />

der Hetäre verpflichtet, die ihre sexuelle Gunst im Austausch mit Preziosen jedweder Art gewährt. 487<br />

Versuche, den Geldbeutel etwa als szenische Umsetzung der Versorgung mit Haushaltsgeld zu deuten,<br />

wurden eher belächelt und dann verworfen. 488<br />

Der Geldbeutel ist von all den dargebrachten Objekten nach Aussage der meisten Wissenschaftler das<br />

Geschenk, welches das Verhältnis von Geber und Empfänger am ungeschminktesten verrät. 489 Denn<br />

während Blüten, Bänder, Kränze oder Gefäße auf subtile Weise versuchten, das Herz und die Gunst<br />

der Angebeteten zu gewinnen und das Freier-Hetären-Verhältnis als romantische Liebesbeziehung zu<br />

tarnen, ließe der Geldbeutel keinen Zweifel daran, dass Sex als Ware gegen Bezahlung offeriert wird.<br />

Gerade diese Überlegung steht nun jedoch in krassem Widerspruch zum Hetärenbild der antiken<br />

Schriftquellen. Die Selbststilisierung der Hetären als „Gefährtinnen“ und „Freundinnen“ zielt in erster<br />

Linie darauf ab, sich eben nicht mit den käuflichen Pornai auf eine Stufe zu stellen, sondern ihre<br />

Beziehung zu ihren Kunden über mehr oder weniger freiwillige Gaben zu definieren. 490<br />

Entweder vertreten die bildenden Künste eine Sichtweise, die sich mehr an den realen Zuständen<br />

orientiert und subjektive Schönfärberei außen vor lässt, oder wir irren uns, was die Implikationen des<br />

Geldbeutels angehen. Oder aber wir gehen in einer dritten Möglichkeit davon aus, dass alle jene<br />

Frauen, denen Geld dargeboten wird, Pornai sind. Die Anzahl der billigen Prostituierten würde unter<br />

dieser Voraussetzung rapide steigen. Wäre es für die Klientel der Töpfer wirklich wünschenswert,<br />

Pornai auf ihrem feinen Geschirr thematisiert zu finden, Sklavinnen und Freigelassene, Angehörige<br />

des untersten sozialen Standes? 491 Wie weit würde sich ein athenischer Bürger repräsentiert sehen<br />

durch den Umgang mit einer Porne? Und wie steht es mit den Geschenken? Jene Art von<br />

Prostituierten wird definitiv nicht umworben. Sind sich Pornai und Hetären auf den<br />

Vasendarstellungen gegenübergestellt, so wie vorbildliche Knaben und Knaben, deren Verhalten den<br />

männlichen Pornai gefährlich nahe kommt? Eine Unterscheidung von Pornai und Hetären anhand der<br />

Geschenke und ihren Werts wird ad absurdum geführt angesichts solcher Darstellungen wie auf der<br />

Oinochoe in San Antonio 492 III/36 (Taf. 17 Abb. 3). Geldbeutel und Blüte, die der Jüngling in Händen<br />

486 z. B. Keuls 1985, 258 ff.<br />

487 Allg. M. Mauss, Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften (Frankfurt a. M. 1968);<br />

Sutton 1981, 278 f.; S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London 1995); Davidson 1999, 134: „Das Wesen der<br />

Gabe hängt in der Praxis von etwas ab, was Pierre Bourdieu Verkennung nennt – eine bewusste Fehleinschätzung – das<br />

heißt davon, dass man so tut, als hätte das Geschenk keinerlei Wert und erfordere keine Erwiderung. Die Gefälligkeit, die<br />

dafür erwartet wird, muss als etwas erscheinen, was vollkommen im Ermessen des Empfängers liegt, der Wert auf seine<br />

Handlungsfreiheit legt, indem er Zeit und Art der Erwiderung bestimmt. [...] Erfolgt das Gegengeschenk zu schnell auf<br />

eine erwiesene Gefälligkeit, ist es kein Geschenk mehr, sondern Bezahlung für "geleistete Dienste"."<br />

488 Hartmann 2002, 174 f.<br />

489 z. B. Killet 1994, 127.<br />

490 s. auch G. Ferrari, Figures of Speech. Men and Maidens in Ancient Greece (Chicago 2002) 14: Sie fragt, weshalb sich<br />

eine Hetäre einen tugendhaften Anstrich geben sollte, wenn der Eindruck doch durch den Geldbeutel sofort zunichte<br />

gemacht würde.<br />

491 Zu den Pornai allg., s. Kreilinger 2007, 61f.<br />

492 San Antonio, San Antonio Mus. of Art, Coll. of Gilbert M. Denman, Jr. 86.134.59.<br />

S e i t e | 108


hält, scheinen hier bis zu einem gewissen Punkt austauschbar zu sein, denn dargereicht wird dem<br />

weiblichen Gegenüber nicht der Geldbeutel, sondern die Blüte.<br />

Die päderastischen Szenen, in denen der Geldbeutel ebenso, wenn auch seltener, zum Einsatz kommt,<br />

stellen uns vor dieselbe Schwierigkeit. Angesichts kritischer bis abfälliger Stimmen eines<br />

Aristophanes oder Xenophon erscheint es höchst abwegig, anzunehmen, die Vasenmalerei illustriere<br />

die Geschäftspraktiken von Knaben aus gutem Hause, die ihren Körper einer gemeinen Hure gleich<br />

dem Meistbietenden verkaufen. 493 Das Medium der Vasenmalerei dürfte generell für ein<br />

rollenkonformes Geschlechterverhalten geworben haben, wie wir es z. B. deutlich an den Oikos-<br />

Bildern gesehen haben, die weibliches Idealverhalten propagieren. 494 Um Sklaven, deren sexuelle<br />

Unterwerfung kein gesellschaftliches Tabu war, handelt es sich bei den umworbenen Knaben mit<br />

Sicherheit nicht. Aus Attributen ist ersichtlich, dass sich viele der Szenen in der Palästra und in ihrem<br />

Umfeld abspielen, deren Benutzung den Freien vorbehalten war. 495 Müssen die Bilder also als Kritik<br />

am ungebührlichen Verhalten der Geld akzeptierenden Knaben gelesen werden 496 oder geben sie<br />

einfach reale Zustände wider, wie sie ja offensichtlich existiert haben, wenn sie von antiken Autoren<br />

angeprangert wurden? Da die Bild- und Schriftquellen zu diesem Thema aus unterschiedlichen<br />

Jahrhunderten stammen, ist es möglich, anzunehmen, dass sich die Problematik vielleicht erst im 4. Jh.<br />

v. Chr. als solche herausgebildet hat, als das Verschenken von Geld zur üblichen Praxis wurde und<br />

überhandnahm. So schließt auch C. Reinsberg aus der Unbeschwertheit, mit der der Geldbeutel in die<br />

päderastischen Szenen auf den Vasen integriert wird, dass die Übergabe von Geld in der 1. Hälfte des<br />

5. Jhs. v. Chr. offenbar noch nicht als anstößig empfunden und mit Bezahlung gleichgesetzt wurde. 497<br />

S. von Reden führt den Umstand der Geld empfangenden Knaben darauf zurück, dass der Geldbeutel<br />

lediglich zur Kennzeichnung des finanziell gut gestellten und moralisch gefestigten Polisbürgers<br />

verwendet wird und eine Übergabe von Geld im eigentlichen Sinn nicht stattfindet. 498 Die Frage, ob<br />

der Geldbeutel in homo- und in hetereosexuellen Werbeszenen unterschiedlich interpretiert werden<br />

darf, wird damit jedoch nicht gelöst. 499<br />

493 So auch Hartmann 2002, 177; vgl. auch Aristoph. Plut. 153–159 und Xen. symp. I 6, 18.<br />

494 Kreilinger 2007, 28; s. auch Kap. 2. 5. 2.<br />

495 Koch-Harnack 1983, 163 f.; Reinsberg 1993, 184.<br />

496 von Reden a. O. (Anm. 487) 198 f.<br />

497 Reinsberg 1993, 183 f.<br />

498 von Reden a. O. (Anm. 487) 171. 195: „symbol of power and citizenship“; dies. 202. 204: “moderation and control of<br />

excess”; dies. 199: “We should conclude that money pouches are symbolic details describing the erastes and his attitude<br />

to the eromenos, not the social status of the boy.” Bundrick 2008, 300.<br />

499 Reinsberg 1993, 185 etwa vertritt die Meinung, Geld würde in Kaufszenen immer gemeinsam mit den zu erwerbenden<br />

Gütern, Öl, Wein, Hetären etc., abgebildet sein. Die päderastischen Szenen schließt sie jedoch aus. Zur Untermauerung<br />

führt sie Einzelszenen an, wobei mir der Zusammenhang mit päderastischer Werbung aber unklar bleibt.<br />

S e i t e | 109


S e i t e | 110<br />

3. 4. 1. Der Geldbeutel als Instrument der Werbung?<br />

Spätestens seit dem Aufsatz von M. Meyer hat die Debatte um die ikonographische Scheidung des<br />

Geldsäckchens vom Astragalbeutel ein Ende gefunden. 500 Dass es sich tatsächlich um einen<br />

Geldbeutel handelt, stellt sein Gebrauch in Kaufszenen sicher (Taf. 13 Abb. 7. 8; Taf. 14 Abb. 1–3). In<br />

Entsprechung zu den Kaufszenen geht M. Meyer davon aus, dass im Bild auch immer der Gegenwert<br />

des Geldes fassbar sein müsse. 501 So wie in Marktdarstellungen Gefäße, Öl oder Wein erworben<br />

werden 502 , stehe in hetero- und homosexuellen Werbeszenen die sexuelle Verfügbarkeit der Hetäre<br />

bzw. des Knaben zum Kauf. 503 Die Bedeutung des Geldbeutels wurde bisher zwar sowohl in hetero-<br />

als auch in homosexuellen Beziehungen, aber noch niemals im Gesamtkontext seiner Darstellung<br />

untersucht. Auch diese Arbeit kann die ausstehende Forderung leider nicht erfüllen. Es sollen nur<br />

Problemfelder und Widersprüche offen gelegt werden, die dazu anregen sollen, andere<br />

Interpretationsmöglichkeiten zumindest in Betracht zu ziehen. Wie sich zeigen wird, lassen sich einige<br />

Widersprüche durchaus aus der Welt schaffen.<br />

Ein erster Einwand lautet, dass keineswegs immer der Tauschwert des Geldes im Bild ersichtlich ist.<br />

In einfigurigen Szenen ohne narrativen Zusammenhang macht der Geldbeutel nur dann Sinn, wenn er<br />

auch kontextunabhängig als Symbol für finanzielle Potenz gelten darf. 504 Im Tondo einer Schale des<br />

Douris III/20 (Taf. 14 Abb. 4), die ehemals in Dresden zu sehen war, heute leider verloren ist, hält ein<br />

bärtiger Mann einen Geldbeutel in seiner ausgestreckten Hand. Das Mobiliar hinter ihm kennzeichnet<br />

den Ort als überdachtes Ambiente. Bürgerstock und Geld beschreiben den Dargestellten auf dieselbe<br />

Art und Weise wie die Athletenutensilien an der Wand, nämlich als wohlhabenden Bürger und<br />

Anhänger körperlicher Ertüchtigung, der sich dem Ideal der Kalokagathia verschrieben hat. Die<br />

Sportlerutensilien, bestehend aus Strigilis und Schwamm, sind fester Bestandteil des männlichen<br />

Alltagslebens und auch außerhalb der Palästra als typische Attribute des Mannes allgegenwärtig. Der<br />

Geldbeutel wird hier durch die leicht vorgestreckte Haltung dem Betrachter geradezu präsentiert. Der<br />

500 Meyer 1988, 87–125; s. auch Sutton 1981, 291 f.; G. Pinney, Money-Bags?, AJA 90, 1986, 218; zusammenfassendes<br />

Resümee jüngst von Badinou 2003, 32. – Die Gegenseite vertritt G. Ferrari, Figures of Speech. Men and Maidens in<br />

Ancient Greece (Chicago 2002) 14 f.: In Musik- und Schulszenen, in der Palästra, in der Gynaikonitis und in den<br />

Werbeszenen erscheint ihr ein Geldbeutel fehl am Platz; sie hält deshalb einen Astragalbeutel für wahrscheinlicher. Sie<br />

differenziert jedoch m. M. nicht gründlich genug zwischen dem großen, ovalen Astragalbeutel, der vorwiegend in<br />

Schulszenen vorkommt, und dem kleinen, meist rundlichen Geldbeutel, wie er in den Werbeszenen auftritt. Der Skyphos<br />

des Penthesileia-Malers, St. Petersburg, St. Ermitage Mus. 4224: R. F. Sutton Jr., Pornography and Persuasion on Attic<br />

Pottery, in: A. Richlin (Hrsg.), Pornography and Representation in Greece and Rome (Oxford 1992) 17 f. Abb. 1, 5 zeigt<br />

m. M. nach den Inhalt eines solchen Geldsäckchens, nämlich eine Münze.<br />

501 Meyer 1988, 116: “In den Verkaufsszenen kommt der Mann mit Geldbeutel nie, in den Liebeswerbungen so gut wie nie<br />

allein, d. h. ohne Gegenwert für seine Mittel, vor. Der Geldbeutel ist also kein kontextunabhängiges Attribut, das eine<br />

Aussage über die Eigenschaften des Trägers macht.“<br />

502 z. B. Baltimore, Johns Hopkins Univ. B4 III/16; Kopenhagen, Nat. Mus. Chr.VIII 320 III/17; Paris, Musée du Louvre<br />

CA1852 III/18; Oxford, Privatsammlung III/19; Pelike des Nikoxenos-Malers, Paris, Musée du Louvre F 376: Meyer<br />

1988, 113 f. Abb. 27.<br />

503 Sutton 1981, 289 f.; Dierichs 1993, 86.<br />

504 z. B. Florenz, Mus. Arch. Etrusco 75589: Kunisch 1997, Taf. 10, 15; London, Sotheby´s: Sotheby´s. Antiquities.<br />

Auktionskatalog 11. Dezember 1989 (London 1989) 74 Abb. 129; 87; St. Petersburg, St. Hermitage Mus. ST 1614 bzw.<br />

659: Kunisch 1997, Taf. 160, 493; München, Antikensammlungen 2656 und 8956: Kunisch 1997, Taf. 51, 144.


Schalenmaler hat diese Darstellungsweise dem ebenso gut bekannten Motiv des Am-Körper-Haltens<br />

vorgezogen, obgleich das direkte Gegenüber fehlt. Für eine Deutung des Mannes als Erastes und des<br />

Geldsacks als Liebesgeschenk 505 fehlen in der Szene selbst jegliche Anhaltspunkte, auch wenn die<br />

Außenseiten der Schale, wie so häufig zu dieser Zeit, mit päderastischen Werbeszenen geschmückt<br />

sind. J. Neils etwa deutet den Mann versuchsweise als Leitourgos eines Jugendagons in<br />

Korrespondenz mit der Darstellung des bekränzten Jünglings auf einer der Schalenaußenseiten, den sie<br />

über seine spezielle Kopfbedeckung mit der Euandria in Verbindung bringt. 506<br />

Unter den vielen Geldbeutelszenen lassen sich des Weiteren einige Darstellungen nennen, die eine<br />

Interpretation als Kauf sexueller Dienste abwegig erscheinen lassen. Neben den hetero- und<br />

homosexuellen Werbeszenen, die zugegebenermaßen das Gros der Geldbeuteldarstellungen<br />

einnehmen, tritt der Geldbeutel z. B. auch in reinen Knaben- oder Männerszenen auf. 507 Im Tondo<br />

einer Schale in Newcastle III/21 hängt er zwischen einer jungen Frau, die ihre Hände unter ihrem<br />

Himation verborgen hat, und einem Jüngling, der sich auf seinen Bürgerstock stützt. Am Rande ist ein<br />

Volutenaltar zu sehen. Mit dem Kauf sexueller Dienstleistungen hat dies nichts zu tun, es sei denn<br />

man will hier mit aller Gewalt Tempelprostitution hineinlesen! Im Tondo einer Schale in Rom III/22<br />

hält ein Jüngling mit Bürgerstock einen Geldbeutel über einen Altar, als ob er eine Opferspende<br />

darbrächte. Ein ausgebreitetes Tierfell hinter ihm ist vielleicht eine Anspielung auf ein Kultfest<br />

dionysischen Charakters. Möglicherweise hat sich der betreffende Bürger bei der Ausrichtung eines<br />

Festes durch Stiftung von Opfertieren oder Weihgaben oder durch eine großzügige Geldspende<br />

besonders hervorgetan. Auf einem Skyphos in Kopenhagen III/23 (Taf. 14 Abb. 5) erscheint der<br />

Geldbeutel zwischen einem Jüngling und einer fliehenden Frau. Er wird hier zwar nicht gehalten oder<br />

gereicht, ein Zeichen käuflicher Liebe hat in diesem Kontext jedoch ohnehin kaum etwas verloren,<br />

will man die Fliehende nicht als abgeneigte und leicht hysterisch reagierende Hetäre bezeichnen. 508<br />

Wenn der Geldbeutel als sichtbares Zeichen für den Kauf von Sex die geschäftliche Beziehung zur<br />

Prostituierten regelt, wieso scheint dann der Freier auf einer Oinochoe in San Antonio III/36 (Taf. 17<br />

Abb. 3) nicht den Inhalt seines Geldbeutels, sondern eher die Blüte zu offerieren? 509 Auch auf einer<br />

Pelike in Syrakus III/37 (Taf. 17 Abb. 4) hat sich der Mann entschieden, der vor ihm sitzenden Frau<br />

den Spiegel zu reichen und das Geldsäckchen für sich zu behalten. 510 Der Geldbeutel reiht sich<br />

505 Reinsberg 1993, 185.<br />

506 J. Neils, The Panathenaia and Kleisthenic Ideology, in: W. D. E. Coulson u.a. (Hrsg.), The Archaeology of Athens and<br />

Attica under the Democracy (Oxford 1994) 157 Abb. 10. 11.<br />

507 z. B. Schalenfrg. des Bologna-Malers 417, Malibu, The J. Paul Getty Mus. 86.AE.329: CVA Malibu (8) 58 Taf. 449, 7;<br />

Schale, Castellon, Museo Arqueologico; J. Barbera – E. Sanmarti, Arte Griego en Espana (Barcelona 1987) 124 Abb.<br />

157; vgl. E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art<br />

and Iconography (Wisconsin 1983) 226.<br />

508 M. Cristofani, Celeritas solis filia, in: H. Froning – T. Hölscher – H. Mielsch (Hrsg.) Kotinos. Festschrift für Erika Simon<br />

(Mainz 1995) 348f. deutet die dargestellte Frau anhand einer etruskischen Inschrift als „Tochter der Sonne“. Es handelt<br />

sich dabei um eine nachträgliche Uminterpretation durch den Besitzer.<br />

509 Es gibt allerdings auch den umgekehrten Fall, vgl. Toledo, Art Mus. 72.55; hier III/1: hier bieten die Männer mit Blüte<br />

und Geld tatsächlich den Geldbeutel.<br />

510 Dasselbe Phänomen ist auch in den päderastischen Szenen festzustellen; nach Reinsberg 1993, 187 zeigt dies, dass im<br />

Idealfall der Knabe seinen Mentor nicht nach dem Wert seiner Geschenke erwählt.<br />

S e i t e | 111


folglich in die vielen beliebigen männlichen Attribute ein, die selektiv ausgewählt werden und auch<br />

kontextunabhängig verständlich sind wie etwa Athletenutensilien oder Bürgerstock.<br />

Es muss also für den Geldbeutel eine alternative, vor allem weiter gefasste Interpretation geben, als<br />

dies M. Meyer vorgeschlagen hat. Attribute im Allgemeinen werden in der Bildsprache der<br />

griechischen Vasenmalerei oft formelhaft verwendet und sind somit nicht so sehr aussagekräftig für<br />

die Bewertung von Interaktionen, sondern dienen eher der Charakterisierung von Personen. Dies gilt<br />

offensichtlich auch für den Geldbeutel. Der Geldbeutel ist, wie im Nachfolgenden an weiteren<br />

Beispielen aufgezeigt werden soll, vor allem in der Bildkunst der 1. Hälfte des 5. Jhs. ein immer<br />

wieder anzutreffendes Statussymbol, das ebenso wie der Bürgerstock visuelles Zeichen des<br />

Bürgerstandes ist und darüber hinaus auch den finanziellen Handlungsspielraum ins Bild setzt, der<br />

sich der vermögenden Klasse in Athen zu Beginn der Demokratie mit Etablierung des Münzwesens<br />

eröffnete. Führt man den Gedanken fort, dann ermöglichte Geld die politische Profilierung durch<br />

Investitionen in Ämter, Bauprojekte oder Stiftungen, unterstützte ferner die Herstellung sozialer<br />

Beziehungen und Abhängigkeiten, die dem athenischen Bürger seinen Rang in der Gesellschaft<br />

garantierten. 511 Kapital und eine gefestigte Stellung als angesehener Bürger der Stadt waren nicht<br />

zuletzt auch Eigenschaften, die den Junggesellen gute Chancen bei einer vorteilhaften Brautwerbung<br />

einräumten.<br />

Der Geldbeutel darf nur dann als Liebesgeschenk bzw. Bezahlung beurteilt werden, wenn es der<br />

Bildkontext, d. h. das Fehlen einschlägiger Attribute aus dem Oikosbereich bzw. das Vorhandensein<br />

von Attributen etwa des Symposionsbereichs, gestattet, die Szene in einen Zusammenhang mit der<br />

käuflichen Frau zu stellen. Um eine meiner Ansicht unwiderruflich mit der häuslichen Sphäre<br />

verknüpfte Tätigkeit handelt es sich beim Spinnen und Weben. Da diese Überzeugung diametral dem<br />

widerspricht, was die archäologische Forschung – von einigen erst jüngst geäußerten kritischen<br />

Stimmen abgesehen – die letzten Jahrzehnte vertrat, muss die 'spinnende Hetäre' am Ausgangspunkt<br />

jeder weiteren Diskussion stehen. Eng mit dem Geldbeutel verbunden, soll gezeigt werden, dass sich<br />

die Figur der spinnenden Frau in vielen Fällen nachweislich nicht auf Hetären oder Prostituierten<br />

bezieht.<br />

S e i t e | 112<br />

3. 4. 1. 1. Textilarbeit und Geld<br />

Der dargebotene Geldbeutel auf einem Alabastron in Berlin III/24 (Taf. 14 Abb. 6. 7) war schon für<br />

G. Rodenwaldt der unwiderlegbare Beweis für die Existenz der spinnenden Hetäre. Im Grunde kamen<br />

Rodenwaldt und andere Forscher und Forscherinnen nach ihm zu einem nicht ganz abwegigen<br />

Schluss: eine Frau, der Geld angeboten wird, ist eine Hetäre. 512 Diese Überzeugung wurde fortan mit<br />

solcher Entschlossenheit vertreten, dass alle Versuche, den Geldbeutel als unabhängiges Attribut bzw.<br />

abhängig von den szenischen Zusammenhängen zu begründen, zum Scheitern verurteilt waren. Dabei<br />

511 E. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 229; S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London 1995) 82–84. 87; 206–211; C.<br />

Howgego, Geld in der antiken Welt (Darmstadt 2000) 5 f.; Shapiro, Fathers and Sons, in: Neils – Oakley 2003, 102;<br />

Bundrick 2008, 299 f.<br />

512 z. B. Reinsberg 1993, 121 f.; Sutton 2004, 333 f.


ist man bei anderen Attributen durchaus imstande, Bedeutungsnuancen einzuräumen und zu<br />

unterscheiden, die je nach Bildkontext variieren können. Auch im Hinblick auf die junge Frau auf dem<br />

Berliner Alabastron III/24 werden Bedenken laut, ob sie wirklich eine Hetäre sein muss. Aufrecht<br />

sitzend ist sie in ihre Arbeit vertieft 513 ; mit der Linken hält sie die Spindel in die Höhe, während sie<br />

zwischen den Fingern ihrer Rechten den Faden zurechtzupft. Ihr Haar bedeckt ein feiner, transparenter<br />

Schleier, der bis auf die Schulter herab reicht. Weder der Schleier noch das Motiv des Spinnens passen<br />

im Grunde zu einer Hetäre. 514 Aber auch hier gilt: was nicht passt, wird passend gemacht. Es handle<br />

sich eben um eine Hetäre, die so tut, als wäre sie eine anständige Bürgerin! Nachdem das Spinnen<br />

bereits seit G. Rodenwaldt nicht mehr als ausschließliches Charakteristikum der Ehefrau betrachtet<br />

wurde, ereilt das gleiche Schicksal nun auch den Schleier. Nach L. Llewellyn-Jones taugt auch er nicht<br />

mehr als statusgebundenes Merkmal der Ehefrau; er wird von Bürgerinnen gleichermaßen wie von<br />

Hetären getragen. 515 Das Verschleiern ist und bleibt meiner Meinung nach – wie auch heute noch – ein<br />

feierlicher Akt der Hochzeit, der Schleier eine Reminiszenz an ihren bräutlichen bzw. ehefraulichen<br />

Status.<br />

In einer Gegenüberstellung mit bereits angesprochenem Alabastron in Paris III/2 (Taf. 10 Abb. 4. 5),<br />

auf dem die junge Braut von ihrem Zukünftigen allerdings ein Fransenband und keinen Geldbeutel<br />

erhält, wird offenkundig, dass die Kennzeichnung der angeblichen Hetäre des Alabastron in Berlin<br />

III/24 noch mehr als das Mädchen auf dem Gefäß in Paris III/2 dem Idealbild der schönen, sittsamen<br />

Braut entspricht. Warum sollte man sich solche Umstände einer Hetäre wegen machen? Eine Hetäre in<br />

der „Verkleidung“ der Bürgerin ist nicht überzeugend. Auch der demütig nach unten gerichtete Blick<br />

und die Konzentration auf ihre Handarbeit entspringen nicht einer ausgefeilten Verführungstaktik. Die<br />

Versunkenheit ist echt und macht eine Interaktion mit dem sich nähernden Jüngling unmöglich. Das<br />

Spinnen und der (Braut-) Schleier als Ausdruck des häuslichen Fleißes und der Anständigkeit dürfen<br />

bei der Deutung der Szene nicht vernachlässigt werden, so dass es für den Geldbeutel zwangsläufig<br />

eine alternative Interpretation geben muss. Es liegt nahe, den Geldbeutel auch hier als Attribut des gut<br />

situierten und politisch engagierten Bürgers aufzufassen. 516 Somit fungiert auch in diesem Falle das<br />

513 G. Rodenwaldt, Spinnende Hetären AA 1931, 20 f.: Gerade ihre Versunkenheit wird als Argument für eine Hetäre<br />

angeführt, die spielt und sich unbeteiligt gibt, da sie umworben werden will. „Wenn es sich um Geschenke eines jungen<br />

Ehemanns handelte, so würde man mindestens ein dankbares Aufblicken der Gattin erwarten.“<br />

514 Nach J. F. Crome, Spinnende Hetären?, Gymnasium 73, 1966, 245–247 sei die Verführung anständiger Frauen<br />

thematisiert; A.-B. Follman, Der Pan-Maler (Bonn 1968) 67 überlegt, ob nicht vielleicht die Weberzeugnisse erworben<br />

werden.<br />

515 Llewellyn-Jones 2003, 56. 140–143. Die Beweisführung stützt sich auf nur drei Vasendarstellungen, von denen das<br />

Berliner Alabastron eines ist. Eines der zwei übrigen Stücke, auf denen der Autor eine Hetäre mit Schleier erkennen will,<br />

ist meiner Ansicht nach eine hochzeitliche Darstellung einer Braut auf einer Kline. – Zuvor schon Rodenwaldt 1932, 18:<br />

er verweist auf eine Hetäre mit Schleier beim Symposion, Glockenkrater des Nausikaa-Malers, Musée du Louvre G 345:<br />

CVA Paris, Musée du Louvre III Id 5 f. Taf. 8, 1. 4; 9, 1. 4. Das Bild wird heute als mythische Darstellung des Herakles<br />

zu Gast bei Dexamenos, dem König von Olenos, gedeutet. Dessen Tochter, dargestellt als Braut mit Kranz und Schleier,<br />

war dem Kentauren Eurytion zur Ehe versprochen.<br />

516 z. B. Hartmann 2002, 137 f.: Jedes politische Amt beinhaltete die Übernahme von Leiturgien, die ohne ein finanzielles<br />

Polster nicht übernommen werden konnten. Gesellschaftlicher Status und politischer Einfluss waren also von Geld<br />

abhängig.<br />

S e i t e | 113


Geld nicht im eigentlichen Sinn als Geschenk für die Braut, sondern wird als Bildchiffre in direkter<br />

Verbindung mit dem Brautschleier verwendet, um den Bräutigam als gute Partie in Szene zu setzen. 517<br />

Die Darstellung einer Pelike in Athen III/25 (Taf. 15 Abb. 1) vereint Bildelemente des Alabastron in<br />

Berlin III/24 als auch des Alabastron in Paris III/2. Wiederum streckt ein Jüngling einer sitzenden<br />

Frau einen Geldbeutel entgegen. Wie auf dem Alabastron in Paris III/2 hat der Vasenmaler der<br />

Hauptakteurin einen Kalathos und eine Dienerin mit einem Salbölgefäß beigegeben, mit dem<br />

Unterschied, dass jene auf der Pelike in Athen III/25 nicht als junges Mädchen in Erscheinung tritt<br />

und das Alabastron auf dem Pariser Alabastron III/2 durch ein Exaleiptron ersetzt ist. Die Sitzende ist<br />

zwar weder wie im Falle des Berliner Alabastron III/24 wie eine junge Braut oder Matrone mit einem<br />

feinen transparenten Schleier geschmückt, noch ist sie tugendhaft über ihre Handarbeit gebeugt.<br />

Nichtsdestoweniger ist die züchtig von oben bis unten verhüllte Frau ein Abbild an Anstand und<br />

Zurückhaltung.<br />

Die Spinnerin auf der Hydria in Heidelberg III/26 (Taf. 15 Abb. 2) hält einen mit Wolle bespannten<br />

Spinnrocken in die Höhe, Daumen, Zeige- und Mittelfinger ihrer rechten Hand scheinen ursprünglich<br />

den Wollfaden gezwirbelt zu haben. Ihr Blick ist auf eine Frau im Peplos gerichtet, die zwischen den<br />

ausgestreckten Armen ein Wollband hält, vielleicht ein Hinweis auf ein bereits fertig gestelltes<br />

Produkt. Der bärtige Mann ist attributiv hinter die Hausherrin gerückt, wie wir es auch auf anderen,<br />

bereits behandelten Darstellungen des Mannes innerhalb des Oikos vorgefunden haben. Eine<br />

Einzelheit zeichnet ihn jedoch aus und macht die Interpretation der Szene so umstritten; er hält ein<br />

kleines Säckchen, wahrscheinlich einen Geldbeutel, in den Falten seines Himations halb verborgen.<br />

Macht der Geldbeutel, der hier noch dazu weder präsentiert noch hingestreckt wird, aus dieser<br />

spinnenden Hausfrau tatsächlich eine spinnende Hetäre? Die Deutung auf eine Begegnung von Hetäre<br />

und Kunde erschien manchem so plausibel, dass bloße schmückende Details wie das Stoffband<br />

plötzlich zum Botschafter sexueller Bereitschaft und Hingabe wurden. 518 Der Szene, die man, wäre der<br />

Mann nicht anwesend, als einfache Arbeitsszene deuten würde 519 , haftet plötzlich angeblich sexuell<br />

aufgeladene Spannung an. Ich halte den „Gürtel“ jedoch schlicht für ein Band, wie es oftmals in<br />

Frauenszenen herumgereicht wird bzw. als Dekoration an den Wänden hängt. Das Bild ist nach wie<br />

vor eine Arbeitsszene, die die Rolle der Hausherrin und ihrer Dienerin paradigmatisch<br />

versinnbildlicht. Vom Grundgerüst der Komposition her lässt sich die Darstellung der Heidelberger<br />

Hydria hervorragend in Beziehung zu der bereits in einem früheren Zusammenhang besprochenen<br />

Oikosszene auf der Hydria in London II/12 (Taf. 5 Abb. 3) setzen. 520<br />

Die beiden folgenden Darstellungen auf Hydrien des Hephaistos-Malers spielen sich ebenfalls im<br />

häuslichen Ambiente ab. Auf dem Exemplar in Agrigent III/27 (Taf. 15 Abb. 3) beobachtet am linken<br />

Rand eine verhüllte Frau die Konversation zweiter Jünglinge, von denen einer mit einem Geldbeutel<br />

ausgestattet ist. Rechts davon unterhält sich ein auf seinen Bürgerstock gestützter Jüngling mit einer<br />

517 Bundrick 2008, 299 f.<br />

518 So vertritt Keuls 1985, 262 ff. die Ansicht: „The gesture of the loosened girdle is an iconographic stereotype implying<br />

sexual surrender.”; dies., “The Hetaira and the Housewife”. The Splitting of the Female Psyche in Greek Art, MededRom<br />

N.S. 9/10, 1983, 34: dargestellt seien “the different services which women render to their male masters”, d. h. die<br />

spinnende Ehefrau und die sexuell verfügbare Pallake oder Sklavin.<br />

519 z. B. V. Strocka, Alltag und Fest in Athen. Griechische Vasen zur Ausstellung (Freiburg 1987) 30.<br />

520 vgl. Kap. 2. 5. 3.<br />

S e i t e | 114


sitzenden Frau, die sich durch Kalathos und Handwebrahmen als Hausfrau zu erkennen gibt. Das<br />

häusliche Umfeld ebenso wie die Tatsache, dass der Geldbeutel innerhalb einer Gruppe von<br />

gleichaltrigen Geschlechtsgenossen gehandhabt wird, schließen aus, dass der Geldbeutel in einer<br />

anderen als attributiven Weise verwendet wird.<br />

Die in Krakau verwahrte Hydria des Hephaistos-Malers III/28 (Taf. 15 Abb. 4) zeigt ebenfalls eine<br />

Frau mit Kalathos in der Gegenwart eines Jünglings mit Geld. Hier wendet sich die Sitzende jedoch<br />

mit einer weitausholenden Armbewegung zum Besitzer des Geldbeutels um. In der Regel sind die<br />

weiblichen Personen im Oikos gegenüber den männlichen deutlich in der Mehrzahl, meist handelt sich<br />

nur um einen einzelnen Mann. Das Krakauer Vasenbild ist für eine Oikosszene nun sehr<br />

ungewöhnlich, da sich hier eine einzelne Frau unter drei Jünglingen aufhält. Die sitzende Frau mit<br />

Kalathos oder Spindel repräsentiert, wie wir gesehen haben, in der Mehrheit der Fälle trotz des<br />

Geldbeutels den Prototyp der arbeitenden Hausherrin. Eine detailliertere Interpretation der Oikosszene<br />

muss jedoch unterbleiben, da es an weiteren Anhaltspunkten mangelt, um die Tätigkeiten und sozialen<br />

Rollen der abgebildeten Personen genauer bestimmen oder eine Aussage darüber machen zu können,<br />

in welchem Personenverhältnis diese zueinander stehen.<br />

Ganz ähnlich verhält es sich mit einer Schale im Basler Kunsthandel III/29. Auch dort sind die<br />

Männer gegenüber den Frauen in der Überzahl. Die Hausarchitektur wird durch eine einzelne Säule<br />

mit Gebälk angedeutet, unter dem Henkel steht auf einem rechteckigen Podest ein Kalathos. Seine<br />

Besitzerin nimmt eben aus der ausgestreckten Rechten eines bärtigen Mannes einen Geldbeutel<br />

entgegen. Hinter ihrem Klismos steht ein Jüngling mit Bürgerstock (Taf. 16 Abb. 5). Auf der anderen<br />

Seite der Schale sitzt ein Mann auf einem Klismos, den wir uns aufgrund des langen Bartes und des<br />

Sitzmotivs als älteren bzw. alten Mann vorstellen dürfen. Eine vor einem Klismos stehende Frau bietet<br />

einem völlig verhüllten Jüngling mit Bürgerstock einen Skyphos von beeindruckender Größe an. An<br />

der Wand hängen ein Sakkos und ein kugeliger Korb (Taf. 16 Abb. 6). Letzterer begegnet zwar häufig<br />

in Symposionsszenen, in dem Korb hier werden jedoch Textilien verwahrt, von denen ein fransiges<br />

Stoffband über den Rand hinausragt.<br />

Auf einem Krater in Rom III/30 (Taf. 16 Abb. 1) sind sich in achsensymmetrischer Bildaufteilung,<br />

umflattert von zwei Eroten, ein Jüngling mit Geldbeutel und Hund 521 und eine Frau mit Blüte und<br />

Wollkorb gegenübergestellt. Es handelt sich hier zwar streng genommen um keine 'spinnende Hetäre',<br />

der Wollkorb mag aber als Rechtfertigung genügen, die Darstellung hier unter der Rubrik „Textilarbeit<br />

und Geld“ zu nennen. Man würde in den beiden bereitwillig ein Ehepaar sehen, hielte der junge Mann<br />

in seiner Hand nicht einen Geldbeutel. Sogleich wird aus der anständigen Hausfrau eine Hetäre, die<br />

ihren Körper für Geld verkauft. 522 Die beiden Eroten brachte man ohne Schwierigkeit in Einklang mit<br />

521 C. Schneider, Herr und Hund auf archaischen Grabstelen, JdI 115, 2000, 31–36. Neben den archaischen Grabstelen ist<br />

auch die Vasenkunst des 6. und frühen 5. Jhs. v. Chr. Gegenstand der Betrachtung. Auch wenn das Motiv des Mannes<br />

mit Hund gegen Ende des 6. Jhs. v. Chr. auf den Grabreliefs verschwindet, bleibt es dennoch in der rotfigurigen<br />

Vasenmalerei weiter in Gebrauch. Es steht zu vermuten, dass den Vasendarstellungen des 5. Jhs. keine andere inhaltliche<br />

Aussage innewohnt, wie denen des 6. Jhs. v. Chr. Symposion, Jagd und der Krieg sind als Aspekte aristokratischen<br />

Lebenswandels auch für die Demokratie adaptierbar.<br />

522 Meyer 1988, 109 Abb. 22 bezeichnet die Darstellung als romantische Version der Hetärenwerbung; Dierichs 1993, 87;<br />

Reinsberg 1993, 124:“ Auch diese beiden, die wie ein einträchtiges Ehepaar, versehen mit den gebührenden<br />

Tugendsymbolen, durch den göttlichen Eros zusammengeführt werden, entlarvt der Geldbeutel in der Hand des Mannes<br />

als eine Prostituierte mit ihrem Freier.“<br />

S e i t e | 115


dem Hetärenwesen. Dass Liebe und Liebesverlangen auch im Zusammenhang mit bezahltem Sex eine<br />

Rolle spielen, muss aber nicht bedeuten, dass Eros oder sein Alter Ego Himeros auch tatsächlich im<br />

Bild diese Verbindung eingehen. Eine Untersuchung des Eros-Motivs und seiner<br />

Verwendungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Bildkontexten der Vasenmalerei wird im Rahmen<br />

des fünften Kapitels diese Hypothese bestätigen und soll hier bereits kurz vorweg genommen werden.<br />

Eros ist in der Vasenmalerei der ersten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr., also in der Zeitspanne, in welcher der<br />

fragliche Krater entstanden ist, eben nicht als Teilnehmer rauschender Feste und Befürworter der<br />

käuflichen Liebe verbürgt. Dagegen begegnet er eher bodenständig seit Beginn des 5. Jh. v. Chr.<br />

häufig im häuslichen, und seit der zweiten Hälfte des 5. Jhs. im hochzeitlichen Kontext. Das<br />

Bekränzen des Paares durch Eros, das auf dem Krater III/30 zu sehen ist, ist aus der hochzeitlichen<br />

Ikonographie entlehnt. Dies führt zu dem Schluss, dass sich hier nun doch ein Ehepaar in<br />

Vorbildfunktion und mit ihren geschlechtsspezifischen Attributen ausgestattet der Öffentlichkeit<br />

präsentiert. Die Blüte steht für natürliche Schönheit, der Wollkorb für häusliche Pflicht und Tugend.<br />

Der Geldbeutel, der hier im Übrigen auch nicht dargeboten, sondern nur gehalten wird, ist Chiffre für<br />

den Wohlstand des athenischen Bürgers und deutet keinesfalls auf den Kauf oder Verkauf von Sex<br />

hin.<br />

Auf den beiden Seiten einer Pelike in Adolphseck III/31 wird jeweils eine Frau von einem Mann mit<br />

Geld umworben. Wie auf dem Krater in Rom III/30 ist eine der beiden Frauen durch eine Blüte und<br />

Kalathos charaktersiert, während die andere sich nur durch eine Blüte auszeichnet. Die Forschung war<br />

bestrebt, die beiden Darstellungen in eine Beziehung zueinander zu setzen. Ein möglicher<br />

Interpretationsansatz erklärte die Frau mit dem Wollkorb zur anständigen Bürgerin (Taf. 17 Abb. 2),<br />

die sitzende Frau, die an ihrer Blüte riecht, zur Hetäre (Taf. 17 Abb. 3). 523 Eine solche Interpretation<br />

widerspricht dem üblichen Interpretationsschema insofern, als der Geldbeutel hier dann<br />

ausnahmsweise doch eine Rolle bei der Werbung um eine anständige Frau spielen würde. S. von<br />

Reden versucht den Akzent der Szene auf den Darstellungsmodus des Mannes zu legen. Ihrer Ansicht<br />

nach thematisiere die Szene das vorbildliche Verhalten des athenischen Bürgers, welches dieser<br />

einmal im Beisein einer Hetäre – also außerhalb –, und einmal im Beisein seiner Ehefrau – also<br />

innerhalb seines eigenen Oikos – unter Beweis stelle, wobei auch die Bedeutung des Geldbeutels je<br />

nach Darstellungskontext variiere. 524 Ob eine solch feinsinnige Unterscheidung der Ikonographie im<br />

Sinne des Vasenmalers und für den Betrachter zu verstehen war, ist nur zu vermuten, einen echten<br />

Beleg für die Interpretation der Dame mit Blume als käufliche Dirne bleibt S. von Reden uns aber<br />

schuldig. Es fehlen zumindest im Falle der Dame mit Blüte also – anders als im Falle des Berliner<br />

Alabastron III/24 oder der Hydria in Heidelberg III/26 – eindeutige, für uns heute nachvollziehbare<br />

Merkmale, die eine Deutung als Haus- oder Ehefrau plausibel machen würden. Eine Ambivalenz im<br />

Bild mag vom Vasenmaler beabsichtigt sein, so dass es dem Besitzer des Gefäßes überlassen blieb, ob<br />

523 E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 229; M. Beard, Adopting an Approach II, in: T. Rasmussen – N. Spivey (Hrsg.), Looking<br />

at Greek Vases (Cambridge 1991) 26–30. Das Sinnen über das Verschwimmen von Grenzen in der Ikonographie von<br />

Ehefrau und Hetäre ist für eine konkrete Interpretation wenig hilfreich.<br />

524 S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London 1995) 207 f.: „The money pouch, rather than defining unequivocally<br />

a specific type of relationship between man and woman, stands fort the various aspects of male life in the polis. In both<br />

images it defines normative behaviour, yet in a different context.” Die zwei Tugenden des Mannes benennt sie mit den<br />

griechischen Begriffen schole und arete.<br />

S e i t e | 116


er nun eine Bürgerin und/oder eine Hetäre darin erkannte. Festzuhalten bleibt, dass eine Interpretation<br />

der Frau bzw. Frauen als Hetäre auf Basis des Geldbeutels zumindest nicht zwingend ist. Aus dem<br />

zugegebermaßen begrenzten Fundus an weiblichen Attributen wurde mit dem Wollkorb ein Attribut<br />

gewählt, das den Arbeitsalltag der Frau und darüber hinaus auch die charakterliche Disposition<br />

beschreibt, während die Blüte die äußerlichen Vorzüge hervorhebt. Es werden also unterschiedliche<br />

Eigenschaften der Frau thematisiert, die das Interesse des Mannes wecken.<br />

Die Werbung mit Geld um eine 'spinnende Hetäre' ist, wie der Überblick gezeigt hat, ein keineswegs<br />

häufig auftretendes Motiv. Tatsächlich sind es nur vereinzelte Beispiele, die die Kombination von<br />

Geld und Spinnen illustrieren, und in den meisten Fällen sind berechtigte Einwände angebracht, die<br />

spinnende Person als Hetäre zu deklarieren. Die bisher auf breitem Konsens basierende Deutung, der<br />

Geldbeutel komme nur zum Zweck erotischer Werbung zum Einsatz, kann somit in dieser Form nicht<br />

aufrechterhalten werden. Obgleich also der Geldbeutel in keinster Weise als Signal für den Hetären-<br />

Status der umworbenen Frau verstanden werden darf, ist nicht völlig auszuschließen, dass er<br />

theoretisch auch im Kontext des Dienstleistungsgewerbes verwendet werden kann, d. h. bei der<br />

Begegnung mit einer Hetäre mitgeführt wird und hier dann auch auf die Möglichkeit des Erwerbs von<br />

sexuellen Dienstleistungen hinweist. Nicht alle Vasenbilder geben hilfreiche Hinweise auf den<br />

bürgerlichen Status oder häusliche Tugenden der dargestellten Frauen. Andererseits waren die<br />

entscheidenden Argumente der 'spinnenden Hetäre'-Theorie die Geschlechterseparation innerhalb der<br />

athenischen Gesellschaft und die Festlegung des Geldbeutels als Instrument bei der Werbung um<br />

Hetären. Beide Prämissen konnten weitestgehend entkräftet werden. Männer und Frauen treffen in der<br />

Vasenmalerei nicht nur in ihrer Funktion als Hetäre und Kunde aufeinander, wie die Oikosszenen<br />

deutlich gemacht haben. Und der Geldbeutel wird nicht nur vor einem erotisch-sexuellen Hintergrund<br />

verwendet, sondern ist Attribut des gut situierten Mannes.<br />

3. 4. 1. 2. Die 'spinnende Hetäre'<br />

Den Begriff der 'spinnenden Hetäre' hat G. Rodenwaldt bereits im Jahre 1932 geprägt. 525 Er<br />

widersprach damit J. Beazley, der die Ansicht vertrat, dass Hetären, auch wenn sie im realen Leben<br />

vielleicht tatsächlich gesponnen haben mögen, niemals als Spinnerinnen in die Bildkunst eingegangen<br />

wären: „The woman is spinning: therefore she is respectable; if she were not respectable, she might<br />

spin in her spare moments, but she could not be represented spinning.“ 526 Spinnende Frauen, nackt wie<br />

etwa auf der Hydria in Kopenhagen III/32 (Taf. 16 Abb. 4) oder im Beisein von Männern, hatten zur<br />

Folge, dass die spinnende Frau in den Augen der Forschung ihren Anspruch auf Anständigkeit<br />

mitsamt ihrem Bürgerstatus verlor. Besonders der Geldbeutel als Instrument männlicher Dominanz<br />

verzerrte das Bild der spinnenden Frau, die man bisher nur als fleißige Hausherrin auf zahllosen<br />

Bildern des Frauenlebens kannte: die „spinnende Hetäre“ war geboren. Dies bedeutete, dass das<br />

Spinnen, das ursprünglich als Beschäftigung der tugendhaften Ehefrau galt, nun zum Charakteristikum<br />

525 G. Rodenwaldt, Spinnende Hetären, AA 1932, 7–22.<br />

526 J. D. Beazley, JHS 51, 1931, 121.<br />

S e i t e | 117


der Hetären avancierte. Der offenkundige Widerspruch zwischen der häuslichen Tätigkeit des<br />

Spinnens und der käuflichen Natur der Spinnerinnen wurde mit der Aussage erklärt, Freier bemühten<br />

sich mittels Geld um die sexuelle Gunst von Prostituierten, die der erotischen Ausstrahlung willen<br />

durch die Tätigkeit des Spinnens den Vergleich mit den tugendsamen und biederen Bürgerinnen<br />

suchten. 527<br />

Rodenwaldts 'spinnende Hetären' haben in der Forschung breite Resonanz gefunden und wurden lange<br />

Zeit nicht in Frage gestellt. 528 Sie waren derart unangefochten, dass G. Ferrari noch im Jahre 2002<br />

schreiben konnte: „The seated spinner is a standard character not in domestic scenes but in scenes of<br />

courtship.“ 529 Rodenwaldts suggestive Herangehensweise und sein stark von seinem eigenen<br />

zeitgenössischen, gesellschaftlichen Hintergrund durchdrungenes Verständnis der griechischen Kultur-<br />

und Sozialgeschichte sind mit dem heutigen wissenschaftlichen Anspruch jedoch nicht mehr<br />

vereinbar. 530 Seine Argumentation gründet sich zum einen auf die Überzeugung einer in der<br />

griechischen Gesellschaft konsequent realisierten und infolge dessen auch auf die Vasenmalerei<br />

übertragenen Geschlechtertrennung, andererseits auf bestimmte Attribute wie das Flötenfutteral 531 und<br />

insbesondere den Geldbeutel, die es in seinen Augen leicht machen, die „getrennten Welten der<br />

Hausfrauen und der Hetären“ zu unterscheiden. 532 Schon seine Prämisse „Frauen in der Gynaikonitis<br />

pflegen in der Regel allein oder untereinander dargestellt zu werden, Hetären im Zusammensein mit<br />

Männern“ 533 kann in ihrer Absolutheit nicht mehr aufrechterhalten werden. Die vorgestellten Bilder<br />

zum Mann im Oikos entziehen ihr jede Grundlage. 534 Und auch was den Geldbeutel anbelangt, wurde<br />

versucht deutlich zu machen, dass man sich bisher viel zu sehr auf eine einzige Deutung versteift hat.<br />

In der Debatte um die 'spinnende Hetäre' kommt einer Schale aus einer Privatsammlung in München<br />

III/33 (Taf. 16 Abb. 5. 6) eine besondere Bedeutung zu. Zwei der Frauen in männlicher Begleitung,<br />

527 z. B. Dierichs 1993, 87 mit weiteren Literaturhinweisen; Reinsberg 1993, 123 f.; Reeder 1995, 217; Davidson 1999, 111<br />

f.: „Die Symbole einer tugendhaften Beschäftigung wurden zu etwas ganz und gar Anzüglichem, zu einem dichten<br />

Gestrüpp von Verführung und Verzauberung, zu Fäden von Wollknäueln und Spinnennetzen." Badinou 2003, 4–7. – Die<br />

Ansicht, es sei die Verführung im Grunde anständiger Frauen in Szene gesetzt, vertreten z. B. Keuls 1985, 260; J. F.<br />

Crome, Spinnende Hetären?, Gymnasium 73, 1966, 245–247.<br />

528 Überblick über die Diskussion, s. Sutton 1981, 347–349; Badinou 2003, 4–7; Heinrich 2006, 79–81 zieht die Existenz der<br />

'spinnenden Hetäre' in Zweifel.<br />

529 G. Ferrari, Figures of Speech. Men and Maidens in Ancient Greece (Chicago 2002) 33.<br />

530 Rodenwaldt a. O. (Anm. 525) 10: Dies wird etwa in der Formulierung der Frage offenkundig, ob das Motiv der jungen,<br />

harmonischen Familien in der Zeit der ersten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. „überhaupt darstellenswert war, ob, anders<br />

ausgedrückt, ein kleinbürgerlich-sentimentales Sittenbild im Stil der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen<br />

Jahrhunderts jener Zeit gemäß war.“ Es ist nicht ganz klar, ob er sich hierbei auf das vorab erwähnte Alabastron, Athen,<br />

Akropolis Mus. 2713, bezieht: dargestellt eine sitzende Spinnerin, der sich ein Jüngling mit einem Hasen nähert.<br />

531 Zur Flötenbegleitung bei den Symposien, s. Peschel 1987, 35–40.<br />

532 Obgleich das Flötenfutteral oft in Symposionsszenen zu finden ist, sollten die zahlreichen Darstellungen im Rahmen des<br />

Oikos musizierender Frauen genügen, um die Flöte bzw. den Diaulos nicht als ausschließliches Instrument der<br />

Unterhaltungsbranche abzutun. In Plat. symp. 176b wird die als Unterhalterin gemietete Flötenspielerin im Übrigen nach<br />

nebenan zu den Frauen geschickt, damit sich die anwesenden Herren ungestört ihren philosophischen Gesprächen<br />

widmen können.<br />

533 Rodenwaldt a. O. (Anm. 525) 8.<br />

534 vgl. v. a. Kap. 2. 5. 2 und 2. 5. 3.<br />

S e i t e | 118


die u. a. mit Wolle und Spindeln hantieren, sind nämlich durch Beischriften mit den Namen<br />

Aphrodisia und Obole versehen. 535 Die Namen, von denen der eine eine der Frauen als Liebesdienerin<br />

kennzeichnet und der andere einen konkreten Kaufpreis nennt, scheinen für Prostituierte treffend<br />

gewählt. 536 Als einziges Gefäß enthielte es so schwarz auf weiß den langersehnten Beweis für den<br />

direkten Zusammenhang von Prostitution und Wollarbeit und lieferte folglich die ersehnte Bestätigung<br />

für die 'spinnende Hetäre'. 537 Doch auch hier bleiben Fragen offen. Ein bis zwei Obolen sind als<br />

Standardpreis für eine Porne überliefert. Mit einem Blick auf den reichen Schmuck der abgebildeten<br />

Frauen lässt sich aber mit Sicherheit sagen, dass die Flötenspielerin trotz ihres Namens Obole einer<br />

gehobenen Stufe der Unterhaltungsbranche angehört und damit ebenso wenig eine Porne ist wie<br />

Aphrodisia, die in den bereits vollen Wollkorb einer weiteren Frau eine Spindel oder ein Wollknäuel<br />

legt. 538 In Ermangelung einer anderen Deutung lässt sich dieser Interpretation vorerst nichts<br />

entgegensetzen. Viele andere Geldbeutelszenen dagegen boten, wie gezeigt wurde, zahlreiche<br />

Argumentationsansätze, um die Identifikation der Spinnerin als Hetäre zu entkräften.<br />

3. 4. 1. 3. Die Semiotik des Spinnens<br />

Welchen Stellenwert nimmt das Spinnen in der antiken Literatur ein und welche reale Bedeutung hatte<br />

es im Alltagsleben? Erst vor wenigen Jahren wurden die Ikonographie der Webszenen und ihre<br />

Entwicklung in der Vasenmalerei von M. Vidale einer sorgfältigen Analyse unterzogen. Der Autor<br />

kam dabei zu dem überraschenden Schluss, diese Bilder seien Wiedergaben minderwertiger Arbeiten<br />

und keineswegs im Sinne einer positiven Evaluierung weiblicher Arbeit zu verstehen. 539 Dass Spindel<br />

oder Spinnrocken im Laufe der Klassik zu reinen Attributen degradiert werden, die Gerätschaften<br />

nicht mehr richtig gehandhabt oder teilweise Sinn entfremdet durch Blüten ersetzt werden, muss<br />

meiner Ansicht nach nicht heißen, dass die Arbeit der Frauen nun plötzlich negativ belegt wird,<br />

sondern dass nun andere Charaktereigenschaften oder Tätigkeiten in den Vordergrund rücken. 540 Der<br />

Wandel in den Darstellungskonventionen der Webszenen in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. geht<br />

einher mit einem generellen Wandel des Frauenbildes.<br />

535 Auflistung der Hetärennamen, s. RE VIII (1913) 1362–1372 s. v. Hetairai (K. Schneider); Peschel 1987, 74–79. 326 f. –<br />

Zu den Preisen im Prostituiertengewerbe, s. z. B. Reinsberg 1993, 144 f.<br />

536 H. R. Immerwahr, An Inscribed Cup by the Ambrosios Painter, AK 27, 1984, 11 hält “Obole” für einen Schreibfehler des<br />

Namensbestandteils „-boule“.<br />

537 Davidson 1999, 111; Sutton 2004, 334 f. ist diese Vase der ultimative Beweis dafür, dass Wollarbeit keine Metapher für<br />

Anständigkeit ist.<br />

538 D. Williams, Women on Athenian Vases: Problems of Interpretation, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.), Images of<br />

Women in Antiquity (London 1993) 97 benennt irrtümlicherweise die Frau neben Aphrodisia als Obole.<br />

539 Vidale 2002, 486: „non favorevole al ruolo e all´ immagine della componente femminile delle società greche del tempo“;<br />

ebenda 489: “visioni diminutive e peggiorative del lavoro femminile“.<br />

540 S. Moraw, Unvereinbare Gegensätze? Frauengemachbilder des 4. Jhs. v. Chr. und das Ideal der bürgerlichen Frau, in: R.<br />

von den Hoff – S. Schmidt (Hrsg.), Konstruktionen von Wirklichkeit. Bilder im Griechenland des 5. und 4. Jhs. v. Chr.<br />

Interdisziplinäres Kolloquium vom 27.9.–1.10.1999 in Schloss Reisensburg bei Günzburg (Stuttgart 2001) 217 f.<br />

S e i t e | 119


Die Literatur vermittelt uns eine völlig konträre Wertschätzung der handwerklichen Fähigkeiten der<br />

Frauen. Die Kunstfertigkeit des Webens und Spinnens wird seit Homer als herausragende Fähigkeit<br />

der Frauen gepriesen. In einer Gesellschaft, die auf keine Textilindustrie zurückgreifen kann, ist das<br />

Anfertigen von Kleidung und Stoffen für den eigenen Hausgebrauch eine wichtige wirtschaftliche<br />

Komponente. 541 An den Worten des Ischomachos bei Xenophon wird z. B. deutlich, dass das Wissen<br />

um die Textilherstellung bei einem jungen Mädchen, das das heiratsfähige Alter erreicht hatte, zwar<br />

gewissermaßen vorausgesetzt, nichtsdestoweniger aber geschätzt wurde. 542 Nicht zuletzt gehörte das<br />

Weben zu den wenigen erlernten Fähigkeiten, welche die athenische Frau gewerblich nutzen konnte.<br />

Wie man am Beispiel der Verwandten des Aristarchos sieht, war insbesondere das Weben eine sich für<br />

Frauen aus gutem Hause geziemende und vor allem nützliche Tätigkeit:<br />

S e i t e | 120<br />

Nun aber verstehen sie sich doch, wie es den Anschein hat, auf offenbar überaus schöne<br />

und für Frauen besonders passende Arbeiten. Eine jede aber leistet am leichtesten und<br />

schnellsten und schönsten und angenehmsten die Arbeiten, die sie versteht. Zögere also<br />

nicht, so sagte er, sie darin einzuführen, was dir und ihnen zugute kommen wird; und<br />

sicherlich werden sie dir gern Folge leisten. (Xen. mem. II, 7, 10)<br />

Allein aus der Vielzahl an Darstellungen, die diesem Sujet ab dem 5. Jh. v. Chr. gewidmet sind, ist<br />

wohl zu schließen, dass man das Weben und Spinnen der Frauen guthieß und anerkannte. 543 Das Bild<br />

der spinnenden Frau ist also zunächst durchaus ein historisch belegbarer Aspekt des Alltagslebens der<br />

athenischen Hausfrau. 544 Inwieweit die Hausfrau in der Realität ihre übergeordnete Stellung nutzte<br />

und das Spinnen und Weben im Ganzen bzw. die anstrengenderen Prozesse der Wollherstellung und -<br />

verarbeitung an die Dienerinnen und Sklavinnen delegierte, kann nur vermutet werden. 545 In<br />

Xenophons „Oikonomikos“ erhalten wir jedoch den Eindruck, dass dies, soweit es die Stellung der<br />

Familie erlaubte, tatsächlich so gehandhabt wurde. 546 Im Hinblick auf die Einbindung der Ehefrau in<br />

die Strukturen des athenischen Oikos ist das Weben und Spinnen nie nur Ausdruck einer typisch<br />

weiblichen Beschäftigung, sondern ist ihr produktiver Beitrag zum Wirtschaftskreislauf und zur<br />

Autarkie ihres Haushaltes. Das Weben ist die paradigmatische Arbeit schlechthin, um die Nützlichkeit<br />

der Ehefrau für den Oikos zu versinnbildlichen. „Tramite filatura e tessitura la donna può esprimere le<br />

541 Mercati 2003, 34. 37. – Die ökonomische Relevanz von Textilien, s. Reuthner 2006, 182–190; anders hingegen E. C.<br />

Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and Iconography<br />

(Wisconsin 1983) 215–230; Keuls 1985, 99, die von der Ausbeutung der Hausfrau überzeugt ist: “Wives were<br />

condemned to a lifetime of labor at spindle and loom […].“<br />

542 Xen. oik. 7, 6.<br />

543 Bundrick 2008, 283. – E. Keuls, The Hetaira and the Housewife. The Splitting of The Female Psyche in Greek Art,<br />

MededRom N.S. 9/10, 1983, 29 verweist auf einen anderen Aspekt der Ikonographie der spinnenden Frau. Der Mythos<br />

gibt zahlreiche Beispiele, wo das Spinnen und Weben als Metapher für das Spinnen von Intrigen, für die Unaufrichtigkeit<br />

und Falschheit der Frauen steht. Im Rahmen der Oikosszenen kommt diese Perspektive aber sicherlich nicht zum Tragen.<br />

544 Reuthner 2006; Heinrich 2006, 138 vertritt die Ansicht, „dass das Bild der Frau, die im Oikos Garn und Kleidung für<br />

dessen Bewohner herstellt und nicht mit Geschäften außerhalb des Hauses zu tun hat, ein Ideal darstellte und nicht der<br />

Realität entsprach“.<br />

545 Mercati 2003, 38.<br />

546 Xen. oik. 7, 40 f.


sue capacità e mostrarsi socialmente utile“, schreibt etwa C. Mercati. 547 Auf einer assoziativen Ebene<br />

entwickelt sich das Spinnen in der Bildkunst schließlich zum festen Charakteristikum der tugendhaften<br />

und fleißigen Hausfrau und zum Sinnbild für einen guten Oikos und eine glückliche Ehe. 548 Es erhält,<br />

so F. Lissarague, einen „symbolischen Wert, der über den anekdotischen Charakter der Bilder weit<br />

hinausweist." 549<br />

Was aber kann oder soll nun eine spinnende Hetäre dem Betrachter mitteilen? Die Erklärung, Hetären<br />

ahmten bewusst bürgerliche Tugendhaftigkeit nach, um ihre erotische Wirkung auf den Kunden zu<br />

verstärken, wurde bald als unzureichend und subjektiv empfunden. Folglich argumentierte man, das<br />

Weben und Spinnen sei eine geschlechtsspezifische Arbeit und somit keine ausschließlich den<br />

Hausfrauen vorbehaltene Tätigkeit gewesen. So bekräftigte erst jüngst S. Schmidt: „Dass die<br />

Beschäftigung mit Wolle für eine Prostituierte nicht als unpassend oder untypisch angesehen wurde,<br />

lässt ermessen wie grundsätzlich für einen Athener und vermutlich auch für eine Athenerin die<br />

Verbindung dieser Tätigkeit mit dem Frausein war. Auf den Vasenbildern wurde mit ihnen weder<br />

exklusiv die Hausfrau noch die Hetäre in einem bestimmten Rollenbild charakterisiert, sondern die<br />

gute Frau im Allgemeinen.“ 550<br />

Vereinzelt wurde in der Tat davon ausgegangen, dass Prostituierte in ihrer 'Freizeit' die Produktion<br />

von Textilien als Zweiteinkommen nutzten. 551 Dass sie über das nötige Wissen verfügten, erfahren wir<br />

aus der Tatsache, dass viele von ihnen ihren Lebensunterhalt zuvor als professionelle Weberinnen<br />

verdient haben. Lag es aber tatsächlich in der Absicht der Vasenmalerei, eine Hetäre als gute Frau<br />

darzustellen? Ist es vorstellbar, dass in der Bildkunst im Falle der Hetäre dieselben Werte transportiert<br />

werden wie im Fall der Ehefrau und Hausfrau, nämlich Fleiß und Tugend? 552 Denn eben wurde ja<br />

konstatiert, dass der antike Betrachter eben diese Charaktereigenschaften mit dem Bild der spinnenden<br />

547 Mercati 2003, 37; s. auch F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike<br />

(Frankfurt a. M. 1993) 235: Spinnerin als „ergatis“ nach dem Vorbild der Penelope gestaltet; Bundrick 2008, 283. 286.<br />

316.<br />

548 G. Ferrari, Figures of Speech. Men and Maidens in Ancient Greece (Chicago 2002) 57 sieht das Spinnen dagegen als<br />

unbeschwerter Zeitvertreib der Parthenos neben dem Ball Spielen, Blumen Pflücken und dem Kränzeflechten. „It is<br />

apparent that the scenes of wool-working concern neither domestic husbandry nor, strictly speaking, the persona of the<br />

dutiful wife in the context of the family.” Badinou 2003, 3: „Aucun auteur ne parle en effet d´hetaires ou de prostituées<br />

qui travaillaient la laine. Tous les textes mentionennés cidessous donnent à la fileuse ou à la tisseuse le profil de l´epouse<br />

fidèle qui, enfermée dans la maison, s´occupe de la laine pour la prospérité de son foyer. Le travail de la laine démontre<br />

par conséquent les compétences de la femme et dèfinit la bonne épouse.” Trotz dieses deutlichen Statements bleibt der<br />

Glaube an die Existenz der spinnenden Hetären auf Darstellungen der attischen Vasenmalerei weiter bestehen; Heinrich<br />

2006, 134 f. schließt sich der Position Ferraris an, auch wenn sie eingestehen muss, dass die von ihr zu Rate gezogenen<br />

Schriftquellen das Spinnen eher mit den Ehefrauen verknüpfen; s. auch Bundrick 2008, 303 f.<br />

549 F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 238.<br />

550 Sutton 2004, 333. 335S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v.<br />

Chr. (Berlin 2005) 262.<br />

551 Davidson 1999, 109–113; S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5.<br />

Jahrhundert v. Chr. (Berlin 2005) 261 f.; Heinrich 2006, 81 bezweifelt aber, dass das auf den Vasen dargestellt wurde. –<br />

Zu professionellen Wollarbeiterinnen und Webern, s. Heinrich 2006, 139 f.; Reuthner 2006, 246–260.<br />

552 Ferrari a. O. (Anm. 548) 36: “It is hard to believe that these encounters are part of the everyday life of the Athenians, but<br />

it is just as difficult to believe that our figures represent hetairai making use of such strong connotations of virtue.”<br />

S e i t e | 121


Hausfrau assoziierte. Dieser Widerspruch lässt sich kaum mit dem konstruierten Einwand beheben, die<br />

Hetären umgäben sich mit einer Aura von biederer Bürgerlichkeit, um ihre erotische Wirkung auf die<br />

männliche Kundschaft zu verstärken. 553 Aus dem Fall der Neaira erfahren wir im Gegenteil, wie sehr<br />

sich die Bürgerinnen darüber entrüsteten, dass sich die Angeklagte das Leben einer respektablen Frau<br />

angemaßt habe. 554 Die postulierte erotische Ausstrahlung der Ehefrau gründet sich auf ein<br />

Sammelsurium bestimmter Charakter- wie Wesenseigenschaften, die sie für den athenischen Mann<br />

attraktiv machen. 555 Dazu gehört die Tugend ebenso wie Engagement für den Oikos und ein<br />

angenehmes Äußeres. Eine beabsichtigte Gleichsetzung von Textilverarbeitung und sexueller<br />

Attraktivität ist in den antiken Quellen jedoch grundsätzlich nicht nachweisbar. Die von J. F. Crome<br />

gesammelten Textpassagen zeigen lediglich, dass viele Frauen den mageren Verdienst der Handarbeit<br />

gegen den vermutlich etwas lukrativeren der Prostitution eintauschten. 556 Die wirtschaftlichen<br />

Möglichkeiten der Frauen in der Antike waren sehr beschränkt. Um sich aus der Armut zu befreien,<br />

stellten sie Kleidung her, verkauften handgemachte Produkte wie Kränze oder Bänder auf dem Markt<br />

oder schlugen eben den Weg der Prostitution ein. Bei den Spinnerinnen in der Vasenkunst handelt es<br />

sich jedoch kaum um die Art von Frauen, die sich ihr Zubrot durch beschwerliches Weben verdienen<br />

mussten! Im Nachhinein erscheint es vielmehr, als hätte der sexuelle Charakter des Webens und<br />

Spinnens nur deshalb Eingang in die Forschung gefunden, um eine plausible Erklärung für die<br />

Deutung der weiblichen Personen als 'spinnende Hetären' bieten zu können.<br />

S e i t e | 122<br />

3. 4. 2. Geldbeutelsszenen ohne Textilkontext<br />

Es gibt gerade aus dem Bereich der Geldbeutelszenen noch weitere Darstellungen, die es nicht<br />

geboten erscheinen lassen, auf einer Interpretation der Frau als Hetäre zu beharren, auch wenn wir hier<br />

keine Verweise auf die Hausarbeit oder den Arbeitsalltag der Frauen finden. Im Einzelnen sind es<br />

vielfach beigefügte Attribute, Gegenstände oder Tiere, die dem Bild Bedeutungsnuancen verleihen,<br />

die über eine Kategorisierung des Bildes als Werbeszene hinausreichen.<br />

Im Tondo einer Schale in Kopenhagen III/34 (Taf. 17 Abb. 1) Kopenhagen greift ein Jüngling nach<br />

der Hand der vor ihm stehenden jungen Frau. Diese Geste, die an den cheir epi karpo-Gestus erinnert,<br />

553 E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 229 dreht den Spieß um: “From what we can surmise about conjugal relations in Classical<br />

Athens, it would seem that a man would rather see his wife disguised as a hetaira than his companion for the evening<br />

masquerading as his wife.” s. auch Keuls 1985, 258.<br />

554 C. B. Patterson, The Case against Neaira and the Public Ideology of the Athenian Family, in: A. L. Boegehold – A. C.<br />

Scafuro (Hrsg.), Athenian Identity and Civic Ideology (Baltimore 1994) 199–216; Badinou 2003, 71 f.: “Une hétaire libre<br />

pouvait donc mener la même vie qu´une épouse, comme le confirme le cas de Nééra [...].” Angesichts des Protests, den<br />

der Ankläger den freien Frauen hinsichtlich der Anmaßung der Neaira in den Mund legt, halte ich diese These für<br />

unhaltbar.<br />

555 Nach Keuls 1985, 259 demonstrieren spinnende Frauen philergia “which men found sexually appealing in all women,<br />

whether they belonged to the category of citizen women or to that of prostitutes.” Reinsberg 1993, 123 f.; Badinou 2003,<br />

72.<br />

556 J. F. Crome, Spinnende Hetären?, Gymnasium 73, 1966, 245–247.


mit dem der Bräutigam während der Hochzeitsprozession seine Braut nach Hause führt 557 , steht im<br />

krassen Gegensatz zu dem Geldbeutel im Besitz des jungen Mannes. 558 Erst jüngst wurde erneut<br />

versucht den offensichtlichen Widerspruch zwischen dem cheir epi karpo-Gestus und dem Geldbeutel<br />

dadurch zu erklären, dass das Vasenbild dokumentiere, wie sich eine Hetäre als anständige Ehefrau<br />

ausgebe. P. Badinou glaubte sogar in Neaira einen historischen Beleg gefunden zu haben für die<br />

Praxis, dass sich manche Prostituierte den Rang einer Bürgerin anmaßte, indem sie vorgab, mit einem<br />

athenischen Bürger verheiratet zu sein. 559 Mit Biegen und Brechen werden Geldbeutel und<br />

Hochzeitsgestus in ein Formschema gepresst. Vielleicht sollte man sich einfach eingestehen, dass es<br />

den Geldbeutel als Attribut des Mannes auch außerhalb käuflicher Beziehungen gibt.<br />

Eine Geldübergabe oder Hetärenwerbung ist auf der weißgrundigen Lekythos in London III/35 (Taf.<br />

17 Abb. 2) schon allein deshalb auszuschließen, weil diese eine nachweislich im Grabkult verwendete<br />

Gefäßform ist. Es ist meines Wissen die einzige Abbildung eines Geldbeutels auf einer weißgrundigen<br />

Lekythos. Die weibliche Figur ist durch eine Blüte und einen Spiegel gekennzeichnet, beides<br />

wiederum Zeichen ihrer Schönheit, den Mann beschreiben Bürgerstock und Geldbeutel als finanziell<br />

gut situierten Bürger. Weder handelt es sich nachweislich um eine Werbung im eigentlichen Sinne<br />

noch um die Darstellung einer Hetäre.<br />

Auf der Oinochoe in San Antonio III/36 (Taf. 17 Abb. 3) reicht der Jüngling der sitzenden Frau die<br />

Blüte anstelle des Geldbeutels. Gewöhnlich entschuldigt man dieses zaghaftes Vorgehen mit seiner<br />

jugendlichen Unerfahrenheit: “He tries to ease the situation by offering her a fragrant flower first.“ 560<br />

E. Reeder erklärt den Geldbeutel als visuellen Reiz, der, sollte das eigentliche Geschenk, die Blüte,<br />

nicht die gewünschte Wirkung erzielen, als Lockmittel eingesetzt wird. Den sexuellen Inhalt des<br />

Bildes sieht sie durch den Gestus der „Hetäre“ bestätigt, die den unerfahrenen Kunden mit einem<br />

Blütenzweig in der Leistengegend stimuliert. 561 Solche Gesten sind meiner Ansicht nach mehr der<br />

Zweidimensionalität der Bildkunst geschuldet, die mitunter zu Überschneidungen und<br />

perspektivischen Unklarkeiten führen. Dass die Blüte quasi zum Mittler zwischen Mann und Frau<br />

wird, zeigt, dass der Geldbeutel eben nicht als vordergründiges Gestaltungsmerkmal für die Beziehung<br />

der dargestellten Figuren intendiert ist.<br />

Auf der bereits kurz angesprochenen Pelike in Syrakus III/37 (Taf. 17 Abb. 4) streckt ein auf seinen<br />

Stock gestützter Jüngling einer jungen Frau einen Spiegel entgegen. Wie auf dem Exemplar in San<br />

Antonio III/36 hat er zusätzlich einen Geldbeutel bei sich, der aber eher als Attribut gehalten wird und<br />

557 Obwohl mit dem cheir epi karpo-Gestus eigentlich das Festhalten des Handgelenks gemeint ist, ist es m. E. dennoch<br />

gerechtfertigt, hier von diesem Gestus zu sprechen, denn es ist auch die bildliche Version überliefert, nach der der<br />

Bräutigam während der Hochzeitsprozession seine Braut an der Hand und nicht am Handgelenk nach Hause führt. Auch<br />

Kreilinger 2007, 44 sieht den Status des Paares als Braut- oder Ehepaar als erwiesen an. Das „Händchen-Halten“ von<br />

Braut- und Ehepaaren, das fern der offiziellen Hochzeitszeremonie stattfindet, ist eventuell durch die Loutrophoros,<br />

Würzburg, Martin-von-Wagner-Museum L 541, hier IV/10, verbürgt.<br />

558 Meyer 1988, 111 drückt sich etwas unklar aus, wenn sie sagt, der Geldbeutel habe hier „seine Wirkung eingebüßt”;<br />

Badinou 2003, 70 f. 385 Taf. 145.<br />

559 Badinou 2003, 71.<br />

560 H. A. Shapiro et al. (Hrsg.), Greek Vases in the San Antonio Museum of Art (San Antonio 1995) 138.<br />

561 Reeder 1995, 181 f. Nr. 36.<br />

S e i t e | 123


nicht andeuten soll, dass etwas – in der Regel Sex – zum Verkauf angeboten wird. 562 Das Sitzmotiv<br />

der weiblichen Person erinnert, wie so oft zuvor, mit dem auf die hohe Lehne gelegten Ellbogen an<br />

einen gängigen Aphroditetypus. 563 Der Spiegel als Geschenk unterstreicht zusätzlich ihre Schönheit.<br />

Vögel jeder Art finden sich in zahlreichen Oikosszenen und gehören folglich standardisiert in die<br />

weibliche Sphäre. Erotische oder sexuelle Konnotationen, die manchem Tiermotiv vielleicht<br />

innewohnen, sind durchaus positiv gewerteter Bestandteil des antiken Frauenbildes. Der hier<br />

abgebildete Stelzvogel, der in der Literatur zumeist als Reiher bezeichnet wird, wird von E. Böhr als<br />

Nymphen- bzw. Jungfernkranich gedeutet und als Hinweis auf einen hochzeitlichen Kontext<br />

verstanden. 564<br />

Die Darstellung eines Epinetron in Berlin III/38 (Taf. 17 Abb. 5) gehört zu einer Vielzahl an Bildern,<br />

auf denen sich zwei Männer bzw. Jünglinge um eine Frau scharen. Eine Schale in Berkeley III/7 (Taf.<br />

11 Abb. 5) und eine Schale in Florenz III/8 (Taf. 11 Abb. 6) wurden in einem anderen Zusammenhang<br />

bereits zur Diskussion gestellt. Auf dem Epinetron in Berlin III/37 ist die betreffende Frau wie schon<br />

auf der Schale in Berkeley mit einem Alabastron ausgestattet, wohingegen ihr einer der beiden<br />

Jünglinge einen prall gefüllten Geldbeutel entgegenstreckt. Eine inhaltliche Bezugnahme, die P.<br />

Badinou mit der offensichtlichen Gegenüberstellung von Alabastron und Geldbeutel begründet, erklärt<br />

diese etwa so, dass sich Männer mit Geld bevorzugt Hetären kaufen, die sich durch Attribute der<br />

