Dokument 1.pdf - OPUS - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...
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Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe<br />
und die Etablierung eines genomweiten RNAi-Screens<br />
in Tribolium castaneum.<br />
Der Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />
der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />
<strong>Erlangen</strong>-Nürnberg<br />
zur<br />
Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat.<br />
vorgelegt von<br />
Christian Schmitt-Engel<br />
aus Schwetzingen
Als Dissertation genehmigt<br />
von der Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />
der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Erlangen</strong>-Nürnberg<br />
Tag der mündlichen Prüfung: 23. Juli 2010<br />
Vorsitzende/r der Promotionskommission: Prof. Dr. Bänsch<br />
Erstberichterstatter/in: Prof. Dr. Klingler<br />
Zweitberichterstatter/in: Prof. Dr. Frasch
Danke!<br />
Obwohl als letztes verfasst, wird diesem Abschnitt nur die Position zu Beginn dieser Ar-<br />
beit gerecht, denn die hier erwähnten haben zu allem Folgenden auf unterschiedlichste aber<br />
oft wesentliche Art und Weise beigetragen. Außerdem findet so der interessierte Leser<br />
schneller sein Ziel ;-).<br />
Zuallererst möchte ich mich herzlich bei Prof. Martin Klingler und Dr. Michael Schopp-<br />
meier bedanken. Bei Martin nicht nur für die offizielle Betreuung und die „Endabnahme“<br />
meiner Arbeit, sondern auch für die vielfältige Unterstützung während der letzten Jahre. Bei<br />
Michael für die großartige Betreuung von Anfang bis Ende. Für Hilfen und Kritik, für Ideen<br />
und Erklärungen, für die ermöglichten Chancen und die immerwährende Unterstützung, ganz<br />
viel Freiraum und seinen persönlichen Einsatz, egal ob im Lab, an nicht endenden Stapeln<br />
Papier oder vielem mehr, das nicht immer direkt mit der Arbeit zu tun hatte.<br />
Vielen Dank an Prof. Manfred Frasch für die Übernahme des Zweitgutachtens und die<br />
Akzeptanz eines engen Zeitplans, und an Prof. Helmut Brandstätter und Prof. Robert Slany<br />
für die Abnahme der mündlichen Prüfung, ebenfalls unter terminlichem Entgegenkommen.<br />
Robert und seiner Arbeitsgruppe möchte ich außerdem für die EMSA-Hilfe und die gute<br />
Nachbarschaft danken.<br />
Niko Koniszewski gebührt großer Dank für die Hilfe bei den pupalen Injektionen des iBeet-<br />
le-Pre-Screens und Prof. Gregor Bucher für die Möglichkeit diesen durchzuführen.<br />
Bei Niko, Kay Kotkamp, Doro Musazzi, Irene Schnellhammer und auch Michael möchte ich<br />
mich für eine tolle Laboratmosphäre mit viel Spaß, Trockeneis, diversen Musikrichtungen und<br />
fachlichen oder unsachlichen Diskussionen bedanken. Auch vielen Dank an meine Mit-<br />
Doktoranden Daniel Bäumer, Jochen Trauner und Jutta Distler für eine tolle Zeit und gegensei-<br />
tige Unterstützung wann immer sie nötig war, und an die „Kleinen“ Nadi Ströhlein und Tobi<br />
Merkel für viel Spaß und frischen Wind.<br />
Prof. Jürgen Büning und Dr. Ralph Rübsam danke ich für Anstöße, Hilfestellungen und<br />
Wortgefechte über die Jahre hinweg, Alex Cerny und Markus Weber für diverse tribolistische<br />
Starthilfen.<br />
Vielen Dank auch an Maria Ricca, Claudia Obermeier, Angela Bruns, Tina Loy, Marian-<br />
ne Zeidler und Thomas Messingschlager dafür, dass sie den Lehrstuhl am Laufen halten.<br />
Auch den momentanen und ehemaligen Mitgliedern der AGs vom anderen Gang<br />
(Frasch, Nguyen und Schambony) danke für das sehr gute Arbeitsklima (abgesehen vom<br />
Fliegenfutterkocharoma) und die Nachbarschaftshilfen.<br />
Schließlich kann ich allen meinen Eltern – Stief- und Schwiegereltern explizit einge-<br />
schlossen - nicht genug danken! Für die Unterstützung, den Ansporn, die Hilfen, die guten<br />
Ratschläge und den Rückhalt, der so viel Wert ist! Meinen Geschwistern danke fürs Mitlei-<br />
den und Mitfreuen.<br />
Nina, danke für deine Geduld, fürs Beine und fürs Mut machen, und für noch viel mehr!
Inhaltsverzeichnis<br />
Summary.....................................................................................................................1<br />
Zusammenfassung......................................................................................................3<br />
Abbildungsverzeichnis.................................................................................................5<br />
Tabellenverzeichnis.....................................................................................................7<br />
Abkürzungen ...............................................................................................................8<br />
Allgemeine Einleitung................................................................................................11<br />
I. Kapitel: Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe in Tribolium ......15<br />
1. Einleitung............................................................................................................15<br />
1.1. Die Embryonalentwicklung der Insekten......................................................15<br />
1.2. Drosophila melanogaster als genetisches Referenzsystem ........................19<br />
1.3. Tribolium castaneum als Modell für vergleichende Studien der<br />
Embryonalentwicklung ................................................................................23<br />
1.3.1. Die Tribolium-Embryogenese..............................................................23<br />
1.3.2. Molekulare Mechanismen der Tribolium-Entwicklung .........................24<br />
1.4. nanos und pumilio – pleiotrop und konserviert ............................................32<br />
1.4.1. nanos und pumilio in Drosophila .........................................................32<br />
1.4.2. nanos und pumilio sind evolutionär alte Gene.....................................34<br />
1.4.3. Der nanos-pumilio-Repressionskomplex.............................................37<br />
1.5. Ziele des ersten Kapitels der vorliegenden Arbeit .......................................39<br />
2. Ergebnisse..........................................................................................................41<br />
2.1. Im Tribolium-Genom konnten eindeutige Orthologe zu nanos und pumilio<br />
identifiziert werden ......................................................................................41<br />
2.1.1. Tribolium nanos...................................................................................41<br />
2.1.2. Tribolium pumilio .................................................................................44<br />
2.2. nanos und pumilio werden maternal und zygotisch exprimiert ....................45<br />
2.2.1. Die Expression des Tribolium pumilio-Orthologs.................................45<br />
2.2.2. nanos-Expression ist nur in vitro nachweisbar ....................................47<br />
2.3. pRNAi für nanos und pumilio führt zu Veränderungen der larvalen<br />
Morphologie ................................................................................................49<br />
2.3.1. Defekte nach nanos pRNAi .................................................................50<br />
2.3.2. Defekte nach pumilio pRNAi................................................................52<br />
2.3.3. nanos/pumilio-Doppel-RNAi führt zu stärkeren Phänotypen ...............54<br />
2.4. Frühembryonale Defekte führen zu einem vorzeitigen Abbruch der<br />
Segmentierung in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen....................................57
Inhaltsverzeichnis<br />
2.4.1. Die Segmentbildung aus der Wachstumszone ist gestört................... 57<br />
2.4.2. nanos/pumilio-RNAi induziert Defekte in frühen embryonalen Stadien<br />
.......................................................................................................62<br />
2.4.3. nanos und pumilio sind nötig für die Expression eines terminalen<br />
Zielgens.............................................................................................. 66<br />
2.5. Durch nanos/pumilio-RNAi verursacht Defekte in anterioren<br />
Segmentanlagen ........................................................................................ 67<br />
2.5.1. Markergen-Expression zeigt Kopfdefekte in embryonalen Stadien..... 67<br />
2.6. Ein Effekt von nanos und pumilio auf die Ausbildung von Proteingradienten<br />
im Blastoderm ist nicht nachweisbar........................................................... 72<br />
2.7. Die Beteiligung von brain-tumor am nanos/pumilio-Repressionskomplex ist<br />
fraglich........................................................................................................ 75<br />
2.7.1. Tribolium brain-tumor.......................................................................... 77<br />
2.7.2. Expression von brat............................................................................ 77<br />
2.7.3. brat-RNAi führt zu ähnlichen, aber von nos/pum RNAi abgrenzbaren<br />
Phänotypen ........................................................................................ 79<br />
2.8. pumilio-RNAi führt zu weiteren Phänotypen................................................ 84<br />
2.8.1. pum-RNAi führt zum Verlust der primordialen Keimzellen.................. 84<br />
2.8.2. Parentale RNAi gegen pumilio führt zu einer Eiablegehemmung....... 85<br />
2.8.3. pumilio spielt eine Rolle für die Entwicklung larvaler Extremitäten ..... 87<br />
2.8.4. Larvale RNAi gegen pumilio resultiert in einem Entwicklungsblock.... 88<br />
3. Diskussion.......................................................................................................... 91<br />
3.1. Das Zusammenspiel von nanos und pumilio und dem terminalen System ist<br />
wesentlich für die posteriore Segmentierung in Tribolium .......................... 91<br />
3.2. Das Auftreten anteriorer Phänotypen illustriert die Beteiligung von NANOS<br />
und PUMILIO an den regulatorischen Interaktionen im Tribolium-<br />
Blastoderm.. ............................................................................................... 98<br />
3.3. Wo wirken nanos und pumilio? ................................................................. 105<br />
3.4. Das Zusammenspiel von terminalen und posterioren Signalen stellt<br />
möglicherweise einen konservierten Mechanismus dar ........................... 111<br />
3.5. Die antero-posteriore Achse im Tribolium-Blastoderm.............................. 114<br />
4. Material und Methoden..................................................................................... 123<br />
4.1. Klonierung................................................................................................. 123<br />
4.2. Expressionsanalysen ................................................................................ 124
Inhaltsverzeichnis<br />
4.2.1. in situ Hybridisierung.........................................................................125<br />
4.2.2. Antikörperproduktion und Immunohistochemische Färbungen..........126<br />
4.2.3. Qualitative RT-PCR...........................................................................127<br />
4.3. RNAi-Experimente.....................................................................................128<br />
II. Kapitel: Entwicklung und Machbarkeitsstudie eines genomweiten RNAi-<br />
Screen-Projekts in Tribolium.....................................................................131<br />
1. Einleitung..........................................................................................................131<br />
1.1. Tribolium als eigenständiges Modellsystem ..............................................131<br />
1.2. Die Limitierungen des “candidate gene approach” ....................................134<br />
1.3. RNAi-Screens als Alternative zu klassischen genetischen Ansätzen........136<br />
1.4. iBeetle – ein genomweiter RNAi-Screen....................................................139<br />
1.4.1. Das iBeetle Konzept..........................................................................139<br />
1.4.2. „Enhancer trap“-Stämme erlauben die Detektion zusätzlicher<br />
Phänotypen.......................................................................................141<br />
1.4.3. Die iBeetle-Einzelprojekte und ihre Themen .....................................144<br />
1.5. Ziele des zweiten Kapitels dieser Arbeit....................................................148<br />
2. Ergebnisse........................................................................................................149<br />
2.1. Wie kann ein genomweiter RNAi-Screen verwirklicht werden? .................149<br />
2.1.1. Die Analyse vieler unterschiedlicher Prozesse erfordert zwei parallele<br />
Screen-Ansätze und exakt definierte Zeitintervalle ...........................149<br />
2.1.2. Arbeitsteilung und unterschiedliche Arbeitspläne erlauben optimale<br />
Ressourcennutzung und hohen Durchsatz .......................................157<br />
2.2. Das Screening-Schema ermöglicht die Identifizierung interessanter<br />
Phänotypen mit hoher Sensitivität.............................................................164<br />
2.3. Es konnten für nahezu alle Prozesse neue Kandidatengene identifiziert<br />
werden ......................................................................................................170<br />
2.3.1. Defekte der Ovario- oder Oogenese .................................................173<br />
2.3.2. Defekte während der Embryonalentwicklung ....................................178<br />
2.3.3. Defekte postembryonaler Prozesse ..................................................181<br />
2.3.4. Bisher unbekannte Phänotypen der Positiv-Kontrollen .....................187<br />
3. Diskussion ........................................................................................................189<br />
3.1. Ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium ist technisch möglich.............189<br />
3.1.1. Sowohl pupale als auch larvale RNAi sind im Screenmaßstab<br />
durchführbar......................................................................................189
Inhaltsverzeichnis<br />
3.1.2. Die Auswertungen erlauben die Analyse der zu untersuchenden<br />
Prozesse mit hoher Sensitivität......................................................... 191<br />
3.1.3. iBeetle ist mit den vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingungen<br />
realisierbar........................................................................................ 194<br />
3.2. Der Pilotscreen illustriert die Chancen und Risiken des Hauptscreens..... 195<br />
3.2.1. Technische Verbesserungen könnten die Effizienz des Hauptscreens<br />
noch erhöhen.................................................................................... 195<br />
3.2.2. Der Pilot-Screen zeigt kritische Aspekte der Screen-Durchführung auf<br />
.....................................................................................................196<br />
3.2.3. Der Pilot-Screen macht die Effektivität eines RNAi-Screens deutlich198<br />
3.2.4. Der Pilot-Screen suggeriert eine hohe Zahl an Tribolium-Genen deren<br />
Verlust zu Letalität in unterschiedlichen Stadien führt ...................... 201<br />
3.2.5. Die Auswertung und Kategorisierung der Phänotypen ist von größter<br />
Bedeutung für den Erfolg des Screens............................................. 203<br />
3.2.6. iBeetle hat sehr gute Chancen, seine Ziele zu erreichen.................. 206<br />
4. Material und Methoden..................................................................................... 209<br />
4.1. Synthese doppelsträngiger RNA komplementär zu zufällig gewählten cDNA<br />
Klonen ...................................................................................................... 209<br />
4.2. Detaillierte Durchführungsanweisung zum iBeetle Screening Schema..... 210<br />
4.2.1. Verwendete Stämme ........................................................................ 211<br />
4.2.2. Pupale Injektion und darauf folgende Auswertungen........................ 212<br />
4.2.3. Larvale Injektion und darauf folgende Auswertungen....................... 216<br />
Allgemeine Diskussion............................................................................................ 221<br />
Anhang ................................................................................................................... 225<br />
1. Sequenzen................................................................................................... 225<br />
2. Ergänzende Ergebnisse zu nanos/pumilio pRNAi........................................ 228<br />
3. Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitschritte ......................................................... 230<br />
4. Alublöcke für larvale Injektionen .................................................................. 231<br />
5. Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Pilot-Screens..................... 232<br />
6. Liste der im Pilot-Screen injizierten Fragmente............................................ 233<br />
7. Definition der im Pilot-Screen zu dokumentierenden Phänotypen ............... 239<br />
Literatur................................................................................................................... 242
Summary<br />
Summary<br />
Tribolium castaneum is an outstanding model for comparative developmental bi-<br />
ology and is well on the way to become an important system for Insect biology in<br />
general. This is largely due to its amenability for systemic RNA interference, allowing<br />
straightforward functional studies.<br />
In the first chapter of this thesis I used these techniques to analyze the function of<br />
the posterior group genes nanos and pumilio in early embryonic patterning of Tri-<br />
bolium. In the second chapter I present the development and testing of a procedure<br />
using RNAi for a genomewide screen to identify new developmental gene functions.<br />
In the long germ insect Drosophila, localized polarity cues serve as starting points<br />
for the antero-posterior regionalization of the embryo. The posterior to anterior<br />
NANOS gradient is part of this system and – in concert with PUMILIO - crucial for the<br />
formation of abdominal segments. To elucidate to which degree this system is con-<br />
served in short-germ embryogenesis, I analyzed nanos and pumilio function in Tri-<br />
bolium. I could show that both genes are indeed involved in abdomen formation in<br />
Tribolium as well. However, this is apparently not due to a role in blastodermal re-<br />
gionalization, but related to an interaction with the terminal system. In addition, I<br />
found an effect of nanos and pumilio on the formation of anterior segments. This<br />
unexpected influence on head patterning appears to be mediated by an impact on<br />
the formation of anterior Gap-Gene expression domains. Thus, the function of Tri-<br />
bolium nanos and pumilio differs from their Drosophila orthologs, which may be due<br />
to the special needs of short germ development.<br />
The candidate gene approach, which has been very successful throughout the<br />
last decade, is conceptually limited for the in depth analysis of Tribolium biology. To<br />
overcome these limitations and to further transform Tribolium into a primary model of<br />
basic insect research, the German Tribolium community is initiating a genomewide<br />
RNAi screen: iBeetle. In the second part of my thesis, I present the development of<br />
the iBeetle screening procedure, which allows rapid and efficient screening of gene<br />
functions for embryonic and postembryonic developmental processes, ranging from<br />
embryonic axis formation to the development of odoriferous glands.<br />
To test this concept, I designed and performed a pilot-screen, which demon-<br />
strated that important developmental genes can be detected with high sensitivity and<br />
that the approach is suitable to reveal unknown gene function with high frequency.<br />
1
Summary<br />
2<br />
Thus, I could show that a genomewide RNAi Screen in Tribolium is feasible and<br />
that iBeetle should be an ambitious but highly productive approach and will provide a<br />
unique resource to all insect researchers.
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassung<br />
Tribolium castaneum ist ein herausragendes Modellsystem der vergleichenden<br />
Entwicklungsbiologie (EvoDevo) und entwickelt sich seit der Sequenzierung seines<br />
Genoms zum wichtigen Forschungsobjekt unterschiedlicher Zweige der Insektenbio-<br />
logie. Dies wurde unter anderem durch die Nutzbarkeit einer systemischen RNA-<br />
Interferenzantwort zur einfachen Analyse von Genfunktionen möglich.<br />
Im ersten Kapitel dieser Arbeit verwendete ich diese Methoden, um die Rolle von<br />
nanos und pumilio, in Drosophila beides Gene der posterioren Gruppe, für die frühe<br />
embryonale Musterbildung in Tribolium zu untersuchen. Im zweiten Kapitel stelle ich<br />
die Entwicklung und Erprobung einer Methode vor, die RNAi für einen genomweiten<br />
Screening-Ansatz zur Identifizierung neuer Entwicklungsgene nutzt.<br />
Die antero-posteriore Regionalisierung des Langkeim-Embryos von Drosophila<br />
melanogaster wird durch lokalisierte Polaritätsfaktoren initiiert. Daran ist der von<br />
posterior nach anterior verlaufende NANOS-Gradient beteiligt, der gemeinsam mit<br />
PUMILIO wesentlich für die Ausbildung abdominaler Segmentanlagen ist. Um he-<br />
rauszufinden inwieweit diese Zusammenhänge auch in Kurzkeim-Insekten konser-<br />
viert sind, habe ich die Rolle von nanos und pumilio in Tribolium untersucht. Ich<br />
konnte zeigen, dass beide Gene tatsächlich auch in Tribolium eine Rolle für die<br />
abdominale Segmentierung spielen. Allerdings ist dies offenbar nicht auf eine Funkti-<br />
on innerhalb der blastodermalen Regionalisierung, sondern vielmehr auf eine Inter-<br />
aktion mit dem terminalen System zurückzuführen. Außerdem konnte ich einen<br />
Effekt von nanos und pumilio auf die Bildung anteriorer Segmente nachweisen.<br />
Dieser unerwartete Einfluss auf die Musterbildung innerhalb der Kopfanlage scheint<br />
durch eine Beteiligung an der Regulation anteriorer Gap-Gen-Domänen vermittelt zu<br />
werden. Die Aufgaben der Tribolium-Orthologen zu nanos und pumilio unterscheiden<br />
sich somit von ihrer Rolle in Drosophila, was vermutlich auf die speziellen Erforder-<br />
nisse der Kurzkeim-Entwicklung zurückzuführen ist.<br />
Der Kandidaten-Gen-Ansatz, der im ersten Teil dieser Arbeit verfolgt wurde und<br />
während der letzten zehn Jahre äußerst erfolgreich war, stößt bei der detaillierten<br />
Analyse vieler Prozesse der Tribolium-Biologie an immanente Grenzen. Um diese zu<br />
überwinden und Tribolium als Modellsystem weiter zu etablieren, haben deutsche<br />
Tribolium-Wissenschaftler einen genomweiten RNAi-Screen auf den Weg gebracht:<br />
iBeetle. Im zweiten Teil dieser Arbeit stelle ich die Entwicklung eines Konzepts zur<br />
3
Zusammenfassung<br />
praktischen Durchführung des iBeetle-Screens vor, das die effiziente Analyse emb-<br />
ryonaler und postembryonaler Entwicklungsprozesse von der embryonalen Achsen-<br />
determination bis zur Entwicklung der Stinkdrüsen erlaubt. Um dieses zu testen,<br />
habe ich einen Pilot-Screen entworfen und durchgeführt, der demonstriert, dass<br />
durch diesen Ansatz wichtige Entwicklungsgene mit hoher Sensitivität und unbe-<br />
kannte Genfunktionen in hoher Zahl detektiert werden können.<br />
4<br />
Ich konnte also zeigen, dass ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium machbar<br />
ist und iBeetle ein ambitioniertes aber äußerst vielversprechendes Projekt und eine<br />
wichtige Grundlage für zukünftige, genorientierte Insektenforschung sein wird.
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: Postembryonale Entwicklungsstadien von Tribolium castaneum..................14<br />
Abb. 2: Unterschiedliche Enwicklungsmodi: Lang- und Kurzkeim.............................18<br />
Abb. 3: Vereinfachtes Cladogramm ausgewählter Insektengruppen.........................18<br />
Abb. 4: Von Gradienten zu Streifen: Die Ebenen der Drosophila-Segmentierungs-<br />
kaskade..............................................................................................................22<br />
Abb. 5: Frühe Gradienten und Aktivitäten im Tribolium-Blastoderm..........................31<br />
Abb. 6: Sequenzvergleich der funktionellen Domänen von NANOS- und PUMILIO-<br />
Proteinen unterschiedlicher Spezies..................................................................43<br />
Abb. 7: Expression des Tribolium pumilio-Gens........................................................46<br />
Abb. 8: nanos ist in allen getesteten Entwicklungsstadien exprimiert........................48<br />
Abb. 9: Pupale RNAi gegen nanos und pumilio führt zu einer Reduktion larvaler<br />
Segmente...........................................................................................................51<br />
Abb. 10: nanos- und pumilio-RNAi führen auch zu Kopfdefekten..............................54<br />
Abb. 11: Verteilung der phänotypischen Klassen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />
Experimenten.....................................................................................................55<br />
Abb. 12: Verteilung der anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi......................56<br />
Abb. 13: nos/pum-RNAi führt zu einem Zusammenbruch der Segmentbildung aus der<br />
Wachstumszone.................................................................................................60<br />
Abb. 14: Die Expression von Markergenen zeigt Veränderungen posteriorer<br />
Blastodermbereiche ...........................................................................................64<br />
Abb. 15: nos/pum-RNAi führt zu Veränderungen anteriorer Gewebe in embryonalen<br />
Stadien...............................................................................................................71<br />
Abb. 16: OTD-1-Expression nach nanos/pumilio-RNAi .............................................74<br />
Abb. 17: Sequenzvergleich von BRAT-Proteinen......................................................76<br />
Abb. 18: Expression des Tribolium brain-tumor-Gens...............................................78<br />
Abb. 19: brain-tumor-RNAi führt zu embryonalen Defekten ......................................83<br />
Abb. 20: vasa-Expression verdeutlicht das Fehlen der PGCs nach nos/pum-RNAi..85<br />
Abb. 21: pumilio-RNAi führt zu einer Eiablagehemmung ..........................................86<br />
Abb. 22: pumilio spielt eine Rolle in der Extremitätenentwicklung.............................88<br />
Abb. 23: Larvale pumilio-RNAi führt zu einem Entwicklungsblock kurz vor der<br />
pupalen Ecdysis.................................................................................................89<br />
5
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 24: Schema der Funktion von nanos und pumilio in frühen Tribolium-<br />
6<br />
Embryonen ...................................................................................................... 110<br />
Abb. 25: Für iBeetle verwendete Käferstämme ...................................................... 143<br />
Abb. 26: Überblick über den iBeetle-Screening Ablauf ........................................... 151<br />
Abb. 27: Arbeitsplan für pupale Injektionen und darauffolgende Auswertungen..... 159<br />
Abb. 28: Arbeitsplan 1 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen.. 161<br />
Abb. 29: Arbeitsplan 2 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen.. 164<br />
Abb. 30: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens .................... 169<br />
Abb. 31: Zusammenfassung der Ergebnisse durch pupale Injektionen.................. 171<br />
Abb. 32: Zusammenfassung der Ergebnisse durch larvale Injektionen .................. 172<br />
Abb. 33: Defekte der Oogenese nach pupaler Injektion ......................................... 174<br />
Abb. 34: Defekte der Ovariogenese bzw. der Oogenese nach larvaler Injektion.... 177<br />
Abb. 35: Morphologisch feststellbare Defekte der Embryonalentwicklung nach<br />
pupaler Injektion .............................................................................................. 180<br />
Abb. 36: Defekte in larvalen oder pupalen Stadien................................................. 185<br />
Abb. 37: In adulten Tieren auftretende Effekte ....................................................... 186<br />
Abb. 38: Bisher unbekannte Phänotypen der Positvkontrollen............................... 188<br />
Abb. 39: Zusammenfassung der Sequenzierungsergebnisse der Matrizen zur<br />
dsRNA-Synthese ............................................................................................. 210<br />
Abb. 40: Sequenzvergleich veröffentlichter und potentieller NRE........................... 227<br />
Abb. 41: Verteilung der abdominalen Phänotypen nach pRNAi.............................. 229<br />
Abb. 42: Maße der für die larvalen Injektionen verwendeten Aluminiumblöcke...... 231
Tabellenverzeichnis<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tab. 1: Sequenzidentität unterschiedlicher nanos Zink-Finger..................................44<br />
Tab. 2: Legeleistung nach pumilio-RNAi ...................................................................86<br />
Tab. 3: Primer und PCR-Bedingungen....................................................................123<br />
Tab. 4: Verwendete Erst- und Zweitantikörper ........................................................127<br />
Tab. 5: Primer und Bedingungen der RT-PCR........................................................128<br />
Tab. 6: Primer für dsRNA Matrize ...........................................................................129<br />
Tab. 7: Verwendete dsRNA.....................................................................................129<br />
Tab. 8: Verwendete Positivkontrollen......................................................................165<br />
Tab. 9: PCR zur Synthese der Matrize für die dsRNA-Synthese.............................209<br />
Tab. 10: Verteilung der Phänotypen nach nanos- und pumilio-RNAi ......................228<br />
Tab. 11: Ausprägung der Kopfdefekte nach nanos- und pumilio-RNAi ...................228<br />
Tab. 12: Abdominale Phänotypen nach nos/pum-pRNAi ........................................229<br />
Tab. 13: Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitsschritte.....................................................230<br />
Tab. 14: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens.....................232<br />
7
Abkürzungen<br />
Abkürzungen<br />
8<br />
AS: Aminosäure<br />
bp: Basenpaar<br />
cDNA: Copy DNA; durch eine Reverse Transkriptase Reaktion von RNA<br />
kopierte DNA<br />
DIC: Differential interference contrast = Differenzieller Interferenzkon-<br />
trast<br />
DNA: Desoxyribonukleinsäure<br />
dsRNA: doppelsträngige Ribonukleinsäure<br />
EtOH: Ethanol<br />
GFP: Green Fluorescent Protein<br />
HGSC: Human Genome Sequencing Center<br />
ISH: in-situ-Hybridisierung<br />
JH: Juvenilhormon<br />
kDa: Kilodalton; Einheit des Molekulargewichts von Biomolekülen<br />
NCBI: National Center for Biotechnology Information<br />
NRE: Nanos Response Element<br />
OT: Objektträger<br />
PCR: Polymerase Chain Reaction; Methode zur spezifischen Amplifi-<br />
kation von DNA-Fragmenten<br />
pfu: plaque forming units<br />
PGCs: Primordiale Keimzellen, embryonale Vorläufer der Keimbahn–<br />
zellen<br />
pRNAi: RNAi Interferenz durch Injektion von pupalen Stadien<br />
RACE: Rapid Amplification of cDNA Ends<br />
RNAi: RNA-Interferenz<br />
Tc: Tribolium castaneum<br />
UTR: Nichttranslatierter Bereich der mRNA<br />
WT: Wildtyp, ohne RNAi Behandlung<br />
Gene:<br />
Antp: Antennapedia<br />
bcd: bicoid
at: brain-tumor<br />
cad: caudal<br />
eve: even-skipped<br />
gt: giant<br />
hb: hunchback<br />
kni: knirps<br />
Kr: Krüppel<br />
nos: nanos<br />
otd-1: orthodenticle-1<br />
pum: pumilio<br />
tll: tailless<br />
tor: torso<br />
tsl: torso-like<br />
vas: vasa<br />
wg: wingless<br />
zen-1 bzw. -2: zerknüllt-1 bzw. -2<br />
Abkürzungen<br />
9
Allgemeine Einleitung<br />
Allgemeine Einleitung<br />
Die Mitglieder der artenreichsten Tiergruppe unserer Erde, die Insekten, sind seit<br />
Jahrhunderten viel untersuchte Forschungsobjekte. Über nahezu alle Bereiche der<br />
Biologie wird und wurde an Insekten geforscht und somit ist auch zu ihrer Entwick-<br />
lung und Fortpflanzung eine Fülle von Fakten verfügbar. Die morphologischen und<br />
zellbiologischen Erkenntnisse über die Entwicklung der Insekten konnten vor allem<br />
im Laufe der vergangenen 30 Jahre durch vielfältige genetische und molekularbiolo-<br />
gische Forschungen ergänzt und erweitert werden. Initiiert und vorwärts getrieben<br />
wurden diese Forschungen von Wissenschaftlern, die sich mit der Taufliege Dro-<br />
sophila melanogaster beschäftigten, welche sich so zu einem der wichtigsten Mo-<br />
dellsysteme der modernen Lebenswissenschaften entwickelt hat. Allein vier wichtige<br />
Nobelpreise für Physiologie und Medizin wurden für Forschungen an Drosophila<br />
vergeben (http://nobelprize.org/), zuletzt 2004 an Linda Buck und Richard Axel, die<br />
für die Entdeckung der Familie der Geruchsrezeptoren in Maus und Fliege geehrt<br />
wurden (Buck und Axel, 1991). Den Grundstein der modernen Drosophila-Forschung<br />
legte aber schon Thomas Hunt Morgan 1911 und in den darauf folgenden Jahren, in<br />
denen er die Chromosomentheorie der Vererbung beweisen konnte, wofür er 1933<br />
den Nobelpreis erhielt (Morgan, 1911; 1915). 1945 wurde dann Hermann Muller<br />
ausgezeichnet, ein Schüler Morgans, weil er zeigte, dass Röntgenstrahlen Mutatio-<br />
nen auslösen können (Muller, 1927). Schließlich wurde der Nobelpreis für Medizin<br />
1995 an Christiane Nüsslein-Volhard, Eric Wieschaus und Edward Lewis verliehen,<br />
die mit ihren genetischen Untersuchungen und großangelegten Mutagenese-Screens<br />
Ende der 70er und in den 80er Jahren die genetische Musterbildung des Drosophila-<br />
Embryos in einer umfassenden Art und Weise entschlüsseln konnten (Nüsslein-<br />
Volhard und Wieschaus, 1980; Nüsslein-Volhard et al., 1987). Diese Arbeiten legten<br />
den Grundstein für die moderne Insektenentwicklungsbiologie.<br />
Eben jene moderne, molekularbiologische Insekten-Entwicklungsbiologie ist seit<br />
etlichen Jahren nicht mehr auf Drosophila beschränkt. In einigen Arten unterschiedli-<br />
cher Insektenordnungen wird heute versucht, aufbauend auf der umfangreichen<br />
Datenbasis der Fliegen-„Community“ neue Erkenntnisse zur Evolution entwicklungs-<br />
biologischer Prozesse zu erlangen und diese Arten als unabhängige Modellsysteme<br />
zu etablieren. Eines der erfolgreichsten Systeme dieser Art ist der rote Reismehlkäfer<br />
Tribolium castaneum (Abb. 1; Klingler, 2004). Tribolium hat sich in den vergangenen<br />
11
Allgemeine Einleitung<br />
Jahrzehnten zu einem konkurrenzfähigen Modellsystem für genetische und verglei-<br />
chende entwicklungsbiologische Fragestellungen entwickelt. Vor allem seit der<br />
Sequenzierung des Genoms wird er nun zunehmend auch als Forschungsobjekt für<br />
viele andere Bereiche der Insektenbiologie verwendet (Roth und Hartenstein, 2008;<br />
Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />
12<br />
Tribolium castaneum gehört zur Familie der Tenebrionidae, der Schwarzkäfer,<br />
und damit zu einer großen Familie der artenreichsten Ordnung, den Coleoptera mit<br />
über 350 000 beschriebenen Arten (http://tolweb.org/Coleoptera). Innerhalb der über<br />
20 000 Arten der Tenebrionidae finden sich 33 Tribolium Spezies (Sokoloff, 1972).<br />
Tribolium castaneum gehört hierbei einer Gruppe indo-orientalischen Ursprungs an,<br />
gilt heute allerdings als Kosmopolit, da er sich als synanthroper Getreideschädling<br />
auf der ganzen Welt verbreitet hat (Sokoloff, 1972; Klingler, 2004; Angelini und<br />
Jockusch, 2008). Diese Synanthropie und die damit in Zusammenhang stehende<br />
einfache Haltung ist eines der Argumente für Tribolium als geeignetes Insekten-<br />
Modellsystem. Außerdem hat Tribolium eine relativ kurze Generationszeit und eine<br />
hohe Reproduktionsrate. Für die moderne molekularbiologische Forschung ist aber<br />
vor allem die genetische Zugänglichkeit und die Verfügbarkeit grundlegender Metho-<br />
den von Bedeutung, die in den letzten 20 Jahren deutlich vorangetrieben wurde und<br />
Tribolium heute zum wichtigsten Insekten-System neben Drosophila macht. Das<br />
verhältnismäßig kleine Genom wurde mittlerweile sequenziert, annotiert und steht<br />
über eine Web-Seite zur Verfügung (Brown et al., 1990; Tribolium Genome Sequen-<br />
cing Consortium, 2008; Kim et al., 2010a). Genetische Karten (Beeman und Brown,<br />
1999; Lorenzen et al., 2005), Mutanten aus chemischer und Transposon-<br />
Mutagenese (Beeman et al., 1989; Sulston und Anderson, 1996; Maderspacher et<br />
al., 1998; Trauner et al., 2009), mehrere Transformationssysteme (Lorenzen et al.,<br />
2003; Pavlopoulos et al., 2004), transgene Marker (Berghammer et al., 1999b),<br />
unterschiedliche Laborstämme, viele „Enhancer-trap“-Linien (Lorenzen et al., 2003;<br />
Pavlopoulos et al., 2004; Trauner et al., 2009), Transkriptom- und Proteom-Daten<br />
(Park et al., 2008; Morris et al., 2009) sowie detaillierte Beschreibungen der Biologie<br />
und Morphologie (Sokoloff, 1972; Handel et al., 2000; Trauner und Büning, 2007)<br />
sind verfügbar. Besonders wichtig ist außerdem, dass in Tribolium durch systemi-<br />
sche RNA-Interferenz (RNAi) Gene zu verschiedensten Entwicklungszeitpunkten<br />
einfach inaktiviert werden können. Dabei ist vor allem die Möglichkeit parentaler<br />
RNAi, also die Induktion von RNA-Interferenz in den Nachkommen behandelter
Allgemeine Einleitung<br />
Tiere, hervorzuheben (Brown et al., 1999b; Bucher et al., 2002; Tomoyasu und<br />
Denell, 2004; van der Zee et al., 2006). Zusätzlich zu diesen methodischen Argu-<br />
menten machen einige weitere Punkte Tribolium zu einem interessanten For-<br />
schungsobjekt. Zunächst ist er als Vorratsschädling von wirtschaftlichem Interesse<br />
und damit die Eindämmung seiner Verbreitung Gegenstand aktueller Forschung (z.B.<br />
(Abubakar et al., 2000; Missios et al., 2000; Warchalewski et al., 2000; Arakane et<br />
al., 2008). Außerdem weist seine Embryonalentwicklung einige Aspekte von großem<br />
Interesse auf. Von vergleichenden Untersuchungen der Kurzkeim-Entwicklung Tribo-<br />
liums mit der Langkeim-Embryogenese von Drosophila erhofft man sich Erkenntnisse<br />
über die anzestralen Prozesse der Insektenentwicklung und die Evolution der unter-<br />
schiedlichen Mechanismen der Segmentierung (s. I.1.1). Zudem entwickeln sich in<br />
Tribolium, anders als in der Fliege, bereits während der Embryonalentwicklung<br />
Beine, und der Kopf der Larve weist die anzestrale Ausstattung beißend-kauender<br />
Mundwerkzeuge auf. Drosophila-Larven hingegen haben keine Beine und eine<br />
extrem abgeleitete Kopfkapsel (Bate und Martinez Arias, 1993) was die Untersu-<br />
chung der Entwicklung dieser Strukturen erschwert. Diese Vorteile von Tribolium als<br />
Modellsystem wurden auch in dieser Arbeit genutzt und es wurde zudem versucht<br />
diese zu erweitern.<br />
Im ersten Kapitel wurde die Rolle von nanos und pumilio für die Embryonalent-<br />
wicklung Triboliums untersucht. Jene beiden Gene spielen in Drosophila eine zentra-<br />
le Rolle für die Regionalisierung in frühen embryonalen Stadien. Die dort ablaufen-<br />
den Prozesse weisen in Tribolium viele Unterschiede zur Situation bei Drosophila auf<br />
und sind noch nicht gut verstanden. In diesem Teil der Arbeit wurde also ein klassi-<br />
scher Kandidatengenansatz verfolgt, indem versucht wurde die Rolle zweier aus<br />
Drosophila bekannter Gene in Tribolium aufzuklären. Dieser Ansatz war zwar in der<br />
Vergangenheit sehr erfolgreich, und konnte auch hier mit Erfolg angewendet werden,<br />
offenbarte aber auch im Rahmen dieser Arbeit seine Schwächen. Gerade für die<br />
frühe Entwicklung des Tribolium-Embryos ist klar, dass wesentliche Faktoren, die<br />
diese Prozesse steuern, nicht aus Drosophila bekannt sind, da sie dort möglicher-<br />
weise keine Rolle spielen, oder sich ihre Funktion im Laufe der Evolution verändert<br />
hat. Ein neuer Ansatz um diese Einschränkung zu überwinden, wird im zweiten<br />
Kapitel dieser Arbeit verfolgt. Dort wurde die Methodik eines genomweiten RNAi-<br />
Screens in Tribolium erarbeitet, auf seine Durchführbarkeit und Effektivität getestet<br />
und für die großangelegte Anwendung optimiert. Innerhalb dieses Screens sollen alle<br />
13
Allgemeine Einleitung<br />
Tribolium-Gene auf ihre Funktion in mehreren embryonalen und postembryonalen<br />
Prozessen auf effiziente, sensitive Weise getestet werden. Durch solche molekulare<br />
„forward genetics“-Methoden sollen bisher unbekannte Gene entdeckt werden, deren<br />
Funktion für die Embryogenese möglicherweise im Laufe der Evolution der Frucht-<br />
fliege verloren ging oder sich geändert hat. Außerdem erlaubt die Architektur des<br />
Screens auch die Analyse postembryonaler Prozesse, wie der Metamorphose, und<br />
legt einen Schwerpunkt auf die Etablierung neuer Forschungsfelder.<br />
14<br />
Abb. 1: Postembryonale Entwicklungsstadien von<br />
Tribolium castaneum<br />
A letztes Larvenstadium kurz vor der Verpuppung, laterale<br />
Ansicht<br />
B Puppe mittleren Alters, ventrale Sicht<br />
C dorsale Sicht eines adulten Käfers<br />
D ventrale Sicht eines adulten Käfers<br />
Die gezeigten Tiere tragen eine Mutation des vermillion<br />
Gens, weshalb ihnen die typische schwarze Augenpigmentierung<br />
fehlt (Lorenzen et al., 2002).<br />
Anterior ist links.