Schönheit und Anmut, zu denen auch das Alabastron zählt, besonders empfehlen. 565 Nicht ganz<br />

schlüssig ist jedoch, weshalb das Alabastron trotz seiner Exponiertheit zum bloßen Attribut reduziert<br />

werden kann, während der Geldbeutel als Geschenk und Werbeträger – weit über seine Bedeutung als<br />

Attribut der Kaufkraft hinaus – gedeutet wird. Erst kürzlich bemühte sich auch C. Mercati, die<br />

Vorurteile gegen die mit Geld umworbenen Frauen abzubauen. Die Frau wird nach dem gängigen<br />

Rollenmodell dem Betrachter durch Attribute wie das Alabastron und den Spiegel bzw. die Spindel als<br />

„dispensatrice di grazie e di charme“ vorgestellt, während der Besitz des Geldbeutels die ökonomische<br />

Verantwortung für Familie, Oikos und Polis versinnbildlicht. 566<br />

Das Vasenbild der sog. Noble-Hydria in Tampa III/39 (Taf. 17 Abb. 6) wurde bislang als Besuch bei<br />

einer Hetäre interpretiert, durch den der jüngste Sohn unter der Anleitung des Vaters seine Sexualität<br />

entdecken darf. 567 Als Schlüssel für die Darstellung wird der bärtige Mann gewertet, der durch das<br />

Anbieten von Geld den Status der unter der Hausarchitektur sitzenden Frau definiert. Die<br />

Charakterisierung der Frau entspricht zunächst recht genau dem Bild, das die literarischen Quellen von<br />

der Haus- und Ehefrau entwerfen. Das Haus ist der Ort, an dem sich eine zurückgezogene und<br />

562 Meyer 1988, 111 spricht zwar von einer Entwertung des Geldbeutels, es ist aber kaum anzunehmen, dass sie deshalb von<br />

ihrer ursprünglichen Interpretation der Szene als Werbung um eine Hetäre abrückt.<br />

563 P. Kranz, Die Frau in der Bildkunst der griechischen Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.), Antike Literatur – Mensch, Sprache,<br />

Welt, Klassische Sprachen und Literaturen 34 (München 2000) 68–71. – Vgl. Lebes Gamikos, Athen II/6; Hydria, New<br />

York II/17; Kelchkrater Agrigent V/17.<br />

564 E. Böhr, Mit Schopf an Brust und Kopf. Der Jungfernkranich, in: A. J. Clark – J. Gaunt – B. Gilman (Hrsg.), Essays in<br />

Honor of Dietrich von Bothmer (Amsterdam 2002) 37–47. – Vgl. Pyxis, Boston II/18; Alabastron, Paris III/6; Schale,<br />

Luzern IV/7. – vgl. Kap. 2. 5. 4.<br />

565 Badinou 2003, 33 mit Verweis auf Meyer 1988, 108.<br />

566 Mercati 2003, 42; Heinrich 2006, 81 f. erkennt darin eine Liebeswerbung um eine Parthenos.<br />

567 E. Kotera-Feyer, Die Strigilis in der attisch-rotfigurigen Vasenmalerei, Nikephoros 11, 1998, 124; in diesem Sinn auch J.<br />

H. Oakley, Fathers and Sons, Men and Boys, in: Neils – Oakley 2003, 98.<br />

S e i t e | 124


tugendhafte Ehefrau aufzuhalten hat. 568 Der Eindruck einer Trennung in Innen und Außen wird durch<br />

die aufwendige Architektur optisch verstärkt. Zusätzlich ist die Frau durch den ihren Körper komplett<br />

verhüllten Mantel als anständig kennzeichnet, der Spiegel huldigt ihrer Schönheit. Ihr kompositorisch<br />

zugeordnet ist der Knabe, der aufgrund seines zarten Alters noch nicht der Männerwelt zugerechnet<br />

wird. Außerhalb stehen ein Manteljüngling und ein bärtiger Mann mit Gehstock. Sie verkörpern zwei<br />

Altersstufen des männlichen Erwachsenen: den Epheben und den Polis-Bürger mit dem<br />

Bürgerstock. 569 Die Athletenutensilien können sich durchaus auf beide Männer beziehen, die sich dem<br />

Eingang des Hauses nähern. Dass sie mit dem geschilderten Geschehen nichts zu tun haben, sondern<br />

lediglich Assoziationen an Sport und Kalokagathia wecken, ist zweifellos richtig. 570 Anders als z. B.<br />

die Strigilis wird der Geldbeutel von M. Meyer nicht als rein charakterisierendes Attribut der<br />

Männerwelt gewertet, sondern avanciert zum Handlungsträger schlechthin. Sein Erscheinen macht aus<br />

der Frau eine Hetäre, aus dem Mann mit Geld einen Mann, der sich seine sexuellen Wünsche erfüllen<br />

kann. „Dargestellt ist nicht die sexuelle Beziehung, sondern der Mann, der über eine Frau verfügt.“ 571<br />

Jüngling und Knabe werden zu Zuschauern degradiert, die Inszenierung der Frau als tugendsames und<br />

schönes Wesen verblasst angesichts des Mannes mit Geld. 572 Im Gegensatz zu M. Meyer glaube ich<br />

nicht, dass der Geldbeutel ein Gegenüber braucht, um seine Aussage entfalten zu können. Wie die<br />

Athletenutensilien ist er ein Attribut des athenischen Bürgers, das die Kaufkraft symbolisiert, die unter<br />

anderem auch die Bezahlung Prostituierter einschließen kann, aber nicht muss. Somit hätten wir<br />

wiederum ein Beispiel für das exemplarische Rollenverständnis der griechischen Familie, die hier gar<br />

über zwei männliche Nachkommen verfügt. Die von einer Architektur beschirmte Frau und der von<br />

draußen hinzutretende Mann sind auch Thema eines Stamnos in Paris 573 . Der Mann ist diesmal jedoch<br />

ohne Geldbeutel unterwegs.<br />

Auf der einen Seite eines Stamnos in Kopenhagen III/40 steht ein Jüngling mit Geldbeutel zwischen<br />

zwei sitzenden weiblichen Figuren (Taf. 18 Abb. 1). Die eine hielt mit ziemlicher Sicherheit einen<br />

heute verblassten Kranz, während die Handhaltung der anderen Frau eher an Wollverarbeitung denken<br />

lässt, obwohl weit und breit weder Wollkorb noch Spindel zu sehen sind. Sie ist es auch, der von<br />

einem heranfliegenden Eros ein Band gebracht wird. Der an der Wand hängende, kugelige Korb, der<br />

zumeist im Symposionskontext beheimatet ist, kann jedoch auch, wie die Schale aus dem Basler<br />

Kunsthandel III/29 (Taf. 15 Abb. 6) einwandfrei erwiesen hat, Textilerzeugnisse enthalten. Auf der<br />

anderen Seite befindet sich im Zentrum ein sitzender Jüngling (Taf. 18 Abb. 2). An seiner<br />

ausgestreckten Rechten baumelt ein etwas klein geratener Geldbeutel, sein Blick ist in<br />

568 G. Ferrari, Figures of Speech. Men and Maidens in Ancient Greece (Chicago 2002) 41–43 identifiziert den Ort als<br />

Innenhof eines Hauses: “one of the few places in which a respectable female might be seen and even approached”.<br />

569 M. Meyer, Alte Männer auf attischen Grabdenkmälern, AM 104, 1989, 72 f. hat anhand von Grabreliefs gezeigt, dass die<br />

verschiedenen Altersstufen der dargestellten Männer die familiäre Hierarchie ausdrücken. Theoretisch ist dies auch für<br />

den Stamnos in Tampa möglich, obwohl im Gegensatz zu den Grabreliefs eine verwandtschaftliche Beziehung der<br />

männlichen Personen nicht vorausgesetzt werden kann.<br />

570 Meyer 1988, 102 f.<br />

571 Meyer 1988, 103.<br />

572 Meyer 1988, 100. 102 f.<br />

573 Stamnos aus dem Umkreis des Harrow-Malers, Paris, Musèe du Louvre G 191: CVA Paris, Musée du Louvre (2) III Ic<br />

12 Taf. 22, 1. 2.<br />

S e i t e | 125


entgegengesetzter Richtung auf seinen Hund gerichtet, der hinter ihm sitzt. Unbeachtet bleiben so<br />

auch die beiden ihn flankierenden Frauen. Eine von ihnen befestigt sich gerade das Haar mit einem<br />

breiten Band 574 , die Frau mit dem Spiegel steht entweder selbstständig oder ergänzt die<br />

Toilettenvorbereitung. Die auf Höhe der Henkelzone angebrachten Eroten (Taf. 18 Abb. 3)<br />

unterstreichen zusätzlich die erotische Ausdruckskraft der Frauen. 575 Das Flötenfutteral ist in der Tat<br />

dagegen eher ein Symposionsutensil. Denn obwohl auch in den Oikosszenen die Flöte gespielt wird 576 ,<br />

das Flötenetui selbst gehört in der Regel nicht zum Inventar. Es muss sich des Weiteren aber auch<br />

nicht zwangsläufig im Besitz einer der Frauen befinden, sondern kann auch dem jungen Mann<br />

zugeordnet werden.<br />

Die Natur der Interaktion ist schwer zu bestimmen. In beiden Fällen treten die Jünglinge als<br />

Beobachter auf. M. Meyer bemerkt: „Die Frauen, die ihn umgeben, „tun“ zwar auch etwas; sie sind in<br />

ihrem Tun aber nur mit sich beschäftigt; sie blicken nach unten, reagieren nicht auf den Mann. Sie<br />

sind wie Wunschbilder oder Erscheinungen; zwischen ihnen und dem Mann besteht kein<br />

Handlungszusammenhang.“ 577 Diese Beobachtung ist zweifellos richtig. Verschiedentlich wurde als<br />

Merkmal des Mannes im Oikos seine scheinbare Teilnahmslosigkeit angeführt, nur dass er dort<br />

zusätzlich auch meist eine Randposition einnimmt. Man sollte jedoch die Tätigkeiten der immerhin<br />

vier Frauen nicht als völlig nebensächlich oder nur als insofern bedeutsam einstufen, als sie als<br />

Attribute der Jünglinge fungieren. M. Meyers Auslegung zufolge zeigt das Vasenbild die<br />

Entscheidungsschwierigkeiten zweier Männer, die jeweils zwischen zwei Frauen hin- und hergerissen<br />

sind. 578 Handelt es sich also in beiden Fällen um Kunden im Bordell, die sich ihre Gelagebegleitung<br />

auswählen und mit Nachdruck ihre Geldbeutel schwenken? Mit der Handarbeit auf der einen Seite,<br />

nämlich dem Kränzeflechten und eventuell dem Spinnen, und der Schönheitspflege auf der anderen<br />

Seite sind auf der Hydria in Kopenhagen die zwei elementaren Facetten weiblichen Lebens<br />

thematisiert, die das Frauenbild der Bildkunst in ihrer Gesamtheit bestimmen. Wir haben nun schon<br />

mehrere Beispiele gesehen, in denen ein Jüngling sich im Kreise von Frauen aufhält, sei es dass er ihr<br />

während der Arbeit mit Wolle oder beim Flechten von Kränzen Gesellschaft leistet, sei es dass er<br />

Zeuge ihres Ankleidens wird wie auf der Hydria in Münster II/8 (Taf. 4 Abb. 5). Hier gab es keine<br />

zwingenden Hinweise auf Prostitution. Selbiges gilt für den Geldbeutel. Analog zu verwandten<br />

Darstellungen kann man lediglich folgern, dass auf dem Stamnos in Kopenhagen III/40 ein Jüngling,<br />

dessen Geldbeutel seine gute Herkunft und finanzielle Potenz verrät, den alltäglichen Vorgängen<br />

seines Oikos beiwohnt. Dass hierbei u. a. die körperlichen Vorzüge der Frauen betont werden,<br />

widerspricht dieser Deutung nicht.<br />

574 Als erotisches Motiv beim Symposion, s. Peschel 1987, 39. z. B. Schale in Castle Ashby: CVA Castle Ashby, Taf. 36. –<br />

Als Brautschmückungsmotiv, s. Lebes Gamikos I/2.<br />

575 A. Schäfer, Unterhaltung beim griechischen Symposion. Darbietungen, Spiele und Wettkämpfe von homerischer bis in<br />

spätklassische Zeit (Mainz 1997) 70 ist sich der Problematik der Gegenwart von Eroten in Werbeszenen bewusst und<br />

erklärt sie sich folgendermaßen: „Die beiden Eroten, die oberhalb der Henkel frei im Raum schweben, unterstreichen die<br />

dezent erotische Atmosphäre der Werbeszene. Nicht der vordergründig sexuelle Reiz, sondern die weibliche<br />

Ausstrahlung der Hetären gilt als darstellungswert.“<br />

576 z. B. Chous des Polygnot, Florenz, Privatsammlung: G. van Hoorn, Choes and Anthesteria (Leiden 1951) Nr. 532 Abb. 164.<br />

577 Meyer 1988, 106 f.<br />

578 Meyer 1988, 106 f.<br />

S e i t e | 126


Zum Vergleich eignet sich etwa die Darstellung einer Hydria in Chicago III/41, die ebenfalls einen<br />

Mann mit Geld inmitten von Frauen zeigt. Im Unterschied zum Kopenhagener Stamnos III/40<br />

befindet sich nur auf der einen Seite ein Jüngling mit Geld, während die Gegenseite eine typische<br />

Oikosszene wiedergibt. Neben dem Spiegel als Schönheitsaccessoire heben besonders die Spindel und<br />

der Nymphenkranich die Tugenden der anständigen Frau hervor. Die beiden Frauen, die den jungen<br />

Mann flankieren, haben keine Attribute bei sich, soweit sich dies sagen lässt, denn die Frau, der der<br />

Geldbeutel angeboten wird, ist nur noch z. T. erhalten. Auch hier scheinen in gewisser Weise zwei<br />

Aspekte des weiblichen Rollenbildes gegenübergestellt: die Hausarbeit und der zwischenge-<br />

schlechtliche Kontakt. Daraus folgt jedoch nicht, dass Frauen mit unterschiedlichem Status gemeint<br />

sein müssen. Denn beide Bilder sind durch einen kompositorischen Kniff miteinander verbunden: die<br />

am rechten Bildrand positionierte Frau wirft einen Blick zurück über ihre Schulter auf die Interaktion<br />

des Paares und verbindet die Szene durch ihre Bewegungsrichtung gleichzeitig mit der Frauengruppe<br />

der Gegenseite.<br />

3. 4. 3. Der Geldbeutel in weiblicher Hand – ein antikes Paradoxon?<br />

Es ist richtig, dass sich der Geldbeutel in der Regel in den Händen des Mannes und nicht in den<br />

Händen des Eromenos oder der Frau befindet. Die einzigen mir bekannten Ausnahmen, auf denen sich<br />

der Geldbeutel im Besitz einer weiblichen Person befindet, sind eine Schale in San Antonio III/42<br />

(Taf. 18 Abb. 4) und eine Schale in Paris 579 . Auch wenn er an der Wand hängt, spricht man ihn immer<br />

als männliches Attribut an. 580 Im Allgemeinen hat diese Feststellung sicherlich Gültigkeit, nicht so<br />

jedoch auf einer weißgrundigen Pyxis in Berlin III/43 (Taf. 18 Abb. 5–7). Dort hängt ein kleiner<br />

Beutel, der trotz seiner schematischen Zeichnung als Geldbeutel erkennbar ist 581 , neben einer großen<br />

doppelflügeligen Tür, die entweder die Haustür selbst oder die Tür ins Schlafgemach kennzeichnet<br />

(Taf. 20 Abb. 6). Frauen mit Spiegel, Wollkorb und Kranz gehen ihren üblichen Tätigkeiten nach. Ein<br />

Mann ist jedoch weit und breit nicht zu sehen, so dass eine Beziehung des Geldbeutels zum Oikos und<br />

seinen weiblichen Bewohnern hergestellt werden muss. Möglicherweise bezieht das Geldsäckchen<br />

sich nicht auf die Frauen selbst, sondern auf den Ort, an dem sie sich aufhalten: das Haus eines reichen<br />

Mannes.<br />

Der rechtliche Status der Frauen im klassischen Athen und ihre geringen ökonomischen<br />

Möglichkeiten, die entsprechende Textzeugnisse bestätigen 582 , ließen die Aussage gerechtfertigt<br />

erscheinen, eine Frau verfüge nicht über eigenes Geld, es sei denn Haushaltsgeld. Auf jeden Fall hielt<br />

man es für unsinnig, sie könne als Inhaberin eines Geldbeutels bildlich dargestellt worden sein.<br />

Nachdem sich die Beurteilung der Stellung der Frau in der Antike neuen Eindrücken öffnete, unterzog<br />

579 Schale des Euaion-Malers, Paris, Cabinet des Medailles 817 wird im Beazley-Archiv ebenfalls unter den Stücken<br />

aufgelistet, auf denen eine Frau mit Geld abgebildet ist. Eine Abbildung stand mir leider nicht zur Verfügung.<br />

580 Meyer 1988, 116; Hartmann 2002, 177 f.<br />

581 Dass hier eventuell ein Alabastron gemeint ist, kann zuverlässig ausgeschlossen werden durch den direkten Vergleich mit<br />

dem Alabastron, das auf der Berliner Pyxis III/43 auf der anderen Seite der Tür an der Wand befestigt ist.<br />

582 z. B. Is. 10, 10.<br />

S e i t e | 127


man auch ihre ökonomische Abhängigkeit einer erneuten Prüfung und fragte sich, ob die Frau nicht<br />

doch selbständig über ihre Mitgift, Schmuck oder kleinere Barsummen verfügen konnte. 583<br />

Demosthenes etwa weiß zu berichten, dass ein gewisser Spudias sich von seiner Schwiegermutter<br />

wohl einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag geliehen hat. 584 Auch die Komödien vermitteln eher den<br />

Eindruck, dass Frauen die Finanzverwalterinnen des Oikos waren. Sowohl Praxagora als auch<br />

Lysistrate legen davon Zeugnis ab. So sagt etwa Praxagora in den „Thesmophoriazusen“:<br />

Auch Lysistrate betont:<br />

S e i t e | 128<br />

„Den Weibern, rat´ ich, müssen wir den Staat<br />

Ganz überlassen! Führen sie zu Haus<br />

Doch auch die Wirtschaft als Verwalterinnen!“ (Aristoph. Eccl. 210–212)<br />

„Und verwalten wir denn nicht das Geld auch zu Haus, da ja<br />

alles durch unsere Hand geht?“ (Aristoph. Lys. 495)<br />

Immerhin scheinen Frau und Geld kein grundsätzliches Paradoxon gewesen zu sein, da Chremes die<br />

Frauen gemeinhin als „mit Weisheit vollgepfropft, geldschaffnerisch“ (Aristoph. Eccl. 440–441) bezeichnet.<br />

Plutarch können wir entnehmen, dass es wohl üblich gewesen war, den Frauen Haushaltsgeld zur<br />

Verfügung zu stellen. Wenn sich die Frauen des perikleischen Haushalts beklagen, sie würden zu kurz<br />

gehalten, mag man vermuten, dass Frauen gewöhnlich mehr Geld handhabten und damit auch eine<br />

gewisse Unabhängigkeit besaßen:<br />

„Auch den Frauen gegenüber war er keineswegs freigebig, und sie beklagten sich bitter,<br />

dass sie das Haushaltsgeld nur für einen Tag und aufs genaueste berechnet erhielten und<br />

nie, wie es einem großen und reichen Haus anstehe, aus dem vollen schöpfen könnten, weil<br />

jede Ausgabe und jede Einnahme peinlich genau abgezählt und abgemessen werde.“<br />

(Plut. Per. 16.)<br />

Aischines wenig schmeichelhafte Bemerkung zum verwalterischen Können der Frauen weicht von den<br />

oben gewonnenen Eindrücken ab:<br />

„For Demosthenes, when he had spent his own patrimony, went round the city hunting for<br />

young men whose fathers had died and whose mothers managed the property [...] For<br />

having discovered a rich household that was not well governed, of which the leader was a<br />

woman with big ideas, but not very sensible […]” (Aisch. 1, 170)<br />

Vermutlich ist es Aischines nicht vordergründig daran gelegen, die ökonomische Untauglichkeit des<br />

Frauengeschlechts als solche zu beklagen, sondern die Abgebrühtheit und Berechnung seines Geld<br />

liebenden, politischen Gegners zu akzentuieren. Immerhin können wir der Textstelle aber entnehmen,<br />

583 Zu Frauen und Besitztum, s. z. B. L. Foxhall, Household, Gender and Property in classical Athens, ClQ 39, 1989, 32–43;<br />

V. J. Hunter, Policing Athens. Social Control in the Attic Lawsuits, 420–320 v. Chr. (Princeton 1994) 28 f.; J. Blok,<br />

Recht und Ritus in der Polis. Zu Bürgerstatus und Geschlechterverhältnissen im Klassischen Athen, HZ 278, 2004, 1–26.<br />

584 Demosth. or. 41, 9.


dass die Verwaltung des Oikos nach dem Tod des Hausherrn im Falle der Unmündigkeit der Söhne<br />

durchaus in die Hände der Hausherrin gelegt wurde.<br />

Ob diese Beobachtungen es nun rechtfertigen, das der Frau in den Bildern überreichte oder<br />

dargebotene Geld – insofern es sich um ein Überreichen und nicht nur um ein Präsentieren handelt -<br />

als Haushaltsgeld oder Mitgift etc. zu klassifizieren? 585 Zumindest ist dem Argument, Frauen und Geld<br />

seien in der Antike ein Paradoxon gewesen, die Grundlage entzogen. Dennoch ändert dies nichts<br />

daran, dass in so gut wie allen Darstellungen der Mann und nicht die Frau über den Geldbeutel wacht.<br />

Rufen wir uns die antike Mentalität ins Gedächtnis, ist das im Grunde nicht anders zu erwarten. Der<br />

Geldbeutel ist auf den Bildern – egal in welchen Zusammenhang er gestellt wird – potentes Symbol<br />

für den Status des Bürgers und für das männliche Selbstverständnis. Der Mann, der Kyrios, ist der<br />

politische und ökonomische Macher, er zieht die Fäden in der Öffentlichkeit, repräsentiert sich als<br />

Oberhaupt seiner Familie und als Mitglied der Polis.<br />

3. 5. Zusammenfassung<br />

All die Darstellungen, in denen Männer Gegenstände als vermeintliche Geschenke halten bzw.<br />

reichen, ohne Differenzierung nach Art und materiellem Wert dieser Objekte als Werbeszenen<br />

einzustufen, erscheint mehr denn je als eine Art Notlösung, basierend auf dem Wunsch, mit einem<br />

einzigen Lösungsansatz allen Ungereimtheiten auf einen Streich beizukommen. Gerade Dinge wie<br />

Kränze, Kästchen oder Bänder besitzen jedoch, wie das vorgelegte Material nahe legt, vermutlich<br />

keinen ausgeprägten Geschenkcharakter. Macht man sich von Begriffen wie „Geschenk“ und<br />

„Werbung“ frei, die beide untrennbar mit den Hetären verbunden schienen, so ist es leichter, diese<br />

Bilder unvoreingenommen in den Blick zu nehmen. Wie bei den Oikosszenen beruht die bisherige<br />

Einschätzung vermutlich zu einem großen Teil auf jenem unzeitgemäßen Frauenbild, welches die<br />

weibliche und männliche Lebenswelt als zwei voneinander so gut wie völlig gelöste Sphären versteht.<br />

Diese Vorstellung speist sich jedoch allein aus den schriftlichen Überlieferungen und konnte für die<br />

archäologischen Bildquellen nicht erhärtet werden. 586<br />

Schwieriger dagegen ist es, Attributen bzw. Geschenken wie dem Fleisch und natürlich dem Geld<br />

ihren Werbezweck strittig zu machen. 587 Geld wurde gleichgesetzt mit Bezahlung und Bezahlung mit<br />

der Entlohnung käuflicher Freuden. Ikonographische Details wie den Kalathos oder den Brautschleier<br />

hat man kompromisslos dem Geldbeutel untergeordnet. Zur allseits befriedigenden Beseitigung<br />

solcher Widersprüchlichkeiten führte man die 'spinnende Hetäre' ins Feld, die sich durch Übernahme<br />

obiger Attribute dem Erscheinungsbild der prüden Bürgerin angepasst habe.<br />

Keinesfalls sollen nun alle Frauen auf den attischen Vasen in Gesellschaft von Männern als Ehefrauen<br />

deklariert werden, damit würde man nur in das andere Extrem verfallen. Der neutrale Beobachter<br />

kommt lediglich nicht umhin, gewisse Widersprüche zur Kenntnis zu nehmen und zu fragen, ob die<br />

585 Wie es z. B. im Fall des Alabastron in Athen, hier III/15, von A. Brückner, Lebensregeln auf athenischen<br />

Hochzeitsgeschenken, WPrBerl 62, 1902, 3–11 vorgeschlagen wurde; s. auch Alabastron in Berlin, hier III/24.<br />

586 vgl. Kap. 2. 5; 2.6.<br />

587 Sutton 1981, 354. 356 ff.<br />

S e i t e | 129


Festlegung des Geldbeutels auf ein im Wesentlichen sexuelles Umfeld nicht vielleicht doch übereilt<br />

ist. Zugegebenermaßen beinhalten nicht alle Vasenbilder Hinweise oder erklärende Details, die der<br />

Deutung der weiblichen Personen als Hetären widersprechen. Immerhin bleibt aber anzumerken, dass<br />

Musikinstrumente und Wein, auf die immer wieder als Anspielungen auf den Arbeitsplatz dieser<br />

Spinnerinnen, nämlich das Symposion, verwiesen wird, mit vereinzelten Ausnahmen – wie dem<br />

Flötenfutteral auf dem Stamnos in Kopenhagen III/40 (Taf. 18 Abb. 2) und der ohnehin aus dem<br />

Rahmen fallenden Schale in München III/33 (Taf. 16 Abb. 6) – eben nicht im Zusammenspiel mit<br />

dem Geldbeutel vorkommen. Umgekehrt fehlen also zumindest in den besprochenen Szenen auch<br />

Belege, die die Deutung der Hetäre zusätzlich untermauern würden. 588 Was die 'spinnenden Hetären'<br />

anbelangt, ist die Verknüpfung mit Geld oder Fleisch ohnehin kein sehr populäres Phänomen in der<br />

griechischen Vasenmalerei. Gerade bei den beiden Darstellungen in South Hadley III/12 (Taf. 12<br />

Abb. 3) und Rhodos III/10 (Taf. 12 Abb. 1), die beide eine Übergabe von Fleisch zeigen, ist meiner<br />

Ansicht nach eine Deutung auf Prostituierte alles andere als zwingend. Einer Neubewertung des<br />

Geldbeutels bereiteten vor allem Darstellungen wie die des Berliner Alabastron III/24 (Taf. 14 Abb. 6.<br />

7) oder die der Schale in Kopenhagen III/34 (Taf. 17 Abb. 1) den Weg. Der Geldbeutel kann im<br />

Umfeld der Hochzeit, die durch den Brautschleier und den cheir epi karpo-Gestus unmissverständlich<br />

angedeutet wird, unmöglich sexuelle Andeutungen machen. Ebenso wenig hat er in seiner veralteten<br />

Bedeutung etwas auf einer weißgrundigen Grablekythos zu suchen.<br />

Letztlich gelangt man auf diese Weise zurück zu dem bereits zitierten Grundsatz von J. D. Beazley,<br />

der im Zuge von G. Rodenwaldts Artikel eigentlich schon seit über 70 Jahren als widerlegt gilt. Würde<br />

man Hetären wirklich mit den gleichen ikonographischen Mitteln wiedergeben wie die Bürgerin,<br />

obwohl die sozial-politische Ideologie der Demokratie so großen Wert auf den Verhaltenskodex ihrer<br />

Ehefrauen und Töchter legte? 589 Eine Hetäre mag im realen Leben gewebt und gesponnen haben, als<br />

Spinnerin wäre sie deswegen in die Darstellungskunst noch lange nicht eingegangen.<br />

Die in der Forschung bislang geläufige Identifikation von Hetären oder Ehefrauen beruht oftmals auf<br />

Vorurteilen gegenüber der Stellung der Frau im klassischen Athen. Viele Kriterien, die für eine<br />

Interpretation der Frau als Hetäre herangezogen wurden, sind heute widerlegt oder lassen sich nicht als<br />

Allgemeingültigkeit formulieren. Der Umgang mit der 'spinnender Hetäre' ist paradigmatisch für den<br />

Umgang mit Hetärendarstellungen im Allgemeinen. Es ist an sich schon fast widersinnig, dass man bei<br />

dem momentanen Stand der archäologischen Forschung verpflichtet ist, zu widerlegen, dass all diese<br />

Frauen – sei es nun in Oikos- oder Werbeszenen – Hetären zeigen, wohingegen es als praktisch<br />

erwiesen vorausgesetzt wird, dass es keine Ehefrauen oder Bürgerinnen sind. In den archäologischen<br />

Disziplinen ist tatsächlich gelegentlich eine 'Hetärenmanie' zu beobachten, wenn etwa gerade die<br />

Tatsache, dass eine Frau spinnend abgebildet ist, als Argument dafür angeführt wird, es müsse eine<br />

Hetäre gemeint sein. Es geht entschieden zu weit, wie D. Williams eine Gruppe von Frauen auf einer<br />

Schale aus Florenz 590 , die mit Bändern und Girlanden hantieren, aufgrund des „general air of vanity“<br />

als Hetären abzustempeln, die sich auf ihren abendlichen Auftritt vorbereiten. 591 Und das, obwohl hier<br />

588 Anders dagegen in den so zahlreichen „Werbeszenen“ auf den Kylikes. Dort sind etwa Flötenfutterale recht häufig.<br />

589 J. D. Beazley, JHS 51, 1931, 121; C. Bérard – J.-P. Vernant (Hrsg.), Die Bilderwelt der Griechen (Mainz 1985) 127 f.<br />

590 Schale des Pistoxenos-Malers, Florenz, Arch. Mus. 75770: CVA Florenz (3) III I 16 f. Taf. 105, 1–3; 116, 23.<br />

591 D. Williams, Women on Athenian Vases: Problems of Interpretation, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.), Images of<br />

Women in Antiquity (London 1993) 99. 101 Abb. 7, 8.<br />

S e i t e | 130


nicht einmal ein Mann oder auch nur Geld abgebildet sind! Gleichermaßen wird mit Darstellungen<br />

lesender und musizierender Frauen auf einer Hydria in London 592 verfahren: „It is unlikely, however,<br />

that many show ordinary housewives, whose education can, at best, have risen little above the ability<br />

to make lists or keep accounts, for their education was chiefly in the hands of their husbands.” 593 Von<br />

dieser Meinung ausgehend müssen diese Frauen Hetären sein, da stört dann auch ein fliegender Eros<br />

nicht!<br />

592 Hydria der Polygnot-Gruppe, London, British Mus. 1921.7-10.2: CVA London, British Mus. (6) III Ic 3 Taf. 83, 1A–D.<br />

593 Williams a. O. (Anm. 591) 100. 102 f. Abb. 7, 9. 10.<br />

S e i t e | 131


S e i t e | 132<br />

4. Die Ehefrau als Sexualpartnerin und Gefährtin<br />

Obwohl in den antiken Schrift- und Bildquellen das stereotype Bild der gehorsamen und keuschen<br />

Frau parallel neben dem der treulosen Nymphomanin existiert, hat sich ersteres als derart einprägsam<br />

erwiesen, dass die sexuelle Identität und die körperlichen Bedürfnisse der Ehefrau in der Forschung<br />

lange Zeit entweder nur von marginalem Interesse waren oder schlichtweg negiert wurden. 594 Wie<br />

könnte eine Frau, die in allen sozialen und rechtlichen Belangen benachteiligt war, deren einzige<br />

Verwendung in der Hausarbeit und Reproduktion lag und deren größte Tugenden Gehorsam und<br />

Schweigsamkeit waren, eine attraktive Sexualpartnerin für den athenischen Bürger sein?<br />

Im vorherigen Kapitel wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Kunst der Verführung von<br />

der Forschung nicht zu den üblichen Wesensmerkmalen der Ehefrau und Bürgerin gezählt wurde. Sie<br />

war das Geschäft der Hetäre. Dabei sollte man zunächst festhalten, dass auch die Schönheit der<br />

Ehefrau auf den griechischen Vasen einen nicht unbedeutenden Raum einnimmt. "Toilette und<br />

Wollarbeit definieren in den Augen der Männer die wesentlichen Bezugspunkte weiblicher<br />

Schönheit", heißt es bei F. Lissarague. 595 Der Spiegel kennzeichnet die Trägerin also zunächst als eine<br />

hübsche Frau; erst auf einer zweiten Ebene bedeutet Schönheit erotische Wirkung auf andere,<br />

bevorzugt natürlich auf das männliche Geschlecht. 596<br />

Eine Untersuchung der Hochzeitsikonographie hat bereits deutlich gemacht, dass die Sexualität als<br />

Charakterzug der Bürgerin durchaus wahrgenommen wurde. Anhand von Gefäßen wie der<br />

Loutrophoros aus Boston I/1 (Taf. 1 Abb. 1–3) lässt sich feststellen, dass hier zwei grundverschiedene<br />

Vorstellungen von Frau-Sein ineinander fließen: Ein Abbild von Anstand und Wohlerzogenheit ist die<br />

Braut jedoch zugleich die Verkörperung von aphrodisischer Schönheit und Verführung. Wenn die<br />

Vasenbilder auch eher indirekte Signale verwenden wie den Eros oder den Blick auf die<br />

Hochzeitskline, so zeigt dies doch immerhin, dass Sexualität in der Ehe existierte und erwünscht<br />

war. 597 Das Bild der keuschen und gehorsamen Ehefrau ist deshalb nicht erzwungenermaßen falsch, es<br />

ist aber bestimmt unvollständig.<br />

In diesem Kapitel soll untersucht werden, welche Symbole die Sexualität und Erotik der Ehefrau<br />

vermitteln. Es ist davon auszugehen, dass wir es vorrangig mit Symbolen zu tun haben werden. Der<br />

Sexualakt von Braut- oder Ehepaaren selbst wurde wohl nicht dargestellt, war vielmehr dem Verkehr<br />

594 Just 1989, 151: Die sexuelle Identität der Athenerin wurde durch die Festlegung der Ehefrau auf ihre Rolle als Mutter<br />

legitimer Kinder und Verwalterin des Haushalts in den Hintergrund gedrängt; Calame 1992, 87;<br />

595 F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 229; s.<br />

auch B. Borg, Der Logos des Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen griechischen Kunst (München<br />

2002) 182; S. Moraw, Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in<br />

der attischen Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 25 f.<br />

596 Heinrich 2006, 86. Kreilinger 2007, 124 erinnert an Hera, die sich Zeus – Hom. Il. 14, 166–353 – mit allen Raffinessen<br />

der Verführung unterwirft.<br />

597 Hartmann 2002, 115: „Das Wirken der Aphrodite in der Ehe sollte allerdings auf die Brautzeit beschränkt bleiben;<br />

entfaltete die Göttin des Begehrens ihre Macht noch länger, wurde sie als beunruhigende Kraft wahrgenommen, welche<br />

die Ehe von innen her bedrohte." Wir erinnern uns, dass ein ausgeprägter sexueller Trieb ein Zeichen für die<br />

Unbeherrschtheit der Frau war und als beunruhigend empfunden wurde.


mit den Prostituierten des Gelages vorbehalten. 598 Daneben ist eine Reihe von Bildern dem Austausch<br />

von Zärtlichkeiten gewidmet, die das Bild ergänzen und uns ermöglichen, vor dem Hintergrund eines<br />

umfassenderen Bildprogramms den Stellenwert der ehelichen Liebe auf den attischen Vasen besser<br />

einschätzen zu lernen.<br />

4. 1. Sexualsymbole und Sexualerziehung in der athenischen Gesellschaft<br />

Gemessen an den Eindrücken, die man aus den antiken Quellen gewinnt, reglementierten hinsichtlich<br />

des Umgangs mit Männern strenge Vorschriften das Verhalten der Frauen im Allgemeinen und der<br />

unverheirateten Töchter im Besonderen. Da die griechische Gesellschaft darauf achtete, dass<br />

Parthenoi 599 nicht-verwandten Männern – und dies betrifft sicherlich v. a. die heiratsfähigen Mädchen<br />

aus gutem Hause – nur vor der Kulisse kultischer Feiern oder unter dem Schutz des familiären Oikos<br />

begegneten, ist es eher unwahrscheinlich, dass jenen jungen Frauen vor der Ehe Gelegenheit zu<br />

sexuellen Kontakten gegeben wurde. 600 Dagegen hatte der Bräutigam sicherlich genügend<br />

Möglichkeiten, sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Dies geschah entweder durch Besuche von<br />

Bordellen oder im Rahmen homosexueller Beziehungen, wobei der junge Mann je nach Alter bereits<br />

sowohl in die Rolle des Eromenos als auch in die des Erastes geschlüpft sein konnte. 601<br />

Wir wissen zwar, dass zur Erziehung der athenischen Töchter Lektionen im Spinnen, Kochen,<br />

Kinderhüten, in diversen anderen kleinen Haushaltstätigkeiten 602 und teilweise auch im Lesen und<br />

Schreiben 603 gehörten. Wie man es allerdings mit der Aufklärung zum Thema Sex und Fortpflanzung<br />

hielt, bleibt ungeklärt. Oftmals wird betont, welch Schrecken dem unbekannten Los der Ehe aus der<br />

598 z. B. Peschel 1987, 12. 27. 30<br />

599 Zum Begriff Parthenos, s. Kreilinger 2007, 50–54.<br />

600 Reinsberg 1993, 41; s. auch D. Konstan, Premarital Sex, Illegitimacy, and Male Anxiety in Menander and Athens, in: A.<br />

L. Boegehold – A. C. Scafuro (Hrsg.), Athenian Identity and Civic Ideology (Baltimore 1994) 217–233. – In diversen<br />

Komödien Menanders geschieht es, dass Bürgerstöchter premaritalen Geschlechtsverkehr haben, z. B. Men. Sam.; Men.<br />

Epitr. Es könnte sein, dass sich die Moralvorstellungen zum Hellenismus hin gelockert hatten.<br />

601 z. B. Ph. E. Slater, The Greek Family in History and Myth, Arethusa 7, 1974, 18 f.; Keuls 1985, 267 f. skizziert die<br />

“sexual career” eines jungen Atheners vom Erasten zum Komasten, der Sklavinnen zu Analverkehr zwingt und seine<br />

Aggressionen auslebt; dann zum Bordellgänger und Zuhälter. Seine unbefriedigende Ehe kompensiert er durch<br />

Verhältnisse zu Knaben und Halten einer Pallake.<br />

602 allg. zur Mutter-Tochter Beziehung, s. H. Foley, Mothers and Daughters, in: Neils – Oakley 2003, 113–137. – Zu den<br />

Arbeiten im Haus, s. M. Golden, Children and Childhood in Classical Athens (Baltimore 1990) 33. 128.<br />

603 F. A. G. Beck, Album of Greek Education. The Greeks at School and Play (Sydney 1975) 55 f.; S. Guettel Cole, Could<br />

Greek women read and write?, in: H. P. Foley (Hrsg.), Reflections of Women in Antiquity (New York 1981) 219–245;<br />

nach E. Cantarella, Pandora´s Daughters. The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore<br />

1987) 44 f. beschränkte sich die Bildung der athenischen Mädchen auf “women´s work“; V. Siurla-Theodoridou, Die<br />

Familie in der griechischen Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München 1989) 267 f. 374; S.<br />

Blundell, Women in Ancient Greece (Cambridge 1995) 133; A. Vazaki, Mousike Gyne. Die musisch-literarische<br />

Erziehung und Bildung von Frauen im Athen der klassischen Zeit (Möhnesee 2003) bes. 26–32.<br />

S e i t e | 133


Sicht eines unerfahrenen Mädchens anhaftete. 604 Die Gründe hierfür mögen vielfältig gewesen sein.<br />

Wie Medea bitter bemerkt, ist die Ehe ein Glücksspiel, man weiß nie, an welchen Mann man gerät. 605<br />

Die Eheschließung führt zu einem völligen Wandel der Lebenssituation, der miteinschloss, dass die<br />

Braut die gewohnte Umgebung ihres Elternhauses verließ, plötzlich die Verantwortung für einen<br />

Oikos schultern musste und nicht zuletzt in ein Abhängigkeitsverhältnis zu einem Mann geriet, der ihr<br />

fremd war, aber frei über ihren Körper verfügen konnte. 606<br />

Die athenische Polis war eine Gesellschaft mit strengen Verhaltensnormen, aber sie war gewiss nicht<br />

prüde. Fruchtbarkeitssymbole und -riten gehörten in ihrer apotropäischen Wirkkraft und kultischen<br />

Bedeutung zum Alltagsbild der Stadt. 607 An vielen Häusern und öffentlichen Plätzen standen Hermen,<br />

die Stadt war geschmückt mit Kunstwerken, welche die Schönheit des nackten männlichen Körpers<br />

priesen und spätestens seit dem Bau des Parthenon die Körper der Frauen in nie gekanntem Maß<br />

erotisierten. 608 Nachbildungen von Geschlechtsorganen begegnen als Votivweihungen in vielen<br />

Kulten, die auch von Frauen gepflegt wurden. 609 Besonders zu Beginn der Demokratie kamen gehäuft<br />

Gefäße mit erotischen Darstellungen in Umlauf, mit denen die Vasenmaler auf die Wünsche ihrer<br />

wohl hauptsächlich männlichen Kundschaft reagierten. Szenen sexuellen Verkehrs und orgiastischen<br />

Treibens v. a. auf Symposionskeramik waren Ausdruck eines neuen Lebensgefühls. 610 Es lässt sich<br />

heute schwer beurteilen, inwieweit Keramik mit erotischen Themen in den attischen Haushalten<br />

Verwendung fand, zumal viele dieser Gefäße nicht für den attischen Gebrauch gedacht waren, sondern<br />

nach Unteritalien und Etrurien exportiert wurden. Neben den eindeutig sexuellen Szenen gibt es<br />

solche, die mit erotischer Symbolik spielen, wie z. B. dem Phallusvogel. Das Hantieren mit Dildoi und<br />

die Selbstbefriedigung scheinen sich nahtlos in die Symposionsthematik einzufügen, welche dazu<br />

gedacht war, die Feiernden sexuell zu stimulieren. 611 In jüngster Zeit wurde jedoch vorgeschlagen,<br />

diese Darstellungen in einem kultischen Kontext als Art Fruchtbarkeitstanz zu betrachten. 612 Das<br />

hieße, dass die Abnehmer nicht nur männlichen Geschlechts gewesen sein müssen. Inwieweit nun<br />

junge Mädchen zuhause in Kontakt mit solchen Bildern kamen, lässt sich nur vermuten. Im Hause des<br />

Ischomachos wurde das Festgeschirr separat vom Gebrauchsgeschirr aufbewahrt und 613 Theophrast<br />

berichtet von der Existenz eines verschließbaren Schrankes, der eigens für Trinkschalen vorgesehenen<br />

604 z. B. Keuls 1985, 268.<br />

605 Eur. Med. 241–243.<br />

606 Eur. Med. 235–239.<br />

607 Zu den Thesmophoria, s. E. Simon, Festivals of Attica. An Archaeological Commentary (Wisconsin 1983) 18 ff.<br />

608 Zum Wandel des Frauenbildes von der geometrischen bis in klassische Zeit, s. C. Reinsberg, Frauenbilder –<br />

Männerbilder. Zur Genese des Frauenbildes in der griechischen Kunst, in: B. Miemitz (Hrsg.), Blickpunkt: Frauen- und<br />

Geschlechterstudien (St. Ingbert 2004) 235.<br />

609 Simon a. O. (Anm. 607) 18 ff.<br />

610 z. B. Peschel 1987; Kilmer 1993; A. Schäfer, Unterhaltung beim griechischen Symposion. Darbietungen, Spiele und<br />

Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz 1997).<br />

611 Reinsberg 1993, 44 interpretiert sie als Animierdamen auf Symposien oder als reine Männerphantasien.<br />

612 Hinweis von Kreilinger 2007, 163–169.<br />

613 Xen. oik. 9, 7. 10.<br />

S e i t e | 134


war 614 , die dann wahrscheinlich nur zum Gebrauch beim Symposion hervorgeholt wurden. Das<br />

Verstauen von Gebrauchsgegenständen in entsprechendem Mobiliar erfüllt jedoch primär vermutlich<br />

einen praktischen Zweck, und die Tatsache, dass manches Geschirr durch Riegel und Schlösser<br />

geschützt wurde, vermittelt uns einen Eindruck von der Wertschätzung und nicht zuletzt vom<br />

materiellen Wert derartiger Besitztümer. So ist es sehr wohl möglich, dass sich unter dem guten<br />

Geschirr nicht nur Ton-, sondern auch Metallobjekte befanden.<br />

Platons Statement, ältere Kinder sähen gerne Komödien 615 , ist angesichts der derben Späße, die oft<br />

sexueller Natur sind, nach heutigen Maßstäben doch einigermaßen überraschend. Es macht aber<br />

deutlich, dass man es in der Antike offenbar nicht für nötig hielt, die Jugend von derartigen Scherzen<br />

und Anzüglichkeiten fernzuhalten. 616 Nicht jeder konnte sich aber mit dieser sittlich nachlässigen<br />

Haltung anfreunden. Aristoteles ermahnt in seiner „Politik“, die Kinder nur mit kindgerechten Spielen<br />

und Erzählungen zu unterhalten und mit den Obszönitäten der Bildkunst und des Theaters zu<br />

verschonen. 617 Ob auch junge Mädchen Zutritt ins Theater hatten, ist kaum mehr zu beantworten.<br />

Noch heute ist es ein Streitpunkt, ob Frauen überhaupt das Theater besuchten. 618 Die Tatsache, dass<br />

sich der „Unverschämte“ bei Theophrast von seinen Söhnen ins Theater begleiten lässt 619 , hilft uns nur<br />

bedingt weiter, sind wir doch über die Familienzusammensetzung des Betreffenden nicht informiert.<br />

Wir können also nicht sagen, dass er seine Töchter vom Theaterbesuch ausschloss, solange wir nicht<br />

unterrichtet sind, ob er überhaupt Töchter besessen hat. Ebenso wenig bekannt ist, ob eine Tragödie<br />

oder eine Komödie aufgeführt wurde oder wie alt seine Söhne waren.<br />

Eine Gelegenheit, bei der sexuelle Aufklärung des Weiteren zur Sprache kommen könnte, ist die<br />

Ausübung von Frauen- und Mysterienkulten und ihren Initiationsriten. Leider sind wir über viele ihrer<br />

rituellen Vorgänge und deren Bedeutung nur mangelhaft informiert. 620 Auch was wir von Riten aus<br />

"öffentlichen" Kulten wissen, trägt nicht unbedingt zu einem besseren Verständnis des Begriffes<br />

"Initiationsritus" bei, der in der Antike gewöhnlich den Übergang von einer Alters- oder Reifestufe in<br />

eine andere markierte und gerade bei jungen Mädchen meist in Vorbereitung auf die Hochzeit<br />

begangen wurde. Die Brauronia etwa, deren Funktion als Initiationsritus in der Forschung wiederholt<br />

betont wurde, sahen zu Ehren der Artemis Wettläufe von Mädchen verschiedener Altersstufen vor, die<br />

614 Theophr. char. 18, 4 über den „Misstrauischen“: „Seine Frau fragt er während er schon im Bett liegt, ob sie die Geldtruhe<br />

verschlossen habe, ob der Becherschrank (kyliouchion) versiegelt und der Riegel vor das Hoftor gelegt sei [...].“<br />

615 Plat. leg. 658c. d.<br />

616 Einen ganz anderen Ton schlägt jedoch Aischin. Tim. 3–8 an, wenn er von Sittengesetzen für Knaben und Jünglinge<br />

spricht. Hier geht es in erster Linie darum, die in die Schule oder in die Palästra gehenden Knaben unter Aufsicht zu<br />

stellen und sie vor Nachstellungen zu schützen, ebenso aber ihre Prostitution durch nahe Verwandte zu unterbinden.<br />

617 Aristot. Pol. 1336b14–23.<br />

618 z. B. Plat. leg. 658d; C. Seltmann, Women in Antiquity (London 1956) 113; A. D. F. Kitto, Die Griechen. Von der<br />

Wirklichkeit eines geschichtlichen Vorbilds ²(Stuttgart 1959) 233 f.; R. Zoepffel, Aufgaben, Rollen und Räume von Frau<br />

und Mann im archaischen und klassischen Griechenland, in: J. Martin – R. Zoepffel (Hrsg.), Aufgaben, Rollen und<br />

Räume von Frau und Mann 2 (1989) 477; Schnurr-Redford 1996, 225–240.<br />

619 Theophr. char. 9, 5.<br />

620 Zu den Mysterien von Eleusis, s. L. Deubner, Attische Feste (Berlin 1956) 69 ff.<br />

S e i t e | 135


teils nackt, teils bekleidet antraten. 621 C. Sourvinou-Inwood bezeichnet die Arkteia als “rite of<br />

culturally controlled entrance into the socially determinded period characterized by the biological and<br />

social maturation process culminating in menarche”. 622 Die Auslegungen der kultischen Riten gehen<br />

weitgehend auf die Darstellungen der Krateriskoi zurück, die größtenteils nur sehr fragmentarisch<br />

erhalten und in ihrer Deutung keineswegs unumstritten sind. 623 Die verstreuten literarischen<br />

Kommentare sind zumeist sehr spät und werfen weitere Widersprüchlichkeiten auf. 624 Auch die<br />

Arrhephoria werden häufig als Übergangsritus bezeichnet und mit der Vorbereitung zur Hochzeit<br />

verknüpft. Das Mysterium der religiösen Bräuche und ein hohes Maß an kultureller Entfremdung<br />

erschweren es uns heute beträchtlich, die tatsächliche Bedeutung der kultischen Rituale zu erfassen,<br />

die das Weben des Peplos zu Ehren der Athena und den Transport geheimer Objekte, bei denen es sich<br />

nach einhelliger Meinung um Fruchtbarkeitssymbole gehandelt haben muss, beinhalteten. 625 Dass die<br />

Arrhephoria tatsächlich ein Initiationsritus mit hochzeitlichen Tendenzen gewesen sein soll, erscheint<br />

unwahrscheinlich, zumal die kleinen Mädchen gerade erst dem Kleinkindalter entwachsen waren. 626<br />

Zudem war der exklusive Dienst der Arktoi und der Arrhephoroi den Töchtern weniger, angesehener<br />

Familien vorbehalten. 627 Viel ergiebiger scheint es, in weiblichen Fruchtbarkeitskulten, die einer<br />

breiteren Masse zugänglich waren, nach Gelegenheiten zur Einführung junger Mädchen in die<br />

Sexualkunde zu suchen. Vielleicht wurde ihnen hier durch das Hantieren von Phalloi aus Teig oder<br />

Leder die eigene Sexualität bewusst gemacht, wie dies etwa im Rahmen der Thesmophoria 628 oder der<br />

Haloa 629 praktiziert wurde. Die aufwendige Inszenierung und das Zelebrieren der weiblichen<br />

621 E. Simon, Festivals of Attica. An Archaeological Commentary (Wisconsin 1983) 18 ff. 83 ff.; D. Hoof, Opfer – Engel –<br />

Menschenkind. Studien zum Kindheitsverständnis in Altertum und früher Neuzeit (Bochum 1999) 131–267; K. Waldner,<br />

Kulträume von Frauen in Athen: Das Beispiel der Artemis Brauronia, in: T. Spät – B. Wagner-Hasel (Hrsg.),<br />

Frauenwelten in der Antike (Stuttgart 2000) 53–81.<br />

622 C. Sourvinou-Inwood, Studies in Girls Transitions. Aspects of the Arkteia and Age Representation in Attic Iconography<br />

(Athen 1988) 29.<br />

623 z. B. L. Kahil, AntK Beih. 1, 1963, 5–29; dies., AntK 8, 1965, 20–33; dies., AntK 20, 1977, 86–98.<br />

624 z. B. Scholion zu Aristoph. Lys. 645; Waldner a. O. (Anm. 621) 78.<br />

625 Deubner a. O. (Anm. 620) 9 ff. hebt u. a. den Aspekt der Arrhephoria als Fruchtbarkeitsritus hervor, indem er Parallelen<br />

zu den Thesmophoria aufdeckt; Simon a. O. (Anm. 621) 39 ff. spricht sich gegen die Auffassung der Arrhephoria als Rite<br />

de passage aus.<br />

626 Aristoph. Lys. 642–648 nennt die Dienstzeit der Arrhephoren noch vor der der Arktoi; E. Specht, Schön zu sein und gut<br />

zu sein. Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland (Wien 1989) 40 nennt ein Alter zwischen<br />

sieben und zwölf; nach A. Dierichs, Pandora ist schuld, AW 3, 2006, 18 sind sie dagegen bereits 11–14jährig.<br />

627 Die Arhrephoroi waren nur zu zweit. Wie viele Mädchen als Arktoi in den Dienst der Artemis traten, ist unbekannt;<br />

aufgrund des Mangels an archäologisch nachweisbaren Unterbringungsmöglichkeiten im Heiligtum in Brauron dürfte die<br />

Zahl der Mädchen jedoch nicht sehr hoch gewesen sein. – Zu den Arktoi, s. z. B. E. Specht, Schön zu sein und gut zu<br />

sein. Mädchenbildung und Frauensozialisation im antiken Griechenland (Wien 1989) 37 ist der Ansicht, dass der<br />

ursprüngliche Charakter der Initiationsfeiern als „Altersklassenfeste“ nach und nach verloren ging; J. Mylonopoulos – F.<br />

Bubenheimer, Beiträge zur Topographie des Artemision von Brauron, AA 1996, 7–23; P. G. Themelis, Contribution to<br />

the Topography of the Sanctuary at Brauron, in: B. Gentili (Hrsg.), Le orse di Brauron. Un rituale di iniziazione<br />

femminile nel santuario di Artemide (Pisa 2002) 103–116.<br />

628 Man geht davon aus, dass das Fest verheirateten Frauen vorbehalten war, s. z. B. Deubner a. O. (Anm. 620) 53; Just<br />

1989, 24; Hartmann 2002, 94.<br />

629 Deubner a. O. (Anm. 620) 61 f. 65 f.; Fantham 1994, 90 f. – Genitalienweihungen wurden auch in attischen Aphrodite-<br />

Heiligtümern gefunden. Zum Aphrodite-Heiligtum am Nordhang der Akropolis, s. O. Broneer, Excavations on the North<br />

S e i t e | 136


Fruchtbarkeit zeigen deutlich, dass Sexualität bejaht und die Notwendigkeit zur Fortpflanzung als<br />

naturgegeben akzeptiert wurden.<br />

Vielleicht fanden die Aufklärung und die Entdeckung des weiblichen Körpers auch auf spielerischem<br />

Weg statt. Jungen Mädchen wurden unter ihren liebsten Spielsachen auch Puppen mit ins Grab<br />

gegeben, wie sie auch als Votivgaben von jungen Bräuten in Artemisheiligtümern überliefert sind. R.<br />

Lindner ist nun aufgefallen, dass diese Puppen keine niedlichen, jungen Mädchen darstellen, sondern<br />

erwachsene Frauen mit voll ausgebildeten Geschlechtsmerkmalen, an denen wohl „Erwachsenenrollen<br />

erprobt werden konnten“. 630<br />

Ich halte es nach diesem kurzen Überblick für sehr unwahrscheinlich, dass eine Gesellschaft wie die<br />

athenische, die eine stark ausgeprägte agrarische Orientierung besaß und Götter verehrte, die um der<br />

Fruchtbarkeit des Landes und ihrer Bewohner willen angebetet wurden, eine angemessene<br />

Vorbereitung ihrer heiratsfähigen Mädchen auf die sexuellen Aspekte der Ehe versäumt haben soll. Es<br />

handelt sich jedoch im Grunde um subjektive Schlussfolgerungen, da die Schriftquellen zu diesem<br />

Thema schweigen und die archäologischen Quellen oftmals ohne weitere kulturgeschichtliche<br />

Informationen nicht verständlich sind.<br />

4. 2. Die Ehefrau, das asexuelle Wesen<br />

Da die reproduktive Fähigkeit der Ehefrau in den Schriftquellen, wie wir gesehen haben, als<br />

konstituierendes Element für die Rechtsgültigkeit der Ehe vorgegeben ist, wird die Sexualität der<br />

Ehefrau in der Forschung gewöhnlich allein unter diesem funktionalen Aspekt betrachtet. Ein aktives<br />

Sexualleben, individuelle Wünsche und Leidenschaften werden der verheirateten Frau generell<br />

abgesprochen. Dabei werden die derben Späße der Komödie übersehen, die etwa das Vorurteil der<br />

sexuell unersättlichen Frau weidlich auskosten, oder auch die Nachrichten von Seitensprüngen<br />

verheirateter Frau in den Gerichtsreden und Komödien. 631<br />

Die moderne Forschung geht mit der antiken Frau bisweilen hart ins Gericht. Während E. Keuls den<br />

Begriff der sexuellen Frustration ins Spiel bringt 632 , sieht E. Slater den sexuellen Verkehr mit der<br />

Ehefrau als den Mann kaum tangierendes Pflichtprogramm, das sich hinter mannigfaltige<br />

Vergnügungen anderer Art einreiht. “The bride, then, is an ignorant and immature teenager, totally<br />

dependent upon a somewhat indifferent stranger for all her needs – stranger who regards marriage at<br />

best as a necessary evil, but certainly a tiresome, if only partial, interruption of a pleasant and well-<br />

Slope of the Acropolis in Athens, 1931–1932, Hesperia 2, 1933, 345 f. Abb. 18; ders., Excavations on the North Slope of<br />

the Acropolis in Athens, 1933–1934, Hesperia 4, 1935, 140 Abb. 30.<br />

630 R. Lindner, Im Tode gleich? Geschlechts- und altersspezifische Grabausstattungen im antiken Griechenland, in: E.<br />

Klinger u. a. (Hrsg.), Der Körper und die Religion. Das Problem der Konstruktion von Geschlechterrollen (Würzburg<br />

2000) 109.<br />

631 Lewis 2002, 121.<br />

632 Keuls 1985, 85. 99. 114.<br />

S e i t e | 137


established pattern of daily living, in which his social and sexual needs are already being satisfied, the<br />

latter through hetairai and young boys.” 633<br />

Es scheint ein verbreiteter Irrtum zu sein, zu folgern, die Funktion der Ehefrau erschöpfe sich in ihrer<br />

Fähigkeit zur Reproduktion, wogegen die sexuelle Befriedigung der Griechen vorrangig bis<br />

ausschließlich in homosexuellen Beziehungen und im Verkehr mit Prostituierten erfolgte. Es klingt<br />

bisweilen beinahe so, als hätten die attischen Männer in weiser Voraussicht Homosexualität und<br />

Prostitution eingerichtet, um sich angenehmere Alternativen zum öden ehelichen Verkehr offen zu<br />

halten. 634 Einige Gelehrten haben bezüglich der sexuellen Freiheiten der athenischen Männerwelt recht<br />

genaue Vorstellungen. So malt sich E. Keuls den „sexuellen Werdegang“ eines Atheners<br />

folgendermaßen aus: Während der Jüngling in seiner Jugend erste Erfahrung mit reiferen Männern<br />

sammelt, von den Hetären in die sexuellen Freuden des Symposions eingeweiht wird, genießt er als<br />

Erwachsener Sex à la carte, während seine frustrierte Gattin zuhause pflichtbewusst die Kinder hütet:<br />

„When no longer very young, our hero brought home a child bride whom he had not previously met.<br />

His new wife entered home, cowed and terrorized, both by the separation from her own family and the<br />

overdramatized prospect of defloration. If she survived the hazards of teenage motherhood, she<br />

probably developed, as a mature woman, feelings of frustration and hostility against her husband. By<br />

then our hero was a full-flegded member of the male community and was probably taking his turn as a<br />

lover of boys – getting even, in a way, for the humiliations of his own youth. With the onset of middle<br />

or old age he began to yearn for more tender attentions, regular companionship, and personal care; at<br />

that time, he would take a concubine (pallake).” 635<br />

S e i t e | 138<br />

4. 2. 1. Zwischen Ehefrauen, Hetären und schönen Knaben<br />

Es soll nicht bestritten werden, dass der athenische Mann in der Wahl seiner zwischengeschlechtlichen<br />

Beziehungen tatsächlich weitaus freier war als seine Ehefrau und dies auch gründlich ausgenutzt<br />

haben dürfte. Die Forderung nach Treue des Mannes in der Ehe wird erst im 4. Jh. v. Chr. hie und da<br />

laut. 636 Solange der Mann seinen bürgerlichen und familiären Pflichten nachkam, gab es keine<br />

moralischen Einwände gegen außereheliche Beziehungen. 637 Die Frage ist nur, ob deshalb für die<br />

Ehefrau ein verhärmtes und sexuell unbefriedigtes Dasein vorprogrammiert war. Die Koppelung der<br />

athenischen Bürgerrechte an eine legitime Herkunft verlangte eine straffe Regelung des<br />

Sexualverhaltens, die sich aufgrund ihrer Gebärfähigkeit hauptsächlich auf die Frau in Form von<br />

Verboten, Einschränkungen und Strafen auswirkte. 638 Der Mangel an Selbstbeherrschung und<br />

Kontrolle, eine konstatierte, beinahe schon chronische Krankheit des weiblichen Geschlechts, machte<br />

633 Ph. E. Slater, The Greek Family in History and Myth, Arethusa 7, 1973, 18 f.<br />

634 z. B. Just 1989, 145; Davidson 1999, 151 f.; K. J. Dover, Classical Greek Attitudes to Sexual Behavior, in: M. Golden –<br />

P. Toohey (Hrsg.), Sex and Difference in Ancient Greece and Rome (Edinburgh 2003) 114–128.<br />

635 Keuls 1985, 268.<br />

636 z. B. Isokr. 3, 40; Aristot. oec. I, 1344a; III, 144; s. auch Harrison 1968, 32; Just 1989, 141.<br />

637 Er durfte freilich keinen Ehebruch mit einer verheirateten Frau begehen, s. Harrison 1968, 33 ff.; Pomeroy 1985, 129.<br />

638 Zu Definition und straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen von moicheia, s. Harrison 1968, 32–38; Patterson 1998, 157–174.


in den Augen des Atheners gesetzliche Maßnahmen ausdrücklich notwendig, um die Ehre der Familie<br />

und des Mannes und letztlich die Stabilität des Oikos zu gewährleisten. 639 Die geforderte sexuelle<br />

Zurückhaltung und bedingungslose Treue der Frau wurden schnell zum Idealbild der keuschen, aber<br />

fruchtbaren Ehefrau stilisiert.<br />

Gleichzeitig muss man aber berücksichtigen, dass auch der Mann, obwohl Prostitution und<br />

Knabenliebe öffentlich gebilligt wurden, den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen musste. So<br />

wie es ein Idealbild der Ehefrau gab, gab es ein Idealbild des athenischen Bürgers. Die Erwartungen<br />

der Polis waren hoch. Nicht nur politische oder militärische Leistungen waren der Gradmesser für<br />

einen guten Athener, dieser musste sich auch in privaten Belangen als umsichtiger und<br />

verantwortungsbewusster Familienmensch erweisen. "Der Ledige galt als Prototyp des Asozialen, da<br />

er sich dem sozialen Netzwerk, das die Ordnung der Polis bedingte, entzog“, urteilt E. Hartmann. 640 In<br />

einer Gerichtsrede nimmt Kallistratos Anstoß daran, dass sich Olympiodor eine Hetäre hält, aber nicht<br />

daran denkt, zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen, sich also in gewisser Weise seiner sozialen<br />

Verantwortung zu entziehen versucht:<br />

„For you must know, men of the jury, that this fellow Olympiodorus has never married an<br />

Athenian woman in accordance with your laws; he has no children nor has ever had any,<br />

but he keeps in his house a mistress whose freedom he had purchased, and it is she who is<br />

the ruin of us all and who drives the man on to a higher pitch of madness. “<br />

(Demosth. or. 48, 53)<br />

Tatsächlich geht es dem Kläger also nicht um die Tatsache, ob sein Schwager verheiratet ist oder sich<br />

etwa eine Hetäre hält, sondern darum, dass dieser sie mit Luxusgütern überhäuft, während seine<br />

eigene Familie darbt. In einer weiteren Demosthenes-Rede wird das Freikaufen einer Hetäre durch den<br />

verheirateten Apollodoros als Anzeichen für dessen unbürgerlichen und aufwendigen Lebenswandel<br />

hingestellt. 641 Der Fall von Mantis zeigt, dass ein Athener seine Privatangelegenheiten nach<br />

Gutdünken regeln konnte, solange er seine Familie nicht vernachlässigte oder die Rechte seines<br />

legitimen Erben beschnitt. 642 Der inzwischen verstorbene Vater war ein Liebesverhältnis mit einer<br />

gewissen Plangon eingegangen, deren Status der einer Bürgerin gewesen sein dürfte, auch wenn<br />

Mantitheus, der legitime Sohn des Mantis aus der Ehe mit der Tochter des Polyaratos, sie als gynaika<br />

hetaira 643 und die Beziehung zu seinem Vater gehässig als nicht rechtsgültig bezeichnet. Mit Hilfe<br />

einer List bewegt Plangon Mantis dazu, ihre beiden Söhne als die seinen anzuerkennen, die so<br />

dasselbe Anrecht auf das väterliche Erbe haben wie Mantitheus. Angesichts der athenischen<br />

Gesetzeslage ist es erstaunlich, wie dies möglich gewesen sein kann, war Mantis doch, so zumindest<br />

stellt es Mantitheus dar, zu keiner Zeit mit Plangon, vorausgesetzt sie war überhaupt eine Bürgerin,<br />

kata tous nomous verheiratet.<br />

639 Reinsberg 1993, 43.<br />

640 Hartmann 2002, 109; ähnlich auch R. Flacelière, Griechenland. Leben und Kultur in klassischer Zeit (Stuttgart 1977) 84;<br />

Davidson 1999, 126.<br />

641 Demosth. or. 36, 45.<br />

642 Zu nothoi und gnesioi, s. Lacey 1983, 106 f. 114.<br />

643 Demosth. or. 39, 26.<br />

S e i t e | 139


Die Beziehungen zu Ehefrauen, Hetären und Jünglingen wurden vielfach in der Forschung bezüglich<br />

ihrer Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Welcher man nun letztlich den Vorzug geben<br />

mag, hängt dabei stark von der jeweiligen Fragestellung und nicht zuletzt von subjektiven Eindrücken<br />

ab. Obgleich z. B. R. Just keineswegs gefühlsmäßige Bindungen zu Ehefrauen oder Hetären<br />

ausschließt, sieht er doch in der homoerotischen Beziehung den größtmöglichen Nutzen für den<br />

Bürger begründet. Sie sei die einzige der drei Liebesbeziehungen, die von sozial Gleichgestellten und<br />

aus freien Stücken eingegangen, und deren erotische Erfahrungen nicht durch die Notwendigkeit der<br />

Fortpflanzung oder die Bezahlung sexueller Dienste belastet würde. 644 Inwieweit im reellen Leben die<br />

Ehefrau mit dem Jüngling konkurrieren musste, bleibt unsicher. Homosexualität wurde z. T. gar als<br />

Ausdruck der Zurückweisung alles Weiblichen verstanden. 645 Homosexuelle Vorlieben wurden zwar<br />

vermutlich eher vor der Eheschließung ausgelebt 646 , dennoch machen die philosophischen Gespräche<br />

im „Symposion“ Platons deutlich, wie sehr auch reife Männer noch den Reizen eines schönen<br />

Jünglingskörpers erlagen. Nach E. Cantarella finden Männer ihre sexuelle Stimulanz und Erfüllung<br />

dagegen eher bei Hetären. “This relationship was meant to be somehow gratifying for the man, even<br />

on the intellectual level, and was thus completely different from men´s relationships with either wives<br />

or prostitutes.” 647 Was derartige Untersuchungen trotz der unterschiedlichen Schlussfolgerungen im<br />

Allgemeinen gemein haben, ist die geringe Meinung von der sexuellen Attraktivität der Bürgerin.<br />

S e i t e | 140<br />

4. 2. 2. Die Antithese Ehefrau – Hetäre in den schriftlichen Quellen<br />

Die Polarisierung von Ehefrau und Hetäre 648 , die die moderne Forschung lange vertreten hat, geht<br />

genau genommen bereits auf antike Praxis zurück. In einem Fragment des Menander wird die Ehefrau<br />

in direkte Konkurrenz zur Hetäre gesetzt:<br />

„Schwer ist, o Pamphile, für eine freie Frau<br />

Der Kampf mit einer Dirne. Hat sie doch mehr List,<br />

Mehr Wissen, schämt sich nicht und schmeichelt mehr!“ (Men. fr. 54)<br />

Auch ein von Athenaios überliefertes Fragment der Mittleren Komödie weiß sehr genau um die<br />

Vorteile einer Hetäre im direkten Vergleich mit der Ehefrau:<br />

644 Just 1989, 147–151; s. auch Plat. symp. 192a: Die männliche Natur strebt dem Gleichen und Ebenbürtigen zu, d. h. edlen<br />

Männern und Knaben; in diesem Sinne auch Keuls 1985, 275: “Indeed, neither their cowed or vicious wifes at home nor<br />

the calculating hetaerai of their symposium nights can have been very satisfying sex partners in the long run.” Reinsberg<br />

1993, 163.<br />

645 Keuls 1985, 275.<br />

646 Just 1989, 145. 150; Athen. 13, 593a kennt eine Anekdote über den Redner Demosthenes, nach der jener sich einen<br />

Lustknaben ins Haus geholt haben soll; seine Ehefrau hat es ihm heimgezahlt, indem sie ihrerseits mit dem jungen Mann<br />

ein Verhältnis anfing.<br />

647 E. Cantarella, Pandora´ Daughters. The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore 1987) 50;<br />

so auch Peschel 1987, 18.<br />

648 Kritik am sog. „Zwei-Typen-Modell“, s. Davidson 1999, 96 ff.; Hartmann 2002, 133.


„Ist die Hetäre nicht was Freundlicheres als die Ehefrau?<br />

Gewiss, viel freundlicher! Die Frau<br />

Sitzt stolz im Haus, pocht auf ihr Recht. Doch jene weiß,<br />

Mit feiner Lebensart als Köder angelt man<br />

Den Mann. Misslingt´s beim einen, beißt der nächste an. (Amphis fr. 1)<br />

Die antiken Quellen, wie vorab ausführlich dargelegt wurde 649 , geben den Zweck der ehelichen<br />

Gemeinschaft deutlich wieder: Ehen werden geschlossen, um Kinder zu zeugen und um dem Haus<br />

eine Verwalterin voranzustellen, die die Angelegenheiten im Inneren versieht, während ihr Mann<br />

Erträge erwirtschaftet und Politik betreibt. 650 Mit unseren heutigen Idealen der innigen Zweisamkeit<br />

und Liebesheirat verglichen, fällt dieses Urteil enttäuschend nüchtern aus. 651 Im direkten Vergleich mit<br />

der Hetäre konnte die Ehefrau angesichts des vorherrschenden Frauenbildes also nur verlieren. Kurz<br />

nach Einsetzen ihrer Pubertät bereits mit einem ihr fremden Mann verheiratet, taugt sie nach Meinung<br />

vieler hauptsächlich, einer Angestellten gleich, als Organisatorin des Haushaltes 652 , sexueller Kontakt<br />

wird allein zu dem Zweck der Fortpflanzung gepflegt. 653 Tagaus, tagein versieht sie treu, aber<br />

ungeliebt ihre Pflichten, ist an das Haus gebunden und kann nur zu seltenen Gelegenheiten wie<br />

Hochzeiten, Begräbnissen oder kultischen Feiern aus ihrer kleinen Welt ausbrechen. 654 Um wie viel<br />

aufregender erscheint dagegen die Hetäre! 655 Sie gilt, auch nachdem man inzwischen von der<br />

Vorstellung der strahlenden Lebefrau abgerückt ist und auch auf ihre ökonomische Abhängigkeit und<br />

ihre niedrige soziale Stellung aufmerksam wurde 656 , dennoch weiterhin als unterhaltsam, feinsinnig<br />

und kultivierter als die Ehefrau. Ihre Schönheit ist legendär und ihre Fähigkeiten, ihren Liebhaber mit<br />

Musik, Flirt und Sex zu umgarnen, sind von der prüden und ungebildeten Ehefrau meilenweit<br />

entfernt. 657 Die sexuelle Selbstbestimmung wurde oft als der große Unterschied zwischen Ehefrau und<br />

649 Vgl. Kap. 1. 2 und 2. 2<br />

650 z. B. Xen. oik. 7, 18–24; Xen. mem. II 2, 4; Demosth. or. 59, 122; s. auch Reinsberg 1993, 34 f.<br />

651 Für B. Borg, Der Logos des Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen griechischen Kunst (München 2002)<br />

? eine typisch westliche Haltung, die Zweckehen als freudlos und den ehelichen Sex als Vergewaltigung verurteilt.<br />

652 E. Guhl – W. Koner (Hrsg.), Leben der Griechen und Römer 6 (Berlin 1893) 318; E. Keuls, The Hetaira and the<br />

Housewife. The Splitting of the Female Psyche in Greek Art, MededRom N. S. 9/10, 1983, 27.<br />

653 z. B. Reinsberg 1993, 78: "Die geringe Bedeutung, die der Geschlechtsverkehr in der Ehe hatte, war nur ein Grund dafür,<br />

dass eheliche Sexualität nicht dargestellt wurde. Darüber hinaus spielten Dezenz und Schamgefühl eine wesentliche<br />

Rolle, das eheliche Liebesleben fremdem Einblick zu entziehen und nicht ebenso unverblümt abzubilden wie<br />

Hetärenliebe." Eine extremere Position bezieht Keuls 1985, 85: "That Greek women of all classes suffered considerable<br />

sexual frustration is likely."<br />

654 Reinsberg 1993, 41. 43: Ihr Urteil erfährt eine weitere Verschärfung, indem sie vom Schicksal der Hausfrauen in<br />

"emotionaler Verkümmerung, geistiger Verarmung und Abstumpfung" spricht; positiver dagegen A. Vazaki, “Gute”<br />

Schülerinnen. Mädchenunterricht in attischen Vasenbildern der klassischen Zeit, in: B. Miemitz (Hrsg.), Blickpunkt:<br />

Frauen- und Geschlechterstudien (St. Ingbert 2004) 249.<br />

655 Allg. z. B. Peschel 1987; Calame 1992, 82–87; Reinsberg 1993, 80–162; Davidson 1999, 99 ff.; Hartmann 2002, 133–<br />

211. – Zur Etymologie des Begriffes „hetaira“, s. auch Athen. XIII 571d. e.<br />

656 z. B. Keuls 1985, 174 ff.<br />

657 E. Cantarella, Pandora´s Daughters. The Role and Status of Women in Greek and Roman Antiquity (Baltimore 1987)<br />

50: “This relationship (mit einer Hetäre) was meant to be somehow gratifying for the man, even on the intellectual level,<br />

and was thus completely different from men´ s relationships with either wives or prostitutes. “<br />

S e i t e | 141


Hetäre deklariert. Während die Hetäre die Freiheit hatte, zu entscheiden, mit wem, wann und wie oft<br />

sie verkehrte, gab es für die Ehefrau nur einen Partner, und er bestimmte, wann ihm seine Ehefrau<br />

gefügig zu sein hatte. 658<br />

Die Ehefrau des klassischen Athen wird in den antiken Quellen in der Regel nur am Rande fassbar.<br />

Die Verhaltensideale der Zurückgezogenheit und Bescheidenheit verdrängen sie weitgehend aus dem<br />

Blick der Öffentlichkeit. Sie geraten nur dann in den Blickpunkt des Interesses, wenn sie einen<br />

Skandal heraufbeschwören oder in einen Gerichtsfall verwickelt sind. Xenophons Diskurs über das<br />

rechte Haushalten ist eher eine Ausnahme. Und doch ist auch hier nicht zu übersehen, dass uns der<br />

Name der betreffenden Frau vorenthalten wird, und ihre Persönlichkeit nicht über ihr Rollen-<br />

verständnis als ideale Haus- und Ehefrau hinaus entwickelt ist. Die Sitte der Athener, ihre Ehefrauen<br />

abzuschirmen, führte die Forscher zu zwiespältigen Schlussfolgerungen bezüglich ihrer<br />

gesellschaftlichen Stellung: entweder waren deren Frauen geachtet und schützenswert oder aber<br />

isoliert lebende und vernachlässigte „Objekte“. 659 J. N. Davidson macht auf einen bisher kaum in<br />

Erwägung gezogenen Punkt aufmerksam. „Dass ein Ausschluss Begehren in Wirklichkeit<br />

hervorbringt, dass er Reize in besonderer Weise aktiviert, dass er sexuell stimulierend wirkt und nicht<br />

nur ein passiver Reflex bestehender Triebe ist, wird selten berücksichtigt.“ 660 Gerade die Tatsache<br />

also, dass Ehefrau oder Bürgerstochter vor neugierigen Blicken verborgen waren, mochte die<br />

Phantasie und das Begehren der Männer angeregt haben.<br />

Die Prostituierten Athens waren keine homogene Masse; neben den Hetären waren es vor allem die<br />