I. Kapitel:<br />
I. 1. Einleitung<br />
Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe in Tri-<br />
bolium<br />
1. Einleitung<br />
1.1. Die Embryonalentwicklung der Insekten<br />
Die Embryonalentwicklung vieler Arten unterschiedlicher Insektengruppen wurde<br />
in der Vergangenheit analysiert und zunächst morphologisch beschrieben (Sander,<br />
1996). In den letzten Jahren komplettieren zunehmend auch molekularbiologische<br />
Arbeiten an einer wachsenden Zahl verschiedener Spezies das Verständnis dieser<br />
Prozesse (Peel et al., 2005; Rosenberg et al., 2009).<br />
Die Entwicklung der Insekten beginnt zumeist mit der Eiablage, der Großteil der<br />
Arten ist ovipar. In der Regel werden große, dotterreiche Eier bei der Ablage befruch-<br />
tet und die Entwicklung initiiert (Chapman, 1998). Insekteneier sind bereits bei der<br />
Oviposition deutlich sichtbar polarisiert. So liegt beispielsweise am anterioren Ende<br />
meist eine oder mehrere Mikropylen, durch die Spermien eintreten (Counce, 1973).<br />
Auch die Form vieler Insekteneier zeigt bereits Asymmetrien: der posteriore Pol ist<br />
oft stumpfer als der anteriore, die ventrale Seite häufig konvex (Dettner, 2003). Diese<br />
äußeren Anzeichen von Polarität sind Ausdruck der bereits während der Oogenese<br />
angelegten und in der Oozyte manifesten Körperachsen des zukünftigen Embryos<br />
(Sander, 1976; Riechmann und Ephrussi, 2001). Insekteneier durchlaufen meist eine<br />
superfizielle Furchung, während derer in vielen Insektengruppen zunächst keine<br />
Zellmenbranen gebildet werden. Die meisten der anfangs im Dotter liegenden Zell-<br />
kerne wandern im Laufe der Entwicklung in die Peripherie und bilden dort eine<br />
Schicht aus Zellkernen, das Blastoderm. Dieses kann bereits zellularisiert sein (z.B.<br />
Blastodermscheibe bei Schistocerca, (Ho et al., 1997), oder aber es bleibt vorerst als<br />
syncytiales Blastoderm bestehen und bildet erst später Zellgrenzen aus (z.B. Dro-<br />
sophila, (Foe und Alberts, 1983). Diese Form der unvollständigen Furchung erlaubt,<br />
dass sich Moleküle ohne begrenzende Zellmembranen frei innerhalb des Periplas-<br />
mas des frühen Insektenembryos ausbreiten können (Hülskamp und Tautz, 1991;<br />
Klingler und Tautz, 1999). Während dieser frühen Furchungsteilungen finden bereits<br />
15
I. 1. Einleitung<br />
wichtige Musterbildungsprozesse statt, die in der Folge meist zur Bildung einer<br />
Embryonalanlage und der Anlage extraembryonaler Membranen führen (Anderson,<br />
1972a; b). Das Verhältnis dieser beiden embryonalen Anlagen zueinander kann in<br />
unterschiedlichen Insektenarten massiv variieren und steht in Zusammenhang mit<br />
unterschiedlichen Strategien der Segmentierung (Davis und Patel, 2002). Man unter-<br />
scheidet hierbei zwischen Kurz- und Langkeim-Embryogenese (Abb. 2; Krause,<br />
1939; Sander, 1976). Der zusätzliche Begriff des Intermediärkeims ist in der aktuel-<br />
len Literatur weniger gebräuchlich, seine frühere Verwendung macht allerdings<br />
deutlich, dass die Charakteristika beider Strategien nicht immer klar voneinander<br />
abgegrenzt werden können und Übergangsformen auftreten.<br />
16<br />
In einem Langkeim-Embryo werden alle Segmentanlagen noch vor der Gastrula-<br />
tion während blastodermaler Entwicklungsstadien angelegt. Die Embryonalanlage<br />
nimmt meist den größten Teil des Blastoderms ein und die Anlage der extraembryo-<br />
nalen Hüllen ist weniger stark ausgeprägt (Krause, 1939; Sander, 1976). Prominente<br />
Beispiele für Langkeim-Insekten sind die Taufliege Drosophila melanogaster oder die<br />
Honigbiene Apis meliferra (Krause, 1939; Anderson, 1972b; Turner und Mahowald,<br />
1977; Fleig und Sander, 1986). Kurzkeimembryonen hingegen bilden am posterioren<br />
Pol oder innerhalb der posterioren Hälfte des Embryos eine Embryonalanlage aus,<br />
innerhalb derer nur relativ wenige, anteriore Segmentanlagen vor Einsetzen der<br />
Gastrulation spezifiziert werden. Die noch fehlenden Segmentanlagen entstehen<br />
nach Bildung des Keimrudiments aus einer posterioren Wachstumszone. Dabei<br />
werden in einer anterior-nach-posterioren Progression neue Segmentanlagen gebil-<br />
det, wobei sich der Keim in antero-posteriorer Richtung verlängert (Krause, 1939;<br />
Sander, 1976; Davis und Patel, 2002). Somit bestehen die wesentlichsten Unter-<br />
schiede zwischen Lang- und Kurzkeimembryonen in der blastodermalen „fate-map“<br />
(Abb. 2), die entweder nur wenige oder nahezu alle Segmentanlagen aufweist, und in<br />
der Bildung abdominaler Segmente, die entweder innerhalb eines zellulären Systems<br />
(Kurzkeim-Wachstumszone) oder in einem syncytialen Blastoderm (Langkeim)<br />
stattfindet. Beispiele für Kurzkeim-Insekten sind der Amerikanische Grashüpfer<br />
Schistocerca americana, die Wanze Oncopeltus fasciatus oder der Rote Reismehlkä-<br />
fer Tribolium castaneum (Butt, 1949; Sokoloff, 1972; Patel et al., 1989). Die Kurz-<br />
keimentwicklung wird gemeinhin als der basalere, also evolutionär ältere Modus<br />
angesehen. So finden sich Langkeimembryonen nur innerhalb der holometabolen<br />
Insekten, während Vertreter des Kurzkeimmodus in beiden Taxa zu finden sind (Abb.
I. 1. Einleitung<br />
3; Davis und Patel, 2002). Meist geht Langkeimembryogenese einher mit meroisti-<br />
scher Oogenese, also dem Vorhandensein von Nährzellen, die die Oozyte begleiten<br />
(Büning, 1994), und einer verhältnismäßig schnellen Entwicklung, so dass spekuliert<br />
wurde, ob sowohl die simultane Bildung der Segmentanlagen als auch das Vorhan-<br />
densein von Nährzellen in der Oogenese eine kürzere Generationszeit ermöglichen<br />
(Büning, 1994; Davis und Patel, 2002). Das Auftreten beider Embryogenesestrate-<br />
gien in verschiedenen Gruppen innerhalb der holometabolen Insekten legt die mehr-<br />
fach unabhängige Entstehung eines der beiden Typen nahe (Abb. 3; Davis und<br />
Patel, 2002). Entweder der Langkeim-Modus entstand an der Basis der Holometabo-<br />
len, was eine voneinander unabhängige, sekundäre Entwicklung des Kurzkeim-<br />
Modus in Hymenopteren, Käfern und Lepidopteren erfordert, oder die Langkeimemb-<br />
ryogenese selbst ist mehrfach unabhängig entstanden. Dass der Wechsel zwischen<br />
diesen Strategien im Verlauf der Evolution mehrfach geschehen konnte, legt nahe,<br />
dass dies nur wenige Änderungen der Musterbildungssysteme benötigt.<br />
Nachdem alle Segmentanlagen gebildet sind, ähneln sich die meisten Insekten-<br />
embryonen sehr, der gestreckte Keimstreifen repräsentiert also eine Art phylotypi-<br />
sches Stadium (Sander, 1983; Slack et al., 1993; Tautz und Schmid, 1998; Peel et<br />
al., 2005). Hier ist die morphologische und genetische Varianz innerhalb der Insekten<br />
vergleichsweise gering: Segmentpolaritätsgene sind in segmentalen Streifen expri-<br />
miert (Martinez-Arias et al., 1988), Hox-Gene definieren Körperabschnitte und vermit-<br />
teln segmentale Identität (Lawrence und Morata, 1994), und auch die dorso-ventrale<br />
Position der meisten Organanlagen ist ausgeprägt (Heming, 2003). In hemimetabo-<br />
len Insekten findet nun auch die Katatrepsis statt, die „Ausrollung“ des vorher in den<br />
Dotter hineingewachsenen Keimstreifs (Wheeler, 1893; Anderson, 1972a; Panfilio,<br />
2008). Es folgt dann die weitere Differenzierung der Gewebe, die Organogenese und<br />
der dorsale Rückenschluss, bei dem die beiden Seiten der Keimstreifen um den<br />
Dotter herumwachsen und an der dorsalen Mittelllinie schließlich miteinander ver-<br />
schmelzen (Anderson, 1972a; b).<br />
17
I. 1. Einleitung<br />
18<br />
Abb. 2: Unterschiedliche Enwicklungsmodi:<br />
Lang- und Kurzkeim<br />
Gezeigt sind die „fate maps“ eines Drosophila-<br />
(A) und eines Tribolium-Embryos (B) in einer<br />
Schemadarstellung in fortgeschrittenen Blastodermstadien.<br />
Die Unterschiede zwischen Langkeim<br />
(A) und Kurzkeim (B) werden vor allem in<br />
Bezug auf die Anlagen der extraembryonalen<br />
Membranen (Serosa und Amnion bzw. Amnioserosa)<br />
und die abdominalen Segmentanlagen<br />
deutlich.<br />
(A) nach (Hartenstein, 1993), (B) nach (Kotkamp et al.,<br />
2010) PGCs: primordiale Keimzellen (Schröder, 2006),<br />
Ant. Kopf: Anteriorer Kopf, WZ: Wachstumszone<br />
Abb. 3: Vereinfachtes Cladogramm<br />
ausgewählter Insektengruppen<br />
Langkeimembryogenese tritt nur in den<br />
holometabolen Gruppen auf (rote Punkte),<br />
während die Kurzkeimembryogenese<br />
über mehrere Gruppen hinweg auftritt<br />
(gelb). Die bekannten Kurzkeime der<br />
Lepidoptera und Hymenoptera wurden<br />
bisher auch als Intermediärkeime bezeichnet,<br />
folgen also keiner extremen<br />
Kurzkeimembryogenese.<br />
Abbildung verändert nach (Davis und Patel,<br />
2002; Savard et al., 2006b).
I. 1. Einleitung<br />
1.2. Drosophila melanogaster als genetisches Referenzsystem<br />
In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde durch die Arbeiten<br />
von Nüsslein-Volhard, Wieschaus, Lewis und ihrer Kollegen die Grundlage der<br />
heutigen, molekularen Entwicklungsbiologie geschaffen. Durch systematische Muta-<br />
genese-Screens an Drosophila melanogaster und die darauf folgende Auswertung<br />
der Mutanten wurden die Grundzüge der Drosophila Entwicklung entschlüsselt, und<br />
die Embryogenese der Taufliege als Referenzsystem der Insektenembryologie<br />
etabliert.<br />
Nüsslein-Volhard und ihre Kollegen fanden heraus, dass die Segmentierung des<br />
Drosophila-Embryos durch regulative Interaktionen einer Kaskade von Gengruppen<br />
gesteuert wird (Abb. 4). Diese Kaskade wird von maternalen Genprodukten initiali-<br />
siert, die bereits während der Oogenese in der Oozyte deponiert und lokalisiert<br />
werden (St Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992; Riechmann und Ephrussi, 2001).<br />
In prävitellogenetischen Oogenese-Stadien werden dabei mRNAs aus den Nährzel-<br />
len in die Oozyte transportiert, während der Oozytenkern am posterioren Pol zu<br />
liegen kommt (van Eeden und St Johnston, 1999). Dort kommt es zu einem Signal-<br />
austausch der Oozyte mit den posterioren Follikelzellen (Lopez-Schier, 2003), wobei<br />
die Aktivierung des EGF-Rezeptors TORPEDO durch den TGF-ähnlichen Faktor<br />
GURKEN für die Determination der posterioren Follikelzellen nötig ist (Gonzalez-<br />
Reyes et al., 1995; Roth und Lynch, 2009). Diese wiederum induzieren daraufhin in<br />
der Oozyte eine Repolarisierung des Mikrotubuliskeletts, vermittelt durch ein bisher<br />
unbekanntes Signal (Riechmann und Ephrussi, 2001; Roth und Lynch, 2009). Durch<br />
Transposition in Richtung der nun vor allem am anterioren Pol liegenden Mikrotubuli-<br />
Minus-Enden wird bicoid-mRNA am dort lokalisiert (Driever und Nüsslein-Volhard,<br />
1988b; Weil et al., 2006). Am posterioren Pol akkumuliert hingegen die Oskar-<br />
mRNA, die dort die Bildung des Polplasmas steuert (Ephrussi et al., 1991). Hierbei<br />
wird auch die nanos-mRNA am posterioren Pol lokalisiert (Wang und Lehmann,<br />
1991). Nach der Eiaktivierung bilden sich ausgehend von diesen lokalisierten<br />
mRNAs NANOS- und BICOID-Proteingradienten entlang der antero-posterioren<br />
Achse. Diese initialen Gradienten vermitteln die Bildung nachgeschalteter Protein-<br />
gradienten. So inhibiert das NANOS-Protein gemeinsam mit einem ubiquitären<br />
Kofaktor, PUMILIO (Barker et al., 1992), die HUNCHBACK-Expression von der<br />
ubiquitären maternalen hunchback-mRNA im posterioren Teil des Embryos<br />
19
I. 1. Einleitung<br />
(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a). BICOID reprimiert seinerseits von anterior<br />
die Expression von CAUDAL, so dass ein posterior-nach-anteriorer CAUDAL-<br />
Gradient entsteht (Dubnau und Struhl, 1996; Rivera-Pomar et al., 1996). Der Ausfall<br />
dieser maternalen Gene hat weitreichende Folgen. So fehlen in bicoid-Mutanten<br />
beispielsweise Kopf und Thorax (Driever und Nüsslein-Volhard, 1988b), in nanos-<br />
Mutanten das Abdomen (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991).<br />
20<br />
Nach Bildung dieses Koordinatensystems beginnt die zygotische Genexpression,<br />
wobei die Gradienten entlang der antero-posterioren Achse die Grundlage für die<br />
räumlich begrenztere Expression der nachgeschalteten Gap-Gene bilden (Rivera-<br />
Pomar und Jäckle, 1996). Hierbei aktiviert BCD unter anderem die zygotische<br />
hunchback-Expression in einer anterioren Expressionsdomäne (Tautz, 1988; Driever<br />
und Nüsslein-Volhard, 1989; Struhl et al., 1989). Auch andere Gap-Gene, wie knirps,<br />
giant oder Krüppel, werden durch die maternalen Gradienten im syncytialen Blasto-<br />
derm reguliert (Schulz und Tautz, 1994; Simpson-Brose et al., 1994). Weitere Inter-<br />
aktionen untereinander, sowohl aktivierend als auch reprimierend, führen dann zu<br />
definierten, entlang der ap-Achse räumlich begrenzen Expressionsdomänen<br />
(Hülskamp et al., 1990; Bronner und Jäckle, 1991; Kraut und Levine, 1991a; b;<br />
Margolis et al., 1995; Schulz und Tautz, 1995). Diese überspannen meist mehrere<br />
spätere Segmentanlagen des Embryos und sind für deren Ausbildung essentiell. Am<br />
posterioren Pol des Blastoderms werden die Gap-Gene huckebein und tailless<br />
exprimiert, deren Aktivierung auf ein zusätzliches maternales Musterbildungssystem<br />
zurückzuführen ist: das terminale System (Weigel et al., 1990; Furriols und Casano-<br />
va, 2003). Dabei wird die Rezeptor-Tyrosin-Kinase TORSO an den Polen des Emb-<br />
ryos aktiviert, was zu einer Inaktivierung der Repressoren groucho und capicua führt,<br />
und die Expression von tll und hkb erlaubt (Klingler et al., 1988; Sprenger et al.,<br />
1989; Paroush et al., 1997; Jimenez et al., 2000).<br />
Durch die Integration der teilweise überlappenden, lokal begrenzten gap-<br />
Proteingradienten werden dann im zellulären Blastoderm über spezifische Enhancer-<br />
Elemente die einzelnen Domänen der Paar-Regel-Gene aktiviert (Pankratz und<br />
Jäckle, 1990; Klingler und Gergen, 1993; Langeland et al., 1994; Reinitz und Sharp,<br />
1995; Fujioka et al., 1999). Sie sind zunächst in Streifen exprimiert, die ungefähr eine<br />
Segmentanlage überspannen, aber nur in jeder zweiten Anlage ausgebildet werden,<br />
wobei die Domänen der drei primären Paar-Regel-Gene even-skipped, runt und hairy<br />
gegeneinander verschoben sind (Frasch et al., 1987; Carroll et al., 1988; Gergen und
I. 1. Einleitung<br />
Butler, 1988). Interaktionen dieser Faktoren untereinander führen zur Präzisierung<br />
dieser Domänen und der Expression von sekundären Paar-Regel-Genen (Harding et<br />
al., 1986; Manoukian und Krause, 1992; Gutjahr et al., 1993; Klingler und Gergen,<br />
1993; Gutjahr et al., 1994; Hartmann et al., 1994). Einige dieser Gene sind im späte-<br />
ren Verlauf in zusätzlichen Streifen zwischen denen mit doppelsegmentaler Periodizi-<br />
tät exprimiert und weisen so sekundär ein segmentales Muster auf (Macdonald et al.,<br />
1986; Carroll et al., 1988; Duffy et al., 1991). Die Streifenmuster der verschiedenen<br />
Paar-Regel-Gene machen eine exakte Regulierung der Segmentpolaritäts-Gene<br />
möglich, deren Funktion schließlich die Segmentanlagen definiert (DiNardo und<br />
O'Farrell, 1987; Lawrence et al., 1987; Ingham et al., 1988). Dabei sind die Gene<br />
wingless und engrailed in nebeneinander liegenden Zellreihen exprimiert und erhal-<br />
ten dieses Muster durch gegenseitige Aktivierung über die Signalmoleküle<br />
WINGLESS und HEDGEHOG (DiNardo et al., 1985; Baker, 1988; Sanson, 2001).<br />
Zwischen beiden Domänen wird eine Parasegmentgrenze etabliert, die späteren<br />
Segmentgrenzen entwickeln sich posterior der engrailed Streifen (Martinez-Arias und<br />
Lawrence, 1985; Martinez-Arias et al., 1988; Lawrence und Struhl, 1996).<br />
Die Identität der so gebildeten Segmentanlagen wird in der Folge durch die Akti-<br />
vität unterschiedlicher Kombinationen von Hox-Genen vermittelt (Lewis, 1978).<br />
Homeobox-Gene sind eine Gruppe hochkonservierter Transkriptionsfaktoren, die<br />
zumindest innerhalb der Bilateria an der Etablierung unterschiedlicher Identitäten<br />
entlang der Antero-posterioren Achse beteiligt sind (Garcia-Fernandez, 2005). Diese<br />
als Hox-Gene bezeichneten Homeobox-Gene liegen innerhalb genomischer Cluster<br />
und die antero-posteriore Abfolge ihrer Expressionsdomänen entspricht dabei der<br />
Anordnung der entsprechenden Gene auf der genomischen Sequenz (Kolinearität).<br />
Bei Drosophila spaltete sich der Hox-Komplex in zwei Komplexe auf: den Antenna-<br />
pedia- und den Bithorax-Komplex (Lawrence und Morata, 1994). Die Position und die<br />
Grenzen der Hox-Genexpression werden vor allem durch die Aktivität der gap- und<br />
der Paar-Regel-Gene festgelegt (Harding und Levine, 1988; Irish et al., 1989b; Jack<br />
und McGinnis, 1990; Casares und Sanchez-Herrero, 1995).<br />
21
I. 1. Einleitung<br />
Abb. 4: Von Gradienten zu Streifen: Die Ebenen der Drosophila-Segmentierungs-<br />
kaskade<br />
Schematische Darstellung der Proteinexpressionsdomänen im Drosophila Blastoderm. „Step<br />
1“ zeigt maternale Gradienten, die im Fall von NANOS und BICOID durch Diffusion vom Ort<br />
der lokalisierten mRNA ausgehen, und dann die Expression von HUNCHBACK bzw.<br />
CAUDAL im posterioren respektive anterioren Bereich des Embryos reprimieren. „Step 2“:<br />
Basierend auf der Regulation durch die maternalen Gradienten und auf Interaktionen untereinander<br />
entstehen die zygotischen Gap-Gen-Domänen, deren Proteinkonzentrationen von<br />
den Maxima ihrer mRNA-Expressionsdomänen aus diffundieren und kurzreichende Gradienten<br />
bilden.<br />
Im nächsten Schritt („Step 3“) führen die teilweise überlappenden Gap-Gen-Domänen zur<br />
Expression der primären Paar-Regel-Gene in einem doppelsegmentalen Muster. Diese<br />
regulieren sich gegenseitig und die Expression der sekundären Paar-Regel-Gene.<br />
Diese sich wiederholende Abfolge von streifenförmigen Paar-Regel-Gen-Domänen führt in<br />
„Step 4“ zur segmentalen Expression der Segmentpolaritäts-Gene und damit der Ausprägung<br />
von Parasegment- und späteren Segmentgrenzen.<br />
Abbildung leicht verändert aus (Peel et al., 2005).<br />
Ebenso wie die Etablierung der anteroposterioren Achse hängt auch die Festle-<br />
gung der dorso-ventralen Achse in Drosophila von Prozessen während der Oogene-<br />
se ab (Roth, 2003). Nachdem durch die posteriore Lage des Oozytenkerns termina-<br />
les Follikelzellschicksal determiniert wurde, wird dieser zu einer peripheren, anterio-<br />
ren Position transportiert, wodurch wiederum durch das GURKEN-EGF-Rezeptor-<br />
Signal die Festlegung dorsaler Schicksale initiiert wird (Gonzalez-Reyes et al., 1995;<br />
Roth et al., 1995). In der Folge der EGF-Rezeptor-Aktivierung wird die Expression<br />
von pipe in ventralen Follikelzellen aktiviert (Nilson und Schupbach, 1998; Sen et al.,<br />
1998; Peri et al., 2002). PIPE wiederum bedingt eine Proteasekaskade im Perivitel-<br />
linraum, die zur Aktivierung des TOLL Rezeptors in der Oozytenmembran durch den<br />
Liganden SPÄTZLE führt (Moussian und Roth, 2005). Dies führt in der Folge dann<br />
22
I. 1. Einleitung<br />
zur Phosphorylierung und Degradierung von CACTUS und zur Translokation des NF-<br />
!B Transkriptionsfaktors DORSAL in den Zellkern der ventralen Energiden des<br />
syncytialen Blastoderm-Embryos in Form eines ventro-dorsalen Gradienten (Roth et<br />
al., 1989; Moussian und Roth, 2005). Hohe DORSAL Konzentrationen aktivieren<br />
dann beispielsweise snail und twist in der ventral liegenden Mesodermanlage<br />
(Govind und Steward, 1991; Ip et al., 1992), während mittlere Konzentrationen z.B.<br />
short-gastrulation und rhomboid in der Anlage des neurogenen Ektoderms der latera-<br />
len Blastodermbereiche aktivieren (Rusch und Levine, 1996). In der dorsalen Anlage<br />
des Ektoderms werden zerknüllt und decapentaplegic (dpp) exprimiert, die von<br />
dorsal reprimiert werden (Rusch und Levine, 1996; Roth, 2003).<br />
Die Ausbildung der Körperachsen des Drosophila Embryos basiert also auf A-<br />
symmetrien, die dem Ei in Form von lokalisierten mRNAs und räumlich begrenzter<br />
Rezeptoraktivierung mit auf den Weg gegeben werden. Diese Vorraussetzungen<br />
erlauben die schnelle Etablierung des segmentalen Bauplans, durch Interaktionen<br />
diffundierender Faktoren im syncitialen Blastoderm, wobei die Komplexität der ent-<br />
stehenden Muster von Ebene zu Ebene der Segmentierungskaskade zunimmt.<br />
1.3. Tribolium castaneum als Modell für vergleichende Studien<br />
der Embryonalentwicklung<br />
1.3.1. Die Tribolium-Embryogenese<br />
Wie bei allen Insekten beginnt auch die Tribolium-Entwicklung mit einer Reihe<br />
früher Kernteilungen, wie in Drosophila gefolgt von der Bildung eines zunächst<br />
syncytialen Blastoderms (Handel et al., 2000). Die erste sichtbare Differenzierung<br />
des Embryos manifestiert sich in einer weiträumigeren Verteilung der Zellkerne<br />
innerhalb der Serosaanlage ungefähr 9 Stunden nach Eiablage bei 30 °C, d.h. kurz<br />
nach der Vollendung der letzten synchronen Kernteilung (des dreizehnten Mitose-<br />
zyklus, (Handel et al., 2000). Ungefähr die Hälfte des Blastoderms trägt dabei zur<br />
Serosaanlage, die andere zur Embryonalanlage bei. Innerhalb dieser werden blasto-<br />
dermal außer der prägnathalen Kopfanlage noch die Segmentanlagen des<br />
Gnathums und des ersten thorakalen Segments angelegt (Patel et al., 1994), wahr-<br />
scheinlich ist auch zumindest die Anlage des zweiten thorakalen Segments noch ein<br />
Produkt blastodermaler Musterbildung (Schoppmeier und Schröder, 2005). Wenig<br />
23
I. 1. Einleitung<br />
später bildet sich eine Invagination am posterioren Pol des Embryos, deren dorsaler<br />
Rand im weiteren Verlauf als posteriore Amnionfalte die Embryonalanlage in anterio-<br />
rer Richtung überwächst. Dabei sinkt der posteriore Teil der kondensierenden Emb-<br />
ryonalanlage tief in den Dotter ein, wobei die entstehenden Kopflappen weiterhin<br />
dem Dotter aufliegen (Handel et al., 2000). Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Gastru-<br />
lation, also die Invagination des Mesoderms, in einem medianen Bereich des Embry-<br />
os (Handel et al., 2005). Am posterioren Ende des Keimrudiments, der am tiefsten<br />
im Dotter liegenden Stelle des Übergangs von Embryo- zu Amnionanlage, entsteht<br />
die posteriore Wachstumszone. Das Keimrudiment wird nun auch von einer anterio-<br />
ren Amnionfalte überwachsen, wodurch sich das entstehende Serosafenster über<br />
dem nun bereits elongierenden und dem Dotter wieder aufliegenden Keimstreif<br />
schließt. Beim Schluss des Serosafensters trennen sich Amnion und Serosa und<br />
umgeben Embryo und Dotter (Serosa) bzw. die „ventrale“ Seite des Embryos (Amni-<br />
on; (van der Zee et al., 2005). Der Keimstreif elongiert nun, bis aus der Wachstums-<br />
zone 10 abdominale Segmentanlagen gebildet wurden, während die Differenzierung<br />
der Segmentanlagen in anterior-nach-posteriorer Progression fortschreitet und<br />
beispielsweise Extremitätenknospen gebildet werden (Brown et al., 1994b; Schröder<br />
et al., 2008). Schließlich verkürzt und kompaktiert sich der Keimstreif und eine Fusi-<br />
on von Amnion und Serosa leitet den dorsalen Rückenschluss ein, bei dem der<br />
Embryo den Dotter umwächst (van der Zee et al., 2005).<br />
1.3.2. Molekulare Mechanismen der Tribolium-Entwicklung<br />
24<br />
Basierend auf den gewonnnen Erkenntnissen aus Drosophila wurden innerhalb<br />
der letzten zwei Jahrzehnte auch die molekularen Grundlagen der Tribolium-<br />
Segmentierung intensiv erforscht (Brown und Denell, 1996; Denell, 2008; Schröder<br />
et al., 2008). Dabei traten sowohl große Ähnlichkeiten, als auch deutliche Unter-<br />
schiede der beteiligten Mechanismen zu Tage. Prinzipiell scheinen die späten Pro-<br />
zesse der Segmentierungskaskade, also die Bildung der Parasegmentgrenzen durch<br />
die Segmentpolaritäts-Gene und die Etablierung der Segmentidentität durch die Hox-<br />
Gene den höchsten Grad an Konservierung aufzuweisen. Auch in Tribolium werden<br />
Parasegmentgrenzen durch Segmentpolaritäts-Gene wie wingless und engrailed<br />
festgelegt (Brown et al., 1994c; Nagy und Carroll, 1994). Im Zuge der Entwicklung<br />
als Kurzkeiminsekt entstehen diese aber größtenteils sukzessive während der Keim-<br />
streifstreckung und nicht wie bei Drosophila zeitgleich. Auch die Expression der Hox-
I. 1. Einleitung<br />
Gene ist in Tribolium größtenteils konserviert (Shippy et al., 1998; Bennett et al.,<br />
1999; Brown et al., 1999a; Shippy et al., 2000; Curtis et al., 2001; Nie et al., 2001;<br />
Berghammer, 2003; Bäumer, 2006), der Hox-Komplex ist allerdings nicht in zwei<br />
Komplexe aufgespalten (Beeman et al., 1989; Stuart et al., 1991; Denell, 2008;<br />
Shippy et al., 2008). Nur geringe Abweichungen der Expressionsdomänen zwischen<br />
Drosophila und Tribolium treten auf. Beispielsweise wird sex-combs-reduced in<br />
Tribolium strikt in Parasegment 2 exprimiert, während die Expression in Drosophila<br />
nicht exakt mit den Kompartmentsgrenzen assoziiert ist (Riley et al., 1987; Curtis et<br />
al., 2001). Das Ultrabithorax-Ortholog Ultrathorax hat zudem eine zusätzliche frühe,<br />
transiente Expressionsdomäne im ersten thorakalen Segment, die in Drosophila fehlt<br />
(Bennett et al., 1999). Auch die Funktion der Hox Gene scheint weitgehend konser-<br />
viert zu sein, wobei allerdings kleinere Unterschiede auftreten. So zeigen sich bei-<br />
spielsweise bei Verlust der anterioren Hox-Gene in Tribolium tendentiell Transforma-<br />
tionen, wo bei Drosophila eher Differenzierungsdefekte auftreten (Rogers und Kauf-<br />
man, 1997; Brown et al., 2000; Shippy et al., 2000; Curtis et al., 2001). Dies könnte<br />
allerdings der abgeleiteten Morphologie des Drosophila-Gnathums geschuldet sein<br />
(Brown et al., 2000).<br />
Im Gegensatz zu diesen konservierten Prozessen, zeigen die Systeme der Paar-<br />
Regel-Gene und der Gap-Gene größere Unterschiede zwischen Fliegen- und Käfer-<br />
embryonen. Die hierbei größte Diskrepanz zwischen Tribolium und Drosophila be-<br />
dingt sich aus den Unterschieden zwischen der Lang- und der Kurzkeim-<br />
Embryogenese. Während in Drosophila die doppel-segmentalen Paar-Regel-<br />
Domänen nahezu gleichzeitig im Blastoderm gebildet werden und somit direkt von<br />
der Regulation durch maternale und Gap-Gene abhängen (Klingler und Tautz, 1999),<br />
werden die meisten Paar-Regel-Gen-Domänen in Tribolium während der Keimstreif-<br />
Elongation innerhalb der Wachstumszone gebildet (Brown und Denell, 1996). Dies<br />
geschieht durch einen Regulationskreis wechselseitiger Interaktionen der primären<br />
Paar-Regel-Gene innerhalb der Wachstumszone. Während in Drosophila die Gene<br />
even-skipped, runt und hairy als primäre Paar-Regel-Gene bezeichnet werden, sind<br />
es in Tribolium even-skipped, runt und odd-skipped, die den anderen Paar-Regel-<br />
Genen (paired und sloppy-paired) übergeordnet sind (Ingham und Gergen, 1988;<br />
Patel et al., 1994; Brown und Denell, 1996; Choe et al., 2006; Choe und Brown,<br />
2007). Die etablierten Paar-Regel-Gen-Domänen regulieren dann wie bei Drosophila<br />
die segmentale Expression der Segmentpolaritäts-Gene (Choe et al., 2006; Choe<br />
25
I. 1. Einleitung<br />
und Brown, 2007; 2009). Der Verlust eines der primären Paar-Regel-Gene führt zu<br />
einem frühen Abbruch der Segmentierung, während durch RNAi gegen paired oder<br />
sloppy-paired der Verlust der ungeradzahligen bzw. geradzahligen Segmente verur-<br />
sacht wird (Maderspacher et al., 1998; Choe et al., 2006; Choe und Brown, 2007).<br />
hairy und fushi-tarazu werden in Tribolium zwar auch in einem Paarregel Muster<br />
exprimiert, sie scheinen aber keine essentielle Funktion für die Segmentierung zu<br />
haben (Sommer und Tautz, 1993; Brown et al., 1994a; Aranda et al., 2008).<br />
26<br />
Obwohl spekuliert wurde, dass der Paar-Regel-Gen-Regelkreis auch für die Bil-<br />
dung der Segmentanlagen im Blastoderm verantwortlich sei (Choe et al., 2006), ist<br />
zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig klar, wie die Paar-Regel-Gen-Domänen im<br />
Blastoderm gebildet werden. So gibt es beispielsweise Hinweise auf die Beteiligung<br />
der Gap-Gene hunchback und giant sowie des wichtigen posterioren Faktors<br />
CAUDAL an der Etablierung einzelner Paar-Regel-Gen-Domänen (Cerny, 2007;<br />
Schoppmeier et al., 2009), was zumindest auf die Beteiligung streifenspezifischer<br />
Regulationsprozesse hinweist.<br />
Das Muster der Gap-Gen-Expression in Tribolium zeigt prinzipielle Ähnlichkeiten<br />
zur Situation in Drosophila (Hülskamp und Tautz, 1991). So bilden knirps, giant und<br />
hunchback jeweils eine gnathale und weiter posterior liegende Domänen innerhalb<br />
der Embryonalanlage aus, während Krüppel nur in einer Domäne exprimiert ist<br />
(Sommer und Tautz, 1993; Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al.,<br />
2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Trotz dieser prinzipiellen<br />
Ähnlichkeit finden sich deutliche Unterschiede in der Expression der einzelnen Gene.<br />
Beispielsweise zeigen sowohl die hunchback- als auch die giant-Expression eine<br />
maternale, ubiquitäre Komponente (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004).<br />
Außerdem sind die Expressionsdomänen der Tribolium-Gap-Gene meist im Ver-<br />
gleich zu den Drosophila-Orthologen relativ zu den Segmentanlagen etwas verscho-<br />
ben (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Cerny et al.,<br />
2008; Marques-Souza et al., 2008). Zudem treten Unterschiede auf, die durch die<br />
Kurzkeimentwicklung Triboliums bedingt sind. Die posterioren Domänen von giant<br />
und knirps, und die Krüppel-Domäne werden am posterioren Pol initiiert und differen-<br />
zieren sich im Verlauf der Entwicklung aus, während die posteriore hunchback-<br />
Domäne erst im Laufe der Keimstreifstreckung entsteht (Wolff et al., 1995; Bucher<br />
und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008).