Pornai, die in den Bordellen und an Straßenecken in den einschlägigen Vierteln billig für eine Obole<br />

zu haben waren und die das Straßenbild Athens viel mehr geprägt haben dürften als die Hetären. Und<br />

nicht zuletzt lassen sich auch die Reihen der Hetären nochmals in zwei Kategorien unterteilen:<br />

einerseits die Frauen, die für Symposionsabende von Kupplern zu mieten waren, wie z. B. Neaira am<br />

Anfang ihrer ′Karriere′ 661 , und die sog. Megalomisthoi, von denen bekannt ist, dass sie sich mit Prunk<br />

umgaben und sündhaft teuere Weihgeschenke in Heiligtümer stifteten. Zu letzteren gehörte sicherlich<br />

Theodote, die ein eigenes Haus unterhielt und dank ihrer zahlreichen Verehrer in Luxus schwelgte. 662<br />

Entgegen dem ersten Eindruck und trotz des breit gefächerten Schriftmaterials erhalten wir keine<br />

weniger stilisierte Schilderung des Hetärentums in Athen als im Bezug auf die Stellung und die<br />

Tugenden der Ehefrau. Es sind die wenigen großen Hetären wie Phryne, Theodote, Aspasia oder<br />

Rhodopis, die entweder wunderschön, sagenhaft reich 663 waren oder durch ihre Beziehung zu<br />

berühmten Künstlern und Politikern von sich reden machten, und die letztendlich für lange Zeit die<br />

Vorstellung des Hetärentums prägten. Daneben erfahren wir lediglich hier und dort am Rande, wie<br />

658 Keuls a. O. (Anm. 652) 23–40.<br />

659 Einen knappen Überblick über die diesbezügliche Forschungsgeschichte bietet z. B. Pomeroy 1985, 86–89.<br />

660 Davidson 1999, 151.<br />

661 Demosth. or. 59, 26 ff.<br />

662 Xen. mem. 3, 11,1 ff.<br />

663 Athen. 13, 591b–d: So soll z. B. Phryne eine Erosstatue des Praxiteles in das Heiligtum von Thespiai geweiht haben;<br />

legendär ist ihr Angebot, die Stadtmauer Thebens nach ihrer Zerstörung durch <strong>Alexander</strong> aus eigenen Mitteln wieder zu<br />

errichten.<br />

S e i t e | 142


sich ein Mann wegen einer Hetäre zum Narren macht, in Streitereien und Handgreiflichkeiten<br />

verwickelt wird 664 , seinen gesamten Besitz verschleudert 665 oder seine Ehefrau verärgert, indem er<br />

seine Geliebte in sein Haus brachte 666 . In der klassischen Literatur ergeht es den Hetären im Grunde<br />

nicht viel anders als der Gesamtheit der Frauen: Das Urteil der Autoren schwankt zwischen<br />

Bewunderung und Lob, Kritik und Verachtung. 667 Nicht jeder war von dem kunstvollen, aber<br />

zwielichtigen Spiel der Hetären angetan, wie die umfangreiche Zitatensammlung des Athenaios<br />

belegt. Einen kleinen Vorgeschmack mag vielleicht folgende Passage geben:<br />

„Welcher Mensch sich in ein leichtes Mädchen hat verliebt –<br />

Keiner könnte wohl bestreiten, dass sich diese Art Geschöpf am meisten gegen das Gesetz<br />

vergeht<br />

Welches wahre Drachenweib, welch feuerschnaubende Chimäre<br />

Oder Charybdis, die Skylla mit drei Köpfen, dieses Hunde-Seegeschöpf,<br />

Welche Sphinx wie Hydra, Löwin oder Natter und geflügelte Harpyenbrut<br />

Hat denn einen schändlicheren Ruf als die verfluchte Zunft?<br />

Das gibt´s nicht; denn diese Frauen übertreffen alles Schlimme, was es gibt.“<br />

(Athen. 13, 558a–b)<br />

Die Faszination, die das Hetärenwesen von Beginn an auf die historische Forschung ausübte, dürfte<br />

wesentlich von Autoren römischer Zeit beeinflusst worden sein, als etwa Lukian in seinen<br />

„Hetärengesprächen“ oder Athenaios in seinem „Gelehrtenmahl“ den Hetären ein literarisches<br />

Denkmal setzten. 668 Die historische Forschung besonders des 20. Jhs. erlag dem Flair der griechischen<br />

Hetäre und stilisierte sie zur schönen und verführerischen Femme fatale. 669 Noch heute scheint sich<br />

dies auf die Wertschätzung der athenischen Ehefrau auszuwirken.<br />

4. 2. 3. Das Verhältnis der Ehepartner<br />

Tatsächlich scheint es zunächst berechtigt anzunehmen, dass Ehen, die unter praktischen<br />

Gesichtspunkten, d. h. aufgrund sozialer, politischer oder finanzieller Aspekte, geschlossen werden,<br />

weniger auf persönlicher Nähe oder Zuneigung beruhen. Unter günstigen Umständen mag sich ein<br />

zumindest freundschaftliches und auf Respekt und Vertrauen basierendes Verhältnis zwischen den<br />

Ehegatten entwickeln, wie dies etwa Xenophon in seinem „Oikonomikos“ schildert. Gegenseitige<br />

Achtung und Vertrauen scheinen in der Beschreibung griechischer Ehen Schlüsselbegriffe zu sein.<br />

Xenophons Konstrukt einer harmonischen Ehe fußt auf folgender simpler Gleichung: In einem<br />

664 z. B. Lys. 1, 43; 4, 8; Demosth. or. 54, 14.<br />

665 Is. 6, 21; Demosth. or. 48, 55; s. auch Davidson 1999, 227 ff.<br />

666 Plut. Alk. 8; Demosth. or. 59, 21 f.<br />

667 Athen. 13, 568a–d überliefert ein Frg. des Alexis, das die Hetären als geldgierig brandmarkt und vor ihren<br />

Umgarnungskünsten warnt; Men. Sam. 392–396; s. auch Pomeroy 1985, 136; Reinsberg 1993, 87. 156–158; Davidson<br />

1999, 143.<br />

668 L. K. McClure, Courtesans at Table. Gender and Greek Literary Culture in Athenaeus (New York 2003).<br />

669 Reinsberg 1993, 81 f.<br />

S e i t e | 143


Haushalt, in dem Mann und Frau ihren Pflichten nachkommen und die eheliche Gemeinschaft<br />

bereitwillig fördern, mündet dies zwangsläufig in gegenseitigem Respekt und Zuneigung. Eine<br />

derartige, persönlich-emotionale Beziehung beinhaltet auch einen körperlich-sexuellen Aspekt 670 , der<br />

zuallererst das Zeugen von Nachkommen zum Ziel hat und weder als lästig noch als oktroyiert<br />

empfunden wird. Sinn und Zweck einer Ehe beruhen allerdings, so sagt Ischomachos selbst, auf weit<br />

mehr als rein körperlicher Anziehung und Ausübung des Geschlechtsverkehrs. 671 Im Grunde gibt<br />

Xenophon damit den Inhalt der berühmten Demosthenes-Stelle 59, 122 wieder, die als Unterschied<br />

zwischen Hetäre und Ehefrau betont, dass erstere (nur) körperliche Lust stillt, während letzterer der<br />

Besitz und die legitimen Kinder anvertraut werden.<br />

Auch Euphiletos konstatiert vor Gericht, dass er mit seiner Frau ein Vertrauensverhältnis hatte. 672<br />

Dieses ist nach unseren Maßstäben allerdings nicht unbedingt mit Liebe gleichzusetzen: „Rather, their<br />

„intimacy“, as the Greek term oikeiotes implies, has to do with the joint establishment of a domestic<br />

unit and with the procreation of children.” 673 Sogar Aristoteles spricht in den „Oikonomika“ von<br />

Vertrauen, Achtung und Freundschaft, die der Ehegatte seiner Gattin entgegenbringen sollte, und<br />

schafft daraus die Grundlage für eine beidseitige, von Philia geprägte Beziehung. 674 Gleichzeitig<br />

befürchtet er als Pragmatiker jedoch, dass eine zu große emotionale Verbundenheit der Ehepartner das<br />

auf den praktischen Nutzen ausgerichtete Arrangement der ehelichen Gemeinschaft aus dem<br />

Gleichgewicht bringt: 675<br />

S e i t e | 144<br />

„Was aber den täglichen Umgang miteinander angeht, so soll man es weder an etwas fehlen<br />

lassen, noch ihn in dem Maße pflegen, dass im Fall einer Abwesenheit (beide) in Unruhe<br />

sind, sondern man soll die Frau so erziehen, dass sie sich angemessen verhält, ob der Mann<br />

nun anwesend ist oder abwesend ist.“ (Aristot. oec. I, 1344a)<br />

Während die Quellen für die klassische Zeit des 5. und frühen 4. Jhs. v. Chr. vor allem pragmatische<br />

Argumente für das Zustandekommen einer Ehe nennen, gibt es in der Folgezeit durchaus auch<br />

Beispiele, wo das liebenswerte Wesen der Ehefrau das Herz eines Mannes zu gewinnen vermag. In<br />

einem Fragment einer verlorenen Komödie hat sich ein Mann so sehr in seine junge Frau verliebt, dass<br />

er keine Nacht ohne sie sein kann. 676 In den Komödien des Menander hat sich dann die Liebe als<br />

Grundlage für den Ehebund durchgesetzt. 677 Als sich im „Menschenfeind“ Sostratos unsterblich in<br />

Myrrhine verliebt hat, unterstreicht er im Gespräch mit ihrem Bruder die Ehrbarkeit seiner Werbung ,<br />

indem er sagt, seine Liebe sei so stark, er würde sie auch ohne Mitgift ehelichen. Später gibt ihm sein<br />

Vater den weisen Rat:<br />

670 Sutton 2004, 328.<br />

671 Xen. oik. 7, 10 f.; Calame 1992, 91: “In Grecia l´ unione matrimoniale, compimento del desiderio amoroso, fonda sulla<br />

sesssualità una relazione di philotes.”<br />

672 Lys. 1, 6.<br />

673 Just 1989, 137.<br />

674 Aristot. oec. III, 143 f.; Reuthner 2006, 97 f.: Letztlich steht über allem aber dennoch die Überzeugung der Herrschaft des<br />

Mannes über die Frau.<br />

675 C. A. Cox, Household Interests (Princeton 1998) 72.<br />

676 P. Antinoop. 15.<br />

677 Mossé 1983, 121–125.


„Ich weiß doch, bei den Göttern, und ich sage dir:<br />

Für junge Menschen ist die Ehe von Bestand,<br />

Wo Liebe mit im Spiel ist und zur Ehe führt.“ (Men. Dysk. 788–790)<br />

4. 2. 4. Das Verhältnis von Liebhaber und Hetäre<br />

Beziehungen mit Hetären, die durch ihr gutes Aussehen, ihren schönen Körper, ihren<br />

Unterhaltungswert und ihre sexuelle Verfügbarkeit bestechen, werden unter ganz anderen<br />

Grundvoraussetzungen als eine Ehe eingegangen. In erster Linie geht es um das Stillen körperlicher<br />

Begierden. 678 Daneben mögen die Hetären es verstanden haben, durch feine Bildung, Schönheit und<br />

aufreizendes Benehmen so manchen Athener auch längerfristig zu betören und an sich zu binden. 679<br />

Eine Affäre mit einer Hetäre wurde zum regelrechten Statussymbol eines jeden Bonvivant. Ariston<br />

bemängelt den allgemeinen moralischen Verfall der athenischen Jugend, die das Flirten als sportlichen<br />

Wettkampf unter Gleichaltrigen betreiben, wobei Prügeleien und Handgreiflichkeiten an der<br />

Tagesordnung sind. 680 Nicht zufällig sind es oft politische Größen, Dichter oder Künstler, die sich mit<br />

der Eroberung stadtbekannter Hetären schmückten. Das prominenteste Paar der athenischen<br />

Geschichte ist sicherlich Perikles und Aspasia. Die Authentizität von Plutarchs Geschichten ist leider<br />

nicht garantiert, gehört der Biograph doch bereits zu den Autoren des zweiten nachchristlichen<br />

Jahrhunderts:<br />

„Die einen behaupten, Perikles habe Aspasia nur wegen ihrer Weisheit und politischen<br />

Einsicht umworben. Denn auch Sokrates besuchte sie zuweilen mit seinen Schülern, und<br />

ihre Freunde brachten oft die eigenen Gattinnen zu ihr, damit sie ihr zuhören könnten. […]<br />

Da sie [Perikles und seine erste Frau] aber nicht glücklich miteinander lebten, gab er sie mit<br />

ihrer Einwilligung einem andern zur Frau. Er selber nahm Aspasia, an der er in inniger<br />

Liebe hing; denn man erzählt, er habe sie jeden Tag, wenn er das Haus verließ und wenn er<br />

vom Markt heimkehrte, zärtlich geküsst.“ (Plut. Per. 24)<br />

Über den Status und den Charakter Aspasias wurde viel gerätselt. 681 Die Tatsache, dass sie sich im<br />

gleichen sozialen Umfeld wie viele politische oder philosophische Berühmtheiten bewegte, zeigt von<br />

Anfang an ihre Andersartigkeit. Ob die Skandalgeschichten, sie habe sich anfänglich in Athen als<br />

Hetäre verdingt und dann später sogar ein Bordell betrieben 682 , allein bösen Zungen und Neidern<br />

zuzuschreiben sind, sei dahingestellt. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass der<br />

Begriff „Hetäre“ bereits im klassischen Athen inflationär gebraucht wurde für jene Ausländerinnen,<br />

678 Peschel 1987, 19 verweist auf die Rede gegen Neaira 20, wo die Hetären definiert werden als Frauen, die „mit dem<br />

Körper arbeiten“.<br />

679 Peschel 1987, 18 sieht es als ein Verhältnis frei von sozialen Zwängen; Calame 1992, 86 hält auch philia für möglich.<br />

680 Demosth. or. 54, 14.<br />

681 z. B. L.-M. Günther, Aspasia und Perikles. Rufmord im klassischen Athen, in: M. H. Dettenhöfer (Hrsg.), Reine<br />

Männersache? Frauen in Männerdomänen der antiken Welt (München 1996) 41–67.<br />

682 z. B. Plut. Per. 24, der ihr insgesamt aber recht wohlgesonnen ist; dagegen Aristoph. Ach. 524–534; ders., Lys. 107–112;<br />

Athen. 13, 569f–570a. b.<br />

S e i t e | 145


die unkonventionelle Beziehungen mit populären Athenern unterhielten. 683 Aspasia war in jeder<br />

Hinsicht eine ungewöhnliche Frau, die auch unter den Hetären kaum Vergleiche findet. Sie darf zu<br />

den wenigen Frauen gezählt werden, die alle Merkmale der „idealen Hetäre“ in sich vereinen:<br />

Schönheit und Charme gepaart mit Weisheit, politischer Einsicht und Bildung. 684<br />

Ebenso wenig wie für eine legitime Ehe Zuneigung pauschal vorausgesetzt werden kann, gilt dies für<br />

Respekt und Liebe in einer auf Erotik und Genuss basierenden Beziehung. War eine Liebesaffäre<br />

dauerhaft in der Lage, die soziale Kluft zwischen Freier und Hetäre zu überbrücken und die Tatsache,<br />

dass die Grundlage ihrer Bindung stets eine geschäftliche war, vergessen zu lassen? 685 Erinnern wir<br />

uns an Neaira 686 , die am Beginn ihrer schillernden Laufbahn ihrer Kupplerin von zwei Liebhabern<br />

abgekauft wird. Nachdem Timanoridas und Eukrates ihr die Möglichkeit geboten haben, sich<br />

freizukaufen, gerät sie an Phrynion. Mit entrüsteten Worten beschreibt der Ankläger in der<br />

Gerichtsrede die Ausschweifungen der beiden, die sogar den auf Symposien erlaubten Rahmen der<br />

Freizügigkeit sprengen. Phrynion verkehrt mit ihr vor den Augen seiner Bekannten, und als alle<br />

besinnungslos betrunken sind, wird Neaira von einem Symposiasten zum nächsten gereicht. 687 Neaira<br />

beendet die für sie trotz der offensichtlichen Großzügigkeit Phrynions unbefriedigende Beziehung<br />

durch ihre Flucht nach Megara.<br />

S e i t e | 146<br />

„Since, then, she was treated with wanton outrage by Phrynion, and was not loved as she<br />

expected to be, and since her wishes were not granted by him, she packed up his household<br />

goods and all the clothing and jewelry with which he had adorned her person, and, taking<br />

with her two maid-servants, Thratta and Coccaline, ran off to Megara.“<br />

(Demosth. or. 59, 35)<br />

Der Fall der Neaira ist noch aus einem anderen Grund interessant: Als Ursache, warum ihre ersten<br />

beiden Besitzer sich ihrer Hetäre entledigen möchten, wird nämlich deren bevorstehende Verheiratung<br />

genannt. 688 Es ist kaum anzunehmen, dass grundsätzlich alle Männer ihre Hetärenliebschaften<br />

zugunsten einer Ehefrau aufgaben. 689 Erst in den Komödien des Menander erhält man den Eindruck,<br />

dass Liebesheiraten allmählich außereheliche Affären mit Hetären ersetzen. 690 Man kann nur<br />

vermuten, dass Neaira, da sie ja ihrer Kupplerin abgekauft worden war, in einem der Häuser ihrer<br />

Besitzer residierte, so dass sich im Falle einer Heirat Komplikationen ergaben. Es galt als beleidigend<br />

683 s. auch Davidson 1999, 96.<br />

684 Just 1989, 144.<br />

685 Just 1989, 146 f.<br />

686 Zur Neaira-Rede, s. C. B. Patterson, The Case against Neaira and the Public Ideology of the Athenian Family, in: A. L.<br />

Boegehold – A. C. Scafuro (Hrsg.), Athenian Identity and Civic Ideology (Baltimore 1994) 199–216; D. Hamel, Der Fall<br />

Neaira. Die wahre Geschichte einer Hetäre im antiken Griechenland (Darmstadt 2004).<br />

687 Demosth. or. 59, 33: „[…] he treated her without decency and restraint. […] many had intercourse with her when she was<br />

drunk, while Phrynion was asleep, among them even the serving-men of Chabrias.“<br />

688 Demosth. or. 59, 30.<br />

689 Wie der Fall des Alkibiades und der Hipparete belegt, s. Plut. Alk. 8.<br />

690 z. B. Men. Virtuose S. 226, der eine junge Frau – „ sie war ja frei und stammt aus einer Griechenstadt“ – einer Dirne<br />

vorzieht.


genug, wenn ein Mann im Verlauf seiner Ehe eine Hetäre in seinem Haus einquartierte 691 , die junge<br />

Braut unmittelbar nach der Hochzeitsnacht der Geliebten vorzustellen, wäre ein unverzeihlicher<br />

Fauxpas gewesen.<br />

Abrotonon, in Menanders Komödien der Stereotyp der Hetäre, ist geradezu empört, als ihre<br />

Liebesbekundungen und Zärtlichkeiten bei Charisios, der sich nach seiner Frau verzehrt, von der er<br />

glaubt, sie habe ihn betrogen, auf brutale Ablehnung stoßen:<br />

„Lasst mich, ich bitte dich, und kränkt mich nicht!<br />

Ich Arme hab mich selbst zum Spott gemacht<br />

Ganz unverhofft. Ich meint, er würd mich lieben,<br />

Doch unvorstellbar hasst mich dieser Mensch.<br />

Ich Arme darf mich nicht einmal an seine Seite,<br />

Nur abseits legen.“ (Men. Epitrep. 430–435)<br />

Obwohl es immer als Vorteil angerechnet wird, dass die Hetäre keinen sittlichen Normen verpflichtet<br />

ist, birgt ihre Stellung auch Nachteile. Im Gegensatz zu einer Ehefrau, die in der Regel in ihrem<br />

familiären Verband verankert ist, der sie nach dem Tod ihres Mannes bzw. der Scheidung von ihrem<br />

Ehemann wieder aufnimmt 692 , verliert die Hetäre mit ihrem Liebhaber Einkunftsquelle und finanzielle<br />

Absicherung. Während die Mitgift, der zwischen zwei Familien geschlossene Kontrakt der Engye oder<br />

die Furcht, öffentliches Aufsehen zu erregen, den Gatten davon abgehalten haben dürften, seine Frau<br />

ohne triftigen Grund zu ihrem Vater zurückzuschicken, hinderte ihn nichts daran, nach Mutwillen mit<br />

seiner Geliebten zu verfahren. Als eine Hetäre von ihrem Liebhaber ins Bordell abgeschoben zu<br />

werden droht, weil er ihrer überdrüssig ist, greift sie zu einer verzweifelten Maßnahme. Sie folgt dem<br />

Ratschlag der intrigierenden Ehefrau, dem Mann einen Liebestrank zu verabreichen, dem jedoch Gift<br />

beigemischt ist. 693 Der Spieß lässt sich jedoch auch umdrehen: Es ist keineswegs selbstverständlich,<br />

dass sich eine Hetäre leichter handhaben lässt als eine Ehefrau. Zitate, wie das oben angeführte<br />

Fragment aus einer Komödie des Amphis, vermögen eben doch ein nur sehr einseitiges Bild zu<br />

vermitteln. 694 Der Bewunderer einer Hetäre stand ständig unter dem Druck, ihre Gunst durch<br />

Geschenke erhalten und sich gegen Konkurrenten zur Wehr setzen zu müssen. 695 Der finanzielle<br />

Aufwand war zum Teil wohl gewaltig. So nennt auch Isokrates als Wesenszug der Hetären, dass sie<br />

zwar „zunächst zur Liebe anregen, dann aber diejenigen, die sich auf sie eingelassen haben, zugrunde<br />

richten.“ 696<br />

691 Lysias, so heißt es in Demosth. or. 59, 22, quartierte seine Hetäre Metaneira aus Rücksicht auf seine Ehefrau nicht bei<br />

sich zuhause ein, sondern bei einem unverheirateten Freund.<br />

692 Lacey 1983, 130.<br />

693 Antiph. 14–24.<br />

694 s. Kap. III. 2. 2.<br />

695 z. B. Athen. 13, 567d–e.<br />

696 Isokr. 8, 103.<br />

S e i t e | 147


S e i t e | 148<br />

4. 3. Der Geschlechtsverkehr<br />

Die Basis einer Beziehung eines Mannes zu einer Hetäre war vorrangig die Befriedigung seiner<br />

sexuellen Bedürfnisse, die er sich über Bezahlung oder Geschenke sicherte. Daneben war die<br />

Sexualität aber auch fester Bestandteil ehelicher wie päderastischer Verbindungen 697 . Das Bild der<br />

Knabenliebe war schon in der Antike ambivalent. Denn während auf der einen Seite die Bewunderung<br />

der Griechen für schöne Knaben und die entfachte Begierde kaum verhehlt wurden, bemühte man sich<br />

auf der anderen Seite, ihre Existenz über ihre sozialen und didaktischen Aspekte zu rechtfertigen. 698 Es<br />

wäre moderner Zynismus, würde man diesen Versuch als bloße Schönfärberei abtun. Die Mäßigung<br />

und Kontrolle der menschlichen Triebe war sichtbares Zeichen männlicher Kultiviertheit und<br />

Voraussetzung für jeden guten Polisbürger. 699<br />

Der Geschlechtsverkehr mit der Ehefrau war zwar eine soziale Prämisse, inwieweit er unfreiwillig<br />

oder gar erzwungen von statten ging, ist heute natürlich schwierig zu beantworten. 700 Man sollte sich<br />

jedoch keinesfalls verleiten lassen, das Gesetz, nach dem der Ehemann einer Epikleros dreimal im<br />

Monat mit ihr schlafen müsse 701 , auf eine normale athenische Durchschnittsehe zu übertragen. Denn<br />

zwischen beiden besteht ein gewichtiger Unterschied. Gleichwohl die Tochter – ob Erbtochter oder<br />

nicht – wahrscheinlich in keinem Fall an der Wahl ihres Bräutigams beteiligt wurde, erklärte sich der<br />

zukünftige Gatte bei einer nach festem Regelwerk vonstatten gehenden Hochzeit bei Schließung der<br />

Engye mit der Wahl seiner Ehefrau einverstanden. Im Falle der Erbtochter wurde der nächste<br />

Verwandte gesetzlich dazu verpflichtet, die Epikleros zu ehelichen. 702 Neben Beispielen, wo das<br />

Gericht, da mehrere Bewerber um die Hand einer Epikleroi anhielten, als Entscheidungsträger<br />

fungierten musste 703 , gab es offensichtlich auch Fälle, in denen die Einmischung der Polis in<br />

familieninterne Belange als Zwang empfunden wurde und der betroffene Verwandte versuchte, sich<br />

seiner Pflicht zu entziehen 704 . Die Versorgung der Epikleros und der Fortbestand des Oikos durch<br />

Sicherung der Nachkommenschaft standen an vorderster Stelle und legitimierten die<br />

Interessenvertretung der Polis. 705 Eine Ehe, die aus freien Stücken und ohne Einwirkung juristischer<br />

Urteilssprüche geschlossen wurde, hatte eine formelle Ermunterung nicht nötig, da es stets im<br />

Interesse des Ehepaars selbst lag, durch die Zeugung von Kindern Vorsorge für sich selbst und den<br />

Fortbestand des Oikos zu treffen.<br />

697 K. J. Dover, Homosexualität in der griechischen Antike (München 1983); G. Koch-Harnack, Knabenliebe und<br />

Tiergeschenke. Ihre Bedeutung im päderastischen Erziehungswesen Athens (Berlin 1983); Reinsberg 1993, 98–104. 189–<br />

199; K. J. Dover, Greek Attitudes to Sexual Behaviour, in: M. Golden – P. Toohey (Hrsg.), Sex and Difference in<br />

Ancient Greece and Rome (Edinburgh 2003) 114–128.<br />

698 z. B. Just 1989, 147 f.; Reinsberg 1993, 163. 170–178.<br />

699 Koch-Harnack a. O. (Anm. 697) 34 ff.<br />

700 B. Borg, Der Logos des Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen griechischen Kunst (München 2002) 180 f.<br />

701 Plut. Sol. 20, 3. – Zur Epikleros, s. Patterson 1998, 97–101; Lacey 1983, 94.<br />

702 z. B. Harrison 1968, 10–12.<br />

703 Harrison 1968, 10 f.: Epidikasia, Prüfung des Kandidaten durch den Archon, Diadikasia, Prüfung und Abwägung<br />

mehrerer potentieller Kandidaten.<br />

704 s. auch C. A. Cox, Household Interests (Princeton 1998) 98 f.<br />

705 Patterson 1998, 105.


Ferner schreibt z. B. eine Verfügung den Frauen vor, drei Tage vor Beginn des Thesmophorienfestes<br />

keusch zu leben. 706 Eine solche Regelung macht nur dann Sinn, wenn das Ehelager der Ehefrauen<br />

nicht die längste Zeit verwaist war, weil sich der Ehemann lieber in fremden Betten aufhielt. Plutarch,<br />

obgleich er, wie gesagt, aus großer zeitlicher Distanz schreibt, nennt den ehelichen Sexualverkehr<br />

einen Liebesbeweis und ein probates Mittel zur Tilgung oder Vorbeugung möglicher Differenzen:<br />

„Denn wenn auch keine Kinder geboren werden, so ist das doch eine Ehre und eine<br />

Aufmerksamkeit, die der Mann einer sittsamen Frau erweist und die viele der sich immer<br />

entwickelnden Misshelligkeiten beseitigt und es nicht dahin kommen lässt, dass sie sich<br />

durch ihre Streitigkeiten einander ganz entfremden.“ (Plut. Sol. 20)<br />

Im Übrigen ist Plutarch der Ansicht, dass „die Vereinigung von Mann und Frau zum Zweck der<br />

Kinderzeugung in Liebe und Zärtlichkeit geschehen sollte“. 707 Ob der Autor damit jedoch wirklich<br />

solonische oder immerhin klassische Zustände wiedergibt, ist fraglich. Ein bereits erwähntes Fragment<br />

einer verlorenen Komödie zeigt aber, dass manche Männer sich durchaus sexuell zu ihren Ehefrauen<br />

hingezogen fühlten und die Nächte lieber an der Seite ihrer Gattin verbrachten als außer Haus. 708<br />

Die weibliche Sexualität hatte jedoch bei Weitem nicht nur positive Aspekte. Unzureichende<br />

medizinische Kenntnisse machten in der Antike jede Schwangerschaft zum Risiko. Da das<br />

ökonomische Potential vieler Oikoi außerstande gewesen sein dürfte, eine große Familie zu<br />

unterhalten, war das Bestreben, Schwangerschaften zu verhindern oder Schwangerschaftsabbrüche<br />

herbeizuführen, stets präsent, wie das Corpus Hippokratikum belegt. 709 Inwieweit die Praxis,<br />

unerwünschte oder überzählige Kinder auszusetzen, tatsächlich als probates Mittel zur Regulierung<br />

der Kinderzahl betrachtet wurde, ist unklar. 710 Dass das Prostituiertenwesen in Athen in gewisser<br />

Weise die Funktion einer Geburtenkontrolle übernahm, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. 711<br />

4. 3. 1. Eheliche Sexualität in den Schriftquellen<br />

Es ist an sich kaum zu erwarten, dass das Thema der körperlichen Intimität in der Ehe, das in der<br />

Bildkunst so bewusst auf Symbolik beschränkt bleibt, in den literarischen Quellen ausführlicher zur<br />

Sprache kommt. Ausnahme bleibt die Komödie, die sich nicht scheut, die Dinge beim Namen zu<br />

nennen. Außerhalb dieser Gattungen findet man in den antiken Quellen lediglich verstreute Hinweise,<br />

706 Pomeroy 1985, 117.<br />

707 Plut. Sol. 20.<br />

708 P. Antinoop. 15.<br />

709 S. Dickson, Abortion in Antiquity, Arethusa 6, 1973, 159–166; C. Schubert – U. Huttner (Hrsg.), Frauenmedizin in der<br />

Antike (Düsseldorf 1999) 48–63 mit Auszügen aus Platon, Aristoteles und dem Corpus Hippocraticum.<br />

710 z. B. R. Tolles, Untersuchungen zur Kindesaussetzung bei den Griechen (Breslau 1941); A. Cameron, The Exposure of<br />

Children and Greek Ethics, Classical Review 46, 1932, 105–114; V. Siurla-Theodoridou, Die Familie in der griechischen<br />

Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München 1989) 362–365; s. auch Aristot. Pol. 7, 16.<br />

711 Die gleiche Wirkung haben die Homosexualität, der Analverkehr und die Abtreibungs- bzw. Verhütungspraktiken, s.<br />

Pomeroy 1985, 103.<br />

S e i t e | 149


die das Verhältnis der Eheleute zueinander beleuchten. Dabei ist stets zu beachten, dass wir uns mit<br />

einer männlichen Sicht auf die Frau begnügen müssen. 712<br />

Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass die griechische Antike Monogamie bzw. Treue von Seiten<br />

des Mannes nicht kannte. Außereheliche sexuelle Aktivitäten waren also die Regel. 713 Die folgenden<br />

Zeilen aus der Neaira-Rede des Demosthenes bzw. Apollodor sind in jeder Abhandlung zum Thema<br />

der Frau in der Antike abgedruckt. Sie werden an den Anfang gestellt, weil sie eine Grundhaltung<br />

verschiedenen Typen von Frauen gegenüber verrät, die bezeichnend für die Geisteshaltung der<br />

griechischen Antike ist:<br />

S e i t e | 150<br />

„Hetaerae we keep for pleasure, concubines for daily attendance upon our person, but wives<br />

for the procreation of legitimate children and to be the faithful guardians of the<br />

households.“ (Demosth. or. 59, 122)<br />

Diese Passage hat man häufig herangezogen, um die Wertschätzung, die den Hetären und den Pallakai<br />

galt, der Verachtung der Ehefrau, die „nur“ zur Gebärerin und Haushälterin taugte, gegenüber<br />

zustellen. Eine solche Lesart ist allein schon deshalb unwahrscheinlich, weil sie einer diffamierenden<br />

Gerichtsrede gegen eine Prostituierte entnommen ist. 714 Die Grundaussage ist zwar nach wie vor<br />

folgende: Hetären braucht man für den Sex, Ehefrauen für Familie und Oikos. Man sollte aber nicht<br />

übersehen, dass der Dienstleistungsbereich der Hetären den Kompetenzen der Hausfrau untergeordnet<br />

wird. Weder wird eine abwertende Aussage bezüglich der Stellung der Ehefrauen gemacht noch wird<br />

behauptet, sie führten ein sexfreies Leben. Sex kann „Mann“ mit jedem haben, aber nur die legitime<br />

Ehefrau kann legitime Kinder in die Welt setzen und den Haushalt zuverlässig versorgen.<br />

Eine Passage aus den „Memorabilia“ hat einen der Demosthenes-Stelle ähnlichen Inhalt. So lässt<br />

Xenophon den Sokrates zu seinem Sohn Lamprokles sagen:<br />

„Und du nimmst doch nicht etwa an, dass die Menschen wegen des Liebesgenusses Kinder<br />

zeugen; denn an Gelegenheiten dazu fehlt es gewiss nicht auf den Straßen und nicht in den<br />

Häusern. Bekanntlich überlegen wir auch, welche Mutter uns die besten Kinder schenken<br />

wird; und mit dieser verbinden wir uns zur Zeugung von Kindern.“ (Xen. mem. II 2, 4)<br />

Man neigte dazu, die Stelle zu Ungunsten der Ehefrauen auszulegen. Es ist jedoch gewiss nicht<br />

herauszulesen, dass die Leidenschaften der athenischen Bürger nur in den Bordellen gestillt wurden.<br />

Die Athener zeugten Kinder als Erben ihres Oikos und als zukünftige Bürger der Polis und nicht aus<br />

reiner Lustbefriedigung. Der Liebesgenuss von Ehepartnern wird dabei aber keineswegs in Abrede<br />

gestellt.<br />

712 F. I. Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società. I. Noi e i Greci (Turin 1996) 378: „Non va<br />

pertanto dimenticato che le donne che “udiamo” e “vediamo” nella tradizione letteraria e pittorica non sono persone ma<br />

figure, poiché la loro immagine è filtrata attraverso le convenzioni della rappresentazione artistica e le norme del<br />

comportamento sociale”.<br />

713 z. B. Reinsberg 1993, 43.<br />

714 z. B. A. W. Gomme, The Position of Women in Athens in the fifth and fourth Centuries, CP 20, 1925, 16; D. C. Richter,<br />

The Position of Women in Classical Athens, ClJ 67, 1971, 5; Hartmann 2002, 11.


Mitunter das früheste Zeugnis zum Verhältnis der Frauen zur Sexualität liefert uns Semonides. Es<br />

handelt sich dabei um sehr stereotype Haltungen, die mit seiner Charakterisierung der weiblichen<br />

Mängel korrespondieren. Neben dem Frauentypus, der dem Esel gleich weder beim Essen noch in<br />

Liebesdingen Maß und Zurückhaltung zeigt 715 , gibt es den Wieseltypus, blasse, nichtssagende Frauen<br />

ohne Ausstrahlung und Feuer, die diesbezüglich beklagenswert wenig natürliche Begabung an den<br />

Tag legen.<br />

Und eine nach dem Wiesel – jämmerlicher Typ:<br />

An der ist gar nichts Schönes, nichts was lieblich ist,<br />

daran – nichts, was Vergnügen weckte, gar Begier!<br />

Vom Bett versteht sie nichts und Liebeslust,<br />

und wenn der Mann sie stößt, macht sie ihm Übelkeit. (Sem. Fr. 7 West, 50–54)<br />

Weder das eine noch das andere behagt dem Ehemann oder Liebhaber. Genauso wenig gefällt dem<br />

Mann das Luxuspferd. Die Frau dieses Typus verwendet viel Zeit auf Körperpflege und Putz und<br />

verkörpert damit die personifizierte Versuchung und Hinterlist, denen seit Pandora jeder Mann<br />

unterlegen ist. 716 Der sexuelle Aspekt bleibt bei der Biene nur scheinbar außen vor. Da sie insgesamt<br />

als äußerst besonnene und verständige Frau geschildert wird, ist davon auszugehen, dass sie diese<br />

Einstellung auch in Bezug auf den sexuellen Verkehr aufrechterhält. Frau und Mann verbindet darüber<br />

hinaus eine gegenseitige Beziehung – bereits hier fällt der Begriff phile bzw. philon, die, da aus ihr<br />

überragende Kinder hervorgehen, wohl auch im Schlafzimmer befriedigend verlaufen muss. 717<br />

Auch wenn sich die Frau des Euphiletos durch ihre außereheliche Affäre eher als Negativbeispiel für<br />

die gute Ehefrau eignet, gehört die erste Rede des Lysias doch zu einem der umfangreichsten<br />

Zeugnisse für das antike griechische Eheleben.<br />

„Als ich, ihr Männer von Athen, zu heiraten beschlossen hatte und eine Frau in mein Haus<br />

führte, war es eine Zeitlang so, dass ich zwar um ein gutes Einvernehmen bemüht war, es<br />

ihr aber auch nicht zu sehr überlassen wollte, was sie tat. Ich war wachsam soweit wie<br />

möglich und gab acht auf sie, wie es sich gehört. Nachdem ich aber ein Kind von ihr hatte,<br />

begann ich, ihr zu vertrauen und überließ ihr alle meine Angelegenheiten, weil ich glaubte,<br />

dass wir uns vollkommen aufeinander verlassen könnten. (Lys. 1, 6) 718<br />

Dieses Zitat zeigt, dass auch der frisch verheiratete Mann nicht frei von Sorgen war. Die Leitung des<br />

Oikos war eine große Verantwortung, die der Ehefrau erst dann vollständig überlassen wurde, wenn<br />

man sich ihrer Befähigung und ihrer Loyalität sicher war. Erst die Geburt des ersten Kindes band die<br />

Frau tatsächlich an den ihr fremden Oikos. Wenn sich eine verheiratete Frau mit einem anderen Mann<br />

715 Sem. fr. 7, 46–49 West; s. auch Calame 1992, 24.<br />

716 Sem. fr. 7, 62–70 West.<br />

717 Sem. fr. 7, 86–87 West; Calame 1992, 91: „In Grecia l´ unione matrimoniale, compimento del desiderio amoroso, fonda<br />

sulla sessualità una relazione di philotes.”<br />

718 Manche Übersetzungen geben diese Stelle etwas unglücklich wider: im Englischen z. B. „vex“, im Deutschen z. B.<br />

„nichts zu Leide tun“; Just 1989, 137 überlegt, ob vielleicht nicht auch ausgedrückt werden soll, dass zunächst keine<br />

sexuellen Ansprüche an die Gattin gestellt wurden; s. auch Pomeroy 1985, 122.<br />

S e i t e | 151


einließ, war dies gleichzeitig ein Verrat am und eine Gefährdung des Oikos. Die Begriffe, mit denen<br />

das Verhältnis der Ehepartner umschrieben wird, sind pisteuein und oikeiotes 719 Die Geburt des ersten<br />

Kindes enthebt beide zugleich der Pflicht, ständig das Bett miteinander zu teilen. Euphiletos erhebt<br />

keine Einwände, als seine Frau dazu übergeht, die Nächte in der Nähe ihres Kindes zu verbringen.<br />

Dies mag die Annahme untermauern, dass der sexuelle Verkehr zwischen Eheleuten in der Tat v. a.<br />

unter dem Aspekt der Fortpflanzung ausgeübt wurde, und Ischomachos darüber hinaus kein<br />

körperliches Verlangen nach seiner Ehefrau hatte. Der lapidar hervorgebrachte Vorwurf, er vergnüge<br />

sich mit der Haussklavin, mag andeuten, dass die Ehefrau die Eskapaden ihres Mannes im eigenen<br />

Haus dulden musste. 720 Andererseits ist eine Gerichtsrede nicht eben der Ort, sexuelle Vorlieben zu<br />

diskutieren. Das Ehepaar behält nach wie vor ein gemeinsames Schlafzimmer. Umso erstaunlicher ist<br />

die Leistung, in Anwesenheit des Gatten den Nebenbuhler ins Haus einzuschleusen. Da wir in den<br />

antiken Quellen immer wieder Anspielungen auf Ehebrüche 721 vorfinden, dürfen wir die athenische<br />

Bürgerin keinesfalls als frigide verurteilen, besonders dann nicht, wenn man bedenkt, welch großes<br />

Risiko zugunsten der Lustbefriedigung eingegangen wird. Der Usus eines gemeinsamen ehelichen<br />

Schlafzimmers wurde bisher meist stillschweigend in Abrede gestellt. Doch ebenso wie sich<br />

Euphiletos und seine Gattin teilen sich wohl auch die Eltern des „Übereifrigen“ in Theophrasts<br />

Charakteren ein Schlafzimmer:<br />

S e i t e | 152<br />

„Er geht zum Vater und sagt, die Mutter schlafe schon im Schlafzimmer 722 .“<br />

(Theophr. char. 13, 8)<br />

Das Thema 'ehelicher Sex' wird in Xenophons „Oikonomikos“ eher kursorisch abgehandelt, was bei<br />

einem im Kern philosophisch-ökonomischen Gespräch nicht anders zu erwarten ist. Folgende<br />

Aussagen implizieren, dass Sexualität ohne Zweifel zur Ehe gehörte, es wird aber auch klar, dass man<br />

eine Ehefrau nach dem Gesichtspunkt wählt, ob sie einen geeigneten Partner für Haus und Kinder<br />

darstellt.<br />

„Sag mir, Frau, hast du schon darüber nachgedacht, weshalb ich dich eigentlich genommen<br />

und deine Eltern dich mir gegeben haben? Denn dass es nicht an andern mangelte, mit<br />

denen wir hätten schlafen können, das ist, wie ich weiß, auch dir klar. Als ich für mich und<br />

deine Eltern für dich überlegten, wen wir als besten Partner für Haus und Kinder nähmen,<br />

habe ich dich, und deine Eltern, wie es scheint, aus den in Frage kommenden mich<br />

ausgewählt.“ (Xen. oik. 7, 10 f.)<br />

„Haben wir uns nun nicht miteinander verbunden, Frau, fragte ich, um auch einer des<br />

anderen Körper zu benutzen?“ (Xen. oik. 10, 4)<br />

719 Just 1989, 137: „The closeness of the relationship and the trust he places in her are not bound up with any feeling of<br />

growing affection toward her as a person. Rather, their “intimacy”, as the Greek term oikeiotes implies, has to do with the<br />

joint establishment of a domestic unit and with the procreation of children.” Sutton 2004, 328 f. legt dar, dass die antiken<br />

Texte durchaus den Eindruck vermitteln, dass eine emotionale Bindung zwischen den Eheleuten üblich war.<br />

720 Pomeroy 1985, 123.<br />

721 Zum Ehebruch allg., s. Harrison 1968, 32–38; Patterson 1998, 114–125 mit Quellendiskussion.<br />

722 s. auch Lys. 1, 24.


Derselbe Xenophon schildert in seinem „Symposion“ den Geschlechtsverkehr zwischen Mann und<br />

Frau als lustvollen Akt, wobei hier allerdings nicht ausdrücklich von der Ehefrau die Rede ist. 723 Nach<br />

einer ergreifenden Darstellung der Romanze zwischen Dionysos und Ariadne werden die zechenden<br />

Männer aber in eine solche sehnsüchtige Stimmung versetzt, dass die Verheirateten unter ihnen<br />

augenblicklich nach Hause zu ihren Ehefrauen eilen. 724 Weitere Zeugnisse sexueller Anziehung und<br />

Treue zwischen Eheleuten sind zwar rar, fehlen jedoch nicht völlig. Aus einer verlorenen Komödie<br />

wohl des 4. Jhs. v. Chr. stammt folgendes Zitatenfragment:<br />

“Since the night I was married […] I have not been away from bed a single night, away<br />

from my wife [...] I wanted her, honestly [...] I was tied to her by her noble character and<br />

her unaffected ways; she loved me and I cared for her.” (P. Antinoop. 15)<br />

Das romantische Liebesverhältnis, das nun zwischen Ehemann und Ehefrau besteht, deutet bereits auf<br />

einen Wandel in der sozialen Mentalität der griechischen Welt hin, der dann im Verlauf der<br />

hellenistischen Epoche verstärkt greifbar wird. Auch der Ankläger in einer Rede des Demosthenes aus<br />

dem 4. Jh. v. Chr. zeichnet ein Bild ehelicher Zuneigung, indem er eine tiefe Verbundenheit<br />

heraufbeschwört. 725 Diese Aussage gehört allerdings zu einer stark tendenziösen Schilderung seiner<br />

beklagenswerten privaten Verhältnisse, die dazu gedacht war, dem Kläger als vom Schicksal<br />

gebeutelten, aber treuen und verantwortungsbewussten Familienmenschen die Sympathie der Richter<br />

zu sichern. 726<br />

Der Eindruck einer zunehmend engen Bindung der Eheleute wird auch durch die Grabdenkmäler des<br />

4. Jhs. v. Chr. bestätigt. Manche Bilder thematisieren die Trauer über den Verlust des Ehepartners, die<br />

Grabepigramme zeugen z. T. von aufrichtiger Verbundenheit. 727 Ob sich die Verhältnisse im 4. Jh. v.<br />

Chr. von denen des 5. Jhs. auf der Basis eines tiefgreifenden, gesellschaftlichen Wandels<br />

unterschieden haben, ist angesichts literarischer Gegenstimmen, die eher eine Kontinuität zum 5. Jh. v.<br />

Chr. nahe legen, fraglich. 728 Dennoch scheint sich nach und nach die Vorstellung von Liebe und<br />

Verbundenheit als Basis der Heirat durchgesetzt zu haben, die schließlich dann im Hellenismus zu<br />

mehr Absicherungen und Rechten der Frau innerhalb der Ehe geführt haben.<br />

Sexualität im weitesten Sinne ist in der Tragödie in der Regel nur sehr unterschwellig fassbar, etwa<br />

wenn Alkestis für ihren geliebten Mann freiwillig in den Tod geht oder Medea, von Eifersucht<br />

zerfressen, sich an ihrem untreuen Gatten rächt. Der „Hippolytos“ des Euripides zeigt die gefährliche<br />

Seite weiblicher Sexualität, die ins Verderben führt, sobald sie in Begierde umschlägt. Hippolytos hat<br />

sich gegen ein ziviles Leben und die Gründung einer Familie entschieden, geht in seiner Ablehnung<br />

723 Xen. symp. 8, 21; s. auch Wiemer 2005, 431 f.<br />

724 Xen. symp. 9, 7.<br />

725 Demosth. or. 50, 61; s. auch Just 1989, 129.<br />

726 Just 1989, 129.<br />

727 z. B. M. Meyer, Gesten der Zusammengehörigkeit und Zuwendung. Zum Sinngehalt attischer Grabreliefs in klassischer<br />

Zeit, Thetis 5/6, 1999, 115–132; Sojc 2005, 132–134. 137.<br />

728 so auch Mossé 1983, 124 mit Hinweis auf die Rolle der Frauen in den philosophischen Diskursen des Platon und<br />

Aristoteles.<br />

S e i t e | 153


sogar so weit, alles Weibliche von sich zu weisen. 729 Phaidra, seine Stiefmutter, die in Liebe zu<br />

Hippolytos entbrennt, wird ein Opfer göttlichen Rachedursts. Obwohl ihr Gefühl des Anstandes<br />

rebelliert, ist ihr Widerstand zwecklos, denn die Gefühle in ihr wurden durch Eros verursacht. 730 Die<br />

Einmischung der alten Amme, die zu einer direkten Konfrontation mit Hippolytos und zur<br />

Zurückweisung führen, verschlimmern Phaidras Lage, so dass sie nur noch den Ausweg sieht, ihre<br />

Ehre und die ihres Hauses zu retten, indem sie ihrem Leben ein Ende setzt. Verbotene Gedanken und<br />

Gefühle, die der gesellschaftlichen Ordnung zuwiderlaufen, weil sie die Familie von innen heraus<br />

zerstören, und die ausstehende, verurteilende Reaktion ihrer Umwelt werden der Protagonistin zum<br />

Verhängnis. 731<br />

S e i t e | 154<br />

4. 3. 2. Sexzoten in der aristophanischen Komödie<br />

Die Komödie bietet reichlich Material, um sich ein Bild von der Einstellung der Ehefrauen zum Sex<br />

zu machen, auch wenn dieses Thema z. T. im Rahmen recht derber Zoten verhandelt wird. Inwieweit<br />

uns die Hauptakteurinnen der Komödie allerdings eine Vorstellung von der realen Frau geben, ist<br />

umstritten. 732 Es handelt sich meist um Frauen mit klischeehaftem Charakter, die alle erdenklichen<br />

weiblichen Schwächen in sich vereinen, und die in abstrusen Situationen agieren, die nicht selten eine<br />

völlige Umkehr der gewohnten Verhältnisse sind. Diese Frauen befinden sich immer in<br />

Ausnahmesituationen, verstehen es auf außerordentliche Weise, ihre Fähigkeiten zu ihrem Vorteil zu<br />

nutzen und können deshalb schwerlich als Modell für das Leben der Durchschnittsbürgerin verwendet<br />

werden. 733 Dennoch spiegeln die Komödien eine gültige männliche Vorstellung der antiken Frau<br />

wider, die allerdings in übertrieben-karikierender Form Eingang in die Dichtung gefunden hat.<br />

Die Frauenfiguren, die Aristophanes in seinen Werken auftreten lässt, stammen aus unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsschichten der Polis; neben Frauen, von denen wir annehmen können, dass sie<br />

Bürgerinnen sind, gibt es eine Reihe von Verkäuferinnen, die ihre Ware auf der Agora feilbieten. 734<br />

Doch gerade gegen Ende des 5. Jhs., als die wirtschaftliche Lage durch den Peloponnesischen Krieg<br />

verschärft wurde, waren viele Bürgerinnen gezwungen, Erwerbstätigkeiten zu ergreifen, die sie in<br />

729 Eur. Hipp. 616–668.<br />

730 Eur. Hipp. 239–249. 373–462; F. I. Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società I. Noi e i Greci<br />

(Turin 1996) 413 f.; Calame 1992, 3–5: Phaidra als Werkzeug der Aphrodite.<br />

731 Pomeroy 1985, 164 f.<br />

732 Der Quellenwert der aristophanischen Komödien wird von Taaffe 1993, 78 in Frage gestellt: “Like Lysistrata,<br />

Thesmophoriazusae is less about real women than it is about comic images of women.” Etwas weiter unten schreibt sie:<br />

„Thesmorphoriazusae succeeds no more than Lysistrata in presenting successful representations of women on the comic<br />

stage. It works, in fact, to misrepresent women and to make a joke of male actors´ attempts to portray female figures in<br />

tragedy and comedy.”<br />

733 Mossé 1983, 117.<br />

734 Mossé 1983, 59; R. Brock, The Labour of Women in Classical Athens, ClQ 44, 1994, 336–346; Schnurr-Redford 1996,<br />

213–224.


Friedenszeiten wohl als unter ihrer Würde angesehen hatten. 735 Euxitheus wehrt die Vorwürfe, seine<br />

Mutter wäre keine Bürgerin, weil sie als Amme und als Bänderverkäuferin tätig war, mit dem Hinweis<br />

auf die wirtschaftliche Krise und drohende Armut ab. 736<br />

4. 3. 2. 1. Die „Ekklesiazusen“<br />

Den Auftakt zu den „Ekklesiazusen“ bildet ein frühmorgendliches Treffen zwischen Praxagora und<br />

ihren Mitverschwörerinnen, die als Männer verkleidet einen umstürzlerischen Beschluss in der<br />

Volksversammlung vorbringen wollen, der vorsieht, alle Macht des Staates in die Hände der Frauen zu<br />

legen. Der erste Auftritt Praxagoras findet in Form eines Zwiegesprächs mit einer Lampe statt,<br />

nützliches Utensil zur Depilation 737 und verschwiegene Zeugin leidenschaftlicher Liebesspiele.<br />

Gleichzeitig, so L. Taaffe, porträtiert der Monolog die Frau als im Verborgenen agierendes und<br />

verschwörerisches Geschöpf. 738<br />

„Dir nur vertrauen wir, du bist uns nah<br />

Im Kämmerchen, wenn mit gewandter Kunst<br />

In Aphrodites Dienst wir uns bemühn.<br />

Wer scheuchte den verschwiegnen Augenzeugen<br />

Verliebter Kämpfe, dich, aus dem Gemach?“ (Aristoph. Eccl. 7–11)<br />

Kurz darauf entschuldigt sich die Nachbarin der Praxagora für ihr Zuspätkommen unter Nennung<br />

folgenden Grundes:<br />

„Ans Schlafen dacht´ ich nicht! Ach Liebe,<br />

Mein Mann, der Salaminier, ruderte<br />

Die ganze Nacht mit mir im Bett herum.“ (Aristoph. Eccl. 37–39)<br />

Beide Frauen scheinen ein durchweg zufriedenstellendes Sexualleben zu haben. Während Praxagora<br />

die Liebe als aphrodisische Erfahrung umschreibt, empfindet ihre Freundin das sexuelle Verlangen<br />

ihres Ehemannes als eine alltägliche Begleiterscheinung der Ehe. Ob sie ihre Sexualität ebenso genießt<br />

wie Praxagora, erfahren wir nicht, liegt die Betonung ihrer Aussage doch eher auf der Tatsache, dass<br />

das „Herumrudern“ die ganze Nacht fortdauerte und beinahe die Pläne der Verschwörerriege vereitelt<br />

hätte. Die intensive Geschlechtsbeziehung zwischen Praxagora und ihrem Mann ist für uns umso<br />

erstaunlicher, als wir später im Stück aus dem Munde des Blebyros, verstimmt über die Umstände, die<br />

die Abwesenheit seiner Frau und vor allem seines Mantels verursachen, erfahren, dass zwischen<br />

735 Just 1989, 107. 139; Fantham 1994, 109; A. Kosmopoulou, Female Professionals on Classical Attic Gravestones, BSA<br />

96, 2001, 284.<br />

736 Demosth. or. 57, 34–35. 42.<br />

737 Aristoph. Eccl. 12–13.<br />

738 Taaffe 1993, 107; s. z. B. Aristoph. Eccl. 14–16: Frauen schleichen sich gern des Nachts in die Vorratskammer und<br />

kosten vom Wein.<br />

S e i t e | 155


eiden wohl ein erheblicher Altersunterschied besteht. 739 Er fühlt sich von seiner jungen und<br />

eigensinnigen Frau etwas überfordert, ihr nächtliches Verschwinden erregt in ihm sofort den Verdacht<br />

auf Untreue, den er allerdings wieder verwirft und der zumindest in diesem Fall falsch ist. 740 Als dann<br />

die Konstituierung des Staates durch die Frauen tatsächlich ihren Lauf nimmt, werden die Defizite der<br />

alten Staatsordnung hinsichtlich der Gleichstellung von Mann und Frau vor allem durch zwei<br />

Neuerungen beglichen: die Elimination jeglichen Privateigentums und die sexuelle<br />

Gleichberechtigung der Geschlechter unter Abschaffung der Institution Ehe. 741 Die neu gewonnene<br />

sexuelle Freiheit stimmt die Männer allerdings eher nachdenklich. Während die weiblichen Personen<br />

den Geschlechtsverkehr bejahen, ihn zum Teil gar mit Obsession betreiben wollen, besteht für<br />

Blebyros die größte Furcht einer von Frauen regierten Polis darin, dass sie die Männer wider Willen<br />

zum Geschlechtsakt zwingen:<br />

S e i t e | 156<br />

Blebyros: „Nur eins ist schlimm für Leute unsres Alters:<br />

Chremes: „Wozu?“<br />

Wenn sie des Staates Zügel führen, können<br />

Sie mit Gewalt uns zwingen auch …“<br />

Blebyros: „Sie zu beschlafen.“<br />

Chremes: „Wenn wir nichts vermögen …?“<br />

Blebyros: „Dann ziehen sie uns das Frühstück ab.“ (Aristoph. Eccl. 465–469)<br />

Essensentzug als Strafe für Verweigerung des sexuellen Akts oder Impotenz ist völlig absurd.<br />

Interessanterweise schmerzt es die Männer offenbar nicht, alle Staatsgeschäfte in die Hände der<br />

Frauen zu übergeben. Von den anderen Reformen der Gynaikokratie 742 akzeptieren sie zunächst zwar<br />

nur widerstrebend, aber doch der Polis verpflichtet, auch die Aufteilung ihres Besitzes. Die<br />

Übernahme der politischen Initiative bedeutet für die Frauen gleichzeitig eine Umkehrung der<br />

Geschlechterhierarchie; von nun an spielt die Frau in der Geschlechterbeziehung die Rolle des aktiven<br />

Parts, bestimmt über das wann, wie und wie oft.<br />

Die neue Gesellschaftsordnung hat jedoch auch aus Sicht der Frauen, wie sich schnell herausstellt, den<br />

einen oder anderen Haken. Die Bemühung der Alten, sich einen Jüngling ins Bett zu zerren, scheitert<br />

kläglich. Es ist ein weiterer aristophanischer Streich, dass es den Frauen zwar gelingt, in die Rolle von<br />

Männern zu schlüpfen, dass aber kein Kostüm und keine Schminke der Welt aus einer „alten<br />

Schachtel“ eine begehrenswerte Frau zu machen vermögen. 743 Jede Form freier Liebe ist<br />

verschwendet, solange sich kein williger Liebhaber findet. Die Szene parodiert, so etwa L. Taaffe, die<br />

erotische Werbung, wie sie z. B. auch auf attischen Vasen thematisiert wird. Die unter dem<br />

Vorzeichen einer Gynaikokratie stattfindende Werbung stellt sich eben nicht als so unproblematisch<br />

dar, vor allem wenn es sich um alte Weiber handelt, die dem Tod näher stehen als dem Leben. 744<br />

739 Aristoph. Eccl. 323 f.<br />

740 Aristoph. Eccl. 520–527.<br />

741 Zum sozial-politischen Hintergrund der “Ekklesiazusen”, s. Taaffe 1993, 130 ff.<br />

742 Mossé 1983, 119: dem Staatsverfassung liegt die Oikosorganisation zugrunde.<br />

743 Taaffe 1993, 124. 126<br />

744 Taaffe 1993, 128.


4. 3. 2. 2. Die „Thesmophoriazusen“<br />

Anspielungen auf die unzügelbare Libido und die Untreue der Frauen sind in der Komödie sehr<br />

zahlreich. In den „Thesmophoriazusen“ nehmen die Athenerinnen das Fest der Demeter und Kore zum<br />

Anlass, unter Ausschluss männlicher Beteiligung im Rahmen einer nach dem Vorbild der Ekklesia<br />

einberufenen Frauengemeinschaft ihre Anliegen zu diskutieren. Dorn im Auge ist ihnen allen voran<br />

Euripides mit seinen das Frauengeschlecht verunglimpfenden, literarischen Machwerken. Als dem<br />

Dichter das Vorhaben der Frauen zu Ohren kommt, ist dies der Auftakt zu einem munteren<br />

Geschlechtertausch; er schleust seinen Verwandten in Frauenkleidern ein, damit dieser ihn vor dem<br />

Rat der Frauen verteidige. In der anschließenden, hitzigen Debatte zeigt sich, dass es den<br />

teilnehmenden Athenerinnen nicht daran gelegen ist, die Unterstellungen des Euripides als unwahr zu<br />

entlarven, vielmehr sind sie über die unangenehmen Begleiterscheinungen der Enthüllungen erbost.<br />

Ihre Schwächen, Liebeleien und delikaten Geheimnisse leugnen sie nicht – sie stibitzen, naschen,<br />

trinken gern. 745 Das Argument des Mnesilochos, es gäbe noch andere und weitaus dreistere Tricks 746 ,<br />

von denen Euripides nichts wisse, die aber ebenso auf der Wahrheit beruhten, soll einerseits ein<br />

Besänftigungsversuch gegenüber den Frauen sein, zeigt aber andererseits die Verworfenheit der<br />

Frauen in ihrem ganzen Ausmaß:<br />

„Frau war ich seit drei Tagen, neben mir<br />

Im Bett mein Mann! Nun hatt´ ich einen Liebsten,<br />

Der mich im siebten Jahre schon entjungfert!“ (Aristoph. Thesm. 478–480)<br />

Ein Frevel jagt den nächsten! Kaum verheiratet, hintergeht sie ihren Mann mit ihrem langjährigen<br />

Liebhaber. Von Keuschheit und Jungfräulichkeit keine Spur: Er hat sie bereits mit sieben Jahren<br />

entjungfert! Mit unübertroffener Dreistigkeit trifft sie sich des Nachts mit ihm vor der Haustür, ihrem<br />

Mann offen ins Gesicht lügend. Die detaillierte Schilderung, wie sie dann gegen einen Lorbeerbaum<br />

gelehnt von hinten penetriert wird, passt zur Vorstellung eines obszönen Luders. Eine Steigerung ist<br />

noch möglich: wie bei jeder billigen Porne kommen bei solchen Frauen auch Knechte und<br />

Maultiertreiber zum Zuge. 747 Die Verteidigung des Euripides und die Denunzierung der Frauen durch<br />

den in Frauenkleider steckenden Mnesilochos machen die „echten“ Frauen misstrauisch und initiieren<br />

eine Suchaktion, die beweisen soll, dass sich tatsächlich ein Mann in die Frauenversammlung<br />

eingeschlichen hat. 748<br />

745 Aristoph. Thesm. 383–431.<br />

746 Aristoph. Thesm. 466–519.<br />

747 Aristoph. Thesm. 490–495.<br />

748 Die Entlarvung des Mnesilochos, s. Taaffe 1993, 90.<br />

S e i t e | 157


S e i t e | 158<br />

4. 3. 2. 3. Die „Lysistrate“<br />

Dreh- und Angelpunkt der „Lysistrate“ des Aristophanes ist der ausgeklügelte Plan der athenischen<br />

Frauen, ihre Männer durch einen Sexstreik zur Beendigung des Kriegs mit Sparta zu zwingen. Die<br />

Forschung nahm die Komödie zum Teil zum Anlass, das bisher als bloßes Zweckbündnis postulierte<br />

Verhältnis der Eheleute in Frage zu stellen. 749 Das Intimverhältnis der Eheleute in der „Lysistrate“ ist<br />

jedoch zunächst einmal eine notwendige Voraussetzung, ohne die der Plan der Verschwörerinnen von<br />

vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Offensichtlich wäre es im klassischen Athen zu<br />

keiner Zeit ein Problem gewesen, sich seine sexuelle Befriedigung im nächsten Bordell zu suchen. 750<br />

Doch wie R. Just korrekt bemerkt: “Comedy can stress or suppress certain facets of life to achieve its<br />

comic purposes”. 751<br />

Auch in der „Lysistrate“ benutzt Aristophanes das Spiel um die vertauschten Geschlechterrollen als<br />

Aufhänger für seine Komödie, in der sich die Frauen zu Lenkern der Polis berufen fühlen und die<br />

Männer Haus und Kinder hüten. 752 Am Anfang steht eine Betrachtung der Frauenwelt, in der alles<br />

noch seinen gewöhnlichen Gang nimmt. Kalonike etwa ist, wenngleich sie ihre Pflichten im Haus und<br />

gegenüber ihrer Familie zu erfüllen scheint, 753 nichtsdestoweniger dem Stereotyp der athenischen<br />

Ehefrau nachgebildet, der auch in der „Lysistrate“ das gängige Sammelsurium schlechter<br />

Eigenschaften anhängt, das dem weiblichen Geschlecht im Allgemeinen angelastet wird: es ist listig,<br />

schlau, faul, zudem oberflächlich, hat ein Faible für Schmuck und Kleidung, Engagement und<br />

Initiative sind ihm fremd. 754 Abgesehen von dieser pejorativen Schilderung akzeptieren die<br />

athenischen Bürgerinnen jedoch offenbar den ihnen auferlegten Verhaltenskodex, sie üben sich in<br />

Gehorsam und Schweigen und widmen sich tugendhaft ihrer Webarbeit:<br />

„Wir durften nicht mucksen, so hieltet ihr uns! Und ihr wart doch gewiss nicht zu loben!<br />

Wir durchschauten euch wohl, und wir ahnten nichts Guts, und da kam denn, wenn wir zu Hause<br />

Still saßen, zu Ohren uns oft, wie verkehrt ihr die wichtigsten Dinge behandelt!“<br />

(Aristoph. Lys. 509–511)<br />

Erst der fortdauernde Krieg und vor allem die ständige Abwesenheit ihrer Männer veranlassen die<br />

Frauen unter der Ägide Lysistrates 755 , die ursprüngliche Ordnung in Oikos und Polis samt ihrer klaren<br />

749 z. B. K. J. Dover, Classical Greek Attitudes to Sexual Behaviour, Arethusa 6, 1973, 71; Just 1989, 137; R. Osborne,<br />

Desiring women on Athenian Pottery, in: N. Boymel Kampen (Hrsg.), Sexuality in Ancient Art. Near East, Egypt,<br />

Greece, and Italy (Cambridge 1996) 65; B. Borg, Der Logos des Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen<br />

griechischen Kunst (München 2002) 179 f.<br />

750 Eventuell kann die Beschränkung der Männer auf Geschlechtsverkehr im ehelichen Rahmen als natürliche Konsequenz<br />

des Rollentausches gewertet werden.<br />

751 Just 1989, 137; s. auch J. Henderson (Hrsg.), Aristophanes Lysistrata (Oxford 1987) xix f. xxxiii.<br />

752 Zum Wechselspiel der Geschlechterrollen, s. Taaffe 1993, 51 ff.: Ein zusätzliches und kontinuierlich komisches Element<br />

der aristophanischen Komödien allgemein sieht die Autorin in der Tatsache, dass die weiblichen Rollen ausschließlich<br />

mit männlichen Schauspielern besetzt waren, s. Taaffe 1993, 49 ff. 100.<br />

753 Aristoph. Lys. 16–19.<br />

754 Taaffe 1993, 54; Henderson a. O. (Anm. 751) xxxvi f.<br />

755 Zur androgynen Figur der Lysistrate, s. Taaffe 1993, 61 f. 64 f. 70 f.


Rollen- und Raumaufteilung zu sprengen. 756 Ihre wirksamste Waffe, die Verleugnung ihrer sexuellen<br />

Begierden, bringt sie ironischerweise dem Ideal der keuschen Ehefrau näher. Enthaltsamkeit entpuppt<br />

sich für das Frauengeschlecht, das nicht nur in den aristophanischen Komödien für triebgesteuert und<br />

sexuell unersättlich gehalten wird, als schwere Prüfung. Manch eine würde gar eher durchs Feuer<br />

gehen oder sich halbieren lassen, als auf Sex zu verzichten. 757 Aber Erfolg stellt sich bald ein. Die<br />

Ehemänner, in die weibliche Rolle gedrängt, sehen sich plötzlich mit häuslichen Pflichten und<br />

Kindererziehung konfrontiert, sind nunmehr, aus dem politischen Leben ausgeschlossen, selbst Opfer<br />

ihrer unkontrollierbaren, sexuellen Begierden. 758<br />

„Ich habe keine Freud´ am Leben mehr,<br />

Seitdem sie fort ist aus dem Haus: ich seufze,<br />

Sooft ich heimkomm; öde dünkt mich alles;<br />

Leer, ausgestorben; und die besten Bissen,<br />

Sie munden mir nicht mehr – ich leide Brunst!“ (Aristoph. Lys. 865–869)<br />

Die Episode zwischen Myrrhine und ihrem Ehemann Kinesias veranschaulicht die unmittelbaren<br />

Folgen von Lysistrates Plan. Und siehe da: Gerade die Tatsache, dass Myrrhine sich ihrem Mann<br />

entzieht, macht sie in seinen Augen umso begehrenswerter:<br />

„Mich dünkt, sie sieht viel jünger aus als sonst!<br />

Weiß Gott, so reizend kam sie nie mir vor!<br />

Und dass sie schmollt mit mir und spröde tut,<br />

Das macht nun gar, dass ich vergeh vor Liebe!“ (Aristoph. Lys. 885–888)<br />

Die trickreiche Verführungsaktion Myrrhines wird wirkungsvoll inszeniert, das Lager mittels Kissen,<br />

Matratze und Decke einladend aufgewertet, Salböl zur Steigerung der Lust verwendet. Sie reizt ihren<br />

Mann und spannt ihn auf die Folter, bevor sie ihn schließlich unbefriedigt sich selbst überlässt. 759<br />

„Certainly the scene enacts, ostensibly, the possibility of married, heterosexual sex“, folgert L. K.<br />

Taaffe 760 , jedoch nicht ohne sogleich diese Aussage zu relativieren. Ob letztlich aber nun die<br />

übertriebene Vorbereitung, Myrrhines spielerisch-aufreizende Bereitwilligkeit und Koketterie das<br />

Idealbild der keuschen Ehefrau ins Wanken bringen, ja gar an die Verfahrungsweise der Hetären 761<br />

erinnert, so zeigt uns dies doch, dass auch den verheirateten Frauen gewisse Kniffe und Tricks zur<br />

Verfügung standen, um ihr Eheleben im und um das Schlafzimmer herum in Schwung zu halten.<br />

Rollen- und Geschlechtertausch ist in den beschriebenen Komödien ein beliebter Handlungsrahmen.<br />

Nicht selten ist auch eine Anpassung des äußeren Erscheinungsbildes erforderlich. Die<br />

augenscheinliche Leichtigkeit, mit der aus Frauen Männer werden wie in den „Ekklesiazusen“ bzw.<br />

756 Henderson a. O. (Anm. 751) xxxii f. Sie tun dies jedoch vor allem deshalb, um die ursprüngliche häusliche Ordnung<br />

wiederherzustellen.<br />

757 Aristoph. Lys. 124–136.<br />

758 Taaffe 1993, 51 f.<br />

759 Aristoph. Lys. 916–952.<br />

760 Taaffe 1993, 68 f.<br />

761 Davidson 1999, 148–150; Hartmann 2002, 112.<br />

S e i t e | 159


ein Mann in die Rolle einer Frau schlüpft wie in den „Thesmophoriazusen“, spottet der Konstruktion<br />

von Männlichkeit und Weiblichkeit gleichermaßen, indem der Dichter davon ausgeht,<br />

Geschlechteridentität beruhe vordergründig auf Kleidung, Frisur, Körperbehaarung, der richtigen Art<br />

des Gehens und Sprechens und lasse sich nach Belieben verändern. 762 Es dürfte Aristophanes einige<br />

Lacher eingebracht haben, die Schwierigkeiten vorzuführen, die die Frauen unter Praxagora damit<br />

haben, ihre Rolle glaubwürdig zu spielen, ohne von sich als Frauen zu sprechen oder bei weiblichen<br />

Gottheiten zu schwören. 763<br />

Die aristophanischen Frauengestalten sind zwar zum Teil findige und gewitzte Personen, ihnen haften<br />

nichtsdestoweniger die typisch weiblichen Untugenden wie Faulheit, Untreue, Tücke, Gier,<br />

Unbesonnenheit und Unmäßigkeit an. 764 Zumeist wird der Witz der Komödie lediglich auf die<br />

Verulkung und Verunglimpfung auf Kosten der Frau zurückgeführt, es erscheint jedoch ebenso gut<br />

möglich, dass durch die fast schon übertriebene Bestätigung stereotyper weiblicher Schwächen und<br />

Untaten – wie etwa in den „Thesmophoriazusen“ – das allgemeine Frauenbild demontiert wird. Und<br />

werden nicht die Männer ebenso auf die Schippe genommen wie die Frauen, etwa wenn sie sich von<br />

Praxagora und den anderen verkleideten Frauen in der Ekklesia übertölpeln lassen? Oder wenn die<br />

Frauen unter Führung der Lysistrate die Akropolis besetzen und den Männern das politische Ruder aus<br />

der Hand reißen, oder wenn Mnesilochos sich nur mit Mühe und Not aus der grotesken Situation<br />

rettet, in die ihn Euripides gebracht hat? 765<br />

4. 4. Sexualität und Intimität in der Bildkunst der attisch-rotfigurigen Keramik<br />

S e i t e | 160<br />

4. 4. 1. Szenen der Verbundenheit und Annäherung<br />

„Die geringe Bedeutung, die der Geschlechtsverkehr in der Ehe hatte, war nur ein Grund dafür, dass<br />

eheliche Sexualität nicht dargestellt wurde“ 766 , urteilte C. Reinsberg. An erotischen Bildern besteht in<br />

der griechischen Kunst gewiss kein Mangel. Der Symposionskontext in den meisten dieser Bilder und<br />

die bekannte Tatsache, dass Ehefrauen keinesfalls Anteil an solchen Festivitäten hatten, stellen jedoch<br />

außer Frage, dass wir es mit einer nicht-ehelichen Zusammenkunft zu tun haben. Ganz richtig ist es<br />

dennoch nicht, dass eheliche Erotik und Sexualität auf den attischen Vasen der Klassik völlig fehlen.<br />

An die Stelle von konkreten Handlungen treten hier jedoch Symbole und Gesten. 767<br />

Neben Szenen, die den Sexualakt explizit abbilden, gibt es eine Reihe von Zeugnissen für erste<br />

physische Annäherung und Zärtlichkeitsbekundungen wie Umarmungen und Küsse. Ob solch intime<br />

762 Zur Konstruktion von Männlichkeit, s. Taaffe 1993, 104 f. 109 ff.<br />

763 Taaffe 1993, 115 ff.<br />

764 Pomeroy 1985, 169–172.<br />

765 Pomeroy 1985, 168.<br />

766 Reinsberg 1993, 78; so auch Badinou 2003, 94.<br />

767 Ikonographische Lösungen zur Steigerung „anständiger Erotik oder Nacktheit“, s. z. B. S. Moraw, Schönheit und<br />

Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen Vasenmalerei, JdI 118,<br />

2003, 25–27.


Gesten auf die Hetäre oder nicht vielleicht doch auf die Ehefrau verweisen, stand in der Forschung<br />

nicht zur Diskussion und wurde eindeutig zugunsten der Hetäre beantwortet. Es ist in der Tat bei dem<br />

heutigen Stand der Wissenschaft und dem allgemeinen Frauenbild nur schwerlich vorstellbar, dass die<br />

ausschließlich ökonomischen Wertvorstellungen der Ehe, die sich in den Schriftquellen erschließen,<br />

dagegen in der Bildfassung gänzlich zugunsten einer liebevollen und gefühlsbetonten Paarbeziehung<br />

aufgegeben wurden. Und doch wurde bereits bei einem Vergleich der Hochzeitsbilder mit der<br />

entsprechenden literarischen Überlieferung festgestellt, dass in der Vasenmalerei ab der zweiten Hälfte<br />

des 5. Jhs. v. Chr. einer romantischen Version der Vorzug eingeräumt wird, die mit dem Bild der<br />

Quellen wenig gemein hat. 768 Viele Fragen zum Thema Liebe und Sexualität zwischen den Ehepaaren<br />

sind noch unbeantwortet, Unstimmigkeiten haben bisher kaum Beachtung gefunden. Es ist<br />

Bereitschaft und Unvoreingenommenheit erforderlich, am konservativen Bild, das die Wissenschaft<br />

lange Zeit von der bürgerlichen Frau hatte, zu rütteln, um dann vielleicht zu neuen Ergebnissen zu<br />

gelangen.<br />

4. 4. 1. 1. Cheir epi karpo und dexiosis<br />

Körperlicher Kontakt wird bei Paaren, bei denen es sich nachweislich um Ehepaare handelt, in zwei<br />

entgegengesetzten Bereichen hergestellt: Hochzeit und Tod. Der cheir epi karpo-Gestus wurde bereits<br />

verschiedentlich angesprochen und gehört zu den wenigen physischen Gesten, die für Ehe- bzw.<br />

Brautpaare verwendet wurden. 769 Als ein ritueller Gestus versinnbildlicht er nach Meinung vieler den<br />

Akt der Besitzergreifung, durch dessen Vollzug der Bräutigam die Aufnahme der Erwählten in seinen<br />

Oikos und somit auch in seine Verfügungsgewalt zum Ausdruck bringt. Die Geste schafft eine<br />

Verbindung zwischen den Ehepartnern, die für sich aber frei von Emotionen ist und aus einer<br />

einseitigen Initiative heraus entsteht, nämlich der des Mannes. 770 Es mag nicht ohne Bedeutung für die<br />

Wertung des Paarverhältnisses sein, wenn, wie bereits verschiedentlich aufmerksam gemacht wurde,<br />

das Umgreifen des Handgelenks durch ein tatsächliches An-der-Hand-Fassen ersetzt wird. 771 Es<br />

besteht allerdings die Gefahr, dass wir unsere eigenen Wertmaßstäbe dort ansetzen, wo uns die antiken<br />

Quellen im Stich lassen.<br />

Wie der cheir epi karpo-Gestus signalisiert die dexiosis (Taf. 5 Abb. 1) Verbundenheit 772 , wobei<br />

verschiedentlich angemahnt wird, sie nicht emotional überzubewerten. 773 Aus der Tatsache, dass die<br />

768 s. Kap. 1. 5. 3.<br />

769 Vgl. Loutrophoros, Athen V/9.<br />

770 Neumann 1965, 59–66: der Gestus wude zuerst als Entführungsgestus und erst sekundär dann auch als<br />

Heimführungsgestus verwendet; Reeder 1995, 127; Bergemann 1997, 62; Sutton 1997, 29.<br />

771 z. B. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 03.802, hier I/1; Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888, hier V/8.<br />

772 Allg. z. B. B. Schmaltz, Griechische Grabreliefs ²(Darmstadt 1993) 209–212; C. Breuer, Reliefs und Epigramme<br />

griechischer Privatgrabmäler vom vierten bis zweiten Jahrhundert. Zeugnisse bürgerlichen Selbstverständnisses vom 4.<br />

bis 2. Jahrhundert v. Chr. (Wien 1995) 15–22; Bergemann 1997, 61 f. Anm. 286; N. Himmelmann, Attische Grabreliefs.<br />

Vorträge der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften G 357 (Wiesbaden 1999) 114; M. Meyer, Gesten<br />

der Zusammengehörigkeit und Zuwendung. Zum Sinngehalt attischer Grabreliefs in klassischer Zeit, Thetis 5/6, 1999,<br />

120 f.; Sojc 2005, 120–124.<br />

S e i t e | 161


dexiosis auf den Grabreliefs nicht ausschließlich für Ehepaare reserviert ist, können wir ersehen, dass<br />

sie eine allgemeine Formel für verwandtschaftliche oder freundschaftliche Nähe ist, die auch auf<br />

Männer bzw. Frauen unter sich oder auf Eltern und ihre Kinder anwendbar ist.<br />

Einen Ausdruck ehelicher Zuneigung finden wir vielleicht auf einer Loutrophoros in Buffalo IV/1<br />

(Taf. 19 Abb. 1) umgesetzt, auf der sich ein Paar über einen Diphros hinweg an der Hand hält. Der<br />

Grundtenor der Szene ist zurückhaltend. Bei dem Motiv des Handhaltens handelt es sich weder um<br />

den Handgreif-Gestus aus den Ekdosis-Szenen noch um den Dexiosis-Gestus der Grabreliefs. Ein<br />

wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Handschlag ist, dass sich die Personen jeweils ihre rechte<br />

Hand reichen, wohingegen der junge Mann auf der Loutrophoros in Buffalo mit der Rechten die Linke<br />

seiner Partnerin greift, sie sich also an der Hand halten. Die geflügelte weibliche Figur mit Fackel und<br />

Taenie, die kompositorisch der weiblichen Figur zugeordnet ist, lässt weniger einen rein häuslichen,<br />

als vielmehr einen rituellen Zusammenhang plausibel erscheinen. 774 Eingedenk der Gefäßform, eines<br />

im Hochzeitsritus verwendeten Gefäßes, möchte man gern ein sich in trauter Verbundenheit<br />

gegenüberstehendes Brautpaar erkennen. 775 Auch Ares ergreift Aphrodites Hand, bevor er sie mit<br />

schmeichelnden und wohlgesetzten Worten zum Hochzeitslager führt. 776 R. Mösch-Klingele macht<br />

allerdings nachdrücklich darauf aufmerksam, dass sowohl die Gefäßform als auch die geflügelte<br />

weibliche Figur ebenso gut im Funeralbereich verortbar sind. 777 Sollte die sepulkrale Verwendung des<br />

Gefäßes in der Tat zutreffend sein, dann muss man allerdings einräumen, dass theoretisch auch Bruder<br />

und Schwester, Mutter und Sohn, etc. dargestellt sein könnten. Das im Handschlag verbundene,<br />

stehende, jugendliche Paar wurde zwar nachweislich auch als Motiv für Grabloutrophoren<br />

verwendet 778 , da die Loutrophoros in Buffalo aber die dexiosis in einer markant abgewandelten Form<br />

zeigt, ist meiner Meinung nach eine hochzeitliche Auslegung gerade angesichts auch der Form des<br />

Bildträgers wohl wahrscheinlicher.<br />

S e i t e | 162<br />

4. 4. 1. 2. Die Hand auf der Schulter<br />

Eine Hydria in New York II/17 (Taf. 5 Abb. 5) zeigt einen jungen Mann, der einer sitzenden Frau in<br />

einer vertrauten Geste die Hand auf die Schulter legt. Der Rahmen der ganzen Szene ist durch die<br />

Gruppe auf der linken Seite, die sich um eine auf einem Klismos sitzende und spinnende Frau<br />

konzentriert, als ein häuslicher charakterisiert und wird durch den Eros unterstrichen, der hier<br />

773 Mit Verweis auf die Urkundenreliefs, s. Bergemann 1997, 62.<br />

774 vgl. Loutrophorosfrg., Nantes, Musée Dobrée D 974.2.30; Loutrophoros, München, Antikensammlungen 6572:<br />

Loutrophorosfrg., Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888, hier V/8.<br />

775 So auch Oakley – Sinos 1993, 39.<br />

776 Hom. Od. 8, 290–292.<br />

777 Mösch-Klingele 2006, 52.<br />

778 z. B. Stelenfrg., Athen, Kerameikos Mus. P 280: CAT 2.154; Stele der Hagnostrate, Athen, Nat. Mus. 1863: CAT 1.431:<br />

Die junge Frau steht im Bildfeld neben einer fast mannshohen Loutrophoros-Hydria, die sie im Handschlag mit einem<br />

jungen Mann namens Theodoros verbunden zeigt. Ob Ehemann oder etwa Bruder, bleibt ungeklärt.


eventuell die Brautschuhe trägt. 779 Die Geste wird im Übrigen auch in der Grabkunst verwendet. Auf<br />

einer Marmorlekythos im Piräus 780 nehmen Eltern Abschied von ihrer Tochter; dabei steht der<br />

Ehemann hinter dem Klismos seiner Gattin und legt ihr die Hand auf die Schulter. Nach modernen und<br />

freilich subjektiven Eindrücken bedeutet sie im Kontext der Trauer möglicherweise nicht nur<br />

Zusammenhalt und Verbundenheit, sondern auch das Spenden von Trost. Hinsichtlich des New<br />

Yorker Bildes ist sicherlich eher eine allgemeine Deutung angebracht; hier ist die Geste vermutlich<br />

erneut ein Sinnbild ehelicher Verbundenheit und Vertrautheit.<br />

Das Motiv des Hand-auf-die-Schulter-Legens findet sich jedoch auch in einem ganz anderen<br />

Zusammenhang auf einer Hydria in München IV/2 (Taf. 19 Abb. 2). Dort legt eine junge Frau einem<br />

sitzenden Jüngling die Hand auf die Schulter. Durch die Art, wie sie sich vor ihm mit langen<br />

wallenden Haaren und gelüpftem Gewand präsentiert, macht sie in der Tat einen sehr verführerischen<br />

Eindruck. Auch bei dem zweiten Paar ist die erotische Spannung spürbar: Während der bärtige Mann<br />

einen Astragal als Geschenk darbietet, greift die sitzende Frau mit ihrer Hand nach seinem Oberarm.<br />

Die Werbeszenen kennen zwar vergleichbare, aber nicht identische Paare. Der Astragal als Geschenk<br />

ist ebenso ungewöhnlich wie die elegant das Gewand raffende Frau mit offenem Haar. Die kleine<br />

Dienerin mit dem Kalathos auf dem Kopf hebt die Szenen einmal mehr von den Werbeszenen ab. 781<br />

Es ist dies einer der seltenen bildlichen Belege, wo die Textilverarbeitung tatsächlich in<br />

Zusammenhang mit erotischer Werbung gebracht ist. Die auf die Schulter gelegte Hand hat hier eine<br />

ganz andere Bedeutung als auf der Hydria in New York II/17, wo das Motiv bei einem Ehe- oder<br />

Brautpaar begegnet. Auf der Münchner Hydria IV/2 wird die Geste von einer Frau ausgeführt, die<br />

dem sitzenden Mann unmittelbar zugewandt ist, wodurch sie im Bildkontext nahezu etwas<br />

Aufforderndes gewinnt. Inhaltlich ist sie in diesem Fall wohl mit dem offensiven Gestus der rechts<br />

sitzenden Frau gleichzusetzen, die ihren Galan oder Begleiter mit einem festen Griff um den Oberarm<br />

gepackt hat. 782<br />

4. 4. 1. 3. Umarmungen<br />

Gerade auf Kylikes, d. h. auf Symposionsgeschirr, sind zahlreiche Umarmungsszenen zu finden. Auch<br />

wenn im Rahmen dieses Kapitels vorrangig intime Gesten betrachtet werden sollen, die für die<br />

Darstellung von Ehepaaren geeignet sind, so muss man in einigen Fällen doch eingestehen, dass eine<br />

779 s. Kap. 2. 5. 3.<br />

780 Lekythos, Piräus, Mus. 2152: CAT 3.215; s. auch M. Meyer, Gesten der Zusammengehörigkeit und Zuwendung. Zum<br />

Sinngehalt attischer Grabreliefs in klassischer Zeit, Thetis 5/6, 1999, 121 Abb. 6; 122–125: Die Geste ist weder alters-<br />

noch geschlechtsspezifisch und betont nachdrücklich die Zusammengehörigkeit von Mitgliedern eines Oikos.<br />

781 Reinsberg 1993, 125 f.; N. Hoesch, Hetären, in: K. Vierneisel – B. Kaeser (Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des<br />

Trinkens. Ausstellungskatalog München (München 1990) halten den Inhalt des Korbes nicht für Wolle, sondern für<br />

Blüten oder Früchte.<br />

782 Der Griff um den Oberarm ist als Motiv aus den Werbeszenen bekannt. Besonders zahlreich in den päderastischen<br />

Szenen, signalisiert er wohl eine positive Reaktion des Eromenos auf die Annäherung des Erastes, z. B. Schale des<br />

Peithinos, Berlin, Antikensammlung F 2279: CVA Berlin (2) 16–18 Taf. 60, 1–4; 61, 1–4; CVA Berlin (3) 19 Taf. 122,<br />

2. 6; 134, 3.<br />

S e i t e | 163


sichere Aussage letztlich nicht möglich ist. Vorerst soll es genügen, das Bewusstsein dafür zu<br />

schärfen, dass nicht jede sexuell-erotische Handlung sofort auf die Hetäre hindeuten muss.<br />

Auf einer Schale in Paris IV/3 (Taf. 19 Abb. 3) etwa hat eine auf einem Diphros sitzende Frau ihre<br />

Hand in den Nacken des vor ihr stehenden Mannes gelegt und zieht ihn zu sich herab. Ihr Griff um<br />

seinen Unterarm, den er im Begriff ist, auf ihren Schenkel zu legen, signalisiert ihr Begehren und<br />

Einverständnis. 783 Die Hand am Nacken des Partners, die zumindest dem modernen Betrachter<br />

Zärtlichkeit suggeriert, findet sich auf Vasenbildern erstaunlich häufig gerade im Kontext mit Frauen,<br />

die als Hetären klassifiziert werden können. 784 Der Umgang zwischen Kunde und Sexualpartnerin<br />

wird also offensichtlich von einer rein körperlich-sexuellen auf eine emotional-persönliche Basis<br />

gehoben. Das Geschäftsverhältnis wird personalisiert und z. T. sicherlich auch beschönigt. Im Bezug<br />

auf die Schale in Paris ist nun besonders interessant, dass jegliche Elemente der Gelage-Ikonographie<br />

getilgt wurden, ja nicht einmal Objekte wie Musikinstrumente oder Flötenfutterale subtil in diese<br />

Richtung weisen. Die Darstellung konzentriert sich alleinig auf die Annäherung zweier Liebender,<br />

ohne Wert darauf zu legen, die beteiligte Frau in irgendeiner Form als Prostituierte zu kennzeichnen.<br />

Welche Art von Frau der antike Betrachter nun aber mit dem Bild assoziierte, ist nicht zu entscheiden.<br />

Innerhalb der Umarmungsszenen gibt es eine klar abgrenzbare Gruppe von Darstellungen, auf denen<br />

der Altersunterschied der Liebenden nun auffällig deutlich ausgeprägt ist. 785 So muss sich das kleine<br />

Mädchen auf einer Schale in Berlin IV/4 (Taf. 19 Abb. 4) strecken, um den Hals seines Partners zu<br />

umarmen. Versuche der Altersdifferenzierung gerade im Falle von Mädchen und jungen Frauen finden<br />

sich auf den klassischen Vasen nur ansatzweise umgesetzt. 786 Darstellungen wie die der mit den<br />

Brauronia verbundenen Krateriskoi zeigen aber immerhin, dass den Vasenmalern eine grobe<br />

Altersangabe möglich war. Gemessen an den Bildern, die etwa die Vorbereitungen zur Hochzeit<br />

thematisieren und dabei eine erwachsene und körperlich voll entwickelte junge Frau darstellen, muss<br />

es sich bei auf der Berliner Schale IV/4 um ein noch eher kindliches Mädchen handeln. In seiner<br />

Schmährede gibt der als Frau verkleidete Mnesilochos in den „Thesmophoriazusen“ des Aristophanes<br />

vor, bereits mit sieben Jahren entjungfert worden zu sein. 787 Dieses allzu junge Alter soll aber wohl<br />

eher Entsetzen und Empörung über die Verderbtheit und Geilheit des Frauengeschlechts hervorrufen,<br />

783 Zur standardisierten Formel des Umarmens gehört in der griechischen Kunst nach Dierichs 1993, 68 das Umfassen des<br />

Nackens und des Unterarms.<br />

784 z. B. Schale, New York, Metropolitan Mus. (ohne Inv.): Reinsberg 1993, 91 Abb. 32.<br />

785 Ähnliche Bilder sind im Übrigen auch im homoerotischen Bereich vertreten: z. B. Schale des Briseis-Malers, Paris,<br />

Musée du Louvre G 278: Kilmer 1993, Taf. 146 R 539; Amphora des Dikaios-Malers, Paris, Musée du Louvre G 45:<br />

CVA Paris, Musée du Louvre (5) III Ic 19 f. Taf. 30, 2–5; 31, 1. Der – allerdings nicht obligatorische –<br />

Größenunterschied ist hier durch einen reellen Altersunterschied begründet. Eine Schale in Malibu, J. P. Getty Mus.<br />

85.AE.25: Kilmer 1993, Taf. R 308 zeigt dagegen zwei Jünglinge in Umarmung, die angesichts ihrer körperlichen<br />

Entwicklung wohl gleichaltrig sind. – Zu jugendlichen Liebespaaren, s. Reinsberg 1993, 167.<br />

786 Es klafft eine Lücke zwischen Kleinkinddarstellungen, unter denen die Darstellungen von Töchtern generell<br />

beklagenswert rar sind, und heiratsfähigen Parthenoi im Alter um die 14 Jahre. Die Parthenoi sind in Gestalt und Wuchs<br />

in keiner Weise von älteren, bereits verheirateten Frauen unterschieden. Die einzige Gefäßform innerhalb der Gattung der<br />

Keramik, die bemüht ist, Mädchen mehrerer Altersstufen nebeneinander zu stellen, sind die Krateriskoi. Inwieweit sich<br />

das Alter der an den Brauronia teilnehmenden Arktoi aber letztlich bestimmen lässt, bleibt unbestimmt, s. L. Kahil, Le<br />

“craterisque” d´Artemis et le Brauronion de l´Acropole, Hesperia 1, 1981, 253–263; C. Sourvinou-Inwood, Studies in<br />

Girls Transitions. Aspects of the Arkteia and Age Representation in Attic Iconography (Athen 1988) 33–66.<br />

787 Aristoph. Thesm. 478–480.<br />

S e i t e | 164


so dass dieses Textzeugnis kaum als Beleg für frühreife Sexualpraktiken der antiken griechischen<br />

Jugend angesehen werden kann. Steht dieses junge sexuell aktive Mädchen vielleicht in<br />

Zusammenhang mit Kinderprostitution? So ist uns etwa durch die Gestalt der Nikarete aus der<br />

Demosthenes-Rede zu Neaira bekannt, dass Mädchen, kaum dass sie der gröbsten Kindheit<br />

entwachsen waren, zu Prostituierten ausgebildet wurden. 788 In der Vasenmalerei sind kindliche<br />

Prostituierte jedoch nicht belegt; sie sind in der Regel als makellose, aber erwachsene Frauen<br />

dargestellt. Der ausgeprägte Größenunterschied der Geschlechter scheint also ein singuläres Merkmal<br />

jener Umarmungsszenen zu sein.<br />

Die Bilder dieser Gruppe sind mal mehr, mal weniger explizit. Während sich das Paar auf einer Schale<br />

des Makron in Wien 789 in 'geschwisterlicher Zuneigung' lediglich gegenübersteht, drängt sich das<br />

junge Mädchen auf einem Schalenfragment in New York IV/5 (Taf. 19 Abb. 5) fordernd an den<br />

nackten Körper eines Jünglings, ihre Hände hat sie fest in seinem Nacken verschränkt. Der sexuelle<br />

Tenor ist bei der Umarmung dieses Paares kaum zu leugnen. Wenn eine junge Frau wie hier ohne<br />

Scham die Initiative ergreift, konnte das für viele Archäologen und Archäologinnen offenbar nur<br />

bedeuten, dass sie in dem Gewerbe ausgebildet wurde. So urteilt etwa E. Reeder: „Nur Hetären<br />

wurden dargestellt, während sie einen Mann umarmen und ihn direkt anblicken.“ Umso erstaunlicher<br />

ist der knappe Nachtrag zu eben jenem Katalogartikel von M. Schmidt: sie erwägt tatsächlich die<br />

bereitwillige Hingabe einer athenischen Bürgerin. 790<br />

Diese Lesart ist besonders hinsichtlich einer Schale aus dem Kunsthandel in Luzern IV/6 berechtigt,<br />

denn das sich innig umarmende Paar wird hier von einem Kranich begleitet. Der Kranich auf den<br />

attischen Vasenbildern wurde von E. Böhr, wie bereits verschiedentlich angemerkt wurde, als<br />

Jungfern- oder Nymphenkranich identifiziert. Bereits seine Namenszusammensetzung mit dem Begriff<br />

„nymphe“ erinnert an die Braut, die im Griechischen mit diesem Begriff belegt wird. 791 Sollte sich also<br />

der Bezug des Nymphenkranichs auf die Hochzeit bestätigen, würde dies für das Schaleninnenbild<br />

wegweisend sein. Dann hätten wir dieses Motiv tatsächlich für ein junges Brautpaar nachgewiesen.<br />

Die Darstellung einer Schale in Christchurch IV/16 (Taf. 21 Abb. 3) wird im Zusammenhang mit<br />

möglichen erotischen Hochzeitsdarstellungen ausführlicher besprochen werden. Der<br />

Größenunterschied ist nicht ganz so stark ausgeprägt, doch hat auch hier eine junge Frau ihre Arme<br />

um den Nacken eines Jünglings geschlungen. Das Motiv des sich umarmendes Paares gleicht soweit<br />

dem der Schalen in Berlin IV/5 und New York IV/6. Die Handbewegung des nur mit einem<br />

Schultermantel bekleideten Jünglings auf der Schale in Christchurch lenkt die Aufmerksamkeit auf<br />

eine prächtige Kline. Diese und auch die große, doppelflügelige Tür erinnern an Oikos- und<br />

Hochzeitsszenen. Eine entsprechende Deutung ist vielleicht auch für das sich umarmende Paar auf<br />

788 Demosth. or. 59, 18 f. Die Formulierungen “largest fees from those who wished to enjoy them” und “she reaped the<br />

profit of the youthful prime of each, [...]” geben durchaus Anlass zu der Vermutung, dass Kinderprostitution keine<br />

Erfindung der Neuzeit ist und die Mädchen bereits vor ihrer Menarche zur Prostitution gezwungen wurden.<br />

789 Eine Demonstration von eher geschwisterlicher Zuneigung wäre denkbar bei einer Schale des Makron, Wien,<br />

Kunsthistorisches Mus. 3698: CVA Wien (1) III I 16 f. Taf. 13, 3; 14, 1. 2, wo sich der Jüngling und das kleine Mädchen<br />

im Tondo lediglich gegenüberstehen.<br />

790 Reeder 1995, 192 Nr. 41.<br />

791 Zum Begriff „nymphe“, s. RE XVII (1936) 1528 s. v. Nymphai (F. Heichelheim); Winkler 1999, 11; Kreilinger 2007,<br />

55–57.<br />

S e i t e | 165


dem apulischen Glockenkrater in Sydney IV/17 (Taf. 21 Abb. 4) vertretbar, das von Eros<br />

höchstpersönlich zur Tür des Schlafgemachs geleitet wird.<br />

S e i t e | 166<br />

4. 4. 1. 4. Küsse<br />

Sich küssende Paare finden sich in der attischen Vasenmalerei nur gelegentlich, z. T. jedoch bereits<br />

schon in der schwarzfigurigen Vasenmalerei. 792 Das sich in den Armen liegende und sich küssende<br />

Paar auf einem schwarzfigurigen Alabastron in Athen IV/7 (Taf. 19 Abb. 6) bleibt mangels jeglicher<br />

Attribute anonym. Obgleich P. Badinou Zärtlichkeit und Zuneigung im Falle von Ehepaaren nicht<br />

ausschließt, veranlasst sie die Anwesenheit weiterer Personen, die 'Beinahe-Ehefrau' nun doch zur<br />

Hetäre zu erklären. 793<br />

Die einzigartige Kussszene auf einer Hydria in Chicago IV/8 (Taf. 20 Abb. 1) ruft widersprüchliche<br />

Assoziationen wach. Im Zentrum stehen sich umarmend und küssend ein Jüngling und ein junges<br />

Mädchen, das ihren Liebsten an den Ohren packt, um den sog. Henkelkuss zu vollziehen. 794 Die<br />

Position der schräg herabhängenden Arme, die der vorgebeugten Haltung des Jünglings folgen, ist<br />

zweideutig. Entweder ist dieser eben im Begriff, das Mädchen in die Arme zu schließen, oder aber<br />

seine Hand nähert sich in einer sexuell motivierten Geste ihrer Scham. 795 Das Berühren der Genitalien<br />

hat nach V. Siurla-Theodoridou eine lange ikonographische Tradition in Griechenland. Das Berühren<br />

von Brust und Scham nennt sie ebenso wie das Umfassen des Handgelenks und das Umarmen als<br />

Motive sog. Begegnungsbilder des 7. und 6. Jhs., die häufig in Zusammenhang stehen mit dem Hieros<br />

Gamos von Zeus und Hera. 796 Die Berührung weiblicher Geschlechtsmerkmale war also ursprünglich<br />

ein ritualisierter Akt der Hochzeit und Werbung. In den schwarz- und rotfigurigen Vasenbildern wird<br />

dieser Gestus im Rahmen der Knabenliebe und des sexuellen Verkehrs mit Hetären bei den Symposien<br />

Ausdruck der fleischlichen Begierde und erotischen Stimulanz. 797 In homoerotischen Szenen ist er<br />

792 Zur gestalterischen Problematik des Kussmotivs, s. Dierichs 1993, 71.<br />

793 Badinou 2003, 94.<br />

794 Dierichs 1993, 71.<br />

795 Letzteres vertritt z. B. Reeder 1995, 342 f.; derartige Handgesten können aufgrund des Erhaltungszustandes und der<br />

Qualität der zur Verfügung stehenden Bilder leicht missverstanden werden. Auf einer Schale des Briseus-Malers, Malibu,<br />

J. P. Getty Mus. 86.AE.293: Kilmer 1993, Taf. R 538 hält der Jüngling eine Blüte in der Hand seines gesenkten Armes<br />

und somit vor den Unterleib der vor ihm stehenden Frau. Ebenso ist ungewiss, ob der Jüngling auf einer Schale des<br />

Makron, London, British Mus. E 61: CVA London (9) 49–51 Nr. 37 Abb. 3, C. F; 9, D Taf. 50, A. B; 51, mit dem<br />

ausgestreckten Arm auf den Schambereich der vor ihm sitzenden Frau weist oder ob er nicht vielmehr den ihm<br />

hingereichten Kranz in Empfang nimmt. Mit dem gleichen Motiv wurde auch eine Pelike des Tyszkiewicz-Malers, Paris,<br />

Musée du Louvre G 237: CVA Paris, Musée du Louvre (6) III Ic 38 Taf. 50, 3–5 verziert, wobei man hier trotz der<br />

schlechten Qualität der Malerei den Eindruck hat, die Frau streife dem Jüngling den Kranz über den ausgestreckten Arm;<br />

vgl. auch Pelike, Providence, Rhode Island School of Design C 1479: CVA Providence (1) 28 Taf. 3, A. B.<br />

796 V. Siurla-Theodoridou, Die Familie in der griechischen Kunst und Literatur des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. (München<br />

1989) 236 f.<br />

797 z. B. Stamnos des Smikros, Brüssel, Musées Royaux d´Art et d´Histoire A717: CVA Brüssel (2) III Ic 6 f. Taf. 12, 1A–<br />

D; 13, 1A–C; Schale, Malibu, J. Paul Getty Mus. 80.AE.322: Kilmer 1993, AT P. 146 Taf. R 1196; Schale des Makron,


nicht selten Vorspiel zum Schenkelverkehr. 798 Ob im 5. Jh. v. Chr. seine herkömmliche Konnotation<br />

bereits völlig vergessen war, ist ungewiss. Da uns der Gestus jedoch v. a. im Kontext des Gelages und<br />

der Päderastie bekannt ist, lag wohl auch für den antiken Betrachter näher, ihn dementsprechend zu<br />

lesen. Auf der anderen Seite wird zunehmend deutlich, dass viele Gesten ihre jeweilige Bedeutung erst<br />

im individuellen Bildkontext entfalten. Das Paar auf der Hydria IV/9 wird flankiert von einem<br />

Manteljüngling und zwei Frauen, von denen die rechte einen Handwebrahmen davonträgt. Der<br />

Manteljüngling, Paradigma für Züchtigkeit und Zurückhaltung, spricht nicht gegen einen erotischen<br />

Kontext, tritt er doch regelmäßig in homoerotischen Szenen auf. Der Webrahmen jedoch ist in einer<br />

Kussszene zwischen Hetäre und Kunde fehl am Platz, sondern ruft vielmehr Assoziationen mit<br />

bürgerlichen und häuslichen Tugenden wach. 799 Dennoch muss relativierend angemerkt werden, dass<br />

junge Frauen in den betrachteten Hochzeits- und Oikosszenen gewöhnlich nicht als Personen von<br />

deutlich kleinerer Statur, sondern immer als vollwertige Haus- und Ehefrauen dargestellt werden.<br />

4. 4. 1. 5. Das An- bzw. Entkleiden<br />

Mit der Pelike in Münster II/8 (Taf. 4 Abb. 5) verbindet sich, obwohl es sich aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach um eine Mutter-Kind-Darstellung handelt, ein weiteres erotisches Motiv: das An- oder Ablegen<br />

der Kleidung. Werden die entsprechenden Handgriffe im Frauenkreis ausgeübt, ist darin vermutlich<br />

ein Aspekt der weiblichen Toilette zu sehen. Während Utensilien wie Bänder, Spiegel oder Alabastra<br />

der Haut- und Haarpflege dienen, geht es bei der Auswahl des Gewandes und dem Legen der Falten<br />

um eine Modefrage, die für das weibliche Erscheinungsbild ebenso essentiell ist wie die richtige Frisur<br />

oder Kosmetik. Auf der Pelike in Münster findet das Ankleiden nun unter den Augen eines jungen<br />

Mannes statt. Der ebenfalls anwesende Knabe legt ein häuslich-familiäres Umfeld nahe, so dass der<br />

Akt des Ankleidens, insofern sich eine erotische Aussage damit verbindet, wohl nicht im<br />

voyeuristisch-stimulierenden Sinn gedacht ist.<br />

Die durchaus reizvolle Wirkung des An- und Auskleiden ist wider Erwarten für die Hetären- oder<br />

Prostituiertenikonographie nicht charakteristisch. Die Hetären, die sich während des Gelages zwischen<br />

den Symposiasten tummeln, sind entweder bekleidet, etwa wenn sie musizieren oder mit den Männern<br />

schäkern, oder aber nackt dargestellt, nämlich dann wenn sie gemeinsam mit den Männern auf den<br />

Speisesofas liegen oder bereits in den Geschlechtsakt involviert sind. Der sinnliche und sexuell<br />

Paris, Musée du Louvre G 143: Kunisch 1997, 201 f. Nr. 381 Taf. 131, 381; Schale des Makron, New York, Metropolitan<br />

Mus. 12.231.1: Kunisch 1997, 192 Nr. 301 Taf. 97, 301.<br />

798 z. B. Schale des Peithinos, Berlin, Antikensammlung 2279: vgl. Anm. 782; Schale des Brygos-Malers, Oxford,<br />

Ashmolean Mus. 1967.304: Reinsberg 1993, 166 Abb. 89.<br />

799 Vidale 2002, 364–366 vertritt wiederum die gängige Verschmelzung von Prostitution und Textilherstellung; die<br />

Ermahnung aus Plut. mor. 139e, es schicke sich für Eheleute nicht, sich in Gegenwart anderer zu umarmen und zu<br />

küssen, soll ein weiteres Argument liefern, weshalb es sich hier nicht um ein Ehepaar oder Liebespaar handelt kann.<br />

Plutarch schreibt aber ausschließlich über zeitgenössische Moralvorstellungen. Bundrick 2008, 298 f. schlägt eine völlig<br />

andere Lesung vor: die mit dem Handwebrahmen ausgestattete Ehefrau ertappt ihren Mann bei einer Tändelei mit einer<br />

Dienerin. – Zum Handwebrahmen, s. L. Clark, Notes on Small Textile Frames Pictured on Greek Vases, AJA 87, 1983,<br />

91-96.<br />

S e i t e | 167


stimulierende Moment des Entkleidens wird selten auf den Vasen thematisiert. 800 Eine der wenigen<br />

Ausnahmen in dieser Hinsicht ist eine Schale des Onesimos in London IV/9 (Taf. 20 Abb. 2), auf der<br />

eine Frau vor den Augen eines älteren Mannes den Gürtel ihres Chitons löst. Da der kugelige Korb<br />

und das Barbiton hier einen Symposionskontext implizieren, wurde die Szene einhellig als erotische<br />

Begegnung gedeutet. Dabei wurde auch gelegentlich auf die eigentümliche Kennzeichnung des<br />

Mannes aufmerksam gemacht. 801 Die in den Gelage- und Werbeszenen neben den Jünglingen<br />

agierenden bärtigen Männer sind nämlich mehrheitlich in der Blüte ihrer Jahre und im Vollbesitz ihrer<br />

körperlichen Kräfte als schöne und reife Männer wiedergegeben. Der Mann auf jener Schale in<br />

London jedoch gehört angesichts der Stirnglatze nicht mehr in diese Kategorie. 802 Sein breitbeiniges,<br />

dem Betrachter zugewandtes Sitzen auf dem niedrigen Hocker erinnert beinahe an die konventionelle<br />

Darstellung von Handwerkern oder Menschen niedriger Schichten, die auf der Erde hockend dem<br />

Betrachter ihre Genitalien darbieten. So weit geht es im Falle der Londoner Schale nicht, das Himation<br />

verdeckt seine Scham. I. Peschel glaubt, Onesimos setze hier die bemitleidenswerte, ökonomische<br />

Situation der Prostituierten ins Bild, die sich auch geilen Alten hingeben, solange der Preis stimmt. 803<br />

Wie subjektiv Bildeindrücke sind, zeigt das Urteil von E. Keuls, die die Darstellungsweise der Schale<br />

in London keineswegs als sozialkritisch empfindet. Die Kennzeichnung der weiblichen Figur schildert<br />

sie als “sympathetic picture of a rather homely hetaera.“ 804 Offenbar sollen die Alterszüge einfach<br />

einen Mann fortgeschrittenen Alters charakterisieren; eine moralische oder soziale Herabsetzung ist<br />

damit nicht unbedingt verbunden. Vom verräterischen Motiv des erwartungsvoll beobachteten<br />

Entkleidens abgesehen, sind zwar weder der kugelige Korb 805 noch das Musikinstrument 806<br />

800 Peschel 1987, 31 macht darauf aufmerksam, dass sich manche Hetären in einem fortgeschrittenem Stadium der<br />

Entkleidung befinden, hier ein verrutschtes, dort ein bereits abgelegtes Himation. Die Schale des Makron, Cambridge,<br />

Ashmolean Mus. 12.27: CVA Cambridge (1) III I 30 Taf. 25, 5; 28, 1 A. B zeigt das Entkleiden wohl als vorbereitenden<br />

Akt zum Geschlechtsverkehr. Die Darstellung im Tondo selbst ist stark fragmentiert, es fehlen etwa die Köpfe des<br />

Paares. Links am Rande wurde auf einem Diphros ein Gewandstück abgelegt. Das Paar liegt sich nicht, wie man<br />

aufgrund der Fehlstellen zunächst meinen könnte, in den Armen. Vielmehr ist die Frau gerade damit beschäftigt, ihrem<br />

Gegenüber das Himation abzunehmen. Die Außenseiten der Schale zeigen das bekannte Schema heterosexueller<br />

Werbeszenen.<br />

801 Peschel 1987, 170 f. Abb. 132 hebt neben Stirnglatze auch seine ausgemergelte physische Verfassung hervor, wobei ich<br />

bereit wäre, letzteres noch eher der Vorliebe der Pioniere für anatomische Muskeldetails zuzurechnen; Dierichs 1993, 66<br />

Abb. 115 deutet ihn wegen des schütteren Barts, der Stirnglatze und der runzeligen Stirn als alten Mann.<br />

802 Ganz ohne Parallelen ist die männliche Figur im Umfeld sexueller Thematik jedoch nicht: der Sexpartner auf der Schale<br />

des Triptolemos-Malers, Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense (ohne Inv.): CVA Tarquinia (1) III I 7 Taf. 11, 1 hat<br />

ebenfalls eine Stirnglatze. Ansonsten unterscheidet sich seine Darstellung in nichts von ähnlichen, insgesamt sehr<br />

homogen gestalteten Kopulationsszenen, s. auch Kilmer 1993, Taf. R 507.<br />

803 Peschel 1987, 171.<br />

804 Keuls 1985, 190.<br />

805 Nach Peschel 1987, 39 diente der Korb beim Symposion zur Verwahrung von Speisen, die z. T. von den<br />

Gelageteilnehmern selbst mitgebracht wurden. Ein sf. Epinetron, Paris, Musée du Louvre MNC 624: Badinou 2003, Nr.<br />

E 19 Taf. 12 liefert einen bildlichen Beleg für die Präsenz eines solchen kugeligen Korbes in einer typischen Oikosszene,<br />

wo die Frauen mit dem Spinnen und der Toilette beschäftigt sind. – Vgl. auch Basel, Kunsthandel III/29, wo sich der<br />

Inhalt des Korbs als Textilien entpuppt, die kaum etwas mit dem Symposion zu tun haben.<br />

806 Auch das Barbiton ist sowohl im Frauengemach als auch im dionysischen Kontext des Symposions und des Komos<br />

nachgewiesen, s. auch Bundrick 2005, 21–23. – Das Barbiton beim Komos: Skyphos des Brygos-Malers, Paris, Musée du<br />

Louvre G 156: M. Wegner, Musikgeschichte in Bildern II. Griechenland (Leipzig 1963) 100 f. Abb. 64. – Das Barbiton<br />

S e i t e | 168


unanfechtbare Argumente für ein amouröses Abenteuer nach dem Symposion, insgesamt spricht aber<br />

vieles für eine Zuweisung der Szene in den Bereich des Symposions. Auf einer Schale in München 807<br />

sind dem Komasten bezeichnenderweise nicht nur ein Skyphos, sondern auch das Barbiton und der<br />

Speisekorb zugeordnet. Trotz seiner sexuellen Konnotation ist auch das Motiv des Gürtellösens nicht<br />

auf den Bereich des Umgangs mit Prostituierten beschränkt, sondern, wie wir gesehen haben, ebenfalls<br />

im Umfeld von Hochzeit und Ehepaaren bekannt. 808 Ob es sich nun letztlich um eine Hetäre oder um<br />

eine Ehefrau handelt, ist vielleicht gar nicht so entscheidend. Zunächst ist interessant, dass Onesimos<br />

eben keine Sexszene mit einer klaren Aussage wählte, sondern den Moment erotischer Spannung 809 , in<br />

dem eine Frau, erwartungsvoll beobachtet, sich ihres Gewandes entledigt. Die vorliegende<br />

Ikonographie und ihr erotischer Gehalt sind demzufolge zumindest theoretisch sowohl auf die Ehefrau<br />

als auch auf die Hetäre anwendbar.<br />

Die vorgestellten Spielarten von Vertrautheit und Zärtlichkeit sind in der Regel weder auf die<br />

käuflichen noch die bürgerlichen Frauen festgelegt. Es kann keineswegs ausnahmslos vorausgesetzt<br />

werden kann, dass Intimitäten und Berührungen nur zwischen Männern und Prostituierten<br />

ausgetauscht wurden. In einzelnen Fällen gibt es durchaus Anhaltspunkte, die auf die Athenerin<br />

hinweisen.<br />

4. 4. 2. Die Kline und der Geschlechtsakt<br />

4. 4. 2. 1. Sexualität im hochzeitlichen Kontext<br />

Einen Ansatz für die Auswertung sexueller Symbole, die auch im Hinblick der Ehefrau Verwendung<br />

finden, bieten zunächst die Hochzeitsszenen. Während sich dort der Prozessionszug in den meisten<br />

Bildern auf eine Tür oder eine Säule zubewegt, die als pars pro toto das neue Heim der Braut<br />

repräsentieren, ist auf einigen Bildern der Thalamos des Brautpaares das Ziel. Auch auf der<br />

Loutrophoros in Boston I/1 (Taf. 1 Abb. 2), geben die geöffneten Türflügel den Blick in das<br />

Schlafgemach mit Kline frei. 810 Unmittelbar davor schwebt ein kleiner Eros, der laut J. H. Oakley und<br />

R. H. Sinos mit der linken Hand das Brautpaar heranzuwinken scheint. 811 Das Hochzeitslager als<br />

Bestandteil des Hochzeitszugs tritt auch in mythischen Zusammenhängen auf, wie der Hochzeit von<br />

beim Gelage: z. B. Kolonettenkrater des Tyskiewicz-Malers, Ferrara, Mus. Naz. 2812: A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

griechischen Symposion. Darbietungen, Spiele und Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz 1997)<br />

Taf. 34, 2; Schale des Oltos, Berlin, Antikensammlungen F4221: Peschel 1987, 37. – Als Bsp. für die Verwendung jenes<br />

Instruments in häuslichen Szenen: z. B. Kassel, Antikensammlung der Staatl. Kunstsammlungen T 435, hier V/24.<br />

807 Schale des Makron, München, Antikensammlung 2643: F.-W. Hamdort, Musik und Symposion, in: K. Vierneisel – B.<br />

Kaeser (Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des Trinkens. Ausstellungskatalog München (München 1990) 246 Abb. 39. 12.<br />

808 Vgl. Kap. 2. 5. 2.<br />

809 Dierichs 1993, 66.<br />

810 s. auch Kap. I. 6. 1.<br />

811 Oakley – Sinos 1993, 36.<br />

S e i t e | 169


Herakles und Hebe auf einer schwarzfigurigen Pyxis in Warschau 812 oder der Hochzeit von Peleus und<br />

Thetis auf einer Amphora in New York. 813<br />

Die Kline als Hochzeitslager und Ort der Zeugung künftiger Erben des Oikos spielt nicht nur im<br />

Rahmen des Hochzeitszugs eine Rolle. Auf einer Pyxis in Würzburg IV/10 sitzt die Braut auf einer<br />

Kline mit gemusterten Kissen und Decken (Taf. 20 Abb. 3). Die von einer Frau in den Armen<br />

getragene Loutrophoros und auch der bei der Schönheitspflege assistierende kleine Eros deuten<br />

eindeutig auf eine Hochzeit hin. Dafür spräche auch der Anakalypteria-Gestus, den die Frau links<br />

neben der Kline in unmittelbarer Nachbarschaft zu Eros ausführt, und die aus diesem Grund für<br />

Aphrodite gehalten wird. 814 Der Betrachter des Bildes assoziiert, hat er erst einmal den<br />

Hochzeitskontext erkannt, die Kline sofort mit dem Brautlager, die er aus den Ekdosis-Szenen kennt.<br />

Da die Kline die Szene im Thalamos verortet, kann auf der Pyxis in Würzburg eigentlich nicht die<br />

Schmückung der Braut gemeint sein. Thematisiert ist wohl das Entkleiden der Braut vor der ersten<br />

gemeinsamen Hochzeitsnacht. Der Ringkampf zweier Eroten (Taf. 20 Abb. 4), der von einer sitzenden<br />

und einer stehenden Frau – jeweils mit Zepter – beobachtet wird, wurde von E. Simon als Metapher<br />

erklärt, die die widerstreitenden Gefühle des jungen Mädchens und der Braut versinnbildlicht. 815<br />

Auf dem Fragment einer Hydria in Athen IV/11 (Taf. 20 Abb. 5) sitzt eine Frau auf einer prächtigen<br />

Kline. Die Scherbe bricht leider auf Höhe ihrer Brust ab, so dass wir nicht wissen, ob sie eventuell<br />

einen Schleier oder ein Diadem trug. Von links eilen bruchstückhaft erhaltene, Bänder herantragende<br />

Frauen heran. Am Fußende der Kline sitzt eine im Maßstab etwas kleinere Frau, deren Himationfalten<br />

sich im Nacken bauschen, so dass wir zuverlässig daraus schließen können, dass sie ihren Mantel über<br />

ihren Kopf gezogen hatte. In Verbindung mit der Kline ist dies nun ganz augenscheinlich der Habitus<br />

einer Braut; die Person neben ihr ist wohl niemand anderes als die Göttin Aphrodite, deren geöffnete<br />

und selbstbewusste Haltung sich von der schüchternen und in sich geschlossenen Darstellung der<br />

Braut kaum mehr absetzen könnte. Die Hand nach dem Arm der Braut ausgestreckt hat es sich die<br />

Liebesgöttin persönlich zur Aufgabe gemacht, jene mit ihrem neuen Status als Ehefrau vertraut zu<br />

machen. 816<br />

812 Pyxis, Warschau, Nat. Mus. 142319: Oakley – Sinos 1993, 35 f. 106–108 Abb. 100–104.<br />

813 Amphora des Malers, New York, Levy Collection (ohne Inv.): Oakley – Sinos 1993, 36. 112–114 Abb. 108–111.<br />

814 nymphokomos nach Oakley – Sinos 1993, 17; s. auch Calame 1992, 90.<br />

815 E. Simon, Aphrodite und Adonis. Eine neuerworbene Pyxis in Würzburg, AntK 15, 25 f. – Zur Deutung der Figuren, s.<br />

auch A. Greifenhagen, Griechische Eroten (Berlin 1957) 43 f.: Das Ringerpaar nennt er Eros und Anteros.<br />

816 A. Brückner, Athenische Hochzeitsgeschenke, AM 32, 1907, 92–94 Abb. 5 Taf. 6 ergänzt in den Händen der Braut ein<br />

Iynx-Rädchen. In der Zeichnung selbst ist das Rädchen aber unkenntlich.<br />

S e i t e | 170


4. 4. 2. 2. Die Kline in nicht-hochzeitlichen Darstellungen<br />

Auf das Hochzeitsbett wird sowohl in der Literatur als auch in der Bildkunst regelmäßig Bezug<br />

genommen. Es avancierte zum standardisierten Symbol, das nicht nur im unmittelbaren Kontext der<br />

Hochzeit Verwendung findet, sondern den generellen sexuellen Aspekt der Ehe ausdrückt, und somit<br />

auch stellvertretend für die Ehe selbst stehen kann. 817 So betrauert Alkestis als Folge ihres selbst<br />

erwählten Schicksals das abrupte Ende ihrer Ehe und den Verlust ihres Ehebetts. 818 Die Kline wurde<br />

vor dem politischen Hintergrund des demokratischen Athen zunehmend zum Symbol für eine legitime<br />

Ehe, aus der wiederum legitime Kinder mit dem Anspruch auf das Bürgerrecht und den väterlichen<br />

Besitz hervorgingen. 819<br />

Auf welch selbstverständliche Art und Weise Sexualität und Häuslichkeit in der Person der Haus- und<br />

Ehefrau miteinander verbunden werden, zeigt ein Schalentondo in London IV/12 (Taf. 20 Abb. 6).<br />

Dort steht eine Frau zwischen einem Wollkorb und einer Kline. Attributiv zugeordnet sind ihr wie so<br />

oft Blüte und Spiegel. Die Kline selbst wird an dieser Stelle durchaus als Hinweis auf den<br />

Geschlechtsverkehr zu verstehen sein, wie es uns P. Badinou zu verstehen gibt 820 , die Kombination<br />

mit dem Wollkorb weist jedoch weg vom Gelagemobiliar. Weshalb sollte die Kline, nachdem sie im<br />

Rahmen der Hochzeit eingeführt wurde, in den Oikosszenen mit dem Bild der Athenerin kollidieren?<br />

Weder das Ensemble Wollkorb und Kline noch die Inschrift he pais kalos erzwingen auch nur<br />

annähernd eine Deutung der jungen Frau als Hetäre.<br />

Die Verbindung zwischen Kline und Wollarbeit wird auch auf einer Pyxis in Paris IV/13 (Taf. 20<br />

Abb. 7) fassbar. 821 Neben der sich im Spiegel bewundernden Hausherrin und ihrer Bediensteten oder<br />

Verwandten, die in diesem speziellen Fall einen Handwebrahmen heranträgt, gibt eine geöffnete Tür<br />

den Blick frei auf das Bett des ehelichen Schlafgemachs.<br />

Auf dem Fragment eines Epinetron in Athen IV/14 (Taf. 20 Abb. 8) ist die Hausherrin im Thalamos<br />

zu sehen. Sie sitzt neben einer Kline mit dicken, gemusterten Polstern auf einem Klismos, in ihrer<br />

Hand hält sie auch hier ein Alabastron. 822 Zwischen ihr und dem Bett ist noch der Rest einer<br />

weiblichen Figur erhalten. Es kann nicht oft genug betont werden: Die Schönheit und Erotik der<br />

Ehefrau sind auf den attischen Vasen klassischer Zeit kein Tabuthema. Das Genre der sog.<br />

Toilettenszenen stellt die anständige Bürgerin dar, wie sie ihre freie Zeit nach Belieben auf intensive<br />

Körperpflege verwendet. Dass solche Bemühungen generell nicht um ihrer selbst willen betrieben<br />

werden, sondern auch um ihrer Wirkung auf Männer wegen – in der Regel wohl ihr Ehemann –, kann<br />

vorausgesetzt werden.<br />

817 Hartmann 2002, 115.<br />

818 Eur. Alk. 175–188.<br />

819 Patterson 1998, 108.<br />

820 Badinou 2003, 67: „Le lit renvoie sans aucun doute aux jeux érotiques et la fleur à la séduction.” Die beiden Außenseiten<br />

der Schale interpretiert sie als erotisch motivierte Begegnungen mit Hetären.<br />

821 vgl. Pyxis des Phiale-Malers, Wien, Kunsthistorisches Mus. 3719: Bundrick 2008, 302 f. Abb. 8.<br />

822 Das Alabastron ist hier vielleicht konkret ein Hinweis darauf, dass es üblich war, sich vor dem Geschlechtsakt einzuölen,<br />

s. Kreilinger 2007, 125–128.<br />

S e i t e | 171


S e i t e | 172<br />

4. 4. 2. 3. Das (Ehe-?) Paar im Thalamos<br />

Die bisher betrachteten Bilder zeigen die Frau entweder allein auf der Kline bzw. in Gegenwart von<br />

Frauen. Ob die griechische Bildkunst so weit ginge, das Ehepaar im Thalamos darzustellen?<br />

Eine Loutrophoros aus Würzburg III/3 (Taf. 10 Abb. 6) zeigt eine noch relativ unverfängliche<br />

Darstellung eines Paares vor einer Kline. Der Bildträger, eine Loutrophoros, und die Fackelträgerin<br />

rechtfertigen die Annahme, es handle sich um ein Brautpaar und infolgedessen bei der mit bunt<br />

gemusterten Decken reich ausgestatteten Kline um das Hochzeitsbett. Die Darstellung wurde aufgrund<br />

des Kästchens hier im Rahmen der Werbeszenen kurz behandelt. 823 Im Wesentlichen wurde dabei der<br />

Frage nachgegangen, ob eine Geschenküberreichung gemeint ist und vor welchem Hintergrund sie<br />

stattfindet. An dieser Stelle steht dagegen im Vordergrund, dass sich die wie auch immer geartete<br />

Aktion offenbar im Thalamos abspielt, wobei Kline und Gefäßform womöglich den Zusammenhang<br />

mit der Hochzeit herstellen.<br />

Das Bildprogramm der Kalpis in Athen IV/15 (Taf. 21 Abb. 1. 2) steht als Ganzes im Zeichen der<br />

Hochzeit. Der Fries der Bauchzone, für sich betrachtet eine übliche Oikosszene, in deren Mittelpunkt<br />

jeweils eine junge Frau nach Art der Aphrodite lässig-elegant auf ihrem Klismos sitzt, wird wohl<br />

angesichts des hochzeitlichen Inhalts des Schulterfrieses ebenfalls in diesem Sinn zu betrachten sein.<br />

Während also der Bauchfries die Vorbereitungen auf die Hochzeit erläutert, gilt der Schulterfries der<br />

Repräsentation des Brautpaars und dem Darbringen von Geschenken. 824 Die Darstellung des<br />

Brautpaars, das sich anblickend einander gegenüber sitzt – er auf einem Klismos, sie auf einem<br />

Diphros, ist im Bestand erhaltener griechischer Vasen singulär. Die geöffneten Flügel einer Tür mit<br />

Ausblick auf eine Kline sind als Ankündigung der Hochzeitsnacht zu verstehen.<br />

Das Bild im Tondo einer Schale in Christchurch IV/16 (Taf. 21 Abb. 3) ist verglichen mit der<br />

Loutrophoros in Würzburg III/3 deutlich weniger zurückhaltend. Eine junge Frau hat einem nur mit<br />

einem über die Schultern geworfenen Mantel bekleideten Jüngling beide Arme um den Nacken<br />

geschlungen, beide blicken sich tief in die Augen. Des Handgestus des Jünglings, der auf die Kline<br />

weist, hätte es kaum bedurft. Angesichts der Form des Gefäßes und seiner Verwendung im Symposion<br />

würde man üblicherweise nicht zögern, diese so offenkundig sexuelle Begegnung als erotisches<br />

Abenteuer eines jungen Komasten mit einer Hetäre oder Musikerin zu deklarieren. So sieht etwa P.<br />

Badinou die Darstellung als Fortsetzung des Banketts auf der Außenseite der Schale. 825 Das<br />

Bildprogramm der Schale muss keinen übergreifenden, inhaltlichen Bezug haben, denn auf ein Gelage<br />

gibt es im Bild selbst nicht den geringsten Hinweis. 826 Wäre es eventuell vorstellbar, dass sich ein<br />

bürgerliches Ehepaar in diesem Bild wiedererkennt? Viele Vorurteile und theoretische Bedenken<br />

ließen sich bereits widerlegen und zeigten, dass Sexualität und Erotik durchaus in die antike<br />

Vorstellung von der Ehe passte. Bleibt nur die Frage, ob man so etwas auch darstellen würde? Die<br />

Kline an sich begünstigt weder die eine noch die andere Lösung. Die massive Tür dagegen, die das<br />

Paar bereits passiert hat, ist aus den Hochzeitsszenen, in denen sie meist einen Blick auf das Ehebett<br />

823 vgl. Kap. 3. 3. 1.<br />

824 CVA Athen, Benaki Mus. (1) 27.<br />

825 Badinou 2003, 67.<br />

826 So schon Lewis 2002, 121.


frei gibt 827 , und aus den Oikosszenen vertraut. Beide Bereiche verweisen in die bürgerliche Sphäre.<br />

Das Alabastron als Behältnis für Salböl wird bisweilen als Gebrauchsgegenstand für den Sexualakt<br />

verstanden 828 , da es jedoch auch in Hochzeitsszenen verwendet wird, bleibt es ein Produkt, das<br />

vielseitig und von jedermann benutzt werden kann. 829 Der Habitus des Jünglings – er ist nackt bis auf<br />

den über die Schultern gelegten Mantel – erweckt wiederum eher den Eindruck eines Komasten. Die<br />

junge Frau in ihrem weiten, stark bauschenden Chiton macht keineswegs den Eindruck einer frisch<br />

gebackenen Braut. Auch das symbolische Lösen des Gürtels, der zone, in der Hochzeitsnacht (d. h.<br />

also generell vor dem Sex mit ihrem Gatten) kann nicht in das Bild hineingelesen werden. 830 Auch die<br />

offenkundige Anhänglichkeit spricht eher gegen ein Ehepaar in der Hochzeitsnacht. Physischer<br />

Kontakt, d. h. Umarmungen, oft auch nur Berührungen, sind oftmals Bestandteil der Werbeszenen, die<br />

Hetären und ihre Freier zeigen. Im Exkurs zu den Umarmungsszenen konnte zumindest für die Schale<br />

in Luzern, Kunsthandel, eine Deutung als Ehepaar unter Vorbehalt begründet werden.<br />

Die Betrachtung eines apulischen Glockenkraters in Sydney IV/17 (Taf. 21 Abb. 4) mag helfen, die<br />

Frage, ob für eine Ehefrau eine derart kühne Präsentation denkbar gewesen wäre, zu entscheiden. 831<br />

Eros führt ein Paar auf eine geöffnete Tür zu, hinter der, obwohl die Kline selbst nicht abgebildet ist,<br />

wahrscheinlich das Schlafgemach liegt. Die Frau erwidert die Liebesbekundungen des nackten<br />

Jünglings, indem sie ihm den Arm um die Schulter legt. Wir haben bereits beobachtet, dass Eros, der<br />

in den Hochzeitsszenen zumeist wohl die eher abstrakt-geistige Verbundenheit des Brautpaares<br />

versinnbildlicht, auf der Bostoner Loutrophoros I/1 (Taf. 1 Abb. 2) in die Rolle des Verführers<br />

schlüpft. Er lädt sie ins Schlafgemach ein. Dieselbe Initiative spricht meiner Ansicht nach auch aus der<br />

Darstellung des Glockenkraters in Syndey IV/17. Die körperliche Vereinigung steht unter dem<br />

Einfluss und unter dem Schutz des Eros. Die angeblich für ein Ehepaar so unpassend intimen Gesten<br />

sind gemessen an den äußerst freizügigen Kopulationsszenen noch recht zurückhaltend.<br />

Vorausgesetzt, dass zwischen der Bildprogrammatik der attischen und apulischen Werkstätten keine<br />

allzu große Lücke klafft, sollte dieselbe Auslegung auch im Falle der Schale in Christchurch IV/16<br />

möglich sein. Zwingend ist eine Interpretation auf eheliche Zuneigung dennoch nicht. Es bleibt dem<br />

827 Zur Tür als Sinnbild für die Abgeschlossenheit des Brautgemachs im Hausinneren, s. S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf<br />

attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v. Chr. (Berlin 2005) 116; A. Stähli, Die Konstruktion<br />

sozialer Räume von Frauen und Männern in Bildern, in: H. Harich-Schwarzbauer – T. Späth (Hrsg.), Gender Studies in<br />

den Altertumswissenschaften. Räume und Geschlechter in der Antike (Trier 2005) 88 f.: „Türen geben dem<br />

Bildbetrachter zu erkennen, in welcher Lokalität sich eine Szene abspielt, vor allem aber gestatten sie den Blick auf<br />

etwas, das man eigentlich nicht sehen kann (oder darf): sie sind primär gar nicht räumliche Indikatoren, sondern<br />

Intimitätssignale – und Hilfsmittel des voyeuristischen Blicks.“ s. auch Heinrich 2006, 107 f.; Bundrick 2008, 314 f.<br />

828 Kilmer 1993, 83 f.; Badinou 2003, 67: „L´alabastre se trouve ici pour signaler la montée du désir chez les amants.“<br />

829 Badinou 2003, 68–70.<br />

830 Keuls 1985, 114. 116; Llewellyn-Jones 2003, 216. – Zur erotischen Wirkung des Gewand-Lösens bzw. der Himation-<br />

Übergabe, s. S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v. Chr.<br />

(Berlin 2005) 50 ff. 282. Die besagten Motive treten auch auf weißgrundigen Lekythen auf, deren funerativer Zweck<br />

unumstritten ist. Einer These des Autors zufolge bedienten sich die Vasenmaler gängiger Hetärenikonographien der 1.<br />

Hälfte des 5. Jhs. v. Chr., um die erotische Wirkung der bürgerlichen Frauen zu steigern.<br />

831 Das Stück entstammt zwar nicht-attischer Produktion, seine Bildsprache und seinen Bedeutungsinhalt hat es aber m. M.<br />

mit den attischen Vasenbildern gemein.<br />

S e i t e | 173


Betrachter überlassen, einen gedanklichen Bogen zu den homosexuellen Werbungen der<br />

Schalenaußenseiten zu schlagen oder eben das Tondobild unabhängig davon zu lesen.<br />

Zeugnis für eine zunehmende Erotisierung solcher Szenen im 4. Jh. v. Chr. ist eine Hydria in<br />

London 832 . Die Braut hat sich vor auf der Hochzeitskline niedergelassen, ihr zugeordnet ist ein<br />

fliegender Eros. Das Gefäß ist stark beschädigt, am rechten Rand ist aber noch der Unterkörper einer<br />

offensichtlich nackten männlichen Person erhalten. Als Deutung wurde Helena vorgeschlagen 833 , es ist<br />

aber kein zwingender Grund erkennbar, eine solche Darstellung als mythisch aufzufassen.<br />

S e i t e | 174<br />

4. 4. 2. 4. Die Hochzeitskline in mythischen Bildern<br />

Solche doch recht freizügigen Bilder sind angesichts der Seriosität, mit der auf den attischen Vasen für<br />

das vorbildliche Rollenverhalten der bürgerlichen Frau üblicherweise geworben wird, als<br />

Identifikationsmodell für die Athenerin kaum vorstellbar. Es ist jedoch hilfreich zu sehen, dass das<br />

Motiv der Braut auf der Kline für mythische Figuren nicht nur verwendet wird, sondern dies z. T. auch<br />

unerwartet provokativ geschieht. Auf einer Kline sitzend, die als Ort der Vereinigung nun praktisch<br />

zum Hochzeitslager wird, empfängt Danae den Goldregen des Zeus. Die Darstellungskonventionen<br />

haben eine starke Tendenz zur Sexualisierung. 834 Während auf einem Kelchkrater in St. Petersburg<br />

IV/18 (Taf. 21 Abb. 5) des frühen 5. Jhs. v. Chr. Danae noch vollständig bekleidet auf der Kline<br />

ruht 835 , wird im Laufe des Jahrhunderts der sinnliche Aspekt des Liebesabenteuers zunehmend betont.<br />

Zunächst geschieht dies durch die Beifügung des Eros, wie auf einer Hydria in Adolphseck 836 . Die<br />

weitere Entwicklung des Bildtopos führt uns Danae dann als reife und sexuell aktive Frau vor. 837 Auf<br />

einem böotischen Glockenkrater in Paris IV/19 (Taf. 21 Abb. 6) liegt sie halb zurückgelehnt auf ihrem<br />

Lager, den Oberkörper entblößt, und demonstriert eine Bereitwilligkeit und Hingabe während des<br />

Sexualaktes, wie man sie eigentlich andernorts nur von Hetärendarstellungen kennt. Die Frau mit<br />

entblößten Brüsten kennen wir zwar aus Darstellungen der Braut, nie jedoch wird diese während des<br />

Sexualakts und lustvoll genießend dargestellt. Überdies kennt man Danae nicht eben als eine<br />

mythische Figur mit laszivem oder sexuell obsessivem Ruf.<br />

832 Hydria eines Malers der London E 230-Gruppe, London, British Mus. E 229<br />

833 LIMC IV (1988) 517 Nr. 87 s. v. Helene Taf. 307(L. Kahil); CVA London, British Mus. (6) III Ic 8 f. Taf. 97, 1.<br />

834 S. Böhm, Griechische Heroinnen. „Girl Power“ und andere Frauenideale im antiken Griechenland, in: E. Klinger – S.<br />

Böhm – T. Seidl (Hrsg.), Der Körper und die Religion. Das Problem der Konstruktion von Geschlechterrollen (Würzburg<br />

2000) 74 f. 84 f. Abb. 5. 6.<br />

835 Reeder 1995, 269 f. Nr. 74 spricht hier bereits von einer ungehemmten Danae.<br />

836 Adolphseck, Schloss Fasanerie 38: LIMC III (1986) 327 Nr. 5 Taf. 243, 5 s. v. Danae (J. J. Maffre); s. auch<br />

Deckelfragment einer Pyxis, Athen, Agora Mus. P20297: J. H. Oakley, Zwei alte Vasen – Zwei neue Danaebilder, AA<br />

1990, 69 f. Abb. 5. 6; Agora 30, Taf. 99, 1022.<br />

837 Glockenkrater, Athen, Nat. Mus. 12593: Dierichs 1992, 105 Abb. 187; Bauchlekythos, London, British Mus. E 711: M.<br />

d´Abruzzo, Una pasta vitrea da Altino e il mito di Danae. Osservazioni sull´ iconografia, RdA 17, 1993, 25 Nr. 15 Taf.<br />

D´ABRUZZO Abb. 5; LIMC III (1986) 327 Taf. 244, 7 s. v. Danae (J. J. Maffre).


Auch Ariadne präsentiert sich an der Seite von Dionysos auf einer Hochzeitskline. Ein apulischer<br />

Kelchkrater in Tarent 838 zeigt uns Ariadne noch tief schlafend auf einem Polster, an das ein<br />

jugendlicher Dionysos mit Thyrsos herantritt. Die mythische Heldin wird ebenso wie Danae im<br />

Schema der Halbnackten dargestellt. Der Griff an die Brust ist hier eindeutig eine ritualisierte<br />

Handlung, die in Bezug zur Hochzeit steht. Auf einem Kelchkrater in Sykrakus 839 wird die Runde<br />

durch einen Eros mit Kranz ergänzt. Die Anwesenheit des Eros am Hochzeitslager ist wiederum ein<br />

Element, das uns zum apulischen Glockenkraters in Sydney IV/17 (Taf. 21 Abb. 4) zurückführt. Was<br />

für eine Danae oder eine Ariadne vertretbar war, mag theoretisch auch für eine Ehefrau verfechtbar<br />

gewesen sein. Obwohl die zunehmende Erotisierung der Frauen in der Regel eher als Phänomen des 4.<br />

Jhs. v. Chr. zu werten ist, setzt sie bereits im 5. Jh. v. Chr. ein und kann deshalb zumindest für einige<br />

der Bilder, die in der Frage um eheliche Erotik und Sexualität zur Diskussion standen, in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

4. 4. 3. Unzensierte Sexualität<br />

Neben den bisher gezeigten existieren noch die Bilder, die Sexualität und Erotik von einer ganz<br />

anderen Qualität zeigen. Explizit sexuelle Darstellungen werden in der Regel mit dem<br />

Prostituiertengewerbe assoziiert. In einem kursorischen Überblick über die orgiastischen Szenen wird<br />

die Diskrepanz zu den in den vorherigen Kapiteln besprochenen Bildern greifbar. 840 Vor allem die<br />

Vasenbilder des frühen 5. Jhs. v. Chr. sind Spiegel der großen Experimentierfreudigkeit, mit der die<br />

erotische Thematik in allerlei Spielarten in Szene gesetzt wurde. Auf einer Hydria in Brüssel IV/20<br />

(Taf. 21 Abb. 7) vergnügen sich zwei Komasten mit ihren Hetären. Der intensive Blick der<br />

Liebespaare beschwört ein hohes Maß an Intimität und Zärtlichkeit. Ein allgemeiner Abscheu den<br />

Frauen dieses Gewerbes gegenüber lässt sich für die Antike also generell nicht rekonstruieren. Dass<br />

das Beispiel aus Brüssel IV/20 eine positivere Bewertung der geschlechtlichen Vereinigung und somit<br />

auch der involvierten Prostituierten erahnen lässt als z. B. die Schale des Pedieus-Malers in Paris<br />

IV/21 (Taf. 22 Abb. 1), liegt wohl auch daran, dass der Vasenmaler der Hydria in Brüssel IV/20 eine<br />

klare Paaranordnung bevorzugt und zudem den Sexualakt in gewisser Weise verschleiert, indem die<br />

Genitalien durch die Rückenansicht der Hetäre dem Blick des Betrachters entzogen sind. 841<br />

Ein besonderes Phänomen der Epoche der Perserkriege war es, den Geschlechtsverkehr und mitunter<br />

auch den Missbrauch von Frauen in schonungsloser, nicht selten pornographischer Detailgenauigkeit<br />

zu zeigen. 842 Die Szenen bieten zumeist einen wahren Bilderrausch. Gruppen, die häufig aus mehr als<br />

838 Tarent, Mus. Naz. 52.230: LIMC III (1986) 1060 Nr. 96 s. v. Ariadne Taf. 732, 96 (W. A. Daszewksi).<br />

839 Kelchkrater des Kadmos-Malers, Syrakus, Mus. Arch. Reg. 17427: CVA Syrakus (1) III I 7 Taf. 10, 1-6.<br />

840 Keuls 1985, 153–203; Peschel 1987; Dierichs 1993; Kilmer 1993; Reinsberg 1993, 80–162; N. Boymel Kampen (Hrsg.),<br />

Sexuality in Ancient Art. Near East, Egypt, Greece, and Italy (Cambridge 1996); J. R. Clarke, Representations of Male-<br />

to-Female Lovemaking, in: M. Golden – P. Toohey (Hrsg.), Sex and Difference in Ancient Greece and Rome (Edinburgh<br />

2003) 221–238.<br />

841 Ebenso Reinsberg 1993, 99.<br />

842 Das Material wurde u. a. geordnet nach den Stellungen des Geschlechtsaktes und untersucht hinsichtlich der<br />

Fragestellung, ob und inwieweit die Art des sexuellen Verkehrs einen Rückschluss auf den Status des weiblichen Partners<br />

S e i t e | 175


zwei Akteuren bestehen, vollziehen den vaginalen und analen Koitus, die Fellatio oder<br />

Selbstbefriedigung, sie stimulieren und drohen mit Sandalen, sengen mit Hilfe von Öllämpchen,<br />

Frauen kriechen, sitzen oder werden herumlaviert. 843 Es ist offensichtlich, dass das Thema der<br />

sexuellen Befriedigung die Phantasie der Vasenmaler besonders anregte. Zu den krassesten Beispielen<br />

gehört diesbezüglich die bereits genannte Schale in Paris IV/21 (Taf. 22 Abb. 1), auf der die fülligen<br />

Proportionen der Hetären im auffälligen Kontrast zu den straffen Körpern der Männer stehen. Die<br />

Darstellung gehört zu den wenigen Fällen, in denen der Cunnilingus Eingang in die Bildkunst<br />

gefunden hat. 844 Gleich drei Hetären werden in absurden und kriechenden Stellungen zur oralen<br />

Befriedigung aufgefordert, zeichnerische Details wie die Falten um ihre aufgerissenen Münder<br />

verleihen ihrem Aussehen einen hässlichen und ihrer Arbeit einen herabwürdigenden Zug. 845 Die<br />

wenigen Stücke mit derart schonungslosen Eindrücken sexueller Triebe und Gewalt sind ein streng<br />

zeitlich begrenztes Phänomen des frühen 5. Jhs. v. Chr. 846 Der Hintergrund solcher Bilder mag in der<br />

jüngsten sozial-politischen Entwicklung der noch jungen Demokratie zu sehen sein, die ohne rechtes<br />

Maß und Verständnis die überkommenden Lebens- und Genussideale der Adelsgesellschaft für sich in<br />

Anspruch nimmt und kopiert. 847 Die Vasenbilder wären somit ein Zeitzeugnis und vielleicht z. T. auch<br />

ein Medium der Kritik an den Ausschweifungen der politischen und gesellschaftlichen<br />

Emporkömmlinge, wobei das pejorative Hetärenbild der distanzierten bis verurteilenden Haltung<br />

zuzuschreiben ist. 848<br />

Der Sexualakt von Paaren ist ein beliebtes Motiv der Tondo-Bilder. Die in vorgebeugter Haltung von<br />

hinten penetrierte Frau wird überwiegend nach dem gleichen ikonographischen Schema gestaltet. 849<br />

Auf der Schale in Boston IV/22 (Taf. 22 Abb. 2) ragt auf der rechten Seite eine prunkvolle Kline mit<br />

einem gemütlichen Kissen ins Bildfeld. 850 Die Inschrift „eche hesychos“ – halt still! – kommentiert die<br />

erlaubt, z. B. Sutton 1981, 81 ff.; Keuls 1985, 174–182; Dierichs 1993, 73–84 führt gute Argumente an für die<br />

Erniedrigung der Sexpartnerin z. B. auf der Schale des Briseis-Malers, Oxford, Ashmolean Mus. 1967.305: Dierichs<br />

1993, 74 Abb. 131. Ihre Versuche, aus der Mimik der Frauen Gleichgültigkeit, Lust oder Widerwillen herauslesen zu<br />

wollen, sind dagegen fragwürdig.<br />

843 z. B. Athen, Nat. Mus. 2579: Dierichs 1993, 81 f. Abb.150.<br />

844 Sutton 1981, 90.<br />

845 Hartmann 2002, 155.<br />

846 Reinsberg 1993, 117–120 begründet den Wandel in der Ikonographie mit veränderten Wertvorstellungen an der Schwelle<br />

von der Archaik zur Klassik. s. auch A. Schäfer, Unterhaltung beim griechischen Symposion. Darbietungen, Spiele und<br />

Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz 1997) 67 f.<br />

847 Peschel 1987, 356; Meyer 1988, 122 nennt es einen „unverhohlenen Hedonismus“; Reinsberg 1993, 108 bringt dieses<br />

Phänomen mit der veränderten Struktur des Gelages und seiner Teilnehmer in Verbindung, für die der sexuelle Rausch<br />

offenbar ein darstellenswerter Zug des Symposions war.<br />

848 Ähnlich auch Sutton 1981, 113 ff. Er trennt Pornographie von Obszönität und schreibt den Vasenbildern generell eine<br />

didaktische Tendenz zu, die die Werte von aidos und sophrosyne propagieren.<br />

849 Sutton 1981, 85 f. sieht in dieser Stellung die sexuelle Dominanz der Männer ausgedrückt; auch Dierichs 1993, 77 f. hält<br />

die gebeugte Haltung der Frau für unbequem und will in ihrem Gesichtsausdruck z. T. Ausdruckslosigkeit oder<br />

distanzierte Akzeptanz erkennen. – Der Analverkehr war in der päderastischen Liebe verpönt, s. z. B. Reinsberg 1993,<br />

192 f.<br />

850 Ob es sich in der Tat um eine Symposionskline handelt, bleibt unsicher. Die großartigen Klinen mit den geschnitzten<br />

Ornamenten begegnen zwar häufiger in den Hochzeitsszenen, ganz unbekannt sind sie in Gelageszenen jedoch nicht.<br />

S e i t e | 176


Szene beredt. 851 Die Frau im Tondo einer Schale in Malibu 852 stützt sich auf einen Diphros, den<br />

amüsanterweise anstelle eines Polsters ein Weinschlauch ziert, eine Anspielung auf das<br />

feuchtfröhliche Hintergrundgeschehen. Das Bild einer Schale in München IV/23 (Taf. 22 Abb. 3) soll<br />

gesondert hervorgehoben werden. Die Darstellung zeigt eine Penetration von hinten, wie wir sie<br />

bereits kennen. Durch den Geldbeutel an der Wand ist dies jedoch die einzige uns erhaltene attische<br />

Szene, die explizit Sex mit Bezahlung in Form von Bargeld in Verbindung bringt.<br />

Eine zweite Gruppe, die mehrere Exemplare umfasst, zeigt ein auf einer Kline liegendes Paar bei der<br />

Kopulation. 853 Im Tondo einer zweiten Schale in Malibu IV/24 (Taf. 22 Abb. 4) wird die sog.<br />

„Rennpferd“-Stellung vorgeführt. Die rittlings auf dem Schoß des Jünglings sitzende Hetäre spielt<br />

keck mit dem Bürgerstock ihres Kunden. Ihre Körperstellung öffnet sich dabei so, dass dem Betrachter<br />

der Intimbereich des Paares dargeboten wird. Eines der stimmungsvollsten Beispiele befindet sich auf<br />

einer Oinochoe in Berlin IV/25 (Taf. 22 Abb. 5), wo eine junge Frau im Begriff ist, auf den Schoss<br />

des Jünglings zu klettern, der zurückgelehnt und mit prominenter Erektion auf einem Klismos sitzt.<br />

Der Blickkontakt suggeriert eine persönliche Bindung des Paares und stellt die Frau als aktiven und<br />

gleichwertigen Partner dar. 854<br />

4. 4. 4. Zusammenfassung<br />

Das Thema der ehelichen Liebe und körperlichen Vereinigung wird in den hochzeitlichen Bildern<br />

zwar weder negiert noch verschwiegen, man geht jedoch üblicherweise sehr zurückhaltend damit um.<br />

In den deutlichsten Fällen verweist ein durch eine geöffnete Tür sichtbares Hochzeitslager auf die<br />

bevorstehende sexuelle Vereinigung. Zum Teil ist zu beobachten, dass sich das Symbol der Kline<br />

verselbständigt und dann außerhalb des hochzeitlichen Kontextes auftritt bzw. in einem Kontext, in<br />

dem sich ein hochzeitlicher Bezug nicht mehr nachweisen lässt. Die Ehefrau der Antike hat in der Tat<br />

zwei Gesichter: das der tugendhaften und strebsamen Hausfrau und das der sexuell aktiven und<br />

fruchtbaren Ehefrau.<br />

Dass der eheliche Geschlechtsakt selbst nicht in Szene gesetzt wird, zeigt eine bewusste<br />

Zurückhaltung, die das Medium der bemalten Gefäße bei den Prostituierten nicht an den Tag legt. 855<br />

Dieses Faktum ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf das Ideal der athenischen Bürgerin in der<br />

klassischen Polis zurückzuführen. Die Vasen spiegeln gemeinhin eine normierte Sichtweise der<br />

athenischen Gesellschaft wider, die vor allem die an Frauen gerne gesehene Sophrosyne, ihre Tugend<br />

und Tüchtigkeit propagieren, auch wenn das männliche Geschlecht in Athen dazu neigte, den Frauen –<br />

ungeachtet ihres Status – sexuelle Unersättlichkeit und eine starke Libido zu unterstellen.<br />

851 Kilmer 1993, 83 f. R 577 erinnert an das Salbgefäß, das für solche Übungen ein beinahe unverzichtbares Hilfsmittel<br />

darstellt; R. F. Sutton Jr., Pornography and Persuasion on Attic Pottery, in: A. Richlin (Hrsg.), Pornography and<br />

Representation in Greece and Rome (Oxford 1992) 11.<br />

852 Schale des Foundry-Maler, Malibu, The John Paul Getty Mus. 86.AE.294: CVA Malibu (8) 41 Abb. 18 Taf. 428, 1. 2.<br />

853 z. B. Schalen des Triptolemos-Malers, Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense (ohne Inv.): CVA Tarquinia (1) III I 7 Taf. 11,<br />

1. 2.<br />

854 Sutton 1981, 86 f.<br />

855 Dierichs 1993, 93; Badinou 2003, 94.<br />

S e i t e | 177


Nichtsdestoweniger finden sich in den Vasenbildern zahllose Indizien für die erotische Ausstrahlung<br />

der Frauen und im Besonderen auch der verheirateten Frauen. Die Betrachtung der<br />

Hochzeitsikonographie hat gezeigt, dass die Reize und die Schönheit der Braut durch die Anwesenheit<br />

von einem Eros oder mehreren Eroten ausgedrückt werden. Die Angleichung des Bürgerinnenbildes<br />

an Aphrodite wie etwa auf dem Lebes Gamikos II/6 (Taf. 4 Abb. 3) oder auf der Hydria II/17 (Taf. 6<br />

Abb. 5) wirft ein bezeichnendes Licht auf das antike Frauenbild, das weibliche Anziehungskraft und<br />

Erotik auch in der Ehefrau und Mutter vereint. 856<br />

Der sexuelle Aspekt der griechischen Ehe bleibt also zumindest unterschwellig präsent. Allerdings<br />

legt der Vasenmaler die Betonung vorrangig auf die Rolle der Ehefrau als Partnerin und Mutter und<br />

bestätigt damit die Aussage der Quellen, die die Bedeutung der Ehefrau in erster Linie als<br />

Lebensgefährtin mit wichtigen sozialen Funktionen werten und diese dadurch von den reinen<br />

Sexgespielinnen, den Hetären und sonstigen Prostituierten, absetzen. Eine reine Reduzierung der Ehe<br />

auf den sexuellen Aspekt würde denn auch völlig an der Auffassung von Ehe in der Antike<br />

vorbeigehen. Das Resümee des Apollodor macht deutlich, dass sich eine Ehe im Athen des 4. Jhs. v.<br />

Chr. eben nicht über den Geschlechtsverkehr definierte. 857 Diese Einstellung wird ganz klar auch von<br />

den Vasenbildern des 5. Jhs. v. Chr. verfochten.<br />

Auf den attischen Vasen archaischer und klassischer Zeit lässt sich ferner eine Vielfalt von Regungen,<br />