I. 1. Einleitung<br />
Die frühe Regulation der Tribolium-Gap-Gene ist noch größtenteils unverstanden,<br />
es ist aber bekannt, dass Interaktionen untereinander zumindest für die Ausbildung<br />
der Domänen in Keimrudimentstadien wichtig sind (Cerny et al., 2005; Cerny, 2007;<br />
Marques-Souza et al., 2008). Auch hier zeigen sich Unterschiede zur Situation in<br />
Drosophila (Niessing et al., 1997). So ist beispielsweise KRÜPPEL notwendig für die<br />
Aktivierung der posterioren der beiden embryonalen Domänen von giant und repri-<br />
miert die posteriore hunchback-Domäne (Cerny, 2007), sie interagieren also anders<br />
als in Drosophila (Niessing et al., 1997). Andere Interaktionen wiederum finden sich<br />
in beiden Spezies, wie beispielsweise die GIANT-abhängige Repression von Kr<br />
(Rivera-Pomar und Jäckle, 1996; Cerny, 2007). Zumindest das Prinzip der gegensei-<br />
tigen Regulation der Gap-Gene scheint also konserviert zu sein, wobei die Art der<br />
Interaktionen deutlicher Plastizität unterliegt.<br />
Der Verlust der Drosophila-Gap-Gene geht meist mit Segmentdeletionen einher,<br />
die im Zusammenhang mit den Expressionsdomänen stehen (Hülskamp und Tautz,<br />
1991; Rivera-Pomar und Jäckle, 1996). Dies ist in Tribolium weniger deutlich. Wäh-<br />
rend kni-RNAi zwar zu Deletionen von Segmenten im Einflussbereich seiner anterio-<br />
ren Domäne führt, kommt es nach giant, krüppel oder hunchback-RNAi vor allem zu<br />
homeotischen Transformationen und posterioren Segmentierungsabbrüchen (Bucher<br />
und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al.,<br />
2008). Somit scheint eine Aufgabe der Gap-Gene in Tribolium die Positionierung der<br />
Hox-Gen-Expressionsdomänen zu sein, eine Funktion, die sie auch in Drosophila<br />
erfüllen, deren Effekte dort aber durch die segmentalen Deletionen in Kutikula-<br />
Phänotypen weniger deutlich zu Tage treten (White und Lehmann, 1986; Harding<br />
und Levine, 1988; Irish et al., 1989b; Riley et al., 1991; Casares und Sanchez-<br />
Herrero, 1995). Auch in Tribolium gibt es Einflüsse der Gap-Gene auf die Expression<br />
der Paar-Regel-Gene, also auf die frühe Bildung der Segmentanlagen. So haben<br />
beispielsweise gt- und hb-RNAi subtile Effekte auf blastodermale Paar-Regel-Gen-<br />
Expression, während GIANT, HUNCHBACK und KRÜPPEL die Ausbildung von<br />
Paar-Regel-Domänen in Keimstreifstadien beeinflussen (Bucher und Klingler, 2004;<br />
Cerny et al., 2005; Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008).<br />
Außer diesen „kanonischen“ Gap-Genen konnte in Tribolium auch ein neues Gen<br />
mit Charakteristiken eines Gap-Gens beschrieben und so der Wert von Tribolium als<br />
zusätzlichem Modellsystem unterstrichen werden (Savard et al., 2006a). mille-pattes<br />
wird in einer Kopf- und zwei posterioren Domänen exprimiert und RNAi-Experimente<br />
27
I. 1. Einleitung<br />
führen zu Transformationen abdominaler Segmente zu thorakalem Schicksal sowie<br />
zum Abbruch der Segmentierung (Savard et al., 2006a). Die Besonderheit dieses<br />
Gen liegt in der Tatsache, dass es für eine polycistronische mRNA kodiert, die wahr-<br />
scheinlich zu Expression von vier kurzen Peptiden führt, deren Funktionsweise noch<br />
unklar ist (Savard et al., 2006a; Hashimoto et al., 2008).<br />
28<br />
Über die Etablierung initialer Asymmetrien innerhalb des frühen Tribolium-<br />
Embryos bzw. die Interaktionen maternaler Komponenten ist noch verhältnismäßig<br />
wenig bekannt. Ein großer Unterschied der maternalen Systeme in Drosophila und<br />
Tribolium ist das Fehlen des anterioren Morphogens bicoid im Käfer-Genom, das<br />
sich erst innerhalb der Dipteren entwickelte (Stauber et al., 1999; Brown et al., 2001).<br />
Es wurde postuliert, dass die Gene orthodenticle-1 und hunchback in Tribolium die<br />
instruktive Funktion von BCD für die Entwicklung des Kopfes und des Thorax erset-<br />
zen könnten (Schröder, 2003). Beide sind als maternale mRNAs ubiquitär im frühen<br />
Embryo vorhanden und werden dann zunächst von posterior reprimiert (Wolff et al.,<br />
1995; Schröder, 2003). Die Expression von HB zieht sich in der Folge auf die Sero-<br />
saanlage und eine gnathale Expressionsdomäne zurück (Wolff et al., 1995), während<br />
otd-1-Expression zunächst auf die anteriore Hälfte des Embryos und dann auf eine<br />
Kopfdomäne begrenzt wird (Li et al., 1996; Schröder, 2003; Schinko et al., 2008). Als<br />
mögliche Effektoren der posterioren Repression wurden Orthologe der Gene nanos<br />
und pumilio vorgeschlagen (Wolff et al., 1995; Schröder, 2003), die Gegenstand<br />
dieser Arbeit sind. Aufgrund von Doppel-RNAi-Experimenten entstand der Eindruck,<br />
hb und otd-1 wären notwendig für die Spezifizierung der Segmente des Kopfs und<br />
des Thorax, sowie des Großteils der abdominalen Segmente (Schröder, 2003).<br />
Neuere Arbeiten konnten aber zeigen, dass weder hb noch otd-1 eine wesentliche<br />
Rolle für die initiale Anlage der gnathalen Segmentanlagen spielen (Marques-Souza<br />
et al., 2008; Kotkamp et al., 2010) und sie somit keine bcd-Funktion in diesen Berei-<br />
chen ersetzen. Während hb wie weiter oben beschrieben eine Funktion als Gap-Gen<br />
erfüllt, spielt otd-1 neben seiner zygotischen Funktion als Kopf-Gap-Gen (Schinko et<br />
al., 2008) schon in sehr frühen Stadien als ubiquitärer Faktor eine Rolle für die Aus-<br />
bildung der dorso-ventralen Achse und der ventralen Anlage des anterioren Kopfes<br />
sowie der Anlage der Serosa bzw. der Positionierung der Embryo/Serosa-Grenze<br />
(Kotkamp et al., 2010). Diese Funktionen scheinen aber nicht mit einem postulierten<br />
transienten antero-posterioren Gradienten von OTD in Zusammenhang zu stehen<br />
(Kotkamp et al., 2010). Die Wirkung von OTD-1 auf die Ausbildung der Serosa wird
I. 1. Einleitung<br />
wahrscheinlich über die Aktivierung des Hox3-Homologs zerknüllt-1 vermittelt, einem<br />
entscheidenden Faktor für die Entwicklung der Serosaanlage (Falciani et al., 1996;<br />
van der Zee et al., 2005; Kotkamp et al., 2010). Nachdem in Tribolium nicht Kopf und<br />
Thorax, sondern die Anlage der extraembryonalen Membranen die anteriorsten<br />
Schicksale im Blastoderm darstellen, könnte man diese Funktion von ZEN-1 für die<br />
Serosa möglicherweise mit der permissiven Funktion von bcd in Drosophila verglei-<br />
chen (van der Zee et al., 2005). Wie die instruktiven Funktionen von bcd bei der<br />
Segmentierung von Tribolium realisiert werden, bleibt dabei unklar, der posteriore<br />
Faktor CAUDAL scheint aber in diesem Zusammenhang eine Rolle zu spielen (s.u.).<br />
Die Aktivierung von zen-1 hängt nicht ausschließlich von der OTD-1-Aktivität,<br />
sondern auch von Faktoren des terminalen System ab (Schoppmeier und Schröder,<br />
2005; Koniszewski, 2007). Der zusätzliche Einfluss des TORSO-Signalwegs auf die<br />
zen-1-Aktivierung dürfte dabei die räumliche Spezifität vermitteln. Ähnlich wie in<br />
Drosophila (Furriols und Casanova, 2003) führt wahrscheinlich auch in Tribolium<br />
torso-like-Expression an den anterioren und posterioren Polen des Follikelepithels<br />
während der späten Oogenese zur Aktivierung des maternal ubiquitär exprimierten<br />
torso-Rezeptors, was nicht nur wichtig für die Ausprägung der Serosa, sondern auch<br />
für die Bildung abdominaler Segmente notwendig ist (Schoppmeier und Schröder,<br />
2005). Nach torso- oder torso-like-RNAi kommt es zum Verlust aller abdominalen<br />
und des dritten thorakalen Segments. Der torso-Signalweg spielt hier also eine<br />
wichtigere Rolle als bei Drosophila (Furriols und Casanova, 2003). Er initiiert am<br />
posterioren Pol die Expression von Genen wie tll, gt, oder wingless und sorgt offen-<br />
bar für die Etablierung der posterioren Wachstumszone (Schröder et al., 2000;<br />
Schoppmeier und Schröder, 2005; Koniszewski, 2007).<br />
In späteren Keimrudimentstadien hängt auch die posteriore Expression von cau-<br />
dal vom terminalen System ab (Schoppmeier und Schröder, 2005). cad spielt als<br />
wesentlicher posteriorer Faktor auch eine wichtigere Rolle für die Embryogenese in<br />
Tribolium als in Drosophila (Macdonald und Struhl, 1986; Copf et al., 2004). Eben-<br />
falls zunächst maternal ubiquitär exprimiert, wird CAUDAL später durch die Aktivität<br />
der zygotischen Faktoren MEX-3 und ZEN-2 auf die posteriore Hälfte des Embryos<br />
begrenzt, bleibt später in der Wachstumszone aktiv und ist für die Ausbildung aller<br />
Segmentanlagen des Embryos mit Ausnahme des anterioren Kopfes nötig (Schulz et<br />
al., 1998; Copf et al., 2004; Schoppmeier et al., 2009). Wie dabei die Expression von<br />
mex-3 aktiviert wird, ist unbekannt. CAD ist also neben allen Wachstumszonen-<br />
29
I. 1. Einleitung<br />
abhängigen Segmenten auch nötig für die Ausbildung aller blastodermaler Segment-<br />
anlagen mit Ausnahme des anterioren Kopfes. Dieser Befund unterstützt die Idee,<br />
dass Kurz-Keim-Embryonen durch ein posteriores Musterbildungszentrum mögli-<br />
cherweise ausreichende räumliche Information erhalten, um auf ein zusätzliches<br />
anteriores Zentrum verzichten zu können. Dieser Vorstellung folgend könnte CAD als<br />
posteriores Morphogen die Segmentierung der Embryonalanlage steuern. Tatsäch-<br />
lich fehlen die entsprechenden eve-Domänen nach RNAi, es konnte jedoch gezeigt<br />
werden, dass dies eher auf eine Beteiligung innerhalb streifenspezifischer Regulati-<br />
onsmechanismen als auf eine übergeordnete Morphogenfunktion zurückzuführen ist<br />
(Schoppmeier et al., 2009). Somit bleibt unklar, ob in Tribolium ein klassisches<br />
Morphogen existiert, oder die frühe Musterbildung stärker auf regulatorischen Inter-<br />
aktionen zygotischer Faktoren beruht. In Bezug auf die antero-posteriore Positionsin-<br />
formation im Tribolium-Blastoderm bleiben also noch viele Fragen offen.<br />
30<br />
Auch die Ausbildung der dorso-ventralen Achse des frühen Tribolium-Embryos<br />
wurde anhand vergleichender Studien mit Drosophila-Orthologen untersucht. Ebenso<br />
wie bei der Ausbildung der ap-Achse scheint hier eine größere Abhängigkeit von<br />
zygotischen Regulationsprozessen im Vergleich zu maternaler Kontrolle vorhanden<br />
zu sein (Fonseca et al., 2009). Ähnlich wie in Drosophila (Moussian und Roth, 2005)<br />
wird auch in Tribolium durch maternal Toll-Aktivierung DORSAL in ventralen Berei-<br />
chen aktiviert (Chen et al., 2000; Nunes da Fonseca et al., 2008), der DORSAL<br />
Gradient ist aber viel dynamischer und wird nur transient ausgebildet. Hierbei sind<br />
zygotische regulatorische feedback-loops beteiligt, die offenbar ein selbstorganisie-<br />
rendes System darstellen, das durch die maternalen Toll-Signale lediglich seine<br />
Orientierung erhält (Nunes da Fonseca et al., 2008). In der Folge dieser Polarisie-<br />
rung wird ventral der BMP-Antagonist short-gastrulation aktiviert, der die decapen-<br />
taplegic Aktivität auf dorsale Bereiche beschränkt und somit die Konservierung des<br />
BMP-Signals für dorsales Schicksal auch in Tribolium aufzeigt (van der Zee et al.,<br />
2006; Nunes da Fonseca et al., 2008). Interessanterweise ist die frühe Expression<br />
von otd-1 für diese ventrale Aktivierung von sog nötig und zeigt damit eine Verknüp-<br />
fung der ap- und dv-Systeme in Tribolium (Kotkamp et al., 2010). Diese Verknüp-<br />
fung scheint in Tribolium deutlich stärker zu sein als in Drosophila. So erhält die vom<br />
antero-posterioren System abhängige Serosa-Embryo-Grenze durch das dorso-<br />
ventrale System eine dorso-ventrale Asymmetrie (van der Zee et al., 2006). Damit in<br />
Zusammenhang stehend, hängt in Tribolium, anders als in Drosophila und ähnlich
I. 1. Einleitung<br />
wie in Vertebraten, der anteriore Kopf in hohem Maße von dorso-ventraler Musterbil-<br />
dung ab und stellt somit kurioserweise eine ventrale Anlage dar (van der Zee et al.,<br />
2006; Kotkamp et al., 2010).<br />
Abb. 5: Frühe Gradienten und Aktivitäten im Tribolium-Blastoderm<br />
Schematische Darstellung einer blastodermalen „fate-map“ in Verbindung mit der Darstellung<br />
einiger wichtiger Faktoren.<br />
Während CAUDAL für die Entwicklung der meisten embryonalen Segmentanlagen wesentlich<br />
ist, und die TORSO-Aktivität neben der posterioren Wachstumszone auch die Entwicklung<br />
der Serosa massiv beeinflusst, erfüllt maternal ubiquitäres OTD-1 zwar einige wichtige<br />
Funktionen, sein transienter Gradient vermittelt aber nur wenig oder keine räumliche Information.<br />
HB ist indes vor allem für die spätere Regulation der Hox-Gen-Domänen wichtig.<br />
WZ: Wachstumszone. Für diese Abbildung wurden Daten aus diversen im Text besprochenen Veröffentlichungen<br />
integriert.<br />
31
I. 1. Einleitung<br />
1.4. nanos und pumilio – pleiotrop und konserviert<br />
1.4.1. nanos und pumilio in Drosophila<br />
32<br />
Mutanten der Gene NANOS und PUMILIO tragen, wurden bereits in Screens für<br />
letale Mutationen maternaler Faktoren im Rahmen der Arbeiten von Nüsslein-<br />
Volhard, Wieschaus und ihren Mitarbeitern isoliert (Nüsslein-Volhard et al., 1987).<br />
Aufgrund ihres ähnlichen abdominalen Phänotyps wurden diese und einige weitere<br />
Mutanten als „posteriore Gruppe“ bezeichnet. NANOS und PUMILIO stellten sich als<br />
die Effektoren dieser posterioren Gen-Gruppe heraus (Lehmann und Nüsslein-<br />
Volhard, 1991; Wang und Lehmann, 1991; Barker et al., 1992), deren Funktion<br />
tatsächlich für die Ausbildung des Abdomens nötig ist, während Faktoren wie<br />
OSKAR, STAUFEN, VASA und TUDOR die Lokalisierung der NANOS/PUMILIO<br />
Aktivität vermitteln (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991; Wang et al., 1994).<br />
Maternale pumilio-mRNA und das resultierende Protein sind außer im posterior<br />
liegenden Polplasma auch innerhalb des übrigen präblastodermalen Embryos vor-<br />
handen (Barker et al., 1992; Macdonald, 1992), wohingegen die Expression des<br />
NANOS-Proteins auf das Polplasma beschränkt wird und somit die räumliche Spezi-<br />
fität des Komplexes vermittelt (Wang und Lehmann, 1991; Gavis und Lehmann,<br />
1992; Wang et al., 1994). nanos-mRNA wird dabei während der Oogenese in die<br />
Oozyte transportiert (Wang et al., 1994) und dort am posterioren Pol gebunden<br />
(Forrest und Gavis, 2003). Während unlokalisierte nanos-mRNA später im Großteil<br />
des Embryos abgebaut wird (Smibert et al., 1996; Bergsten und Gavis, 1999; Daha-<br />
nukar et al., 1999; Smibert et al., 1999), kann im Polplasma NANOS-Protein synthe-<br />
tisiert werden (Gavis und Lehmann, 1994; Dahanukar und Wharton, 1996), das von<br />
dort nach anterior diffundiert und einen Gradienten bildet (Gavis und Lehmann, 1992;<br />
Wang et al., 1994). Beide Gene sind in späteren Stadien der Entwicklung auch in<br />
neuronalen Geweben und den Ovaren exprimiert (Barker et al., 1992; Forbes und<br />
Lehmann, 1998; Wharton et al., 1998; Menon et al., 2004; Wang und Lin, 2004; Ye et<br />
al., 2004; Brechbiel und Gavis, 2008).<br />
Die posteriore Aktivität des NANOS/PUMILIO-Komplexes verhindert die Transla-<br />
tion der maternalen hunchback-mRNA in den posterioren Bereichen des präblasto-<br />
dermalen Drosophila-Embryos (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl,<br />
1989; Barker et al., 1992; Murata und Wharton, 1995; Wharton et al., 1998; Sonoda
I. 1. Einleitung<br />
und Wharton, 1999). Dadurch ist die Expression posteriorer gap-Domänen und die<br />
Aktivierung abdominaler Paar-Regel-Gen-Domänen möglich (Enslee und Riddiford,<br />
1981; Frasch und Levine, 1987; Gaul et al., 1987; Struhl, 1989; Hülskamp et al.,<br />
1990; Eldon und Pirrotta, 1991; Kraut und Levine, 1991a; b). nanos und pumilio sind<br />
also für die Ausbildung abdominaler Segmente nötig, so dass die Mutation eines der<br />
beiden Gene zum Verlust des Abdomens in betroffenen Larven führt (Nüsslein-<br />
Volhard et al., 1987; Irish et al., 1989a; Barker et al., 1992). Diese Notwendigkeit von<br />
nanos und pumilio für die Embryonalentwicklung erwächst allerdings nur aus dem<br />
Vorhandensein maternaler hb-mRNA. Embryonen, denen sowohl NANOS-Aktivität<br />
als auch maternale hb-mRNA fehlt, können sich zu adulten Tieren entwickeln<br />
(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989). Zusätzlich zu dieser Funkti-<br />
on sind nanos und pumilio in der Lage, die Translation des anterioren Faktors bicoid<br />
zu reprimieren, und in diesem Zusammenhang wahrscheinlich den zeitlichen Verlauf<br />
des bicoid-mRNA-Abbaus zu regulieren (Driever und Nüsslein-Volhard, 1988b;<br />
Wharton und Struhl, 1989; Wang und Lehmann, 1991; Gamberi et al., 2002).<br />
NANOS und PUMILIO sind als Komponenten des Polplasmas nicht nur an der<br />
Ausbildung der embryonalen AP-Achse beteiligt, sondern spielen auch eine Rolle für<br />
die Entwicklung der primordialen Keimzellen (PGCs; Kobayashi et al., 1996; Asaoka-<br />
Taguchi et al., 1999; Parisi und Lin, 1999). In nanos- oder pumilio-Mutanten werden<br />
zwar Polzellen gebildet (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991), diese sind aber nicht<br />
in der Lage, die Wanderung in die entstehende Gonadenanlage zu durchlaufen<br />
(Kobayashi et al., 1996; Asaoka-Taguchi et al., 1999). NANOS und PUMILIO sind in<br />
diesem Zusammenhang nötig, um die Identität der PGCs zu erhalten (Gilboa und<br />
Lehmann, 2004). Hierbei kontrollieren sie beispielsweise die mitotische Aktivität<br />
durch die Regulation der CyclinB-Expression (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Kadyrova<br />
et al., 2007). Außerdem hemmen sie in den primordialen Keimzellen die transkriptio-<br />
nelle Aktivität, sie reprimieren die Expression somatischer Gene und verhindern den<br />
Eintritt in die Apoptose (Asaoka et al., 1998; Deshpande et al., 1999; Schaner et al.,<br />
2003; Sato et al., 2007). Selbst in adulten Tieren spielen NANOS und PUMILIO noch<br />
eine Rolle für die Keimbahn: Sie sorgen für den Erhalt der Keimbahnstammzellen im<br />
Ovar, indem sie ihre Differenzierung in Cystoblasten unterdrücken (Lin und Sprad-<br />
ling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Bhat, 1999; Gilboa und Lehmann, 2004;<br />
Wang und Lin, 2004; Szakmary et al., 2005; Kim et al., 2010b).<br />
33
I. 1. Einleitung<br />
34<br />
Weitere postembryonale Funktionen erfüllen nanos und pumilio in neuronalen<br />
Geweben. So wurde gezeigt, dass pumilio eine Rolle für das Langzeitgedächtnis<br />
spielt (Dubnau et al., 2003), und dass beide Gene in die Entwicklung peripherer<br />
Neuronen bzw. deren Verzweigungen involviert sind (Ye et al., 2004; Brechbiel und<br />
Gavis, 2008). Außerdem sind sie für die Aktivität an larvalen neuro-muskulären<br />
Endplatten und Motoneuronen nötig (Schweers et al., 2002; Mee et al., 2004; Menon<br />
et al., 2004; Muraro et al., 2008; Menon et al., 2009). Man kann davon ausgehen,<br />
dass außer diesen bisher bekannten Funktionen noch etliche weitere Prozesse von<br />
einer regulativen Aktivität zumindest PUMILIOs abhängen. So wurden in einem<br />
genomweiten Screen nach PUMILIO-assoziierten mRNAs mehrere Hundert poten-<br />
tielle Ziel-mRNAs isoliert (Gerber et al., 2006).<br />
1.4.2. nanos und pumilio sind evolutionär alte Gene<br />
Sowohl NANOS als auch PUMILIO zeichnen sich durch klar definierte Protein-<br />
domänen aus, die die Identifizierung von Orthologen vereinfacht. Die funktionelle<br />
Domäne des NANOS-Proteins ist eine spezielle Zink-Finger Struktur am C-Terminus<br />
des Proteins, die sich klar von anderen Zink-Finger-Proteinen unterscheiden lässt<br />
(Curtis et al., 1997). PUMILIO enthält eine spezielle RNA-bindende Domäne, für die<br />
das Drosophila-Protein gemeinsam mit einem C. elegans-Homolog namensgebend<br />
ist: die Puf-Domäne (Wickens et al., 2002). Diverse homologe Gene von nanos und<br />
pumilio wurden in etlichen Arten untersucht, wobei nur in wenigen Studien auch<br />
funktionelle Aspekte untersucht wurden.<br />
Innerhalb der Insekten gibt es, abgesehen von einem Hinweis auf ubiquitäre Ex-<br />
pression in der Heuschrecke Schistocerca americana (Lall et al., 2003), keinerlei mir<br />
bekannte Studien zu pumilio-Orthologen. Die Expression von nanos-Orthologen<br />
wurde aber in mehreren Arten untersucht. In Langkeiminsekten wie den Dipteren<br />
(Curtis et al., 1995) oder auch den Hymenopteren Apis und Nasonia (Dearden, 2006;<br />
Olesnicky und Desplan, 2007) scheint die posteriore Lokalisation maternaler nanos-<br />
mRNA konserviert zu sein. Allerdings ist in den Moskitos Anopheles gambiae und<br />
Culex quinquefasciatus auch eine transiente anteriore Lokalisierung von nanos-<br />
mRNA, und in der Winterschwebfliege Episyrphus balteatus sogar eine zusätzliche<br />
ubiquitäre Komponente nachweisbar (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke<br />
und Schmidt-Ott, 2009). In Episyrphus wurden auch die einzigen funktionellen Insek-<br />
ten-Studien zu nanos außerhalb Drosophilas durchgeführt, die aber keinen Effekt
I. 1. Einleitung<br />
des nanos-Verlusts auf die Segmentierung nachweisen konnten (Lemke und<br />
Schmidt-Ott, 2009). In Schistocerca americana wird NANOS zygotisch an posteriorer<br />
Position exprimiert (Lall et al., 2003), und im Seidenspinner Bombyx mori zeigen gar<br />
vier nanos-Orthologe diverse unterschiedliche Expressionsmuster (Nakao et al.,<br />
2008). In einigen Arten ist außerdem eine Expression in den Polzellen bzw. den<br />
primordialen Keimzellen beschrieben: in den Dipteren (Curtis et al., 1995; Goltsev et<br />
al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke und Schmidt-Ott, 2009), in Bombyx (Nakao et al.,<br />
2008), Apis (Dearden, 2006), Schistocerca (Lall et al., 2003) oder Acyrtosiphon<br />
(Chang et al., 2006; Chang et al., 2009). Das nanos-Gen ist also innerhalb der Insek-<br />
ten konserviert, seine Expression unterliegt allerdings einigen Variationen, wobei<br />
eine posteriore Expression und die Assoziation mit der Keimbahn konserviert zu sein<br />
scheinen. Eine Konservierung der posterioren Musterbildungsfunktion lässt sich aus<br />
diesen Daten allerdings nicht ableiten. Hierfür ist die Variabilität der Muster zu groß<br />
und es fehlen funktionelle Studien um fundierte Aussagen machen zu können. In<br />
Arthropoden außerhalb der Insekten sind meines Wissens weder nanos- noch pumi-<br />
lio-Orthologe beschrieben.<br />
nanos und pumilio außerhalb der Arthropoden<br />
Dass beide Gene innerhalb des Tierreichs konserviert sind, und somit nicht erst<br />
während der Evolution der Insekten entstanden, zeigen etliche Untersuchungen an<br />
Arten außerhalb der Arthropoden. So finden sich pumilio-Homologe sogar in Saccha-<br />
romyces cerevisiae, Dictyostelium und Trypanosoma cruzi (Souza et al., 1999;<br />
Olivas und Parker, 2000; Hoek et al., 2002b; Saint-Georges et al., 2008; Droll et al.,<br />
2010). Die Expression von nanos-Homologen in drei Cnidaria-Arten (Mochizuki et al.,<br />
2000; Torras et al., 2004; Extavour et al., 2005; Torras und Gonzalez-Crespo, 2005)<br />
ist ebenso wie in einigen Arten der Lophotrochozoa (Planaria: Dugesia japonica,<br />
Schmidtea mediterranea (Salvetti et al., 2005; Sato et al., 2006; Handberg-Thorsager<br />
und Salo, 2007; Wang et al., 2007); Annelida: Capitella sp. (Dill und Seaver, 2008),<br />
Helobdella robusta (Pilon und Weisblat, 1997; Kang et al., 2002; Agee et al., 2006);<br />
Mollusca: Illyanassa obsoleta (Rabinowitz et al., 2008), Haliotis asinina (Alexandrea<br />
et al., 2010) mit der Keimbahn oder Keimbahnvorläuferzellen assoziiert, wobei häufig<br />
zusätzliche Expressionsdomänen in somatischen Geweben und in Helobdella ro-<br />
busta (Annelida, Agee et al., 2006) und Ilyanassa obsoleta (Mollusca, Rabinowitz et<br />
al., 2008) sogar wichtige Funktionen für die Embryonalentwicklung beschrieben<br />
wurden. Ein pumilio-Gen in Dugesia japonica spielt außerdem eine Rolle für den<br />
35
I. 1. Einleitung<br />
Erhalt der adulten Stammzellen, den Neoblasten (Salvetti et al., 2005). In C. elegans<br />
gibt es mehrere pumilio- und nanos-Homologe, die ebenfalls sowohl in der Keimbahn<br />
an Prozessen wie dem „hermaphroditic switch“ und dem Erhalt der primordialen<br />
Keimzellen und Keimbahnstammzellen beteiligt sind, als auch Funktionen in somati-<br />
schen Vorgängen erfüllen (Zhang et al., 1997; Kraemer et al., 1999; Subramaniam<br />
und Seydoux, 1999; Crittenden et al., 2002; Walser et al., 2006; Nolde et al., 2007;<br />
Kaye et al., 2009). Bei der Adaption von olfaktorischen Neuronen wurde für eines der<br />
Puf-Domänen-Proteine (FBF-1) im Gegensatz zu den meisten anderen funktionellen<br />
Zusammenhängen interessanterweise eine Rolle als translationaler Aktivator beo-<br />
bachtet (Kaye et al., 2009). In Vertebraten sind die Funktionen bzw. Expressions-<br />
muster von nanos- und pumilio-Homologen ebenfalls vor allem mit der Keimbahn in<br />
beiden Geschlechtern und auch mit neuronalen Geweben assoziiert (Mosquera et<br />
al., 1993; MacArthur et al., 1999; Koprunner et al., 2001; Nakahata et al., 2001;<br />
Spassov und Jurecic, 2002; Jaruzelska et al., 2003; Moore et al., 2003; Tsuda et al.,<br />
2003; Draper et al., 2007; Lee et al., 2008; Aoki et al., 2009; Kusz et al., 2009; Sada<br />
et al., 2009). Hierbei ist als interessant zu erwähnen, dass die Regulation von Cyc-<br />
linB, die in primordialen Keimzellen in Drosophila durch NOS und PUM vermittelt<br />
wird (Kadyrova et al., 2007), in Xenopus für die Oozytenaktivierung wichtig zu sein<br />
scheint (Nakahata et al., 2003; Pique et al., 2008), wobei hier ebenfalls die Beson-<br />
derheit auftritt, dass PUMILIO, zumindest in bestimmten, artifiziellen Zusammenhän-<br />
gen, auch aktivierenden Einfluss auf die Translation bestimmter mRNAs nehmen<br />
kann (Pique et al., 2008).<br />
36<br />
Die Gene nanos und pumilio sind also evolutionär konserviert, wobei sich pumi-<br />
lio-Homologe sogar in Protozoen, Hefen und Pflanzen finden (Olivas und Parker,<br />
2000; Hoek et al., 2002a; Francischini und Quaggio, 2009) und vor allem in Arten mit<br />
mehreren Paralogen für diverse RNA-Regulationsprozesse herangezogen wurden.<br />
Die Untersuchung zahlreicher nanos-Homologen in Arten unterschiedlichster Tier-<br />
gruppen und auch die weniger umfangreichen Studien zu pumilio-Homologen legen<br />
nahe, dass eine Rolle für die Entwicklung der Keimbahn und ihrer Funktion von<br />
Cnidariern bis hin zu Vertebraten konserviert ist und somit möglicherweise die ur-<br />
sprüngliche Funktion von nanos und pumilio innerhalb des Tierreichs darstellt. Dabei<br />
weisen funktionelle Studien aus Caenorhabditis elegans, Planarien, Zebrafisch und<br />
Maus darauf hin, dass nanos-Homologe am Erhalt der primordialen und der späteren<br />
Keimzellpopulationen beteiligt sind.
I. 1. Einleitung<br />
Außerdem zeigen nanos-Homologe in einigen Arten maternale und im Verlauf<br />
der Entwicklung weitere somatische Expressionsmuster, denen vereinzelt auch<br />
wichtige Funktionen zugeordnet werden konnten (Agee et al., 2006; Rabinowitz et<br />
al., 2008). Insgesamt scheinen diese somatischen Aspekte aber diverser und es<br />
scheint fraglich, ob sie alle auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen sind<br />
(Extavour et al., 2005). Die Beteiligung von nanos- und pumilio-Genen an neuronalen<br />
Prozessen in C. elegans und Drosophila (Muraro et al., 2008; Kaye et al., 2009),<br />
sowie die Expression in Gehirngewebe in Maus und Fisch (Haraguchi et al., 2003;<br />
Aoki et al., 2009) lässt hingegen vermuten, dass hier ein konservierter Funktionszu-<br />
sammenhang besteht, der durch weitere Arbeiten an Nicht-Modell-Organismen<br />
untersucht werden sollte.<br />
1.4.3. Der nanos-pumilio-Repressionskomplex<br />
Neben den Arbeiten in Drosophila haben auch viele der Studien in anderen Sys-<br />
temen dazu beigetragen die Funktionsweise von NANOS und PUMILIO zu verste-<br />
hen. Sowohl NANOS als auch PUMILIO sind RNA-bindende Proteine, die zumindest<br />
in Drosophila (Sonoda und Wharton, 1999), Caenorhabditis (Subramaniam und<br />
Seydoux, 1999; Hansen et al., 2004) und Xenopus miteinander in einem Komplex<br />
wirken (Nakahata et al., 2001). Dabei bindet NANOS mit seiner speziellen CCHC-<br />
Zink-Finger-Domäne sequenzunabhängig an RNA und wirkt somit nur als Kofaktor<br />
(Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997), der durch den sequenz-spezifisch bindenden<br />
Partner PUMILIO rekrutiert wird (Sonoda und Wharton, 1999). Die RNA-Binde-<br />
Domäne von PUMILIO besteht aus Puf-Wiederholungseinheiten, die in dieser Form<br />
hoch-konserviert in pumilio-Homologen auftreten (Zamore et al., 1997; Wharton et<br />
al., 1998; Edwards et al., 2001; Wickens et al., 2002). Die Kristalltruktur der Puf-<br />
Domäne des humanen PUMILIO-1-Proteins zeigt, dass die einzelnen Einheiten der<br />
Domäne dabei jeweils ein spezifisches Nukleotid einer „Core-Sequenz“ der Ziel-RNA<br />
binden (Wang et al., 2002). Einige Nukleotide dieser „Core“-Sequenz sind ebenfalls<br />
über Speziesgrenzen hinweg hochkonserviert (White et al., 2001; Bernstein et al.,<br />
2005; Gerber et al., 2006). Die Spezifität einzelner Paraloge innerhalb einer Spezies<br />
wird dabei beispielsweise durch benachbarte wesentliche Nukleotide, oder in die<br />
„Core“-Sequenz eingeschobene Basen vermittelt (Cheong und Hall, 2006; Gupta et<br />
al., 2008; Wang et al., 2009). Die Zielsequenz in den Drosophila hunchback-, bicoid-<br />
oder Cyclin-B-mRNAs, das Nanos-Response-Element, besteht aus zwei sogenann-<br />
37
I. 1. Einleitung<br />
ten Boxen, A und B, die jeweils Varianten dieser „Core“-Sequenz darstellen (Wharton<br />
und Struhl, 1991; Kadyrova et al., 2007). Diese werden wohl tatsächlich von zwei<br />
PUMILIO-Proteinen, wahrscheinlich kooperativ, gebunden (Gupta et al., 2009). Im<br />
Falle der Regulation der Drosophila hb-mRNA, nicht aber beispielsweise der Cyclin-<br />
B-mRNA, kommt zu dem tripartiten Komplex aus Ziel-mRNA, PUMILIO und NANOS<br />
noch ein weiteres Protein, BRAIN-TUMOR hinzu, das selbst keine RNA-Interaktion<br />
eingeht (s. 2.7; Sonoda und Wharton, 2001).<br />
38<br />
Der an mRNA gebundene PUMILIO-Komplex reguliert die Proteinexpression auf<br />
unterschiedliche Weise. So führt der NANOS/PUMILO-Komplex in Drosophila zur<br />
Deadenylierung von hb- und bcd-mRNAs (Wharton und Struhl, 1991; Wreden et al.,<br />
1997; Gamberi et al., 2002) und requiriert den Deadenylase-Komplex POP2/CCR4<br />
zur Regulation von Cyclin-B (Kadyrova et al., 2007), eine Interaktion, die auch für ein<br />
Saccharomyces-pum-Homolog beschrieben wurde (Goldstrohm et al., 2006;<br />
Goldstrohm et al., 2007). Zusätzlich zu dieser PolyA-abhängigen Regulation, zeigen<br />
andere Arbeiten, dass der PUMILIO-Komplex auch über Cap-abhängige Prozesse<br />
auf die initiation der Translation wirkt (Chagnovich und Lehmann, 2001). So vermittelt<br />
beispielsweise BRAT durch die Bindung an EHP eine Repression der Cap-<br />
abhängigen Translationsinitiation an der hb-mRNA (Cho et al., 2006). Ähnliche<br />
Prozesse sind für die Drosophila Oogenese (Verrotti und Wharton, 2000) sowie in<br />
Saccharomyces (Deng et al., 2008) und Xenopus (Cao et al., 2010) beschrieben.
1.5. Ziele des ersten Kapitels der vorliegenden Arbeit<br />
I. 1. Einleitung<br />
Tribolium castaneum etabliert sich gegenwärtig zu einem wichtigen Insekten-<br />
Modell-System der Entwicklungsbiologie. Viele Aspekte der frühen Embryogenese<br />
und Segmentierung sind in den letzten Jahren untersucht worden und zeigten Ähn-<br />
lichkeiten und Unterschiede zu der sehr gut untersuchten Entwicklung von Drosophi-<br />
la auf. Besonders die frühen Prozesse der Embryonalentwicklung scheinen sich<br />
dabei deutlich zu unterscheiden und sind in Tribolium noch wenig verstanden<br />
(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />
Ziel dieser Arbeit war, die Tribolium-Orthologen der Drosophila-Gene nanos und<br />
pumilio auf ihre Funktion in der frühen Tribolium-Embryonalentwicklung zu untersu-<br />
chen und so einen Beitrag zur Aufklärung dieser Prozesse zu leisten. In Drosophila<br />
sind NANOS und PUMILIO als Effektoren der Gruppe der maternalen posterioren<br />
Gene für die Ausbildung abdominaler Segmente nötig (Nüsslein-Volhard et al.,<br />
1987).<br />
Im Vergleich mit der Situation in anderen Insektenarten wird die Aufklärung der<br />
Funktion von nanos und pumilio in Tribolium dazu beitragen auch die Evolution der<br />
frühen Insektenembryogenese besser zu verstehen (Peel et al., 2005; Fonseca et al.,<br />
2009; Rosenberg et al., 2009). Besonders interessant ist dies im Zusammenhang mit<br />
der Evolution der unterschiedlichen Entwicklungsmodi der Insekten, dem Kurz- und<br />
dem Langkeim-Typus, für die Tribolium bzw. Drosophila beispielhafte Vertreter<br />
darstellen (Krause, 1939).<br />
Dabei stellt sich die Frage, ob nanos und pumilio auch bei der Kurzkeimembryo-<br />
genese Triboliums eine Rolle für die posteriore Segementierung erfüllen. Mit dem<br />
maternalen Faktor caudal und dem terminalen System sind bereits wesentliche<br />
Einflüsse der posterioren Musterbildung bekannt und es ist zu klären, inwieweit<br />
nanos und pumilio hierbei noch zusätzlich benötigt werden (Copf et al., 2004;<br />
Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />
Darüber hinaus ist von Interesse, ob NANOS und PUMILIO in Tribolium durch<br />
translationelle Repression maternaler Faktoren, wie z.B. HUNCHBACK oder<br />
ORTHODENTICLE-1, auf die blastodermale Regionalisierung wirken. Wenn eine<br />
solche zu Drosophila vergleichbare Funktion besteht, bleibt zu klären, ob bzw. wie<br />
diese mit der postblastodermalen abdominalen Segmentierung in Tribolium in Zu-<br />
sammenhang stehen könnte.<br />
39
I. 1. Einleitung<br />
40<br />
Um diese Fragen zu klären, sollten durch die in Tribolium etablierten RNA-<br />
Interferenz-Methoden die Effekte des Funktionsverlusts beider Gene analysiert<br />
werden. Einflüsse auf die Expression verschiedener im Blastoderm aktiver Faktoren<br />
und die Morphologie der schlupfreifen Larve sollten helfen, die Rolle von nanos und<br />
pumilio innerhalb der frühen Musterbildung von Tribolium einzuordnen.
2. Ergebnisse<br />
I. 2. Ergebnisse<br />
2.1. Im Tribolium-Genom konnten eindeutige Orthologe zu nanos<br />
und pumilio identifiziert werden<br />
Die Identifizierung und molekularbiologische Bearbeitung von Kandidatengenen<br />
in Tribolium hat sich durch die Sequenzierung des Genoms (Tribolium Genome<br />
Sequencing Consortium, 2008) extrem vereinfacht. Während in nicht sequenzierten<br />
Arten die putative Sequenz des jeweiligen Gens aus bekannten homologen Sequen-<br />
zen deduziert werden muss und mit Hilfe eines möglichst breit angelegten Primer-<br />
gemischs ein Fragment durch PCR amplifiziert wird, erlaubt ein sequenziertes Ge-<br />
nom die „in silico“ Identifizierung der Sequenzen über Homologiesuchen (tBLASTx;<br />
(Altschul et al., 1997) gefolgt von der Verwendung von genspezifischen Primern in<br />
der PCR. Auf diese Art und Weise konnten auch die Tribolium-Orthologe der Dro-<br />
sophila Gene nanos und pumilio identifiziert und „kloniert“ werden (s. 4.1).<br />
2.1.1. Tribolium nanos<br />
Das Tribolium-nanos-Gen (TC030446) liegt auf der zweiten Komplementati-<br />
onsgruppe. Es wurde im Rahmen der automatischen Annotation des NCBI (National<br />
Center for Biotechnology Information, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/) nicht erfasst, die<br />
Integration mehrerer Genvorhersageprogramme am HGSC (Human Genome Se-<br />
quencing Center, http://www.hgsc.bcm.tmc.edu/) des Baylor College of Medicine zu<br />
so genannten GLEAN Genmodellen hingegen erlaubte die automatische Annotierung<br />
des größten Teils der nanos kodierenden Sequenz. Die Vorhersage dieses Genmo-<br />
dells (GLEAN_01298) erkannte allerdings ein im richtigen Leserahmen liegendes<br />
Intron nicht, wodurch 5’ der für nanos kodierenden Sequenz mehrere hundert Ba-<br />
senpaaren (bp) fälschlicherweise als sinntragend annotiert wurden. Durch Rapid<br />
Amplification of cDNA Ends (RACE) Experimente im Rahmen meiner Diplomarbeit<br />
(Schmitt, 2005) konnte aber gezeigt werden, dass in vivo jenes kleine Intron (49 bp)<br />
gespleißt wird. Erst dieser Vorgang bringt die Nukleotide des Startcodons (ATG) in<br />
direkte Folge, während der fälschlich annotierte 5’ Bereich nun nicht mehr in einem<br />
durchgängigen Leserahmen mit der kodierenden Sequenz liegt. Die Exongrenze liegt<br />
also genau im nanos Startcodon (A - TG). Diese Besonderheit erschwerte, bzw.<br />
verhinderte die korrekte automatische Annotierung. 3’ der kodierenden Sequenz<br />
41
I. 2. Ergebnisse<br />
konnten durch verschiedene PCR-Experimente unter Verwendung von cDNA als<br />
Matrize noch 382 Nukleotide untranslatierte Sequenz in der mRNA identifiziert wer-<br />
den, so dass nun 1081 Nukleotide der nanos-mRNA bekannt sind (s. Anhang). 453<br />
bp kodieren für ein kleines putatives NANOS-Protein mit 149 Aminosäuren (AS)<br />
Länge und einem Molekülgewicht von ca. 17,4 Kilodalton (kDa). Diese Größe ist<br />
durchaus vergleichbar mit den Proteinen anderer Insektenarten, wie z.B. dem Ortho-<br />
log der Heuschrecke Schistocerca americana mit 177 AS (AAO38523) oder Apis<br />
meliferra (NP_001035321, 120 AS).<br />
42<br />
NANOS ist ein RNA-bindendes Protein, mit einer Zink-Finger-Domäne des<br />
CCHC-Typs im C-terminalen Bereich (Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997; Arriza-<br />
balaga und Lehmann, 1999). Sie liegt im Falle des Tribolium-Proteins zwischen den<br />
Cysteinen 68 und 119. NANOS-Proteine sind über Speziesgrenzen relativ gering<br />
konserviert (Abb. 6, Tab. 1; Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997) und somit wohl<br />
verhältnismäßig schnell evolvierend. Innerhalb der aus zwei Zink-Fingern bestehen-<br />
den funktionellen Domäne liegt die Sequenzidentität zwischen den Tribolium und<br />
Drosophila-Proteinen bei 46% (Abb. 6, A). Auch hier ist die Größenordnung ähnlich<br />
wie bei Vergleichen von NANOS-Proteinen anderer Insektenarten (Tab. 1). Die<br />
charakteristische Struktur der Zink-Finger Domäne erlaubt jedoch eine eindeutige<br />
Identifizierung der Orthologen. Die wesentlichen Aminosäuren der beiden Zink-<br />
Finger sind bezüglich ihrer Identität und ihrer Lage zueinander innerhalb des gesam-<br />
ten Tierreichs hoch konserviert (Abb. 6). Diese klar definierte Struktur ist auch durch<br />
intensive Sequenzsuchen nach einzelnen Teilbereichen im Tribolium-Genom nur<br />
einmal zu identifizieren, Tribolium besitzt also nur ein einziges nanos-Ortholog.<br />
Für die RNAi-Experimente im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Fragment des na-<br />
nos-Gens verwendet, das den Großteil der kodierenden Sequenz und 382 bp nicht<br />
translatierte Sequenzen des 3’ Bereichs enthält (gesamt: 810 bp).
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 6: Sequenzvergleich der funktionellen Domänen von NANOS- und PUMILIO-<br />
Proteinen unterschiedlicher Spezies<br />
A Ein Sequenzvergleich der CCHC-Zink-Finger-Domänen von NANOS-Proteinen aus<br />
unterschiedlichen Spezies zeigt die hohe Konservierung der charakteristischen funktionellen<br />
Aminosäuren (*). Je drei Cysteine und ein Histidin komplexieren ein Zink Atom und bilden<br />
wahrscheinlich zwei strukturelle Einheiten der RNA-Binde-Domäne (Curtis et al., 1997).<br />
B Die PUM-puf-Domäne weist eine hohe Sequenzkonservierung innerhalb des Tierreichs<br />
auf. Sie besteht aus acht Wiederholungseinheiten (puf-domain repeats), die je eine Base des<br />
Nanos-Response-Element binden (Edwards et al., 2001; Wang et al., 2002). Die geschweifte<br />
Klammer weist auf ein Tripeptid hin, dessen Insertion die Bindung der Vertebratenproteine<br />
an Drosophila NANOS verhindert, und somit die Bedeutung des C-terminalen Bereichs für<br />
die Ausbildung des ternären Komplex deutlich macht (Sonoda und Wharton, 1999).<br />
Identische Aminosäuren in allen Spezies in rot, andere in blau.<br />
Tc nos: Tribolium castaneum NANOS (TC030446), Dm nos: Drosophila melanogaster NANOS<br />
(NP_476658), Sa nos: Schistocerca americana NANOS (AAO38523), Nv nos: Nasonia vitripennis<br />
NANOS (NP_001128394), Hs nos1: Homo sapiens NANOS-1 (NP_955631), Hro nos: Helobdella<br />
robusta NANOS (AAB63111), Nvect nos: Nematostella vectensis NANOS (AAW29070); Tc pum:<br />
Tribolium castaneum PUMILO (TC005073), Dm pum: Drosophila melanogaster PUMILIO<br />
(AAB59189), Sa pum: Schistocerca americana PUMILIO (AAO38522), Nv pum: Nasonia vitripennis<br />
PUMILIO (predicted, XP_001607089), Xl pum1: Xenopus laevis PUMILIO-1 (NP_001081119), Hs<br />
pum1: Homo sapiens PUMILIO-1 (AAG31807), Hym pum: Hydra magnipapillata PUMILIO (predicted,<br />
XP_002162083)<br />
43
I. 2. Ergebnisse<br />
Tab. 1: Sequenzidentität unterschiedlicher nanos Zink-Finger<br />
44<br />
vs.<br />
Schistocerca<br />
NOS<br />
Nasonia NOS Tribolium NOS<br />
Drosophila NOS 48 % 57 % 46 %<br />
Tribolium NOS 42 % 44%<br />
Nasonia NOS 60 %<br />
Gezeigt ist der Anteil identischer Aminosäuren der Zink-Finger-Domänen je<br />
zweier NANOS-Proteine im Vergleich.<br />
2.1.2. Tribolium pumilio<br />
Auch ein pumilio-Ortholog konnte eindeutig im Tribolium-Genom identifiziert wer-<br />
den (TC005073). Dieses Gen liegt in einem Bereich, der während der bioinformati-<br />
schen Aufbereitung der Sequenzdaten des Genomsequenzierungsprojekts nicht<br />
eindeutig einer Komplementationsgruppe zugeordnet werden konnte. Allerdings liegt<br />
das gesamte Gen innerhalb eines so genannten Contigs, wird also nicht durch Lü-<br />
cken in der Genomsequenz unterbrochen. Sowohl die automatische Annotierung des<br />
NCBI als auch die des HGSC postulieren Genmodelle für pumilio, welche sich aller-<br />
dings hinsichtlich der 5’ liegenden Exons und des Translationsstarts unterscheiden.<br />
Die von NCBI vorhergesagte kodierende Region beginnt innerhalb des fünften<br />
GLEAN-Introns mit einem ATG 33 bp 5’ des sechsten GLEAN-Exons. Das GLEAN<br />
Modell (GLEAN_05073) ist somit um 5 Exons, genauer gesagt 1026 bp bzw. 342 AS,<br />
länger als die NCBI Annotation (XP_967865) und wird durch Sequenzvergleiche mit<br />
PUMILIO-Proteinen anderer Spezies etwas besser unterstützt (nicht gezeigt). Für<br />
diese Arbeit sind die Diskrepanzen aber unerheblich, da für sämtliche Experimente<br />
ein Gen-Fragment verwendet wurde, das für den bestkonservierten Bereich des<br />
Proteins, die von den Unterschieden unberührte Puf-Domäne, kodiert (Gabbrielli,<br />
1957; Zamore et al., 1997; Edwards et al., 2001; Wang et al., 2001). Die 887 bp<br />
dieses Fragments liegen innerhalb der Exons 11 bis 14. Das GLEAN Modell postu-<br />
liert für das pumilio-Gen 14 kodierende Exons, die in ein Protein mit einem Moleku-<br />
largewicht von angenommenen 120,9 kDa translatiert werden. Die hoch konservierte<br />
Puf-Domäne besteht aus acht sich wiederholenden Einheiten und liegt am C-<br />
terminus zwischen His764 und Lys1047. Die Aminosäureidentität zwischen Tribolium<br />
und Drosophila in diesem Bereich liegt bei 87%, und auch die Ähnlichkeit zu Ortho-<br />
logen phylogenetisch weiter entfernterer Spezies ist sehr hoch (Abb. 6 B). Die Puf-
I. 2. Ergebnisse<br />
Domäne vermittelt die Bindung an das NRE („nanos response element“) in den Ziel-<br />
mRNAs sowie die Bildung des aktiven ternären Repressionskomplexes. Hierfür ist<br />
vor allem der C-terminale Bereich wesentlich, wo eine Insertion von drei AS, die im<br />
Laufe der Evolution in den Vertebraten PUMILIO-Proteinen entstand, die Bildung des<br />
Komplexes mit NANOS und RNA verhindert (Sonoda und Wharton, 1999). Auch für<br />
pumilio ist klar, dass das Tribolium-Genom kein weiteres Gen mit deutlicher Ähnlich-<br />
keit zu anderen pumilio-Genen enthält und somit als einziges Ortholog anzusehen<br />
ist.<br />
2.2. nanos und pumilio werden maternal und zygotisch exprimiert<br />
2.2.1. Die Expression des Tribolium pumilio-Orthologs<br />
Wie schon in meiner Diplomarbeit beschrieben (Schmitt, 2005) ist die Expression<br />
von pumilio im Wesentlichen zwischen Tribolium und Drosophila konserviert (Abb. 7).<br />
Schon während der Oogenese wird pumilio-RNA in der Oozyte deponiert, die wahr-<br />
scheinlich vor allem von den Nährzellen synthetisiert wurde (Abb. 7, A). Innerhalb<br />
des abgelegten Eis und der frühen Embryonalstadien ist die pumilio-RNA ubiquitär<br />
verteilt (Abb. 7, B, C). Dies ist vergleichbar der Situation bei Drosophila (Barker et al.,<br />
1992; Macdonald, 1992), allerdings wird dort das pumilio-Transkript auch posterior<br />
im Polplasma angereichert. Ein solches Polplasma konnte bisher in Tribolium nicht<br />
identifiziert werden, was das Fehlen einer höheren Konzentration im posterioren<br />
Bereich des Eis erklären könnte. Die einzige lokale Anreicherung lässt sich in einem<br />
Areal um den maternalen Vorkern beobachten (Abb. 7, B, C, Pfeil). Dieser Bereich<br />
entspricht dem Ooplasma (Grünfelder, 1998), dem um den Oozytenkern konzentrier-<br />
ten Cytoplasma der Eizelle. Dort sind offenbar auch mRNAs in höherer Konzentrati-<br />
on vorhanden als im restlichen, überwiegend von Dotter gefüllten Teil des Eis, was<br />
somit also zu einer unspezifischen Lokalisierung vieler maternaler RNAs führt. Ein<br />
ähnlicher Effekt kann auch für die maternalen RNAs für giant und eagle beobachtet<br />
werden (Schmitt-Engel, unveröffentlicht; (Bucher et al., 2005).<br />
Erst im Zuge der Differenzierung des Blastoderms konzentriert sich die pumilio-<br />
Expression in der embryonalen Anlage, wobei die Expression innerhalb der Sero-<br />
saanlage zurückgeht (Abb. 7, D, E). Im wachsenden und voll gestreckten Keimstreif<br />
wird die Expression in allen embryonalen Geweben aufrechterhalten und in den<br />
Anlagen der segmentalen Extremitäten verstärkt (Abb. 7, F).<br />
45
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 7: Expression des Tribolium pumilio-Gens<br />
A, B, D, F Nachweis von pumilio-mRNA durch in-situ-Hybridisierung (rot in A und A’).<br />
C,E Nukleäre Färbung mit Hoechst 33342. Grün in A und A’: Immunfluoreszenz gegen<br />
Alpha-Tubulin.<br />
A Im Ovar ist das pumilio Transkript in Oozyten, in den Nährzellen und im Follikelepithel<br />
nachweisbar. Einzig die jüngsten ca. 3 Zellreihen der aus dem präfollikulären Gewebe<br />
hervorgehenden, sich differenzierenden Follikelzellen sind frei von pumilio-Expression<br />
(Linien in A’). Gezeigt ist eine einzelne Ovariole. Je fünf bis sechs Ovariolen bilden eine<br />
Hälfte des paarig aufgebauten Ovars. Nährzellen im Tropharium (T) produzieren RNAs und<br />
verschiedene Proteine für die die wachsenden Oozyten (*), die von somatischen Follikelzellen<br />
(FE) umgeben sind (Büning, 1998; Trauner und Büning, 2007). Die Abbildung F wurde<br />
freundlicherweise von Daniel Bäumer zur Verfügung gestellt.<br />
In sehr frühen Stadien (B) ist pumilio RNA innerhalb des gesamten Embryos nachweisbar<br />
und im Bereich um den maternalen Vorkern angereichert (siehe Text). Im differenzierten<br />
Blastoderm (laterale Ansicht, D) nimmt das Expressionsniveau in der Serosa ab, in voll<br />
gestreckten Keimstreifen (ventrale Ansicht, F) erhöht es sich in den Anlagen der segmentalen<br />
Körperanhänge.<br />
In allen Abbildungen ist anterior links.<br />
pum: pumilio-in-situ-Hybridisierung, S: Serosa, E: Embryoanlage, Md: Mandibuläre Segmentanlage,<br />
Mx: Maxilläre Segmentanlage, Lb: Labiale Segmentanlage, T1: erstes thorakales Segment, A“X“: xtes<br />
abdominales Segment<br />
46
2.2.2. nanos-Expression ist nur in vitro nachweisbar<br />
I. 2. Ergebnisse<br />
Trotz intensiver Bemühungen konnte ich nanos-mRNA-Expression nicht durch<br />
das standardmäßige in situ-Hybridisierungs-Protokoll nachweisen. Auch unterschied-<br />
lichste Variationen der Methode, wie die Verwendung unterschiedlicher Genfragmen-<br />
te als Matrize für die Sondensynthese, hydrolytisch fragmentierte Sonden, stärke-<br />
re/schwächere Fixierungen, Amplifikationsschritte und unterschiedliche Detektions-<br />
methoden führten zu keinem spezifischen Nachweis (vgl. 4.2). Der Vergleich mit<br />
Embryonen, die nicht mit Sonde behandelt, oder mit der sense-Sonde inkubiert<br />
wurden zeigt, dass eine sehr spät einsetzende Färbung in Dotter und embryonalen<br />
Geweben als unspezifische Hintergrungfärbung zu werten ist (nicht gezeigt). Das<br />
Vorhandensein schwacher, ubiquitärer Expression auf dem Niveau des Hintergrund-<br />
signals kann allerdings nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ein Polyklonales<br />
Kaninchenserum gegen zwei Peptide des Tribolium NANOS-Proteins (produziert von<br />
der Firma Eurogentec, Köln, Deutschland/Seraing, Belgien) waren nach umfangrei-<br />
chen Tests ebenfalls nicht geeignet, um die Expression von NANOS-Protein in situ<br />
oder auch im Western-Blot zu detektieren. Im Gegensatz zu diesen Methoden war es<br />
allerdings möglich, die Expression von nanos-mRNA in vitro nachzuweisen (Abb. 8).<br />
Durch eine RT-PCR Strategie mit exonischen Primern und verschiedenen cDNAs als<br />
Matritzen (vgl. 4.2.3) konnte ich zeigen, dass nanos über alle getesteten Entwick-<br />
lungsstadien hinweg exprimiert wird. Der Nachweis in unbefruchteten Eiern (Abb. 8,<br />
B, Ansatz 1) zeigt das Vorhandensein maternaler RNA in den Oozyten. Während der<br />
ersten 30 Stunden der Embryonalentwicklung bleibt nanos dann durchgehend kon-<br />
stant exprimiert (Abb. 8, A). Auch in späteren Entwicklungsstadien, also sowohl in<br />
larvalen, pupalen und adulten Tieren, ist mRNA-Expression nachweisbar (Abb. 8, B).<br />
Dies könnte sowohl mit einer Funktion für die Entwicklung und Funktion der Gona-<br />
den, als auch mit einer Rolle für die Entwicklung und Aktivität peripherer Neuronen in<br />
Zusammenhang stehen. Beide Funktionszusammenhänge sind bei Drosophila<br />
bekannt (siehe Einleitung; Kobayashi et al., 1996; Forbes und Lehmann, 1998;<br />
Schweers et al., 2002; Dubnau et al., 2003; Wang und Lin, 2004; Ye et al., 2004).<br />
Eine Quantifizierung der vorhandenen mRNA erlaubt diese Methode allerdings nicht.<br />
Stärkere Signale können zwar ein Hinweis auf eine erhöhte Expression sein, könnten<br />
aber auch auf Schwankungen der Templatequalität zurückzuführen sein.<br />
Obwohl das Vorhandensein der nanos-mRNA in vitro zweifelsfrei gezeigt werden<br />
konnte, war es nicht möglich die räumliche Verteilung in whole mount Färbungen<br />
47
I. 2. Ergebnisse<br />
darzustellen. Möglicherweise unterschreitet das embryonale Expressionsniveau von<br />
Tribolium nanos die Detektionsschwelle der whole-mount in-situ-Hybridisierung.<br />
Abschließend bleibt also unklar, ob die nanos-Aktivität auch in Tribolium durch eine<br />
posteriore Lokalisierung der RNA-Expression räumlich begrenzt wird.<br />
Abb. 8: nanos ist in allen getesteten Entwicklungsstadien exprimiert<br />
UV-Transilluminationsaufnahme der gelelektrophoretisch aufgetrennten Produkte mehrerer<br />
RT-PCRs. Die Ergebnisse für ein Fragment des nanos Gens und eines des ribosomalen<br />
Proteins 49 (Konopova und Jindra, 2007) als Positiv-Kontrolle und Referenzwert sind gezeigt.<br />
A In embryonalen Stadien von 0-30 Stunden Entwicklungsalter bei ca. 30 °C ist nanos<br />
durchgehend exprimiert. Die stärkere Amplifikation in dem 0-30 h Ansatz ist möglicherweise<br />
auf Qualitätsschwankungen der Ausgangs RNA zurückzuführen.<br />
B Auch in nicht befruchteten Eiern von unbegatteten Weibchen, sowie Larven verschiedenen<br />
Alters, männlichen und weiblichen Puppen und männlichen und weiblichen Adulten lässt sich<br />
nanos RNA nachweisen.<br />
C Kontrollen zeigen, dass keinerlei Verunreinigungen durch genomische DNA auftraten.<br />
Sowohl ohne RNA Matrize als auch ohne Reverse Transkriptase kann keine Amplifikation<br />
erfolgen, was zeigt, dass weder die Reaktionsreagenzien noch die Ausgangs-RNA verunreinigt<br />
sind. Die forward-Primer beider Fragmente liegen auf einer Exon-Grenze, was effektiv<br />
die Amplifikation von genomischer DNA verhindert, während Primer innerhalb der Exons<br />
problemlos ein genomisches nanos Fragment liefern.<br />
48
I. 2. Ergebnisse<br />
2.3. pRNAi für nanos und pumilio führt zu Veränderungen der<br />
larvalen Morphologie<br />
Für funktionelle Studien in Tribolium steht die ausgeprägte systemische RNA-<br />
Interferenz-Antwort als sehr effektives Werkzeug zur Verfügung (Brown et al., 1999b;<br />
Bucher et al., 2002; Tomoyasu und Denell, 2004; Arakane et al., 2008). Ein für die<br />
Praxis wesentlicher Vorteil der systemischen RNAi ist die Möglichkeit der parentalen<br />
RNAi, bei der weibliche Puppen mit doppelsträngiger RNA (dsRNA) injiziert werden<br />
(pRNAi). Der RNAi-„knock-down“-Effekt wird so auch in deren Nachkommen indu-<br />
ziert und erlaubt die Untersuchung der Auswirkungen auf die embryonale Musterbil-<br />
dung. Diese Nachkommen werde ich zur Vereinfachung im Folgenden RNAi-Larven<br />
oder -Embryonen nennen. Die parentale RNAi wurde hier genutzt, um die Expressi-<br />
onsniveaus der nanos und/oder pumilio-mRNAs während der Embryonalentwicklung<br />
zu reduzieren und aus den daraus resultierenden Defekten auf ihre Funktion zu<br />
schließen. Diese Defekte lassen sich in den meisten Fällen gut anhand der Morpho-<br />
logie der schlupfreifen Larve analysieren. Die Kutikula der schlupfreifen Larve (Abb.<br />
9, A) spiegelt die Morphologie des Tieres exakt wieder und erlaubt die Differenzie-<br />