Zärtlichkeitsbekundungen und Emotionen verfolgen. Diese Bilder nehmen quasi eine Mittlerstellung<br />

ein zwischen den Kopulationsszenen, die sich nicht selten während des Gelages abspielen und die mit<br />

ziemlicher Sicherheit Hetären involvieren, und den Szenen ehelich-bürgerlicher Interaktion, die sich<br />

auf Hochzeitsbilder und den Mann im Frauengemach beschränken. Letzere haben weniger persönliche<br />

oder gar intime Aspekte zum Inhalt, sondern transportieren sozial-ideologische Werte, die der<br />

legitimen Ehe, der Gründung von Oikoi und dem harmonischen, rollenkonformen Familienleben von<br />

den Zeitgenossen zugeschrieben wurden. Doch muss diese Feststellung das Faktum nach sich ziehen,<br />

dass jegliche Intimität oder Zuneigungsbekundung zwischen Ehepartnern auf Vasenbildern<br />

ausgeschlossen war? 858 Dennoch bleibt unsicher, ob es tatsächlich der griechischen Mentalität<br />

entspräche, Harmonie und Eintracht zwischen Ehepaaren durch Umarmungen und Küsse in Szene zu<br />

setzen. Dennoch scheinen gerade diese Varianten von Zuneigung und Leidenschaft auch nicht<br />

eindeutig auf die Hetärenikonographie beschränkt zu sein. Auf der Hydria in New York II/17 (Taf. 6<br />

Abb. 5) und der Schale in Christchurch IV/16 (Taf. 21 Abb. 3) plädieren der Eros, auf der Schale in<br />

Luzern IV/6 der Kranich, auf der Hydria in Chicago IV/8 (Taf. 20 Abb. 1) der Handwebrahmen für<br />

eine bürgerliche Sphäre. Ungeklärt bleibt das Phänomen des augenfälligen Größen- und<br />

Altersunterschieds der untersuchten Umarmungsszenen, die einen in sich geschlossenen Typus zu<br />

bilden scheinen. Obwohl es keine Parallelen zu Liebespaaren in Prostituiertenkreisen gibt, ist es wohl<br />

in vielen Fällen doch wahrscheinlicher, von Liebesbezeugungen zwischen Kunde und Hetäre<br />

auszugehen, obwohl man auch hier entgegensetzen kann, dass das Hetären-Kunden-Verhältnis<br />

vordergründig auf dem Konsum von Sex basiert, wie es zahllose Symposionsdarstellungen zeigen.<br />

856 P. Kranz, Die Frau in der Bildkunst der griechischen Klassik, in: P. Neukam (Hrsg.), Antike Literatur – Mensch, Sprache,<br />

Welt, Klassische Sprachen und Literaturen 34 (München 2000) 68–71.<br />

857 Demosth. or. 59, 122; s. auch Kap. 2. 1. 2; 2. 1. 5.<br />

858 J. Vogt, Von der Gleichwertigkeit der Geschlechter in der bürgerlichen Gesellschaft der Griechen, in: A. K. Siems,<br />

Sexualität und Erotik in der griechischen Antike (Darmstadt 1988) 123.<br />

S e i t e | 178


Die Bilder kopulierender Paare haben für C. Reinsberg stimulierenden Charakter, sind gleichzeitig<br />

jedoch Ersatz für sexuelle Phantasien, die ab dem zweiten Drittel des 5. Jhs. v. Chr. öffentlich<br />

auszuleben nicht mehr dem guten Geschmack entsprochen habe. Sie seien also Produkte, die den<br />

modifizierten Gelagesitten Rechnung trugen, indem sie das zeigen, „was in Wirklichkeit verwehrt<br />

war“. 859 Ich halte es für wahrscheinlich, dass das Verschwinden der derben Sexszenen in der Tat eine<br />

unmittelbare Folge der orgiastischen Exzesse war, die eine Forderung nach einem strengeren<br />

Verhaltenskodex laut werden ließen. So wissen wir, dass der öffentlich praktizierte Sexualakt verpönt<br />

war. Dass es dennoch bisweilen auf den Symposien auch später noch hoch herging, dokumentiert die<br />

Erfahrung der Neaira, die im betrunkenen Zustand während eines Gelages von einem Mann zum<br />

nächsten gereicht wurde. 860<br />

Es ist auffällig, dass viele der besprochenen Bilder Attribute, Möbel oder Gerätschaften, die sich mit<br />

dem Symposion assoziieren lassen, weitgehend ausblenden und den Sexualakt gewissermaßen<br />

privatisieren. 861 Auffällig ist zudem, dass die Außenseiten der genannten Schalen, in deren Tondi<br />

Kopulationsszenen prangen, vielfach unbemalt belassen sind und auf diese Weise eine Bezugnahme<br />

auf das Symposion nicht gesucht wird. Vielmehr fungieren die Vasenbilder beinahe als Katalog<br />

gängiger Sexualpraktiken, wie wir sie heute für die Antike nur noch sehr lückenhaft rekonstruieren<br />

können. Kybda bezeichnet die Penetration von hinten und lässt sich gut mit den Darstellungen etwa<br />

auf den Schalen in Boston IV/22 (Taf. 22 Abb. 2) und Malibu IV/24 (Taf. 22 Abb. 4) in Einklang<br />

bringen. Diese Stellung gehört wohl zu den billigsten Dienstleistungen des Genres, wogegen Keles,<br />

das „Rennpferd“, dem Kunden weit teurer kam. 862 Der Symposionskontext spielt hier offensichtlich<br />

keine Rolle mehr, thematisiert werden von den Vasenmalern vielmehr die nach Preis gestaffelten<br />

Dienstleistungen Prostituierter, bei denen es sich rein theoretisch um Hetären ebenso wie um einfache<br />

Pornai handeln kann. Andererseits ist auch zu erwägen, dass hier lediglich die Variationen des<br />

Sexualaktes vorgestellt werden, und der Status der beteiligten Frauen nur dann zur Debatte steht, wenn<br />

Attribute wie der Weinschlauch auf das Gelage oder besonders demütigende Stellungen auf die<br />

Verfügungsgewalt der Freier über die Prostituierten verweisen.<br />

859 Reinsberg 1993, 111 f.<br />

860 Demosth. or. 59, 33 nennt die Freizügigkeit des Phrynios ein Verhalten ohne Gespür für Anstand und Moral.<br />

861 Peschel 1987, 237 sieht den Gelagekontext durch die Bemalung der Gefäßaußenseiten jedoch als gegeben; Sutton 1981,<br />

100 stellt bei solchen Szenen gar die Überlegung an, ob nicht theoretisch respektable Ehepaare gemeint sein könnten;<br />

Dierichs 1993, 85 f. verlegt das Geschehen ins Bordell bzw. in das Privathaus der Hetäre.<br />

862 Davidson 1999, 141 f. erinnert an geläufige Prostituiertennamen wie Obole oder Didrachmon, die andeuten mögen, dass<br />

manche Hetären über ein breiter gefächertes Programm verfügten; s. auch Schale, München, Privatsammlung, hier III/33.<br />

S e i t e | 179


S e i t e | 180<br />

5. Zur Figur des Eros<br />

Es ist kaum verständlich, warum die Figur des geflügelten Knaben in der rotfigurigen Vasenmalerei<br />

bisher so wenig Beachtung gefunden hat. 863 Seit der bereits 1874 von A. Furtwängler 864 vorlegten<br />

Abhandlung über Eros in Kunst und Kultur der Antike wurde dieser in der archäologischen Forschung<br />

fast nur einseitig unter sexuellen Gesichtspunkten untersucht. Zu den wenigen Ausnahmen zählen<br />

etwa ein Bändchen von A. Greifenhagen, welches einzelne Wesensaspekte und ikonographische<br />

Motive des Eros herausgreift, und ein Artikel von R. F. Sutton Jr. mit dem Titel „Nuptial Eros“.<br />

Grundlegend für jede philologisch- kulturhistorische Beschäftigung mit Eros darf die Publikation von<br />

C. Calame gelten, die archäologische Zeugnisse jedoch leider weitgehend außen vor lässt. 865 Eine<br />

aktuelle Studie, die die materielle und literarische Überlieferung zu Eros berücksichtigt, ist aufgrund<br />

der unüberschaubaren Fülle an Texten und Darstellungen bisher nicht unternommen worden.<br />

Als Trabant der Aphrodite gilt er als Verkörperung des Liebesverlangens. Im nicht-mythischen<br />

Bereich wird durch seine Helferrolle in den Oikosszenen häufig die Schönheit und erotische<br />

Ausstrahlung der gewöhnlichen Bürgersfrauen betont. 866 Da Eros in so gegensätzlichen Bereichen wie<br />

hochzeitlichen aber auch dionysischen Umzügen begegnet, wurde er rasch zu einem Sinnbild von<br />

Lebenslust und Ausgelassenheit. Unter dieser Voraussetzung gab es kaum Bedenken, ihn mit der Welt<br />

der Hetäre zu verknüpfen. Im Gegenteil scheint diese Annahme aus mehr als einem Grund bestätigt,<br />

da Hetären nicht nur sinnliche und körperliche Begierden befriedigen, sondern darüber hinaus das<br />

Symposion auch ein Ort ist, an dem in besonderem Maße eine Genussphilosphie ausgelebt wird. 867<br />

Tatsächlich liegt hier aber ein Irrtum vor: nur in sehr vereinzelten Symposionsdarstellungen ist die<br />

Figur des Eros zugegen. Wie stichhaltig ist demzufolge die Begründung, das von Eroten bekränzte<br />

Paar auf dem Krater in der Villa Giulia III/30 (Taf. 16 Abb. 1) sei aufgrund des Geldbeutels eine<br />

Hetäre mit ihrem zahlungskräftigen Kunden? Nur vereinzelt äußerten Autoren bisher Zweifel, ob Eros<br />

sich überhaupt mit dem Begriff der käuflichen Liebe vereinbar sei. 868 Eine erneute Untersuchung der<br />

Eros-Bilder mag vor allem in Fällen wie dem Krater in Rom einen zusätzlichen Beweis liefern, dass<br />

der Geldbeutel nicht zwingend den Kauf sexueller Verfügbarkeit bedeuten muss. Des Weiteren mag<br />

863 allg. RE VI (1909) 484–508 s. v. Eros (Stengel); H. Metzger, Les Représentations dans la Céramique Attique du IV e<br />

Siècle (Paris 1951) 41–58; LIMC III 1 (1986) s. v. Eros 850–952 (C. Augé – P. Linant de Bellefonds); F. I. Zeitlin, Eros,<br />

in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società I. Noi e i Greci (Turin 1996) 369–430.<br />

864 A. Furtwängler, Eros in der Vasenmalerei, in: J. Sieveking – L. Curtius (Hrsg.) Kleine Schriften von Adolf Furtwängler 1<br />

(München 1912) 1–59.<br />

865 A. Greifenhagen, Griechische Eroten (Berlin 1957); Calame 1992; Sutton 1994.<br />

866 F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.) I misteri del gineceo<br />

(Bari 2000) 167.<br />

867 Nach Hartmann 2002, 162 spricht von einem gehäuften Auftreten von Eroten beim Symposion seit dem 5. Jh. v. Chr. Es<br />

ist nicht erkenntlich, dass sie sich auf mythische Symposionsdarstellungen bezieht, nur mit diesem Zusatz jedoch korrekt.<br />

868 Sutton 1981, 75 kam zu dem Schluss, Eros erscheine nur in respektablen Treffen; Calame 1992, 85 f. hält ebenfalls<br />

käufliche Liebe und Eros für unvereinbar.


sie wertvolle Indizien geben, wie das Paarverhältnis, und hier besonders das von Ehepaaren, in der<br />

Bildkunst bewertet und dargestellt wurde.<br />

Eine umfassende Betrachtung der möglichen bildlichen Kontexte, die vonnöten wäre, um allen<br />

Bedeutungsnuancen des Eros gerecht zu werden, kann hier verständlicherweise nicht erfolgen. Der<br />

Fokus wird im Großen und Ganzen auf den hier diskutierten Themenfeldern von Hochzeit, Oikos und<br />

Ehe liegen, die, wie eine Auflistung sämtlicher Erosdarstellungen zeigt, nur einen Bruchteil seiner<br />

Ikonographie ausmachen. 869 Dennoch wird versucht, ein möglichst breites Spektrum an Bildern des<br />

geflügelten Liebesgottes zu beleuchten, um seinen Charakter, sein Wirken und seine Methoden zu<br />

illustrieren und so auch seine symbolischen Implikationen besser verstehen zu lernen.<br />

5. 1. Eros im literarischen Diskurs<br />

Die griechischen Bild- und Schriftmedien vermitteln uns von Eros den Eindruck einer äußerst<br />

vielseitigen Gestalt. Mehr als bei anderen antiken Phänomenen oder Personifikationen steht hier zu<br />

befürchten, dass Eros in Bildkunst und Literatur unterschiedliche Ausprägung erfahren hat. 870 Für<br />

Homer ist Eros in der „Ilias“ noch ein abstrakter Begriff und kein gestaltliches, göttliches Wesen. 871<br />

Seine erste richtige literarische Erwähnung als real handelnde Person hat Eros erst in der „Theogonie“<br />

des Hesiod:<br />

„[…] wie auch Eros, der Schönste im Kreis der unsterblichen Götter:<br />

Gliederlösend bezwingt er allen Göttern und allen<br />

Menschen den Sinn in der Brust und besonnen planendes Denken. (Hes. theog. 120–123)<br />

Zusammen mit Chaos und Gaia gehört Eros zu den sogenannten kosmogonischen Göttern und somit<br />

zu den potentiell gefährlichen und unkontrollierbaren Urgewalten, denen Gott und Mensch<br />

gleichermaßen hilflos ausgeliefert sind. 872 Hesiod hat das Zwiespältige in der Natur des Liebesgottes<br />

erkannt. Die Liebe hat zwei Gesichter: sie ist Glück und Rausch, doch gleichzeitig raubt sie den<br />

Verstand. Neben Eros wird hier bereits auch Himeros erwähnt, der im Wesentlichen als Synonym für<br />

Eros verwendet werden kann, sich als Teilaspekt des Eros, nämlich als Personifikation des<br />

Liebesverlangens, jedoch zu einer eigenständigen Figur entwickelt. 873 Auch die frühen Lyriker sind<br />

hin her gerissen in ihren Eindrücken zwischen dem zarten, süß schmeckenden Eros, der über<br />

869 LIMC III, 1 (1986) 850–952 s. v. Eros (C. Augé – P. Linant de Bellefonds).<br />

870 So auch W. Strobel, Eros. Versuch einer Geschichte seiner bildlichen Darstellung von ihren Anfängen bis zum Beginn<br />

des Hellenismus (Diss. FAU <strong>Erlangen</strong>-<strong>Nürnberg</strong> 1952) 3–5.<br />

871 Hom. Il. 3, 441 f.; Od. 18, 211 f.; EAA III (1960) 426 s. v. Eros (E. Speier).<br />

872 Das Bild des Eros als Bezwinger findet sich konstant bis in die Klassik hinein, s. z. B. Anakr. 357 PMG; Soph. Antig.<br />

781–799; s. auch S. Ritter, Eros und Gewalt: Menelaos und Helena in der attischen Vasenmalerei des 5. Jhs. v. Chr., in:<br />

Fischer – Moraw 2005, 267.<br />

873 Hes. theog. 64. 201 betont einmal seine Nähe zu den Musen und Chariten, an späterer Stelle reiht er ihn gemeinsam mit<br />

Eros in die Gefolgschaft der Aphrodite ein; RAC VI (1966) s. v. Eros I (literarisch) 306 (C. Schneider); ebenda s. v. Eros<br />

(Eroten) II (in der Kunst) 313f. (A. Rumpf): Pothos wird das erste Mal literarisch bei Aisch. Hiket. 1040 erwähnt, die<br />

Eroten im Plural Anf. 5. Jh. v. Chr. von Pindar fr. 122. Der vierte, aber am wenigsten populärste im Bund ist Hedylogos.<br />

S e i t e | 181


Blumenwiesen wandelt, und dem skrupellosen Eros, der Wahnsinn in den Herzen der Menschen und<br />

Götter sät, den Verstand vernebelt und die Qualen unerwiderter Liebe durchleiden lässt. 874<br />

Das Bild des literarischen Eros in der modernen Forschung ist sicherlich zu einem Großteil vom<br />

„Symposion“ Platons geprägt, das als das umfangreichste Zeugnis der Antike zu Eros gelten kann.<br />

Den Hintergrund für die fiktive Unterhaltung bildet das Jahr 416 v. Chr. und der Sieg einer der<br />

Tragödien des Agathon. Zu diesem Anlass findet sich abends im Hause des Agathon eine illustre<br />

Runde zusammen, darunter Sokrates, Alkibiades und der Komödiendichter Aristophanes. Unter<br />

gesteigertem philosophischem Anspruch machen es sich die Gäste zur Aufgabe, das Wesen und<br />

Wirken des Gottes Eros zu ergründen. In abwechslungsreichen und individuellen Vorträgen wird rasch<br />

offenkundig, dass es eine genormte Vorstellung von Eros nie gegeben hat. Eine umfassende und<br />

allgemeingültige Definition des antiken Eros wird allerdings auch gar nicht beabsichtigt, was<br />

einerseits an der klaren Vorgabe, nämlich Eros zu preisen, und zum anderen an den von<br />

philosophischem Denken geprägten Parametern zu ermessen ist. Schon vorab ist unter diesen<br />

Gegebenheiten zu vermuten, dass die Entstehung der Ikonographie des Eros, wie sie die Vasenmalerei<br />

in ihrer ganzen Variationsbreite vor Augen führt, wohl kaum in solch philosophisch-vergeistigten<br />

Definitionen wurzelt. Und doch kann eine Konkordanz mit den Vasenbildern gerade da nicht ganz<br />

ausgeschlossen werden, wo sehr bildhafte Überlegungen zu seinem Aussehen, seinem<br />

Wirkungsbereich und seiner Genealogie angestellt werden, die zumindest z. T. zum geistigen<br />

Allgemeingut der damaligen Zeit gezählt werden dürfen. 875<br />

Die Grundlage für die Wesensbestimmung des Eros ist zunächst sein Entstehungsmythos. Phaidros<br />

verweist auf Hesiod, der Eros neben Chaos und Gaia zu den ältesten unter den Göttern zählt. 876 Von<br />

keinen Eltern geboren, und im Grunde ohne eigenen Mythos ist er eher eine kosmische Urkraft als<br />

eine mythisch handelnde Person. 877 Als der Schönste unter den Göttern wird er bereits in Hesiod´s<br />

Theogonie bezeichnet. 878 Anders als Hesiod oder Phaidros hält Agathon Eros für den Jüngsten der<br />

Götter. 879 Diese Haltung orientiert sich wohl, obwohl es von Agathon nie ausdrücklich gesagt wird, an<br />

einer jüngeren Mythenvariante, die Aphrodite als Mutter des Eros benennt. 880 Sokrates, der als letzter<br />

der Anwesenden spricht, führt, wie man es kaum anders von ihm erwartet, alle vorangegangenen<br />

874 Archil. fr. 196 W.; Alk. fr. 3, 61; 58. 59a PMG; Anakr. fr. 376. 413 PGM; Sappho fr. 130, 1 f. V. = 238a LGS nennt ihn<br />

lysimeles, glykypikros und amachanos. Sappho fr. 47 V. = 204 LGS; fr. 31 V. beschreibt die physischen Reaktionen des<br />

Begehrens; s. auch Calame 1992, 8 f. 12 f.<br />

875 F. I. Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società I. Noi e i Greci (Turin 1996) 419: „compendio<br />

delle posizioni teoriche al tempo di Platone su natura e attività di Eros“.<br />

876 Plat. symp. 178a. b.<br />

877 Zur Abhängigkeit Hesiods von der orphischen Lehre und der Geburt des Eros aus dem Weltenei, s. RE VI (1909) 486 s.<br />

v. Eros (Stengel); C. T. Seltman, Eros: in early attic Legend and Art, BSA 26, 1923/25, 88.<br />

878 Hes. theog. 120–123.<br />

879 Plat. symp. 195b. c.<br />

880 z. B. Paus. IX 27, 2; RE VI (1909) 48? s. v. Eros (Stengel); EAA III (1960) 426 s. v. Eros (E. Speier): die literarische<br />

Überlieferung nennt verschiedene Mütter und Väter des Eros; Sappho fr. 198a. b V. nennt als Eltern einmal Ge und<br />

Uranos, einmal Aphrodite und Uranos; Alk. fr. 327 V. leitet seine Herkunft ab von Iris und Zepheros, Sim. 575 PMG von<br />

Aphrodite und Ares. – Zu weiteren Genealogien, s. auch F. H. Hamdorf, Griechische Kultpersonifikationen der<br />

vorhellenistischen Zeit (Mainz 1964) 7.<br />

S e i t e | 182


Behauptungen ad absurdum. In Anlehnung an ein Gespräch mit der Priesterin Diotima aus Mantineia<br />

leugnet Sokrates nicht nur die Schönheit, sondern auch die Göttlichkeit des Eros. Als Sohn von<br />

Reichtum und Armut, gezeugt auf der Feier zur Geburt der Aphrodite, ist er gewissermaßen ein<br />

Zwitterwesen, stets bedürftig wie seine Mutter, wie sein Vater liebt und strebt er nach dem Schönen.<br />

Die Mentalität des Vaters, auf Eros übertragen, lässt ihn die Gesellschaft der Aphrodite suchen. 881<br />

Eros ist die Liebe zum Schönen und zur Weisheit, dieser selbst, so folgert Sokrates, dagegen nur ein<br />

dämonischer Vermittler zwischen Menschen und Göttern. 882 Diese Version der Genealogie des Eros<br />

ist ansonsten nicht überliefert.<br />

Den Reden mangelt es oft an einer klaren Unterscheidung zwischen dem Wesen und dem Wirken des<br />

Eros. Die philosophische Wissenschaft, wie sie Platon und Sokrates verstehen, nämlich als Suche nach<br />

dem Guten und Schönen, betrachtet Eros vorrangig unter dem Aspekt seines moralischen Nutzens.<br />

Schönheit hat vielerorts in den Platonischen Dialogen einen ethischen Anspruch, so dass sich<br />

zwangsläufig mit Eros, der quasi als das Prinzip des Guten und Schönen gilt, auch ein moralischer<br />

Nutzen verbinden lassen muss. Pausanias, einer der Redner im „Symposion“, schlägt folglich eine<br />

Differenzierung des Eros in eine körperliche und eine geistige Liebe vor. In Analogie zu Aphrodite<br />

müsse es zwangsläufig auch zwei Arten von Eroten geben: Eros Pandemos und Eros Uranios. Ersterer<br />

bezeichnet die körperliche Liebe, die keinem anderen Zweck dient als der Lustbefriedigung. In<br />

philosophischer Hinsicht hat Eros einen wesentlich wichtigeren Nutzen: Eros Uranios verknüpft die<br />

Liebe mit dem Streben nach Weisheit und eigener Vervollkommnung. Ihre optimale Erscheinungs-<br />

form düngt Pausanias die Knabenliebe zu sein, die frei ist von Ausschweifungen und sich stattdessen<br />

der Stärkung des Körpers und der Förderung des Geistes verschrieben hat. 883 Ähnlich argumentiert<br />

auch Phaidros, dass nämlich der Liebe zu anderen Menschen das Streben nach Verbesserung, nach<br />

dem ewig Schönen und Guten innewohnt. 884 Der Wunsch, sich dem Geliebten von seiner besten Seite<br />

zu zeigen, ist Phaidros Ansicht nach in homoerotischen Verhältnissen besonders stark. Doch zeigt das<br />

Beispiel der Alkestis, dass die Liebe auch Frauen zu edlen Taten befähigt. 885 Strikt nach Vereinbarung<br />

beleuchtet auch Agathon nur die positiven Seiten des Eros: maßvoll genossen ist er für ihn der<br />

Bewahrer von Frieden, Freundschaft und Gerechtigkeit, der Ursprung allen Werdens und alles<br />

Schönen. 886<br />

881 Plat. symp. 203b–e.<br />

882 Plat. symp. 202d–e.<br />

883 Plat. symp. 181c–185b. – Zum sog. pädagogischen Eros, s. N. Hoesch, Die Schöne Frau, der schöne Knabe, in: K.<br />

Vierneisel – B. Kaeser (Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des Trinkens. Ausstellungskatalog München (München 1990)<br />

144; Reinsberg 1993, 170–178.<br />

884 Plat. symp. 178c–179b.<br />

885 Plat. symp. 179b–180b; F. I. Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società I. Noi e i Greci (Turin<br />

1996) 420 f. legt dar, dass Auswahl und Reihenfolge der Beispiele eine inhaltliche Wertung ausdrücken. Die Tat einer<br />

Frau aus Liebe zu einem Mann wird lobend anerkannt, höher geschätzt wird dennoch die Opferbereitschaft des Orpheus,<br />

obwohl dieser für seine Frau weder sein eigenes Leben aufs Spiel setzt noch sein Vorhaben zum guten Ende führt.<br />

Exemplarisches Verhalten zeigt Achill, der aus Liebe zu einem anderen Mann Rache übt und dabei in vollem<br />

Bewusstsein der Folgen sein Leben verliert. Sein Preis ist die ewige Glückseligkeit.<br />

886 Plat. symp. 196b–197b; RAC VI (1966) s. v. Eros I (literarisch) 307 (C. Schneider): Eros als Sotergestalt mit den vier<br />

platonischen Tugenden. Gerechtigkeit in Liebesdingen bedeutet, dass die Gefühle erwidert werden; vgl. Sappho 1 V. =<br />

S e i t e | 183


Aristophanes´ Ausführungen zu Eros kommen unseren modernen Glücksvorstellungen erstaunlich<br />

nahe.<br />

S e i t e | 184<br />

„Ich für mein Teil spreche aber ganz allgemein von den Männern und Weibern, dass nur so<br />

unser Geschlecht glückselig werden könne, wenn wir es in der Liebe zur Vollendung<br />

bringen und wenn ein jeder seinen wesenseigenen Geliebten gewinnt und so wieder zu<br />

seiner ursprünglichen Natur zurückkehrt.“ (Plat. symp. 193c)<br />

Liebe ist für ihn die Suche nach persönlichem Glück, die auch die Suche nach dem Menschen<br />

miteinschließt, der uns ganz macht. Ihm geht es um die Frage, weshalb sich Menschen zu<br />

unterschiedlichen Geschlechtern hingezogen fühlen. Seine Erklärung basiert auf einer mythischen<br />

Erzählung, nach der es neben Mann und Frau ein drittes Geschlecht gegeben habe, das beide<br />

Geschlechter in sich vereint habe. Jeder Mensch verfügte über eine runde Form bestehend aus zwei<br />

Körpern, vier Armen und Beinen und zwei Köpfen. Als Strafe für die Hybris der Menschen und um<br />

sie zu schwächen, wurden sie auf Ratschluss der Götter in zwei Hälften geteilt. Sie verzehrten sich<br />

nacheinander, suchten sich, hielten sich eng umschlungen, um wieder zusammenzuwachsen, und<br />

starben schließlich vor Hunger und Untätigkeit. In einem Akt des Erbarmens versetzte ihnen Zeus ihre<br />

Schamteile, die bisher nach hinten ausgerichtet waren, nach vorne und ermöglicht ihnen so die<br />

Zeugung bzw. die homoerotische Befriedigung. 887 Die Liebe und sexuelle Vorlieben sind aus der Sicht<br />

des Aristophanes also etwas Naturgegebenes und rühren von der Abstammung her. 888<br />

5. 2. Eros in der Bildkunst der attisch-rotfigurigen Keramik<br />

Physische Schönheit und Jugend scheinen von Anfang an ein unbestrittener Aspekt des<br />

Erscheinungsbildes des Eros gewesen zu sein. In Berufung auf Hesiods „Theogonie“ stellt sich<br />

Agathon im „Symposion“ des Platon Eros nicht nur als den Schönsten der Götter, den Glückseligsten<br />

und Besten vor, sondern des Weiteren als zarten Jüngling von geschmeidiger Gestalt und edler<br />

Haltung. 889 Eine Beschreibung seines Aussehens findet sich bei den frühen Lyrikern nur verstreut und<br />

in knappen Zügen. Anakreon und später Euripides bezeichnen ihn als chrysokomas, goldhaarig,<br />

Alkman nennt ihn takeros, zart, und an einer anderen Stelle pais. Sappho lässt ihn mit einer<br />

porphyrrnen Chlamys bekleidet aus dem Himmel herabsteigen. 890 Die Vorstellung des Agathon fußt<br />

also zumindest in einigen Punkten auf einem Erosbild, das seinen Ursprung bereits in der archaischen<br />

Lyrik hat. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass das Aussehen des Eros dem des hübschen<br />

athenischen Knaben angeglichen wurde, dessen körperliche Schönheit im Zeitalter der Knabenliebe<br />

191 LGS: hier ruft die Dichterin Aphrodite als Mitstreiterin an, weil sie, Sappho, in eine junge Frau verliebt ist, die sie<br />

nicht erhört; s. auch G. Tsomis, Zusammenschau der frühgriechischen monodischen Melik (Alkaios, Sappho, Anakreon),<br />

Palingenesia LXX (Stuttgart 2001) 108.<br />

887 Plat. symp. 189d–191d.<br />

888 Plat. symp. 191d. e; Zeitlin a. O. (Anm. 885) 424.<br />

889 Plat. symp. 195d–196b.<br />

890 Sappho fr. 54 V.


auf den durchschnittlichen Athener große erotische Anziehungskraft ausübte. 891 Die attischen<br />

Vasenbilder haben die Vorstellung des Eros als schönen Epheben durchaus aufgegriffen. Betrachtet<br />

man jedoch die Gesamtheit der Bilder, die Erosdarstellungen tragen, fällt auf, dass es diesen auch in<br />

einer knabenhaften und in einer kindlichen Variante gibt. Auch die Flügel sind nicht von Beginn an<br />

fester Bestandteil seines Erscheinungsbildes, sondern werden erst von Künstlern aus dem Umkreis des<br />

Oltos um 530 v. Chr. konsequent wiedergegeben. Ein schwarzfiguriges Pinax von der Akropolis in<br />

Athen stellt Aphrodite mit zwei ungeflügelten Knaben, Eros und Himeros, im Arm dar. 892 Trotz älterer<br />

literarischer Traditionen und Spekulationen über die Herkunft des Eros zeigt diese älteste uns<br />

erhaltene Bildfassung Eros und Himeros also als Söhne der Aphrodite. Im 6. Jh. sind die<br />

Bildfassungen des Eros noch eher unüblich 893 , erst die rotfigurige Vasenmalerei gliedert den Eros<br />

Schritt für Schritt in ihr Standardrepertoire ein.<br />

Zweige, Kränze, Binden, aber auch die Leier sind die bevorzugten Attribute des Eros. 894 Zweige und<br />

Kränze sind zwar ebenso im schwelgerischen, aphrodisischen Bereich zuhause, sie verweisen aber<br />

gleichzeitig auf einen ursprünglichen Wesensaspekt des Eros, der als Naturgott für das Wachsen und<br />

Werden allen Seins zuständig ist. 895 Das Schmücken mit Blumen, Kränzen oder Binden gehört zu den<br />

verbindlichen Dienstleistungen seines Gewerbes, welche er sowohl Göttern und Heroinen als auch<br />

Bräuten oder Hausfrauen zukommen lässt. Sie sind kleine Aufmerksamkeiten, die auch als Geschenke<br />

an die angebetete Person weitergegeben werden können. Die Leier verrät seine Liebe zur Musik. Bei<br />

Hesiod wurde Himeros in die Nähe zu den Musen und Chariten gerückt. 896 Man darf nicht vergessen,<br />

dass auch Musik Stimmungen schafft, die dem Zauber des Eros zuträglich sind.<br />

Im Grunde ein Gott ohne eigenen Mythos taucht er auf den Vasenbildern überall dort auf, wo Liebe<br />

oder Verlangen als Handlungsmotive in Kraft treten. 897 Die Vorstellung vom Pfeile verschießenden<br />

Liebesboten, der Liebesregungen wie Wunden zufügt, findet sich das erste Mal bei Euripides. 898 In der<br />

Vasenkunst ist das Tatwerkzeug des Eros eher die Phiale oder die Iynx. Wenn er auf einem<br />

Kraterfragment in Tübingen V/1 (Taf. 23 Abb. 1) Ariadne, die mit demütig gesenktem Blick auf ihrem<br />

Hochzeitslager ruht, mit dem Inhalt seiner Spendeschale übergießt, ist dies wohl dahingehend zu<br />

lesen, dass er ihr besondere Charis verleiht, der in diesem Fall auch der Gott Dionysos nicht<br />

891 “mellephebos”, s. C. T. Seltman, Eros: in early attic Legend and Art, BSA 26, 1923/25, 90 f.<br />

892 Athen, Nat. Mus.; Seltman a. O. (Anm. 891) 89 f.; W. Strobel, Eros. Versuch einer Geschichte seiner bildlichen<br />

Darstellung von ihren Anfängen bis zum Beginn des Hellenismus (Diss. FAU <strong>Erlangen</strong>-<strong>Nürnberg</strong> 1952) 9 f.<br />

893 EAA III (1960) 427 s. v. Eros (E. Speier): Die frühen Darstellungen des 6. Jhs. zeigen ihn offenbar stets in Gemeinschaft<br />

mit Aphrodite und Himeros; RAC VI (1966) s. v. Eros (Eroten) II (in der Kunst) 313 (A. Rumpf); Strobel a. O. (Anm.<br />

892) 6 f. 18.<br />

894 RE VI (1909) 498 s. v. Eros (Stengel).<br />

895 A. Greifenhagen, Griechische Eroten (Berlin 1957) 24.<br />

896 Hes. theog. 64.<br />

897 „Psychologische Motivierung durch erotisches Verlangen“, s. A. Furtwängler, Eros in der Vasenmalerei, in: J. Sieveking<br />

– L. Curtius (Hrsg.), Kleine Schriften von Adolf Furtwängler 1 (München 1912) 17–27.<br />

898 Eur. Hipp. 530–534; Med. 530 f.; RAC VI (1966) s. v. Eros (Eroten) II (in der Kunst) 314. 318 (A. Rumpf); G. Tsomis,<br />

Zusammenschau der frühgriechischen monodischen Melik (Alkaios, Sappho, Anakreon), Palingenesia LXX (Stuttgart<br />

2001) 140. – In der Vasenmalerei bereits früher nachgewiesen: Lekythos des Brygos-Malers, Fort Worth, Kombell Art<br />

Mus. AP 84.16: LIMC III (1986) 878 Nr. 332 s. v. Eros Taf. 626, 332; Hydria des Hippolytos-Malers, Berlin,<br />

Antikensammlung V.I. 3166: CVA Berlin (9) 71–73 Abb. 19 Taf. 46, 1–4; 47, 1–4; 59, 1; Beil. 10, 2.<br />

S e i t e | 185


widerstehen kann. 899 Vielleicht macht er ihren Geist aber auch empfänglich für eine neue Liebe, die<br />

sich bereits in Gestalt des Gottes nähert. Diese Vorgehensweise wird etwa im „Hippolytos“ des<br />

Euripides beschrieben:<br />

S e i t e | 186<br />

„Eros, Eros, der auf die Augen<br />

Sehnsucht träufelt, du bringst die süßen<br />

Freuden der Seele deinen Opfern.“ (Eur. Hipp. 525-527)<br />

Die bewusstseinsverändernde Wirkung des Eros wird auch auf einem Glockenkrater in Paris V/2 (Taf.<br />

23 Abb. 2) deutlich, wo Eros die Versöhnung von Menelaos und Helena herbeiführt, indem er dem<br />

nach Vergeltung strebenden Menelaos aus einer eben solchen Spendeschale Liebesverlangen durch die<br />

Augen einträufelt und so dessen Rachegelüste in andere, angenehmere Bahnen lenkt. 900 Eine<br />

Gartenidylle auf einer Hydria in Florenz V/3 (Taf. 23 Abb. 3) zeigt Eros/Himeros im Gefolge der<br />

Aphrodite. Umgeben von Allegorien wie Hygieia, Paideia und Eudaimonia hält die Göttin ihren<br />

Geliebten Adonis in den Armen. Eros, der hier durch die Namensbeischrift als Himeros, die<br />

Verkörperung der Liebessehnsucht, genauer definiert wird, hat am Liebesreigen und der entrückten<br />

Stimmung keinen unwesentlichen Anteil: mit einer Iynx wirkt er einen Liebeszauber für Adonis. 901<br />

Vielleicht ist nicht einmal Aphrodite selbst gegen die manipulative Macht des Eros gewappnet. 902<br />

Bereits das genannte Hesiod-Zitat 903 deutete die Polyvalenz im Wesen und Wirken des Eros an. Die<br />

Einflussnahme des Eros ist keine Garantie auf persönliches Liebesglück. Der unseligen Liebe des<br />

Paris zu Helena, nicht nur Auslöser eines langwierigen Krieges, ist keine Zukunft beschieden. Die<br />

Ehefrau kehrt reumütig zu ihrem legitimen Ehemann zurück. Auch bei Theseus und Ariadne hat Eros<br />

seine Finger im Spiel, was den Helden aber nicht davon abhält, seine Geliebte nach der<br />

Hochzeitsnacht auf Naxos zurückzulassen. Auf einer Schale in Tarquinia V/4 (Taf. 23 Abb. 4) folgt<br />

Theseus soeben dem Ruf des Hermes. Sein Schuhwerk auflesend wendet er sich ein letztes Mal der<br />

schlafenden Ariadne zu, die von einem knabenhaften Eros wie eine Braut mit Bändern geschmückt<br />

wird. Die Tatsache, dass sie ausgerechnet unter einem Weinstock ruht, kündigt ihre baldige<br />

899 Optische Wahrnehmung als Auslöser emotionaler Reaktionen bzw. die Augen als Spiegel der Gefühle, s. Calame 1992,<br />

13 f.; F. Frontisi-Ducroux, Eros, Desire and the Gaze, in: N. Boymel Kampen (Hrsg.) Sexuality in Ancient Art. Near<br />

East, Egypt, Greece, and Italy (Cambridge 1996) 81–100; Sutton 1997, 35 f.<br />

900 R. Misdrachi-Capon (Hrsg.), Eros Grec. Amour des Dieux et des Hommes. Ausstellungskatalog Paris – Athen (Athen<br />

1989) 90–92 Nr. 32; Sutton 1997, 35; S. Ritter, Eros und Gewalt: Menelaos und Helena in der attischen Vasenmalerei des<br />

5. Jhs. v. Chr., in: Fischer – Moraw 2005, 279.<br />

901 s. auch B. Borg, Der Logos des Mythos. Allegorien und Personifikationen in der frühen griechischen Kunst (München<br />

2002) 172–176. – Zur Iunx, s. RE X (1919) 1384–1386 s. v. ’´Ιυγξ (Gossen): Iunx war im Mythos eine Frau, die Zeus mit<br />

einem Liebeszauber belegen wollte und dafür von Hera in einen Wendehals verwandelt wurde. Ihm wurde deshalb eine<br />

magische Kraft zugeschrieben, die man sich zunutze machte, indem man den Vogel auf ein Rad band und dieses zu<br />

Gesängen drehte. Für das Rad selbst bürgerte sich ebenfalls der Begriff Iunx ein; s. auch E. Böhr, A Rare Bird on Greek<br />

Vases, in: J. H. Oakley (Hrsg.), Athenian Potters and Painters. The Conference Proceedings (Oxford 1997) 116: „In<br />

human love-magic the iynx attracted lovers and called back faithless lovers.”<br />

902 Nicht einmal Aphrodite ist gefeit gegen die Manipulation ihrer Gefühle; so lässt Zeus sie für Anchises entflammen, s.<br />

Hom. h. 5.<br />

903 Hes. theog. 120–123.


Entdeckung durch Dionysos an. Der Akt des Schmückens als Bestandteil der Hochzeitsvorbereitung<br />

mag somit sowohl retrospektiven als auch prospektiven Charakter haben.<br />

Neben der rein „platonischen“ Liebessehnsucht ist auch die Befriedigung sexueller Bedürfnisse stets<br />

Teil seines Wesens. Für F. Zeitlin ist Eros in erster Linie das personifizierte Liebesverlangen, während<br />

die Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse mehr in das Ressort Aphrodites fällt. 904 Ganz zu trennen<br />

sind beide Bereiche aber nicht. Die griechischen Mythen sind voll von dramatischen Geschehnissen<br />

rund um die Liebschaften der Götter und Heroen. Von wildem Verlangen beseelt schrecken sie weder<br />

vor Entführung noch vor Gewaltanwendung zurück. Die Vasenbilder scheinen in vielen Fällen<br />

bewusst den maßvollen Eros zu propagieren, indem gewaltsame Aspekte, die den mythischen<br />

Erzählungen unleugbar anhaften, im Bild oft verschwiegen oder gar umgedeutet werden. Dies kann<br />

exemplarisch an einer Pelike in Rom V/5 (Taf. 23 Abb. 5) gezeigt werden, die eine harmlose Version<br />

der Entführung der Amymone durch Poseidon wiedergibt. Poseidon, eindeutig identifizierbar durch<br />

seinen Dreizack, hat begehrlich den Arm um die Schultern der Amymone gelegt. Ihr Blick ist indes<br />

wie der einer Braut scheu nach unten gerichtet. 905 Hinter Poseidon flattert Eros mit ausgestreckten<br />

Armen heran. 906 Dies ist keine Darstellung einer Verfolgung, wie sie die Dionysos-Ariadne-<br />

Darstellung auf einer Hydria in London 907 zeigt. Der Ton ist ein ganz anderer: Amymone ergibt sich in<br />

ihr Schicksal. Zusammen mit den sie umgebenden Menschen scheinen sie sogar eine Art Hochzeitszug<br />

zu bilden.<br />

Während manche Vasenbilder Eros in unschuldiges und kindliches Spiel vertieft sehen, wird er in<br />

anderen Bildern zum zielstrebigen Verfolger fliehender Jünglinge oder Frauen. Die entsprechenden<br />

Bilder sind jedoch in der Regel derart schablonenhaft, dass man sich fragen muss, ob sie nicht in<br />

übertragenem Sinn zu verstehen sind. Demnach geht es nicht darum zu zeigen, wie Eros,<br />

stellvertretend für sein Metier, die Erfüllung seiner eigenen sexuellen Wünsche anstrebt, vielmehr<br />

wird veranschaulicht, dass niemand sich dem Bannkreis des Liebesgottes zu entziehen vermag. Schon<br />

in der frühgriechischen Melik ist belegt, dass keineswegs jeder sich willfährig dem Eros ergibt. 908<br />

Vielleicht sind es mythisch verbrämte Bilder, die den Zeitpunkt männlicher und weiblicher<br />

904 F. I. Zeitlin, Eros, in: S. Settis (Hrsg.), I Greci. Storia Cultura Arte Società I. Noi e i Greci (Turin 1996) 395: „Tuttavia,<br />

Eros si riferisce più specificamente all´istinto del desiderio amoroso, mentre Afrodite è implicata nell´intero campo di<br />

azioni comprese tra l´esercizio del faschino sessuale e la concreta pratica dell´atto sessuale.“<br />

905 Reeder 1995, 359 will hier vor allem den sexuellen Aspekt der Begegnung in Szene gesetzt sehen; so richtet sich nach<br />

Reeder´s Meinung Amymones Blick nicht demütig nach unten, sondern auf die Genitalien des Gottes.<br />

906 Solche Darstellungen veranschaulichen nach Calame 1992, 93 die Zivilisierung und Zähmung der Frau durch die Ehe.<br />

907 Hydria aus dem Umfeld des Orestes-Malers, London, British Mus. E 184: CVA London (5) III Ic 14 Taf. 80, 3. Ähnlich<br />

verhält es sich mit Europa und dem Zeus-Stier, s. S. Böhm, Griechische Heroinnen. „Girl Power“ und andere<br />

Frauenideale im antiken Griechenland, in: E. Klinger u. a. (Hrsg.), Der Körper und die Religion. Das Problem der<br />

Konstruktion von Geschlechterrollen (Würzburg 2000) 73. Während die frühen Abbildungen die Entführung als solche<br />

thematisieren, liegt die Betonung später dann im persönlich empfundenen Liebesrausch und der sexuellen Erfüllung. Es<br />

ist nicht weiter verwunderlich, dass nun Eros ins Repertoire integriert wird.<br />

908 Anakr. fr. 396 PMG; 400 PMG; G. Tsomis, Zusammenschau der frühgriechischen monodischen Melik (Alkaios, Sappho,<br />

Anakreon), Palingenesia LXX (Stuttgart 2001) 124–126.<br />

S e i t e | 187


Geschlechtsreife signalisieren. Calame hat sogar den Vorschlag unterbreitet, die Verfolgung<br />

weiblicher Personen sei Metapher für die Absicht, sie unter das Joch der Ehe zu spannen. 909<br />

S e i t e | 188<br />

5. 2. 1. Eros in den Hochzeitsbildern<br />

In der menschlichen Sphäre sind es vor allem zwei Themenbereiche der Bildkunst, in denen Eros in<br />

der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. an Bedeutung gewinnt: die Hochzeit 910 und das sog.<br />

Frauengemach. Anhand der Loutrophoros in Boston I/1 wurde die Hochzeitsikonographie bereits<br />

ansatzweise besprochen. 911 Zwei Eroten umschweben den Kopf der jungen Braut und<br />

versinnbildlichen und idealisieren ihre Attraktivität. Eros ist hier sichtbares Zeichen der Macht, die<br />

Aphrodite den Frauen verliehen hat. Wie Pandora kann sie ihre Schönheit und Ausstrahlung zum<br />

Werkzeug der Verführung machen. 912 Die Geschlechterhierarchie bleibt davon aber unbeeinflusst,<br />

denn die Braut ist nie als Femme fatale dargestellt: mit demütig gesenktem Blick folgt sie gehorsam<br />

ihrem Gatten. Genügt in manchen Fällen dem Vasenmaler die bloße Anwesenheit des Eros nicht, lässt<br />

er ihn die Braut 913 (Taf. 2 Abb. 1; Taf. 23 Abb. 6) und wechselweise auch den Bräutigam 914 bekränzen.<br />

Da auch letzterer mit dieser Ehrung bedacht wird, muss sich mehr dahinter verbergen als eine lobende<br />

Anerkennung von Schönheit. 915 Es wird beiden eine Aufmerksamkeit zuteil, die eigentlich nur Siegern<br />

in Wettkämpfen zusteht. Die Eheschließung selbst wird zur Errungenschaft, interessanterweise nicht<br />

nur der Braut, sondern auch des Bräutigams. 916 In anderen Fällen ist Eros als Teilnehmer oder Helfer<br />

ins Festgeschehen miteinbezogen, trägt die Loutrophoros für das Brautwasser 917 (Taf. 24 Abb. 1) und<br />

die Fackeln 918 oder wird durch das Diaulos-Spiel 919 (Taf. 24 Abb. 2) zum Widerschein festlicher<br />

Stimmung.<br />

909 Calame 1992, 94.<br />

910 Calame 1992, 89: für seine Anwesenheit bei der Hochzeit gibt es aus der Literatur dagegen nur einen einzigen Beleg, die<br />

Hochzeit des Zeus mit Hera.<br />

911 s. auch Kap. 1. 5. 1.<br />

912 Calame 1992, 33–36. – Die Braut als „wilde, unkontrollierbare, erotische Kraft“, s. E. D. Reeder, Frauenbilder. Die<br />

Hochzeit, in: Reeder 1995, 128.<br />

913 z. B. Berlin, Antikensammlung F 2372, hier I/4; F 2373, hier V/6.<br />

914 London, British Mus. 96.12-17. 11, hier V/7; Loutrophoros des Washing-Painter, Nauplia, Arch. Mus. 309.<br />

915 W. Strobel, Eros. Versuch einer Geschichte seiner bildlichen Darstellung von ihren Anfängen bis zum Beginn des<br />

Hellenismus (Diss. FAU <strong>Erlangen</strong>-<strong>Nürnberg</strong> 1952) 20.<br />

916 Sutton 1997, 35: Eros als “optical force”.<br />

917 Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888, hier V/8; nach M. S. Venit, Point and Cointerpoint. Painted Vases on Attic Painted<br />

Vases, AntK 49, 2006, 36 trägt Eros eine Loutrophoros-Hydria für das Badewasser der Braut und eine Loutrophoros-<br />

Amphora für das Badewasser des Bräutigams. – Der Loutrophoren tragende Eros als Hinweis auf die Fruchtbarkeit und<br />

die bevorstehende Defloration der Braut, s. Winkler 1999, 33f. 102. – Zur geschlechtsspezifischen Verwendung der<br />

Loutrophoros, s. Mösch-Klingele 2006, 43. 46.<br />

918 z. B. Loutrophoros in Oxford, Ashmolean Mus. 1927. 4066: CVA Ashmolean Mus. (2) III I Taf. 59, 1. 2.<br />

919 z. B. Athen, Nat. Mus. 16279, hier V/9.


Zahlreicher als in den Prozessionsszenen wird Eros in den Brautschmückungsszenen dargestellt.<br />

Zumeist konzentrieren sich die Bilder auf die Braut und ihre Vorbereitungen, zu denen der Bräutigam<br />

nicht hinzugezogen wird. 920 Umso interessanter sind deswegen die wenigen Bilder außerhalb der<br />

Ekdosis, die das Brautpaar gemeinsam abbilden wie etwa das Fragment einer Loutrophoros in Boston<br />

V/10 (Taf. 24 Abb. 3). 921 Da der Bräutigam an den Vorbereitungen der Braut keinen Anteil hatte, ist<br />

hier wohl eher die Entschleierung der Braut im Haus des Bräutigams als die Schmückung derselben<br />

im Haus ihrer Eltern illustriert. Die Nympheutria ist von hinten an die Braut herangetreten und nimmt<br />

ihr den Schleier vom Diadem bekrönten Haupt. Von oben nähert sich ein Eros, in den Händen eine<br />

Taenie oder ein Band. Der große flache Korb, der soeben über dem Bräutigam entleert wird, enthält<br />

vermutlich Feigen, Datteln und Nüsse, die dem neu gegründeten Hausstand Fertilität versprechen. 922<br />

Frauen mit Kästchen und Bändern sind Vertreter der Gabenbringer während der Epaulia. Es sind, wie<br />

es typisch für viele Hochzeitsdarstellungen ist, mehrere Episoden im Bild zusammengefasst: die<br />

Anakalypteria, Katachysmata und Epaulia. 923<br />

Die Epaulia sind wohl auch Thema einer fragmentarisch erhaltenen Loutrophoros in Oxford V/11<br />

(Taf. 24 Abb. 4). Dort empfängt das junge Brautpaar gemeinsam die Hochzeitsgaben. 924 Vom Zug der<br />

Frauen ist in diesem Fall jedoch aufgrund des bruchstückhaften Zustandes des Gefäßes nur eine<br />

einzige weibliche Person, beladen mit Exaleiptron, Kästchen und Band, übrig geblieben. Die Braut vor<br />

ihr zupft elegant an ihrem Gewand, auf ihrer Schulter hat sich ein Eros niedergelassen. Dieser hält den<br />

Blick des Bräutigams fest, der sich durch seine Reisekleidung wahrscheinlich als Paris zu erkennen<br />

gibt. 925 Es handelt es sich also genau genommen um eine mythologische Darstellung.<br />

Der Grundton der Hochzeitsbilder ist harmonisch. Eros tritt hier nicht als bewusstseinsverändernde,<br />

irrationale Macht auf. Er offenbart im Bild die Lieblichkeit der Braut und macht die zwischen den<br />

Eheleuten herrschende Philia sichtbar. 926 Hier ist er nicht Ausdruck von Willkür und Vergänglichkeit,<br />

er verkörpert vielmehr einen dauerhaften und harmonischen Zustand, ein gegenseitiges Einvernehmen<br />

mit stabilisierender Wirkung auf die Ehe ganz im Sinne von Polis und Familie. Es ist ein höchst<br />

verlockender Gedanke, dass den Griechen vielleicht doch nicht nur das pragmatische und<br />

zweckdienliche Verständnis der Ehe zueigen war, das uns die antiken Quellen vermitteln. Die<br />

Existenz des geflügelten Liebesboten in den Hochzeitsbildern könnte mit Einschränkung dahingehend<br />

920 Badinou 2003, 95.<br />

921 vgl. auch Pyxis, Athen, Nat. Mus. 569: Sutton 1997, 31 f. Abb. 6: Die Braut sitzt mit noch über den Kopf gezogenem<br />

Schleier auf einem leicht erhöhten Podium im Zentrum des Bildes. Von den beiden anwesenden Männern wird der linke<br />

Bärtige von Sutton als Brautvater identifiziert. Vom Bräutigam selbst sind nur doch die Füße und der Himationsaum<br />

erhalten. Die Darstellung zeigt keinen Eros.<br />

922 Zum Brauch der Katachysmata, s. Oakley – Sinos 1993, 34; A.-M. Vérilhac – C. Vial, Le mariage grec du VIe siècle av.<br />

J.-C. à l´epoche d´Auguste (Athen 1998) 335–348.<br />

923 Oakley – Sinos 1993, 25 f.; Reeder 1995, 169–171 Nr. 26.<br />

924 Oakley – Sinos 1993, 93.<br />

925 Sutton 1997, 38 f.<br />

926 Sutton 1981, 173; nach Calame 1992, 91 f. ist Aphrodite „garante del legame di philotes stabilito dal matrimonio“. Auf<br />

den Vasenbildern übernimmt Eros diese Rolle; F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der<br />

Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 196; S. Moraw, Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher<br />

Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 32 spricht von „sinnlicher Liebe“.<br />

S e i t e | 189


ausgelegt werden, dass eine emotionale Bindung der Eheleute, Philia, durchaus erwünscht war und als<br />

gute Basis für die Gründung eines erfolgreichen Haushalts angesehen wurde. Andererseits mag auch<br />

die Überlegung angestellt sein, dass Eros als eine Art Werbeträger das Bild einer romantischen Ehe<br />

heraufbeschwören sollte. 927 Adressaten dieser programmatischen Botschaft dürften jedoch nicht nur<br />

die jungen Mädchen gewesen sein, sondern gleichermaßen auch die Männer.<br />

Ganz ist dabei den Hochzeitsbildern jegliche Erotik nicht abzusprechen. Der Eros beinhaltet durchaus<br />

Anspielungen in Bezug auf die sexuelle Attraktivität der Braut und lässt zugleich niemals den<br />

eigentlichen Zweck der Ehe, nämlich die Zeugung legitimer Erben, aus den Augen. 928 Unsere<br />

Kenntnis von kultischen Einrichtungen und Festen zu Ehren des Eros erschöpfen sich für Athen im<br />

Wesentlichen in einem Altar, der von Charmes noch im 6. Jh. v. Chr. vor der Akademie aufgestellt<br />

wurde, und dem Aphrodite-Heiligtum am Nordabhang der Akropolis 929 , in dem auch Eros verehrt<br />

wurde. Aus einer Pausaniasstelle wissen wir allerdings, dass Eros in Parion in der Troas und in<br />

Thespiai im Besonderen als Naturgott und somit auch als Gott der Zeugungskraft verehrt wurde. 930 Ob<br />

Eros in dieser Funktion auch in Athen eine Kultstätte unterhielt, sei dahingestellt, das Bewusstsein um<br />

seine generative Macht, die nicht nur im Abstrakten für das Gedeihen der Natur sorgt, sondern im<br />

zwischenmenschlichen Bereich sehr konkret in der Zeugung gipfelt, war aber sicherlich vorhanden.<br />

Anders als im „Symposion“ Platons erschöpft sich in der Bildkunst der Eros zwischen Mann und Frau<br />

also nicht nur in der körperlichen Lustbefriedigung. Dort steht er ab der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v.<br />

Chr. vor allem für die Philia des Ehepaares, für Eintracht und Harmonie.<br />

Eine weitere Steigerung der Hochzeitsidylle wird etwa ab dem dritten Viertel des 5. Jhs. v. Chr. durch<br />

die explosionsartige Vervielfältigung der Eroten erzielt. Die Jahre des Reichen Stils sind generell die<br />

Zeit der Allegorien und Personifikationen, die meist nur anhand von Beischriften zu identifizieren<br />

sind. Mit Himeros und Pothos treten nun zwei weitere personifizierte Liebesgötter an die Seite der<br />

Braut. Zumindest Himeros ist noch stärker als Eros der Leidenschaft und dem sexuellen Trieb<br />

verpflichtet, eine Vorstellung, die nicht so recht zum Verständnis der Griechen von der Ehe passen<br />

will. Dass Eros aber auch in den Hochzeitsbildern 931 Wesenszüge des Himeros und des Pothos in sich<br />

927 Sutton 1981, 146. 163 bezeichnet die Hochzeitsbilder wertfrei als romantisch und positiv konnotiert; nach S. Moraw,<br />

Bilder, die lügen: Hochzeit, Tieropfer und Sklaverei in der klassischen Kunst, in: Fischer – Moraw 2005, 84. 87 f.<br />

schildern sie die Hochzeit als etwas erstrebenswertes, da sie die Braut gewissermaßen zu „freiwilliger Kooperation“<br />

überzeugen müssen.<br />

928 Sutton 1981, 184: “look of sexual love and desire”; F. Lissarrague, Intrusioni nel gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague –<br />

F. Frontisi-Ducroux (Hrsg.), I misteri del gineceo (Bari 2000) 167: “Tutti questi elementi convergono nell´esprimere la<br />

bellezza del corpo femminile, il desiderio che esso ispira nel matrimonia e la fecondità che esso promette.” Calame<br />

1992, 95.<br />

929 O. Broneer, Eros and Aphrodite on the North Slope of the Acropolis, Hesperia 1, 1932, 31–55; ders., Excavations on the<br />

North Slope of the Acropolis in Athens, 1931–1932, Hesperia 2, 1933, 329–417; ders., Excavations on the North Slope<br />

of the Acropolis in Athens, 1933/1934, Hesperia 4, 1935, 109–188.<br />

930 Paus. IX 27, 1; RE VI (1909) 490 s. v. Eros (Stengel); W. Strobel, Eros. Versuch einer Geschichte seiner bildlichen<br />

Darstellung von ihren Anfängen bis zum Beginn des Hellenismus (Diss. FAU <strong>Erlangen</strong>-<strong>Nürnberg</strong> 1952) 19; EAA III<br />

(1960) 426 s. v. Eros (E. Speier).<br />

931 Sutton 1981, 186 stellt die Existenz von Himeros und Pothos in den Hochzeitsszenen zur Diskussion.<br />

S e i t e | 190


vereinigen kann, vermag vielleicht die bereits besprochene Loutrophore in Boston I/1 (Taf. 1 Abb. 1–<br />

4) zeigen. Dort lockt er mit einladendem Winken das Brautpaar in ihr Brautgemach. Auf dem<br />

Epinetron des Eretria-Malers in Athen I/5 (Taf. 2 Abb. 2. 3) wird die vereinte Kraft der Aphrodite, des<br />

Eros und des Himeros für die Hochzeitsvorbereitungen der Harmonia beansprucht. Gemeinsam mit<br />

Peitho bilden sie das Fundament der Hochzeitsideologie.<br />

5. 2. 2. Eros in den Oikosszenen<br />

Eros ist ab der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr., vereinzelt jedoch auch schon früher, auch außerhalb<br />

der Brautschmückungsszenen im Oikos ein gern gesehener Gast. 932 Sein Metier ist üblicherweise die<br />

Schönheitspflege, seltener wird er dagegen direkt mit den Arbeitsvorgängen im Haus wie der<br />

Wollarbeit verknüpft, was aber den Wollkorb als Mobiliar nicht ausschließt. 933 Mal tritt er rein<br />

attributiv an die Seite einer schönen und jungen Frau, mal mischt er sich unter die geschäftige<br />

Frauenschar oder assistiert beim Ankleiden oder Herausputzen. Auf einer Pyxis in Berlin V/12 (Taf.<br />

24 Abb. 5) reicht er einer Frau, die inmitten eines emsigen Kreises von Frauen mit Spiegel, Bändern<br />

und Kästchen sitzt, eine imposante Halskette. Auf einer Lekythos in Giessen V/13 (Taf. 24 Abb. 6)<br />

sehen wir ihn mit einem Band an eine Sitzende mit einem Zweig in der Hand heranfliegen, die<br />

wahrscheinlich im Begriff ist, einen Kranz zu flechten. Auf einer Hydria in London V/14 (Taf. 25<br />

Abb. 1) ist zwischen den ausgestreckten Armen des Eros vermutlich ein Band oder eine Girlande zu<br />

ergänzen. Adressatin dieser Gabe ist eine auf einem Klismos sitzende Frau, deren Handhaltung wohl<br />

ebenfalls dahingehend zu deuten ist, dass sie einen Kranz hält. Der Wollkorb zu ihren Füßen erinnert<br />

an ihren tugendhaften Fleiß und die häusliche Umgebung. Wiederum wählt der Vasenmaler eine sehr<br />

subtile Art und Weise, um zwei gegensätzliche Aspekte der athenischen Hausfrau zum Ausdruck zu<br />

bringen. Arbeitssinn und Erotik werden keinesfalls als Widersprüche empfunden. Das<br />

Liebeswerben 934 , Umgarnen und Beschenken durch Eros machen die einfache Hausfrau zur<br />

begehrenswerten und umschwärmten Dame. Auf einer Hydria in Berlin V/15 (Taf. 25 Abb. 2)<br />

assistiert Eros einer Frau beim Ankleiden und beteiligt sich so aktiv daran, das attraktive Äußere zur<br />

Geltung zu bringen. In der üblichen Pose, den Kolpos raffend und mit dem Gewandzipfel zwischen<br />

den Zähnen, schnürt sich eine junge Frau einen Gürtel um die Hüfte. Eros hält einen Spiegel und das<br />

Himation bereit, das auf den Vasenbildern auch im Haus häufig über dem Chiton getragen wird. Es<br />

wurde bereits darauf hingewiesen, dass dieses Motiv des Gürtens häufig hochzeitliche Assoziationen<br />

birgt 935 , so dass hier das Ankleiden vielleicht nicht nur als ein simpler, alltäglicher Vorgang gezeigt ist,<br />

der die erotische Wirkung der Frau betonen soll.<br />

932 Moraw a. O. (Anm. 926) 30 sieht das Auftauchen der Eroten im Frauengemach gegen Ende des 5. Jhs. v. Chr. als Signal<br />

für eine „Transzendierung der realen bürgerlichen Sphäre“, die auch eine Angleichung der Bürgerinnenikonographie an<br />

das Aphrodite-Bild mit sich bringt.<br />

933 Pelike, California, Hanita and Aaron Dechter 25: K. Hamma (Hrsg.), The Dechter Collection of Greek Vaes (San<br />

Bernadino 1990) 46 Nr. 25; Hydria, Hobart, Univ. of Tasmania, J. Elliot Mus. 40: R. Hood (Hrsg.) Greek Vases in the<br />

University of Tasmania ³(Hobart 1982) Taf. 16, 40.<br />

934 Götte 1957, 44.<br />

935 s. Kap. 2. 5. 2; 4. 4. 1. 5.<br />

S e i t e | 191


Obgleich die Frau auf den attischen Vasen stets gut gekleidet, jugendlich und schön ist, bewirkt der<br />

Eros als Attribut eine zusätzliche, feine Nuancierung des generellen Frauenbildes. Eros in Verbindung<br />

mit einer weiblichen Figur versinnbildlicht Schönheit und Ausstrahlung. In gewisser Weise rückt nun<br />

die Hausherrin und Ehefrau an die Stelle Aphrodites, in deren Gesellschaft Eros sich üblicherweise<br />

befindet. 936 Unterschwellig wird damit sicherlich auch stets an die erotische Wirkung appelliert. Die<br />

Darstellung einer nackten Frau auf einer Pelike in Mississippi V/16 (Taf. 25 Abb. 3) zeigt dies sehr<br />

explizit. Mit dem Kästchen im Arm und dem Wollkorb zu ihren Füßen erinnert sie an die zahllosen<br />

dienenden weiblichen Figuren in den Oikosszenen. Die Nacktheit ist angesichts des Eros hier kein<br />

Merkmal ihrer Freizügigkeit. 937 Sie wird wohl eher in Kombination mit dem Eros als ein verstärkender<br />

Hinweis nicht nur auf ihre Schönheit, sondern auch speziell auf ihre sexuelle Attraktivität verstanden<br />

werden müssen. 938 Die rundlichen Gegenstände – zwei Früchte oder Bälle – in den Händen des Eros<br />

können unterschiedlich interpretiert werden. Das Ballspiel war ein beliebter Zeitvertreib der<br />

Parthenoi, ist aber auch als erotisches Motiv geläufig. Früchte im Sinne von Fruchtbarkeitssymbolen<br />

würden das Motiv des nackten Frauenkörpers aufgreifen und ebenfalls die dem Bild innewohnende<br />

Erotik betonen.<br />

Schönheit galt schon immer als Aspekt des weiblichen Ideals, und kann von erotischer Ausstrahlung<br />

kaum geschieden werden. Dass die Frau Leidenschaft erregte, war sicher auch den Vertretern des<br />

männlichen Geschlechts nicht unwillkommen und gerade im Hinblick auf das Fortbestehen des Oikos<br />

wünschenswert. Der Eindruck, den wir bisher aus den Vasenbildern gewonnen haben, steht dennoch<br />

nicht im Widerspruch zu den überlieferten Idealvorstellungen der keuschen und besonnenen Ehefrau.<br />

S e i t e | 192<br />

5. 2. 3. Eros und der Mann im Oikos<br />

Wir richten unser Augenmerk nun im Folgenden auf jene Gruppe von Vasenbildern, die neben Eros<br />

auch eine männliche Person im häuslichen Ambiente zeigt. Welche Konnotation der Eros hier trägt<br />

und ob diese Paardarstellungen etwa vor einem bürgerlichen Hintergrund zu lesen sind, wird dabei<br />

von besonderem Interesse sein. Der Mann ist als integraler Bestandteil der Oikosszenen zwar, wie in<br />

einem vorhergehenden Kapitel gezeigt wurde, eine Randerscheinung, er widerlegt aber einwandfrei<br />

das Vorurteil, jede Frau in männlicher Begleitung sei eine Frau zweifelhaften Rufs. 939<br />

In einigen Fällen ist uns auch der kleine Eros bereits begegnet. Die unter unterschiedlichen Aspekten<br />

untersuchte Hydria in New York II/17 (Taf. 6 Abb. 5) trägt eine Szene beschaulicher Zweisamkeit.<br />

Ein junger Mann ist hinter den Stuhl seiner Geliebten getreten und legt ihr die Hand auf die Schulter.<br />

Das augenscheinlich enge Verhältnis zur Hauptakteurin des Bildes wird des Weiteren durch Eros<br />

charakterisiert, der durch das Herantragen der Hochzeitsschuhe eine mögliche Verbindung zur<br />

936 S. Moraw, Schönheit und Sophrosyne. Zum Verhältnis von weiblicher Nacktheit und bürgerlichem Status in der attischen<br />

Vasenmalerei, JdI 118, 2003, 30 f.<br />

937 z. B. N. Himmelmann, Ideale Nacktheit in der griechischen Kunst, JdI, 26. Ergh., 1990, 47.<br />

938 Moraw a. O. (Anm. 936) 34. – Zuletzt zum Diskurs der Bedeutung weiblicher Nacktheit, s. Kreilinger 2007, 190–193.<br />

207 f. 216–219.<br />

939 s. Kap. 2. 5; 2. 6.