rung vieler einzelner Körperbereiche. Deutlich zu erkennen ist die Gliederung in Kopf<br />
(Caput), den Thorax mit seinen drei Beinpaaren und das Abdomen. Am Kopf lassen<br />
sich die Mundwerkzeuge und andere Kopfanhänge gut erkennen. Auf die anteriorste<br />
Struktur, das Labrum, folgen die paarigen Antennen, Mandibeln und Maxillen, sowie<br />
das sekundär fusionierte Labium, das den Präoralraum um die Mundöffnung nach<br />
ventral abschließt (Abb. 10, A). Der Prothorax ist etwas länger als die beiden ande-<br />
ren thorakalen Segmente, und der Mesothorax trägt ein laterales Paar Stigmen (Abb.<br />
9, A). Die abdominalen Segmente 1 bis 8 tragen je ein Paar laterale Stigmen und<br />
sind kaum voneinander zu unterscheiden. Die beiden letzten abdominalen Segmente<br />
(9 und 10) fusionieren mit dem Telson und bilden eine terminale Struktur mit dorsa-<br />
len, vom neunten Abdominalsegment abgeleiteten, Urogomphi und ventral liegenden<br />
Nachschiebebeinchen, den Pygopodien, die als Anhänge des zehnten Abdominal-<br />
segments gelten (Abb. 9, A; Sokoloff, 1972).<br />
49
I. 2. Ergebnisse<br />
2.3.1. Defekte nach nanos pRNAi<br />
50<br />
Zur Erzeugung nanos-pezifischer „knock-down“-Phänotypen wurde dsRNA eines<br />
810 bp-Fragments, das den Großteil der kodierenden Sequenz und Teile des 3’<br />
UTRs enthält, in weibliche Puppen injiziert.<br />
Die Reduktion des nanos-mRNA-Niveaus während der Embryogenese führt zu<br />
zweierlei Defekten. Am offensichtlichsten ist eine deutliche Verkürzung der schlupf-<br />
reifen Larven, verursacht durch eine Reduktion der abdominalen Segmente (Abb. 9,<br />
B). Die abdominalen Segmente sind anhand der Morphologie der Kutikula gut zu<br />
erkennen (Abb. 9, A). In den meisten Fällen verbleiben fünf oder sechs von diesen<br />
Abdominalsegmenten, seltener sind drei oder 4 verbliebene Segmente erkennbar (s.<br />
Anhang, Abb. 41, Tab. 12). Meist sind die noch vorhandenen Segmente allerdings<br />
deutlich gestört. So treten beispielsweise teilweise Segmentfusionen mit Verände-<br />
rungen des Setae-Musters auf (Abb. 9, B). Auch schwächere Phänotypen mit sieben<br />
oder acht verbliebenen Abdominalsegmenten treten auf (nicht gezeigt, Anhang, Abb.<br />
41, Tab. 12). Die terminalen Strukturen (Urogomphi, Pygopodien, Abb. 9, A) sind in<br />
der Regel vorhanden, aber häufig nicht deutlich zu erkennen. Mit dem Großteil der<br />
abdominalen Segmente scheinen also die meisten aus der posterioren Wachstums-<br />
zone gebildeten Segmente (Schröder et al., 2008).<br />
Zusätzlich zu diesen abdominalen, also posterioren Defekten, treten überra-<br />
schenderweise auch Veränderungen in anterioren Segmenten auf. Hierbei sind<br />
Deletionen und Transformationen der Kopfsegmente (Abb. 10, B; Anhang, Tab. 11)<br />
zu beobachten. Am häufigsten treten Transformationen der Labialpalpen zu thoraka-<br />
ler Identität auf. Dies zeigt sich in schwächerer Ausprägung im Vorhandensein einer<br />
distalen Klaue an den Labialpalpen, kann aber auch zur Ausbildung nahezu vollstän-<br />
diger Beine führen (Abb. 10, B). Ferner gibt es Deletionen von antennalen und man-<br />
dibulären Extremitäten, die auf den teilweisen oder vollständigen Verlust der zugehö-<br />
rigen Segmente hindeuten. Die Deletionen erscheinen hier als der seltenere, stärke-<br />
re Effekt, wobei intermediäre Phänotypen beide Aspekte zeigen.<br />
Das Auftreten von phänotypischen Veränderungen nach nanos-RNAi ist nicht<br />
hoch penetrant, allein 45% der sich entwickelnden Larven zeigen keine Defekte<br />
(Abb. 11, Tab. 10). Kopfdefekte sind weniger häufig als die Reduktion von abdomina-<br />
len Segmenten, so dass oft abdominale Deletionen ohne Kopfdefekte, aber sehr<br />
selten Kopfdefekte ohne abdominale Reduktion auftreten (Tab. 10). Das bedeutet
I. 2. Ergebnisse<br />
einerseits, dass die Bildung von abdominalen Segmenten sensitiver auf die Redukti-<br />
on des nanos-Expressionsniveaus reagiert und andererseits, dass die Kombination<br />
beider Effekte den stärkeren Phänotyp darstellt.<br />
Abb. 9: Pupale RNAi gegen nanos und pumilio führt zu einer Reduktion larvaler Seg-<br />
mente<br />
Epifluoreszenzaufnahmen der Kutikulas schlupfreifer Larven aus lateraler Sicht.<br />
A Wildtyplarve. Kopf, drei thorakale Segmente mit Beinen, acht abdominale und der Terminus<br />
mit Urogomphi und Pygopodien sind gut zu erkennen.<br />
B nos-RNAi-Larve. Das Abdomen ist deutlich verkürzt, nur ein Abdominalsegment ist normal<br />
gebildet. Es folgen zwei bis drei irreguläre Segmente, die ventral miteinander fusionieren und<br />
dorsal Veränderungen des Setae-Musters aufweisen (weiße Linie). Eine partielle Transformation<br />
der Labialpalpen zu thorakaler Identität ist an der distalen Klaue erkennbar (Pfeilspitze).<br />
C pum-RNAi-Larve. Drei Abdominalsegmente sind normal ausgebildet, es folgen zwei<br />
deformierte Segmente, der Terminus ist vorhanden (Pfeil). Die Beine sind verkürzt und<br />
unförmig (Pfeilspitze). Der Kopf ist verkleinert.<br />
D nos/pum-RNAi-Larve. Zwei normal ausgebildetete Abdominalsegmente gefolgt von zwei<br />
bis drei deformierten, abdominalen Segmenten. Der Kopf ist deutlich verkleinert.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links, der Größenstandard zeigt 100 !m.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Ur: Urogomphi, Py: Pygopodien.<br />
51
I. 2. Ergebnisse<br />
2.3.2. Defekte nach pumilio pRNAi<br />
52<br />
Zur Analyse der pumilio-Funktion wurde dsRNA eines 887 bp Fragments, das die<br />
konservierte Puf-Domäne überspannt, in weibliche Puppen injiziert und deren Nach-<br />
kommen analysiert.<br />
Die durch pum-RNAi hervorgerufenen Defekte (Abb. 9) sind den nanos Phänoty-<br />
pen im Wesentlichen identisch. Wiederum ist der auffälligste Effekt eine Reduktion<br />
der abdominalen Segmente auf vier bis sieben (s. Anhang, Abb. 41, Tab. 12), die in<br />
aller Regel unterschiedliche Defekte aufweisen, wie sie schon oben für nanos be-<br />
schrieben wurden. Auch nach pumilio-RNAi finden sich Veränderungen der Kopf-<br />
segmente (Abb. 10, C). Es treten ebenfalls Transformationen auf, wobei hier die<br />
Mandibeln von unvollständigen Transformationen betroffen sind. Diese werden zu<br />
einer anderen gnathalen Identität transformiert, was durch das Auftreten von Arealen<br />
sensorischer Organe auf der Mandibel deutlich wird (Abb. 10, C). Solche Areale<br />
finden sich normalerweise an den distalen Enden der Palpen von maxillären oder<br />
auch labialen Segmenten. Zusätzlich zu diesen Effekten zeigen pum-RNAi Larven<br />
auch Verkürzungen aller segmentalen Extremitäten (Abb. 9, Pfeilspitze in C; Abb.<br />
22). Auf diesen pumilio-spezifischen Phänotyp werde ich später nochmals zurück-<br />
kommen (s. 2.8.3). Erwähnt sei allerdings, dass sich die Ausbildung der segmentalen<br />
Gliedmaßen, ebenso wie die Bildung der abdominalen Segmente, sehr sensitiv<br />
gegenüber dem RNAi-Effekt zeigt. Beide Effekte treten gemeinsam, also mit gleicher<br />
Häufigkeit auf (nicht gezeigt). Im Falle der pumilio-RNAi bedeutet das: im weitaus<br />
größten Teil der Nachkommen (81,5 %, s. Anhang Tab. 10). Auch nach pum-RNAi<br />
wird klar, dass Kopfsegmente weniger häufig betroffen sind und somit eine Kombina-<br />
tion aus Kopf- und abdominalen Defekten den stärksten Phänotyp darstellt.<br />
Die nahezu identischen Effekte nach nanos- oder pumilio-RNA-Interferenz legen<br />
nahe, dass beide Proteine wie in Drosophila auch in Tribolium in einem Komplex<br />
wirken. Die Penetranz beider RNAi-Phänotypen differiert allerdings. Während pumi-<br />
lio-RNAi bei 81,5 % der entwickelten Larven zu Defekten führt, ist das nach nanos-<br />
RNAi nur bei 51,4 % der Fall (s. Anhang, Tab. 10). pumilio-RNAi scheint also effekti-<br />
ver zu spezifischen Phänotypen zu führen als nanos-RNAi. In beiden Experimenen<br />
zeigt sich außerdem, dass abdominale Defekte deutlich häufiger sind als das Auftre-<br />
ten gnathaler Veränderungen. Die Bildung abdominaler Segmente reagiert demnach<br />
sensitiver auf die Reduktion der mRNA-Niveaus beider Gene als die Musterbildung
I. 2. Ergebnisse<br />
des Kopfes. Außerdem reagiert sie empfindlicher auf den Abbau der pumilio- als auf<br />
den der nanos-mRNA. Begleitet wird dieser Befund von der Tatsache, dass nur<br />
dsRNA des längsten nos-Fragments zu Defekten führte (s. 4.1).<br />
Bekanntermaßen führt RNAi gegen verschiedene Gene nicht in allen Fällen mit<br />
gleicher Effizienz zu Funktionsverlustphänotypen (Kennerdell und Carthew, 1998).<br />
Diese Effektivitäts-unterschiede könnten auf unterschiedliche Ursachen zurückzufüh-<br />
ren sein. Einerseits ist denkbar, dass die RNAi-Maschinerie (Meister und Tuschl,<br />
2004) für verschiedene dsRNAs bzw. mRNAs nicht gleich effizient arbeitet und somit<br />
das mRNA-Niveau unterschiedlich stark gesenkt wird. Zellkulturstudien an humanen<br />
Zellen zeigen, dass schon verschiedene siRNAs gegen die gleiche mRNA sehr<br />
unterschiedliche Effekte auf das mRNA-Niveau haben können (Holen et al., 2002).<br />
Die Autoren spekulieren, dass mRNA-bindende Proteine eine Ursache dieser Positi-<br />
onseffekte sein könnten. In Drosophila wird die nanos-mRNA lokalisiert und translati-<br />
onell reguliert, was durch postulierte und teilweise untersuchte RNA-bindenden<br />
Faktoren vermittelt wird (Wharton und Struhl, 1989; Bergsten und Gavis, 1999;<br />
Bergsten et al., 2001; Zaessinger et al., 2006; Jain und Gavis, 2008). Möglicherweise<br />
hemmt die Bindung solcher Faktoren die RNA-Interferenz in Tribolium. Andererseits<br />
sind unterschiedliche Prozesse sicherlich nicht gleich empfindlich gegenüber der<br />
Reduktion der einen oder anderen mRNA auf ein bestimmtes Niveau. Das bedeutet,<br />
dass die Schwellenwerte für die Ausprägung unterschiedlicher Phänotypen differie-<br />
ren, und von dem jeweiligen Gen und dem betroffenen Gewebe abhängen. Dies<br />
könnte auch der Grund für die Unterschiede in der Ausprägung der anterioren Defek-<br />
te in den RNAi-Experimenten sein.<br />
Die unterschiedliche Penetranz der Effekte insgesamt, sowie der Kopf- und der<br />
abdominalen Defekte legt nahe, dass durch die RNAi-Experimente kein vollständiger<br />
„knock-down“ erreicht wird. Um dies zu erreichen wurde versucht, den vollständigen<br />
Funktionsverlust durch gleichzeitige Inhibierung beider Genprodukte zu erreichen.<br />
53
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 10: nanos- und pumilio-RNAi führen auch zu Kopfdefekten<br />
Epifluoreszenzaufnahmen der Kopfkutikulas schlupfreifer Larven aus ventraler oder anteroventraler<br />
Sicht.<br />
A Wildtyp. Die paarigen Antennen, Mandibeln und Maxillen, die fusionierten Labialpalpen<br />
und das Labrum sind deutlich zu erkennen.<br />
B nos RNAi Larve. Eine Antenne ist deletiert, die Labialpalpen sind zu beinähnlichen Anhängen<br />
transformiert (Pfeil)<br />
C pum RNAi Larve. Die Mandibeln sind teilweise zu einer anderen gnathalen Identität transformiert,<br />
erkennbar an einem sensorischen Feld ähnlich dem distalen Ende der Maxille<br />
(Pfeil). Sämtliche Kopfanhänge sind verkürzt.<br />
D nos/pum RNAi Larve. Antennen und Mandibeln sind deletiert, die Labialpalpen sind nicht<br />
fusioniert und zu thorakalem Chrakter transformiert, erkennbar an dem Vorhandensein einer<br />
kleinen distalen Klaue am Labialpalpus (Pfeil).<br />
Anterior ist in allen Abbildungen oben.<br />
Lr: Labrum/labrale Segmentanlage, Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md:<br />
Mandibel/mandibuläre Segmentanlage, Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale<br />
Segmentanlage, T: thorakale Identität<br />
2.3.3. nanos/pumilio-Doppel-RNAi führt zu stärkeren Phänotypen<br />
54<br />
Auch in den Nachkommen von Tieren, denen dsRNAs komplementär zu nos und<br />
pum injiziert wurden, finden sich sowohl abdominale Defekte als auch Veränderun-<br />
gen der Kopfsegmente (Abb. 9, Abb. 10). Insofern gleichen sie den Larven in Einzel-<br />
RNAi-Experimenten. Allerdings wird schnell deutlich, dass die beobachteten Phäno-<br />
typen insgesamt stärker und höher penetrant sind (Abb. 11, Abb. 12; s. Anhang Tab.<br />
10, Tab. 11). Das bedeutet, dass Larven, die Segmentierungsabbrüche in Kombina-<br />
tion mit Kopfdefekten zeigen, deutlich häufiger auftreten, als in der Einzel-RNAi.<br />
Während die ohnehin sensitivere Bildung der abdominalen Segmente auch in der
I. 2. Ergebnisse<br />
Doppel-RNAi in vergleichbarem Maße gestört ist (Abb. 9, D), treten die Deletionen<br />
von Kopfanhängen deutlich häufiger auf. Insgesamt zeigen 80% aller entwickelten<br />
Larven den starken Phänotyp, also die Kombination von anterioren und posterioren<br />
Defekten (Abb. 11; s. Anhang Tab. 10). Auch die beobachteten Kopfphänotypen sind<br />
dramatischer. So treten hier bei 60 % aller entwickelten Larven Deletionen der an-<br />
tennalen und mandibulären Segmente auf (Abb. 10, D, Abb. 12; s. Anhang Tab. 11),<br />
d.h. sie zeigen den stärksten in der Einzel-RNAi beobachtbaren Defekt. Somit kann<br />
davon ausgegangen werden, dass nanos/pumilio Doppel-RNAi dem vollständigen<br />
Funktionsverlust von nanos und pumilio näher kommen als die Einzel-RNAi-<br />
Experimente.<br />
Abb. 11: Verteilung der phänotypischen Klassen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />
Experimenten<br />
Gezählt wurden entwickelte Larven - zu Grunde liegende Zahlen finden sich in Tab. 10.<br />
Schwache Phänotypen: Larven mit reduzierter Zahl an Abdominalsegmenten, oder Veränderungen<br />
der Mundwerkzeuge. Starke Phänotypen: Larven mit anterioren und posterioren<br />
Defekten. Unspezifische Phänotypen: Hintergrund von in unbehandelten Tieren auftretenden<br />
Defekten, Unklar: Larven die wegen Präparationsartefakten nicht auswertbar waren. Als<br />
Kontrolle wurde dsRNA komplementär zur mRNA eines fluoreszenten Proteins einer Koralle<br />
(Discosoma sp., DsRed, Clontech) in vergleichbarer Konzentration verwendet.<br />
55
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 12: Verteilung der anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi<br />
Gezählt wurden alle Larven, die phänotypische Veränderungen aufwiesen. Transformationen<br />
bedeuten im Falle von nos-RNAi meist Transformationen labialer Palpen zu beinähnlichen<br />
Strukturen, bei pum- und nos/pum-RNAi in der Regel Transformationen von Mandibeln hin<br />
zum Charakter anderer gnathaler Anhänge, vermutlich der Maxille. Bei Deletionen sind in<br />
aller Regel Antennen oder Mandibeln betroffen. Nicht in allen Fällen sind beide Anhänge<br />
eines Segments betroffen.<br />
56<br />
Injektionen in adulte Käfer, sowie pum-dsRNA Injektionen in präblastodermalen<br />
Embryonalstadien ergaben keine deutlich abweichenden, stärkeren oder höher<br />
penetranten Effekte (nicht gezeigt). Adulte Doppel-RNAi führte zu höherer Legeleis-<br />
tung als pupale Injektionen, aber zu schwächeren Phänotypen. Auch eine Kombina-<br />
tion aus pupaler nanos- und adulter pumilio-Injektion führte nicht zu den stärksten<br />
Effekten.<br />
Die Reduktion des Expressionsniveaus von nanos und pumilio führt also sowohl<br />
zu posterioren als auch zu anterioren Defekten. Dies ist überraschend, da beide<br />
bisher als Gene der posterioren Gruppe beschrieben wurden (siehe Einleitung; (St<br />
Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992). In Drosophila ist diese posteriore Funktion<br />
außerdem auf sehr frühe Prozesse der Embryonalentwicklung zurückzuführen. Um<br />
zu untersuchen, ob dies für die Effekte der hier beschriebenen RNAi-Experimente<br />
ebenso gilt, ist die Analyse embryonaler Stadien notwendig.
I. 2. Ergebnisse<br />
2.4. Frühembryonale Defekte führen zu einem vorzeitigen Ab-<br />
bruch der Segmentierung in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen<br />
Die bereits erläuterten morphologischen Defekte der larvalen Kutikula nach na-<br />
nos- und pumilio-RNAi könnten auf zwei unterschiedliche Arten während der Embry-<br />
onalentwicklung hervorgerufen werden. Entweder sie sind das Produkt von Fehlern<br />
während der Segmentbildung, also im Laufe der embryonalen Musterbildung, oder<br />
sie entstehen in der Folge irregulärer Prozesse während der nachfolgenden Gewe-<br />
bedifferenzierung. Zwischen diesen Alternativen kann durch die morphologische<br />
Analyse embryonaler Stadien unterschiedlichen Alters, bzw. durch die Anwendung<br />
molekularer Marker mit informativen Expressionsmustern unterschieden werden.<br />
2.4.1. Die Segmentbildung aus der Wachstumszone ist gestört<br />
Zur Analyse der frühen Segmentbildung eignet sich die Expression des Segment-<br />
Polaritäts-Gens wingless. Das Expressionsmuster von wingless scheint innerhalb der<br />
Insekten hoch konserviert zu sein (Peel et al., 2005). In Drosophila bilden die anein-<br />
ander angrenzenden Domänen von wingless und engrailed Kompartmentsgrenzen,<br />
sie definieren die Parasegmente (Martinez-Arias et al., 1988). In Tribolium wird wg<br />
zunächst in zwei okularen und einer posterioren Domäne im Blastoderm exprimiert<br />
(Nagy und Carroll, 1994). Im Laufe der Keimstreifstreckung werden paarige segmen-<br />
tale Streifen in antero-posteriorer Progression gebildet und ebenfalls paarige Domä-<br />
nen in unterschiedlichen Bereichen des anterioren Kopfes angelegt. Die bereits im<br />
Blastoderm sichtbare posteriore Domäne in der Wachstumszone wird aufrechterhal-<br />
ten und die endet schließlich in der Proktodeumsanlage (Abb. 13, A; Nagy und<br />
Carroll, 1994). Die segmentalen Streifen bleiben auch während der weiteren Diffe-<br />
renzierung des Embryos erhalten und lassen somit auch zu späteren Zeitpunkten<br />
noch Rückschlüsse auf die Segmentbildung zu. Das Alter der Embryonen kann<br />
anhand der Entwicklung der Beinanlagen und der gnathalen Extremitäten sowie der<br />
wg-Expression im Kopf gut abgeschätzt werden.<br />
In nos/pum-RNAi Embryonen sind segmentale wg-Domänen zwar nachweisbar,<br />
sie zeigen aber Veränderungen der aus der Wachstumszone hervorgehenden Seg-<br />
mente an (Abb. 13, B). Zum einen wird deutlich, dass nicht alle abdominalen wg-<br />
Domänen gebildet werden, zum anderen zeigen die vorhandenenen wg-Streifen<br />
irreguläre Muster. Meist sind die anterioren ein bis drei wg-Domänen im abdominalen<br />
57
I. 2. Ergebnisse<br />
Teil des Embryos, ebenso wie die thorakalen Segmente, noch normal ausgeprägt<br />
(Abb. 13, B). Die posterior davon liegenden Segmente weisen nun, in Abhängigkeit<br />
von der Stärke des jeweiligen RNAi-Effekts, unterschiedlich starke Veränderungen<br />
des Expressionsmusters auf. Diese Veränderungen reichen bis zu Deletionen und<br />
räumlich vollkommen irregulärer Orientierung einzelner Domänen, die meist auch mit<br />
morphologischen Veränderungen der Segmentanlagen einhergehen (Abb. 13, B).<br />
Solche Segmentanlagen entwickeln sich wahrscheinlich zu den in larvalen Kutikulas<br />
noch feststellbaren, irregulären Abdominalsegmenten (s. Abb. 9). Schließlich kommt<br />
es zum Abbruch der Segmentierung, was durch eine verminderte Zahl der Abdomi-<br />
nalsegmentanlagen deutlich wird. Die Einzel-RNAi-Experimente gegen nanos oder<br />
pumilio führen in dieser Hinsicht zu mit der Doppel-RNAi vergleichbaren Effekten<br />
(Abb. 13, C, D).<br />
58<br />
Die abdominalen Defekte, die in larvalen Stadien anhand der Kutikula beobacht-<br />
bar sind, sind also nicht auf späte, sekundäre Differenzierungsprozesse zurückzufüh-<br />
ren, sondern werden in der Tat schon durch Störungen in früheren Stadien der<br />
Embryogenese hervorgerufen. Es kommt zu unregelmäßig gebildeten wg-Domänen<br />
und zu einem Segmentierungsabbruch, was einen Einfluss auf die Funktion der<br />
Wachstumszone nahe legt.<br />
Dies wird durch die Expression eines weiteren Markergens, dem Paar-Regel-Gen<br />
even-skipped, unterstützt (Abb. 13, E – G). Für die Bildung von Segmenten aus der<br />
Wachstumszone ist in Tribolium ein regulatorisches System aus primären und se-<br />
kundären Paar-Regel-Genen notwendig, das schließlich zu segmentaler Expression<br />
von Segmentpolaritätsgenen führt (Choe et al., 2006; Choe und Brown, 2007; 2009).<br />
Die primären Paar-Regel-Gene eve, runt und odd-skipped regulieren durch Interakti-<br />
onen untereinander ihre Expressionsdomänen und führen zur Expression der sekun-<br />
dären Paar-Regel-Gene paired und sloppy-paired (Choe et al., 2006). Vor allem prd,<br />
slp und eve regulieren dann die Segmentpolaritäts-Gene wingless und engrailed,<br />
wodurch die Parasegmentgrenzen festgelegt werden (Choe und Brown, 2007; 2009).<br />
eve wurde hier als Marker für diese Prozesse genutzt. Zunächst entstehen innerhalb<br />
der Wachstumszone breite eve-Domänen mit doppelsegmentaler Periodizität (primä-<br />
re eve-Streifen), die sich später zu segmentalen Domänen auftrennen (sekundäre<br />
eve-Streifen) (Abb. 13, E; Patel et al., 1994; Brown et al., 1997). Diese sind aller-<br />
dings transient und gehen im Laufe der weiteren Segmentdifferenzierung zurück.<br />
Nach nanos/pumilio-RNAi ist auch das even-skipped-Muster deutlich gestört. Zu-
I. 2. Ergebnisse<br />
nächst ist zu beobachten, dass die Bildung der sekundären eve-Streifen innerhalb<br />
der anterioren abdominalen Segmente verändert ist (Abb. 13, F). Die eve-<br />
Expressionsdomänen werden zwar noch in segmentale Streifen getrennt, diese<br />
haben aber weniger Abstand zueinander, scheinen schmaler, zeigen ein niedrigeres<br />
Expressionsniveau und verlaufen unregelmäßig über die Breite des Embryos (Abb.<br />
13, F). In späteren Stadien kommt die Bildung der eve-Streifen offenbar vollständig<br />
zum Erliegen (Abb. 13, E). Nur eine Restexpression im anterioren Bereich der<br />
Wachstumszone ist feststellbar. Vermutlich zeigt das veränderte eve-Muster Störun-<br />
gen des Paar-Regel-Gen-Regulationskreises an, die dann zu atypischer wg-<br />
Expression und schließlich zu fehlerhafter Segmentierung führen. Die irregulären<br />
Muster innerhalb der anterioren abdominalen Segmentanlagen (Abb. 13, B, F) könn-<br />
ten in der Folge zu erkennbaren, wenn auch ebenfalls missgebildeten Segmenten<br />
führen, wie sie Larven nach nos/pum-RNAi zeigen (Abb. 9). Auch der von beiden<br />
Markergenen gezeigte Segmentierungsabbruch nach der Bildung von etwa sechs<br />
Segmentanlagen, stimmt mit den Befunden der Analyse larvaler Kutikulas überein<br />
(Abb. 13, B, G; Abb. 9).<br />
nanos/pumilio-RNAi scheint also mit der Segmentbildung aus der Wachstumszo-<br />
ne zu interferieren. Die Expression der Markergene eve und wg zeigt, dass nos/pum-<br />
RNAi zu Störungen der Paar-Regel-Gen-abhängigen Segmentbildung und zu einem,<br />
vermutlich daraus resultierenden, Abbruch der Segmentierung und einem Aubleiben<br />
der Keimstreifstreckung führt<br />
59
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 13: nos/pum-RNAi führt zu einem Zusammenbruch der Segmentbildung aus der<br />
Wachstumszone<br />
A - D Hellfeldaufnahmen vom Dotter befreiter, flachpräparierter, voll elongierter Keimstreifembryonen<br />
in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung (ISH) gegen wingless.<br />
A Wildtyp Embryo mit segmentalem wg-Muster. Die Mittellinie ist frei von Expression, wodurch<br />
pro Segment zwei Domänen entstehen. Zehn abdominale Doppel-Domänen zeigen<br />
die vollständige Segmentierung an, in den Resten der Wachstumszone verbleibt eine hufeisenförmige<br />
Domäne. Im Thorax verlängern sich die wg-Domänen in die Ventralseite der<br />
Beinknospen, ähnlich wie in der labialen und maxillären Segmentanlage. Der präorale Kopf<br />
zeigt Expressionsdomänen in den antennalen und labralen Anlagen, zwei Domänen des<br />
zukünftigen Augenfelds und eine zentrale Domäne im zukünftigen Stomodeum.<br />
B nos/pum-RNAi-Embryo zeigt das Fehlen der antennalen und die deutliche Störung der<br />
mandibulären Anlagen. Die abdominalen Domänen zeigen schon ab der ersten Segmentanlage<br />
massive Unregelmäßigkeiten und einen vorzeitigen Abbruch der Segmentierung. Die<br />
antennalen Knospen fehlen, die mandibulären Domänen sind reduziert und scheinen in die<br />
maxilläre Segmentanlage verschoben (Pfeilspitze).<br />
C nos-RNAi-Embryo. Die wg-Expression ist ab der zweiten Segmentanlage irregulär, ca. 6<br />
Segmentanlagen sind gebildet. Die Antennenknospen (Pfeilspitze) und eine mandibuläre<br />
Knospe (leere Pfeilspitze) sind deutlich reduziert.<br />
D pum-RNAi-Embryo, etwas älter als A - C. Die abdominale wg-Expression und Segmentmorphologie<br />
ist gestört, es werden ca. 7 Segmentanlagen gebildet. Die mandibuläre Anlage<br />
ist deutlich reduziert (Pfeilspitze).<br />
E – G DIC-Aufnahmen (Differenzieller Intereferenz-Kontrast) vom Dotter befreiter, flachpräparierter<br />
Keimstreifembryonen in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung gegen evenskipped.<br />
E Wildtyp-Embryo. Im Bereich der Wachstumszone zeigt sich eine in der Aufspaltung begriffene<br />
eve-Domäne, die in der Folge zu zwei segmentalen Streifen führen wird, wie sie im<br />
weiter anterior liegenden Gewebe in vier Segmentanlagen zu sehen sind.<br />
F Etwas jüngerer nos/pum-RNAi-Embryo mit fehlerhaft gebildeten, segmentalen Domänen<br />
(s. Text). Die thorakalen Segmente sind nicht eindeutig bestimmbar, da von anterioren<br />
Segmentdeletionen ausgegangen werden muss.<br />
G Wiederum etwas älterer nos/pum-RNAi-Embryo. Es sind keine segmentalen Domänen<br />
feststellbar, nur im Bereich der Wachstumszone verbleibt eine eve-Domäne (Pfeil). Der<br />
Segmentbildungsprozess ist zum Erliegen gekommen. Anterior ist eine partielle Deletion der<br />
mandibulären Segmentanlage feststellbar (Pfeilspitze).<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links. Der Größenstandard zeigt 100 !m.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Lr: Labrum/labrale Segmentanlage,<br />
Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />
Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage<br />
60
I. 2. Ergebnisse<br />
61
I. 2. Ergebnisse<br />
2.4.2. nanos/pumilio-RNAi induziert Defekte in frühen embryonalen<br />
62<br />
Stadien<br />
Da ich zeigen konnte, dass nanos/pumilio-RNAi zu Defekten in elongierenden<br />
Keimstreifen führt, ergibt sich nun die Frage, ob auch in früheren Entwicklungssta-<br />
dien Veränderungen beobachtbar sind, die damit in Zusammenhang stehen könnten.<br />
In Drosophila sind die wichtigsten Faktoren für die Regionalisierung des Blastoderms<br />
die Transkriptionsfaktoren der Gruppe der Gap-Gene (Rivera-Pomar und Jäckle,<br />
1996). Obwohl diese in Tribolium durchaus andere Funktionen aufweisen als in der<br />
Fliege, so werden sie doch schon in frühen Stadien in distinkten Domänen expri-<br />
miert, und ihre Funktionsreduktionsphänotypen weisen Segmentierungsdefekte auf<br />
(Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Savard et al.,<br />
2006a; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Zur weiteren Analyse der<br />
nanos/pumilio Funktion wurde also die Expression von verschiedenen Gap-Genen<br />
untersucht.<br />
Die mRNA-Expression der Transkriptionsfaktoren giant und knirps zeigt in der<br />
Tat Veränderungen in nos/pum-RNAi-Embryonen (Abb. 14, A-D; Abb. 15, E-H). In<br />
Wildtyp Embryonen ist maternale gt-mRNA zunächst gleichmäßig verteilt (Bucher<br />
und Klingler, 2004). Sie zieht sich dann, vermutlich nach der Aktivierung des zygoti-<br />
schen Genoms, vom anterioren und posterioren Pol zurück, um eine zentrale blasto-<br />
dermale Domäne mit einem Streifen stärkerer Expression im Bereich der maxillären<br />
Anlage zu bilden. Im differenzierten Blastoderm entsteht in der Folge eine Domäne<br />
im Bereich der posterioren Invagination, die während der Bildung des Keimrudiments<br />
an dessen posterioren Ende erhalten bleibt (Abb. 14, A; Abb. 15, E) und sich nach<br />
Beginn der Keimstreifstreckung in zwei segmentale Domänen im dritten thorakalen<br />
und im zweiten abdominalen Segment aufspaltet. Diese verschwinden im Laufe der<br />
weiteren Entwicklung, ebenso wie die maxilläre Expression, während sich mehrere,<br />
vermutliche neurale, Expressionsdomänen in der Kopfanlage entwickeln (Bucher und<br />
Klingler, 2004).<br />
knirps-mRNA wird im Gegensatz zu giant erst im Blastoderm exprimiert (Cerny et<br />
al., 2008). Eine große Domäne, die zunächst das Blastoderm beinahe vollständig<br />
überspannt, zieht sich im weiteren Verlauf wiederum auf eine zentrale Domäne<br />
zurück, die sich zu einem Streifen innerhalb der mandibulären Segmentanlage<br />
differenziert. Im Bereich der posterioren Invagination entsteht dann eine weitere
I. 2. Ergebnisse<br />
Domäne. Diese bleibt im sich entwickelnden Keimrudiment posterior (Abb. 14, C;<br />
Abb. 15, G), bildet einen stärkeren segmentalen Streifen aus und verschwindet im<br />
Lauf der Keimstreifstreckung, ebenso wie die mandibuläre Expression (Cerny et al.,<br />
2008). Beide Gene entwickeln somit im sich differenzierten Blastoderm eine anteriore<br />
(gnathale) und eine am posterioren Pol liegende Domäne, die auch im Keimrudiment<br />
aktiv bleibt (Abb. 14, A, C; Abb. 15, E, G).<br />
nanos/pumilio-RNAi führt zu deutlichen Veränderungen dieser Expressionsmus-<br />
ter. Die posterioren Expressionsdomänen beider Gene fehlen in nos/pum-RNAi-<br />
Embryonen bzw. sind deutlich reduziert (Abb. 14, Pfeile in B und D; Abb. 15, Pfeile in<br />
F, H). Normalerweise sind giant und knirps am posterioren Ende des Keimrudiments<br />
exprimiert. Dieses liegt in diesem Entwicklungsstadium tief im Dotter des Eis. Dort ist<br />
in nos/pum-RNAi keinerlei Expression nachzuweisen (Abb. 14, B, D). Die gnathalen<br />
Domänen sind vorhanden, allerdings leicht verändert, worauf ich später noch zu<br />
sprechen kommen werde (s. 2.5). Die Expression anderer Gap-Gene in diesen<br />
Stadien (Krüppel, hunchback und mille-pattes (Wolff et al., 1995; Cerny et al., 2005;<br />
Savard et al., 2006a) sind in nos/pum-RNAi-Embryonen nicht nachweisbar verändert<br />
(nicht gezeigt).<br />
Zusätzlich zur Veränderung der giant- und knirps-Expression führt nanos/pumilio-<br />
RNAi zu Defekten der morphogenetischen Bewegungen in Zusammenhang mit der<br />
posterioren Invagination (Abb. 14, A-D). Bei der Bildung des Keimrudiments entsteht<br />
zunächst am posterioren Pol des differenzierten Blastoderms eine Grube, deren<br />
Zentrum im Verlauf der Entwicklung tief in den Dotter einsinkt. Der dorsale Rand der<br />
initialen Grube bewegt sich hierbei als posteriore Amnionfalte nach anterior, wobei<br />
das Gewebe des zukünftigen Amnions stetig über diese Falte, dem Embryo folgend,<br />
ins Innere des Eis in posterior-dorsaler Richtung invaginiert (Handel et al., 2000).<br />
Das Ergebnis dieser Bewegungen ist ein Keimrudiment, dessen anteriorer Teil noch<br />
an der ventralen Oberfläche des Eis liegt, während der posteriore Teil tief in den<br />
Dotter reicht (Abb. 14, A). Diese Bewegungen sind nach nos/pum-RNAi massiv<br />
gestört. Die Invagination findet in deutlich reduziertem Umfang statt, so dass das<br />
posteriore Ende schließlich weniger tief im Dotter zu liegen kommt (Abb. 14, Pfeile in<br />
B und D) und das Keimrudiment kleiner zu sein scheint als im Wildtyp.<br />
nanos und pumilio erfüllen also schon in Keimrudiment-Stadien eine Funktion für<br />
posteriore Bereiche des Embryos. Sie werden sowohl für die Expression der posteri-<br />
oren gt- und kni-Domänen als auch für die korrekte Ausbildung der posterioren<br />
63
I. 2. Ergebnisse<br />
Invagination benötigt. Dieser Befund erinnert an die Phänotypen, die durch Ausfall<br />
des terminalen Systems hervorgerufen werden, wenn auch in abgeschwächter Form.<br />
In Embryonen aus RNAi-Experimenten gegen Komponenten des torso-Signalwegs<br />
findet die posteriore Invagination und die Bildung der Wachstumszone nicht statt. Die<br />
anteriore Segmentierung hingegen ist nicht gestört. So entwickeln sich verkürzte<br />
Larven, die posterior des zweiten oder dritten Abdominalsegmens keine Segmente<br />
mehr ausprägen (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />
Abb. 14: Die Expression von Markergenen zeigt Veränderungen posteriorer Blasto-<br />
dermbereiche<br />
A – D DIC Aufnahmen von im Dotter liegenden, jungen Keimrudimenten im medianen<br />
optischen Schnitt aus lateraler Sicht. Das embryonale und präsumptive amniotische Gewebe<br />
wurde bei der Bildbearbeitung rosa hervorgerufen (Handel et al., 2000). E – H laterale<br />
Ansicht von Blastoderm Embryonen kurz vor der Differenzierung. In-situ-Hybridisierungen<br />
gegen giant (A, B), knirps (D, E), tailless und otd-1 (E – J).<br />
A Wildtyp-Embryo mit einer anterioren und einer posterioren gt-Expressionsdomäne<br />
(schwarzer Pfeil). Die anteriore Domäne zeigt eine verstärkte Expression im Bereich der<br />
maxillären Anlage. Der Grüne Pfeil zeigt die Bewegungsrichtung des Gewebes bei der<br />
Invagination an.<br />
B nos/pum-RNAi-Embryo, der eine deutlich verminderte posteriore Invagination sowie das<br />
Fehlen der posterioren gt-Domäne (Pfeil) zeigt.<br />
C Wildtyp-Embryo mit einer anterioren kni-Domäne im anterioren Teil des Kopfes, und einer<br />
posteriore Domäne am Ende der Invagination (Pfeil).<br />
D nos/pum-RNAi-Embryo der ebenfalls eine verminderte posteriore Invagination und das<br />
Fehlen der posterioren kni-Domäne zeigt.<br />
E Wildtyp-Embryo zeigt otd-1-Expression als Kontrollfärbung in der anterioren Hälfte (Pfeile<br />
weisen die posteriore Grenze aus) und tll-Expression in Form einer posteriore Kappe, diese<br />
zeigt I in einer posterioren Aufsicht.<br />
F nos/pum-RNAi-Embryo zeigt otd-1-Expression vergleichbarer Stärke in der anterioren<br />
Hälfte (Pfeile weisen die posteriore Grenze aus), während die tll-Expression am posterioren<br />
Pol kaum feststellbar ist (*). J zeigt eine posteriore Aufsicht.<br />
G, H Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in E und F zeigen ein vergleichbares<br />
Entwicklungsstadium.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in I und J.<br />
64
I. 2. Ergebnisse<br />
65
I. 2. Ergebnisse<br />
2.4.3. nanos und pumilio sind nötig für die Expression eines termina-<br />
66<br />
len Zielgens<br />
Im vorangegangenen Kapitel habe ich gezeigt, dass nanos und pumilio Einfluss<br />
auf posteriore gap-Domänen und die posteriore Invagination des Keimrudiments<br />
haben, und auf eine Ähnlichkeit zu Effekten nach RNAi gegen Komponenten des<br />
torso-Signalwegs hingewiesen (Schoppmeier und Schröder, 2005). Ein Zusammen-<br />
hang zwischen diesen Systemen und nanos/pumilio ist also denkbar. Um dies zu<br />
überprüfen habe ich die Auswirkungen von nos/pum-RNAi auf die Expression eines<br />
Zielgens des terminalen Systems, nämlich tailless, untersucht. In Drosophila wird die<br />
Expression von tailless am posterioren Pol des Embryos durch die Aktivierung des<br />
torso-Rezeptors ermöglicht (Furriols und Casanova, 2003). Auch im Tribolium-<br />
Blastoderm wird tll am posterioren Pol exprimiert (Schröder et al., 2000). Kurz bevor<br />
die Differenzierung des Blastoderms in Serosa- und Embryonalanlage anhand der<br />
Kernmorphologie sichtbar wird, ist tll in einer Kappe am posterioren Ende des Emb-<br />
ryos exprimiert. Eine anteriore Expressionsdomäne entsteht erst in der Kopfanlage<br />
des differenzierten Blastoderms. Zu diesem Zeitpunkt existieren beide Domänen für<br />
eine sehr kurze Zeit gleichzeitig, bis die bereits deutlich reduzierte posteriore Domä-<br />
ne vollständig verschwindet. Die posteriore tll-Domäne ist also nur innerhalb eines<br />
kurzen Zeitfensters vorhanden (Schröder et al., 2000). Während diese transiente<br />
Expression sowohl in lateraler Ansicht, als auch in posteriorer Aufsicht eines Wildtyp<br />
Embryos (Abb. 14, E, I) deutlich zu erkennen ist, fehlt sie nach nos/pum-RNAi nahe-<br />
zu vollständig (Abb. 14, F, J). Die Verteilung der Zellkerne in Hoechst-Färbungen<br />
(Abb. 14, G, H) zeigt, dass hier nur sich entsprechende Entwicklungsstadien mitein-<br />
ander verglichen wurden. In beiden hier gezeigten Embryonen ist noch keine<br />
Ungleichverteilung der Zellkerne zu erkennen, wobei beide die gleiche Zellkerndichte<br />
aufweisen. Als Kontrolle wurde in diesem Experiment zusätzlich die Expression von<br />
otd-1 nachgewiesen. otd-1 ist zu diesem Entwicklungsstadium in einer großen,<br />
anterioren Domäne exprimiert, die nicht mit der posterioren tll-Expression überlappt<br />
(Abb. 14, E, F). Das Vorhandensein der otd-1-Domäne schließt ein Fehlen der tll-<br />
Expression aufgrund von RNA-Degradation wegen mangelnder Fixierung oder<br />
anderer Probleme der Nachweismethode aus und dient als zusätzlicher Hinweis auf<br />
das vergleichbare Entwicklungsalter der Embryonen.<br />
nanos und pumilio sind also nötig für die Expression des terminalen Zielgens tll.<br />
Somit eröffnet sich die Möglichkeit, dass nanos und pumilio über die Regulation
I. 2. Ergebnisse<br />
terminaler Zielgene Einfluss auf die Etablierung der Wachstumszone im posterioren<br />
Blastoderm nehmen. Dieser Zusammenhang könnte die Entstehung der posterioren<br />
Segmentierungsphänotypen nach nos/pum-RNAi erklären (s. 3.1). In der Tat können<br />
nach torso-RNAi auch schwache Phänotypen auftreten, die dem abdominalen Phä-<br />
notyp nach nanos/pumilio-RNAi sehr ähneln (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />
2.5. Durch nanos/pumilio-RNAi verursacht Defekte in anterioren<br />
Segmentanlagen<br />
Wie schon im Kapitel 2.3 beschrieben, führt nanos/pumilio-RNAi nicht aus-<br />
schließlich zu abdominalen Defekten, sondern auch zu Veränderungen von Kopf-<br />
segmenten (Abb. 10). In Anbetracht ihrer Rolle als Gene der posterioren Gruppe in<br />
Drosophila überrascht dieser Befund durchaus (St Johnston und Nüsslein-Volhard,<br />
1992).<br />
2.5.1. Markergen-Expression zeigt Kopfdefekte in embryonalen Stadien<br />
Auch die Ursachen der in Larven beobachteten anterioren Defekte sind schon in<br />
frühen embryonalen Prozessen zu suchen und keine Folge von sekundären Degene-<br />
rationsprozessen. In nos/pum-RNAi-Embryonen gibt bereits das wg-<br />
Expressionsmuster eindeutige Hinweise auf die später deutlich werdenden morpho-<br />
logischen Defekte der larvalen Kutikula. In Wildtyp-Embryonen (Abb. 13, A) ist wg in<br />
mehreren Expressionsdomänen innerhalb der Kopfanlage exprimiert. Es lässt sich<br />
Expression in den labralen Anlagen, den Augenanlagen, den entstehenden Anten-<br />
nen und in den gnathalen Segmenten nachweisen. Dieses komplexe Muster ist nach<br />
nanos/pumilio-RNAi deutlich gestört und es zeigen sich auch bereits morphologische<br />
Defekte (Abb. 13, B). Die wg-Expression innerhalb der labralen Anlagen ist reduziert.<br />
Die Expression innerhalb der Anlagen für Antennen und Mandibeln ist kaum fest-<br />
stellbar und die dazugehörigen Extremitätenanlagen scheinen zu fehlen. Auswirkun-<br />
gen auf die wg-Expression in antennalen und mandibulären Segmenten sind auch in<br />
nanos- bzw. pumilo-Einzel-RNAi-Experimenten feststellbar (Abb. 13, C, D). Die<br />
Veränderungen des wg-Musters lassen vermuten, dass auch die Ursache der anteri-<br />
oren Defekte in noch früheren Entwicklungsprozessen zu suchen ist.<br />
In der Tat zeigen auch Nachweise der even-skipped-Expression in blastoderma-<br />
len Stadien von nos/pum-RNAi-Embryonen Veränderungen, die die beobachteten<br />
67
I. 2. Ergebnisse<br />
Segmentdeletionen anzeigen (Abb. 15, A-D). In der Wildtypsituation wird eve erst-<br />
mals im frühen Blastoderm exprimiert und überspannt zunächst die posteriore Hälfte<br />
(Patel et al., 1994; Brown et al., 1997). Innerhalb dieser Domäne geht die Expression<br />
in einem dorso-ventralen Streifen zurück, so dass ein anteriorer Streifen von der<br />
größeren Domäne abgegrenzt wird (Brown et al., 1997). Durch dasselbe Prinzip wird<br />
im weiteren Verlauf auch die verbleibende posteriore Expression in zwei Domänen<br />
unterteilt, so dass im differenzierten Blastoderm drei eve-Streifen angelegt werden<br />
(Patel et al., 1994; Brown et al., 1997; Cerny, 2007). Der anteriorste Streifen spaltet<br />
sich dabei schon kurz nach dem Beginn der posterioren Invagination in zwei seg-<br />
mentale Streifen auf, während der zweite Streifen bis zur Bildung des Keimrudiments<br />
als doppelsegmental erhalten bleibt. Nach nos/pum-RNAi kommt es in frühen diffe-<br />
renzierten Blastodermen zu Deletionen der anterioren doppelsegmentalen eve-<br />
Domäne (eve 1, Abb. 15, A-D), die auch im weiteren Verlauf der Entwicklung nicht<br />
mehr ausgeglichen werden. In schwächer ausgeprägten Fällen kann es auch nur zur<br />
Deletion des ersten segmentalen Streifens kommen (nicht gezeigt). Diese Beobach-<br />
tung illustriert, dass das Fehlen anteriorer Segmente bereits in einem fehlerhaften<br />
Anlagenplan des Blastoderms begründet liegt.<br />
68<br />
Die Effekte auf die Bildung anteriorer Segmente beinhalten, wie erwähnt, nicht<br />
ausschließlich die Deletion von Segmenten, sondern auch deren Transformation. Die<br />
Ursache solcher Identitätsänderungen sind in der Regel Veränderungen der Expres-<br />
sion von homeotischen Genen (Lawrence und Morata, 1994; Hughes und Kaufman,<br />
2002). In der Tat konnte ich für das Hox-Gen Antennapedia eine veränderte Expres-<br />
sion nachweisen (Abb. 15, I, J). Antennapedia wird nomalerweise vor allem in thora-<br />
kalen Segmenten und mit geringerer Stärke in abdominalen Segmenten elongieren-<br />
der Keimstreifen exprimiert (Berghammer, 2003; Bäumer, 2006). Die anteriore Gren-<br />
ze der Expressionsdomäne liegt zwar im posterioren Bereich des labialen Segments,<br />
die labialen Extremitätenknospen sind aber frei von Expression. Dies ändert sich<br />
nach nanos-RNAi. Nun zeigen die Anlagen der labialen und sogar teilweise die der<br />
maxillären Extremitäten ektopische Antp-Expression. Es ist anzunehmen, dass diese<br />
ektopische Antp-Expression zu einer Transformation des Labiums hin zu thorakalem<br />
Schicksal führen kann. Beispielsweise geht in gt-RNAi Embryonen eine ektopische<br />
Expression von Antp in maxillären und labialen Segmentanlagen mit einer Transfor-<br />
mation dieser Segmente zu thorakaler Identität einher (Bucher und Klingler, 2004;<br />
Cerny et al., 2005).
I. 2. Ergebnisse<br />
Tatsächlich fehlen zumindest die posterioren Domänen der Gap-Gene giant und<br />
knirps in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen (Abb. 14, Abb. 15). Bei näherer Betrach-<br />
tung weisen aber auch deren anteriore, also gnathale Expressionsdomänen Verän-<br />
derungen auf (Abb. 15). Beide Gene werden in klar begrenzten, segmentalen Domä-<br />
nen innerhalb der Kopfanlage des Keimrudiments exprimiert (Bucher und Klingler,<br />
2004; Cerny et al., 2008). Diese klare Abgrenzung ist in nos/pum-RNAi-Embryonen<br />
deutlich gestört. Während die posteriore Grenze der gt-Expression noch klar gebildet<br />
wird, ist das für die anteriore Grenze nicht der Fall. Im Wildtyp wird die maxilläre gt-<br />
Domäne durch einen schmalen Streifen ohne Expression von einer deutlich schwä-<br />
cheren Expression im gesamten anterioren Kopf abgetrennt (Abb. 15, E). Dies unter-<br />
bleibt in nos/pum-RNAi und führt zu einer verbreiterten Domäne starker Expression,<br />
die der maxillären Domäne im Wildtyp zu entsprechen scheint (Abb. 15, F). Zusätz-<br />
lich ist der Abstand der gt-Domäne zur anterioren Grenze der Kopflappen verkleinert,<br />
möglicherweise ein Hinweis auf eine Reduktion der anterioren Kopfanlage. Der<br />
Einfluß auf kni scheint noch deutlicher zu sein. Hier kommt es in den stärksten Fällen<br />
zu einer ektopischen Expression von kni in der gesamten anterioren Kopfanlage<br />
(Abb. 15, H). Auch hier scheint die posteriore Grenze der Expressionsdomäne auf-<br />
rechterhalten zu werden.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nanos/pumilio-RNAi zu un-<br />
erwarteten, anterioren embryonalen Defekten führt. Diese zeigen sich sowohl in der<br />
veränderten Expression von Markergenen im Blastoderm als auch in späteren Sta-<br />
dien, und sind nicht durch eine mit Drosophila vergleichbare Funktion von nanos und<br />
pumilio in Drosophila erklärbar (s. 3.2).<br />
69
I. 2. Ergebnisse<br />
70
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 15: nos/pum-RNAi führt zu Veränderungen anteriorer Gewebe in embryonalen<br />
Stadien<br />
A – D laterale Ansicht differenzierter Blastoderm-Embryonen, E – H ventrale Ansicht von<br />
Keimrudimenten, I und J ventrale Ansicht voll elongierter Keimstreifen. E – J wurden vom<br />
Dotter freipräpariert. In-situ-Hybridisierungen gegen: even-skipped (A, B), knirps (E, F), giant<br />
(G, H), antennapedia (braun) und wingless (blau; I, J)<br />
A In frühen Blastodermstadien sind normalerweise drei eve-Domänen feststellbar.<br />
B In vergleichbaren Stadien nach nos/pum-RNAi sind diese anterior reduziert, hier fehlt die<br />
anteriore eve-Domäne vollständig.<br />
C, D Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A und B. Serosa- und Embryonalanlage<br />
sind klar zu erkennen (Pfeilköpfe).<br />
E Wildtyp-Keimrudiment mit gt-Expression im anterioren Kopf, einem maxillären Streifen und<br />
einer posterioren Domäne. Der Bereich direkt vor der maxillären Domäne bleibt frei von<br />
Expression.<br />
F nos/pum-RNAi-Keimrudiment mit aufgelöster anteriorer Expressionsgrenze der maxillären<br />
Domäne. Die posteriore Grenze bleibt erhalten, scheint aber relativ zum anterioren Ende des<br />
Embryos nach anterior verschoben, und somit der anteriore Kopf verkleinert. Die posteriore<br />
Domäne fehlt (Pfeil)<br />
G In Wildtyp-Keimrudimenten ist knirps in einer schmalen anterioren, in der mandibulären<br />
Segmentanlage liegenden und einer posterioren Domäne exprimiert.<br />
H In nos/pum-RNAi-Embryonen vergleichbarer Stadien wird die anteriore Grenze der kni-<br />
Expression nicht mehr (dieser Embryo) oder nur unzureichend ausgebildet (nicht gezeigt),<br />
was zu ektopischer Expression führt. Die posteriore Grenze der anterioren Domäne wird<br />
etabliert, über deren exakte Position lässt sich allerdings keine Aussage treffen. Die posteriore<br />
Domäne ist stark reduziert (Pfeil)<br />
I Wildtyp Embryo mit der vollen Zahl an segmentalen wg-Streifen. Antp ist vor allem in<br />
thorakalen und schwach in abdominalen Segmentanlagen exprimiert. Die anteriore Grenze<br />
liegt posterior im labialen Segment, vermutlich zusammenfallend mit der dortigen Parasegmentgrenze<br />
(Pfeilspitze).<br />
J nos-RNAi-Embryo in vergleichbarem Entwicklungsalter mit ektopischer Antp-Expression in<br />
der labialen und, in schwächerem Ausmaß, der maxillären Segmentanlage und somit einer<br />
Verschiebung der anterioren Expressionsgrenze (Pfeilspitze). Die wg-Expression zeigt<br />
massive Unregelmäßigkeiten innerhalb der abdominalen Segmentanlagen und die vollständige<br />
Reduktion einer Antennenknospe.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, S: Serosaanlage, E: Embryonalanlage<br />
71
I. 2. Ergebnisse<br />
2.6. Ein Effekt von nanos und pumilio auf die Ausbildung von<br />
72<br />
Proteingradienten im Blastoderm ist nicht nachweisbar<br />
Wie ich bisher zeigen konnte, spielen nanos und pumilio eine Rolle in der frühen<br />
Embryonalentwicklung und beeinflussen auch die Musterbildung im Blastoderm. Eine<br />
solche Funktion beider Gene wurde schon seit mehreren Jahren postuliert (Wolff et<br />
al., 1995; Schröder, 2003). Die Idee, nanos und pumilio könnten auch in Tribolium<br />
für die posteriore Repression der HUNCHBACK-Expression zuständig sein, ist in<br />
Analogie der Interaktion bei Drosophila natürlich nahe liegend. Gestützt wird diese<br />
Idee durch das Vorhandensein eines NREs im 3’UTR der hunchback-mRNA (Wolff et<br />
al., 1995). Auch im 3’ UTR der otd-1-mRNA wurde ein putatives Nanos Response<br />
Element beschrieben, und eine Regulation durch nanos und pumilio postuliert<br />
(Schröder, 2003). Es entstand also die These, dass nanos und pumilio durch die<br />
Regulation maternal ubiquitär verteilter mRNAs die Ausbildung frühblastodermaler<br />
Proteingradienten vermitteln und somit eine zentrale Rolle für die initiale Regionali-<br />
sierung des Embryos einnehmen. Schon die verhältnismäßig milden, aus nos/pum-<br />
RNAi resultierenden Phänotypen machen eine solch grundlegende Funktion eher<br />
unwahrscheinlich. Die Verfügbarkeit eines für OTD-1 spezifischen polyklonalen<br />
Antiserums machte es jedoch möglich diese postulierte Interaktion direkt zu untersu-<br />
chen. Allerdings erbrachte die durchgeführte Analyse der OTD-1-Proteinexpression<br />
in nos/pum-RNAi-Embryonen keine Ergebnisse, die diese These stützen könnten.<br />
Maternale otd-1-RNA ist zunächst gleichmäßig im unbefruchteten Ei verteilt<br />
(Schröder, 2003). Etwa um den Zeitpunkt der Aktivierung des zygotischen Genoms<br />
ziehen sich Protein und RNA vom posterioren Pol zurück und es entsteht eine Ex-<br />
pressionsdomäne, die die anteriore Hälfte des frühen Blastoderms überspannt. Es<br />
wurde vermutet, dass dieses Zurückziehen vom posterioren Pol durch translationelle<br />
Repression vermittelt wird, und dass NANOS und PUMILIO dafür verantwortlich sein<br />
könnten (Schröder, 2003). Im weiteren Verlauf zieht sich die otd-1-Expression auch<br />
vom anterioren Pol zurück und es entstehen zwei keilförmige Domänen im anterioren<br />
Kopf (Li et al., 1996; Schröder, 2003; Schinko et al., 2008). Nach nos/pum-RNAi<br />
lassen sich keine Veränderungen dieses frühen Expressionsverlaufs feststellen.<br />
Insbesondere ist keine posteriore Derepression zu beobachten, wie sie der Hypothe-<br />
se folgend zu erwarten wäre, wenn nanos und pumilio tatsächlich posteriore OTD-<br />
Repressoren wären (Abb. 16, A, B). Ebenso wie im Wildtyp zieht sich die OTD-1-
I. 2. Ergebnisse<br />
Expression auf die anteriore Hälfte des Embryos zurück. Es ist natürlich möglich, und<br />
vor allem im Hinblick auf die verhältnismäßig schwachen anterioren nos/pum-<br />
Phänotypen interessant, dass eine subtile Veränderung des lokal begrenzten OTD-1-<br />
Proteingradienten in der Mitte des Blastoderms oder temporale Abweichungen der<br />
OTD-1-Regulation zum Phänotyp nach nos/pum-RNAi beitragen. Solche schwachen<br />
Veränderungen der OTD-1-Expression konnten wegen der dynamischen Entwicklung<br />
der Expression durch die hier verwendetetn Methoden wahrscheinlich nicht detektiert<br />
werden.<br />
Allerdings sind in deutlich späteren Stadien Veränderungen des OTD-1-Musters<br />
zu beobachten. Im wachsenden Keimstreif wird OTD-1 in einer schmalen Reihe von<br />
Mittellinienzellen exprimiert (Abb. 16, C). Im Wildtyp überschreitet die Breite dieses<br />
antero-posterioren Streifens nie drei nebeneinander liegende Zellen (Abb. 16, C).<br />
Nach pumilio- oder nos/pum-RNAi allerdings, umfasst der Streifen etwa doppelt so<br />
viele Zellen (Abb. 16 D, E). Es kommt also zu einer Missexpression von OTD-1.<br />
Obwohl vollkommen unklar ist, ob diese Regulation direkt von NOS/PUM abhängt,<br />
bietet dieser Befund zumindest eine mögliche Erklärung für das Vorhandensein des<br />
NREs im 3’ UTR der otd-1-mRNA. Die Verbreiterung der Mittelliniendomäne ist nach<br />
pumilio- und nos/pum-RNAi, nicht aber nach nanos-RNAi beobachtbar (Abb. 16, D,<br />
E, bzw. nicht gezeigt). Entweder ist dies also eine nanos-unabhängige Funktion des<br />
PUMILIO-Proteins, oder dieser Prozess zeigt sich als nicht ausreichend sensibel für<br />
die Transkriptreduktion durch nanos-RNAi und verhindert somit die Ausprägung des<br />
Phänotyps.<br />
Eine vergleichbare Analyse der HUNCHBACK-Protein-Expression konnte leider<br />
nicht durchgeführt werden, da der von Wolff et al. (1995) verwendete Antikörper<br />
gegen das HB-Protein nicht mehr verfügbar ist. Wolff et al. konnten zeigen, dass die<br />
HB-Expression am posterioren Pol des frühen Blastoderms offenbar translationell<br />
reprimiert wird, während die maternale hb-mRNA noch ubiquitär vorhanden ist (Wolff<br />
et al., 1995). Auch in diesem Fall wurden NANOS und PUMILIO als mögliche Re-<br />
pressoren vorgeschlagen. Meine Analyse der mRNA-Expression zeigte keine<br />
feststellbaren Veränderungen in nos/pum-RRNAi-Embryonen, die möglicherweise<br />
einen Hinweis auf Veränderungen der Proteinexpression hätte liefern können (nicht<br />
gezeigt).<br />
73
I. 2. Ergebnisse<br />
74<br />
Es bleibt also unklar, ob nanos und pumilio für die posteriore HB-Repression ver-<br />
antwortlich sind. Ein Effekt auf die blastodermale OTD-1-Regulation war nicht festzu-<br />
stellen, womit der posteriore Repressor der OTD-1-Expression ebenfalls unbekannt<br />
bleibt (s. 3.5).<br />
Abb. 16: OTD-1-Expression nach nanos/pumilio-RNAi<br />
Hellfeldaufnahmen von Embryonen, gefärbt mit einem polyklonalen Serum gegen das<br />
Tribolium ORTHODENTICLE-1-Protein.<br />
A Wildtypisches frühes Blastodermstadium. Die OTD-1-Expression wurde auf die anteriore<br />
Hälfte des Embryos beschränkt.<br />
B nos/pum-RNAi-Embryo eines vergleichbaren Stadiums. Es sind keine Veränderungen der<br />
Expression feststellbar.<br />
C Ventrale Ansicht eines jungen Wildtyp-Keimstreifembryos. OTD-1 wird stark in den Kopflappen<br />
und in einem ca. zwei bis drei Zellen breiten Streifen entlang der Mittellinie exprimiert.<br />
D Nach nos/pum-RNAi zeigt ein unwesentlich jüngerer Embryo diesen Streifen auf ca. fünf<br />
bis sechs Zellen Ausdehnung verbreitert.<br />
E Ein pumilio-RNAi-Embryo gleichen Alters zeigt den OTD-1-positiven Streifen auf 4 bis 7<br />
Zellen verbreitert.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.