Hochzeit herstellt. Über dem Kopf des Eros ist an der Wand ein Strang Granatäpfel angebracht, die als<br />

Symbol für Fruchtbarkeit die enge Bindung des Paares unterstreichen. 940 In der Regel scheut man sich,<br />

die antike Ehe mit modernen Wert- und Emotionsbegriffen zu belegen 941 , in diesem Fall wie in einigen<br />

anderen vorgestellten Fällen ist es aber wohl gerechtfertigt zu sagen, dass das Paarverhältnis der<br />

Eheleute z. T. einer ähnlich romantischen Stilisierung unterliegt wie das der Brautleute in den<br />

Hochzeitsszenen. Auch wenn die Schuhe nicht mit den literarisch überlieferten Nymphides identisch<br />

sind, ist das Binden des Schuhwerks ein häufig im hochzeitlichen Kontext verwendeter Topos. 942 So<br />

kniet auf einem Kelchkrater in Agrigent V/17 (Taf. 25 Abb. 4) ein Eros vor einer Frau im Typus der<br />

Aphrodite Olympias, um ihr die Schuhe zu binden. 943 Der hinter ihr stehende Jüngling hat im Übrigen<br />

seinen linken Arm nach vorne weggestreckt, so dass man sich leicht vorstellen könnte, er beabsichtige,<br />

der Frau auch hier die Hand auf die Schulter zu legen.<br />

Ein Epinetron in Athen V/18 ist unglücklicherweise nur sehr fragmentarisch erhalten. Die<br />

Protagonistin sitzt, in ihre Arbeit vertieft, über ihr Epinetron gebeugt, das sie sich über den<br />

Oberschenkel gelegt hat. Hinter ihr wird anhand weniger Reste eine weitere weibliche Figur vor einem<br />

Webstuhl ergänzt. Genau über der sitzenden Figur schwebt ein Eros, der sie bekränzt oder schmückt<br />

(Taf. 25 Abb. 5). Nach P. Badinou schlüpft Eros gleichermaßen in die Rolle der Nike und ehrt die<br />

Betriebsamkeit der fleißigen Spinnerin. Gleichzeitig verleiht er der Szene eine erotische<br />

Konnotation. 944 Fleiß und Erotik können durchaus miteinander im Bild vereint werden, wenn auch<br />

nicht im Sinne der ′spinnende Hetäre′, bei der man argumentierte, Erotik werde durch das Spinnen<br />

zum Ausdruck gebracht. Spinnen macht eine Frau für einen Mann attraktiv, und wenn dann noch Eros<br />

höchstpersönlich ihre körperlichen Reize honoriert, welche Mann würde diese Frau als Ehefrau<br />

verschmähen! Am rechten Rand, zwischen einer Tür und einer weiteren Frauenfigur, wird ein<br />

Jüngling ergänzt, der einen mit kugeligen Gegenständen gefüllten Korb heranträgt, dessen Inhalt C.<br />

Mercati als Wolle identifiziert. 945 In Form und Muster ist der Korb jedenfalls dem Wollkorb der<br />

Hausherrin sehr ähnlich, wenngleich Kalathoi üblicherweise keine Henkel besitzen. In diesem Kontext<br />

kann der junge Mann eigentlich nur in seiner Funktion als Hausherr und Ehemann hinzutreten, auch<br />

wenn seine Beteiligung an den alltäglichen Pflichten durch das Tragen eines Kalathos eine singuläre<br />

Erscheinung bleibt. 946 Eros hat hier zweierlei Aufgaben: einerseits lobt er Schönheit und Fleiß der<br />

Hausherrin, andererseits werden durch ihn ebenso wie durch das gemeinsame Bewirtschaften des<br />

Oikos Gefühle ehelicher Verbundenheit ausgedrückt. 947<br />

940 Sutton 1997, 36; Bundrick 2008, 321 f.<br />

941 Die Geste der Hand auf der Schulter selbst ist nur unter Vorbehalt zu deuten, da sie in der griechischen Ikonographie nur<br />

vereinzelt – so z. B. auch in der Sepulkralkunst – nachgewiesen ist; s. auch Kap. 4. 4. 1. 2.<br />

942 Das Anlegen der Schuhe als Zeichen des Aufbruchs, s. Sutton 1997, 31.<br />

943 vgl. Schale, Oxford, Ashmolean Mus. V 552: CVA Oxford, Ashmolean Mus. (1) 9 f. Taf. 4, 5; 13, 3. 4.<br />

944 Badinou, 2003, 25.<br />

945 Mercati 2003, 26. 28; Sutton 2004, 336: “one of the few red-figure vase paintings showing textile work without children<br />

that can be accepted without reservation as a representation of the oikos.”<br />

946 Sutton 2004, 336 f. Abb. 17, 7; nach Bundrick 2008, 307 f. sei das Bild ein Beispiel für eine ideale Partnerschaft der<br />

Eheleute und ihre Rollenverteilung im Oikos: er beschaffe das Rohmaterial, sie verarbeitet es.<br />

947 Bundrick 2008, 308.<br />

S e i t e | 193


Auf einer Hydria in San Simeon V/19 (Taf. 26 Abb. 1) ist der Hinweis auf die häuslichen Aufgaben<br />

und Tugenden der Hausfrau durch einen Kalathos in den Händen einer Dienerin gegeben. Die Herrin<br />

selbst sitzt zugegebenermaßen lässig wippend, das Knie gegen die verschränkten Finger gespreizt, vor<br />

einem jungen Mann mit Bürgerstock. Der heran schwebende Eros, der sich anschickt, die Sitzende mit<br />

einem Band zu schmücken, plädiert für einen ehelichen Kontext, so dass es sich bei dem jungen Mann<br />

auch hier wohl nur um den Ehemann handeln kann. 948<br />

Der Kolonettenkrater in Rom III/30 (Taf. 16 Abb. 1) war hier schon einmal Gegenstand der<br />

Betrachtung, da die einträchtige Paardarstellung aufgrund des Geldbeutels bisher fast einhellig als<br />

Hetärenwerbung charakterisiert wurde. 949 Die Eroten sprechen jedoch dafür, dass es sich keinesfalls<br />

um eine als Romanze getarnte Hetärenwerbung handelt 950 , sondern um eine idealisierte, eheliche<br />

Verbindung. 951 „If we can have bride and groom with fruit, with hare and with sash, why not with<br />

money as sign of status and property?” 952 , fragt S. Lewis zurecht und verweist auf eine Passage aus<br />

den „Thesmophoriazusen“ des Aristophanes, die zeigt, dass das Vermögen bei der Auswahl des<br />

Ehemannes in den Augen der zukünftigen Braut kein unerhebliches Kriterium war. 953<br />

Eine ähnliche Darstellung befindet sich auf einer Hydria V/20 (Taf. 26 Abb. 2), die ehemals in<br />

Stettin 954 ausgestellt war, heute aber leider verloren ist. Auch dort sind eine Frau mit Kalathos und ein<br />

Jüngling mit Geldbeutel und Bürgerstock abgebildet. Der Eros mit Handwebrahmen und Flötenfutteral<br />

scheint zwei sehr gegensätzliche Aspekte des Frauenlebens anzusprechen. Der Handwebrahmen<br />

gesellt sich zu dem Kalathos und thematisiert im Rahmen der Wollarbeit die häusliche Seite der Frau.<br />

Das Flötenfutteral ist schwer einordbar, in der Regel gilt es als typisches Musikinstrument der<br />

Unterhalterinnen auf dem Symposion. Daneben wird der Diaulos jedoch auch von Frauen in den<br />

Oikosszenen gespielt und ist somit ein Symbol für die musische Bildung und den Zeitvertreib der<br />

Bürgersfrau. 955 Die verschiedenen Attribute stehen stellvertretend für unterschiedliche Bereiche der<br />

weiblichen Lebenswelt und addieren sich gemeinsam mit Eros zu einer idealen Vorstellung von einer<br />

häuslichen, gleichzeitig aber auch anziehenden und kultivierten Frau. Eros muss hier nicht nur<br />

attributiv verwendet sein, sondern kann darüber hinaus auch – in Analogie zu den<br />

Hochzeitsdarstellungen und der eben angesprochenen Darstellung des Kraters in Rom III/30 – die<br />

harmonische Beziehung des dargestellten Paares, bei dem es sich auch hier wohl um ein Ehepaar<br />

handelt, betonen. 956<br />

948 Bundrick 2008, 308 f.<br />

949 vgl. Kap. 3. 4. 2. 2.<br />

950 Meyer 1988, 108.<br />

951 A. Greifenhagen, Griechische Eroten (Berlin 1957) 40 f. benennt die beiden Eroten als Eros und Anteros.<br />

952 Lewis 2002, 198.<br />

953 Aristoph. Thesm. 289–290.<br />

954 Ehem. Stettin, Mus. (ohne Inv.).<br />

955 Bundrick 2008, 324: “On the Hephaistos Painters´ hydria, the aulos is probably intended as a positive comment on the<br />

woman´s education, desirability, and capacity for leisure, even as the hand loom reflects her domestic accomplishments.”<br />

– Vgl. z. B. Hydria in London, hier V/22.<br />

956 In den gleichen Kontext gehört auch ein Fragment in Boston (MA), Mus. of Fine Arts 10.205, hier V/21: ein auf seinen<br />

Bürgerstock gestützter Jüngling beugt sich weit vor, sein ausgestreckter Arm kreuzt sich mit dem einer Frau, die ihrem<br />

Gegenüber eine Spindel entgegenhält. Zwischen Daumen und Zeigefinger gleitet der mit roter Farbe gemalte Wollfaden<br />

S e i t e | 194


Den betrachteten Bildern liegt das gängige Schema des Mannes in den Oikosszenen zugrunde,<br />

welches die Frau in ihrer Rolle als Hausherrin und Hausfrau und den Mann als Zuschauer, Begleiter<br />

und Gefährten zeigt. Den üblichen sozialen Verhaltensmustern wird durch Eros eine emotionale<br />

Komponente hinzugefügt, die selbstverständlich auch auf die persönliche Beziehung des Ehepaars<br />

abzielen kann.<br />

5. 2. 4. Der musische Eros und der Oikos<br />

Eine gesonderte Gruppe zeigt uns nun Eros als Musikanten bzw. Zuhörer im Kreise musizierender<br />

Frauen. 957 Nach E. Götte ist er hier Ausdruck eines nach innen gerichteten Empfindens, einer<br />

Ergriffenheit, die durch den Zauber der Musik ausgelöst wird. 958 Durch den Akt des Bekränzens wird<br />

er bisweilen auch zur schiedsrichterlichen Instanz erhoben. Eros selbst besitzt ja eine ausgeprägte<br />

Affinität zur Musik. Eines seiner gängigen Attribute ist die Lyra, daneben spielt er auch die Flöte oder<br />

schlägt das Tamburin. 959 Eine Hydria in London V/22 (Taf. 26 Abb. 3) zeigt eine Gruppe von Frauen,<br />

die im Oikos gemeinsam Musik machen. Zu Flötenbegleitung zupft die sitzende Hausherrin das<br />

Barbiton und wird von Eros in Anerkennung ihrer Schönheit und feinen Bildung bekränzt. Rechts<br />

lauschen zwei Zuhörerinnen der Darbietung. Eine von ihnen hat ihr Lyra-Spiel abgebrochen und hält<br />

ein Kästchen bereit, in dem in diesem Zusammenhang vermutlich Papyrus-Rollen aufbewahrt wurden.<br />

Mit Einführung der musizierenden Frau in die griechische Vasenmalerei nähern sich die bürgerlichen<br />

Frauen in ihrem Wesen und ihrem Tun mehr und mehr den Musen an 960 , werden nun auch außerhalb<br />

ihrer starren, rollengebundenen Verhaltensmuster wahrgenommen. Ihr Dasein erhält eine gewisse<br />

neuartige Leichtigkeit des Seins, fern vom Alltag der fleißigen Arbeiterin, loyalen Oikosverwalterin<br />

und liebevollen Mutter.<br />

Lektionen in Musik und Tanz zogen allerdings dann, wenn sie unter den Augen eines männlichen<br />

Zuschauers stattfanden, den Argwohn der archäologischen Forschung auf sich. Der Unterhaltungswert<br />

von Musik und Tanz wurde bei den Symposien hoch geschätzt. Hier waren es Hetären und<br />

professionelle Musikantinnen, die die männlichen Zuhörer mit ihren Künsten begeisterten. Da die<br />

diesbezüglichen Fähigkeiten der Hetären stets in den höchsten Tönen gelobt wurden, geht man davon<br />

aus, dass solche Bilder Ausschnitte der Hetärenausbildung wiedergeben und es sich bei den Männern<br />

um Freier handelt, die sich von der Tauglichkeit und den Fähigkeiten der Prostituierten überzeugen. 961<br />

nach unten weg. Von der Frau selbst ist abgesehen von ihrem Arm nichts erhalten geblieben. Zwischen beiden ist knapp<br />

oberhalb der Bruchkante noch der Rest eines Flügels erkennbar, der nur einem Eros gehören kann.<br />

957 z. B. F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993)<br />

214–216. 232–234; C. Calame, Choruses of Young Women in Ancient Greece. Their Morphology, Religious Role, and<br />

Social Functions (Oxford 2001); Vazaki 2002; Bundrick 2005; dies., Expressions of Harmony: Representations of<br />

Female Musicians in Fifth-Century Athenian Vase-Painting (Diss. Emory Univ. 1998).<br />

958 Götte 1957, 47.<br />

959 Calame 1992, 28.<br />

960 Götte 1957, 49–51; Bundrick 2005, 22 f. 92–102; dies. 2008, 322 versteht diese Bilder als Ausdruck eines harmonischen<br />

Oikoslebens.<br />

961 Bundrick 2005, 89 f.<br />

S e i t e | 195


Tatsächlich gibt es jedoch Darstellungen, die eher dafür sprechen, dass wir es mit musizierenden<br />

Bürgerinnen zu tun haben. Für eventuell anwesende männliche Zuhörer bieten sich, nachdem das<br />

Argument der Geschlechterseparation entkräftet werden konnte, mehrere einleuchtende Erklärungen.<br />

Eine musikalische Schulung ließ man im klassischen Athen sowohl den Knaben als auch den Mädchen<br />

angedeihen. Musizieren und Gesang besaß wohl nicht zuletzt wegen seiner kultischen Einbindung<br />

einen hohen Stellenwert. Mußestunden mit Musik und Tanz zu verbringen, war sicherlich ein Privileg<br />

der aristokratischen Damen, und findet als allzu profane Beschäftigung in Xenophons<br />

Aufgabenkatalog der fleißigen Hausfrau soweit keine Erwähnung. Es gibt keinen Grund anzunehmen,<br />

dass das Musizieren nicht auch unter den Augen des Hausherrn oder sonstiger männlicher<br />

Mitbewohner stattgefunden haben kann.<br />

Eine Hydria in London V/23 (Taf. 26 Abb. 4) vereint eine Musikszene, wie sie häufig im häuslichen<br />

Ambiente stattfindet, mit der Präsenz eines junges Mannes und eines Eros. Die auf einem Klismos<br />

sitzende, Flöte spielende Frau und die Frau mit dem Kästchen sind dem Repertoire der häuslichen<br />

Welt entnommen. Während Eros einerseits durch die Chelys selbst am Musizieren teilnimmt 962 , wird<br />

er andererseits durch den Kranz, den er in der erhobenen Rechten hält und der nur noch als dünne<br />

Linie erkennbar ist, zum Schiedsrichter erbrachter Leistungen. Die Geste des Jünglings, der auf<br />

vertraute Art seine Hand auf die Schulter der sitzenden Person legt, ist in ähnlicher Form auf der<br />

bereits angesprochenen Hydria aus New York II/17 (Taf. 6 Abb. 5) wiederzufinden. Auch die Akteure<br />

der Londoner Hydria V/23 (Taf. 26 Abb. 4) stehen vermutlich ebenfalls in ehelicher Beziehung<br />

zueinander, wie die intime Geste und der anwesende Eros nahe legen. 963<br />

Auf einem Glockenkrater in Kassel V/24 (Taf. 26 Abb. 5) lauscht ein Eros dem Barbitonspiel einer<br />

sitzenden Frau. An der Wand befinden sich passend dazu eine Schreibtafel und ein länglicher, oval<br />

geformter Beutel, der gemeinhin als Astragalbeutel gedeutet wird und oftmals in Unterrichts- und<br />

Übungsszenen vertreten ist. 964 Man mag überlegen, ob der lange, dünne Stab einen Narthex darstellt<br />

und den jungen Mann so als Lehrer kennzeichnet. Anders als in vielen der vorangestellten Bilder<br />

würde der Eros dann nicht auf die Kennzeichnung einer einträchtigen, zwischengeschlechtlichen<br />

Beziehung abzielen, sonder wäre Indiz dafür, dass die Musikantin oder auch ihr Spiel als schön und<br />

kunstvoll verstanden werden sollen. Vazaki erwägt für die Darstellung in Analogie zu vielen Szenen,<br />

die das Musizieren im Brautgemach thematisieren, sogar einen hochzeitlichen Hintergrund. 965<br />

Im Mittelpunkt einer Hydria in Sorrent V/25 steht neben dem Musizieren der Tanz. Zur<br />

Flötenbegleitung einer am Rande sitzenden Frau tanzt ein offensichtlich noch sehr junges Mädchen<br />

unter den Augen eines Jünglings die Pyrriche 966 . Dieser stützt sich in altbekannter Haltung auf seinen<br />

962 Eros als “Freund der Musik”, s. Götte 1957, 56; Vazaki 2003, 115.<br />

963 Bundrick 2005, 92: „Eros can sometimes appear, as well as an occasional male figure, probably tob e identified as the<br />

husband.“ – Hartmann 2002, 158 hält ausgerechnet den Eros für beweiskräftig, dass es sich bei solchen Szenen „nicht um<br />

einen Hausmusikzirkel in einem bürgerlichen Oikos handelt, sondern um musizierende Animierdamen". Sie bezieht sich<br />

dabei konkret auf den Krater der Polygnot-Gruppe, Würzburg, Martin-von-Wagner Mus. 521: Bundrick 2005, 24 Abb.<br />

12.<br />

964 Ferrari 2002, 15f.<br />

965 Vazaki 2003, 116 rfV 69.<br />

966 Allg. M.-H. Delavaud-Roux, Les Danses Armees en Grece Antique (Aix-en-Provence 1993); P. Ceccarelli, La pirrica<br />

nell´antichità greco romana. Studi sulla danza armata (Pisa 1998).<br />

S e i t e | 196


Bürgerstock und betrachtet interessiert die Vorführung. Das Mädchen ist bis auf den Helm völlig<br />

nackt, langes lockiges Haar fällt ihr über die Brust. Sie hat, soweit sich dies sagen lässt, die Stufe der<br />

Menarche noch nicht erreicht, denn ihre Körperformen sind noch in keiner Weise weiblich ausgeprägt.<br />

Ein von oben herabgleitender Eros fliegt auf sie zu, um sie zu bekrönen oder zu bekränzen.<br />

Öffentliche Tanzvorführungen und auch der Chorreigen gaben den jungen unverheirateten Mädchen<br />

die Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und durch ihre Anmut und Schönheit<br />

potentielle Brautwerber zu begeistern. Angesichts des geringen Alters der Pyrrichetänzerin auf unserer<br />

Vase in Sorrent zielt die Darstellung aber wohl eher darauf ab, ihr Talent zu würdigen, und weniger,<br />

ihren sexuellen Reizen Lob zu zollen. Aus dem gleichen Grund halte ich eine Identifikation als junges<br />

Hetärenmädchen für unwahrscheinlich. Obgleich es bildliche Belege dafür gibt, dass die Pyrriche auch<br />

bei Symposien aufgeführt wurde 967 , handelt es sich in erster Linie um einen kultischen Ritus. 968 Ferner<br />

wissen wir zwar, etwa durch Nikarete, dass junge Mädchen bereits im zarten Alter aufgekauft wurden,<br />

um sie zu Hetären auszubilden 969 , welche Fertigkeiten ihnen jedoch in jungen Jahren beigebracht<br />

wurden, ist nicht bekannt. Theoretisch ist es nicht undenkbar, dass Eros, wenn er musikalische<br />

Fertigkeiten würdigt, über Statusunterschiede hinwegsieht und Hetären auf die gleiche Art und Weise<br />

auszeichnet wie Bürgerinnen oder Töchter aus guter Familie. Es wird sich bei folgender Betrachtung<br />

aber zeigen, dass die griechische Ikonographie Eros aus dem Bereich der Gelage- und Werbeszenen<br />

fast völlig ausklammert und ihn demzufolge gewöhnlich auch nicht mit Hetären und ihren käuflichen<br />

Reizen assoziiert. Das Bekränzen einer Prostituierten durch Eros hat keine Parallele. Auch die<br />

Nacktheit der Tänzerin ist ja nicht unbedingt eine realistische Wiedergabe. Demzufolge scheint die<br />

kühne Schlussfolgerung A. Vazakis auch in diesem Fall durchaus erwägenswert: „Oft sind mit den<br />

männlichen Zuschauern offenbar die Trainer der Tänzerinnen gemeint, wobei ihr genauer Status nicht<br />

immer leicht zu ermitteln ist. Entweder haben wir es mit Bediensteten athenischer Familien zu tun,<br />

welche mit der Ausbildung der jungen Töchter beauftragt sind, oder aber es handelt sich um freie<br />

Bürger, die den Beruf des Lehrers ausüben. Ebenfalls nicht abwegig erscheint die Meinung, in<br />

manchen männlichen Figuren Angehörige der Familie zu erkennen, die nach Auskunft der Bilder vom<br />

Frauengemach nicht ausgeschlossen sind.“ 970<br />

967 z. B. Glockenkrater des Lykaon-Malers um 440 v. Chr., Neapel, Mus. Naz. SA 281: A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

griechischen Symposion. Darbietungen, Spiele und Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz 1997)<br />

Taf. 39, 2.<br />

968 z. B. Pyxis um 410 v. Chr., Neapel, Nat. Mus. 3010: Delavaud-Roux a. O. (Anm. 966) 112 f. Nr. 28; Vazaki 2003, 153:<br />

„Im Gegensatz dazu stellt die Mehrheit der Vasenbilder mit Waffentänzerinnen keine eindeutigen Bezüge zum<br />

Symposion her, sondern meint die innerhäusliche Betätigung von jungen attischen Frauen bürgerlicher Häuser.“ Anders<br />

Bundrick 2005, 89.<br />

969 Demosth. or. 59, 18.<br />

970 Vazaki 2003, 155.<br />

S e i t e | 197


S e i t e | 198<br />

5. 3. Die chronologische Entwicklung des Eros-Motivs<br />

Bei aktuell 1588 Einträgen zum Stichwort Eros im Beazley-Archiv ist es mehr als schwierig, eine<br />

thematische Einteilung und chronologische Entwicklung dieses Motivs vorzunehmen. Ein Versuch sei<br />

trotzdem gewagt. Eros wird Ende des 6. und Anfang des 5. Jhs. durch Einzeldarstellungen in die<br />

Vasenmalerei eingeführt. Neben Darstellungen, die ihn fliegend und ohne Beiwerk zeigen, wird er<br />

zunächst mit Zweigen, Blüten, mit Bändern oder Taenien versehen. Hähne und Hasen werden<br />

gewöhnlich als Liebesgeschenke klassifiziert, nehmen aber vielleicht eher auf das konkrete<br />

Amüsement der aristokratischen Jugend Bezug. Früh nachzuweisen ist auch seine Vergesellschaftung<br />

mit Nike, die wahrscheinlich auf ihrer Wesensverwandtschaft beruht. Das mehrfach belegte Motiv des<br />

Delphinreiters hat seinen Ursprung weder in der Etymologie noch im Mythos, erklärt sich aber<br />

möglicherweise durch die Geburt Aphrodites aus dem Meer. Im mythologischen Kontext ist Eros in<br />

Darstellungen des Parisurteils früh verbürgt, wo der jedoch hauptsächlich Anhängsel Aphrodites ist.<br />

Die für Aphrodite typischen, esoterisch-idyllischen Bilder, in denen Eros als Gefährte seiner Mutter<br />

auftritt, setzen erst nach der Mitte des 5. Jhs. ein.<br />

In der ersten Hälfte des 5. Jhs. wird sein Repertoire an Einzeldarstellungen erweitert: an Attributen<br />

kommen Leier, Phiale, Altar und Vogel neu hinzu, in einzelnen Fällen auch das Fleischstück. Rehe<br />

bzw. Hirsche, die sonst eher mit Artemis assoziiert werden, unterstreichen wohl seine<br />

Naturverbundenheit. Erstmals gesellt sich Eros nun zu mythischen Liebespaaren, wo er als Vermittler<br />

fungiert. Dies sind im Einzelnen Theseus und Ariadne, Menelaos und Helena 971 , Poseidon und<br />

Amymone 972 und als Vertreter gleichgeschlechtlicher Liebe Zeus und Ganymed. Zwei mythologische<br />

Hochzeitsprozessionen sind ebenfalls mit Eros geschmückt: Dionysos und Ariadne 973 , Paris und<br />

Helena. Die Entführung der Helena und die Hochzeit mit Paris sind auf dem Skyphos des Makron in<br />

Boston 974 zu einem Bild verschmolzen. Zahlreiche Personen begleiten den Prozessionszug, den der<br />

Bräutigam, seine Braut am Handgelenk fassend, anführt. Über ihnen schwebt Eros. Obwohl also die<br />

Vorstellung von Eros bei der Hochzeit bereits um 490 v. Chr. begegnet, dauert es unerklärlicherweise<br />

rund 40 Jahre, bis er dann auch für die nicht-mythischen Hochzeitsszenen übernommen wird.<br />

Beliebtes Motiv ist zur selben Zeit ferner die Verfolgung jugendlicher männlicher Personen durch<br />

Eros. Die Verfolgung von Frauen ist zwar insgesamt auf einer höheren Anzahl an Vasen belegt, diese<br />

setzen aber erst in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. ein. In der ersten Hälfte des 5. Jhs . werden Bilder<br />

geschaffen, die ihn gemeinsam mit Gleichaltrigen porträtieren. 975 Sie sind z. T. im Bereich der Palästra<br />

angesiedelt, die Akteure mit Alabastra und Strigiles ausgerüstet. Attribute wie Kästchen, Kränze,<br />

Musikinstrumente und Phialen geben den Szenen einen vagen häuslichen oder kultisch-festlichen<br />

Rahmen. Während die Verfolgungsszenen ihre Blütezeit in der ersten Hälfte des 5. Jhs. erleben,<br />

erstrecken sich die Knaben- und Jünglingsdarstellungen mit Eros bis in die zweite Hälfte des 5. Jhs.,<br />

971 Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense RC 5291, hier V/4.<br />

972 Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia 20846, hier V/5.<br />

973 Glockenkrater des Mykonos-Malers, Reading (PA), Public Mus. 32.77.1: Reeder 1995, 63 Abb. 2.<br />

974 Boston, Mus. of Fine Arts 13.186: Oakley – Sinos 1993, 98 Abb. 86.<br />

975 H. A. Shapiro, Eros in Love: Pederasty and Pornography in Greece, in A. Richlin (Hrsg.) Pornography and<br />

Representation in Greece and Rome (Oxford 1992) 53–72; Sutton 1997, 32.


mit einigen Ausnahmen sogar bis ins 4. Jh. v. Chr. 976 Eine explizite sexuelle Intention oder gar Aktion<br />

ist den Knabenszenen in der Regel nicht eigen. Viel eher ist wahrscheinlich, dass durch die<br />

Gemeinschaft eine gewisse Wesensverwandtschaft zwischen Eros und den Jugendlichen zum<br />

Ausdruck gebracht wird. Die in voller Blüte und Schönheit stehenden Knaben erleben den Beginn<br />

ihrer erwachenden Sexualität, die in Gestalt des Eros sichtbar gemacht wird.<br />

An dieser Stelle ist es ergiebig festzustellen, in welchen Themenbereichen Eros ausgerechnet nicht<br />

anzutreffen ist. Der Definition des Eros als Verkörperung des Liebesverlangens zufolge stünde zu<br />

erwarten, ihn in den zahllosen, besonders zu Beginn des 5. Jhs. v. Chr. so populären sog. Werbeszenen<br />

anzutreffen, wo die Erotik eine vordergründige Rolle spielt. 977 Selbst in der Kunst der Verfolgung<br />

versiert, wäre Eros ohne Frage der ideale Schirmherr erotischer Werbung und sexuellen Begehrens.<br />

Platons Symposionsdialog, dessen Inhalt sich mit dem Wesen des Eros auseinandersetzt, beschäftigt<br />

sich im Wesentlichen mit dem „Eros dell´ amore maschile“ 978 . In den päderastischen Beziehungen<br />

war Eros als sexueller Trieb und aktive Empfindung strikt dem Erastes vorbehalten, wohingegen der<br />

Eromenos die Annäherungsversuche seines Mentors passiv über sich ergehen lassen musste. 979 Die<br />

Bildkunst spiegelt zwar dieses Normverhalten wider, in den Werbeszenen findet sich jedoch fast nie<br />

ein Hinweis auf Eros selbst. 980<br />

Die einzigen beiden Werbeszenen mit Eros, die mir bekannt sind, sind am Ausgang des<br />

schwarzfigurigen Stils entstanden. Auf einem fragmentarisch erhaltenen Alabastron in Brauron V/26<br />

(Taf. 27 Abb. 1) lassen sich noch die Figuren eines jungen Mannes und eines in seinen Mantel<br />

vermummten Jünglings erkennen. Letzterer scheint mit einem an ihm hochspringenden Hund zu<br />

spielen. Ein heranfliegender Eros bekränzt den Jüngling. Hase und Hahn sind typische Tiergeschenke<br />

in homoerotischen Werbeszenen. 981 Die mangelnde Altersdifferenzierung, wie sie im<br />

schwarzfigurigen Stil zumeist noch wiedergegeben wird, macht eine Deutung des Paares als Erastes<br />

und Eromenos jedoch nicht gänzlich sicher. Hahnenkampf und Hasenjagd gehörten zu beliebten<br />

Freizeitbeschäftigungen aristokratischer Kreise. Vielleicht wird lediglich eine Gemeinschaft<br />

976 Nach dem bisherigen Forschungsstand waren solche Bilder nur bis zur Mitte des 5. Jhs. v. Chr. gängig.<br />

977 J. Boardman – E. La Rocca (Hrsg.), Eros in Grecia (Mailand 1975): Beim Durchblättern des Bildbandes „Eros in Grecia“<br />

wird offensichtlich, dass die Herausgeber unter Eros im übertragenen Sinn vor allem den Geschlechtsakt verstanden.<br />

978 EAA III (1960) 426. 428 f. s. v. Eros (E. Speier); RE VI (1909) 484–542 s. v. Eros (Waser). – Aus archäologischen<br />

Befunden wissen wir, dass Eros in Sparta oder auf Kreta als Verkörperung der Männerliebe Verehrung genoss. Für<br />

Samos, Elis und Athen sind Altäre in Gymnasien bezeugt, wo neben Eros auch Herakles und Hermes geopfert wurde,<br />

und die wohl z. T. ebenfalls unter dem gleichen Aspekt der Männerliebe zu betrachten sind.<br />

979 K. Dover, Homosexualität in der griechischen Antike (München 1983) 54 differenziert zwischen dem Eros des Erasten<br />

und der Philia des Eromenos. Während der Eromenos seinem Lehrer Respekt erweist und körperlichen Genuss gewährt,<br />

führt ihn der Erast nach allen Regeln der Kunst in die Welt des Erwachsenendaseins ein, wird zu seinem Mentor und<br />

Liebhaber. Philia, die auf Seiten des Eromenos an die Stelle des „Eros“ tritt, mag nun zwar das Gewähren sexueller<br />

Gunst mit einschließen, der Akzent liegt aber auf einem freundschaftlichen Verhältnis, das auf Dankbarkeit und<br />

Hochachtung basiert. – Zur Debatte um den dikaios eros, s. ebenda 47 ff; Reinsberg 1993, 164 f.; s. auch Plat. symp.<br />

182c.<br />

980 F. Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993) 245; S.<br />

Houby-Nielsen, Grave Gifts, Women, and Conventional Values of the Hellenistic Greeks, in: P. Bilde et al. (Hrsg.),<br />

Conventional Values oft he Hellenistic Greeks (Aahus 1997) 227; Kreilinger 2007, 175.<br />

981 Zu Eros und Hähnen, s. C. T. Seltman, Eros: in early attic Legend and Art, BSA 26, 1923/25, 93–101.<br />

S e i t e | 199


Gleichaltriger und Gleichgesinnter mit ihren jeweiligen Charakteristika und Vorzügen wie der adligen<br />

Lebensweise und einem gesitteten Auftreten durch Eros ausgezeichnet, ohne auf eine direkte sexuelle<br />

Beziehung beider verweisen zu wollen. Eine schwarzfigurige Lekythos in Paris V/27 (Taf. 27 Abb. 2–<br />

4) ist mit zwei heterosexuellen Paaren bemalt. Während sich auf der linken Seite der Szene ein Paar so<br />

nahe gegenübersteht, dass sie einander berühren, hält auf der anderen Seite ein Jüngling die Hand<br />

einer vor ihm sitzenden Frau, die an einer Blüte riecht. Zu ihnen gehört der von links mit zwei üppigen<br />

Kränzen heranfliegende Eros.<br />

Als Erklärung, weshalb Eros in den rotfigurigen Werbeszenen nicht vorkommt, wird bisweilen<br />

angeführt, dass bis in die ersten Jahrzehnte des 5. Jhs. v. Chr. hinein weder sein Aussehen und seine<br />

Persönlichkeit klar umrissen waren, noch ein ausreichend hohes Abstraktionsvermögen in der Malerei<br />

erreicht war, um Eros gezielt und verständlich einzusetzen. Es ist nun äußerst aufschlussreich, dass die<br />

beiden vorgestellten Beispiele mit zu den frühesten Darstellungen des Eros in der Vasenmalerei<br />

gehören, offensichtlich aber ohne Einfluss auf die rotfigurigen Werbeszenen geblieben sind. Wenn die<br />

Werbeszenen Eros, den Platon als wesentlichen Bestandteil einer päderastischen Beziehung versteht,<br />

außen vor lassen, mag dies daran liegen, dass das platonische Bild der Knabenliebe nicht auf die<br />

Verhältnisse des 6. und frühen 5. Jhs. v. Chr. übertragen werden kann. Oder aber wir müssen erneut<br />

akzeptieren, dass die Aussagen von Schrift- und Bildquellen bisweilen voneinander abweichen.<br />

Die kultischen Wurzeln des Eros liegen, soweit dies heute noch archäologisch nachweisbar ist, in<br />

Athen in der Tat im Bereich sportlich-athletischer Tätigkeit. Die Platzierung von Altären in den<br />

Palästren und vor der Akademie zeigt, dass der Eros-Kult zunächst auf ein maskulines Publikum<br />

ausgerichtet war. Die Vasenmalerei trägt diesem Umstand Rechnung, darüber hinaus bleibt Eros aber<br />

nicht auf die männliche Sphäre beschränkt. Auch wenn ein Großteil der Oikosszenen mit Eros der<br />

zweiten Hälfte des 5. Jhs. und dem 4. Jh. zuzurechnen ist, gibt es doch auch frühere Beispiele. Für die<br />

Untersuchung der ehelichen Paarbeziehung ist dabei besonders von Belang, dass hier auch der<br />

Jüngling im Oikos gut vertreten ist. Die Darstellung auf dem Krater in der Villa Giulia III/30 datiert<br />

ca. 470 v. Chr. und ist somit etwa zeitgleich entstanden mit den Werbeszenen. Das Argument, die<br />

Figur des Eros wäre in der Phase, als die Werbeszenen ihre Blüte hatten, noch nicht vollständig<br />

ausgeprägt gewesen, erweist sich als haltlos. Umso mehr als sich herausgestellt hat, dass zumindest<br />

von einigen dieser Schalenmaler wie Makron, dem Penthesileia- und dem Brygos-Maler auch<br />

Erotendarstellungen erhalten sind. Parallel zu den Oikosszenen entwickeln sich die Musikszenen.<br />

Ihren Aufschwung haben sie ebenfalls in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. Sie bilden in gewisser Weise<br />

einen Gegenpol zu den Arbeitsszenen und akzentuieren Muse und Vergnügen. 982 Einen Widerspruch<br />

bilden sie nicht, denn es fällt den Vasenmalern leicht, beides im Bild zu vereinen und sei es auch nur,<br />

dass neben den musizierenden Frauen ein Wollkorb steht.<br />

Gegen Ende des 5. Jh. nähert sich Eros wieder mehr der mythischen Welt an. Im 4. Jh. ist er dann<br />

Mitglied einer dionysisch verfremdeten Jenseitswelt, wo er ausgelassen an der Seite von Satyrn und<br />

Mänaden das Tanzbein schwingt oder mit dem Tympanon den Takt angibt. Diese exotische Götterwelt<br />

nimmt auch Einfluss auf die Gestaltung der Oikosszenen. Zusehends verschwimmt die Grenze<br />

zwischen Mythos und Alltag, dionysische Elemente werden adaptiert. So taucht etwa zwischen den<br />

982 s. auch Bundrick 2005, 98.<br />

S e i t e | 200


Frauen mit ihren Körben und Bändern plötzlich ein Satyr auf. Im dionysischen Kontext nimmt Eros<br />

häufig an Symposien teil. Nachweislich nicht-mythische Symposien finden in der Regel ohne Eros<br />

statt. 983 Die wenigen Ausnahmen gehören mit Ausnahme einer Chous in Paris 984 , die eventuell noch in<br />

die letzten Jahrzehnte des 5. Jh. datiert, allesamt in das 4. Jh. v. Chr. Auf einem Krater in Paris V/28<br />

(Taf. 27 Abb. 5) schlägt Eros inmitten lagernder Männer das Tympanon. Ähnlich wie im Bezug auf<br />

die dionysischen Szenen, deren fester Bestandteil Eros im 4. Jh. v. Chr. ist, erklärt sich seine<br />

Anwesenheit beim Symposion vermutlich durch seine Assoziation mit Lebensfreude und Genuss.<br />

Doch anders als im Falle der dionysischen Ikonographie bleiben seine Auftritte beim Gelage die<br />

Ausnahme.<br />

Auf einem Glockenkrater in Neapel V/29 (Taf. 27 Abb. 6) hat sich eine Vielzahl von Eroten unter die<br />

Festteilnehmer gemischt. Drei Hetären lagern inmitten der Komasten, steuern musikalische<br />

Unterhaltung bei oder geben sich ihren Freiern hin. Die Eroten machen sich am Symposiumsinventar<br />

zu schaffen, schmücken und bekränzen die Festgesellschaft. Besonders durch ihre Vervielfältigung<br />

steigern sie den allgemeinen Eindruck ausschweifenden Genusses und verleihen der Szenerie eine<br />

klare erotische Note, indem sie die erotischen Triebkräfte des Gelages sichtbar machen. Auf einem<br />

Glockenkraters in Paris V/30 (Taf. 27 Abb. 7) ist Eros kompositorisch auf das Liebespaar im Zentrum<br />

der Szene bezogen und scheint so mehr die sexuell-emotionale Beziehung zwischen Komast und<br />

Hetäre in den Vordergrund zu rücken. Inmitten anderer Zecher hat ein Mann eine Frau mit entblößtem<br />

Oberkörper auf seinen Schoß gezogen. Sie umfassen einander mit der Hand die Hinterköpfe und<br />

tauschen einen intensiven Blick aus. Solche Gesten der Vertrautheit und Zärtlichkeit sind beim<br />

Symposion keineswegs unüblich. Gar nicht passt respektive meiner Prämisse jedoch der fliegende<br />

Eros ins Bild, der in seinen ausgebreiteten Armen ursprünglich wohl einen Kranz hielt. Wir halten also<br />

fest, dass es sich hierbei um das einzig fassbare Beispiel handeln würde, bei dem eine Hetäre einen<br />

Eros als Attribut bekommt. Andererseits sind die Weinranken und die dadurch bedingte dionysische<br />

Atmosphäre, die Bekränzung aller Gelageteilnehmer – die „Hetäre“ miteingeschlossen – und der Eros<br />

vielleicht Anzeichen dafür, dass die Szene kein alltägliches Symposion, sondern ein kultisches<br />

Weinfest wiedergibt. Zu denken wäre eventuell an ein mythisch verbrämtes Symposion mit der<br />

Darstellung der Ariadne oder an die rituelle Vereinigung der Basilinna mit Dionysos. 985 Auch auf<br />

einem fragmentierten Glockenkrater in St. Petersburg 986 kann ein kultischer oder mythischer Kontext<br />

nicht ausgeschlossen werden.<br />

Warum galt den Vasenmalern das Gelage trotz der Reize der vielen Unterhaltungs-künstlerinnen und<br />

Hetären primär nicht als Aufenthalts- und Wirkort des Eros? Obwohl auch die Werbeszenen scheinbar<br />

alle Voraussetzungen für eine sinnliche und erotische Beziehung erfüllen, werden sie im Gegensatz zu<br />

den Hochzeitsszenen oder Oikosszenen nicht mit Eros ausgeschmückt. Was unterscheidet die Lust<br />

983 s. auch Lissarague, Frauenbilder, in P. Schmitt-Pantel (Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M. 1993)<br />

243 f.<br />

984 Chous, Paris, Kunsthandel: G. van Hoorn, Choes and Anthesteria (Leiden 1951) Nr. 880 Abb. 369: lagernde Jünglinge<br />

und ein Knöchel spielender Eros.<br />

985 E. Simon, Festivals of Attica. An Archeological Commentary (Madison 1983) 96-98: Bilder zu diesem Thema zeigen<br />

eher die Prozession zum Boukoleion; H. W. Parke, Athenische Feste (Mainz 1987) 168–173.<br />

986 St. Petersburg, Hermitage (o. Inv.): K. Schefold, Untersuchungen zu den Kertscher Vasen (Berlin 1934) 14. 83: lagernde<br />

Jüngling und Männer, Trauben bilden den Hintergrund.<br />

S e i t e | 201


erzeugende Hetäre oder den Eros erzeugenden Knaben bezüglich seiner Schönheit und<br />

Anziehungskraft etwa von der Braut? Dass Eros vor allem erst im Laufe des 5. Jhs. v. Chr. Stammgast<br />

in der griechischen Vasenmalerei wird, erklärt diese Beobachtung nur zum Teil. Eros muss eine<br />

bestimmte, qualitativ andere Art von Liebesbeziehung symbolisieren, die nichts mit den ungezügelten<br />

Trinkfesten, dem käuflichen Sex mit Hetären, aber auch nichts mit den päderastischen Verhältnissen<br />

der Athener Oberschicht zu tun hat.<br />

S e i t e | 202<br />

5. 4. Zusammenfassung<br />

Als Sohn der Aphrodite ist Eros die Verkörperung der Liebeslust, der Frauen unwiderstehliche Charis<br />

verleiht und amouröse Gefühle weckt. Neben diversen Körperpflegeartikeln, fließenden Gewänder aus<br />

dünnen Stoffen oder Möbeln wie der Kline stellt Eros eine weitere Möglichkeit dar, die Schönheit und<br />

Anziehungskraft der bürgerlichen Damen zu akzentuieren. Durch beinahe mythische Überhöhung<br />

wird die Frau mit unwiderstehlichem Charme und aphrodisischer Schönheit ausgestattet. Durch seine<br />

Anwesenheit in den Oikosszenen erhält das Frauenbild eine zusätzliche Facette, z. T. sogar eine völlig<br />

neue Gewichtung. Attribute, die auf die anfallenden Arbeiten im Oikos hinweisen, allen voran der<br />

Kalathos, werden im Verlauf des 5. Jhs. v. Chr. vielerorts zur Randerscheinung, vordergründiges<br />

Interesse gilt nun dem Ankleiden und Schmücken. Diese Tendenz spiegelt sich besonders in einer<br />

Gruppe von Vasenbildern des 5. Jhs. v. Chr. wider, die sich mit der musischen-literarischen Bildung<br />

der Frauen beschäftigen. Die Frauen erscheinen von allen häuslichen Pflichten entbunden als<br />

Anhängerinnen der musischen Künste, spielen die Lyra, das Barbiton oder die Doppelflöte. Jünglinge,<br />

die sich hier bisweilen einfinden und den Vorträgen und Vorstellungen lauschen bzw. zusehen,<br />

machen ihre Zugehörigkeit zur Musikantin deutlich, etwa wenn sie unmittelbar hinter deren Klismos<br />

stehen oder ihre Hand vertraulich auf deren Schulter legen.<br />

Diese Bilder setzen bereits in der 1. Hälfte des 5. Jhs. ein, zeitgleich oder sogar ein wenig früher als<br />

die Familienszenen. Bisher war es üblich, viele dieser Bilder als Ausschnitte der Hetärenschulung zu<br />

lesen, wobei Hetären ihre Fähigkeiten vor möglicher Kundschaft erproben. Diese Deutung kam vor<br />

allem zustande, weil man nach wie vor den Bildungsstand athenischer Frauen eher gering einschätzte.<br />

Hier ist festzuhalten, dass das Medium der Vasen ein Frauenideal schafft, das der Tüchtigkeit, der<br />

Schönheit und Eleganz der durchschnittlichen Frau auch musisches Talent hinzufügt. Natürlich lassen<br />

sich nicht bei allen Bildern die Zweifel ausräumen, die Interpretation und Verortung des Geschehens<br />

ist zwangsläufig vom Umfeld und den ausgeübten Tätigkeiten abhängig, die mal mehr mal weniger<br />

typisch für Bürgerinnen oder Prostituierte sind. Dennoch erinnern manche dieser Bilder an<br />

Oikosszenen, mit dem Unterschied, dass die Frauen hier in Anwesenheit des Mannes nicht spinnen,<br />

sondern musizieren oder tanzen. Ebenso wie die erotische Ausstrahlung sind Musik und Tanz Facetten<br />

eines durchaus variierbaren Rollenbildes der Frau, die neben dem Bild der keuschen, arbeitenden und<br />

den gesellschaftlichen Normen verpflichteten Hausfrau existieren.<br />

Auf dem Krater III/30 (Taf. 16 Abb. 1) umrahmen und schmücken Eroten ein sich anblickendes Paar.<br />

Um 470 v. Chr. entstanden gehört er zu den frühsten Darstellungen dieser Art. Die Darstellung wurde<br />

aufgrund des Geldbeutels in der Hand des Jünglings bisher als Begegnung eines Freiers und einer<br />

Hetäre gedeutet. Der Geldbeutel wurde in einem der vorangegangen Kapitel eingehend untersucht.


Den erzielten Ergebnissen zufolge deutet er nicht zwangsläufig auf eine Hetäre-Kunde Beziehung hin,<br />

sondern ist hier als geschlechtsspezifisches Pendant zum Wollkorb und zur Blüte der Frau eingesetzt.<br />

Die Eroten stützen diese Vermutung. Für die Vasenmalerei der ersten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. ist Eros<br />

zwar im Oikosbereich – und hier, wie wir gesehen haben, auch in Verbindung mit dem Mann oder<br />

Jüngling – vertreten, nicht aber in Werbe- und Gelagekontexten. In den Werbeszenen fehlt er<br />

abgesehen von vereinzelten sehr frühen (Taf. 27 Abb. 1–4), in den Symposionsszenen abgesehen von<br />

sehr späten Beispielen (Taf. 27 Abb. 5–7) und somit in genau jenen Bildern, die ihn einwandfrei mit<br />

dem Hetärentum in Verbindung brächten. Ein eine Hetäre bekränzender Eros wäre folglich mehr als<br />

ungewöhnlich.<br />

Auf dem Krater in der Villa Giulia III/30 schließt ein zweiter Eros, der den jungen Mann bekränzt,<br />

das Paar kompositorisch eng zusammen und macht unmissverständlich deutlich, dass hier zwei<br />

Menschen in Liebe vereint sind. Parallelen zu den Hochzeitsszenen mit Eros, in denen er das<br />

Brautpaar begleitet, schmückt oder bekränzt, liegen auf der Hand. Dennoch muss auf die auffällige<br />

chronologische Divergenz zwischen dem Auftreten des Eros in der Oikosbildern einerseits und der<br />

Hochzeitsikonographie andererseits hingewiesen werden. Denn Eros wird erst in der zweiten Hälfte<br />

des 5. Jh. mit der „bürgerlichen“ Hochzeit in Berührung gebracht, obwohl er für mythische<br />

Hochzeitsprozessionen bereits in zwei Exemplaren aus dem frühen 5. Jh. v. Chr. belegt ist. Es ist sehr<br />

wahrscheinlich, dass Eros eine Art Liebesverhältnis symbolisiert, das als nicht notwendige, aber<br />

zweifellose ideale Voraussetzung für die Ehe betrachtet wurde. Der Begriff „Liebe“ will an dieser<br />

Stelle keine modernen Gefühlsbindungen implizieren, sondern meint übertragen auf reale<br />

Lebensverhältnisse schlichtweg, dass sowohl Braut als auch Bräutigam, Ehemann und Ehefrau in eine<br />

Lebensgemeinschaft einwilligen und bereits sind, die notwendigen Pflichten zu erfüllen, um den<br />

Erhalt des Oikos zu sichern.<br />

S e i t e | 203


S e i t e | 204<br />

6. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Die attisch-rotfigurigen Vasenbilder reflektieren das normative Sozialverhalten der athenischen<br />

Bürgerin. Zurückgezogenheit, Wohlverhalten, Fleiß, Kinderliebe und die Fähigkeit, Arbeit zu<br />

delegieren, werden vor allem in den Oikosszenen als bevorzugte und wünschenswerte häusliche<br />

Tugenden gepriesen. Der Aspekt der Geschlechterinteraktion – sei es in sexueller, sei es aber auch in<br />

nicht-sexueller Hinsicht – wird dabei überwiegend unter dem Blickwinkel von Prostitution und Gelage<br />

betrachtet und kaum in Zusammenhang mit der Person der Bürgerin bzw. verheirateten Frau gebracht.<br />

Die Vorstellung einer von Männern isolierten Frauenwelt, in der die 'anständigen' Frauen fern<br />

männlicher Präsenz in ihrer eigenen kleinen Welt leben, wird in der attischen Vasenmalerei jedoch<br />

durch zahlreiche Zeugnisse geschlechtlicher Interaktion widerlegt. Die vorliegenden Ergebnisse<br />

führten zu dem Schluss, dass ganze Bildgruppen, die bisher als erotisch eingestuft wurden, wohl<br />

ebenso vor häuslichem Hintergrund vorstellbar sind und nunmehr das Bildmaterial ergänzen, das<br />

Informationen zur Rekonstruktion von Lebensbildern jener Frauen liefert, die zum Kreis der<br />

verheirateten Frauen mit oder ohne offiziellen Bürgerstatus zu zählen sind.<br />

Mit der Eheschließung gewinnen in Athen die jungen Frauen an sozialer Relevanz. Sie treten<br />

gewissermaßen aus dem behüteten Schutz ihres Elternhauses heraus und übernehmen erstmals eine<br />

ernst zu nehmende Rolle in der athenischen Gesellschaft. Als Hausverwalterinnen,<br />

Lebensgefährtinnen und Mütter künftiger Generationen agieren sie zwar nach wie vor im streng<br />

privaten Rahmen, als Angehörige des Oikos haben sie dennoch in gewisser Weise Anteil an dem<br />

Organisations- und Wirtschaftsgefüge des athenischen Staates. Infolge der mehr und mehr betonten<br />

Stellung der Haus- und Ehefrauen wird im 5. Jh. v. Chr. der weibliche Blickwinkel bzw. was Mann als<br />

Idealbild einer Frau vor Augen hatte, auch in der Bildkunst zunehmend berücksichtigt. Männliche und<br />

weibliche Sichtweisen können hierbei durchaus kongruent sein.<br />

Wiederholt wurde betont, dass Vasenbilder, darunter auch die Bilder, die den Lebens- und<br />

Arbeitsalltag der Frauen widerspiegeln, niemals unmittelbare Abbilder der Realität sind. Sie fungieren<br />

vielmehr als Bestätigung, als Leitfaden, stärken das Bewusstsein für die Rolle und die damit<br />

einhergehende Verpflichtung, indem sie Bildformeln in stereotyper und einprägsamer Weise<br />

wiederholen. Damit definieren sie eine eindeutige Erwartungshaltung, die jedoch auf positive Art und<br />

Weise und nicht etwa durch Verbote vermittelt wird. Jenseits der Aufbereitung von Lerninhalten<br />

praktischer Art, fällt ins Auge, dass man sich eines höchst schmeichelhaften Frauenbildes bedient:<br />

ewig jung, hochgewachsen, schön, gut gekleidet, immer von Frauen umgeben, die Arbeit nie mühsam.<br />

Dass die Vasenbilder eine genormte und ideelle Sicht wiedergeben, kann kein Beispiel klarer zeigen<br />

als die Hochzeitsbilder. Die soziale und rechtliche Stellung der Frau in der Antike wird in der<br />

Forschung z. T. noch immer sehr negativ beurteilt. Im schlimmsten Fall, so meint man, würden die<br />

jungen Mädchen ohne jedes Mitspracherecht an den Meistbietenden verschachert, tauschten ein<br />

Abhängigkeitsverhältnis gegen ein anderes aus. Es fallen Begriffe wie "Schattendasein" und<br />

"Unterdrückung". Bestenfalls entpuppe sich die Ehe als ein Zweckbündnis, ein unpersönliches<br />

Verhältnis, in dem sich die Eheleute miteinander zu arrangieren lernen. Die Ikonographie der<br />

Hochzeitsbilder dagegen spricht eine andere Sprache und scheint diesbezüglich keinen einzigen


Berührungspunkt mit jener harten Wirklichkeit zu haben. Um dies exemplarisch vorzuführen, genügte<br />

ein sehr kursorischer Überblick über die Genreszenen der Ekdosis und der Brautschmückung, die die<br />

Inhalte der hochzeitlichen Ikonographie rotfiguriger Vasenbilder auf den Punkt bringen. Es sind<br />

insgesamt Bilder heiterer Unbeschwertheit, die besonders in der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr.<br />

durch die Figur des Eros den Akzent auf das liebevolle Verhältnis der Brautleute setzen. Das attische<br />

Bildprogramms weist hier also eine deutliche Tendenz zur 'Romantisierung' auf. Daraus ergeben sich<br />

zwei Konsequenzen. Entweder machen wir uns ein falsches Bild von der Wertschätzung der Frau in<br />

der antiken griechischen Gesellschaft oder aber die Vasenbilder vermitteln erstrebenswerte<br />

Phantasievorstellungen, die z. T. von der Realität erheblich abweichen. Möglicherweise liegt die<br />

Wahrheit irgendwo dazwischen.<br />

Um Vasenbilder akkurat interpretieren zu können, sind vordergründig zwei Dinge vonnöten: das<br />

Verständnis der Semantik und kulturelles Hintergrundwissen. Dass man bei Bildinterpretationen z. T.<br />

zu solch weit auseinanderklaffenden Lesungen gelangt, liegt meines Erachtens nach wie vor – und hier<br />

besonders stark in der Frauenforschung – daran, dass das antike Frauenbild so unterschiedliche<br />

Auswertungen erfahren hat und noch erfährt. Aus diesem Grund wurde in dieser Studie zum<br />

wiederholten Mal auf das facettenreiche historische Frauenbild eingegangen. Dabei stellt sich diese<br />

Arbeit in die Tradition jener Publikationen, die bereits erfolgreich zur Demontage jenes Frauenbildes<br />

beigetragen haben, welches den Fokus ausschließlich auf deren soziale Abhängigkeit und<br />

Rechtlosigkeit legte. Ziel war es durchaus nicht, die Lebensbedingungen der Frauen in ihrer<br />

Gesamtheit ins Positive zu verkehren, sondern zu relativieren und um neue Aspekte zu erweitern. Es<br />

bleibt immer ein gewisses Wagnis, verallgemeinernde Analysen für eine Gesellschaft zu erstellen, die<br />

so vielschichtig und inhomogen war wie die der athenischen Polis und die uns zwar eine beachtliche,<br />

aber eben auch widersprüchliche Menge an schriftlichen und materiellen Quellen hinterlassen hat.<br />

Insofern geht es auch nicht um eine Scheidung von Richtung und Falsch, sondern darum aufzuzeigen,<br />

dass es mehr als eine mögliche Lesart von Bildern gibt. Grundsätzlich ist jede Interpretation eines<br />

Bildes bis zu einem bestimmten Grad von der Person des Betrachters und seines individuellen<br />

Erfahrungs- oder Bildungshorizontes abhängig. Für den modernen Rezipienten gilt dies in verstärktem<br />

Maß, da er sich zudem durch zeitliche und kulturelle Distanz behindert sieht. Kein Bild kann aus dem<br />

Kontext seiner Entstehungszeit und seines spezifischen kulturellen Milieus herausgelöst interpretiert<br />

werden. Auf welch vielfältige Weise unser kulturhistorisches Verständnis in die Deutung der<br />

griechischen Bilderwelt mit einfließt, veranschaulichen etwa die Oikosbilder. Obschon nach recht<br />

stereotypem Schema gestaltet, bieten sie dennoch einen breiten Interpretationsspielraum. Man kann sie<br />

einerseits als Ausdruck der Wertschätzung lesen, die den täglichen Pflichten und der Stellung der Frau<br />

innerhalb des Oikos entgegengebracht wird, andererseits als Versinnbildlichung ihres beengten<br />

Aktionsradius, ihrer gesellschaftlichen Isolation und des rigiden Determinismus ihrer sozialen Rolle.<br />

Für das eine wie für das andere lassen sich Belege in den antiken Schriftquellen finden. Nach<br />

modernen Maßstäben sind letztere sicherlich Kriterien, die die Lebensumstände der Frau entscheidend<br />

prägen. Doch wer kann sagen, ob der antike Betrachter die gleichen Maßstäbe angesetzt hätte?<br />

Noch schwieriger gestaltet sich die Interpretation von Bildern, die ganz allgemein dem Bereich der<br />

Geschlechterinteraktion angehören. Hier hat die Vorstellung von der Geschlechterhierarchie und dem<br />

alltäglichen Umgang von Männer und Frauen einen besonders starken Einfluss auf die Auslegung des<br />

S e i t e | 205


Bildinhalts. Wie wiederholt festgestellt, wird solchen Bildern leider großes Misstrauen bekundet.<br />

Allzu schnell ist man bereit, hinter jeder Begegnung von Mann und Frau eine sexuelle Motivation zu<br />

vermuten und das Dargestellte demzufolge in das Umfeld des Gelages einzuordnen. Die Ursache<br />

verbirgt sich hinter der Überzeugung, die griechische Gesellschaft habe in allen Bereichen des Lebens<br />

eine Geschlechterseparation praktiziert. Dass sich das Leben von Männern und Frauen z. T. tatsächlich<br />

in verschiedenen Sphären abgespielt hat, liegt in der Struktur der athenischen Gesellschaft begründet.<br />

Die entscheidende Frage ist nun aber, wie weit diese Geschlechterseparation reichte und inwieweit sie<br />

realisierbar und intendiert war.<br />

Das Haus war der durch die Geschlechterideologie vorgegebene Aufenthaltsort der athenischen Frau.<br />

Die ältere Forschungsmeinung, die sogar so weit ging, ihr jegliche Bewegungsfreiheit außerhalb ihres<br />

"Konklaves" abzusprechen, ist inzwischen erfolgreich widerlegt. Eine Vorstellung, die sich in den<br />

archäologischen Wissenschaften dagegen hartnäckig hält und die Grundlage vieler<br />

Bildinterpretationen ist, ist die einer strikten Trennung der Geschlechter innerhalb des Oikos, die sich<br />

vor allem in der Einrichtung der Gynaikonitis manifestierte. Ein Blick auf die Wohnkultur des<br />

klassischen Griechenlands und des Soziallebens in Athen vermittelt ein komplexes, aber zugleich<br />

unvollständiges Bild. Empfangsräume für Gäste oder Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner des<br />

Hauses sorgten für die Wahrung der Privatsphäre und des Anstandes. Unterhalb der Hausbewohner<br />

muss es jedoch zwangsläufig zu regelmäßigen Kontakten gekommen sein. So sind sicherlich Bereiche<br />

zu postulieren, die vorzugsweise von Männern oder von Frauen benutzt wurden, was natürlich auch<br />

mit den unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Aufgaben im Haus zusammenhing. Wir können<br />

jedoch davon ausgehen, dass die Auffassung von einer abgelegenen und vom Rest des Hauses<br />

abgeschottenen Gynaikonitis nicht der Realität entsprochen hat. Es wurde überzeugend dargelegt, dass<br />

die griechische Ehefrau in ihrer Funktion als Hausverwalterin und Aufseherin unmöglich auf einen<br />

einzigen Raum oder Bereich des Hauses beschränkt bleiben konnte. Zugleich waren Räume zumeist<br />

nicht nur einer bestimmten Tätigkeit oder Gruppe vorbehalten, sondern wurden multifunktional<br />

genutzt.<br />

Diese Erkenntnis, so nichtig sie auch scheinen mag, ist für die Interpretation der sog.<br />

Frauengemachsszenen von großer Bedeutung. Der Mann im Oikos wurde bisher, um ihn mit der<br />

Vorstellung von der Geschlechtertrennung in Einklang zu bringen, eher als Besucher im Bordell oder<br />

bei der Hetäre denn als Ehemann, Vater oder männliches Oikos- und Familienmitglied interpretiert.<br />

Die Frauen der sog. Frauengemachsszenen werden aber in den meisten Fällen nicht deshalb unter sich<br />

gezeigt, weil Männer nicht in die Frauengemächer eingelassen wurden oder weil Frauen sich im<br />

eigenen Haus nicht unter männliche Familienmitglieder mischten, sondern weil sich der Alltag der<br />

Frauen tatsächlich in einem sozialen Umfeld abspielte, das überwiegend von Geschlechtsgenossinnen<br />

bestimmt wurde. Wenn weiter die Bewohner eines Hauses beiderlei Geschlechts aber nicht strikt<br />

voneinander separiert lebten, kann auch ein solcher Sachverhalt sich in den Vasenbildern<br />

widerspiegeln. Um den Eindruck zu vermeiden, der Begriff „Frauengemachsszene“ umschreibe eine<br />

Situation, die zwingend innerhalb der Gynaikonitis stattfinden und ausschließlich aus Frauen bestehen<br />

müsse, wurde die als wertend empfundene und deshalb irreführende Bezeichnung durch den<br />

neutraleren Begriff „Oikosszene“ ersetzt.<br />

S e i t e | 206


Eine wenn auch geringe Anzahl von Bildern, die wohl den inneren Kreis der Familie mit Vater, Mutter<br />

und Kind darstellen, beweisen eindeutig, dass die Familie und somit auch der athenische Bürger in<br />

seiner Funktion als Ehemann und Vater sehr wohl Eingang in die Ikonographie der attisch-rotfigurigen<br />

Vasenkunst gefunden hat. Diese Familienbilder vermitteln modellhafte Vorstellungen eines idealen<br />

Oikos, wobei die Oikosmitglieder ihren geschlechterspezifischen Rollen gemäß agieren. Der Mann ist<br />

in diesen Familienszenen mit nur einer Ausnahme stets jugendlich dargestellt. In den meisten Fällen<br />

tritt er als etwas abseits stehender Beobachter auf. Daneben kann er selbstverständlich durch eine<br />

Handbewegung oder durch ein Attribut in Kontakt mit der Hausherrin treten. Das Bild der athenischen<br />

Frau setzt sich dabei im Wesentlichen aus den drei Aspekten der Ehefrau, Hausfrau und Mutter<br />

zusammen. Mit zu den populärsten Repräsentationsformen gehört die Figur der fleißigen Spinnerin.<br />

Die zentrale Stellung der Herrin des Hauses und Verwalterin, die ihre Untergebenen beaufsichtigt und<br />

ihnen Pflichten zuweist, kommt am besten in der Figur der würdig thronende Dame des Hauses zur<br />

Geltung und wird des Weiteren durch all die Frauen mit Kalathoi, Kästchen, Bändern und Geschirr<br />

zum Ausdruck gebracht, die den häuslichen Arbeitsalltag im Oikos widerspiegeln. Als liebevolle<br />

Mutter ist die bürgerliche Dame dagegen überraschend selten zu sehen.<br />

Auch die Oikosszenen, die keine Kinderdarstellungen zeigen, sollten, solange es Hinweise auf<br />

häusliche Zusammenhänge gibt, nicht als Darstellungen erotischen Geplänkels abgetan werden. Die<br />

Vorurteile, die dazu führten, dass man bei Darstellungen von Männern und Frauen sofort an Hetäre<br />

und Freier dachte, wurden zur Genüge erläutert. Gerade die Familienszenen sind Beleg dafür, dass<br />

nicht jede Begegnung von Mann und Frau eine sexuell-erotische Motivation haben muss. Das<br />

Aufeinandertreffen der Geschlechter im Rahmen des Oikos wirbt im Gegenteil für bürgerlich-<br />

häusliche Werte, die den Ehemann und die Ehefrau als Mittelpunkt einer funktionalen Institution Ehe<br />

begreifen. Die vorgestellten Vasenbilder vom Männern oder Jünglingen in Oikosszenen waren nur<br />

eine kleine repräsentative Auswahl immer wiederkehrender Bildtypen. In den ausführlicheren Szenen,<br />

in denen die weibliche Person durch die Anwesenheit weiterer Frauen oder häusliche Tätigkeiten als<br />

Haus- und Ehefrau kenntlich gemacht ist, ist eine Zuordnung ins bürgerliche Milieu trotz der<br />

männlichen Figur plausibel. Da diese Bilder nie als direkte Abbilder der Wirklichkeit verstanden<br />

werden dürfen, ist es unerheblich und auch unergiebig zu fragen, was betreffender Mann inmitten der<br />

arbeitenden Frauen zu suchen hat. Er ist gewissermaßen additiv hinzugesetzt, weil eine Beziehung<br />

zwischen ihm und dem Oikos, aber auch zwischen ihm und seiner Gattin besteht.<br />

Vor allem bei Paarbildern, die auf detaillierte szenische Ausschmückungen verzichten, herrscht große<br />

Unsicherheit, wie die dargestellten Personen zu benennen sind. Grundsätzlich sollte man auch hier die<br />

Möglichkeit nicht ausschließen, dass Paare, auch wenn sie nicht durch die typischen Abläufe und<br />

Personen des Oikos definiert sind, dennoch Ehepaare darstellen. Der Fokus liegt hier eben nicht auf<br />

dem Oikos-basierenden Rollenverständnis, sondern tatsächlich auf den Menschen und ihrer<br />

persönlichen Bindung zueinander. Es liegt jedoch in der Natur dieser Bilder, dass sie eher stereotyp<br />

sind und somit in verschiedene Richtungen gedeutet werden können. Während der eine Betrachter sein<br />

tugendhaftes Weib an seiner Seite sah, identifizierte ein anderer die unbekannte Schöne vielleicht mit<br />

einer Hetäre oder mit einer ehemaligen Hetäre, die er sich nun als Pallake hielt. In einzelnen Fällen<br />

sind den Frauen aber auch hier Attribute beigegeben, die eher die soliden und häuslichen Tugenden<br />

einer Hausfrau in Erinnerung rufen. Es soll hier nicht gestritten werden, ob der Kalathos das<br />

S e i t e | 207


Statussymbol der Athenerin ist; er zielt bewusst auf eine Frau, die einem Oikos vorsteht bzw. zur<br />

Verwaltung eines Oikos beiträgt. Dies trifft für die Bürgerin in gleicher Weise zu wie für die Metökin,<br />

für die Ehefrau ebenso wie für die Pallake, die mit einem Mann zusammenlebt und die täglichen<br />

Pflichten der Haushaltsführung übernommen hat. Sie hat dagegen aber kaum mit dem Bild der Hetäre<br />

zu tun, die hier als Frau mit ständig wechselnden Bekanntschaften verstanden wird und die nicht über<br />

hervorstechend häusliche Charakterzüge verfügt. Atturibute wie Alabastra oder Spiegel erzählen von<br />

der Schönheit der dargestellten Frau, verraten aber nichts über ihren Status. Vielleicht könnte man das<br />

hoheitsvolle Sitzen auf dem Klismos selbst als Ausdruck einer gehobenen Position auslegen, womit<br />

weniger ihr tatsächlich sozialer Status als die ihr zugestandene, ehrenvolle Stellung im Oikos<br />

ausgedrückt wird. Doch auch wenn kein Attribut ausdrücklich auf die aus den Oikosszenen bekannte<br />

Rollenverteilung der Hausfrau hinweist, muss im umgekehrten Sinn noch lange keine Hetäre gemeint<br />

sein. Eine Reihe von Darstellungen, die eine bewusste Kennzeichnung der Frau als Hausfrau<br />

vornehmen, zeigen folglich, dass es Paardarstellungen von Eheleuten gegeben hat, so dass darüber<br />

hinaus diese Überlegung theoretisch auch auf manch ambivalentes Bild angewandt werden kann.<br />

Die Grenze zwischen Oikosszene und Werbeszene verwischt, wenn die Männer Attribute mit sich<br />

führen. Diese Gegenstände – seien es Blüten, Kränze, Alabastra, Spiegel, Fleischschenkel oder<br />

Geldbeutel – werden generell als Geschenke für Hetären interpretiert. Doch auch hier gilt, was im<br />

Vorangegangenen konstatiert wurde. Ist ein häuslicher Kontext gewährleistet, wird es sich wohl auch<br />

um eine Haus- oder Ehefrau handeln. Die Geschlechterseparation der griechischen Gesellschaft hat als<br />

zulässiges Argument für die Hetäre-Freier-Theorie ausgedient, und die Historiker- und<br />

Archäologenwelt muss sich wohl oder übel damit abfinden, dass in der Antike auch 'normale' Frauen<br />

umworben wurden. Vielleicht muss sogar in Frage stellt werden, ob die Lesung als Werbeszene<br />

überhaupt korrekt ist. Das Reichen bzw. Halten symbolträchtiger Attribute wie Kränze, Blüten oder<br />

Früchten kann unter Umständen auch als Hilfsmittel zur Charakterisierung von Ehe- oder Brautpaaren<br />

verwendet sein.<br />

Problematischer wird die Deutung der Szene, wenn es sich bei den Attributen oder Gegenständen, die<br />

den männlichen Personen in den Oikossszenen beigegeben sind, nicht um symbolbehaftete, abstrakt zu<br />

deutende Objekte handelt. Dies gilt in besonderem Maße für das Fleischstück und den Geldbeutel. Als<br />

Alternative zur Interpretation, ein Freier bringe seine „Bezahlung“ in Form eines Fleischstücks mit ins<br />

Bordell, wo sich die Hetären nebengewerblich als Weberinnen engagieren, wurde eine symbolisch-<br />

abstrakte Deutung des Fleischschenkels vorgeschlagen. Durch das Fleisch, das nur einem athenischen<br />

Bürger bei öffentlichen Opferfesten zustand, wird der Status der männlichen Person und seines Oikos<br />

unterstrichen.<br />

Die Untersuchung zum Attribut des Geldbeutels erfolgte in mehreren Schritten. Zunächst wurde die<br />

pauschale Gleichsetzung des Geldbeutels mit dem Kauf von Sex als unzutreffend entlarvt. Er wird in<br />

Kontexten verwendet, in denen er unter diesem Gesichtspunkt keinen Sinn macht. Er ist<br />

kontextunabhängig ein Symbol für Wohlstand und finanzielle Potenz, im übertragenen Sinne für<br />

politischen Einfluss und sozialen Status, erst kontextabhängig kann er auch die Möglichkeit andeuten,<br />

sexuelle Dienste zu erwerben. Im Zusammenhang mit dem Geldbeutel ließ es sich nicht vermeiden,<br />

sich eingehend mit dem Phänomen der 'spinnenden Hetäre' auseinanderzusetzen. Mein Anliegen war<br />

es, Schwachpunkte und Widersprüche offenzulegen und zumindest hinsichtlich einiger ausgewählter<br />

S e i t e | 208


Vasenbilder den Anstoß zur Rückbesinnung und somit zu alternativen Interpretationen zu geben. Das<br />

Spinnen ist und bleibt meiner Ansicht nach das Merkmal der guten und fleißigen Ehefrau bzw.<br />

Hausfrau und Partnerin. Es ist Bestandteil eines normierten Rollenbildes, das nicht nur ihre<br />

Tugendhaftigkeit, sondern auch ihren ökonomischen Beitrag zur Förderung des Oikos versinnbildlicht.<br />

In Kombination mit dem scheu gesenkten Blick, dem transparenten Brautschleier – all dies sind<br />

Merkmale einer keuschen und zurückhaltenden Braut oder jungen Ehefrau – oder eben auch dem<br />

Wollkorb kann der Geldbeutel kein Symbol sexueller Verfügbarkeit sein.<br />

Am Ende ist der These der Vorzug zu geben, dass der Geldbeutel ein männliches Attribut unter vielen<br />

ist, das seine Blütezeit in der ersten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr. erlebte, als Handgeld noch die Aura des<br />

Neuen hatte. Eine spinnende Frau kann in der Regel trotz eines vorhandenen Geldbeutels entweder als<br />

Ehefrau oder Lebensgefährtin identifiziert werden, je nachdem ob sie, abhängig von ihrem jeweiligen<br />

Status, legitim miteinander verheiratet sind, oder nur in einer eheähnlichen Gemeinschaft<br />

zusammenleben. Sexuelle Anspielungen irgendeiner Art müssen nicht vorhanden sein.<br />

Ein weiteres und eng mit dem Gegensatzpaar Ehefrau-Hetäre verknüpftes Problem ist in diesem<br />

Zusammenhang das angebliche Fehlen jeglicher Darstellungen von ehelicher Sexualität und Erotik. Es<br />

ist sicherlich richtig, dass man nicht davon ausgehen darf, dass die Sexualität der Ehefrau so<br />

unverblümt dargestellt wurde wie die der Prostituierten. In der Regel werden eher andere Vorzüge der<br />

'bürgerlichen' Frauen in Szene gesetzt als ihre sexuellen Aktivitäten. Davon abgesehen ist auch die<br />

durchschnittliche Frau auf den Vasen ein Blickfang. Denn die idealisierte, jugendliche, schöne und<br />

reich gewandete Frau ist im Grunde nichts anderes als die Verkörperung von Attraktivität. Schönheit<br />

und sexuelle Ausstrahlung, die nicht selten zusätzlich durch Attribute wie Salbölgefäße, Spiegel<br />

Blüten oder einen Eros unterstrichen werden, sind also auch den Oikosbildern immanent.<br />

Obwohl in dieser Arbeit zahlreiche Beispiele für die Darstellungen von Ehepaaren angeführt werden<br />

konnten, verraten uns die Darstellungen nur selten etwas über antike Vorstellungen zum Verhältnis der<br />

Ehepaare. Der cheir-epi-karpo-Gestus hat mehr symbolischen Wert, und andere Gesten wie z. B. die<br />

Hand auf der Schulter sind stark kontextabhängig oder leicht zu missinterpretieren. Wieder andere<br />

Gesten beschreiben allgemein menschliche Interaktionen, die nicht auf den Umgang von Ehepaaren<br />

beschränkt sind. Darunter fällt etwa das Umfassen des Kinns, das nicht, wie auf den ersten Blick hin<br />

vielleicht denkbar, eine Demonstration von Zärtlichkeit und Intimität ist, sondern v. a. bei<br />

Symposiasten und ihren Hetären begegnet. Generell gibt es leider wenige Gebärden, die als<br />

symptomatisch und aufschlussreich für die ehelichen Beziehungen in der Antike interpretiert werden<br />

können.<br />

Anders sieht es meiner Ansicht nach mit der Figur des Eros aus. Bisher wurde kaum beanstandet, dass<br />

Frauen mit Eros angeblich auch Hetären sein können. Keine einzige mir bekannte Darstellung setzt<br />

Eros tatsächlich und unwiderruflich in Beziehung zum Prostituiertengewerbe, vor allem dann wenn<br />

der Geldbeutel nicht mehr als Aushängeschild der Hetärenwerbung verstanden wird. Später, d. h. ab<br />

der zweiten Hälfte des 5. Jhs. v. Chr., wird es besonders in den Hochzeitsszenen evident, dass Eros<br />

nicht nur auf das verführerische Wesen der Braut, sondern auch auf eine idealisierte emotionale<br />

Beziehung zwischen den Eheleuten hinweist.<br />

Im Rahmen der hochzeitlichen Ikonographie galt unser Augenmerk neben Eros zudem der Kline, die<br />

auf einigen Bildern als Vorbote der ersten sexuellen Vereinigung folglich auch den körperlichen<br />

S e i t e | 209


Aspekt der Ehe in den Vordergrund rückt. Man hätte wohl erwartet, dass ihr hochzeitlich-<br />

zeremonieller Bezug der Übernahme in profanen Alltagsszenen vorangeht. Interessanterweise ist die<br />

Kline aber bereits viel früher in Oikosszenen etabliert. In Szenen bunter Geschäftigkeit wird über den<br />

voyeuristischen Blick durch eine offene Thalamostür der eheliche Geschlechtsakt in das<br />

Alltagsgeschehen integriert und Seite an Seite mit den häuslichen Pflichten der Hausfrau gestellt. Dass<br />

die Kline hier etwa als pars pro toto für das Andron gebraucht wird, ist angesichts des häuslichen und<br />

femininen Kontexts wohl auszuschließen. Solche Themen zieren wohlgemerkt nicht nur Frauengefäße,<br />

sondern auch die sog. Symposionskeramik. Gott bewahre, dass ein Athener beim Symposion<br />

angesichts einer neben einer Kline stehenden Dame an seine eigene Frau gedacht haben könnte! Die<br />

Kline allein ist also trotz unleugbarer sexueller Anspielungen ebenso wenig wie der Geldbeutel ein<br />

Argument für die Deutung auf eine Prostituierte oder Hetäre. Bei einer in ein Himation gehüllten<br />

weiblichen Figur mit Wollkorb und Spiegel sollte man stets erst an eine 'anständige' Frau denken.<br />

Sowohl im Rahmen der Hochzeit als auch der Oikosszenen wird die Kline als Alltagsmöbel benutzt,<br />

das mit Sicherheit eine erotisch-sexuelle Symbolik besitzt. Als eventuelle Darstellungen des ehelich-<br />

geschlechtlichen Umgangs selbst können nur wenige Darstellungen herangezogen werden. Eine solch<br />

deutliche Zurschaustellung von Begehren würde sich inmitten des Repertoires an Bildern, die sich<br />

sonst mit dem Alltag der Frauen und Nicht-Hetären auseinandersetzen, tatsächlich ungewöhnlich<br />

ausnehmen. Es handelt sich wohlgemerkt nur um vereinzelte und singuläre Vasenbilder, die zu diesem<br />

Thema befragt werden können, so dass sämtliche Schlussfolgerungen nur einen vorläufigen, am Stand<br />

bekannter Vasenbilder orientierten Charakter haben. Da sich die eheliche Sexualität, die Mann und<br />

Frau miteinbezieht, üblicherweise auf den hochzeitlichen Kontext beschränkt bzw. nur hier als solche<br />

nachgewiesen werden kann, mag man vielleicht ebenfalls bei den sich Umarmenden im Thalamos<br />

einen hochzeitlicher Kontext vermuten, ohne dass es aber letztlich bewiesen werden kann. Auch diese<br />

Art von Bildern bleiben sowohl in ihrer Bedeutung wie in ihrer Auslegung zweideutig.<br />

Zuletzt sei noch knapp die Frage nach den Adressaten der untersuchten Vasenbilder angesprochen.<br />

Vasenbilder, die weibliche Idealvorstellungen thematisieren, richten sich nicht nur ausschließlich an<br />

die Adresse athenischer Bürgerinnen. Der Bürgerstand hat bei Herausbildung gesellschaftlicher<br />

Normen und ihrer Bildfassung die wohl entscheidende Rolle gespielt. Dennoch ist es nicht<br />

auszuschließen, dass sich auch andere Bevölkerungsschichten mit den Bildinhalten identifizieren<br />

konnten. Dies gilt für Metöken ebenso wie für Freigelassene und hier speziell auch für Pallakai, die<br />

Haus und Bett eines Mannes teilten. Auch wenn jene vielleicht nicht über den rechtlichen Status einer<br />

athenischen Bürgerin verfügten, waren ihre Aufgaben und ihre auf den Haushalt bezogene Stellung im<br />

Wesentlichen die Gleichen. Die Oikosbilder sind und bleiben für all die Frauen verständlich und<br />

gültig, die sich athenischen Moralvorstellungen und sozialen Anforderungen unterwerfen.<br />

Dass sich früh auch typische Frauenthemen auf mit dem Symposion assoziierter Keramik befinden,<br />

lässt den Schluss zu, dass entweder auch Frauen Symposionskeramik benutzten oder aber auch<br />

Männer als Rezipienten vorgesehen waren. Man scheint sich von der Vorstellung trennen zu müssen,<br />

dass von Männern benutzte Gefäße ausschließlich Themen für 'echte Kerle' trugen. Sicher mag man<br />

sich im volltrunkenen Zustand eher an hübschen, leicht bekleideten Mädchen erfreuen, das schließt<br />

repräsentativen Dekor aber nicht aus. Wer sagt, dass das Oikosideal sich nicht auch an ein männliches<br />

Zielpublikum richtete?<br />

S e i t e | 210


Die Familienbilder, auch wenn sie nicht sehr zahlreich sind, befinden sich überwiegend auf<br />

Gefäßformen, die von Frauen benutzt wurden, wie Hydrien, Pyxiden und dem Lebes Gamikos. Die<br />

Pelike gilt zwar nicht als typisches Frauengefäß, konnte jedoch zweifelsfrei auch von Frauen benutzt<br />

werden. Darstellungen des Mannes im Oikos bzw. Einzeldarstellungen von Mann und Frau sind als<br />

Bildschmuck dagegen auf den unterschiedlichsten Gefäßformen zu entdecken. Pyxis und Hydria sind<br />

ebenso vertreten wie Alabastron und Schale. Die Kylix wurde bisher strikt als Symposionsgeschirr<br />

und somit als vorzugsweise von Männern benutztes Gefäß definiert. Angesichts zahlreicher<br />

Textquellen, die die weibliche Vorliebe für Wein erwähnen, ist aber nicht auszuschließen, dass<br />

Kylikes auch von Frauen benutzt worden sind. Das Thema selbst ist in keiner Weise<br />

geschlechtsspezifisch. Ein reibungslos funktionierender Oikos, eine fleißige Ehefrau und eine<br />

harmonisches Verhältnis der Eheleute sind Themen, die beide Geschlechter gleichermaßen angehen.<br />

Der Kooperation von Mann und Frau zum Zwecke der Mehrung des Besitzes wird auch in Xenophons<br />

„Oikonomikos“ im 4. Jh. v. Chr. noch ein hoher Stellenwert eingeräumt.<br />

Zeitlich verteilen sich die Familienbilder auf die Jahre zwischen 470 und 420 v. Chr. Dies bedeutet,<br />

dass die Bedeutung eines einträchtigen Familienlebens im Bewusstsein der Menschen bereits<br />

verankert war, noch bevor die Perikleische Gesetzgebung die Position und Würde der verheirateten<br />

Frau stärkte und deutlich bevor diesbezügliche Vorstellungen im „Oikonomikos“ des Xenophon in<br />

schriftlich niedergelegt wurden. Die Rolle der Frau scheint im Hinblick auf ihre Position und ihre<br />

Aufgaben im Oikos das 5. und 4. Jh. v. Chr. hindurch weitgehend unverändert geblieben zu sein, auch<br />

wenn die Krisenzeiten des Peloponnesischen Krieges und die Abwesenheit von Vätern, Ehemännern<br />

und Brüdern den Frauen erzwungenermaßen mehr Eigenverantwortlichkeit abverlangten. Obwohl im<br />

4. Jh. v. Chr. die Oikosbilder weiterhin zu den beliebtesten Themen zählen, hat sich der Grundtenor<br />

gewandelt: sie legen weit weniger Gewicht auf die tatsächlichen häuslichen Arbeiten und zeigen die<br />

Frauen durch eine Zunahme an mythologisch verbrämten Elementen weniger bodenständig. Weshalb<br />

uns aus diesem Jahrhundert zumindest auf den Vasen kein einziges Familienbild mehr überliefert ist,<br />

ist ein Phänomen, das noch der Klärung bedarf. Die Perikleischen Gesetzgebung, die Kinder aus rein<br />

athenischen Familien, also aus legitimer Abkunft, mit dem Bürgerrecht beschenkte, mag durchaus die<br />

Popularität des neuen Bildthemas gefördert haben, den Effekt einer Initialzündung kann ihr aber nicht<br />

zuerkannt werden, da zumindest eines der Bilder bereits vor 450 v. Chr. entstanden ist. Langfristig hat<br />

die Familienpolitik des Perikles keine einschlagende Wirkung erzielt, bereits zu Beginn des<br />

Peloponnesischen Krieges wurden mit dem Rückgang der athenischen Bevölkerung<br />

Gesetzesrevisionen vorgenommen. Dennoch ist dies keine vollends zufriedenstellende Erklärung für<br />

den Mangel an Familienbildern mit Kindern, da die Nachkommenschaft für den Bestand der Familie<br />

und die Erhaltung von Besitzverhältnissen auch im 4. Jh. v. Chr. keinesfalls an Bedeutung verlor.<br />

S e i t e | 211


S e i t e | 212


1. Die Heirat<br />

I/1. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 03.802<br />

Loutrophoros um 430–420 v. Chr.<br />

Taf. 1 Abb. 1–4<br />

Darstellung:<br />

Hochzeitszug: cheir epi karpo; durch eine<br />

doppelflügelige Tür ist die Hochzeitskline sichtbar;<br />

Nympheutria, weibliche Beifiguren mit Fackeln,<br />

Boxen und Gefäßen, Eroten. Engye(?): Handschlag<br />

zwischen einem bärtigen Mannes mit Zepter und<br />

einem Jünglings in Jäger/Ephebenmontur<br />

Literatur:<br />

Keuls 1985, 118 f. Abb. 102; R. F. Sutton Jr.,<br />

Pornography and Persuasion on Attic Pottery, in:<br />

A. Richlin (Hrsg.), Pornography and Representation<br />

in Greece and Rome (Oxford 1992) 26 f.<br />

Abb. 1, 10; Oakley – Sinos 1993, 36. 51 Abb. 1;<br />

109–111 Abb. 105–107; Fantham 1994, 101 f. Abb.<br />

3, 16; Sutton 2004, 329 Abb. 17, 1; Reeder 1995,<br />

165–168 Nr. 24; Mösch-Klingele 2006, 43. 76–79.<br />

82. 231 Nr. 49 Abb. 40, A. B.<br />

I/2. Athen, Nat. Mus. 14790<br />

Taf. 1 Abb. 5<br />

Lebes Gamikos des Washing-Painter; aus Attika<br />

Darstellung:<br />

Brautschmückung: sitzende Braut mit Haarband;<br />

hinter ihr stützt sich eine Frau mit dem Ellbogen<br />

auf ihre Klismoslehne; Eroten, einer davon mit<br />

Kranz/Kette; weibliche Beifiguren mit Kästchen,<br />

Stoffband, Loutrophoros und Kalathos; weitere<br />

Klismoi, Kästchen, Kalathos.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1126,4; Oakley – Sinos 1993, 17. 64 Abb. 23;<br />

Reinsberg 1993, 55 Abb. 10; V. Sabetai, Aspects of<br />

Nuptial Imagery in Fifth-Century Athens: Issues of<br />

Interpretation and Methodology, in: J. H. Oakley –<br />

W. D. E. Coulson – O. Palagia (Hrsg.), Athenian<br />

Potters and Painters. The Conference Proceedings<br />

(Oxford 1997) 329 f. Abb. 13; Mösch-Klingele<br />

2006, 232 Nr. 58 Abb. 9, A. B.<br />

I/3. St. Petersburg, State Hermitage Mus. ST 1809/<br />

KAB 84/P 1840.44<br />

Taf. 1 Abb. 5<br />

Lekanis der Otcet-Gruppe um 370–360 v. Chr.; aus<br />

Kertsch<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit nacktem Oberkörper, Frauen mit<br />

diversen Objekten wie Spiegel, Kästchen, Bändern,<br />

Exaleiptron, Eros kniet vor einer sitzenden Frau mit<br />

Kästchen; Mobiliar, Gefäße, Vögel<br />

Katalog<br />

Literatur:<br />

ARV² 1499,1; K. Schefold, Untersuchungen zu den<br />

Kertscher Vasen (Berlin 1934) 6. 11; Das Gold der<br />

Skythen und Griechen. Aus der archäologischen<br />

Schatzkammer der Eremitage in St. Petersburg.<br />

Ausstellungskatalog Bonn (Bonn 1997) 148 Nr. 59;<br />

Mösch-Klingele 2006, 234 Nr. 82 Abb. 36.<br />

I/4. Berlin, Antikensammlung F 2372<br />

Taf. 2 Abb. 1<br />

Loutrophoros um 430 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Der Bräutigam hebt seine Braut in den Wagen,<br />

weiter rechts die Eltern des Bräutigams; Eros<br />

bekränzt die Braut mit einem Myrthenkranz.<br />

Literatur:<br />

L. Deubner, Dionysos und die Anthesterien, JdI 42,<br />

1927, 178 f. Abb. 10; H. Rühfel, Kinderleben im<br />

klassischen Athen (Mainz 1984) 112 f. Abb. 64;<br />

Oakley – Sinos 1993, 32. 90 Abb. 72. 73; Reinsberg<br />

1993, 61 f. Abb. 16; Reeder 1995, 171 f. Nr. 27;<br />

Mösch-Klingele 2006, Abb. 57.<br />

I/5. Athen, Nat. Mus. 1629/CC 1528<br />

Taf. 2 Abb. 2. 3<br />

Epinetron des Eretria-Malers um 430–420 v. Chr.;<br />

aus Eretria/Euböa<br />

Darstellung:<br />

A: Hochzeit bzw. Epaulia der Alkestis mit Theo,<br />

Charis, Theamo, Asterope, Hippolyte; die Braut<br />

lehnt an ihrem Brautlager, im Hintergrund eine<br />

große doppelflügelige Tür;<br />

B: Hochzeit der Harmonia mit Aphrodite, Eros,<br />

Peitho, Kore, Hebe und Himeros;<br />

C: Ringkampf zwischen Peleus und Thetis in<br />

Anwesenheit ihres Vaters und der Schwester.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1250,34; 1688; Beazley Addenda² 354;<br />

Beazley Para. 469; A. Lezzi-Hafter, Der Eretria-<br />

Maler. Werke und Weggefährten (Mainz 1988)<br />

253–262. 347 f. Nr. 257 Taf. 168. 169; Oakley –<br />

Sinos 1993, 41. 127 f. Abb. 128. 129; Reinsberg<br />

1993, 69 Abb. 24; H. A. Shapiro, Personifications<br />

in Greek Art. The Representation of Abstract<br />

Concepts 600–400 v. Chr. (Zürich 1993) 105 Abb.<br />

58; Fantham 1994, 98. 101 Abb. 3, 15; A. Lezzi-<br />

Hafter, Licht und Schatten. Zu einem Gesamtkunstwerk<br />

des Eretria-Malers, in: H. Froning – T.<br />

Hölscher – H. Mielsch (Hrsg.) Kotinos. Festschrift<br />

für Erika Simon (Mainz 1995) 228–231 Taf. 48; W.<br />

Oenbrink, Ein „Bild im Bild“-Phänomen. Zur<br />

Darstellung figürlich dekorierter Vasen auf<br />

bemalten attischen Tongefäßen, Hephaistos 14,<br />

1996, 89 Abb. 6; O. Cavalier (Hrsg.), Silence et<br />

Fureur. La femme et le marriage en Grece. Les<br />

S e i t e | 213


antiquites grecques du Musée Calvet (Avignon<br />

1997) 231 Abb. 94–94BIS; B. Borg, Der Logos des<br />

Mythos. Allegorien und Personifika-tionen in der<br />

frühen griechischen Kunst (München 2002) 76 ff.;<br />

Badinou 2003, 1. 17 f. 28. 28. 36–38 Nr. E55 Taf.<br />

29; Mösch-Klingele 2006, 67 f. 233 Nr. 68 Abb. 33;<br />

Heinrich 2006, 20 f. 22. 36 f. 87. 106 f. 115–117<br />

Kat. Nr. Rf. 14 Taf. 16, 4; 17, 1–4;<br />

2. Die Ehefrau als Ehefrau, Hausfrau und<br />

Mutter<br />

II/1. Berlin, Antikensammlung F 2395<br />

Taf. 2 Abb. 4<br />

Hydria um 440–430 v. Chr.; aus Attika<br />

Darstellung:<br />

Amphiaraos, Eriphyle, die dem Alkmaion die Brust<br />

gibt, Tochter Demonassa mit Wollkorb und<br />

Spindel, kämpfendes Hahnenpaar.<br />

Literatur:<br />

CVA Berlin (9) 50–52 Abb. 15 Taf. 26, 1–5; LIMC I<br />

(1981) 697 Nr. 27 Taf. 559 s.v. Amphiaraos (I.<br />

Krauskopf); H. Kammerer-Grothaus, Frauenleben,<br />

Frauenalltag im antiken Griechenland (1984) 17;<br />

F. Lissarague, in: P. Schmitt-Pantel (Hrsg.),<br />

Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt a. M.<br />

1993) 212 f. Abb. 27; L. Bonafante, Nursing<br />

Mothers in Classical Art, in: A. O. Koloski-Ostrow<br />

– C. L. Lyons (Hrsg.), Naked Truths. Women,<br />

Sexuality, and Gender in Classical Art and<br />

Archeology (London 1997) 174 f. Anm. 7; Sutton<br />

2004, 345f. Abb. 17, 14.<br />

II/2. Athen, Nat. Mus. 1623A<br />

Taf. 3 Abb. 1–4<br />

Pyxis des Leningrad-Malers um 470/60 v. Chr.; aus<br />

Athen<br />

Darstellung:<br />

Jüngling mit Frucht(?), sitzende Frau mit Spindel<br />

und Wollkorb, Frau mit Wollkorb, Mädchen mit<br />

einem Kleinkind auf den Schultern, Frau mit<br />

Wollballen vor einem Wollkorb, Frau, sitzende<br />

Frau hält ihre ausgebreiteten Arme einem am<br />

Boden krabbelnden Kleinkind entgegen.<br />

Literatur:<br />

Beazley Para. 391.88 BIS; H. Rühfel, Ammen und<br />

Kinderfrauen im klassischen Athen, AW 19, 1988,<br />

49 f. Abb. 10; F. Lissarrague, Intrusioni nel<br />

gineceo, in: P. Veyne – F. Lissarague – F. Frontisi-<br />

Ducroux (Hrsg.) I misteri del gineceo (2000) 154–<br />

156 Abb. 17; Lewis 2002, 81 Abb. 2, 25; Sutton<br />

2004, 341 f. Abb. 17, 12.<br />

II/3. Cambridge, Harvard University, Arthur M.<br />

Sackler Mus. 1960.342<br />

Taf. 3Abb. 5<br />

Hydria der Polygnot-Gruppe um 430 v. Chr.; aus<br />

Vari/Attika<br />

S e i t e | 214<br />

Darstellung:<br />

A: Thrakische Amme nimmt ein männliches Kind<br />

aus den Armen seiner auf einem Klismos<br />

sitzenden Mutter entgegen; hinter dieser steht<br />

ein Jüngling mit Bürgerstock; Webstuhl, Kranz<br />

B: Verfolgungsszene<br />

Literatur:<br />

CVA Baltimore (2) 31 f. Taf. 43,1; D. Williams,<br />

Women on Athenian Vases. Problems of<br />

Interpretation, in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.),<br />

Images of Women in Antiquity (London 1983) 93 f.<br />

Abb. 7, 2; Keuls 1985, 73 f. Abb. 58; H. Rühfel,<br />

Ammen und Kinderfrauen im klassischen Athen,<br />

AW 19, 1988, 4. 45 Abb. 3; P. Gkeka, Attike<br />

erythromorphe kalpe, Deltion 47/48, 1992/1993,<br />

247–249 Taf. 46; Reeder 1995, 218 f. Nr. 51; H.<br />

Schulze, Ammen und Pädagogen. Sklavinnen und<br />

Sklaven als Erzieher in der antiken Kunst und<br />

Gesellschaft (Mainz 1998) 22 f. Taf. 3, 2; Lewis<br />

2002, 16 f. Abb. 1, 3; Sutton 2004, 340 Abb. 17, 10;<br />

Bundrick 2008, 316 f. Abb. 13.<br />

II/4. München, Antikensammlungen SL 476<br />

Taf. 3 Abb. 6<br />

Hydria aus dem Umfeld des Klio-Malers um 450–<br />

430 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Frau mit Kästchen, nackter Knabe mit Schlagreifen,<br />

sitzende junge Frau mit Wollkorb und Spindel,<br />

Jüngling mit Bürgerstock.<br />

Literatur: CVA München (5) 27 Taf. 232, 1; 233, 1–<br />

3; 234, 9; E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the<br />

Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.),<br />

Ancient Greek Art and Iconography (Wisconsin<br />

1983) 216f. Abb. 14, 17; O. Cavalier (Hrsg.),<br />

Silence et Fureur. La femme et le marriage en<br />

Grece. Les antiquites grecques du Musée Calvet<br />

(Avignon 1997) 104 Abb. 41; Vidale 2002, 425f.<br />

Abb. 120; L. A. Beaumont, The Changing Face of<br />

Childhood, in: Neils – Oakley 2003, 75f. Abb. 12;<br />

Sutton 2004, 340 f. Abb. 17, 11; Bundrick 2008,<br />

284 Abb. 1; 305 f.<br />

II/5. Athen, Nat. Mus. CC 1552/1588<br />

Taf. 3 Abb. 7; 4 Abb. 1. 2<br />

Pyxis des Phiale-Malers um 430 v. Chr.; aus Attika<br />

Darstellung:<br />

Jüngling nähert sich einer sitzenden Frau, die ein<br />

geöffnetes Kästchen neben sich auf dem Boden<br />

stehen hat, Frau mit Kind, Frau mit Wollkorb, Frau<br />

mit Phiale.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1023,144; Beazley Addenda² 316; S. R.<br />

Roberts, The Attic Pyxis (Chicago 1978) Taf. 77, 2;<br />

J. H. Oakley, The Phiale Painter (Mainz 1990) 90<br />

Nr. 144 Taf. 116. 117; Sutton 2004, 343 f. Abb. 17,<br />

13.