I. 2. Ergebnisse<br />
2.7. Die Beteiligung von brain-tumor am nanos/pumilio-<br />
Repressionskomplex ist fraglich<br />
Bei der Ausbildung des Repressionskomplexes zur Regulation der HB-<br />
Expression in Drosophila ist außer nanos und pumilio noch ein weiteres Protein<br />
beteiligt: BRAIN-TUMOR. BRAIN-TUMOR ist eines von drei Drosophila Vertretern<br />
der NHL-Domain Familie von Proteinen (Arama et al., 2000; Sonoda und Wharton,<br />
2001). Diese werden durch die, nach den drei erstbeschriebenen Proteinen benann-<br />
te, NHL-Domäne charakterisiert, die meist in Verbindung mit B-box, RING-Finger-<br />
und coiled-coil-Domänen auftritt (Slack und Ruvkun, 1998). Dem Drosophila-BRAIN-<br />
TUMOR-Protein fehlt die RING-Finger-Domäne, zwei B-Box-Domänen sind aller-<br />
dings vorhanden. Diese sind an sich in der Lage, sowohl Protein-Protein- als auch<br />
Protein-RNA-Wechselwirkungen einzugehen. Die bisher als funktionell wichtig be-<br />
schriebene Domäne von BRAT ist allerdings die NHL-Domäne, die die Wirkung von<br />
brat in unterschiedlichen biologischen Zusammenhängen vermittelt (Arama et al.,<br />
2000; Sonoda und Wharton, 2001). Das Drosophila brain-tumor-Gen wurde als<br />
Lokus schon sehr früh in Screens für lethale Mutationen eines bestimmten Chromo-<br />
somenabschnitts gefunden (Wright et al., 1976) und in den folgenden Jahren dann<br />
vor allem als Tumor-Supressor-Gen eingehend untersucht (Hankins, 1991; Kurzik-<br />
Dumke et al., 1992; Woodhouse et al., 1998; Arama et al., 2000). In brat-mutanten<br />
Larven kommt es zu Neuroblastomen der optischen Zentren des Gehirns, die auf<br />
fehlende Differenzierung der Ganglion-Mutter-Zellen zurückzuführen sind<br />
(Betschinger et al., 2006; Lee et al., 2006). Später konnte gezeigt werden, dass brat<br />
auch mit dem NANOS/PUMILIO-Komplex interagiert und für die Regulation von hb<br />
notwendig ist (Sonoda und Wharton, 2001). BRAIN-TUMOR geht hierbei wahr-<br />
scheinlich sowohl mit NANOS als auch PUMILIO Interaktionen ein, allerdings nur<br />
wenn beide im ternären Komplex an die hb-mRNA gebunden sind. brat ist hierbei<br />
kein obligater Partner von NANOS und PUMILIO. So ist es zwar an der Regulation<br />
von hb und auch an der des paralytic Gens in Motoneuronen beteiligt (Muraro et al.,<br />
2008), nicht aber an der nos/pum-abhängigen Repression von cyclinB in den Polzel-<br />
len (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Sonoda und Wharton, 2001). Die Zusammenset-<br />
zung des nanos/pumilio-Repressionskomplexes kann sich also in unterschiedlichen<br />
biologischen Zusammenhängen unterscheiden.<br />
75
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 17: Sequenzvergleich von BRAT-Proteinen<br />
Alignments der (putativen) BRAT-Proteine von Tribolium castaneum (Tc-BRAT, TC008260),<br />
Drosophila melanogaster (Dm-BRAT, NP_476945), Nasonia vitripennis (Nv-BRAT,<br />
XP_001606935) und Acyrtosiphon pisum (Ap-BRAT, XP_001946837). Die RING-Finger-<br />
Domäne (1) der Proteine von Tribolium und der Blattlaus Acyrtosyphon, wie sie von der<br />
NCBI Conserved Domain Suche (www.ncbi.nlm.nih.gov/Structure/cdd/wrpsb.cgi) annotiert<br />
wird, ist in orange markiert. Die putativen Zink-bindenden Aminosäuren sind durch Sterne (*)<br />
markiert. Alle Proteine besitzen zwei B-Box-Domänen (2, 3 in grün), eine Coiled-Coil-<br />
Domäne (4, in violett) und eine NHL-Domäne (5, in schwarz) (nach (Arama et al., 2000).<br />
76
2.7.1. Tribolium brain-tumor<br />
I. 2. Ergebnisse<br />
In Tribolium ist ein eindeutiges brain-tumor-Ortholog (TC008260) identifizierbar.<br />
Es liegt auf Komplementationsgruppe 2 und wird von HGSC und NCBI identisch<br />
annotiert (GLEAN_08260 bzw. XM_965281). Die kodierende Sequenz liegt auf<br />
einem einzigen Exon, was der Situation bei Drosophila entspricht (Arama et al.,<br />
2000). 2448 bp kodieren für ein putatives 90,11 kDa Protein. Dieses enthält eindeutig<br />
erkennbar beide B-box-Domänen (AS 124 bis 157 und 194 -227) und eine coiled-<br />
coil-Domäne (AS 233 bis 372) in unterschiedlich hoher Konservierung, sowie die<br />
sehr hoch konservierte NHL-Domäne am C-Terminus des Proteins (AS 541 bis 815,<br />
Abb. 17). Innerhalb der NHL-Domäne beträgt die Zahl identischer Aminosäuren zu<br />
Drosophila- bzw. Nasonia-BRAT 95 bzw 98 % (vgl. Abb. 17). Außerdem scheint das<br />
Tribolium-Protein, wie auch das putative BRAT von Acyrtosiphon, im Aminoterminus<br />
eine RING-Finger-Domäne (AS 61 bis 95) zu besitzen, wie sie in vielen anderen<br />
NHL-Proteinen auftritt (Slack und Ruvkun, 1998), in den brat-Orthologen von Dro-<br />
sophila und Nasonia im Lauf der Evolution aber offenbar verloren ging.<br />
2.7.2. Expression von brat<br />
In Drosophila ist keinerlei brain-tumor Expression vor Stadium 12 beschrieben<br />
(Arama et al., 2000), obgleich zumindest BRAT-Protein natürlich schon in frühen<br />
embryonalen Stadien vorhanden sein muss, um seine Funktion für die hb-Regulation<br />
zu erfüllen. Ab dem späten Stadium 12 wird Drosophila brat in Zellen des sich entwi-<br />
ckelnden ZNS und PNS exprimiert, was auch für das Tribolium-Ortholog zutrifft (Abb.<br />
18, G,H). Tribolium-brat-mRNA findet sich allerdings bereits als maternale Kompo-<br />
nente in der Oozyte und zeigt im weiteren Verlauf der frühen Embryogenese ein<br />
dynamisches Muster. Zunächst wird die Expression an beiden Polen des Embryos<br />
reduziert, so dass eine große zentrale Domäne entsteht (Abb. 18, B). Mit der<br />
Differenzierung des Blastoderm beginnen allerdings die posterior liegenden Zellen<br />
wieder brat-mRNA zu synthetisieren, während Zellen der Serosaanlage frei von<br />
Expression bleiben (Abb. 18, C). brat-mRNA ist dann also in der gesamten Embryo-<br />
nalanlage nachweisbar, zeigt allerdings im Bereich des anterioren Kopfes ein<br />
erhöhtes Expressionsniveau (Abb. 18, C). Während der Bildung des Keimrudiments<br />
wird die Expression nochmals in einem weiter posterior gelegenen, wahrscheinlich<br />
segmentalen Streifen im Bereich der entstehenden thorakalen Segmente verstärkt<br />
(nicht gezeigt). In späteren Stadien wird brat dann in Zellen des sich entwickelnden<br />
77
I. 2. Ergebnisse<br />
In späteren Stadien wird brat dann in Zellen des sich entwickelnden Nervensystems<br />
exprimiert (Abb. 18, G, H).<br />
Abb. 18: Expression des Tribolium brain-tumor-Gens<br />
A – C, G, H Hellfeldaufnahmen von Wildtyp Embryonen, in-situ-Hybridisierung gegen braintumor.<br />
A –C laterale Ansicht früher Stadien, G und H ventrale Ansicht nahezu vollständig<br />
gestreckter Keimstreifen.<br />
A zeigt die gleichmäßig im Ei verteilte maternale brat RNA, die um den Zellkern des frisch<br />
abgelegten Eis (Pfeil in D) angereichert ist.<br />
B Im undifferenzierten Blastoderm sind die Pole des Embryos frei von Expression, vermutlich<br />
in der Folge zygotischer Regulation.<br />
C Das frühe differenzierte Blastoderm zeigt die Serosaanlage ohne, die gesamte Embryonalanlage<br />
mit brat Expression, noch bevor die Differenzierung der Anlagen morphologisch<br />
sichtbar wird (F). Im Bereich des anterioren Kopfes ist das Expressionsniveau erhöht (hervorgehoben).<br />
D - F Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A – C.<br />
G, H brat ist in Neuroblasten des sich entwickelnden Zentral- und peripheren Nervensystems<br />
exprimiert. G ist eine Vergrößerung des Kopfes des Embryos in H.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in G, dort ist anterior oben.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />
Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage, S: Serosaanlage,<br />
E: Embryonalanlage<br />
78
I. 2. Ergebnisse<br />
2.7.3. brat-RNAi führt zu ähnlichen, aber von nos/pum RNAi abgrenz-<br />
baren Phänotypen<br />
RNAi-Experimente gegen brat wurden mit dsRNA eines 713 bp Fragment der<br />
NHL-Domäne durchgeführt.<br />
In der Folge von brat-RNAi treten kombinierte morphologische Veränderungen<br />
der larvalen Kutikula auf (Abb. 19, A, B). Kopfdefekte gehen einher mit Verkürzungen<br />
des Abdomens. Die Penetranz der RNA-Interferenz dieser Experimente ist hoch, d.h.<br />
es treten keine Wildtyp-Larven auf. Meist bleiben 4 bis 7 abdominale Segmente<br />
zurück, terminale Strukturen können fehlen (Abb. 19, A). Auch im Kopf zeigen sich<br />
Defekte. Die Antennen scheinen häufig verkürzt und die Morphologie der Mandibeln<br />
leicht gestört zu sein, wobei der Incisivi-Teil der Mandibeln reduziert ist (Abb. 19, B).<br />
Außerdem ist das labiale Segment in der Regel ganz oder teilweise deletiert (Abb.<br />
19, Pfeil in B). Hinzu kommen vereinzelte Veränderungen (vor allem Deletionen) der<br />
anderen Mundwerkzeuge (nicht gezeigt). Zusätzlich zu diesen anterioren und poste-<br />
rioren Defekten kommt es auch zu Deformationen in thorakalen Segmenten. Dort<br />
treten Deletionen einzelner Beine, Deformationen des Prätarsus und Missbildungen<br />
kompletter Beine auf (Abb. 19, bzw. nicht gezeigt).<br />
Diese in Kutikulapräparationen auftretenden brat-RNAi-Phänotypen können zum<br />
größten Teil auf frühe embryonale Prozesse zurückgeführt werden. So sind die<br />
Deletion des labialen Segments und die Defekte thorakaler Segmente schon im<br />
Expressionsmuster des Segmentpolaritätsgens wg ablesbar (Abb. 19, C, D). Aller-<br />
dings besteht zwischen der Stärke der in larvalen Stadien beobachtbaren abdomina-<br />
len Phänotypen und den Defekten der posterioren Segmentierung in Keimstreifsta-<br />
dien eine Diskrepanz. Während Larven mit nur 3 oder 4 abdominalen Segmenten<br />
auftreten, finden sich in Keimstreifen stets mindestens 7 abdominale Segmentanla-<br />
gen. Es ist also möglich, dass hier Defekte zum Teil erst während der Differenzierung<br />
der Segmente auftreten, also sekundär eine Reduktion der Segmente nach sich<br />
ziehen. Der Blick auf frühere Entwicklungsstadien macht allerdings deutlich, dass die<br />
hier beschriebenen Embryonen den RNAi-Effekt höchstwahrscheinlich nur in schwa-<br />
cher Ausprägung zeigen, da sie auf deutliich stärkere Defekte hinweisen.<br />
So verdeutlicht der Nachweis des Paar-Regel Gens eve starke Defekte in blas-<br />
todermalen Stadien (Abb. 19, E-H). Die embryonale Anlage ist deutlich verkleinert,<br />
der der Anlage der Serosa im Wildtyp entsprechende Bereich, ist in der Folge flä-<br />
79
I. 2. Ergebnisse<br />
chenmäßig vergößert, und das Gewebe scheinbar massiv verändert, wobei vor allem<br />
die regelmäßige Anordnung der Zellkerne (Abb. 19, G’) gestört ist. Sie bilden teilwei-<br />
se Gruppen von zwei bis drei Kernen, was auf Störungen der Zellmorphologie hin-<br />
weist. Zudem deuten möglich, dass durch Hoechst intensiver gefärbte Bereiche in<br />
den Zellkernen auf apoptotische Prozesse hin. Innerhalb der Embryonalanlage ist<br />
eve-Expression zwar nachweisbar, einzelne eve-Domänen sind allerdings nur<br />
schwer zu erkennen. Die individuellen Streifen sind kaum voneinander abgegrenzt,<br />
nahezu ohne räumlichen Abstand zueinander und in ihrer Form deutlich gestört. Das<br />
Muster könnte dabei möglicherweise die Reste von zwei segmentalen Streifen,<br />
gefolgt von einer posterioren Domäne zeigen (Abb. 19, F). Somit scheint die dritte<br />
blastodermale eve-Domäne (Abb. 19, E „3“) zu fehlen. Angesichts eines solch dra-<br />
matischen Phänotyps ist es denkbar, dass Embryonen mit dem vollständigen Funkti-<br />
onsverlust schon vor Erreichen des Keimstreifs- oder Larvenstadiums sterben und<br />
somit die stärksten Defekte zu diesen Zeitpunkten schon nicht mehr beobachtet<br />
werden können. Die Anzahl an Embryonen ohne Kutikula war allerdings nicht deut-<br />
lich erhöht, wahrscheinlich ist der Anteil dieser starken Phänotypen zu gering. Mög-<br />
licherweis ließe sich die Effizienz der RNAi, und damit die Frequenz der starken<br />
Defekte, durch eine Erhöhung der dsRNA Konzentration noch steigern.<br />
80<br />
Die hier gezeigten Ergebnisse machen unterschiedliche Effekte von brat-RNAi<br />
deutlich und zeigen Diskrepanzen der phänotypischen Ausprägung zu unterschiedli-<br />
chen Zeitpunkten der Embryogenese auf. Die Analyse der blastodermalen Stadien<br />
erlaubte offenbar die Detektion der am stärksten ausgeprägen Defekte, die vermut-<br />
lich zu früher embryonaler Letalität führen und somit zu späteren Zeitpunkten nicht<br />
mehr feststellbar sind. Die untersuchten Keimstreifembryonen zeigen nur schwache<br />
Defekte. Dies legt nahe, dass es sich hierbei um Embryonen handelt, die überlebten<br />
weil der RNAi-Effekt schwächer ausgeprägt war. Auch die in den larvalen Kutikulas<br />
auftretenden abdominalen Defekte sind in dieser Form nicht in den Keimstreifen<br />
feststellbar. Es ist nun denkbar, dass brat in Tribolium sowohl eine frühe Funktion<br />
hat, deren Ausfall in den stärksten Fällen zu frühembryonaler Letalität führt, als auch<br />
eine davon unabhängige spätere Wirkung auf einen Teil der abdominalen Segmente<br />
entfaltet, die nach RNAi in einem sekundären Prozess, der die initiale Segmentbil-<br />
dung kaum betrifft, zum Verlust dieser Segmente führt. Es ist allerdings nicht auszu-<br />
schließen, dass alle beobachteten Effekte nur unterschiedlich starke Ausprägungen<br />
des RNAi-Effekts einer Funktion darstellen. In diesem Fall würden die larvalen Kuti-
I. 2. Ergebnisse<br />
kulas somit intermediäre Phänotypen zeigen, bei denen die brat-<br />
Funktionsreduzierung nicht ausreichte um zu früher Letalität zu führen, wobei die<br />
Analyse des wg-Expressionsmusters nur an noch schwächer betroffenen Phänoty-<br />
pen durchgeführt worden wäre.<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, aufgrund der verfügbaren Daten eine<br />
Interaktion von brat und nos/pum in Tribolium zu postulieren. In brat-RNAi treten,<br />
ebenso wie nach nos/pum-RNAi, abdominale Defekte auf, ihre Entstehung könnte<br />
allerdings unterschiedliche Ursachen haben. brat-RNAi führt zu thorakalen Defekten<br />
und zu Deletionen des Labiums, wie sie nach nos/pum RNAi nicht auftreten. brat-<br />
RNAi ruft außerdem deutlich stärkere Effekte in differenzierten Blastodermstadien<br />
hervor, die starke Veränderungen der Blastodermregionalisierung vermuten lassen.<br />
Es besteht allerdings durchaus eine prinzipielle Ähnlichkeit der Defekte der larvalen<br />
Kutikulas, weshalb eine Interaktion zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen wer-<br />
den kann. Zur Klärung dieser Frage bedarf es weiterer, sorgfältiger Analysen der<br />
brat-RNAi-Effekte sowie doppel- und tripel-RNAi Experimente. Außerdem müssen<br />
Bindungsstudien der beteiligten Proteine Klarheit über deren Interaktionen geben.<br />
Dies war leider im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, womit eine Beteiligung brain-<br />
tumors im nanos/pumilio-Komplex nicht abschließend geklärt werden kann.<br />
81
I. 2. Ergebnisse<br />
82
Abb. 19: brain-tumor-RNAi führt zu embryonalen Defekten<br />
I. 2. Ergebnisse<br />
A, B Epifluoresenzaufnahmen der Kutikula schlupfreifer brat-RNAi-Larven. A zeigt eine<br />
„whole-mount“ Aufnahme in leicht ventro-lateraler Sicht. Die Zahl der Abdominalsegmente ist<br />
auf fünf reduziert, wobei dies nicht den stärksten beobachtbaren Phänotyp darstellt. Die<br />
verbliebenen abdominalen Segmente erscheinen normal. Der Kopf ist nicht normal ausgebildet,<br />
es tritt eine Ausstülpung des Stomodeums, eine Verkleinerung der Antennen und die<br />
Deletion eines Labialpalpus auf. A’ zeigt einen vergrößerten Ausschnitt eines Beins mit<br />
deformiertem Prätarsus. B zeigt die ventrale Ansicht des Kopfes einer anderen Larve. Es ist<br />
eine Deletion des labialen Segments (Pfeil), eine Verkürzung der Antennen und eine leichte<br />
Deformation der distalen Teile der Mandibel zu erkennen. (vergleiche Abb. 10 A)<br />
C, D DIC-Aufnahmen vom Dotter befreiter, flachpräparierter, voll elongierter Keimstreifembryonen<br />
in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung gegen wingless.<br />
C zeigt den Wildtyp, D einen brat-RNAi-Embryo. Die Segmentierung brach offensichtlich<br />
nach Bildung des neunten abdominalen wg-Streifens ab, die abdominalen Domänen sind<br />
normal ausgeprägt. Die thorakalen Segmente zeigen unregelmäßige Domänen sowie verkleinerte,<br />
deformierte Extremitätenknospen. Das labiale Segment ist deletiert (Pfeilspitze),<br />
Die labralen Knospen sind reduziert.<br />
E, F Hellfeldaufnahmen differenzierter Blastoderm-Embryonen in lateraler Ansicht, in-situ-<br />
Hybridisierung gegen even-skipped.<br />
E zeigt den Wildtyp, der erste doppelsegmentale eve-Streifen hat sich bereits in segmentale<br />
Streifen aufgespalten (1a und b), Streifen zwei und drei sind deutlich erkennbar. F zeigt<br />
einen brat-RNAi-Embryo. Es scheinen zwei segmentale eve-Streifen (Pfeilköpfe) und eine<br />
größere (doppelsegmentale?) Domäne (weißer Pfeilkopf) angelegt zu sein, allerdings ist<br />
deren Abstand zueinander deutlich verkleinert und ihre Form gestört. Somit scheint eine der<br />
blastodermalen Domänen zu fehlen.<br />
G, H Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in E, G. Serosa- und Embryonalanlage<br />
sind klar zu erkennen (Pfeilköpfe). In H erschwert ein schlechtes Signal-zu-Hintergrund<br />
Verhältnis die Auswertung. Die Zellkerne der Serosa liegen unregelmäßig verteilt. Die<br />
Embryonalanlage ist deutlich verkleinert. G’ und H’ zeigen vergrößerte Ausschnitte eines<br />
vergleichbaren lateralen Bereichs der Serosa aus G und H im gleichen Maßstab. Die Fehlverteilung<br />
der Zellkerne nach brat-RNAi wird deutlich.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in B, dort ist anterior oben. Der Größenstandard<br />
weist 100 !m aus.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Lr: Labrum/labrale Segmentanlage,<br />
Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />
Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage, S: Serosaanlage,<br />
E: Embryonalanlage<br />
83
I. 2. Ergebnisse<br />
2.8. pumilio-RNAi führt zu weiteren Phänotypen<br />
84<br />
In der Folge der schon beschriebenen RNAi-Experimente traten auch Effekte auf,<br />
die nur durch pumilio-RNAi, nicht aber durch nanos-RNAi hervorgerufen wurden.<br />
Diese wurden im Rahmen dieser Arbeit zwar nicht näher untersucht, ich möchte sie<br />
und ihre möglichen Ursachen dennoch im Folgenden daher nur kurz beschreiben.<br />
2.8.1. pum-RNAi führt zum Verlust der primordialen Keimzellen<br />
In Tribolium findet man keine deutlich erkennbaren Polzellen, also früh separierte<br />
embryonale Vorläuferzellen der Keimbahn, wie sie z.B. in vielen anderen Insekten-<br />
embryonen vorkommen (Zissler, 1992). Trotzdem können solche primordialen Keim-<br />
zellen (PGCs) schon in relativ frühen Stadien der Embryogenese durch in situ Nach-<br />
weis der vasa Expression sichtbar gemacht werden (Schröder, 2006); Abb. 20). In<br />
Drosophila spielen nanos und pumilio eine wesentliche Rolle für den Erhalt der<br />
primordialen Keimzellen bei der Migration in die Gonadenanlage (Kobayashi et al.,<br />
1996; Forbes und Lehmann, 1998; Hayashi et al., 2004; Sato et al., 2007). Auch in<br />
Tribolium scheint pumilio wichtig für die PGCs zu sein. Diese liegen in der Wildtyp-<br />
Situation als Gruppe von Zellen dem wachsenden Keimstreif bzw. dem präsumptiven<br />
Mesoderm auf (Abb. 20, A, B; (Schröder, 2006; Nunes da Fonseca et al., 2008), sind<br />
somit also von Dotter umgeben, der in den gezeigten Abbildungen entfernt wurde.<br />
Nach nos/pum- oder pum-RNAi kommt es zu einem vollständigen Verlust der vasa-<br />
positiven primordialen Keimzellen (Abb. 20, C-F). Dieser Effekt konnte nach nanos-<br />
RNAi nicht nachgewiesen werden (nicht gezeigt). Die Frequenz von starken Phäno-<br />
typen, also dem vollständigen Verlust der PGCs, schien aber in den Doppel-RNAi-<br />
Embryonen erhöht zu sein (nicht gezeigt), was ein Hinweis auf eine Beteiligung von<br />
nos sein könnte.<br />
Die Notwendigkeit von pumilio-Aktivität innerhalb der Keimbahn könnte auf eine<br />
konservierte Funktion hinweisen. So spielt pum nicht nur eine Rolle für die primordia-<br />
len Keimzellen in Drosophila (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Parisi und Lin, 1999;<br />
Gilboa und Lehmann, 2004; Kadyrova et al., 2007), sondern ist gemeinsam mit<br />
nanos auch an der Regulation der Keimbahnstammzellen beteiligt (Lin und Sprad-<br />
ling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Wang und Lin, 2004; Kim et al.). Auch in C.<br />
elegans, oder selbst in Vertebraten wurden pumilio-Orthologe mit Funktionen in der
I. 2. Ergebnisse<br />
Keimbahn in Verbindung gebracht (Crittenden et al., 2002; Xu et al., 2007; Lee et al.,<br />
2008; Kuo et al., 2009).<br />
Abb. 20: vasa-Expression verdeutlicht das Fehlen der PGCs nach nos/pum-RNAi<br />
A, C, E laterale Ansicht von Keimstreifembryonen, in-situ-Hybridisierung gegen vasa, vom<br />
Dotter freipräpariert<br />
B, D, F Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A, C, E<br />
A vasa wird in den putativen primordialen Keimzellen (Pfeil), die dem Bereich der Wachstumszone<br />
aufliegen, exprimiert.<br />
C, E nach nos/pum- oder pum-RNAi fehlt die vasa-Expression ebenso wie die Zellen an der<br />
Position der PGCs (Pfeile)<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />
2.8.2. Parentale RNAi gegen pumilio führt zu einer Eiablegehemmung<br />
nanos und pumilio sind in Drosophila auch für den Erhalt der Keimbahnstamm-<br />
zellen wichtig (Bhat, 1999; Wang und Lin, 2004). In adulten Tribolium-Weibchen gibt<br />
es keine Keimbahnstammzellen mehr, da deren Aktivität wahrscheinlich auf frühe<br />
pupale Stadien beschränkt ist. Somit wird diese Aktivität von pupaler RNA-Injektion<br />
nicht mehr beeinträchtigt, da in der Regel ältere Puppenstadien injiziert wurden.<br />
Trotzdem legen pum-RNAi-Tiere signifikant weniger Eier als Wildtyp-Weibchen (Tab.<br />
85
I. 2. Ergebnisse<br />
2). Dies ist allerdings nicht auf Defekte während der Oogenese, sondern vielmehr auf<br />
eine Störung der Eiablage zurückzuführen (Abb. 21), wie sie in ähnlicher Weise auch<br />
in Drosophila-pum-Mutanten auftreten (Parisi und Lin, 1999). Die Ursachen dieser<br />
Störung bleiben unklar und können vielfältig sein. Der Effekt tritt nicht in der Folge<br />
von nanos-RNAi auf, ist also wahrscheinlich ausschließlich auf pumilio zurückzufüh-<br />
ren.<br />
Abb. 21: pumilio-RNAi führt zu einer Eiablagehemmung<br />
A Vollständiges Ovar eines Wildtyp Weibchens. Jedes Halbovar besteht aus sechs Ovariolen<br />
und dem lateralen Ovidukt. Das laterale Ovidukt eines Halbovars enthält eine reife<br />
Oozyte (*).<br />
B Vollständiges Ovar eines Weibchens nach pum-RNAi. Reife Oozyten werden nicht oder<br />
nur selten abgelegt. Das laterale Ovidukt des linken Halbovars enthält sechs bis sieben reife<br />
Oozyten (fünf davon sichtbar, *), das andere ist während der Präparation verletzt worden<br />
(Pfeilspitze), die enthaltenen Oozyten wurden dabei verloren.<br />
Gezeigt sind Fluoreszenzaufnahmen von Hoechst33342 gefärbten Präparaten.<br />
Tab. 2: Legeleistung nach pumilio-RNAi<br />
86<br />
pumilio-pRNAi Wildtyp<br />
durchschnitlliche Lege-<br />
4,4 13,8<br />
leistung pro Tag<br />
Gezählt wurden gelegte Eier von 11 (pum-RNAi) bzw. 12<br />
(Wildtyp) Weibchen über einen Zeitraum von 12 (pum-RNAi)<br />
bzw. 8 (Wildtyp) Tagen.<br />
Maxima: 14 (pum) 22 (WT) Minima: 0 (pum) 7,5 (WT)
I. 2. Ergebnisse<br />
2.8.3. pumilio spielt eine Rolle für die Entwicklung larvaler Extremitä-<br />
ten<br />
Wie bereits erwähnt (2.3.2) führt pumilio-RNAi zu Defekten sämtlicher Extremitä-<br />
ten. Dabei werden keine Segmente oder Glieder deletiert, sie erscheinen aber ver-<br />
kürzt und deformiert (Abb. 22, Abb. 10). Dies führt zu in der proximo-distalen Achse<br />
verkürzten Extremitäten irregulärer Morphologie (Abb. 22, C, D). Die Beteiligung<br />
pumilios an der Extremitätenentwicklung wird auch durch seine räumliche Expression<br />
gestützt. Es wird distal in den Extremitätenanlagen stärker exprimiert als im restli-<br />
chen Gewebe des Embryos (Abb. 22, A,B). Die pum-mRNA ist in einem Kern-freien<br />
Bereich basal der ektodermalen Zellkerne nachweisbar (Abb. 22, Pfeile in A, B), wo<br />
sich vermutlich der Großteil des Zytoplasmas der Ektodermzellen befindet.<br />
pum spielt also eine Rolle für die korrekte Ausbildung der Extremitätenanlagen<br />
und könnte hierbei mit diversen Prozessen interferieren. Am wahrscheinlichsten ist<br />
wohl eine Funktion für das Auswachsen entlang der proximo-distalen Achse. Hierbei<br />
könnte pum beispielsweise an der Proliferationskontrolle oder der Steuerung mor-<br />
phogenetischer Prozesse während der Beinentwicklung beteiligt sein. Beide Prozes-<br />
se spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der adulten Beine aus den Imagi-<br />
nalscheiben in Drosophila (Taylor und Adler, 2008). Eine Beteiligung pumilios an<br />
diesen Vorgängen in Drosophila ist allerdings bisher nicht bekannt.<br />
87
I. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 22: pumilio spielt eine Rolle in der Extremitätenentwicklung<br />
A Die Durchlichtaufnahme einer vom Rest des Embryos entfernten Beinanlage. pum in-situ-<br />
Hybridisierung.<br />
B Epifluoreszenzaufnahme der Hoechst-33342-Kernfärbung des gleiches Objekts. pum RNA<br />
ist in einem Bereich unterhalb der ektodermalen Zellkerne lokalisiert (Pfeil). Vermutlich<br />
befindet sich in diesem Bereich das Cytoplasma der ektodermalen Epithelzellen.<br />
C Epifluoreszenzaufnahme des Beines einer schlupfreifen L1 Larve.<br />
D Epifluoreszenzaufnahme des Beines einer pum-RNAi Larve. Die Podomere sind vorhanden,<br />
sie sind allerdings im Vergleich zum Wildtyp deutlich verkürzt und erscheinen verdickt.<br />
Cx: Coxa, Tr: Trochanter, Fe: Femur. Tt: Tibiotarsus, Pt: Prätarsus<br />
2.8.4. Larvale RNAi gegen pumilio resultiert in einem Entwicklungs-<br />
88<br />
block<br />
Systemische RNAi in Tribolium kann nicht nur dazu verwendet werden, um emb-<br />
ryonale Phänotypen zu generieren und Genfunktionen während der Embryogenese<br />
zu untersuchen, sondern auch um postembryonale Prozesse, v.a. die Metamorphose<br />
und die Bildung von adulten Strukturen zu analysieren (Tomoyasu und Denell, 2004;<br />
Konopova und Jindra, 2007; 2008; Miller et al., 2008).<br />
Nach Injektion von Larven (fünftes oder sechstes Larvenstadium) mit pumilio-<br />
dsRNA kommt es zu einem Entwicklungsblock (Abb. 23). Während der normalen<br />
Entwicklung durchlaufen die Tiere am Ende des siebten Larvenstadiums eine Phase<br />
der Vorbereitung auf die Häutung zur Puppe. Als sogenannte Präpuppe sind die<br />
Tiere bewegungslos und entwickeln die epidermalen pupalen bzw. adulten Anlagen,<br />
die dann in der Puppe morphologisch deutlich zu Tage treten (äußere Metamorpho-<br />
se; (Sokoloff, 1972; Dettner, 2003). Nach larvaler pum-RNAi sind die Tiere nicht in<br />
der Lage, die Häutung zur Puppe korrekt zu durchlaufen und sterben als eine Art
I. 2. Ergebnisse<br />
Präpuppe, deren Morphologie allerdings schon den Beginn der pupalen Ecdysis<br />
anzeigt (Abb. 23).<br />
pum ist in diesem Zusammenhang also nötig, um die Vorbereitungen zur pupalen<br />
Häutung in der Präpuppe korrekt ablaufen zu lassen. Über die zu Grunde liegenden<br />
Prozesse kann ich nur spekulieren. So wäre es etwa möglich, dass pumilio in die<br />
Signalkaskade des Juvenil-Hormons (JH) eingreift, um dort beteiligte Repressoren zu<br />
regulieren (Riddiford et al., 2003). Das JH-Zielgen broad-complex beispielsweise<br />
zeigt einen sehr ähnlichen RNAi-Phänotyp wie pumilio (Konopova und Jindra, 2008).<br />
Auch dieser Effekt ist nicht nach nanos-RNAi zu beobachten.<br />
Abb. 23: Larvale pumilio-RNAi führt zu einem<br />
Entwicklungsblock kurz vor der pupalen Ecdysis<br />
A WT-Präpuppe in lateraler Ansicht.<br />
B Nach larvaler Injektion von pum-dsRNA können die<br />
Tiere die Ecdysis nicht vollständig durchführen und<br />
sterben als Präpuppe mit einigen puppenähnlichen<br />
Merkmalen. So ist das ganze Tier verkürzt und der<br />
Kopf bereits in einer hypognathen Position<br />
C WT-Puppe in ventraler Ansicht.<br />
Die gezeigten Tiere sind vermillion white , zeigen also<br />
unpigmentierte Komplexaugen. Anterior ist in allen<br />
Abbildungen links.<br />
pumilio-RNAi führt also zu einigen weiteren phänotypischen Effekten, die nicht<br />
mit der Segmentierung in Zusammenhang stehen. Eine Rolle innerhalb der Keim-<br />
bahn und der primordialen Keimzellen ist sowohl aus Drosophila, als auch aus ande-<br />
ren Systemen bekannt (Lin und Spradling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Asao-<br />
ka-Taguchi et al., 1999; Crittenden et al., 2002; Xu et al., 2007; Lee et al., 2008; Kuo<br />
et al., 2009). und stellt wahrscheinlich einen konservierten Funktionskomplex von<br />
PUF-Domänen-Proteinen dar (Wickens et al., 2002). Die Beteiligung an der Entwick-<br />
lung der larvalen Extremitäten oder der Kontrolle der Metamorphose allerdings sind<br />
als bisher unbekannte Funktionen von pumilio zu sehen, die in dieser Form in keiner<br />
anderen Art beschrieben wurden. Nur in C. elegans spielt ein pumilio-Homolog, puf-<br />
9, eine Rolle bei der Regulation des larval-zu-adult Übergangs (Nolde et al., 2007),<br />
ob allerdings Parallelen zwischen diesem Prozess und der Insektenmetamorphose<br />
bestehen ist fraglich.<br />
89
I. 2. Ergebnisse<br />
90<br />
Die beschriebenen Segmentierungs-unabhängigen Effekte treten wie erwähnt<br />
nicht nach nanos-RNAi auf. Dieser Befund steht nicht im Wiederspruch zu einer<br />
gemeinsamen Funktion während der Segmentierung und könnte mehrere Ursachen<br />
haben. Es ist denkbar, dass pumilio auch ohne nanos bzw. mit anderen Kofaktoren<br />
als Repressor wirken kann. Da PUMILIO die spezifische RNA-bindende Komponente<br />
des Komplexes darstellt, scheint dies nicht abwegig (Murata und Wharton, 1995;<br />
Sonoda und Wharton, 1999; Wang et al., 2002). NANOS könnte die Funktion für<br />
diese Prozesse in Tribolium verloren haben, oder pumilio wurde für sie unabhängig<br />
von nanos herangezogen. Eine andere denkbare Erklärung wäre mangelnde Effi-<br />
zienz der nanos-RNAi-Experimente. nanos-RNAi führt weniger penetrant zur Ausbil-<br />
dung von larvalen Phänotypen als pum-RNAi (Abb. 11; 2.3.2, S.53), sie scheint also<br />
nicht in allem Fällen ausreichend zu sein, um Defekte zu induzieren. So wäre es<br />
auch möglich, dass nanos-RNAi das mRNA-Niveau nicht ausreichend erniedrigt, um<br />
Defekte der Beinentwicklung, der primordialen Keimzellen oder der Metamorphose<br />
hervorzurufen. Möglicherweise genügen sehr geringe nanos-mRNA-Konzentrationen<br />
für die Produktion der nötigen Menge an NANOS-Protein, oder die mRNA-<br />
Degradation ist bei nanos weniger effizient.