II/6. Athen, Nat. Mus. CC 1231/1250<br />

Taf. 4 Abb. 3<br />

Lebes Gamikos aus dem Umkreis des Neapel-<br />

Malers um 450–430 v. Chr.; aus Attika<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, Frau mit Kästchen; sitzende Frau<br />

hält einen nackten Knaben auf dem Schoß, junger<br />

Mann; von rechts Frau mit Kalathos und Stoffband;<br />

Kranz und Band an der Wand.<br />

Literatur:<br />

A. Brückner, Athenische Hochzeitsgeschenke, AM<br />

32, 1907, Beil. 1; Sutton 2004, 338 Abb. 17, 8.<br />

II/7. London, British Mus. E 396<br />

Taf. 4 Abb. 4<br />

Pelike des Washing-Painter um 440–420 v. Chr.;<br />

aus Kamiros/Rhodos<br />

Darstellung:<br />

Bärtiger Mann mit Bürgerstock, krabbelndes<br />

Kleinkind, Frau mit ausgestreckten Armen.<br />

Literatur: ARV² 1134, 6; I. Jenkins, Greek and<br />

Roman Life (London 1986) 30. 32 f. Abb. 39; L. A.<br />

Beaumont, The Changing Face of Childhood, in:<br />

Neils – Oakley 2003, 71 f. Abb.; 237 Nr. 37; Sutton<br />

2004, 338 f. Abb. 17, 9.<br />

II/8. Münster, Wilhelms-Univ., Arch. Mus. 66<br />

Taf. 4 Abb. 5<br />

Pelike des Eucharides-Malers um 480/470 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Eine sich gürtende Frau, Knabe auf einem Stuhl,<br />

Jüngling mit Bürgerstock.<br />

B: Aulet mit Mundbinde, Diaulos und<br />

Flötenfutteral, Jüngling<br />

Literatur:<br />

K. P. Stähler, Eine unbekannte Pelike des Eucharidesmalers<br />

im Archäologischen Museum der<br />

<strong>Universität</strong> Münster (Köln 1967) 1–16 Taf. 1–3;<br />

B. Korzus (Hrsg.), Griechische Vasen aus westfälischen<br />

Sammlungen (Münster 1984) 59 f. Nr. 6<br />

Abb. 6a. b.<br />

II/9. Providence (RI), Rhode Island School of<br />

Design 25.088<br />

Taf. 4 Abb. 6. 7<br />

Alabastron des Villa Giulia-Malers um 460–50 v.<br />

Chr.; aus Griechenland<br />

Darstellung:<br />

Frau mit Spiegel, sitzender Jüngling mit<br />

Bürgerstock; Frau mit einem schlafenden Kleinkind<br />

auf dem Arm, älterer Knabe hält sich an ihrem<br />

Gewand fest.<br />

Literatur:<br />

ARV² 624,88; Beazley Addenda² 271; CVA<br />

Providence (1) 29 Taf. 22, 3A. B; Neils – Oakley<br />

2003, 236 Nr. 36, a. b; Badinou 2003, 85 f. 340 Nr.<br />

A 257 Taf. 100.<br />

II/10. Cleveland, Mus. of Art 1925.1342<br />

Taf. 5 Abb. 1<br />

Gralekythos der Lysistrate und des Timophon um<br />

400–375 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Lysistrate und Timophon sind in der Dexiosis<br />

verbunden; zwischen ihnen steht ihre ältere<br />

Tochter, die jüngste, noch ein Kleinkind, wird von<br />

einer Amme/Dienerin im Arm getragen.<br />

Literatur:<br />

J. H. Oakley, Death and the Child, in: Neils –<br />

Oakley 2003, 187 Abb. Cat. 111; 296 Nr. 111;<br />

Clairmont CAT. 3.745; J. Bergemann, Demos und<br />

Thanatos. Untersuchungen zum Wertsystem der<br />

Polis im Spiegel der attischen Grabreliefs des 4.<br />

Jahrhunderts v. Chr. und zur Funktion der<br />

gleichzeitigen Grabbauten (München 1997) 210<br />

Taf. 4, 3. B. Schmaltz, Untersuchungen zu den<br />

attischen Marmorlekythen (Berlin 1970) 37. 42. 47.<br />

95. 101. 111. 131 Nr. A 134.<br />

II/11. London, British Mus. E 193<br />

Taf. 5 Abb. 2<br />

Hydria des Kassler-Malers/aus dem Umfeld des<br />

Klio-Malers; aus Nola/Italien<br />

Darstellung:<br />

Frontal sitzende Frau mit Spindel, Rocken und<br />

Wollkorb wird flankiert von einer Frau mit<br />

Kästchen und einem knabenhaften Jüngling mit<br />

Bürgerstock.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1085,30; Beazley Addenda² 327; CVA<br />

London (5) III Ic 15 Taf. 82, 3.<br />

II/12. London, British Mus. E 215<br />

Taf. 5 Abb. 3<br />

Hydria aus dem Umfeld des Klio-Malers/Maler von<br />

BM E 215 um 450–430 v. Chr.; aus Nola/Italien<br />

Darstellung:<br />

Frau mit Kästchen, auf einem Klismos sitzende<br />

Frau mit Spindel, Spinnrocken und Kalathos,<br />

bärtiger, bekränzter Mann mit Stock; Band<br />

Literatur:<br />

ARV² 1082,1; CVA London (6) III Ic 6 Taf. 89, 7;<br />

Vidale 2002, 424 f. Abb. 119; M. Beard, Adopting<br />

an Approach II, in: N. Spivey – T. Rasmussen<br />

(Hrsg.), Looking at Greek Vases (Cambridge 1991)<br />

22 f. Abb. 4; R. E. Leader, In Death not divided:<br />

Gender, Family, and State on Classical Athenian<br />

Grave Stelae, AJA 101, 1997, 686 f. Abb. 1; 695 f.;<br />

E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the Home<br />

Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient<br />

Greek Art and Iconography (Wisconsin 1983) 216 f.<br />

Abb. 14, 16.<br />

II/13. Athen, Nat. Mus. 2383/CC1590<br />

Taf. 5 Abb. 4. 5<br />

Epinetron des Klio-Malers um 440–30 v. Chr.; aus<br />

Eretria/Euböa<br />

S e i t e | 215


Darstellung:<br />

A: Frau mit Polos, sitzende Frau mit Wollstrang<br />

zwischen den Händen und Kalathos, Frau mit<br />

Kästchen, sitzende Frau<br />

B: Frau, sitzende Frau streckt ihre Hände nach dem<br />

Kästchen aus, das eine weitere Frau heranträgt,<br />

bärtiger und bekränzter Mann mit Stock.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1082,21; ARV² 736, 119; Badinou 2003, 19.<br />

21. 24. 39. 48 Nr. E 46 Taf. 23; Mercati 2003, 57 f.<br />

B1 Taf. 23. 24; Heinrich 2006, 19 f. 22. 37 f. 82. 87<br />

f. 98 f. Kat. Nr. Rf. 19 Taf. 19, 1. 2.<br />

II/14. Karlsruhe, Badisches Landesmus. B 3078I<br />

Taf. 6 Abb. 1<br />

Hydria des Neapel-Malers um 440 v. Chr.; aus<br />

Böotien<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau, Frau mit Kalathos, Jüngling<br />

B: Nike<br />

Literatur:<br />

CVA Karlsruhe (1) 28 Taf. 22, 1. 2.<br />

II/15. Palermo, Mus. Arch. Reg. (o. Inv.)<br />

o. Abb.<br />

Hydria aus dem Umkreis des Leningrad-Malers<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, Frauen mit Kalathos und Kästchen,<br />

Jüngling.<br />

Literatur:<br />

A. Adriani, Odeon ed altri monumenti archeologici<br />

(Palermo 1971) Taf. 72, A.<br />

II/16. Gotha, Schlossmus. 64<br />

Taf. 6 Abb. 2–4<br />

Pyxis des Karlsruhe-Malers um 450 v. Chr.; aus<br />

Capua<br />

Darstellung:<br />

A/B: Frauen bei der Toilette und der Wollarbeit,<br />

zwei Jünglinge mit Bürgerstock, einer von ihnen<br />

mit Strigilis<br />

D: Sitzende Frau, stehende Frau, zwei auf ihre<br />

Bürgerstöcke gestützte Jünglinge; Wollkörbe.<br />

Literatur:<br />

CVA Gotha (2) 15 f. Taf. 62, 1. 2; 63, 1. 2.<br />

II/17. New York, Metropolitan Mus. of Art<br />

17.230.15<br />

Taf. 6 Abb. 5; 7 Abb. 1. 2<br />

Hydria des Orpheus-Malers um 440–430 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Frau reicht einem Jüngling mit Bürgerstock ein<br />

Exaleiptron, sitzende, spinnende Frau, Frau mit<br />

Wollkorb und Kästchen, Eros mit Nymphides (?),<br />

sitzende Frau wendet sich einem Jüngling um, der<br />

ihr die Hand auf die Schulter legt, junge Frau mit<br />

Kästchen und eine weibliche Mantefigur.<br />

Inschriften: KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 1104,16; Beazley Addenda² 329; G. M. A.<br />

Richter, Red-Figured Athenian Vases in the<br />

S e i t e | 216<br />

Metropolitan Museum of Art (New Haven 1936)<br />

173 f. Nr. 138 Taf. 140. 141. 172, 138; E. C. Keuls,<br />

Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry,<br />

in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 224 Abb. 14, 33;<br />

Lewis 2002, 142 f. Abb. 4, 8; Vidale 2002, 427–429<br />

Abb. 122, A. B; Bundrick 2008, 321 f. Abb. 14.<br />

II/18. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 93.108<br />

Taf. 7 Abb. 3<br />

Pyxis; aus Eretria/Italien<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Wollkorb und Kranz, bärtiger<br />

Mann, zweite Frau; Nike bekränzt Jüngling,<br />

weiterer Jüngling.<br />

Literatur:<br />

S. R. Roberts, The Attic Pyxis (Chicago 1978) 48 f.<br />

Nr. 12 Taf. 27.<br />

II/19. San Simeon, Hearst Coll. 9933 o. Abb.<br />

Hydria des Leningrad-Malers<br />

Darstellung:<br />

Sitzender Jüngling, Frau mit Eimer, sitzende Frau<br />

mit Spindel sitzt einer weiteren sitzenden Frau<br />

gegenüber, abgewandt sitzender Jüngling; Säulen<br />

Literatur:<br />

ARV² 571,81.<br />

II/20. Palermo, Mormino Coll. 818<br />

Taf. 7 Abb. 4. 5<br />

Skyphos des Phiale-Malers um 430/20 v. Chr.; aus<br />

Selinunt<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau mit Brautschleier und<br />

Diadem/Kranz verarbeitet Wolle; Band<br />

B: Jüngling mit Kranz und Bürgerstock; Tür<br />

Literatur:<br />

J. H. Oakley, The Phiale Painter (Mainz 1990) 92<br />

Nr. 154ter Taf. 131, D; 132, C. D; Reeder 1995, 72<br />

Abb. 20.<br />

II/21. Würzburg, Martin-von-Wagner Mus. L 546/<br />

546<br />

Taf. 7 Abb. 6–8<br />

Alabastron um 460 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Bärtiger Mann mit Bürgerstock, eine in den Mantel<br />

gehüllte Frau mit Kalathos, Diphros.<br />

Literatur:<br />

U. Knigge, Ein rotfiguriges Alabastron, AM 79,<br />

1964, 110 f.; I. Scheibler, Griechische Töpferkunst.<br />

Herstellung, Handel und Gebrauch der antiken<br />

Tongefäße ²(München 1995) 25 Abb. 19; Badinou<br />

2003, A 246 Taf. 96.<br />

II/22. Hannover, Kestner Mus. L 1.1982<br />

Taf. 8 Abb. 1<br />

Schale des Douris um 490–480 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: sich unterhaltende und gestikulierende Männer<br />

und Jünglinge


I: Bärtiger Mann mit Bürgerstock und Frau mit<br />

Spindel; hinter ihr steht auf einem Diphros ein<br />

Kalathos, zweiter Diphros, an der Wand<br />

Athletenutensilien.<br />

Literatur:<br />

ARV² 437,115; D. Buitron-Oliver, Douris. A<br />

Master-Painter of Athenian Red-Figure Vases<br />

(Mainz 1995) 28. 82. Nr. 154 Taf. 90; Vidale 2002,<br />

407 f. Abb. 110.<br />

II/23. Athen, M. Vlasto –<br />

Taf. 8 Abb. 2<br />

Alabastron des Karlsruhe-Malers um 450 v.; aus<br />

Athen<br />

Darstellung:<br />

Jüngling mit Bürgerstock, Frau mit Spiegel, Reiher,<br />

Säule.<br />

Literatur:<br />

ARV² 735,108; Badinou 2003, 92 Nr. A 336 Taf.<br />

119.<br />

II/24. Basel, Antikenmuseum und Sammlung<br />

Ludwig BS 490<br />

Taf. 8 Abb. 3<br />

Schale des Euaion-Malers um 450 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Frau im Gespräch mit einem Jüngling mit Pyxis;<br />

gestikulierende Frau wendet sich um zu einem<br />

bärtigen Mann; Frau mit Exaleiptron<br />

B: Frau mit Spendekanne und Phiale adressiert<br />

einen Jüngling, nach links eilende Frau wendet<br />

sich um zu einem Jüngling, der sie mit der<br />

ausgestreckten Rechten an der Schulter berührt;<br />

Frau ordnet ihr Himation<br />

I: Sitzende Frau mit Sakkos, Blüte und Spiegel,<br />

stehender Jüngling mit Bürgerstock; Band an<br />

der Wand.<br />

Literatur:<br />

ARV² 795,102; Beazley Addenda² 143; CVA Basel,<br />

Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (2) 46 f.<br />

Taf. 26, 2; 27, 1–4; 37, 2. 6; 39, 11.<br />

II/25. <strong>Erlangen</strong>, Antikensammlung I 303<br />

Taf. 8 Abb. 4<br />

Nolanische Amphora des Phiale-Malers um<br />

440/430 v. Chr.; aus Nola<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau; stehender Jüngling mit<br />

Bürgerstock und Kranz; Schreibtafel/Kästchen?<br />

B: nach links gewandte Frau im Mantel<br />

Literatur:<br />

ARV² 1016, 39; W. Grünhagen, Archäologisches<br />

Institut der <strong>Universität</strong> <strong>Erlangen</strong>. Antike Originalarbeiten<br />

in der Kunstsammlung des Instituts (<strong>Nürnberg</strong><br />

1948) 45 Taf. 15; J. H. Oakley, The Phiale<br />

Painter (Mainz 1990) 72 Nr. 39 Taf. 21, B; M. Boss<br />

– P. Kranz – U. Kreilinger (Hrsg.), Antikensammlung<br />

<strong>Erlangen</strong>. Auswahlkatalog (<strong>Erlangen</strong> 2002) 74<br />

f. Nr. 28.<br />

II/26. London, British Mus. E339<br />

Taf. 8 Abb 5. 6<br />

Halsamphora nach Art des Malers von London<br />

E342 um 475–425 v. Chr.; aus Nola<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau mit Bällen oder Früchten; Vogel<br />

B: Manteljüngling mit Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 670.11; CVA London, British Mus. (5) III I c<br />

9, Taf. 67, 1A. B.<br />

II/27. Boston, Mus. of Fine Arts 13.84<br />

o. Abb.<br />

Schale des Penthesileia-Malers<br />

Darstellung:<br />

A/B: Satyrn und Mänaden<br />

I: Frau auf Diphros mit zwei Bällen/Früchten;<br />

Jüngling mit Bürgerstock; Kalathos, Band<br />

Literatur:<br />

ARV² 883,61.<br />

II/28. Kopenhagen, Nat. Mus. 149/Chr. VIII 810<br />

Taf. 9 Abb. 1<br />

Pelike des Kleophrades-Malers<br />

Darstellung:<br />

A: Auf einem Hocker mit Löwentatzen sitzender<br />

Jüngling mit Bürgerstock und Phiale, stehende<br />

Frau mit Kanne und Blüte/Zweig; beide<br />

bekränzt<br />

B: Zwei Athleten in der Palästra: der eine lehnt an<br />

einem Pfeiler, der andere legt seinen Mantel ab;<br />

beide bekränzt<br />

Literatur:<br />

ARV² 184,27; Beazley Para. 340; CVA<br />

Kopenhagen, Nat. Mus. (3) 106 Taf. 133.<br />

II/29. Berlin, Antikensammlung 31426<br />

Taf. 9 Abb. 2–4<br />

Schale Schale des Euaion-Malers um 470 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau mit Spindel in Frontalansicht,<br />

Frau mit Alabastron und Jüngling, Jüngling und<br />

Frau mit Kästchen<br />

B: Frau und Mann, Frau mit eiförmigem<br />

Gegenstand und Jüngling, Frau mit<br />

Spendeschale und Krug<br />

I: Frau und Jüngling mit Stock, Diphros<br />

Literatur:<br />

ARV² 1702; 795,100; Beazley Addenda² 290; CVA<br />

Berlin (2) 40 Taf. 98, 1–4; CVA Berlin (3) 20 Taf.<br />

130, 4. 8; 134, 11; E. C. Keuls, Attic Vase-Painting<br />

and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon<br />

(Hrsg.) (Hrsg.), Ancient Greek Art and Iconography<br />

(Wisconsin 1983) 228 f. Abb. 14, 41; W.-D.<br />

Heilmeyer et al., Antikenmuseum Berlin. Die<br />

ausgestellten Werke (Berlin 1988) 142 f. Nr. 5;<br />

Reinsberg 1993, 122 Abb. 66; F. Frontisi-Ducroux<br />

– J.-P. Vernant, Dans l´oeil du miroir (Paris 1997)<br />

Taf. 29; Davidson 1999, 209 Abb. o.; Bundrick<br />

2008, 297 f. Abb. 6.<br />

S e i t e | 217


II/30. Vatikan, Mus. Gregoriano Etrusco 16581<br />

Taf. 9 Abb. 5<br />

Schale des Makron<br />

Darstellung:<br />

A: Sich verschleiernde Frau, zwei sich unterhaltende<br />

Paare; Würfelhocker, Wollkorb<br />

B: Auf einem Diphros sitzender alter Mann mit<br />

Stirnglatze, flüchtende Frau, bärtiger Mann mit<br />

Knotenstock, Frau mit Diaulos, bärtiger Mann;<br />

Flötenetui, Diphros<br />

I: Sich ver- oder entschleiernde Frau, Jüngling<br />

Literatur:<br />

ARV² 469,154; Sutton 1981, 399 Nr. G 49; Kunisch<br />

1997, 79 f. 117. 196 Nr. 334 Taf. 111, 334.<br />

II/31. Braunschweig, Herzog Anton Ulrich Mus.<br />

AT 263 Taf. 9Abb. 6<br />

Schale des Malers von Brüssel R330 um 475–425<br />

v. Chr.; aus Ephesos (?)<br />

Darstellung:<br />

A: Frau im Mantel zwischen zwei Jünglingen mit<br />

Bürgerstöcken; Schild, Schwertscheide, Sandale<br />

B: Frau mit Fackel zwischen zwei Jünglingen mit<br />

Bürgerstöcken; Sandale<br />

I: Frau im Himation, Jüngling mit Bürgerstock;<br />

Kranz/Binde, Fels/Altar<br />

Literatur:<br />

ARV² 925,6; CVA Braunschweig, Herzog Anton<br />

Ulrich-Museum 27 Taf. 18, 1–5, 19.11.<br />

II/32. Florenz, Mus. Arch. PD266<br />

Taf. 10 Abb. 1<br />

Schale des Splanchnopt-Malers um 460–50 v. Chr.;<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit Alabastron, Frau mit<br />

Gewandraffgestus, zwei Jünglinge; Schild,<br />

Schwertscheide<br />

B: Verhüllte Frau mit Jüngling, Frau mit<br />

Alabastron, Manteljüngling; Sandale<br />

I: Frau und Jüngling mit Bürgerstock; Geldbeutel,<br />

Altar<br />

Literatur:<br />

ARV² 892,11; CVA Florenz, Museo Archeologico<br />

(3) III I 19 Taf. 112, 1–3.<br />

3. Werben und Schenken in der Antike<br />

III/1. Toledo(OH), The Toledo Mus. of Art 72.55/<br />

1972.55<br />

Taf. 10 Abb. 2. 3<br />

Schale des Makron um 490–480 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Jüngling mit Geld und Blüte, Frau auf einem<br />

Klismos mit je einer Blüte in den Händen, Mann<br />

mit Geld, Frau mit Blüte (?); Athletenutensilien,<br />

Flötenetui<br />

B: Frau mit Diaulos und Blüte, Mann mit<br />

Knotenstock, sitzende Frau mit Kranz, Mann<br />

S e i t e | 218<br />

mit Blüte und Knotenstock; Spiegel, Athletenutensilien<br />

I: Frau mit Kanoun gießt Wein aus einer Oinochoe<br />

auf einen brennenden Altar; Weihrauchständer<br />

Literatur:<br />

CVA Toledo (1) 34. 48 Abb. 13 Taf. 53, 1. 2; 54, 1.<br />

2; Keuls 1985, 167 f. Abb. 141. 142. 227 Abb. 204;<br />

Sutton 1981, 291 f. 296. 398 Nr. G 46; E. C. Keuls,<br />

Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry,<br />

in: W. G. Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 225 f. Abb. 14, 34;<br />

M. Beard, Adopting an Approach II, in: N. Spivey –<br />

T. Rasmussen (Hrsg.), Looking at Greek Vases<br />

(Cambridge 1991) 28–30 Abb. 7. 8; Kilmer 1993,<br />

AT P. 146, R 630; Reeder 1995, 183–187 Nr. 38; 1;<br />

S. von Reden, Exchange in Ancient Greece (London<br />

1995) Taf. 5, A. B; Kunisch 1997, 11. 30. 32. 67. 43<br />

Ab. 2. 15. 17. 21. 30 Taf. 64. 179; B. Cohen<br />

(Hrsg.), Not the Classical Ideal. Athens and the<br />

Construction of the Other in Greek Art (Leiden<br />

2000) 218 Abb. 8, 7.<br />

III/2. Paris, Cabinet des Médailles 508<br />

Taf. 10 Abb. 4. 5<br />

Alabastron um 480–460 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Auf einem Diphros sitzende Frau mit Kranz und<br />

Kalathos, kleines Mädchen mit Alabastron,<br />

Jüngling mit Bürgerstock und Stoffband.<br />

Inschriften: TIMODEMOS KALOS; HE NYMPHE<br />

KALE<br />

Literatur:<br />

ARV² 1610; M. Reilly, ”Mistress and Maid” on<br />

Athenian Lekythoi, Hesperia 58, 1989, Taf. 80, A F.<br />

Lissarague, Frauenbilder, in: P. Schmitt Pantel<br />

(Hrsg.), Geschichte der Frauen I. Antike (Frankfurt<br />

a. M. 1993) 195 f. Abb. 12; O. Cavalier (Hrsg.),<br />

Silence et Fureur. La femme et le marriage en<br />

Grece. Les antiquites grecques du Musée Calvet<br />

(Avignon 1997) 259 Abb. 99; Lewis 2002, 29. 32<br />

Abb. 1, 16; Badinou 2003, 89 f. Nr. A 255 Taf. 98.<br />

III/3. Würzburg, Martin-von-Wagner Mus 506/ L<br />

506<br />

Taf. 10 Abb. 6<br />

Loutrophoros des Malers von Würzburg 537<br />

Darstellung:<br />

Brautpaar vor Kline, Frauen mit Fackel und<br />

Kalathos<br />

Literatur:<br />

ARV² 1224,2; Reinsberg 1993, 79 Abb. 31.<br />

III/4. Berlin, Antikensammlung F 2252<br />

Taf. 11 Abb. 1<br />

Weißgrundige Lekythos des Syriskos-Malers; aus<br />

dem Athener Kerameikos<br />

Darstellung:<br />

Auf einem Klismos mit Fußschemel sitzende Frau<br />

reicht einem Mann mit Bürgerstock einen Kranz;<br />

auf ihren Knien sitzt ein Vogel; Kalathos,<br />

Alabastron, Spiegel.


Inschriften: OLYNPICHOS KALOS; KALOS;<br />

Literatur:<br />

ARV² 263,54; 1603; 1641; Beazley Addenda² 205;<br />

Beazley Para. 351; D. C. Kurtz, Ahenian White<br />

Lekythoi. Patterns and Painters (London 1975) 127<br />

f. Taf. 8, 1, A. B; S. von Reden, Exchange in Ancient<br />

Greece (London 1995) Taf. 7, C. D; A. Kauffmann-<br />

Samaras, Des femmes et des oiseaux. La perdrix<br />

dans le gynécée, in: B. Schmaltz – M. Söldner<br />

(Hrsg.), Griechische Keramik im kulturellen Kontext.<br />

Akten des Internationalen Vasen-Symposions<br />

in Kiel vom 24.–28.9.2001 (Münster 2003) 91;<br />

N. Strawczynski, Lecture Anthropologique et/ou<br />

documentaire? Quelches remarques sur un livre de<br />

Panayota Badinou, La Laine et le Parfum, RA<br />

2005, 312 Abb. 1.<br />

III/5. Cambridge (MA), Harvard Univ., Arthur<br />

Sackler Mus. 1972.45<br />

Taf. 11 Abb. 2<br />

Halsamphora des Providence-Malers um 480–470<br />

v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Auf einem Klismos sitzende Frau mit Kalathos<br />

überreicht einem bärtigen Mann mit<br />

Bürgerstock, der zwischen den Fingerspitzen<br />

seines erhobenen Armes eine Blüte(?) hält,<br />

einen Kranz.<br />

B: Bärtiger Mann mit Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 638,43; Beazley Addenda² 273; Reeder 1995,<br />

182 f. Nr. 37.<br />

III/6. Paris, Cabinet des Medailles 507<br />

Taf. 11 Abb. 3<br />

Alabastron der Gruppe Athen 2025/ des Malers von<br />

Kopenhagen 3830<br />

Darstellung:<br />

Jüngling mit Kranz oder Kette, Frau mit<br />

Granatapfel; Jungfernkranich, Hund, Korb<br />

Literatur:<br />

ARV² 723,2; E. Böhr, Mit Schopf an Brust und<br />

Kopf. Der Jungfernkranich, in: A. J. Clark – J.<br />

Gaunt – B. Gilman (Hrsg.), Essays in Honor of<br />

Dietrich von Bothmer (Amsterdam 2002) 43 Abb. 1.<br />

III/7. Berkeley (CA), University of California<br />

8.923<br />

Taf. 11 Abb. 4. 5<br />

Schale des Klinik-Malers; aus Orvieto<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit Alabastron zwischen zwei Jünglingen<br />

mit Bürgerstöcken<br />

B: Frau mit Spiegel zwischen zwei Jünglingen mit<br />

Bürgerstöcken<br />

I: Frau mit Blüte am Altar<br />

Literatur:<br />

ARV² 808; 810, 22; CVA Univ. of California (1) 41<br />

Taf. 35, 1A–C.<br />

III/8. Florenz, Mus. Arch. 81602<br />

Taf. 11 Abb. 6<br />

Schale aus dem Umfeld des Klinik-Malers um 470–<br />

460 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit Kalathos und Spindel zwischen zwei<br />

Jünglingen mit Bürgerstöcken, von einer eine<br />

Blüte hält.<br />

B: Frau mit Spiegel oder Spindel zwischen zwei<br />

Jünglingen mit Bürgerstöcken.<br />

I: Jüngling mit Bürgerstock und Kylix.<br />

Literatur:<br />

ARV² 808; 810,24; CVA Florenz (3) 15 f. Taf. 103,<br />

1–3; 116, 21.<br />

III/9. Athen, Nat. Mus. 2180<br />

Taf. 11 Abb. 7. 8<br />

Epinetron des Malers von Berlin 2624 um 420/10 v.<br />

Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Zwei gemischte Paare: Frau mit Alabastron,<br />

Frau mit Band, zwei Jünglinge mit Bürgerstock<br />

B: Jüngling zwischen zwei Frauen, eine mit<br />

Alabastron<br />

Literatur:<br />

ARV² 1225,2; Badinou 2003, 27. 51. 150 Nr. E 49<br />

Taf. 26; Mercati 2003, 139 Nr. B8 Taf. 28.<br />

III/10. Rhodos, Mus. Arch. 13261<br />

Taf. 12 Abb. 1<br />

Hydria des Leningrad-Malers aus der 1. Hälfte<br />

des 5. Jhs. v. Chr.; aus Kamiros/Rhodos<br />

Darstellung:<br />

Frauen bei der Wollarbeit flankiert von zwei<br />

Jünglingen, von denen einer ein Fleischstück trägt.<br />

Literatur:<br />

ARV² 571,82; CVA Rodi (2) III I c 1 Taf. 5, 3; E. C.<br />

Keuls, Attic Vase-Painting and the Home Textile<br />

Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.) (Hrsg.), Ancient<br />

Greek Art and Iconography (Wisconsin 1983) 226 f.<br />

Abb. 14, 37; Vidale 2002, 444–447 Abb. 133;<br />

Mercati 2003, 24.<br />

III/11. Chiusi, Mus. Arch. Naz. 1835<br />

Taf. 12 Abb. 2<br />

Schale des Malers von Brüssel R 330 (Außenseiten)<br />

und des Malers von Orvieto 191A (Innenseite); aus<br />

Chiusi<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit Fleischstück zwischen zwei Jünglingen<br />

mit Bürgerstöcken; Schreibtablett<br />

B: Frau mit Fackel zwischen zwei Jünglingen mit<br />

Bürgerstöcken<br />

I: Zwei Manteljünglinge, Athletenutensilien<br />

Literatur:<br />

ARV² 926,21; 938,14; Beazley Addenda² 306; CVA<br />

Chiusi (2) 14 Taf. 27, 1–4; 28, 1. 2.<br />

S e i t e | 219


III/12. South Hadley (MA), Mount Holyoke<br />

College 1932.BSII5<br />

Taf. 12 Abb. 3<br />

Pyxis des Veji-Malers um 450 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Frau mit Spiegel und Alabastron (?), Frau mit<br />

Kalathos und Wollknäuel, Jüngling mit Wollknäuel<br />

und Fleischstück; Tür<br />

Literatur:<br />

ARV² 906,109; Beazley Addenda² 303; S. R.<br />

Roberts, The Attic Pyxis (Chicago 1978) 49 Nr. 13<br />

Taf. 30, 1; 34, 1; Lewis 2002, 185 f. Abb. 5, 9;<br />

Bundrick 2008, 306 f. Abb. 10.<br />

III/13. Athen, Kerameikos Mus. 2713<br />

Taf. 12 Abb. 4–6<br />

Alabastron um 500–490 v. Chr.; aus dem<br />

Kerameikos/<br />

Athen<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Spinnerin, Jüngling mit Hase<br />

B: Frau und Jüngling in Umarmung<br />

Literatur:<br />

Beazley Addenda² 172; Beazley Para. 331; U.<br />

Knigge, Ein rotfiguriges Alabastron, AM 79, 1964,<br />

105–113; Koch-Harnack 1983, 129 f. 132 Abb. 63.<br />

64; Badinou 2003, 5. 93 f. 179 Nr. A 136 Taf. 80.<br />

III/14. Palermo, Mormino Coll. 796<br />

Taf. 13 Abb. 1–3<br />

Weißgrundiges Alabastron des Malers von<br />

Kopenhagen 3830<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau überreicht Hahn/Henne an einen<br />

Jüngling mit Bürgerstock; Hund; Kranich; Band,<br />

Korb an der Wand<br />

Literatur:<br />

CVA Palermo, Collezione Mormino (1) III Y 3 Taf.<br />

1, 1–4.<br />

III/15. Athen, Nat. Mus. 1239/CC1204<br />

Taf. 13 Abb. 4–6<br />

Alabastron der Gruppe der Paidikos Alabastra; aus<br />

Athen<br />

Darstellung:<br />

Jüngling in Begleitung eines Knaben mit Vögeln<br />

und einem Oktopus, spinnende Frau;<br />

Inschrift: PROSAGOREUO<br />

Literatur:<br />

ARV² 101, 3; 103; 16; CVA Athen, Nat. Mus. (1) III<br />

I c 3 Taf. 1, 3–5; A. Brückner, Lebensregeln auf<br />

athenischen Hochzeitsgeschenken, WPrBerl 62,<br />

1902, 3–11; U. Knigge, Ein rotfiguriges Alabastron,<br />

AM 79, 1964, 10 f. Beil. 57, 3. 4; Davidson<br />

1999, 207 Abb. o.<br />

III/16. Baltimore, Johns Hopkins Univ. B 4<br />

Taf. 13 Abb. 7<br />

Schale des Phintias um 510–500 v. Chr.; aus Chiusi<br />

S e i t e | 220<br />

Darstellung:<br />

I: Jüngling mit Geld und Bürgerstock auf dem<br />

Töpfermarkt; Halsampora, Glockenkrater,<br />

Schale, Diphros<br />

Inschriften: PHIN[TI]AS EGRAPHSEN,<br />

CHAIRIAS KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 24,14; Beazley Addenda² 155; CVA Baltimore<br />

(2) 12 f. Taf. 2, 1; 3, 2; Keuls 1985, 260. 263 Abb.<br />

240; Meyer 1988, 114 f. Abb. 28; S. von Reden<br />

Exchange in Ancient Greece (London 1995) 210 f.<br />

Taf. 8, B; I. Scheibler, Griechische Töpferkunst.<br />

Herstellung, Handel und Gebrauch der antiken<br />

Tongefäße ²(München 1995) 135 Abb.; 137. 143 f.<br />

III/17. Kopenhagen, Nat. Mus. 320/125<br />

Taf: 13 Abb. 8<br />

Amphora des Kopenhagen-Malers; aus Vulci<br />

Darstellung:<br />

A: Mann mit Bürgerstock , kleiner Sklavenknabe<br />

mit negroiden Zügen und geschultertem Korb<br />

B: Jüngling mit Geld vor einer Amphora<br />

Literatur:<br />

ARV² 256,1; Beazley Addenda² 204; I. Scheibler,<br />

Bild und Gefäß, JdI 102, 1987, 74 f. Abb. 9A. B;<br />

Meyer 1988, 114 f. Abb. 29; C. M. Robertson, The<br />

Art of Vase-Painting in Classical Athens<br />

(Cambridge 1992) 139 Abb. 142; S. v. Reden<br />

Exchange in Ancient Greece (London 1995) 210<br />

Taf. 8, A; M. C. Miller, Athens and Persia in the<br />

Fifth Century BC. A Study in Cultural Receptivity<br />

(Cambridge 1997) Taf. 138.<br />

III/18. Paris, Musée du Louvre CA 1852<br />

Taf. 14 Abb. 1. 2<br />

Amphora aus dem Umfeld des Boreas-Malers; aus<br />

Griechenland<br />

Darstellung:<br />

A: Mann mit Bürgerstock und Geld ersteht eine<br />

Amphora von einem bärtigen Verkäufer<br />

B: Manteljüngling mit Amphora, verhüllter Mann<br />

mit Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 540,4; CVA Paris, Musée du Louvre (8) III I d<br />

26 Taf. 38, 1. 2; J. Bazant, Les citoyens sur les<br />

vases atheniens, Rocnik 95, 1985, 2 Taf. 37, 62; I.<br />

Scheibler, Bild und Gefäß, JdI 102, 1987, 74 f. Abb.<br />

10; S. v. Reden Exchange in Ancient Greece<br />

(London 1995) 211 Taf. 8, C. D.<br />

III/19. Oxford, Privatsammlung (o. Inv.)<br />

Taf. 14 Abb. 3<br />

Schale des Douris; aus Griechenland<br />

Darstellung:<br />

I: Jüngling mit Geldbeutel auf dem Weinmarkt;<br />

Amphora, Zisterne, Oinochoe<br />

Inschrift: TDIKOTYLOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 445,252; Beazley Addenda² 241,1; D.<br />

Buitron-Oliver, Douris. A Master-Painter of


Athenian Red-Figure Vases (Mainz 1995) 27. 44.<br />

71. 81 Nr. 142 Taf. 83; Davidson 1999, 206 Abb. o.<br />

III/20. ehem. Dresden, Kunstgewerbemus.<br />

Taf. 14 Abb. 4<br />

Schale des Douris<br />

Darstellung:<br />

A: Zwei bärtige Männer umwerben Knaben mit<br />

Hasengeschenken, weiterer bärtiger Mann;<br />

Hunde<br />

B: Bärtiger umwirbt einen Knaben mit einem<br />

Hasengeschenk; bärtiger Mann und ein<br />

Jüngling, wohl ein Athlet, mit Siegeskranz,<br />

bärtiger Mann; Athletenutensilien<br />

I. Bärtiger Mann mit Geldbeutel,<br />

Athletenutensilien, Diphros<br />

Inschrift: CHAIRESTRATOS KALOS; DORIS<br />

EGRAPHSEN<br />

Literatur:<br />

ARV² 1569; 430,33; Beazley Addenda² 236;<br />

Reinsberg 1993, 185 Abb. 103; J. Neils, The<br />

Panathenaia and Kleisthenic Ideology, in: W. D. E.<br />

Coulson et al.(Hrsg.), The Archaeology of Athens<br />

and Attica under the Democracy (Oxford 1994) 157<br />

Abb. 10. 11; D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-<br />

Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz<br />

1995) 21. 42. 76. Nr. 56 Taf. 40.<br />

III/21. Newcastle upon Tyne, Shefton Mus. (o. Inv.)<br />

o. Abb.<br />

Schale des Splanchnopt-Malers<br />

Darstellung:<br />

A/B: Frauen und Jünglinge im Gespräch<br />

I: Jüngling mit Bürgerstock und eine junge Frau<br />

neben einem Altar; zwischen beiden hängt ein<br />

Geldsäckchen.<br />

Literatur:<br />

ARV² 892,10BIS; Beazley-Archiv.<br />

III/22. Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia (o. Inv.)<br />

o. Abb.<br />

Schale des Malers der Pariser Gigantomachie<br />

Darstellung:<br />

I: Jüngling lässt seinen Geldbeutel über einem<br />

Altar baumeln; kugeliger Korb und<br />

Flötenfutteral.<br />

Literatur:<br />

ARV² 423,118; Beazley-Archiv.<br />

III/23. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek<br />

I. N. 2718<br />

Taf. 14 Abb. 5<br />

Skyphos des Splanchnopt-Malers um 460–450 v.<br />

Chr.; aus Orvieto<br />

Darstellung:<br />

Junge fliehende Frau mit abwehrendem<br />

Handgestus(?) und das Gewand raffend blickt sich<br />

nach einem Jüngling mit Bürgerstock um;<br />

Geldbeutel an der Wand.<br />

Inschrift: (etrusk.) cavuthas sexis; Nennung des<br />

Besitzers (?)<br />

Literatur:<br />

CVA Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek (1) 84<br />

f. Abb. 38 Taf. 65, 3. 4; 66, 2; M. Cristofani,<br />

Celeritas solis filia, in: H. Froning – T. Hölscher –<br />

H. Mielsch (Hrsg.) Kotinos. Festschrift für Erika<br />

Simon (Mainz 1995) 348 f. Taf. 77, 2.<br />

III/24. Berlin, Antikensammlung F 2254<br />

Taf. 14 Abb. 6. 7<br />

Alabastron des Pan-Malers; aus Pikrodaphni/Attika<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Spinnrocken und Spindel,<br />

Jüngling mit Bürgerstock und Geldbeutel, Dienerin<br />

mit Wollkorb und Spiegel; Lekythos, Spiegel an der<br />

Wand.<br />

Literatur:<br />

ARV² 557,123; Beazley Para. 387; J. D. Beazley,<br />

Der Pan-Maler (Berlin 1931) 24 f. Nr. 59Taf. 29, 1;<br />

G. Rodenwaldt, Spinnende Hetären, AA 1931, 15<br />

Abb. 3; E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the<br />

Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.)<br />

(Hrsg.), Ancient Greek Art and Iconography<br />

(Wisconsin 1983) 227 Abb. 14, 39; Keuls 1985, 260<br />

f. Abb. 238; Meyer 1988, 110 f. Abb. 23, A. B;<br />

Reinsberg 1993, 121 f. Abb. 65, A. B; S. v. Reden<br />

Exchange in Ancient Greece (London 1995) 207<br />

Taf. 7, C. D; Davidson 1999, 208 Abb. o.; S.<br />

Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen Vasen.<br />

Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert v. Chr.<br />

(Berlin 2005) 261 Abb. 129; Bundrick 2008, 299 f.<br />

III/25. Athen, Nat. Mus. 1441/CC 1277<br />

Taf. 15 Abb. 1<br />

Pelike des Polygnot; aus Rhodos<br />

Darstellung:<br />

A: Jüngling mit Bürgerstock reicht einer sitzenden,<br />

in ihr Himation eingehüllten Frau einen<br />

Geldbeutel, Frau mit Exaleiptron; Kalatos, Band<br />

B: Jüngling, Knabe<br />

Literatur:<br />

ARV² 1032,56; Beazley Addenda² 318; S. B.<br />

Matheson, Polygnotos and Vase Painting in<br />

Classical Athens (Wisconsin 1995) 61 f. 359 Nr.<br />

P61 Taf. 48.<br />

III/26. Heidelberg, Ruprecht-Karls-<strong>Universität</strong>,<br />

Arch. Institut 64.5<br />

Taf. 15 Abb. 2<br />

Kalpis des Nausikaa-Malers um 440–430 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Bärtiger Mann mit Geldbeutel steht hinter einer<br />

sitzenden Frau mit Spindel, Frau mit Band, Frau<br />

balanciert eine Hydria auf dem Kopf;<br />

Handwebrahmen, Sakkos(?) an der Wand.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1121,14; R. Hampe et al., Neuerwerbungen<br />

1957–70: <strong>Universität</strong> Heidelberg (Mainz 1971) Taf.<br />

57; E. Keuls, “The Hetaira and the Housewife”.<br />

The Splitting of the Female Psyche in Greek Art,<br />

MededRom N.S. 9/10, 1983, 33 f. Taf. 5, 11; Keuls<br />

1985, 262–264. 266 Abb. 244; V. Strocka, Alltag<br />

S e i t e | 221


und Fest in Athen, griechische Vasen zur<br />

Ausstellung (Freiburg 1987) 30 f. Nr. 13; Lewis<br />

2002, 35 f. Abb. 1, 19; Vidale 2002, 419 f. Abb.<br />

116.<br />

III/27. Agrigent, Mus. Arch. Reg. AG 22276<br />

Taf. 15 Abb. 3<br />

Hydria des Hephaistos-Malers um 450 v. Chr.; aus<br />

Agrigent/Pezzino Grab 592<br />

Darstellung:<br />

Verhüllte Frau, zwei Jünglinge, einer mit<br />

Geldbeutel; sitzende Frau mit Handwebrahmen und<br />

Wollkorb, Jüngling; Sakkos, Kranz an der Wand<br />

Literatur:<br />

E. de Miro, Agrigento, la necropoli greca di<br />

Pezzino (Messina 1989) Taf. 57, 2. 3; T. Mannack,<br />

The late Mannerists in Athenian Vase-Painting<br />

(Oxford 2001) 135 Nr. H.56; G. Giudice, Il tornio,<br />

la nave, le terre lontane. Ceramografi attici in<br />

Magna Grecia nella seconda metà del V sec. a. C.<br />

rotte e vie di distribuzione (Rom 2007) 119 Nr. 199<br />

Abb. 117.<br />

III/28. Krakau, Mus. Czartoryski 1473<br />

Taf. 15 Abb. 4<br />

Hydria des Hephaistos-Malers<br />

Darstellung:<br />

Nach links eilender Jüngling, Frau mit Kalathos<br />

und ausgestreckten Armen wendet sich an einen<br />

Jüngling mit Geld, weiterer Jüngling; Säule<br />

Literatur:<br />

CVA Krakau (1) III Id 11 Taf. 12, 2.<br />

III/29. Basel, Kunsthandel, Münzen und Medaillen<br />

A.G.<br />

Taf. 15 Abb. 5. 6<br />

Schale des Telephos-Malers um 470–460 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Bärtiger Mann überreicht einer sitzenden Frau<br />

einen Geldbeutel, Jüngling mit Bürgerstock;<br />

Säule mit Gebälk, Kalathos auf einem Podest.<br />

B: Frau streckt einem Manteljüngling einen<br />

Skyphos entgegen; hinter ihr sitzt auf einem<br />

Klismos ein bärtiger Mann mit Bürgerstock; an<br />

der Wand Sakkos und kugeliger Korb mit<br />

Stoffbändern.<br />

I: Sitzender bärtiger Mann mit Bürgerstock und<br />

Phiale/Teller vor einem Tisch.<br />

Literatur:<br />

MuM, Kunstwerke der Antike, Auktion 26,<br />

5.10.1963 (Basel 1963) 73 f. Nr. 139 Taf. 50; J.<br />

Bazant, Les citoyens sur les vases atheniens, Rocnik<br />

95, 1985, 30 Abb. 7.<br />

III/30. Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia<br />

1054<br />

Taf. 16 Abb. 1<br />

Kolonettenkrater des Harrow-Malers um 480–460 v.<br />

Chr.; aus Falerii/Italien<br />

S e i t e | 222<br />

Darstellung:<br />

A: Jüngling mit Bürgerstock, Hund und Geldbeutel<br />

und Frau mit Kalathos und Blüte werden von<br />

zwei Eroten flankiert.<br />

B: zwei Jünglinge beim Komos; einer von beiden<br />

mit Bürgerstock und Skyphos.<br />

Literatur:<br />

ARV² 275,50; Beazley Addenda² 207; CVA Rom,<br />

Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia (4) 12 Abb. 3 Taf.<br />

7; Meyer 1988, 109 Abb. 22; Dierichs 1993, 86 f.<br />

Abb. 159; Reinsberg 1993, 124 Abb. 68; A. Schäfer,<br />

Unterhaltung beim Symposium. Darbietungen,<br />

Spiele und Wettkämpfe von homerischer bis in<br />

spätklassische Zeit (Mainz 1997) Taf. 35, 2; Lewis<br />

2002, 196. 198 Abb. 5, 18.<br />

III/31. Adolphseck, Schloss Fasanerie 41<br />

Taf. 16 Abb. 2. 3<br />

Pelike nach Art des Schweine-Malers um 470 v.<br />

Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Mann mit Geld und Stab, Frau mit Kalathos und<br />

Blüte<br />

B: Mann mit Geld und Bürgerstock, sitzende Frau<br />

mit Blüte<br />

Literatur:<br />

ARV² 566,6; Beazley Addenda² 261; CVA<br />

Adolphseck (1) 20 Taf. 31, 1. 2; E. C. Keuls, Attic<br />

Vase-Painting and the Home Textile Industry, in:<br />

W. G. Moon (Hrsg.) (Hrsg.), Ancient Greek Art and<br />

Iconography (Wisconsin 1983) 228 f. Abb. 14, 43;<br />

S. v. Reden Exchange in Ancient Greece (London<br />

1995) 207 f. Taf. 4, C. D.<br />

III/32. Kopenhagen, Nat. Mus. 153/ChrVIII 520<br />

Taf. 16 Abb. 4<br />

Hydria des Washing-Painters um 440–430 v. Chr.;<br />

aus Nola/Italien<br />

Darstellung:<br />

Nackte Frau mit Spindel und Spinnrocken, sitzende<br />

Frau; Klismos mit abgelegtem Gewand, Band<br />

Literatur:<br />

ARV² 1131,161; 1684; Beazley Addenda² 333; CVA<br />

Kopenhagen, National Museum (4) III I 119 f. Taf.<br />

154, 2; 155, 1; J. L. Sebesta, Visions of Gleaming<br />

Textiles and a Clay Core: Textiles, Greek Women,<br />

and Pandora, in: H. P. Foley (Hrsg.), Reflections of<br />

Women in Antiquity (New York 1981) 125 Abb. 1;<br />

D. Williams, Women on Athenian Vases: Problems<br />

of Interpretation, in A. Cameron – A. Kuhrt, Images<br />

of Women in Antiquity (London 1983) 96 Abb. 7, 4;<br />

M. Beard, Adopting an Approach II, in: N. Spivey –<br />

T. Rasmussen (Hrsg.), Looking at Greek Vases<br />

(Cambridge 1991) 30 f. Abb. 9; Reinsberg 1993,<br />

123 f. Abb. 67; Reeder 1995, 216 f. Nr. 50; Lewis<br />

2002, 104 f. Abb. 3, 10; Vidale 2002, 429 f. Abb.<br />

123; S. Schmidt, Rhetorische Bilder auf attischen<br />

Vasen. Visuelle Kommunikation im 5. Jahrhundert<br />

v. Chr. (Berlin 2005) 276 f. Abb. 137.


III/33. München, Privatsammlung<br />

Taf. 16 Abb. 5. 6<br />

Schale des Ambrosios-Malers um 510–500 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzender Jüngling mit Hund, sitzende Frau mit<br />

Sakkos bindet sich die Sandale, sitzende Frau<br />

überreicht einem Jüngling einen Kranz,<br />

gestikulierender bärtiger Mann mit Hund;<br />

Diphros, Flötenfutterale<br />

Inschriften:RODO[…]; LI[…]; A[N]TIPHANE;<br />

ARISTOMYMOS<br />

B: Auf einem Block sitzende Frau räumt eine<br />

Wollspindel in den bereits vollen Kalathos einer<br />

stehenden Frau, sitzender, bärtiger Mann mit<br />

Knotenstock, Flötenspielerin, gestikulierender<br />

bärtiger Mann, spinnende Frau mit Spindel und<br />

Spinnrocken<br />

Inschriften: APHRO[D]I[…]; OBOLE<br />

I: Jüngling mit über die Schulter geworfenem<br />

Himation bindet sich die Sandale; seinen Fuß<br />

hat er auf ein stufenartiges Podest gestellt; Stab,<br />

Athletenutensilien.<br />

Inschrift: KALIAS<br />

Literatur:<br />

MuM, Kunstwerke der Antike. Auktion 51, 14.–<br />

15.03.1975 (Basel 1975) 60 f. Taf. 33 Nr. 148; H.<br />

R. Immerwahr, An Inscribed Cup by the Ambrosios<br />

Painter, AK 27, 1984, 10–13 Taf. 2. 3; D. Williams,<br />

Women on Athenian Vases: Problems of Interpretation,<br />

in: A. Cameron – A. Kuhrt (Hrsg.),<br />

Images of Women in Antiquity (London 1993) 96 f.;<br />

N. Hoesch, Hetären, in: K. Vierneisel – B. Kaeser<br />

(Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des Trinkens.<br />

Ausstellungskatalog München (München 1990) 234<br />

Abb. 37, 8; Davidson 1999, 111.<br />

III/34. Kopenhagen, Thorvaldsen Mus. H 114<br />

Taf. 17 Abb. 1<br />

Schale des Penthesilea-Malers 470–50 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

I: Jüngling mit Geld und Bürgerstock greift nach<br />

der Hand einer Frau; Diphros, Alabastron, Band<br />

Literatur:<br />

Meyer 1988, 111 Abb. 24.<br />

III/35. London, British Mus. 1914.5-12.1<br />

Taf. 17 Abb. 2<br />

Weißgrundige Lekythos des Malers von München<br />

2774<br />

Darstellung:<br />

Jüngling mit Bürgerstock und Geldbeutel, Frau mit<br />

Spiegel und Blüte<br />

Literatur:<br />

ARV² 283,1; Beazley Addenda² 104; Meyer 1988,<br />

108 f. Abb. 18; Lewis 2002, 194 f. Abb. 5, 15.<br />

III/36. San Antonio (TX), San Antonio Mus. of Art<br />

86.134.59<br />

Taf. 17 Abb. 3<br />

Oinochoe des Berliner-Malers um 490–80 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Blütenzweig, Jüngling mit Blüte<br />

und Geldbeutel; Spiegel<br />

Literatur:<br />

Reeder 1995, 181 f. Nr. 36; H. A. Shapiro et al.<br />

(Hrsg.), Greek Vases in the San Antonio Museum of<br />

Art (San Antonio 1995) 138 f. Nr. 70; Dierichs<br />

1993, 85 f. Abb. 157.<br />

III/37. Syrakus, Mus. Arch. Naz. 18426<br />

Taf. 17 Abb. 4<br />

Pelike des Tyszkiewicz Malers um 460 v. Chr.; aus<br />

Gela<br />

Darstellung:<br />

A: Jüngling mit Geldbeutel reicht einer auf einem<br />

Klismos sitzenden Frau einen Spiegel;<br />

Jungfernkranich<br />

B: Manteljünglinge<br />

Literatur:<br />

CVA Syrakus (1) III I 5 Taf. 7,4. S. von Reden,<br />

Exchange in Ancient Greece (London 1995) 206<br />

Taf. 7, B.<br />

III/38. Berlin, Antikensammlung F 2624<br />

Taf. 17 Abb. 5<br />

Epinetron des Malers von Berlin 2624 um 420/10 v.<br />

Chr.; aus Athen<br />

Darstellung:<br />

A: Sitzende Frau mit Alabastron zwischen zwei<br />

Jünglingen mit Bürgerstock; einer hält einen<br />

Geldbeutel oder Beutel;<br />

B: Frau zwischen zwei Jünglingen mit Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 1225,1; Beazley Addenda² 350; Meyer 1988,<br />

106 f. Abb. 15; Badinou 2003, 27. 29. 31–33. 51.<br />

150 Nr. E 48 Taf. 25; Mercati 2003, 58. 138 f. Nr.<br />

B7 Taf. 27; Heinrich 2006, 34 f. 81 f. 84. 92 Nr. Rf.<br />

22 Taf. 20, 1–3.<br />

III/39. Tampa (FL), Mus. of Art 86.70<br />

Taf. 17 Abb. 6<br />

Hydria des Harrow-Malers um 480–60 v. Chr.; aus<br />

Vulci<br />

Darstellung:<br />

Schulterfries: Kampfszene<br />

Bauchfries: Eine auf einem Diphros sitzende in<br />

ihren Mantel gehüllte Frau mit Spiegel und ein<br />

ebenso verhüllter Knabe in einer imposanten<br />

Hausarchitektur, außerhalb nähern sich ein<br />

Mann mit Knotenstock und Geld und ein<br />

Manteljüngling; im Hintergrund Alabastron und<br />

Athletenutensilien<br />

Literatur:<br />

ARV² 276,70; Beazley Addenda² 207; E. C. Keuls,<br />

Attic Vase-Painting and the Home Textile Industry,<br />

in: W. G. Moon (Hrsg.) (Hrsg.), Ancient Greek Art<br />

and Iconography (Wisconsin 1983) 228 f. Abb. 14,<br />

42; Meyer 1988, 88–103. 90 Abb. 1; J. Neils,<br />

Others within the Other: An Intimate Look at<br />

Hetairai and Maenads, in: B. Cohen (Hrsg.), Not<br />

S e i t e | 223


the Classical Ideal. Athens and the Construction of<br />

the Other in Greek Art (Leiden 2000) 211 f. Abb. 8,<br />

4; H. A. Shapiro, Fathers and Sons, Men and Boys,<br />

in: Neils – Oakley 2003, 98 f. Abb.; 267 f. Nr. 62.<br />

III/40. Kopenhagen, Nat. Mus. 124<br />

Taf. 18 Abb. 1–3<br />

Stamnos des Eucharides-Malers um 480/70 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit Spiegel und das Gewand raffend,<br />

Hund, auf einem Diphros sitzender Jüngling mit<br />

Knotenstock und Geldbeutel, eine sich eine das<br />

Haar mit einem Band richtende Frau.<br />

B: sitzende Frau mit Kranz (?), Jüngling mit<br />

Knotenstock und Geld, sitzende Frau mit<br />

Wollfaden (?); unter den Henkeln jeweils ein<br />

Tisch mit einem Skyphos, darüber ein<br />

fliegender Eros.<br />

Inschrift: EUCHARIDES KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 1580; 229, 35; Beazley Para. 347; K. P.<br />

Stähler, Eine unbekannte Pelike des Eucharidesmalers<br />

im Archäologischen Museum der <strong>Universität</strong><br />

Münster (Köln 1967) 17–21 Taf. 4, B; 6; 7, A;<br />

Meyer 1988, 106 Abb. 11. 12; A. Schäfer, Unterhaltung<br />

beim griechischen Symposium. Darbietungen,<br />

Spiele und Wettkämpfe von homerischer bis<br />

in spätklassische Zeit (Mainz 1997) Taf. 36, 2–4.<br />

III/41. Univ. of Chicago, D. & A. Smart Gall.<br />

16.140<br />

o. Abb.<br />

Stamnos des Kopenhagen-Malers um 480-460 v.<br />

Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Stehende Frauen, eine mit Spiegel, eine mit<br />

Spindel; Nymphenkranich, Klismos<br />

B: Mann mit Bürgerstock und Geld zwischen zwei<br />

Frauen; Diphros, Alabastron<br />

Literatur:<br />

ARV² 258,18; 1640; Beazley-Archiv.<br />

III/42. San Antonio (TX), Art Mus. 86.34.2<br />

Taf. 18 Abb. 4<br />

Schale des Penthesilea-Maler/ des Malers von<br />

Brüssel R 330<br />

Darstellung:<br />

A: Frau mit ausgestrecktem Geldbeutel zwischen<br />

zwei Jünglingen mit Bürgerstöcken; Schild und<br />

Schwert, Sandale und Kranz an der Wand.<br />

B: Frau mit Kranz/Kette zwischen zwei Jünglingen<br />

mit Bürgerstöcken; Band, Sandale an der Wand.<br />

I: Zwei Jünglinge, einer vermummt, einer mit<br />

Bürgerstock.<br />

Literatur:<br />

H. A. Shapiro et al. (Hrsg.), Greek Vases in the San<br />

Antonio Museum of Art (San Antonio 1995) 172 f.<br />

Nr. 87.<br />

S e i t e | 224<br />

III/43. Berlin, Antikensammlung F 2261<br />

Taf. 18 Abb. 5–7<br />

Weißgrundige Pyxis des Veji-Malers um 460–450<br />

v. Chr.; aus Athen<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, forteilende Frau mit ausgestreckter<br />

Hand, große doppelflügelige Tür, Frau mit Spiegel,<br />

Frau mit Wollknäuel vor einem Kalathos mit<br />

Spindel und Spinnrocken, forteilende Frau mit<br />

Wollkranz/Kette; an der Wand Sandalen, Bänder,<br />

Binde/Kranz, Geldbeutel, Alabastron.<br />

Literatur:<br />

ARV² 906,116; Beazley Addenda² 303; CVA Berlin<br />

(3) 21 f. Taf. 136, 1–4; E. C. Keuls, Attic Vase-<br />

Painting and the Home Textile Industry, in: W. G.<br />

Moon (Hrsg.), Ancient Greek Art and Iconography<br />

(Wisconsin 1983), 216 Abb. 14, 13; W.-D.<br />

Heilmeyer et al., Antikenmuseum Berlin. Die<br />

ausgestellten Werke (Berlin 1988) 146 f. Nr. 7;<br />

Vidale 2002, 465–467 Abb. 142, A–C.<br />

4. Die Ehefrau als Sexualpartnerin und<br />

Gefährtin<br />

IV/1. Buffalo, Mus. of Science C 23262<br />

Taf. 19 Abb. 1<br />

Loutrophoros; spätes 5./ frühes 4. Jh. v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Brautpaar hält sich an der Hand; Frau mit Kästchen<br />

und Band, geflügelte Frau mit Fackel und Band;<br />

Diphros.<br />

Literatur:<br />

Oakley – Sinos 1993, 39. 122 Abb. 122.<br />

IV/2. München, Mus. für antike Kleinkunst 2427/J<br />

347<br />

Taf. 19 Abb. 2<br />

Hydria des Kleophrades-Malers um 480 v. Chr.;<br />

aus Vulci<br />

Darstellung:<br />

Junge Frau mit gelösten Haaren und Griff ins<br />

Gewand legt einem sitzenden Jüngling die Hand<br />

auf die Schulter, Dienerin mit Alabastron und<br />

Wollkorb, Mann reicht einer sitzenden Frau<br />

ebenfalls mit losen Haaren einen Astragal, diese<br />

greift ihn um den Oberarm<br />

Inschrift: KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 189,72; 1632; Beazley Addenda² 188; CVA<br />

München (5) 22 f. Taf. 227, 3; 228, 3; 234, 3; N.<br />

Hoesch, Hetären, in: K. Vierneisel – B. Kaeser<br />

(Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des Trinkens.<br />

Ausstellungskatalog München (München 1990) 233<br />

Abb. 37, 7; Reinsberg 1993, 125 f. Abb. 69.<br />

IV/3. Paris, Musée du Louvre G 143<br />

Taf. 19 Abb. 3<br />

Schale des Makron um 490–480 v. Chr.; aus Vulci


Darstellung:<br />

A/B: Werbeszenen<br />

I: Mann und Frau in Umarmung<br />

Inschrift: HIERON EPOESEN<br />

Literatur:<br />

ARV² 469,148; 482; Beazley Addenda² 245; Meyer<br />

1988, 104 f. Abb. 7; Dierichs 1993, 67 f. Abb. 119;<br />

Kilmer 1993, AT P. 146, R630; Kunisch 1997, 7. 8<br />

Anm. 37; 24. 35. 45 Abb. 12; 50; 78. 80. 94. 117 f.<br />

201 f. Nr. 381 Taf. 131, 381.<br />

IV/4. Berlin, Antikensammlung F 2269<br />

Taf. 19 Abb. 4<br />

Schale um 520 v . Chr.<br />

Darstellung:<br />

I: Bekränzter Jüngling und ein junges Mädchen in<br />

Umarmung<br />

Literatur:<br />

Dierichs 1993, 113 f. Abb. 197.<br />

IV/5. New York, Metropolitan Mus. of Art<br />

07.286.50<br />

Taf. 19 Abb. 5<br />

Schalenfragment des Kuss-Malers um 510–500 v.<br />

Chr.; aus Arezzo<br />

Darstellung:<br />

A/B: Komos oder Kampf (?)<br />

I: sich umarmendes heterogeschlechtliches Paar<br />

Literatur:<br />

ARV² 177,2; Reeder 1995, 192 f. Nr. 41; Dierichs<br />

1993, 113 f. Abb. 199.<br />

IV/6. Luzern, Kunsthandel Ars Antiqua<br />

o. Abb.<br />

Schale des Epidromos-Malers<br />

Darstellung:<br />

I: Jüngling umarmt ein um einen Kopf kleineres<br />

Mädchen; Bürgerstock, Athletenutensilien,<br />

Kranich.<br />

Inschrift: EPIDROMOS KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 118,14; 1577; Beazley-Archiv<br />

IV/7. Athen, Nat. Mus., Acropolis Coll. 1.2277<br />

Taf. 19 Abb. 6<br />

Schwarzfiguriges Alabastron; aus Athen/Akropolis<br />

Darstellung:<br />

Sich umarmendes und küssendes Paar; Beifiguren.<br />

Literatur:<br />

B. Graef – E. Langlotz, Die antiken Vasen von der<br />

Akropolis zu Athen 4 (Berlin 1925) Taf. 96, 2277;<br />

Badinou 2003, Nr. A 79 Taf. 64.<br />

IV/8. Chicago (IL), Art Institut 1911.456<br />

Taf. 20 Abb. 1<br />

Hydria des Leningrad-Malers um 460–450 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Sich küssendes Paar wird flankiert von einem<br />

verhüllten Jüngling und zwei Frauen, von denen die<br />

am rechten Rand einen Handwebrahmen in der<br />

Hand hält; Sakkos, Lekythos an der Wand<br />

Literatur:<br />

ARV² 572,88; Beazley Addenda² 261; W. G. Moon<br />

(Hrsg.), Greek Vase-Painting in Midwestern<br />

Collections. Ausstellungskatalog Chicago<br />

²(Chicago 1981) 170 f. Nr. 97; Dierichs 1993, 70 f.<br />

Abb. 123; Bundrick 2008, 298 f. Abb. 7.<br />

IV/9. London, British Mus. E 44/1836.2-24.25<br />

Taf. 20 Abb. 2<br />

Schale des Onesimos; aus Vulci<br />

Darstellung:<br />

A: Herakles mit dem erymanthische Eber bei<br />

Eurystheus<br />

Inschrift: KALE<br />

B: Pferdegespann, Hermes<br />

Inschrift: [K]ALOS<br />

I: am Boden hockender Mann mit Stirnglatze, sich<br />

entkleidende oder gürtende Frau; Korb,<br />

Barbiton<br />

Inschrift: [K]ALOS PANAITOS KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 1604; 318,2; 313; Beazley Addenda² 214;<br />

CVA London (9) 20 f. Nr. 6 Abb. 3, E. H; 4, F Taf.<br />

9, A. B; 10, A–D; Keuls 1985, 189 f. Abb. 172; I.<br />

Peschel, Die Hetäre bei Symposium und Komos in<br />

der attisch rotfigurigen Malerei des 6.–4. Jhs. v.<br />

Chr. (Frankfurt 1987) 170 f. Taf. 132; J. Christiansen<br />

– T. Melander (Hrsg.), Proceedings of the 3 rd<br />

Symposium on Ancient Greek and Related Pottery,<br />

Kopenhagen 28.8.–4.9.1987 (Kopenhagen 1988)<br />

251 Abb. 6; M. Maas – J. M. Snyder, Stringed<br />

Instruments of Ancient Greece (New Haven 1989)<br />

134 Abb. 12; Kilmer 1993, AT P.146, R445.<br />

IV/10. Würzburg, Martin-von-Wagner Mus. 541/<br />

L 541/H 4455 Taf. 20 Abb. 3. 4<br />

Pyxis des Washing-Painter um 420 v. Chr.; aus<br />

Athen<br />

Darstellung:<br />

Eine auf einer Kline sitzende Braut frisiert sich<br />

unter Mithilfe von Eros; ringendes Erotenpaar (Eros<br />

und Anteros?), sitzende und stehende Beobachterin,<br />

weibliche Beifiguren mit Loutrophoros, Kästchen,<br />

Harfenspielerin.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1133,196; 1684; Beazley Addenda² 333; CVA<br />

Würzburg (2) 48 f. Abb. 37 Taf. 33, 4; LIMC VI<br />

(1992) 642 Nr. 31 Taf. 376, 31 s. v. Morai (S. de<br />

Angeli); E. Simon, Aphrodite und Adonis. Eine<br />

neuerworbene Pyxis in Würzburg, AntK 15, 1972,<br />

25 f. Taf. 6, 1–3; Oakley – Sinos 1993, 17 f. 65 Abb.<br />

24–27; 34, 1–5, 35, 1–8; Mösch-Klingele 2006, 55.<br />

234 Nr. 77 Abb. 12, A–D; Heinrich 2006, 107.<br />

IV/11. Athen, Nat. Mus. 1619/CC 1239<br />

Taf. 20 Abb. 5<br />

Hydriafragment der 2. Hälfte des 5. Jhs. v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Braut sitzt mit verhülltem Haupt auf der<br />

Hochzeitskline, neben ihr Aphrodite (?), weibliche<br />

Beifiguren mit Bändern, Kalathos<br />

S e i t e | 225


Literatur:<br />

A. Brückner, Athenische Hochzeitsgeschenke, AM<br />

32, 1907, 92–94 Abb. 5 Taf. 6; L. D. Caskey, The<br />

Ludovisi and Boston Reliefs, AJA 22, 1918, 134 f.<br />

Abb. 12; Reinsberg 1993, 62. 65 Abb. 19.<br />

IV/12. London, British Mus. E 51/1843.11-3.94<br />

Taf. 20 Abb. 6<br />

Schale des Douris um 480–470 v. Chr.; aus Vulci<br />

Darstellung:<br />

A: Bärtiger Mann mit Geld und eine Frau mit<br />

Alabastron (?), Mann und Frau in Konversation,<br />

bärtiger Mann mit Geld ohne Bezugsperson.<br />

B: Jüngling und eine Frau mit Alabastron, Jüngling<br />

und Frau in Konversation, Jüngling ohne<br />

Bezugsperson; Spiegel an der Wand.<br />

I: An einer Blüte riechende Frau neben einer Kline<br />

und einem Kalathos; Spiegel an der Wand<br />

Inschrift: HE PAIS KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 449,4; 1653; Beazley Para. 376; CVA<br />

London (9) 41 f. Abb. 1, C; 2, F; 8, C Taf. 37, A. B;<br />

38, A. B; Meyer 1988, 104 Abb. 8; 105 f.<br />

IV/13. Paris, Musée du Louvre CA 587<br />

Taf. 20 Abb. 7<br />

Pyxis des Malers der Kentauromachie Louvre um<br />

430 v. Chr.; aus Griechenland<br />

Darstellung:<br />

Auf einem Klismos sitzende Frau mit Spiegel; Frau<br />

mit Handwebrahmen; Tür mit geöffnetem<br />

Türflügel, der den Blick auf eine Kline frei gibt.<br />

Sitzende Frau überwacht das Zusammenlegen eines<br />

Himation, Frau mit Kästchen; Vogel, Gefäß, Säule.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1094,104; 1682; Beazley Addenda² 328;<br />

Beazley Para. 449; E. C. Keuls, Attic Vase-Painting<br />

and the Home Textile Industry, in: W. G. Moon<br />

(Hrsg.), Ancient Greek Art and Iconography<br />

(Wisconsin 1983) 222 f. Abb. 14, 31; J. B.<br />

Connelly, Parthenon and Parthenoi, AJA 100,<br />

1996, 65 Abb. 10; F. Frontisi-Ducroux – J.-P.<br />

Vernant, Dans l´oeil du miroir (Paris 1997) Taf.<br />

28; Bundrick 2008, 301 f.<br />

IV/14. Athen, Agora Mus. P 18283<br />

Taf. 20 Abb. 8<br />

Epinetronfragment um 440–410 v. Chr.; von der<br />

Agora/Athen<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Alabastron und Blüte, weibliche<br />

Beifigur, Kline<br />

Literatur:<br />

R. S. Young, An Industrial District of Ancient<br />

Athens, Hesperia 20, 1951, Taf. 79, 1; M. B.<br />

Moore, Attic red-figured and white-ground Pottery,<br />

Agora 30 (Princeton 1997)351 Nr. 1642 Taf. 154,<br />

1642; Badinou 2003, 39. 51. 152 Nr. E 60 Taf. 32;<br />

S. I. Rotroff – R. D. Lamberton, Women in the<br />

Athenian Agora (Athen 2006) 30 Abb. 32.<br />

S e i t e | 226<br />

IV/15. Athen, Benaki Mus. Inv. 31138<br />

Taf. 21 Abb. 1. 2<br />

Kalpis des Dinos-Malers um 425–420 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Schulterfries: Frau auf Diphros mit Kalathos, Frau<br />

mit Band und Kästchen, Frau mit Diphros und<br />

Spiegel (?), Bräutigam mit Bürgerstock auf<br />

Klismos, Braut auf Diphros, Frau mit Fächer,<br />

Jüngling, Frau, weiterer Jüngling auf Klismos;<br />

Tür des Thalamos mit Blick auf Kline, Kranz,<br />

Vogel.<br />

A: Auf Klismos sitzende Frau mit Kalathos, Frauen<br />

mit Bändern, Kästchen und Spiegel<br />

B: Auf Klismos sitzende Frau, Frauen mit<br />

Bändern, Kästchen und Spiegel.<br />

Literatur:<br />

CVA Athen, Benaki Mus. (1) 25–28 Abb. 46. 47 Taf.<br />

12–16.<br />

IV/16. Christchurch (N. Z.), Canterbury Mus. AR<br />

430<br />

Taf. 21 Abb. 3<br />

Schalenfragment des Douris/des Malers von<br />

London E 55 um 480 v. Chr.; aus Orvieto<br />

Darstellung:<br />

A/B: Symposion: lagernde Symposiasten, lagernde<br />

Hetären, Musikantinnen.<br />

I: Frau schlingt ihre Arme um den Hals eines<br />

Jünglings, der mit einem Handgestus auf eine<br />

Kline verweist, Tür; Außenseite: Symposion.<br />

Inschrift: HIKET[ES] KALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 438,138; Peschel 1987, 219 f. Taf. 157. 158;<br />

D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-Painter of<br />

Athenian Red-Figure Vases (Mainz 1995 ) Nr. E 12<br />

Taf. 126; Lewis 2002, 121 f. Abb. 3, 23; Badinou<br />

2003, 64. 67 Taf. 135. 136.<br />

IV/17. Sydney, Nicholson Mus. 98.42<br />

Taf. 21 Abb. 4<br />

Apulischer Glockenkrater des Dioskuren-Malers<br />

um 390–380 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Ein fliegender Eros führt eine Frau an der Hand auf<br />

eine Tür zu; sie umarmt und wird umarmt von<br />

einem nackten Jüngling; Säule<br />

Literatur:<br />

LIMC III (1986) 906 Nr. 642 Taf. 646 s. v. Eros<br />

(Ch. Augé – P. Lonant de Bellefonds).<br />

IV/18. St. Petersburg, State Hermitage Mus. 1602/<br />

ST 1723/B 637<br />

Taf. 21 Abb. 5<br />

Kelchkrater des Triptolemos-Malers um 490–480 v.<br />

Chr.; aus Cerveteri<br />

Darstellung:<br />

A: Danae sitzt auf einer Kline, die Füße auf einen<br />

Schemel gestellt und knüpft sich ein Band ins<br />

Haar; sie blickt nach oben zum Goldregen, der<br />

auf ihren Schoß herabregnet.<br />

Inschrift: DANAE


B: Danae und Perseus werden in die Kiste gesetzt;<br />

Handwerker, Akrisios.<br />

Literatur:<br />

ARV² 360,1; 1648; Beazley Addenda² 222; LIMC<br />

III (1986) 327 Taf. 243, 1 s. v. Danae (J. J. Maffre);<br />

M. d´Abruzzo, Una pasta vitrea da Altino e il mito<br />

di Danae, RdA 17, 1993, 18. 24 Nr. 2 Taf.<br />

D´ABRUZZO Abb. 2; Reeder 1995, 269–271 Nr.<br />

74.<br />

IV/19. Paris, Musée du Louvre CA 925<br />

Taf. 21 Abb. 6<br />

Böotischer Glockenkrater um 410–400 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Danae sitzt halb zurückgelehnt und mit entblößtem<br />

Oberkörper auf einer Kline und empfängt Zeus in<br />

Form eines Goldregens; Skyphos (?), Hydria.<br />

Literatur:<br />

LIMC III (1986) 328 Taf. 244, 9 s. v. Danae (J. J.<br />

Maffre); M. d´Abruzzo, Una pasta vitrea da Altino<br />

e il mito di Danae, RdA 17, 1993, 25 Nr. 10 Taf.<br />

D´ABRUZZO Abb. 7.<br />

IV/20. Brüssel, Musées Royaux d´Art et d´Histoire<br />

R 351<br />

Taf. 21 Abb. 7<br />

Hydria des Dikaios-Maler; aus Eretria<br />

Darstellung:<br />

Zwei Symposiasten beim Liebespiel mit Hetären<br />

Inschriften: POLYLA[OS]; HEGIL[L]A;<br />

KLEOKRATE[S]; SEK[Y]LINE<br />

Literatur:<br />

ARV² 31,7; Beazley Addenda² 157; Peschel 1987,<br />

28 f. Taf. 2; Kilmer 1993, 48 f. 70 Taf. AT P. 146 R<br />

62; Reinsberg 1993, 99 Abb. 48; Dierichs 1997, 68<br />

f. Abb. 121, A–C.<br />

IV/21. Paris, Musée du Louvre G 13<br />

Taf. 22 Abb. 1<br />

Schale des Pedieus-Malers um 510–500 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Sexsszenen beim Symposium: auf einem<br />

Diphros liegende Hetäre wird von einem Mann<br />

penetriert und gleichzeitig mit einer Sandale<br />

geschlagen bzw. bedroht, während sie einen vor<br />

ihr stehenden Jüngling oral befriedigt; zweite,<br />

diesmal auf dem Boden auf allen Vieren<br />

knieende Hetäre bekommt gerade den Penis des<br />

Jünglings in den Mund geschoben.<br />

B: (stark beschädigt) Gruppe bestehend aus drei<br />

Männern und einer ihre Glutäen in die Höhe<br />

reckenden Hetären; einer der Männer mit<br />

Dreizack und einem erigierten Penis von der<br />

Größe eines Kurzschwertes reicht seinem<br />

Nachbarn ein Öllämpchen (zur Depilation?);<br />

Hund, Reste mehrer Figuren.<br />

I: Jüngling mit Schale und Bürgerstock hat den<br />

Arm um eine Unterhalterin mit Lyra gelegt.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1578,16; Beazley Addenda² 170; CVA Paris,<br />

Musée du Louvre (19) 44 f. Taf. 68, 1. 2; 69, 1–3;<br />

Keuls 1985, 184 Abb. 166; Peschel 1987, Taf. 37,<br />

40; Kilmer 1993, Taf. AT P. 146 R 156; Reinsberg<br />

1993, 94. 101 Abb. 36. 50, A–C; Reeder 1995, 109<br />

Abb. 10; A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

Symposium. Darbietungen, Spiele und Wettkämpfe<br />

von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz<br />

1997) Taf. 33, 3; A. Stewart, Art, Desire, and the<br />

Body in Ancient Greece (Cambridge 1997) 9 Abb.<br />

5.<br />

IV/22. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 1970.233<br />

Taf. 22 Abb. 2<br />

Schale des Douris<br />

Darstellung:<br />

I: Kopulierendes Paar; sie stützt sich mit beiden<br />

Armen auf einem niedrigen Schemel mit<br />

Löwenfüßen ab, auf dem ein Kleiderbündel<br />

abgelegt ist; Strigilis und Alabastron, Kline mit<br />

Kissen.<br />

Inschrift: HE PAI[S] K[AL]E, HECHE<br />

HESY[CH]OS<br />

Literatur:<br />

ARV² 444,241; Beazley Addenda² 240; Peschel<br />

1987, 236 f. Taf. 180; R. F. Sutton Jr.,<br />

Pornography and Persuasion on Attic Pottery, in:<br />

A. Richlin (Hrsg.), Pornography and<br />

Representation in Greece and Rome (Oxford 1992)<br />

11f. Abb. 1, 2; Dierichs 1993, 74 Abb. 133; Kilmer<br />

1993, 34. 39. 83 f. 88. 127. 188 AT P.146, R577; D.<br />

Buitron-Oliver, Douris. A Master-Painter of<br />

Athenian Red-Figure Vases (Mainz 1995) 40. 44.<br />

85 Nr. 233 Taf. 111; A. Stewart, Art, Desire and the<br />

Body in Ancient Greece (Cambridge 1997) 163<br />

Abb. 104.<br />

IV/23. München, ehem. Sammlung Arndt<br />

Taf. 22 Abb. 3<br />

Schale des Hochzeits-Malers<br />

Darstellung:<br />

Kopulierendes Paar; Geldbeutel<br />

Literatur:<br />

ARV² 923,29; Beazley Addenda² 305; Dierichs<br />

1993, 73 Abb. 129; Kilmer 1993, 34. 39. 84 Anm.<br />

11; 94 Anm. 37; 182 f. 188 Anm. 7 Taf. AT P. 147,<br />

R864; S. von Reden, Exchange in Ancient Greece<br />

(London 1995) Taf. 6, C.<br />

IV/24. Malibu, John Paul Getty Mus. 83.AE.321<br />

Taf. 22 Abb. 4<br />

Schale um 480–70 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Kopulierendes Paar; eine Frau sitzt rittlings und mit<br />

gespreizten Beinen auf einem Mann, der auf einem<br />

Klismos sitzt; er umfasst ihre Brust mit der rechten<br />

Hand, sie hält seinen Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

Dierichs 1993, 78 Abb. 145; Kilmer 1993, 38. 52 f.<br />

Anm. 51. 52; 86 Anm. 15 AT P. 147, R814;<br />

Reinsberg 1993, 111 Abb. 60.<br />

S e i t e | 227


IV/25. Berlin, Antikensammlung F 2414<br />

Taf. 22 Abb. 5<br />

Oinochoe des Shuvalow-Malers um 430–420 v.<br />

Chr.; aus Lokri/Italien<br />

Darstellung:<br />

Junge Frau steigt einem auf einem Klismos<br />

sitzenden Jüngling auf den Schoß; sein Penis ist<br />

erigiert; beide blicken sich tief in die Augen, wobei<br />

sich ihrer beider Stirn berühren.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1208,41; 1704; Beazley Addenda² 346; CVA<br />

Berlin (3) 27 Taf. 145, 2; Peschel 1987, 311 f. Taf.<br />

249; W.-D. Heilmeyer et al., Antikenmuseum<br />

Berlin. Die ausgestellten Werke (Berlin 1988) 154<br />

Nr. 10; Dierichs 1993, 75 f. Abb. 140; 146, 1. 2;<br />

Kilmer 1993, 45. 52. 153 f. Anm. 60; 163 f. 168.<br />

183. 189–191. 214 Anm. 46 AT P.147, R970;<br />

Reinsberg 1993, 133 Abb. 77; A. Stewart, Art,<br />

Desire and the Body in Ancient Greece (Cambridge<br />

1997) 163 Abb. 193 Taf. 2, B.<br />

5. Zur Figur des Eros<br />

V/1. Tübingen, Eberhard-Karls-Univ., Arch. Inst.<br />

5439<br />

Taf. 23 Abb. 1<br />

Kelchkraters der Polygnot-Gruppe; aus Tarent<br />

Darstellung:<br />

Satyr mit Kantharos und Oinochoe, Dionysos,<br />

langgewandet mit Thyrsos, Ariadne auf<br />

gepolstertem Felslager, Himeros mit Phiale.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1057,97; Beazley Addenda² 322; Beazley<br />

Para. 445; CVA Tübingen (4) 46–48, Taf. 18, 1–7;<br />

LIMC III (1986) Addenda s. v. Ariadne 1061 Nr.<br />

111 Taf. 733, 111 (J. Jurgeit); E. Simon, Ausgewählte<br />

Schriften I. Griechische Kunst (Mainz 1998)<br />

146 Abb. 12, 6; H. A. Shapiro, Personifications in<br />

Greek Art. The Representation of Abstract Concepts<br />

600–400 v. Chr. (Zürich 1993) 115 Abb. 66.<br />

V/2. Paris, Musée du Louvre G 424<br />

Taf. 23 Abb. 2<br />

Glockenkrater des Menelaos-Malers um 450 v.<br />

Chr.; aus Egnatia/Italien<br />

Darstellung:<br />

A: Menelaos verfolgt Helena, Aphrodite, Eros mit<br />

Spendeschale (?)<br />

B: In ihren Mantel eingehüllte Frau, bärtiger Mann,<br />

Manteljüngling<br />

Literatur:<br />

ARV² 1077,5; CVA Paris, Musée du Louvre (4) III I<br />

d 15 Taf. 23, 4–6; LIMC II (1984) 140 f. Nr. 1474<br />

Taf. 144 s. v. Aphrodite (A. Delivorrias).<br />

V/3. Florenz, Mus. Arch. 81948<br />

Taf. 23 Abb. 3<br />

Hydria des Meidias-Malers; aus Populonia/Italien<br />

S e i t e | 228<br />

Darstellung:<br />

Adonis mit Lyra liegt in den Armen der Aphrodie,<br />

Eros spielt die Junx, zahllose Personifikationen und<br />

Allegorien wie Paidia, Hygeia, Eudaimonia,<br />

Pannychis etc.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1312,1; Beazley Addenda² 361; H. A.<br />

Shapiro, Personifications in Greek Art. The Representation<br />

of Abstract Concepts 600–400 v. Chr.<br />

(Zürich 1993) 63 Abb. 16; 86 Abb. 39; 118 Abb.<br />

70; 129 Abb. 81; E. Böhr, A Rare Bird on Greek<br />

Vases, in: J. H. Oakley (Hrsg.), Athenian Potters<br />

and Painters. The Conference Proceedings (Oxford<br />

1997) 118 Abb. 15.<br />

V/4. Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense RC 5291<br />

Taf. 23 Abb. 4<br />

Schale aus dem Umfeld des Brygos-Malers; aus<br />

Tarquinia<br />

Darstellung:<br />

A: Menelaos verfolgt Helena; sie flüchtet sich in<br />

ein Aphrodite-Heiligtum mit Altar; Aphrodite<br />

selbst sitzt mit verhülltem Haupt unter der<br />

Tempelarchitektur<br />

B: Theseus verlässt die unter einem Rebstock<br />

schlafende Ariadne; Eros bekränzt/schmückt<br />

die Schlafende; Hermes<br />

I: Krieger (Mann mit Lanze) führt seine Braut<br />

heim<br />

Literatur:<br />

ARV² 405,1; 1651; Beazley Addenda² 231; Beazley<br />

Para. 370.23BIS,371; CVA Tarquinia (2) III I 4 f.<br />

Taf. 18, 1–3; LIMC III Addenda (1986) 1057 Nr. 53<br />

Taf. 730, 53 s. v. Ariadne (J. Jurgeit); H. A.<br />

Shapiro, Personifications in Greek Art. The<br />

Representation of Abstract Concepts 600–400 v.<br />

Chr. (Zürich 1993) 156 Abb. 120.<br />

V/5. Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia 20846<br />

Taf. 23 Abb. 5<br />

Pelike des Malers der Geburt der Athena um 450 v.<br />

Chr.; aus Cerveteri<br />

Darstellung:<br />

A: Poseidon mit Dreizack und Amymone mit<br />

Hydria, Eros, Beifiguren: zwei Frauen, Mann<br />

mit Zepter.<br />

B: Bärtiger Mann mit Zepter verfolgt eine Frau, die<br />

ihn mit der Hand abzuwehren versucht;<br />

weibliche Beifiguren.<br />

Inschrift: POSEIDON; AMYMONE<br />

Literatur:<br />

ARV² 494,2; Beazley Addenda² 250; Reeder 1995,<br />

358 f. Nr. 114.<br />

V/6. Berlin, Antikensammlung F 2373<br />

Taf. 23 Abb. 6<br />

Loutrophoros des Meidias-Malers um 420–410 v.<br />

Chr.; aus Sunion<br />

Darstellung:<br />

Brautpaar steht sich gegenüber, zwischen ihnen ein<br />

Eros, der die Braut mit einer Kette oder einem


Kranz schmückt; flankiert von zwei Frauenfiguren,<br />

von denen eine den Brautschleier richtet, die andere<br />

zwei Fackeln hält.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1322,20; W.-D. Heilmeyer et al.,<br />

Antikenmuseum Berlin. Die ausgestellten Werke<br />

(Berlin 1988) 138 Abb. rechts; Mösch-Klingele<br />

2006, Abb. 58.<br />

V/7. London, British Mus. 96.12-17.11/1896.12-<br />

17.11<br />

o. Abb.<br />

Fragment einer Loutrophoros des Washing-Painter<br />

Darstellung:<br />

Brautpaar mit Eros, Frauen mit Fackeln<br />

Literatur:<br />

ARV² 1127,10; Sutton 1997, 35 Abb. 12.<br />

V/8. Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888<br />

Taf. 24 Abb. 1<br />

Loutrophorosfragment um 420 v. Chr.; aus<br />

Griechenland<br />

Darstellung:<br />

Bräutigam hält seine Braut am Handgelenk, Eros<br />

mit miniaturhafter Loutrophoros-Hydria und<br />

Loutrophoros-Amphora, weibliche Beifiguren mit<br />

Kästchen, Exaleiptron und Fackeln.<br />

Literatur:<br />

E. Brümmer, Griechische Truhenbehälter, JdI 100,<br />

1985, 145, Abb. 36, A; Reeder 1995, 168 f. Nr. 25;<br />

W. Oenbrink, Ein „Bild im Bild“-Phänomen. Zur<br />

Darstellung figürlich dekorierter Vasen auf<br />

bemalten attischen Tongefäßen, Hephaistos 14,<br />

1996, 88 Abb. 1; Mösch-Klingele 2006, 42 f. 76–81.<br />

231 Nr. 50 Abb. 41, A. B; M. S. Venit, Point and<br />

Counterpoint. Painted Vases on Attic Painted Vases,<br />

AntK 49, 2006, 36 Taf. 9, 1.<br />

V/9. Athen, Nat. Mus. 16279<br />

Taf. 24 Abb. 2<br />

Loutrophoros des Washing-Painters; aus Athen<br />

Darstellung:<br />

Bräutigam hält das Handgelenk seiner Braut, Flöte<br />

spielender Eros, Frau mit Fackel, Nympheutria<br />

richtet den Brautschleier.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1127,14; Beazley Para. 453; Oakley – Sinos<br />

1993, 32. 97 Abb. 85; O. Cavalier (Hrsg.), Silence<br />

et Fureur. La femme et le marriage en Grece. Les<br />

antiquites grecques du Musée Calvet (Avignon<br />

1997) 445 Abb. 138; Mösch-Klingele 2006, 232 Nr.<br />

64 mit Anm. 10 Abb. 56.<br />

V/10. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 10.223<br />

Taf. 24 Abb. 3<br />

Fragment einer Loutrophoros des Phiale-Malers<br />

Darstellung:<br />

Die Nympheutria legt der sitzenden Braut soeben<br />

den Schleier über das Diadem bekrönte Haupt bzw.<br />

nimmt ihn ab, Eros bringt ein (Haar-) Band; der der<br />

Braut gegenübersitzende Jüngling ist wohl der<br />

Bräutigam; zwischen dem Brautpaar steht ein<br />

Knabe (Pais amphitales?), fragmentarisch erhalten<br />

Frauen mit Körben, darunter ein großer, flacher<br />

Korb (mit Feigen und Nüssen?), bzw. einem<br />

Kästchen; Band, Lekythos und Sakkos an der<br />

Wand.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1017,44; J. Reilly,” Mistress and Maid” on<br />

Athenian Lekythoi, Hesperia 58, 1989, 418 Taf.<br />

78A; Reeder 1995, 169–171 Nr. 26; Oakley – Sinos<br />

1993, 25 f. 83 Abb. 60. 61; Reinsberg 1993, 58 Abb.<br />

12, A. B.<br />

V/11. Oxford, Ashmolean Mus. 1927.4067<br />

Taf. 24 Abb. 4<br />

Fragment einer Loutrophoros aus dem Umfeld des<br />

Malers von Athen 1454 um 420 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Braut mit einem Eros auf der Schulter; dieser hat<br />

den Blick auf den Bräutigam gerichtet; von links<br />

nähert sich der Zug der Epaulia, von der allerdings<br />

nur eine einzelne weibliche Person mit Exaleiptron,<br />

Kästchen und Band erhalten ist; Kranz, Sakkoi,<br />

Band an der Wand.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1179; CVA Oxford (2) 112 f. Taf. 59, 3. 4;<br />

Oakley – Sinos 1993, 39. 120. 121 Abb. 120. 121.<br />

V/12. Berlin, Antikensammlung F 2520<br />

Taf. 24 Abb. 5<br />

Pyxis; aus Attika<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, Eros mit Kette; Frauen mit<br />

Kästchen, Bändern, Spiegel<br />

Literatur:<br />

CVA Berlin (3) 24 Taf. 139, 5–7; S. Roberts, The<br />

Attic Pyxis (Chicago 1978) Taf. 74, 1.<br />

V/13. Giessen, Justus-Liebig-Univ.,<br />

Antikensammlung KIII 44<br />

Taf. 24 Abb. 6<br />

Lekythos der 2. Hälfte des 5. Jhs. v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Kranz, Eros mit Band / Kranz<br />

Literatur:<br />

CVA Giessen (1) 52 Beil. 7,3 Taf. 36, 1–3.<br />

V/14. London, British Mus. E 187<br />

Taf. 25 Abb. 1<br />

Hydria des Kensington-Malers; aus Rhodos<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Kalathos, Eros mit Band (?)<br />

Literatur:<br />

ARV² 1071,2; CVA London (5) III I c 14, Taf. 82, 2.<br />

V/15. Berlin, Antikensammlung F 2393<br />

Taf. 25 Abb. 2<br />

Hydria aus dem Umfeld des Klio-Malers; aus<br />

Theben/Böotien<br />

S e i t e | 229


Darstellung:<br />

Sich gürtende Frau, Frau mit Kästchen, Eros mit<br />

Himation und Spindel, Klismos<br />

Literatur:<br />

CVA Berlin (9) 43 f. Beil. 6,1 Taf. 20, 4; 21, 1–3;<br />

W.-D. Heilmeyer et al., Antikenmuseum Berlin. Die<br />

ausgestellten Werke (Berlin 1988) 142 Nr. 2; J. H.<br />

Oakley (Hrsg.), Athenian Potters and Painters. The<br />

Conference Proceedings (Oxford 1997) 323 Abb. 7.<br />

V/16. University, Univ. of Mississippi, Univ. Mus.<br />

77.3.196<br />

Taf. 25 Abb. 3<br />

Pelike des Washing-Painter<br />

Darstellung:<br />

A: Nackte Frau mit Kalathos, Sakkos, Box in<br />

Begleitung von Eros<br />

B: Jüngling mit Phiale<br />

Literatur:<br />

H. A. Shapiro (Hrsg.), Art, Myth and Culture.<br />

Greek Vases from Southern Collections (Tulane<br />

1981) 27 Nr. 6.<br />

V/17. Agrigent, Mus, Arch. Regionale (o. Inv.)<br />

Taf. 25 Abb. 4<br />

Kelchkrater um 440–430 v. Chr.; aus Agrigent<br />

Darstellung:<br />

A: Eros kniet vor einer auf einem Klismos<br />

sitzenden Frau und zieht ihr das Schuhwerk an;<br />

im Rücken der Sitzenden steht als Beobachter<br />

ein Jüngling auf seinen Bürgerstock gestützt;<br />

Lyra an der Wand.<br />

B: Manteljüngling zwischen zwei Frauen<br />

Literatur:<br />

P. O. Vassallaggi, Scavi 1961. I. La necropoli<br />

meridionale, NSc 1971, Suppl., 129–132 Abb. 206.<br />

207; P. Griffo, Il Museo Archeologico Regionale di<br />

Agrigento (Rom 1987) 269 Nr. 228.<br />

V/18. Athen, Nat. Mus. 2179/CC1589<br />

Taf. 25 Abb. 5. 6<br />

Epinetron, 2. Hälfte 5. Jh. v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

A: Frau am Webstuhl, sitzende Frau mit Epinetron<br />

auf dem Knie und Wollkorb, Eros, Frau mit<br />

Flöten, Jüngling mit Wollkorb, Tür;<br />

B: Frau mit Alabastron, Frau mit Wollbinden vor<br />

einem Klismos, Frau mit einem Eimer/Korb,<br />

aus dem vielleicht Wollknäuel herausragen,<br />

Wollkorb am Boden.<br />

Literatur:<br />

S. A. Xanthudides, Epinetron, AM 35, 1910, 324 f.<br />

Abb. 1. 2; Badinou 2003, 8. 13. 15. 18 f. 25. 25. 40.<br />

48 Nr. E 57 Taf. 30; Mercati 2003, 26–28 Nr. B 17<br />

Taf. 36. 37; Sutton 2004, 336 f. Abb. 17, 7;<br />

Heinrich 2006, 39. 88 f. 99. 106. 108 Kat. Nr. 15<br />

Taf. 18, 1–4; Bundrick 2008, 307 f. Abb. 11.<br />

S e i t e | 230<br />

V/19. San Simeon (CA), Hearst Historical State<br />

Monument 10004<br />

Taf. 26 Abb. 1<br />

Hydria aus dem Umfeld des Klio-Malers; aus<br />

Capua<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, das Knie zwischen den<br />

verschränkten Fingern, Jüngling mit Bürgerstock,<br />

Eros mit Band, Frau mit Kalathos<br />

Literatur:<br />

ARV² 1083,3; Bundrick 2008, 287 Abb. 4; 308 f.<br />

V/20. Ehem. Stettin, Mus. (o. Inv.)<br />

Taf. 26 Abb. 2<br />

Hydria des Hephaistos-Malers<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Kalathos, Eros mit<br />

Handwebrahmen und Flötenfutteral, Jüngling mit<br />

Geldbeutel und Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 1116, 47; Bundrick 2008, 323 f. Abb. 15.<br />

V/21. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 10.205<br />

o. Abb.<br />

Fragment einer Schale in der Art des Onesimos; aus<br />

Capua<br />

Darstellung:<br />

Frau mit Spindel, Jüngling mit Stock, Flügel eines<br />

Eros<br />

Literatur:<br />

ARV² 331,11; Beazley-Archiv.<br />

V/22. London, British Mus. E 189<br />

Taf. 26 Abb. 3<br />

Hydria aus dem Umfeld der Polygnot-Gruppe; aus<br />

Rhodos<br />

Darstellung:<br />

Eine stehende und eine sitzende Frau musizieren<br />

gemeinsam auf Flöte und Lyra, Eros schweb mit<br />

einem Kranz auf die Sitzende zu. Publikum ist eine<br />

Frau mit Lyra und Kästchen und eine in ihr<br />

Himation eingehüllte Frau.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1060,147; CVA London (6) III Ic 4 Taf. 86, 1;<br />

Götte 1957, 56.<br />

V/23. London, British Mus. E 191<br />

Taf. 26 Abb. 4<br />

Hydria des Duomo-Painters um 450–440 v. Chr.;<br />

aus Kamiros/Rhodos.<br />

Darstellung:<br />

Flötenspielende Frau sitzt auf einem Klismos mit<br />

Fußschemel; Jüngling mit Bürgerstock legt ihr die<br />

Hand auf die Schulter; Eros mit Lyra, Frau mit<br />

Kästchen; Sakkos an der Wand.<br />

Inschrift: IKALOS<br />

Literatur:<br />

ARV² 1119,29; CVA London (6) III Ic 4 Taf. 86, 2;<br />

Bundrick 2005, 41 Abb. 26.


V/24. Kassel, Antikensammlung der Staatl.<br />

Kunstsammlungen T 435<br />

Taf. 26 Abb. 5<br />

Glockenkrater des Kassel-Malers um 430 v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau mit Plektron spielt das Barbiton, Eros<br />

stützt den rechten Fuß auf einen quadratischen<br />

Block, Jüngling mit Stab; Beutel, Schreibtafel<br />

Literatur:<br />

ARV² 1083,1; Beazley Addenda² 160; CVA Kassel<br />

(1) 55 f. Taf. 35, 3. 4; 36, 10.<br />

V/25. Sorrent, Mus. Correale di Terranova (o. Inv.)<br />

o. Abb.<br />

Hydria des Kassel-Malers um 440–430 v. Chr.; aus<br />

Sorrent/Italien<br />

Darstellung:<br />

Junge nackte Frau tanzt mit Helm, Schild und<br />

Lanze zur Flötenmusik einer sitzenden Frau die<br />

Pyrriche, fliegender Eros, Jüngling mit Bürgerstock<br />

Literatur:<br />

ARV² 1085,35; M.-H. Delavaud-Roux, Les Danses<br />

Armees en Grece Antique (Aix-en-Provence 1993)<br />

134 Nr. 34; P. Ceccarelli, La pirrica nell´ antichità<br />

greco romana. Studi sulla danza armata (Pisa 1998)<br />

Taf. 9, 2.<br />

V/26. Brauron, Arch. Mus. (o. Inv.)<br />

Taf. 27 Abb. 1<br />

Schwarzfiguriges Alabastron um 490–470 v. Chr.;<br />

aus dem sog. Heroon der Iphigenie<br />

Darstellung:<br />

Vermummter Jüngling mit Hund wird von einem<br />

Eros bekränzt, weiterer Jüngling mit Hase, Hahn.<br />

Literatur:<br />

Beazley Para. 249; Badinou 2003, 107. 159 Nr. A<br />

23 Taf. 45.<br />

V/27. Paris, Cabinet des Medailles 303<br />

Taf. 27 Abb. 2–4<br />

Schwarzfigurige, weißgrundige Lekythos des<br />

Emporion-Malers<br />

Darstellung:<br />

Sitzende Frau, Jüngling, Eros mit Kranz; Frau und<br />

Jüngling in vertrauter, intimer Haltung<br />

Inschrift: KALOS<br />

Literatur:<br />

ABV 584,27; Beazley Para. 291; CVA Paris,<br />

Bibliotheque Nationale (2) 67 Taf. 87, 10. 11. 15–<br />

17; C. Haspels, Attic Black-figured Lekythoi (Paris<br />

1936) 264 Nr. 27.<br />

V/28. Paris, Musée du Louvre G 521<br />

Taf. 27 Abb. 5<br />

Glockenkrater des Malers von Louvre G521<br />

Darstellung:<br />

Lagernde, trinkende und Kottabos spielende<br />

Männer, Eros mit Tympanon<br />

Literatur:<br />

ARV² 1441,1; CVA Paris, Musée du Louvre (5) III I<br />

e 6 f. Taf. 5, 6–8.<br />

V/29. Neapel, Nat. Mus. H 2202/82924/M 2735<br />

Taf. 27 Abb. 6<br />

Glockenkrater des 4. Jhs. v. Chr.<br />

Darstellung:<br />

Symposiasten und Hetären auf einer Kline, Eroten<br />

Literatur:<br />

Peschel 1987, 268; A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

Symposium. Darbietungen, Spiele und Wettkämpfe<br />

von homerischer bis in spätklassische Zeit (Mainz<br />

1997) Taf. 51,2.<br />

V/30. Paris, Cabinet des Medailles 433<br />

Taf. 27 Abb. 7<br />

Glockenkrater der Peralta Reverse Group<br />

Darstellung:<br />

Eine Hetäre in den Armen eines Symposiasten wird<br />

von Eros mit einem Band / Kranz geschmückt,<br />

weitere Gelageteilnehmer mit Kylix, Schild (?);<br />

Weinrebe; Speisetische.<br />

Literatur:<br />

ARV² 1443,2; M. C. Miller, Athens and Persia in<br />

the Fifth Century B. C. A Study in Cultural<br />

Receptivity (Cambridge 1997) Taf. 74.<br />

S e i t e | 231


I/1. Boston (MA), Museum of Fine Arts 03.802<br />

Taf. 1 Abb. 1–4<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 51 Abb. 1; 109–<br />

111 Abb. 105–107<br />

I/2. Athen, Nat. Mus. 14790<br />

Taf. 1 Abb. 5<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 64 Abb. 23.<br />

I/3. St. Petersburg, St. Hermitage Mus. St. 1809<br />

Taf. 2 Abb. 6<br />

Abb. nach Mösch-Klingele 2006, Abb. 36.<br />

I/4. Berlin, Antikensammlung F 2372<br />

Taf. 2 Abb. 1<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 90 Abb. 73.<br />

I/5. Athen, Nat. Mus. 1629<br />

Taf. 2 Abb. 2. 3<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 127f. Abb. 128–<br />

129.<br />

II/1. Berlin, Antikensammlung F 2395<br />

Taf. 3 Abb. 4<br />

Abb. nach CVA Berlin (9) Taf. 26, 5.<br />

II/2. Athen, Nat. Mus. 1623A<br />

Taf. 3 Abb. 1–4<br />

Abb. nach R. F. Sutton Jr., The Oikos on Attic Red-<br />

Figure Pottery, in: A. P. Chapin (Hrsg.), Charis.<br />

Essays in Honor of Sara A. Immerwahr, Hesperia<br />

Suppl. 33 (Athen 2004) 341 f. Abb. 17, 12.<br />

II/3. Cambridge, Harvard University, Arthur M.<br />

Sackler Mus. 1960.342<br />

Taf. 4 Abb. 5<br />

Abb. nach Lewis 2002, 16 Abb. 1, 3.<br />

II/4. München, Antikensammlungen SL 476<br />

Taf. 4 Abb. 6<br />

Abb. nach Neils – Oakley 2003, 76 Abb. 12.<br />

II/5. Athen, Nat. Mus. CC 1552 bzw. 1588<br />

Taf. 3 Abb. 7; 4 Abb. 1. 2<br />

Abb. nach J. H. Oakley, The Phiale Painter (Mainz<br />

1990) Nr. 144 Taf. 116. 117.<br />

II/6. Athen, Nat. Mus. CC 1231 bzw. 1250<br />

Taf. 4 Abb. 3<br />

Abb. nach A. Brückner, Athenische Hochzeitsgeschenke,<br />

AM 32, 1907, Beil. 1.<br />

II/7. London, British Mus. E 396<br />

Taf. 4 Abb. 4<br />

Abb. nach I. Jenkins, Greek and Roman Life<br />

(London 1986) 33 Abb. 39.<br />

S e i t e | 232<br />

Abbildungsnachweis<br />

II/8. Münster, Wilhelms-Univ., Archäologisches<br />

Mus. 66<br />

Taf. 4 Abb. 5<br />

Abb. nach K. P. Stähler, Eine unbekannte Pelike<br />

des Eucharidesmalers im Archäologischen Museum<br />

der <strong>Universität</strong> Münster (Köln 1967) Taf. 2.<br />

II/9. Providence (RI), Rhode Island School of<br />

Design 25.088<br />

Taf. 4 Abb. 6. 7<br />

Abb. nach Neils – Oakley 2003, 236 Nr. 36, a–b.<br />

II/10. Cleveland, Mus. of Art 1925.1342<br />

Taf. 5 Abb. 1<br />

Abb. nach J. H. Oakley, Death and the Child, in:<br />

Neils – Oakley 2003, 187 Abb. Cat. 111.<br />

II/11. London, British Mus. E 193<br />

Taf. 5 Abb. 2<br />

Abb. nach CVA London (5) III Ic Taf. 82, 3.<br />

II/12. London, Britisch Mus. E 215<br />

Taf. 5 Abb. 3<br />

Abb. nach R. E. Leader, In Death not divided:<br />

Gender, Family, and State on Classical Athenian<br />

Grave Stelae, AJA 101, 1997, 687 Abb. 1.<br />

II/13. Athen, Nat. Mus. 2383 bzw. CC1590<br />

Taf. 5 Abb. 4. 5<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. E 46 Taf. 23.<br />

II/14. Karlsruhe, Badisches Landesmuseum B<br />

3078I<br />

Taf. 6 Abb. 1<br />

Abb. nach CVA Karlsruhe (1) 28 Taf. 22, 1–2.<br />

II/16. Gotha, Schlossmuseum 64<br />

Taf. 6 Abb. 2–4<br />

Abb. nach CVA Gotha (2) Taf. 62, 2; 63, 1–2.<br />

II/17. New York, Metropolitan Museum of Art<br />

17.230.15<br />

Taf. 6 Abb. 5; 7 Abb. 1. 2<br />

Abb. nach Lewis 2002, 143 Abb. 4, 8; G. M. A.<br />

Richter, Red-Figured Athenian Vases in the<br />

Metropolitan Museum of Art (New Haven 1936)<br />

Nr. 138 Taf. 141.<br />

II/18. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 93<br />

Taf. 7 Abb. 3<br />

Abb. nach S. R. Roberts, The Attic Pyxis (Chicago<br />

1978) Taf. 27.<br />

II/20. Palermo, Mormino Coll. 818<br />

Taf. 7 Abb. 4. 5


Abb. nach J. H. Oakley, The Phiale Painter (Mainz<br />

1990) Nr. 154ter Taf. 132, C. D;<br />

II/21. Würzburg, Martin-von-Wagner Museum<br />

L546 bzw. 546<br />

Taf. 7 Abb. 6–8<br />

Abb. nach Badinou 2003, A 246 Taf. 96.<br />

II/22. Hannover, Kestner Museum L 1.1982<br />

Taf. 8 Abb. 1<br />

Abb. nach D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-<br />

Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz<br />

1995) Taf. 90.<br />

II/23. Athen, M. Vlasto<br />

Taf. 8 Abb. 2<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. A 336 Taf. 119.<br />

II/24. Basel, Antikenmuseum und Sammlung<br />

Ludwig BS 490<br />

Abb. nach CVA Basel, Antikenmuseum und<br />

Sammlung Ludwig (2) Taf. 26, 2.<br />

II/25. <strong>Erlangen</strong>, Antikensammlung I 303<br />

Taf. 8 Abb. 4<br />

Abb. nach M. Boss – P. Kranz – U. Kreilinger<br />

(Hrsg.), Antikensammlung <strong>Erlangen</strong>.<br />

Auswahlkatalog (<strong>Erlangen</strong> 2002) 74 f. Nr. 28.<br />

II/26. London, British Mus. E339<br />

Taf. 8 Abb 5. 6<br />

Abb. nach CVA London, British Mus. (5) III I c<br />

Taf. 67, 1A. B.<br />

II/28. Kopenhagen, Nat. Mus. 149/Chr. VIII 810<br />

Taf. 9 Abb. 1<br />

Abb. nach CVA Kopenhagen, Nat. Mus. (3) Taf.<br />

133.<br />

II/29. Berlin, Antikensammlung 31426<br />

Taf. 9 Abb. 2–4<br />

Abb. nach CVA Berlin (2) Taf. 98, 1–3.<br />

II/30. Vatikan, Mus. Gregoriano Etrusco 16581<br />

Taf. 9 Abb. 5<br />

Abb. nach Kunisch 1997, Taf. 111, 334.<br />

II/31. Braunschweig, Herzog Anton Ulrich Mus.<br />

AT 263<br />

Taf. 9 Abb. 6<br />

Abb. nach CVA Braunschweig, Herzog Anton<br />

Ulrich-Museum Taf. 18, 4.<br />

II/32. Florenz, Mus. Arch. PD266<br />

Taf. 10 Abb. 1<br />

CVA Florenz, Museo Archeologico (3) Taf. 112, 2.<br />

III/1. Toledo(OH), The Toledo Museum of Art<br />

72.55 bzw. 1972.55<br />

Taf. 10 Abb. 2. 3<br />

Abb. nach Kunisch 1997, Taf. 64. 179.<br />

III/2. Paris, Cabinet des Médailles 508<br />

Taf. 10 Abb. 4. 5<br />

Abb. nach P. Schmitt-Pantel 1993, 195 Abb. 12.<br />

III/3. Würzburg, Martin-von-Wagner Museum 506<br />

bzw. L 506<br />

Taf. 10 Abb. 6<br />

Abb. nach Reinsberg 1993, 79 Abb. 31.<br />

III/4. Berlin, Antikensammlung F 2252<br />

Taf. 11 Abb. 1<br />

Abb. nach N. Strawczynski, Lecture<br />

Anthropologique et/ou documentaire? Quelches<br />

remarques sur un livre de Panayota Badinou, La<br />

Laine et le Parfum, RA 2005, 312 Abb. 1.<br />

III/5. Cambridge (MA), Harvard Univ., Arthur<br />

Sackler Mus. 1972.45<br />

Taf. 11 Abb. 2<br />

Abb. nach Reeder 1995, 183 Nr. 37.<br />

III/6. Paris, Cabinet des Medailles 507<br />

Taf. 11 Abb. 3<br />

Abb. nach E. Böhr, Mit Schopf an Brust und Kopf.<br />

Der Jungfernkranich, in: A. J. Clark – J. Gaunt – B.<br />

Gilman (Hrsg.), Essays in Honor of Dietrich von<br />

Bothmer (Amsterdam 2002) 43 Abb. 1.<br />

III/7. Berkeley (CA), University of California<br />

8.923 Taf. 11 Abb. 4. 5<br />

Abb. nach CVA University of California (1) Taf.<br />

35, 1A. C.<br />

III/8. Florenz, Mus. Arch. Etrusco 81602<br />

Taf. 11 Abb. 6<br />

Abb. nach CVA Florenz (3) Taf. 103, 3.<br />

III/9. Athen, Nat. Mus. 2180<br />

Taf. 11 Abb. 7. 8<br />

Abb. nach Mercati 2003, Nr. B8 Taf. 28.<br />

III/10. Rhodos, Mus. Arch. 13261<br />

Taf. 12 Abb. 1<br />

Abb. nach CVA Rodi (2) Taf. 5, 3.<br />

III/11. Chiusi, Mus. Arch. Naz. 1835<br />

Taf. 12 Abb. 2<br />

Abb. nach CVA Chiusi (2) Taf. 28, 2.<br />

III/12. South Hadley (MA), Mount Holyoke<br />

College 1932 BSII5<br />

Taf. 12 Abb. 3<br />

Abb. nach Lewis 2002, 186 Abb. 5, 9.<br />

III/13. Athen, Kerameikos Mus. 2713<br />

Taf. 12 Abb. 4–6<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. A 136 Taf. 80.<br />

III/14. Palermo, Mormino Coll. 796<br />

Taf. 13 Abb. 1–3<br />

Abb. nach CVA Palermo, Collezione Mormino (1)<br />

III Y Taf. 1, 2–4.<br />

S e i t e | 233


III/15. Athen, Nat. Mus. 1239 bzw. CC1204<br />

Taf. 13 Abb. 4–6<br />

Abb. nach U. Knigge, Ein rotfiguriges Alabastron,<br />

AM 79, 1964, Beil. 57, 3–4.<br />

III/16. Baltimore, Johns Hopkins Univ. B4<br />

Taf. 13 Abb. 7<br />

Abb. nach CVA Baltimore (2) 12 f. Taf. 3, 2.<br />

III/17. Kopenhagen, Nat. Mus. 320 bzw. 125<br />

Taf. 13 Abb. 8<br />

Abb. nach Meyer 1988, 115 Abb. 29.<br />

III/18. Paris, Musée du Louvre CA 1852<br />

Taf. 14 Abb. 1. 2<br />

Abb. nach S. v. Reden Exchange in Ancient Greece<br />

(London 1995) 211 Taf. 8, C. D.<br />

III/19. Oxford, Privat<br />

Taf. 14 Abb. 3<br />

Abb. nach D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-<br />

Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz<br />

1995) Taf. 83, 141.<br />

III/20. Ehem. Dresden, Kunstgewerbemus.<br />

Taf. 14 Abb. 4<br />

Abb. nach D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-<br />

Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz<br />

1995) Taf. 40, 56.<br />

III/23. Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek I. N.<br />

2718<br />

Taf. 14 Abb. 5<br />

Abb. nach CVA Kopenhagen, Ny Carlsberg<br />

Glyptothek (1) Taf. 65, 3.<br />

III/24. Berlin, Antikensammlung F 2254<br />

Taf. 14 Abb. 6. 7<br />

Abb. nach Badinou 2006, A 253 Taf. 97.<br />

III/25. Athen, Nat. Mus. 1441 bzw. CC 1277<br />

Taf. 15 Abb. 1<br />

Abb. nach S. B. Matheson, Polygnotos and Vase<br />

Painting in Classical Athens (Wisconsin 1995) Kat.<br />

Nr. P 61 Taf. 48.<br />

III/26. Heidelberg, Ruprecht-Karls-<strong>Universität</strong>,<br />

Archäologisches Institut 64.5<br />

Taf. 15 Abb. 2<br />

Abb. nach Lewis 2002, 36 Abb. 1, 19.<br />

III/27. Agrigent, Mus. Arch. Reg. AG 22276<br />

Taf. 15 Abb. 3<br />

Abb. nach G. Giudice, Il tornio, la nave, le terre<br />

lontane. Ceramografi attici in Magna Grecia nella<br />

seconda metà del V sec. a. C. rotte e vie di<br />

distribuzione (Rom 2007) Nr. 199 Abb. 117.<br />

III/28. Krakau, Mus. Czartoryski 1473<br />

Taf. 15 Abb. 4<br />

Abb. nach CVA Krakau (1) Taf. 12, 2.<br />

S e i t e | 234<br />

III/29. Basel, Kunsthandel, Münzen und Medaillen<br />

A.G.<br />

Taf. 15 Abb. 5. 6<br />

Abb. nach MuM, Kunstwerke der Antike, Auktion<br />

26, 5.10.1963 (Basel 1963) Taf. 50, 139.<br />

III/30. Rom, Museo Nazionale di Villa Giulia 1054<br />

Taf. 16 Abb. 1<br />

Abb. nach Lewis 2002, 198 Abb. 5, 18.<br />

III/31. Adolphseck, Schloss Fasanerie 41<br />

Taf. 16 Abb. 2. 3<br />

Abb. nach S. v. Reden, Exchange in Ancient<br />

Greece (London 1995) Taf. 4, C-D.<br />

II/32. Kopenhagen, Nat. Mus. 153 bzw. ChrVIII<br />

520<br />

Taf. 16 Abb. 4<br />

Abb. nach Lewis 2002, 105 Abb. 3, 10.<br />

III/33. München, privat<br />

Taf. 16 Abb. 5. 6<br />

Abb. nach MuM, Kunstwerke der Antike. Auktion<br />

51, 14.-15.03.1975 (Basel 1975) Taf. 33, 148.<br />

III/34. Kopenhagen, Thorvaldsen Museum H114<br />

Taf. 17 Abb. 1<br />

Abb. nach Meyer 1988, 111 Abb. 24.<br />

III/35. London, British Mus. 1914.5-12.1<br />

Taf. 17 Abb. 2<br />

Abb. nach Lewis 2002, 195 Abb. 5, 15.<br />

III/36. San Antonio (TX), San Antonio Mus. of Art<br />

86.134.59<br />

Taf. 17 Abb. 3<br />

Abb. nach Reeder 1995, 181 Nr. 36.<br />

II/37. Syrakus, Mus. Arch. Naz. 18426<br />

Taf. 17 Abb. 4<br />

Abb. nach S. von Reden, Exchange in Ancient<br />

Greece (London 1995) Taf. 7, B.<br />

III/38. Berlin, Antikensammlung F 2624<br />

Taf. 17 Abb. 5<br />

Abb. nach Badinou 2003, E 48 Taf. 25.<br />

III/39. Tampa (FL), Mus. Of Art 86.70<br />

Taf. 17 Abb. 6<br />

Abb. nach H. A. Shapiro, Fathers and Sons, Men<br />

and Boys, in: Neils – Oakley 2003, 99 Abb.<br />

III/40. Kopenhagen, Nat. Mus. 124<br />

Taf. 18 Abb. 1–3<br />

Abb. nach A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

griechischen Symposium. Darbietungen, Spiele und<br />

Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische<br />

Zeit (Mainz 1997) Taf. 36, 2–4.<br />

III/42. San Antonio (TX), Art Mus. 86.34.2<br />

Taf. 18 Abb. 4


Abb. nach H. A. Shapiro u. a. (Hrsg.), Greek Vases<br />

in the San Antonio Museum of Art (San Antonio<br />

1995) 173 Nr. 87.<br />

III/43. Berlin, Antikensammlung F 2261<br />

Taf. 18 Abb. 5–7<br />

Abb. nach CVA Berlin (3) Taf. 136, 1. 3–4;<br />

IV/1. Buffalo, Museum of Science C 23262<br />

Taf. 19 Abb. 1<br />

Abb. nach Sinos-Oakley 1993, 122 Abb. 122.<br />

IV/2. München, Museum antiker Kleinkunst 2427<br />

bzw. J 347<br />

Taf. 19 Abb. 2<br />

Abb. nach N. Hoesch, Hetären, in: K. Vierneisel –<br />

B. Kaeser (Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des<br />

Trinkens. Ausstellungskatalog München (München<br />

1990) 233 Abb. 37, 7.<br />

IV/3. Paris, Musée du Louvre G 143<br />

Taf. 19 Abb. 3<br />

Abb. nach Kunisch 1997, Taf. 131, 381.<br />

IV/4. Berlin, Antikensammlung F 2269<br />

Taf. 19 Abb. 4<br />

Abb. nach Dierichs 1993, 113 Abb. 197.<br />

IV/5. New York, Metropolitan Museum 07.286.50<br />

Taf. 19 Abb. 5<br />

Abb. nach Reeder 1995, 193 Nr. 41.<br />

IV/7. Athen, Nat. Mus., Acropolis Collection<br />

1.2277<br />

Taf. 19 Abb. 6<br />

Abb. nach Badinou 2003, A 79 Taf. 64.<br />

IV/8. Chicago (IL), Art Institut 1911.456<br />

Taf. 20 Abb. 1<br />

Abb. nach W. G. Moon (Hrsg.), Greek Vase-<br />

Painting in Midwestern Collections.<br />

Ausstellungskatalog Chicago ²(Chicago 1981) 171<br />

Nr. 97 rechts.<br />

IV/9. London, British Mus. E 44 bzw. 1836.2-24.25<br />

Taf. 20 Abb. 2<br />

Abb. nach CVA London (9) Taf. 9, B.<br />

IV/10. Würzburg, Martin-von-Wagner Museum<br />

541 bzw. L 541 bzw. H 4455<br />

Taf. 20 Abb. 3. 4<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 65 Abb. 24–25.<br />

IV/11. Athen, Nat. Mus. 1619 bzw. CC 1239<br />

Taf. 20 Abb. 5<br />

Abb. nach A. Brückner, Athenische Hochzeitsgeschenke,<br />

AM 32, 1907, 93 Abb. 5.<br />

IV/12. London, British Mus. E 51 bzw. 1843.11-<br />

3.94<br />

Taf. 20 Abb. 6<br />

Abb. nach CVA London (9) Taf. 37, B.<br />

IV/13. Paris, Musée du Louvre CA 587<br />

Taf. 20 Abb. 7<br />

Abb. nach E. C. Keuls, Attic Vase-Painting and the<br />

Home Textile Industry, in: W. G. Moon (Hrsg.),<br />

Ancient Greek Art and Iconography (Wisconsin<br />

1983) 223 Abb. 14, 31.<br />

IV/14. Athen, Agora Mus. P 18283<br />

Taf. 20 Abb. 8<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. E 60 Taf. 32.<br />

IV/15. Athen, Benaki-Mus. 31117<br />

Taf. 21 Abb. 1. 2<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 63 Abb. 22.<br />

IV/16. Christchurch (N. Z.), Canterbury Mus. AR<br />

430<br />

Taf. 21 Abb. 3<br />

Abb. nach Lewis 2002, 122 Abb. 3, 23.<br />

IV/17. Syndey, Nicholson Mus. 98.42 (M66)<br />

Taf. 21 Abb. 4<br />

Abb. nach LIMC III (1986) 906 Nr. 642 Taf. 646 s.<br />

v. Eros (Ch. Augé – P. Lonant de Bellefonds)<br />

IV/18. St. Petersburg, St. Hermitage Mus. ST 1723<br />

bzw. B637 bzw. 1602<br />

Taf. 21 Abb. 5<br />

Abb. nach M. d´Abruzzo, Una pasta vitrea da<br />

Altino e il mito di Danae, RdA 17, 1993, Taf.<br />

D´ABRUZZO Abb. 2.<br />

III/19. Paris, Musée du Louvre CA 925<br />

Taf. 21 Abb. 6<br />

Abb. nach M. d´Abruzzo, Una pasta vitrea da<br />

Altino e il mito di Danae, RdA 17, 1993, Taf.<br />

D´ABRUZZO Abb.7.<br />

IV/20. Brüssel, Musées Royaux d´Art et d´Histoire<br />

R 351<br />

Taf. 21 Abb. 7<br />

Abb. nach Kilmer 1993, Taf. R 62.<br />

IV/21. Paris, Musée du Louvre G 13<br />

Taf. 22 Abb. 1<br />

Abb. nach Reeder 1995, 109 Abb. 10.<br />

IV/22. Boston (MA), Museum of Fine Arts<br />

1970.233 Taf. 22 Abb. 2<br />

Abb. nach D. Buitron-Oliver, Douris. A Master-<br />

Painter of Athenian Red-Figure Vases (Mainz<br />

1995) Taf. 111, 233.<br />

IV/23. München, ehem. Sammlung Arndt<br />

Taf. 22 Abb. 3<br />

Abb. nach Dierichs 1993, 73 Abb. 129.<br />

IV/24. Malibu, J. Paul Getty Mus. 83.AE.321<br />

Taf. 22 Abb. 4<br />

S e i t e | 235


Abb. nach Dierichs 1993, 78 Abb. 145.<br />

IV/25. Berlin, Antikensammlung F 2414<br />

Taf. 22 Abb. 5<br />

Abb. nach Dierichs 1993, 76 Abb. 140.<br />

V/1. Tübingen, Eberhard-Karls-Univ., Arch. Inst.<br />

5439<br />

Taf. 23 Abb. 1<br />

Abb. nach CVA Tübingen (4) Taf. 18, 1.<br />

V/2. Paris, Musée du Louvre G 424<br />

Taf. 23 Abb. 2<br />

Abb. nach LIMC II (1984) Taf. 144, 1474.<br />

V/3. Florenz, Museo Archeologico Nazionale<br />

81948<br />

Taf. 23 Abb. 3<br />

Abb. nach H. A. Shapiro, Personifications in Greek<br />

Art. The Representation of Abstract Concepts 600-<br />

400 v. Chr. (Zürich 1993) 118 Abb. 70.<br />

V/4. Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense RC 5291<br />

Taf. 23 Abb. 4<br />

Abb. nach CVA Tarquinia (2) III I Taf. 18, 3.<br />

V/5. Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia 20846<br />

Taf. 23 Abb. 5<br />

Abb. nach Reeder 1995, 358 Nr. 114.<br />

V/6. Berlin, Antikensammlung F 2373<br />

Taf. 23 Abb. 6<br />

Abb. nach Mösch-Klingele 2006, Abb. 58.<br />

V/8. Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888<br />

Taf. 24 Abb. 1<br />

Abb. nach R. Mösch-Klingele, Die loutrophoros im<br />

Hochzeits- und Begräbnisritual des 5. Jahrhunderts<br />

v. Chr. in Athen (Bern 2006) Abb. 41, A.<br />

V/9. Athen, Nat. Mus. 16279<br />

Taf. 24 Abb. 2<br />

Abb. nach Mösch-Klingele 2006, Abb. 56.<br />

V/10. Boston (MA), Mus. of Fine Arts 10.223<br />

Taf. 24 Abb. 3<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 83 Abb. 60.<br />

V/11. Oxford, Ashmolean Mus. 1927.4067<br />

Taf. 24 Abb. 4<br />

Abb. nach Oakley – Sinos 1993, 121 Abb. 121.<br />

V/12. Berlin, Antikensammlung F 2520<br />

Taf. 24 Abb. 5<br />

Abb. nach CVA Berlin (3) Taf. 139, 5-6.<br />

V/13. Giessen, Justus-Liebig-Univ., Antikensammlung<br />

KIII44 bzw. 44<br />

Taf. 24 Abb. 6<br />

Abb. nach CVA Giessen (1) Taf. 36, 3.<br />

S e i t e | 236<br />

V/14. London, British Mus. E 187<br />

Taf. 25 Abb. 1<br />

Abb. nach CVA London (5) III Ic Taf. 82, 2.<br />

V/15. Berlin, Antikensammlung F 2393<br />

Taf. 25 Abb. 2<br />

Abb. nach CVA Berlin (9) Taf. 21, 3.<br />

V/16. University, Univ. of Mississippi, Univ.<br />

Museums 77.3.196<br />

Taf. 25 Abb. 3<br />

Abb. nach H. A. Shapiro (Hrsg.), Art, Myth and<br />

Culture. Greek Vases from Southern Collections<br />

(Tulane 1981) 27 Nr. 6.<br />

V/17. Agrigent, Mus, Arch. Regionale (o. Inv.)<br />

Taf. 25 Abb. 4<br />

Abb. nach P. Griffo, Il Museo Archeologico<br />

Regionale di Agrigento (Rom 1987) 269 Nr. 228.<br />

V/18. Athen, Nat. Mus. 2179 bzw. CC1589<br />

Taf. 25 Abb. 5. 6<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. E 57 Taf. 30.<br />

V/19. San Simeon (CA), Hearst Historical State<br />

Monument 10004<br />

Taf. 26 Abb. 1<br />

Abb. nach Beazley-Archiv.<br />

V/20. Ehem. Stettin, Mus. (o. Inv.)<br />

Taf. 26 Abb. 2<br />

Abb. nach Bundrick 2008, 323 Abb. 15.<br />

V/22. London, British Mus. E 189<br />

Taf. 26 Abb. 3<br />

Abb. nach CVA London (6) III Ic Taf. 86, 1.<br />

V/23. London, British Mus. E 191<br />

Taf. 26 Abb. 4<br />

Abb. nach CVA London (6) III Ic Taf. 86, 2.<br />

V/24. Kassel, Antikensammlung der Staatlichen<br />

Kunstsammlungen T 435<br />

Taf. 26 Abb. 5<br />

Abb. nach CVA Kassel (1) Taf. 35, 3.<br />

V/26. Brauron, Arch. Mus. (o. Inv.)<br />

Taf. 27 Abb. 1. 2<br />

Abb. nach Badinou 2003, Nr. A 23 Taf. 45.<br />

V/27. Paris, Cabinet des Medailles 303<br />

Taf. 27 Abb. 2–4<br />

Abb. nach CVA Paris, Bibliotheque Nationale (2)<br />

Taf. 87, 15–17.<br />

V/28. Paris, Musée du Louvre G 521<br />

Taf. 27 Abb. 5<br />

Abb. nach CVA Paris, Musée du Louvre (5) III Ie<br />

Taf. 5, 6.


V/29. Neapel, Nat. Mus. H 2202 bzw. 82924 bzw.<br />

M 2735<br />

Taf. 27 Abb. 5<br />

Abb. nach A. Schäfer, Unterhaltung beim<br />

griechischen Symposium. Darbietungen, Spiele und<br />

Wettkämpfe von homerischer bis in spätklassische<br />

Zeit (Mainz 1997) Taf. 51, 2.<br />

V/30. Paris, Cabinet des Medailles 433<br />

Taf. 27 Abb. 6<br />

Abb. nach M. C. Miller, Athens and Persia in the<br />

Fifth Century B. C. A Study in Cultural Receptivity<br />

(Cambridge 1997) Taf. 74.<br />

S e i t e | 237


S e i t e | 238<br />

Literaturliste<br />

(Es liegen die seit dem 1. Aug. 2006 gültigen Zitierrichtlinien des DAI zugrunde)<br />

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HESIOD, Theogonie. Werke und Tage, hrsg. und übers. von A. von Schirnding (München 1991).<br />

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MENANDER, Herondas. Werke in einem Band, übers. von K. und U. Treu (Berlin 1980).<br />

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MENANDER, Dyskolos, hrsg. von M. Treu (München 1960).<br />

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S e i t e | 247


S e i t e | 248


Abb. 1–3: Boston (MA), Museum of Fine Arts 03.802<br />

(Kat. Nr. I/1)<br />

Abb. 4: Boston (MA), Mus. of Fine Abb. 5: Athen, Nat. Mus. 14790<br />

Arts 03.802 (Kat. Nr. I/1) (Kat. Nr. I/2)<br />

Abb. 6: St. Petersburg, State Hermitage Mus. ST 1809<br />

(Kat. Nr. I/3)<br />

T a f . | 1


T a f . | 2<br />

Abb. 1: Berlin, Antikensammlung F 2372<br />

(Kat. Nr. I/4)<br />

Abb. 2. 3: Athen, Nat. Mus. 1629 (Kat. Nr. I/5)<br />

Abb. 4: Berlin, Antikensammlung F 2395 (Kat. Nr. II/1)


Abb. 1–4: Athen, Nat. Mus. 1623A (Kat. Nr. II/2)<br />

Abb. 5: Cambridge, Harvard UniversityArthur M. Sackler Mus. 1960.342<br />

(Kat. Nr. II/3)<br />

Abb. 6: München, Antikensammlungen SL 476 Abb. 7: Athen, Nat. Mus. CC 1552/1588<br />

(Kat. Nr. II/4) (Kat. Nr. II/5)<br />

T a f . | 3


T a f . | 4<br />

Abb. 1. 2: Athen, Nat. Mus. CC 1552/1588 (Kat. Nr. II/5)<br />

Abb. 3: Athen, Nat. Mus. CC 1231/1250 Abb. 4: London, British Mus. E 396<br />

(Kat. Nr. II/6) (Kat. Nr. II/7)<br />

Abb. 5: Münster, Wilhelms-Univ., Arch. Mus. 66 Abb. 6. 7: Providence (RI), Rhode Island<br />

(Kat. Nr. II/8) School of Design 25.088 (Kat. Nr. II/9)


Abb. 1: Cleveland, Mus. of Art 1925. 134 Abb. 2: London, British Mus. E 193<br />

(Kat. Nr. II/10) (Kat. Nr. II/11)<br />

Abb. 3: London, British Mus. E 215 (Kat. Nr. II/12)<br />

Abb. 4. 5: Athen, Nat. Mus. 2383 bzw. CC1590 (Kat. Nr. II/13)<br />

T a f . | 5


T a f . | 6<br />

Abb. 1: Karlsruhe, Badisches Landesmus. B 3078I<br />

(Kat. Nr. II/14)<br />

Abb. 2–4: Gotha, Schlossmuseum 64 (Kat. Nr. II/16)<br />

Abb. 5: New York, Metropolitan Museum of Art 17.230.15 (Kat. Nr. II/17)


Abb. 1. 2: New York, Metropolitan Mus. 17.230.15 (Kat. Nr. II/17)<br />

Abb. 3: Boston (MA), Mus. of Fine Arts 93 (Kat. Nr. II/18)<br />

Abb. 4. 5: Palermo, Mormino Coll. 818 (Kat. Nr. II/20)<br />

Abb. 6–8: Würzburg, Martin-von-Wagner Museum L546/546 (Kat. Nr. II/21)<br />

T a f . | 7


T a f . | 8<br />

Abb. 1: Hannover, Kestner Museum L 1.1982 Abb. 2: Athen, M. Vlasto (o. Inv.)<br />

(Kat. Nr. II/22) (Kat. Nr. II/23)<br />

Abb. 3: Basel, Antikenmuseum und Sammlung Abb. 4: <strong>Erlangen</strong>, Antikensammlung I 303<br />

Ludwig BS490 (Kat. Nr. II/24) (Kat. Nr. II/25)<br />

Abb. 5. 6: London, British Mus. E 339 (Kat. Nr. II/26)


Abb. 1: Kopenhagen, Nat. Mus. 149 Abb. 2: Berlin, Antikensammlung 31426<br />

(Kat. Nr. II/28) (Kat. Nr. II/29)<br />

Abb. 3. 4: Berlin, Antikensammlung 31426 (Kat. Nr. II/29)<br />

T a f . | 9<br />

Abb. 5: Vatikan, Mus. Gregoriano Etrusco 16581 Abb. 6: Braunschweig, Herzog Anton Ulrich<br />

(Kat. Nr. II/30) Mus. AT.263 (Kat. Nr. II/31)


T a f . | 10<br />

Abb.1: Florenz, Mus. Arch. PD 266 Abb.2: Toledo, Mus. of Art 72.55 (Kat. Nr. III/1)<br />

(Kat. Nr. II/32)<br />

Abb. 3: Toledo, Mus. of Art 72.55 (Kat. Nr. III/1)<br />

Abb. 4. 5: Paris, Cabinet des Medailles 508 Abb. 6: Würzburg, Martin-von-Wagner Mus.<br />

(Kat. Nr. III/2) 506 (Kat. Nr. III/3)


Abb. 1: Berlin, Antikensammlung F 2252 Abb. 2: Cambridge, Arthur Sackler Mus.<br />

(Kat. Nr. III/4) 1972.45 (Kat. Nr. III/5)<br />

Abb. 3: Paris, Cabinet des Medailles 507 Abb. 4: Berkeley (CA), University of<br />

(Kat. Nr. III/6) California 8.923 (Kat. Nr. III/7)<br />

Abb. 5: Berkeley (CA), University of California Abb. 6: Florenz, Mus. Arch. 81602<br />

8.923 (Kat. Nr. III/7) (Kat. Nr. III/8)<br />

Abb. 7. 8: Athen, Nat. Mus. 2180 (Kat. Nr. III/9)<br />

T a f . | 11


T a f . | 12<br />

Abb. 1: Rhodos, Mus. Arch. 13261 (Kat. Nr. III/10)<br />

Abb. 2: Chiusi, Mus. Arch. Naz. 1835 (Kat. Nr. III/11)<br />

Abb. 3: South Hadley (MA), Mount Holyoke College 1932 BSII5 (Kat. Nr. III/12)<br />

Abb. 4–6:Athen, Kerameikos Mus. 2713 (Kat. Nr. III/13)


Abb. 1–3: Palermo, Mormino Coll. 796 (Kat. Nr. III/14)<br />

Abb. 4–6: Athen, Nat. Mus. 1239 (Kat. Nr. III/15)<br />

Abb. 7: Baltimore, Johns Hopkins Univ. B 4 Abb. 8: Kopenhagen, Nat. Mus. 320<br />

(Kat. Nr. III/ 16) (Kat. Nr. III/17)<br />

T a f . | 13


T a f . | 14<br />

Abb. 1. 2: Paris, Musée du Louvre CA 1852 (Kat. Nr. III/18)<br />

Abb. 3: Oxford, privat (Kat. Nr. III/19) Abb. 4: Ehem. Dresden, Kunstgewerbemus.<br />

(Kat. Nr. III/20)<br />

Abb. 5: Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek 2718 Abb. 6. 7: Berlin, Antikensammlung F 2254<br />

(Kat. Nr. III/23) (Kat. Nr. III/24)


Abb. 1: Athen, Nat. Mus. 1441 Abb. 2: Heidelberg, <strong>Universität</strong>, Arch. Inst. 64.5<br />

(Kat. Nr. III/25) (Kat. Nr. III/26)<br />

Abb. 3: Agrigent, Mus. Arch. Reg. AG 22276 (Kat. Nr. III/27)<br />

Abb. 4: Krakau, Mus. Czartoryski 1473 (Kat. Nr. III/28)<br />

Abb. 5. 6: Basel, Kunsthandel (Kat. Nr. III/29)<br />

T a f . | 15


T a f . | 16<br />

Abb. 1: Rom, Mus. Etrusco die VillaGiulia 1054 Abb. 2: Adolphseck, Schloss Fasanerie 41<br />

(Kat. Nr. III/30) (Kat. Nr. III/31)<br />

Abb 3: Adolphseck, Schloss Fasanerie 41 Abb. 4: Kopenhagen, Nat. Mus. 153<br />

(Kat. Nr. III/31) (Kat. Nr. III/32)<br />

Abb. 5. 6: München, privat (Kat. Nr. III/33)


Abb. 1: Kopenhagen, Thorvaldsen Mus. H 114 Abb. 2: London, British Mus. 1914. 5-12.1<br />

(Kat. Nr. III/34) (Kat. Nr. III/35)<br />

Abb. 3: San Antonio (TX), San Antonio Mus. Abb. 4: Syrakus, Mus. Arch. Naz. 18426<br />

of Art 86.134.59 (Kat. Nr. III/36) (Kat. Nr. III/37)<br />

Abb. 5: Berlin, Antikensammlung F 2624 Abb. 6: Tampa (FL), Mus. of Art 86.70<br />

(Kat. Nr. III/38) (Kat. Nr. III/39)<br />

T a f . | 17


T a f . | 18<br />

Abb. 1–3: Kopenhagen, Nat. Mus. 124 (Kat. Nr.III/40)<br />

Abb. 4: San Antonio (TX), Art Mus. 86.34.2 Abb. 5: Berlin, Antikensammlungen F 2261<br />

(Kat. Nr. III/42) (Kat. Nr. III/43)<br />

Abb. 6. 7: Berlin, Antikensammlungen F 2261 (Kat. Nr. III/43)


Abb. 1: Buffalo, Museum of Science Abb. 2: München, Mus. für antike Kleinkunst 2427<br />

C23262 (Kat. Nr. IV/1) (Kat. Nr. IV/2)<br />

Abb. 3: Paris, Musée du Louvre G 143 Abb. 4: Berlin, Antikensammlung F 2269<br />

(Kat. Nr. IV/3) (Kat. Nr. IV/4)<br />

T a f . | 19<br />

Abb. 5: New York, Metropolitan Mus. 07.286.50 Abb. 6: Athen, Nat. Mus. Acropoliscoll. 1.2277<br />

(Kat. Nr. IV/5) (Kat. Nr. IV/7)


T a f . | 20<br />

Abb. 1: Chicago, Art Institut 1911.456 (Kat. Nr. IV/8) Abb. 2: London, British Mus. E 44 (Kat. Nr. IV/9)<br />

Abb. 3. 4: Würzburg, Martin-von-Wagner Mus. 451 (Kat. Nr. IV/10)<br />

Abb. 5:Athen, Nat. Mus. 1619 (Kat. Nr. IV/11) Abb. 6:. London, British Mus. E 51<br />

(Kat. Nr. IV/12)<br />

Abb. 7: Paris, Musée du Louvre CA 587 (Kat. Nr. IV/13) Abb. 8: Athen, Agora-Mus. P 18283<br />

(Kat. Nr. IV/14)


Abb. 1. 2: Athen, Benaki Mus. 31138 (Kat. Nr. IV/15)<br />

Abb. 3: Christchurch (N. Z.), Canterbury Mus. Abb. 4: Sydney, Nicholson Mus. 98.42<br />

AR 430 (Kat. Nr. IV/16) (Kat. Nr. IV/17)<br />

Abb. 5: St. Petersburg, St. Hermitage Mus. Abb. 6: Paris, Musée du Louvre CA 925<br />

ST 1723/B637/1602 (Kat. Nr. IV/18) (Kat. Nr. IV/19)<br />

Abb. 7: Brüssel, Musées Royaux d´Art et d´Histoire R 351 (Kat. Nr. IV/20)<br />

T a f . | 21


T a f . | 22<br />

Abb. 1: Paris, Musée du Louvre G 13 (Kat. Nr. IV/21)<br />

Abb. 2: Boston (MA), Mus. of Fine Arts 1970.233 Abb. 3: Ehem. München, Sammlung Arndt<br />

(Kat. Nr. IV/22) (Kat. Nr. IV/23)<br />

Abb. 4: Malibu, John Paul Getty Mus. 83.AE.321 Abb. 5: Berlin, Antikensammlung F 2414<br />

(Kat. Nr. IV/24) (Kat. Nr. IV/25)


Abb. 1: Tübingen, Eberhard-Karls-Univ., Abb. 2: Paris, Musée du Louvre G 424<br />

Arch. Inst. 5439 (Kat. Nr. V/1) (Kat. Nr. V/2)<br />

T a f . | 23<br />

Abb. 3: Florenz, Mus. Arch. Naz. 81948 Abb. 4: Tarquinia, Mus. Naz. Tarquiniense RC 5291<br />

(Kat. Nr. V/3) (Kat. Nr. V/4)<br />

Abb. 5: Rom, Mus. Naz. Etrusco di Villa Giulia 20846 Abb. 6: Berlin, Antikensammlung F 2373<br />

(Kat. Nr. V/5) (Kat. Nr. V/6)


T a f . | 24<br />

Abb. 1: Oxford, Ashmolean Mus. 1966.888 Abb. 2: Athen, Nat. Mus. 16279<br />

(Kat. Nr. V/8) (Kat. Nr. V/9)<br />

Abb. 3: Boston, Mus. of Fine Arts 10.223 Abb. 4: Oxford, Ashmolean Mus. 1927. 4067<br />

(Kat. Nr. V/10) (Kat. Nr. V/11)<br />

Abb. 5: Berlin, Antikensammlung F2520 Abb. 6: Gießen, Justus-Liebig-Univ.,<br />

(Kat. Nr. V/12) Antikensammlung KIII44 (Kat. Nr. V/13)


Abb. 1: London, British Mus. E 187 Abb. 2: Berlin, Antikensammlung F 2393<br />

(Kat. Nr. V/14) (Kat. Nr. V/15)<br />

Abb. 3: : Univ. of Mississippi, Univ. Museums Abb. 4: Agrigent, Mus. Arch. Regionale (o. Inv.)<br />

7.3.196 (Kat. Nr. V/16) (Kat. Nr. V/17)<br />

Abb. 5. 6: Athen, Nat. Mus. 2179/CC1589 (Kat. Nr. V/18)<br />

T a f . | 25


T a f . | 26<br />

Abb. 1: San Simeon (CA), Hearst Historical St. Monument<br />

10004 (Kat. Nr. V/19)<br />

Abb. 2: Ehem. Stettin, Museum (Kat. Nr. V/20)<br />

Abb. 3: London, British Mus. E 189 (Kat. Nr. V/22) Abb. 4: London, British Mus. E 191 (Kat. Nr. V/23)<br />

Abb. 5: Kassel, Antikensammlung der Staatl.<br />

Kunstsammlungen T 435 (Kat. Nr. V/24)


Abb. 1: Brauron, Arch. Mus. (o. Inv.) Abb. 2. 3: Paris, Cabinet des Medailles 303<br />

(Kat. Nr. V/26) (Kat. Nr. V/27)<br />

Abb. 4: Paris, Cabinet des Medailles 303 Abb. 5: Paris, Musée du Louvre G 521<br />

(Kat. Nr. V/27) (Kat. Nr. V/28)<br />

Abb. 6: Neapel, Nat. Mus. H2202/82924/M 2735 Abb. 7: Paris, Cabinet des Medailles 433<br />

(Kat. Nr. V/29) Kat. Nr. V/30)<br />

T a f . | 27

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