3. Diskussion<br />
I. 3. Diskussion<br />
3.1. Das Zusammenspiel von nanos und pumilio und dem termi-<br />
nalen System ist wesentlich für die posteriore Segmentie-<br />
rung in Tribolium<br />
Im vorangegangen Text habe ich dargelegt, dass nanos und pumilio in Tribolium,<br />
ähnlich wie in Drosophila, eine wichtige Rolle für die Ausbildung posteriorer Segmen-<br />
te spielen (s. 2.3, 2.4; Nüsslein-Volhard et al., 1987). Nach nos/pum-RNAi kommt es<br />
in Tribolium-Embryonen zum vorzeitigen Stop der Segmentbildung aus der posterio-<br />
ren Wachstumszone. Dabei werden zunächst noch abdominale Segmente gebildet,<br />
deren Determination aber bereits gestört ist, wie die veränderte Paar-Regel- und<br />
Segmentpolaritäts-Gen-Expression (Abb. 13) sowie die Morphologie der larvalen<br />
Kutikula (Abb. 9) zeigen. Schließlich kommt es zu einem Segmentierungsabbruch, es<br />
werden keine wg- oder eve-Streifen mehr gebildet und es entwickelt sich in der Folge<br />
eine verkürzte Larve (Abb. 9, Abb. 13). Der Paar-Regel-Gen-Regelkreis innerhalb<br />
der Wachstumszone (Choe et al., 2006) kommt also wohl zum Erliegen, wodurch<br />
keine Segmentpolaritäts-Gen-Domänen mehr aktiviert werden, also keine Segment-<br />
grenzen mehr entstehen und die Segmentbildung ausbleibt. Vermutlich stehen<br />
posteriore Defekte in früheren Stadien mit diesen späteren Auswirkungen in Zusam-<br />
menhang. So ist bereits die posteriore Invagination zu Beginn der Gastrulation<br />
(Handel et al., 2000) gestört, und die Domänen der Gap-Gene giant und knirps im<br />
posterioren Keimrudiment (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008) fehlen<br />
(Abb. 14). In noch früheren Blastodermstadien ist zudem die Expression von tailless,<br />
einem Zielgen des torso-Signalwegs (Schröder et al., 2000; Furriols und Casanova,<br />
2003), am posterioren Pol des Blastoderms deutlich reduziert (Abb. 14). Es treten<br />
also Effekte auf, die posteriore Bereiche des Blastoderms bzw. des Keimrudiments<br />
sowie die Segmentbildung aus der Wachstumszone betreffen.<br />
Die beobachteten Defekte ähneln im Ergebnis den embryonalen Phänotypen von<br />
nanos- oder pumilio-Mutanten in Drosophila (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1987;<br />
Nüsslein-Volhard et al., 1987; Irish et al., 1989a). Diese zeigen einen vollständigen<br />
Verlust der abdominalen Segmente, verursacht durch die Derepression der materna-<br />
len hb-RNA. Bleibt die vom posterioren Pol ausgehende, NANOS/PUMILIO-<br />
vermittelte Repression aus, so kommt es zu einer nahezu ubiquitären HB-Expression<br />
91
I. 3. Diskussion<br />
(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989), die in der Folge zum Verlust<br />
der posterioren Domänen von gt und kni (Nauber et al., 1988; Eldon und Pirrotta,<br />
1991; Kraut und Levine, 1991a; b) sowie einer verschobenen Kr-Expression führt<br />
(Gaul et al., 1987; Hülskamp et al., 1990). Hierdurch bleibt die streifenspezifische<br />
Aktivierung der Paar-Regel-Gene, sprich die Segmentierung, in einem breiten Be-<br />
reich aus (Frasch und Levine, 1987; Struhl, 1989; Klingler und Gergen, 1993; Klingler<br />
et al., 1996; Fujioka et al., 1999). Sowohl in Tribolium als auch in Drosophila kommt<br />
es nach dem Ausfall von nanos und pumilio also zu einem Verlust von abdominalen<br />
Segmenten und der posterioren Domänen von giant und knirps. Allerdings unter-<br />
scheidet sich die Bildung dieser abdominalen Segmente in beiden Arten fundamen-<br />
tal: im Rahmen der syncytialen, blastodermalen Segmentierung des Langkeim-<br />
Insekts Drosophila werden einzelne Paar-Regel-Streifen durch unterschiedliche<br />
Kombinationen von gap-Faktoren spezifisch reguliert, während die Segmentierung in<br />
Tribolium-Kurzkeim-Embryonen innerhalb der zellulären Wachstumszone von einem<br />
Paar-Regel-Gen-Regelkreis abhängt (Klingler und Tautz, 1999; Choe et al., 2006;<br />
Schröder et al., 2008). Diese prinzipiellen Unterschiede erschweren es, von der<br />
Drosophila-Situation direkt auf die Prozesse im Tribolium-Embryo zu schließen.<br />
Die Ursache der beschriebenen abdominalen Phänotypen in Tribolium hängt of-<br />
fenbar mit Musterbildungsstörungen in der posterioren Wachstumszone zusammen.<br />
Hierbei scheinen zwei unterschiedliche Szenarien möglich: 1. nanos und pumilio<br />
wirken direkt auf die Musterbildung in der Wachstumszone während der<br />
Keimstreifstreckung. Oder 2. beide Gene wirken auf die Anlage der Wachstumszone<br />
und nehmen über die Regulation weiterer Faktoren indirekt Einfluss auf die<br />
Musterbildung in der Wachstumszone und. Oder 3. sie spielen eine Rolle bei der<br />
Etablierung der Wachstumszone.<br />
Wirken NANOS und PUMILIO direkt auf den Segmentierungsprozess in der Wachs-<br />
tumszone?<br />
Über die Funktionsweise und die zellbiologischen Mechanismen der posterioren<br />
Wachstumszone in Tribolium ist nur wenig bekannt. Möglicherweise ließen sich aber<br />
Befunde bestimmter segmentierungsunabhängiger Funktionen von nanos und pumi-<br />
lio in Drosophila auf die Situation in der Wachstumszone vo Tribolium übertragen. In<br />
Fliegenembryonen sind nanos und pumilio nötig, um die primordialen Keimzellen<br />
während ihrer Wanderung in die Gonadenanlage in einem undifferenzierten,<br />
transkriptionell inaktiven Zustand zu halten (Asaoka et al., 1998; Forbes und Leh-<br />
92
I. 3. Diskussion<br />
mann, 1998; Asaoka-Taguchi et al., 1999; Deshpande et al., 1999; Deshpande et al.,<br />
2005; Kadyrova et al., 2007). Dabei verhindern sie die Expression von somatischen<br />
Genen, wie z.B. den Paar-Regel-Genen eve oder fushi-tarazu (Asaoka-Taguchi et<br />
al., 1999; Deshpande et al., 1999; Deshpande et al., 2005; Kadyrova et al., 2007),<br />
wahrscheinlich indem sie den Phosphorylierungszustand und somit die Aktivität der<br />
C-terminalen Domäne der großen Untereinheit der RNA-Polymerase II regulieren.<br />
Auch in der Wachstumszone von Tribolium müssen höchstwahrscheinlich Zellen in<br />
einem undifferenzierten Zustand gehalten werden, um die aufeinander folgende<br />
Bildung der Segmente zu gewährleisten (McGregor et al., 2009). Analog zu ihrer<br />
Funktion für die Keimbahnvorläuferzellen in Drosophila könnten nanos und pumilio<br />
hierbei eine direkte Rolle innerhalb der Wachstumszone spielen, indem sie die<br />
Expression von Differenzierungsgenen unterdrücken. Diese dem ersten Szenario<br />
folgende These würde eine Funktion von nos/pum während der Keimstreifstreckung<br />
bedeuten, während der Einfluss auf die Expression von tll, gt und kni (s. 2.4) auf eine<br />
frühere Funktion hinweist. Somit erscheint es mir wahrscheinlicher, dass nanos und<br />
pumilio indirekt auf den Segmentierungsprozess in der Wachstumszone wirken.<br />
Der Effekt auf die Wachstumszone könnte durch GIANT vermittelt werden<br />
Der Verlust der posterioren Domänen von gt und kni ist eine Parallele zwischen<br />
Drosophila und Tribolium, die möglicherweise eine Erklärung der Phänotypen bietet.<br />
Wie erwähnt, führt das Fehlen jener posterioren Domänen in Drosophila nanos-<br />
Mutanten zu einem Verlust der eve-Streifen innerhalb der normalerweise kni und gt<br />
exprimierenden Bereiche (Frasch und Levine, 1987; Struhl, 1989). Ein ebenso direk-<br />
ter Zusammenhang zwischen gap- und Paar-Regel-Gen-Expression konnte zwar<br />
bisher in Tribolium nicht festgestellt werden (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al.,<br />
2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008), dennoch führt beispielsweise<br />
gt-RNAi zu Unregelmäßigkeiten der posterioren blastodermalen Paar-Regel-Gen-<br />
Streifen (Cerny, 2007). Außerdem kommt es nach gt-RNAi zu einem Abbruch der<br />
Segmentierung und somit zu verkürzten Larven. Die posteriore gt-Domäne könnte<br />
also für die Etablierung oder auch die Aufrechterhaltung des „pair-rule circuit“ (Choe<br />
et al., 2006) und somit für die Funktion der posterioren Wachstumszone nötig sein.<br />
Es wurde vermutet, dass diese Funktion auf einem „Induktions-Ketten“ Mechanismus<br />
der posterioren Gap-Gen-Domänen basieren könnte (Bucher und Klingler, 2004).<br />
Dabei wäre die Anwesenheit zumindest jeweils eines abdominalen Gap-Gens nötig,<br />
um die Aktivität des „pair-rule-circuit“ aufrecht zu erhalten. Das Fehlen der posterio-<br />
93
I. 3. Diskussion<br />
ren gt-Domäne nach nos-pum-RNAi bietet demnach eine Erklärung für das Auftreten<br />
der posterioren Phänotypen, wobei nanos und pumilio durch die Regulation von gt<br />
Einfluss auf die Funktion der Wachstumszone nähmen. Der Ausfall der posterioren<br />
Domäne von kni ist hierbei wohl nebensächlich, da nach kni-RNAi nur sehr schwa-<br />
che abdominale Musterbildungsdefekte auftreten (Cerny et al., 2008).<br />
94<br />
Ebenso wie in Drosophila wirken nanos und pumilio in Tribolium aber wohl nicht<br />
direkt auf die Expression von gt und kni. Innerhalb der 3’-UTR-Bereiche beider Gene<br />
finden sich keine kanonischen „Nanos Response Elemente“ und die bisher beschrie-<br />
bene Funktion von nanos und pumilio als translationeller Repressor-Komplex sollte<br />
nach RNAi nicht zum Verlust sondern zur Verstärkung oder Expansion von Zielge-<br />
nexpression führen. Somit stellt sich die Frage, wie der Effekt von nanos und pumilio<br />
auf die Expression von kni und gt in Tribolium vermittelt werden könnte.<br />
In Drosophila führt die Derepression von hunchback als Repressor von gt und kni<br />
zum Verlust der posterioren Domänen (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a;<br />
Struhl, 1989; Kraut und Levine, 1991a). In Analogie hierzu wurde vermutet, dass<br />
nanos und pumilio auch in Tribolium für eine Repression der Translation von der<br />
maternalen hb-mRNA am posterioren Pol und außerdem für eine ähnliche Regulati-<br />
on der maternalen otd-1-mRNA verantwortlich seien (Schröder, 2003). Könnten<br />
diese postulierten Interaktionen für das Fehlen der posterioren Domänen von gt und<br />
kni nach nos-pum-RNAi verantwortlich sein?<br />
Maternale otd-1-mRNA findet sich zunächst ubiquitär in frühen Embryonen. Die<br />
Expression wird dann auf die anteriore Hälfte des Embryos begrenzt, um später eine<br />
Domäne innerhalb der Anlage des anterioren Kopfes zu bilden (Li et al., 1996;<br />
Schröder, 2003). Schröder vermutete, dass die initiale Repression innerhalb der<br />
posterioren Hälfte des Embryos auf translationelle Regulation zurückzuführen sei. Ich<br />
konnte jedoch zeigen, dass nanos-pumilio-RNAi nicht zu einer detektierbaren poste-<br />
rioren Derepression führt (Abb. 16), und OTD-1 somit zum dem Zeitpunkt, zu dem<br />
normalerweise die posterioren Domänen von gt und kni aktiviert würden, auch in<br />
nos/pum-RNAi-Embryonen nur innerhalb des anterioren Kopfes exprimiert wird. Eine<br />
Beteiligung von OTD-1 kann hier also mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden.<br />
Maternale hb-mRNA und HB-Protein sind ebenfalls zunächst ubiquitär im Embryo<br />
nachweisbar, die Proteinexpression wird aber in frühen Blastodermstadien am poste-<br />
rioren Pol reprimiert (Wolff et al., 1995). Eine Beteiligung von NANOS und PUMILIO<br />
an dieser posterioren Repression der HB-Expression im frühen Blastoderm konnte
I. 3. Diskussion<br />
leider nicht geprüft und kann somit nicht ausgeschlossen werden. Falls eine HB-<br />
Derepression am posterioren Pol von frühen nos/pum-RNAi-Embryonen stattfindet,<br />
so wirkt sich diese offenbar nicht auf die späteren hb-Expressionsdomänen aus, da<br />
diese nach nos/pum-RNAi nicht feststellbar verändert sind. Ein Zusammenhang mit<br />
dem Fehlen der posterioren Expressionsdomänen von giant und knirps wäre aller-<br />
dings denkbar. In Drosophila wirkt HB als Repressor der posterioren Domänen von<br />
gt und kni, wodurch die HB-Derepression zum Verlust dieser Domänen führt (Kraut<br />
und Levine, 1991b). Tribolium-HB wirkt zwar formal als Aktivator der posterioren gt-<br />
Domäne (Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008), diese Aktivierung wird aber<br />
zumindest teilweise indirekt durch die Aktivierung von Krüppel vermittelt (Cerny et al.,<br />
2005; Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008). hb-RNAi führt also zu einem Feh-<br />
len von Kr und dadurch zum Verlust der posterioren gt-Domäne. Ein direkter repri-<br />
mierender Einfluss von HB auf gt, wie er nötig wäre um das Fehlen der posterioren<br />
gt-Domäne nach nos/pum-RNAi zu erklären, könnte daher in den bisherigen hb-<br />
RNAi-Studien „verdeckt“ worden sein. Wegen der fehlenden Aktivierung von gt durch<br />
KRÜPPEL könnte sich eine eventuelle Expansion der gt-Domäne, hervorgerufen<br />
durch den Verlust des reprimierenden Einflusses von HB, nicht manifestieren. Glei-<br />
ches gilt in ähnlicher Weise für die posteriore kni-Domäne (Cerny, 2007; Cerny et al.,<br />
2008). Es ist also prinzipiell möglich, dass die HB-Repression am posterioren Pol<br />
nötig ist, um dort gt- und kni-Expression zu erlauben. Eine solche Regulation in<br />
Analogie zu Drosophila ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht nachweisbar und bleibt<br />
Spekulation. Im Übrigen ist die hier erwähnte Expression von Kr nach nos/pum-RNAi<br />
nicht feststellbar verändert (nicht gezeigt), kann also ihrerseits nicht mit dem Fehlen<br />
der posterioren gt und kni-Domänen in Zusammenhang stehen.<br />
NANOS und PUMILIO interagieren mit dem terminalen System<br />
Einen Hinweis auf eine weitere mögliche Erklärung für die Ursache der abdomi-<br />
nalen Defekte nach nanos/pumilio-RNAi bietet der Einfluss auf die Expression des<br />
terminalen Zielgens tailless (Abb. 14). tailless wird im Wildtyp transient am posterio-<br />
ren Pol des Blastoderms exprimiert (Abb. 14, F, J; Schröder et al., 2000), nach<br />
nanos/pumilio-RNAi ist diese Expression allerdings massiv reduziert (Abb. 14, F, J).<br />
Während die Bedeutung des torso-Signalwegs, also des terminalen Systems, für<br />
die Segmentierung in Drosophila relativ begrenzt ist (nur das Akron, das achte Ab-<br />
dominalsegment und das Telson sind in terminalen Mutanten betroffen (Nüsslein-<br />
Volhard et al., 1987; Klingler et al., 1988), spielt er in Tribolium eine wichtige Rolle für<br />
95
I. 3. Diskussion<br />
die Ausbildung aller von der posterioren Wachstumszone gebildeten Segmente<br />
(Schoppmeier und Schröder, 2005). So fehlen Larven nach torso- oder torso-like-<br />
RNAi alle abdominalen Segmente und der Metathorax, wobei schwache torso-RNAi-<br />
Phänotypen deutliche Ähnlichkeit zu den Defekten nach nanos/pumilio-RNAi aufwei-<br />
sen (Schoppmeier und Schröder, 2005). RNAi gegen tll führt erwartungsgemäß<br />
ebenso zu verkürzten Larven (G. Bucher, persönliche Mitteilung), allerdings scheinen<br />
die tll-Defekte schwächer ausgeprägt zu sein, als nach torso- oder tsl-RNAi, was auf<br />
die Beteiligung weiterer Zielgene hinweist. Nichtsdestotrotz dürfte tll also auch mit<br />
den abdominalen Defekten nach nos/pum-RNAi in Zusammenhang stehen. Als eine<br />
weitere Parallele bleibt zu bemerken, dass die posteriore Invagination, die in<br />
nos/pum-RNAi-Embryonen gestört ist (Abb. 14), in tsl-RNAi-Embryonen vollständig<br />
ausbleibt (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />
96<br />
In Drosophila wurde eine Interaktion des terminalen und des posterioren Systems<br />
bereits beschrieben. In Drosophila nanos-Mutanten kommt es zu einer leichten<br />
Derepression des Repressors CAPICUA nahe dem posterioren Pol (Cinnamon et al.,<br />
2004). CAPICUA verhindert normalerweise (zusammen mit dem allgemeinen Ko-<br />
repressor GROUCHO) im Zentrum von Drosophila-Embryonen die Expression termi-<br />
naler Zielgene und wird an den Polen durch den torso-Signalweg reprimiert (Paroush<br />
et al., 1997; Jimenez et al., 2000). Es wurde spekuliert, NANOS könnte auf eine<br />
MAP-Kinase vermittelte, also TORSO-abhängige, Inaktivierung von CAPICUA oder<br />
möglicherweise auch auf die capicua-mRNA direkt einwirken. Diese Derepression<br />
CAPICUAS in nanos-Mutanten ist allerdings verhältnismäßig gering. Das Tribolium<br />
capicua-Ortholog wurde bereits untersucht und seine Funktion für die Expression<br />
terminaler Zielgene scheint tatsächlich konserviert zu sein (Koniszewski, 2007), so<br />
dass auch in Tribolium ein Zusammenhang zwischen nanos, pumilio und dem termi-<br />
nalen System über CAPICUA vermittelt werden könnte.<br />
Da der Effekt von nos/pum-RNAi auf die abdominale Segmentierung schwächer<br />
ist als der von torso oder torso-like (Schoppmeier und Schröder, 2005), kann man<br />
annehmen, dass NOS/PUM nur unterstützend auf den torso-Signalweg wirken. Somit<br />
könnten unterschiedliche terminale Zielgene in Abhängigkeit ihrer Dosissensitivität<br />
unterschiedlich stark betroffen sein. Tatsächlich fehlt beispielsweise die posteriore<br />
wg-Domäne innerhalb der Wachstumszone von tor- nicht aber von nos/pum-RNAi-<br />
Embryonen (Abb. 13; Schoppmeier und Schröder, 2005).
I. 3. Diskussion<br />
Möglicherweise vermittelt die Reduktion der tll-Expression auch den Einfluss auf<br />
die posterioren Domänen von gt und kni. So fehlt beispielsweise auch nach tsl-RNAi<br />
die posteriore gt-Domäne (Koniszewski, 2007). Somit könnte der Einfluss von<br />
nos/pum-RNAi auf die Wachstumszone durch eine primär vom terminalen System<br />
abhängige giant-Aktivierung vermittelt werden. Diese Zusammenhänge erlauben nun<br />
also eine schlüssige Erklärung des posterioren Phänotyps nach nanos/pumilio-RNAi:<br />
Der Wegfall NOS/PUM-vermittelter Repression von capicua führt zur (partiellen)<br />
Repression von tll und möglicherweise weiterer terminaler Zielgene, was auch die<br />
Reduktion der posterioren Domänen von gt und kni zur Folge hat. Das Fehlen der<br />
posterioren Domäne von giant schließlich könnte dann durch die ausbleibende<br />
Aufrechterhaltung des Paar-Regel-Gen-Regulationskreises zu den abdominalen<br />
Segmentierungsdefekten führen.<br />
Es ist außerdem denkbar, dass noch weitere direkte oder indirekte terminale<br />
Zielgene an der Entstehung des Phänotyps beteiligt sind und gt nicht der einzige<br />
oder dabei wesentliche Effektor ist. So fehlt beispielsweise die posteriore Expression<br />
von Genen wie WntD/8 und caudal nach torso-RNAi (Schoppmeier und Schröder,<br />
2005; Bolognesi et al., 2008a), die beide wesentlich für die Bildung Wachstumszo-<br />
nen-abhängiger Segmente sind (Copf et al., 2004; Bolognesi et al., 2008a). Mögli-<br />
cherweise führt die Reduktion der tll-Expression und eventuell weiterer terminaler<br />
Zielgene auch nach nos/pum-RNAi zu einer schwächeren Expression von Wnt8/D<br />
oder caudal in der Wachstumszone und daraufhin zu verkürzten Keimstreifen. Aller-<br />
dings bleibt wie erwähnt die posteriore Domäne der wg-Expression nach nos/pum-<br />
RNAi erhalten, die zu Wnt-D/8 redundant zu sein scheint (Bolognesi et al., 2008b).<br />
NANOS und PUMILIO sind also am posterioren Pol des Tribolium Embryos not-<br />
wendig für die korrekte Expression von tll, den posterioren Domänen der Gap-Gene<br />
knirps und giant sowie möglicherweise anderer terminaler Zielgene. Sie wirken<br />
wahrscheinlich über diese, möglicherweise vor allem über gt, auf die Funktion oder<br />
die Anlage der posterioren Wachstumszone.<br />
97
I. 3. Diskussion<br />
3.2. Das Auftreten anteriorer Phänotypen illustriert die Beteili-<br />
gung von NANOS und PUMILIO an den regulatorischen Inter-<br />
aktionen im Tribolium-Blastoderm<br />
nanos- und pumilio-RNAi führen nicht nur zu abdominalen, sondern auch zu<br />
deutlichen anterioren Defekten (Abb. 10). Da ihre wichtigen embryonalen Funktionen<br />
in Drosophila - die Regulation der maternalen hunchback-mRNA und die Beteiligung<br />
an der Bildung der primordialen Keimzellen - mit ihrer posterioren Aktivität assoziert<br />
sind (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Kobayashi et al., 1996), und die<br />
posteriore nanos-Expression auch in einigen anderen Arten auf eine konservierte<br />
Funktion hinweist (Curtis et al., 1995; Lall et al., 2003; Chang et al., 2006; Dearden,<br />
2006; Olesnicky und Desplan, 2007), ist dies ein unerwarteter Befund. Allerdings gab<br />
es bereits Hinweise auf eine Beteiligung an anterioren Prozessen. So zeigen Dro-<br />
sophila pumilio Mutanten subtile Kopfdefekte (Gamberi et al., 2002), und in den<br />
Mücken Anopheles gambiae und Culex quinquefasciatus wird nanos-mRNA transient<br />
am anterioren Pol lokalisiert (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008).<br />
In Tribolium traten nach nos/pum-RNAi Transformationen und Deletionen von<br />
Mundwerkzeugen bzw. gnathalen Segmenten auf, die im stärksten Fall zum Verlust<br />
des antennalen und mandibulären Segments führten (Abb. 10, Abb. 12, Abb. 15).<br />
Diese Defekte haben ihre Ursache in fehlerhaften Prozessen während früher Stadien<br />
der Embryogenese. So kann beisielsweise die in den schwächeren nanos-RNAi<br />
Larven auftretende Transformation des labialen Segments zu thorakaler Identität<br />
höchstwahrscheinlich auf die ektopische Expression von Antp zurückgeführt werden<br />
(Abb. 15). Diese wiederum könnte dabei z.B. von einer NANOS-Funktion als Antp-<br />
Repressor innerhalb der labialen Segmentanlage abhängen. In Drosophila wurde<br />
zwar eine möglicherweise direkte Regulation von Antp durch nanos beschrieben<br />
(Riley et al., 1991), in Tribolium allerdings konnte ich in den 3’ Bereichen des Antp<br />
Gens kein kanonisches NRE feststellen. Somit hängt diese Hox-Gen-Missregulation<br />
wahrscheinlich nicht direkt von NANOS und PUMILIO ab, weist aber bereits darauf<br />
hin, dass in früheren Stadien die Expression von Gap-Genen gestört sein könnte, da<br />
diese sowohl in Drosophila als auch in Tribolium einen wichtigen Einfluss auf die<br />
Etablierung der Hox-Gen-Domänen haben (Ingham und Martinez-Arias, 1986; White<br />
und Lehmann, 1986; Riley et al., 1987; Harding und Levine, 1988; Irish et al., 1989b;<br />
Casares und Sanchez-Herrero, 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005;<br />
98
I. 3. Diskussion<br />
Marques-Souza et al., 2008). So kommt es beispielsweise auch nach gt-RNAi zu<br />
ektopischer Antp-Expression (Cerny et al., 2005), wobei aber unklar bleibt, wie diese<br />
vermittelt wird, da gt normalerweise innerhalb der maxillären Segmentanlage expri-<br />
miert wird, ektopische Antp-Expression aber innerhalb der maxillären und der labia-<br />
len Segmentanlage nachweisbar ist.<br />
nanos/pumilio-RNAi führt zu Defekten anteriorer Kopfanlagen<br />
Nach nos/pum-RNAi konnten in der Tat Veränderungen der anterioren Expressi-<br />
onsdomänen von giant und knirps festgestellt werden (Abb. 15). In Wildtyp-<br />
Keimrudimentstadien werden beide Gene in distinkten Streifen exprimiert, die aus<br />
großflächigen Expressionsdomänen in früheren Stadien hervorgehen<br />
(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008). Die knirps-Domäne liegt inner-<br />
halb der zukünftigen mandibulären Segmentanlage und grenzt dabei anterior, die<br />
giant-Domäne posterior an den ersten segmentalen eve-Streifen. Der zweite seg-<br />
mentale eve-Streifen überlappt dann mit dem posterioren Bereich der anterioren gt-<br />
Domäne, diese überspannt demnach die zukünftige maxilläre Segmentanlage<br />
(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008). Nach nos/pum-RNAi ist im Wesentli-<br />
chen ein Fehlen der anterioren Begrenzung der Expressionsdomänen von giant und<br />
knirps in Keimrudimentstadien feststellbar, wodurch es zu ektopischer Expression<br />
innerhalb des anterioren Kopfes kommt (Abb. 15). Die gt-Domäne ist dabei in anteri-<br />
orer Richtung vergrößert, und dort ektopisch exprimiert wo in der Wildtyp-Situation<br />
der erste segmentale eve-Streifen gebildet würde, während sich die kni-Expression<br />
im Extremfall im gesamten anterioren Kopf findet. Außerdem fehlt nach nos/pum-<br />
RNAi bereits in deutlich früheren Stadien der anteriore doppelsegmentale eve-<br />
Streifen (Abb. 15). Das bedeutet es kommt bereits hier zu Störungen der Segmentie-<br />
rung, die schließlich auch zu phänotypischen Defekten führen. Hierbei erhält offenbar<br />
das erste definierte Parasegment maxilläre Identität, da die Maxille in nos/pum-RNAi<br />
ausgebildet wird, wobei das antennale und das mandibuläre Segment fehlen. na-<br />
nos/pumilio-RNAi induziert also Effekte in frühen embryonalen Stadien, die einerseits<br />
zum frühen Verlust von eve-Streifen innerhalb der Kopfanlage und andererseits zu<br />
veränderter Gap-Gen-Expression, ebenfalls innerhalb anteriorer Bereiche der Kopf-<br />
anlage, führen. Wie kann also der Verlust von nanos und pumilio zu diesen Defekten<br />
führen?<br />
In diesem Fall eröffnet der Blick auf Drosophila keine offensichtlichen Erklä-<br />
rungsmöglichkeiten. Hier führt der Verlust von pumilio-Aktivität, abgesehen von den<br />
99
I. 3. Diskussion<br />
abdominalen Defekten, zwar zu Fehlern bei der Involution des Kopfes und zu miss-<br />
gebildeten Mundhaken (Gamberi et al., 2002), diese kutikulären Strukturen leiten<br />
sich aber vom maxillären Segment ab. Kopfstrukturen, die von weiter anterior liegen-<br />
den Segmenten gebildet werden, bleiben unbeeinträchtigt (Jürgens et al., 1986;<br />
Gamberi et al., 2002). Der Grund dieser anterioren Phänotypen in Drosophila ist ein<br />
verzögerter Abbau von bicoid-mRNA (Gamberi et al., 2002), also die Regulation<br />
eines Dipteren-spezifischen Faktors. Somit scheint es keine offensichtliche Ähnlich-<br />
keit der nos/pum-abhängigen anterioren Phänotypen in beiden Spezies zu geben.<br />
100<br />
Die veränderte Expression von kni und gt legt eine Beteiligung an der Entstehung<br />
der Defekte nahe. Tatsächlich spielt kni in Tribolium, anders als in Drosophila, wo die<br />
anteriore Domäne keine Segmentierungsfunktion mehr hat, eine wichtige Rolle für<br />
die Anlage des mandibulären und des antennalen Segments (Gonzalez-Gaitan et<br />
al., 1994; Cerny et al., 2008). kni-RNAi führt zu einer Deletion von Antenne und<br />
Mandibel, wobei aber die anterioren, segmentalen eve-Streifen und sogar der man-<br />
dibuläre engrailed-Streifen zunächst gebildet werden, letzerer aber schnell ver-<br />
schwindet. Der Bereich der anterioren Segmentanlagen ist insgesamt im Vergleich<br />
zum restlichen Embryo verkleinert (Cerny et al., 2008). giant ist in Drosophila we-<br />
sentlich für die Bildung des labialen Segments, führt in Tribolium aber nur, abgese-<br />
hen von der posterioren Funktion in beiden Arten, zu Defekten des ersten thorakalen<br />
Segments und zu einer homeotischen Transformation von Maxille und Labium zu<br />
thorakaler Identität. Die gnathalen Segmentanlagen werden aber gebildet. Der Funk-<br />
tionsverlust von gt führt also zu einem ähnlichen Effekt, wie er auch in der schwa-<br />
chen nos-RNAi auftritt (die Transformation des labialen Segments zu thorakalem<br />
Schicksal). kni-RNAi führt sogar zum gleichen gnathalen Larven-Phänotyp wie der<br />
Verlust von nanos und pumilio, wo aber statt einer reduzierten eine vergrößerte kni-<br />
Expression feststellbar ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich der Defekt nach<br />
nos/pum-RNAi in Form des fehlenden anterioren eve-Streifens früher manifestiert. Es<br />
scheinen hier also zwei deutlich unterschiedliche Situationen zu einem ähnlichen<br />
Ergebnis zu führen. So stellt sich die Frage, ob die ektopische Expression von kni<br />
und gt in nos/pum-RNAi-Keimrudimenten nun die Ursache der Deletionen oder nur<br />
eine Folge von Fehlern in übergeordneten Systemen oder zu früheren Zeitpunkten<br />
sind, die ihrerseits zum Verlust der Segmentanlagen führen. Die RNAi Experimente<br />
gegen kni legen eher eine Funktion als Differenzierungsfaktor nahe (Cerny et al.,<br />
2008). So ist es prinzipiell denkbar, dass durch die ektopische Expression von kni in
I. 3. Diskussion<br />
der antennalen Segmentanlage des Keimrudiments die Zellen innerhalb dieses<br />
Bereichs widersprüchlichen Differenzierungssignalen ausgesetzt sind und sich das<br />
Gewebe somit nicht zu einem antennalen Segment entwickeln kann. Dies könnte in<br />
ähnlicherweise auf die ektopische Expression von gt innerhalb der mandibulären<br />
Segmentanlage zutreffen, und würde bedeuten, dass die Defekte erst während der<br />
Differenzierung der Segmentanlage aufträten. Gegen eine solche Erklärung spricht<br />
aber, dass der Verlust des anterioren eve-Streifens auf frühe Defekte der Segmentie-<br />
rung hinweist. Dieser fehlt nämlich bereits in blastodermalen Stadien, womit sich der<br />
Verlust der Segmentanlagen und höchstwahrscheinlich auch der Grund der gt- und<br />
kni-Missexpression, schon vor dem Keimrudimentstadium manifestiert. Wenn also<br />
die Befunde eher für einen Einfluss auf frühere, übergeordnete Prozesse sprechen,<br />
welche Prozesse könnten das sein?<br />
Wie führt der Verlust von nanos und pumilio zu frühen Defekten?<br />
Anders als in Drosophila, wo die Expression der Gap-Gene zygotisch in relativ<br />
klar definierten Domänen initiiert wird (Gaul et al., 1987; Oro et al., 1988; Kraut und<br />
Levine, 1991b), sind die klar umgrenzten Domänen von kni und gt in Tribolium-<br />
Keimrudimenten das Ergebnis eines schnell ablaufenden, dynamischen Prozesses,<br />
bei dem die zunächst sehr großflächigen und im Falle von giant sogar maternal,<br />
ubquitären Expressionsdomänen während der Blastodermentwicklung auf klar defi-<br />
nierte Domänen begrenzt werden (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008).<br />
Hierbei erlischt die Expression beider Gene zunächst an den Polen des Embryos,<br />
zieht sich dann aus den posterioren Bereichen der Embryonalanlage und der Anlage<br />
der Serosa zurück und wird schließlich innerhalb des anterioren Kopfes reduziert.<br />
Die klar begrenzten Domänen innerhalb des Keimrudiments erlauben die Analyse<br />
der Expressionsdomänen als Ergebnis dieses dynamischen Prozesses, Veränderun-<br />
gen der Expression in blastodermalen Stadien sind allerdings wegen der schnellen<br />
Entwicklung nur schwer nachzuweisen. Im Falle von nos/pum-RNAi konnten in<br />
diesen früheren Stadien keine deutlichen, charakteristischen Veränderungen festge-<br />
stellt werden, dennoch ist es möglich, dass sich der Ursprung der vergrößerten<br />
Expressionsdomänen im Keimrudiment schon in früheren, möglicherweise nicht sehr<br />
prägnanten Abweichungen abzeichnet. Nach nos/pum-RNAi spiegeln die Expressi-<br />
onsmuster im Keimrudiment sozusagen die Expressionsverhältnisse früherer Stadien<br />
wieder, d.h. die Begrenzung auf die segmentalen Domänen schlug im Ergebnis fehl,<br />
und ist möglicherweise auf Verschiebungen übergeordneter Faktoren zurückzufüh-<br />
101
I. 3. Diskussion<br />
ren. Diese angenommenen frühen Verschiebungen könnten dann auch die Etablie-<br />
rung des anterioren eve-Streifens verhindern. Dieser wird wahrscheinlich in einer Art<br />
streifenspezifischer Regulation festgelegt. Das heißt, der erste eve-Streifen benötigt<br />
wahrscheinlich eine bestimmte Kombination von Regulatoren, um korrekt gebildet zu<br />
werden, wobei z.B. CAUDAL eine Rolle spielt (Schoppmeier et al., 2009) und durch-<br />
aus auch kni und gt beteiligt sein könnten.<br />
102<br />
Die Prozesse und die beteiligten Faktoren der frühen gt und kni Regulation sind<br />
noch weitgehend unverstanden, was die Interpretation der hier beschriebenen Phä-<br />
notypen erschwert. Um die exakt umgrenzte Expression in späten Blastoderm- und<br />
Keimrudimentstadien zu erreichen ist eine Vielzahl von regulatorischen Interaktionen<br />
nötig. Maternale ebenso wie zygotische, reprimierende ebenso wie aktivierende (s.<br />
3.5). Nichtsdestotrotz ist die Missregulation dieser beiden Gene ein deutlicher Effekt<br />
von nanos/pumilio-RNAi und steht höchstwahrscheinlich - ursächlich oder als Ne-<br />
benprodukt - mit der Deletion anteriorer Segmente in Zusammenhang. Zur Erklärung<br />
dieses Zusammenhanges möchte ich im Folgenden mögliche, zwangsläufig spekula-<br />
tive Szenarien darstellen.<br />
Zunächst wäre es denkbar, dass NANOS und PUMILIO direkt die Expression von<br />
gt und kni reprimieren. Eine Reduktion der nos/pum-Aktivität könnte dann zu einer<br />
Derepression und der Verschiebung von Expressionsdomänen innerhalb des Blasto-<br />
derms führen, die schließlich den Verlust der der anterioren eve-Domäne nach sich<br />
zieht. Dieses Modell impliziert NOS/PUM-Aktivität innerhalb der zukünftigen Anlage<br />
des anterioren Kopfes. Eine direkte Regulation von Dm-gt und Dm-kni ist allerdings<br />
bisher nicht beschrieben worden und es ist unklar, ob NRE-ähnliche Sequenzen in<br />
den (putativen) 3’-UTR-Bereichen der Tribolium-gt- und kni-mRNAs funktionell sein<br />
könnten (s. Anhang).<br />
Innerhalb der Anlage des Gnathums ist hb, das in Drosophila aktivierend auf die<br />
anteriore kni-Domäne wirkt (Hülskamp et al., 1990), zumindest zeitweilig mit knirps<br />
und giant koexprimiert (vgl. (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et<br />
al., 2008) und könnte somit aktivierenden Einfluss haben. Die Wirkung von NOS und<br />
PUM auf gt und kni könnte demnach unter Berücksichtigung der aus Drosophila<br />
bekannten Interaktion (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989 1664)<br />
durch anteriore Repression der gnathalen hunchback-Domäne vermittelt werden. In<br />
der nos/pum-RNAi Situation käme es dann zu einer HB-Derepression nach anterior<br />
und damit einer ektopischen Aktivierung von kni und gt. Dies wäre allerdings ein
I. 3. Diskussion<br />
Effekt, der erst im differenzierten Blastoderm zum Tragen käme, da hb vorher ubiqui-<br />
tär exprimiert ist (Wolff et al., 1995). Ein solcher aktivierender Effekt von HB auf die<br />
anteriore gt-Domäne konnte aber nicht nachgewiesen werden (Marques-Souza et al.,<br />
2008) und wurde für die anteriore kni-Domäne zumindest nicht beschrieben. Außer-<br />
dem konnte ich keine Derepression der hb-Domäne in nos/pum-RNAi-Embryonen<br />
nachweisen, weshalb diese Erklärung wohl verworfen werden kann.<br />
otd-1 spielt eine Rolle für anteriore Bereiche des Embryos (Schröder, 2003;<br />
Schinko et al., 2008; Kotkamp et al., 2010) und wurde bereits als Ziel von NANOS-<br />
abhängiger Repression postuliert (Schröder, 2003). Es könnte somit an der Entste-<br />
hung des anterioren nos/pum-RNAi-Phänotyps beteiligt sein. Allerdings erfüllt OTD-1<br />
vielfältige Rollen innerhalb der frühen Embryogenese, was die Interpretation er-<br />
schwert. Seine frühe ubiquitäre Expression fungiert als eine Art allgemeiner antia-<br />
poptotischer Faktor und ist für die Ausbildung dorso-ventraler Polarität in sehr frühen<br />
Stadien wichtig, was wiederum wesentlich für die Bildung der Anlage des anterioren<br />
Kopfes ist (Kotkamp et al., 2010). Außerdem hängt der größte Teil der Serosa von<br />
OTD-1-Aktivität ab (Schröder, 2003). So sind die Blastodermdomänen von giant und<br />
kni nach otd-1-RNAi im Zuge einer koordinierten „fate-map“ Verschiebung nach<br />
anterior verlagert und wegen des fehlenden anterioren Kopfes verkleinert (Kotkamp<br />
et al., 2010). Später ist otd-1 als Kopf-Gap-Gen nötig für die Ausbildung des Labrums<br />
und der Antennen (Schinko et al., 2008). Die Funktion innerhalb des dorso-ventralen<br />
Systems, die den Verlust des anterioren Kopfes zur Folge hat, könnte in RNAi-<br />
Experimenten einen direkten Einfluss auf gt und kni innerhalb eben dieser Region<br />
verdecken, der sich dann nach nos/pum-RNAi auswirken könnte. Die Expression von<br />
OTD-1 ist allerdings nach nos/pum-RNAi nicht offensichtlich verändert. Sollte den-<br />
noch eine Interaktion bestehen, so müsste diese sehr subtil sein, etwa eine leichte<br />
Veränderung des Expressionsniveaus oder der zeitlichen Dynamik der OTD-1-<br />
Expression. So könnte möglicherweise ein durch die Derepression erhöhtes, oder<br />
länger persistierendes hohes OTD-1-Niveau innerhalb des Bereiches des zukünfti-<br />
gen anterioren Kopfes zu einer verstärkten Aktivierung von gt und kni führen. In<br />
Drosophila-pumilio-Mutanten werden anteriore Defekte tatsächlich durch eine ver-<br />
längerte Stabilität der bcd-mRNAs und damit einem längeren Vorhandensein des<br />
BCD-Proteins hervorgerufen (Gamberi et al., 2002).<br />
Kein weiteres der bisher in Tribolium untersuchten Gene eignet sich als Kandidat<br />
für einen anterioren Faktor dessen Derepression durch NANOS und PUMILIO zu den<br />
103
I. 3. Diskussion<br />
beobachteten Auswirkungen auf eve, gt und kni führen könnte. Es besteht allerdings<br />
natürlich die Möglichkeit, dass der verantwortliche Faktor durch den bisher vor allem<br />
verfolgten Kandidatengenansatz mit Drosophila-Orthologen nicht entdeckt wurde. In<br />
der Tat bestehen noch diverse Lücken innerhalb des blastodermalen Musterbil-<br />
dungssystems (s. 3.5). So ist beispielsweise unklar wie die Expression des für einen<br />
Teil der CAUDAL-Regulation verantwortlichen Faktors mex-3 innerhalb des anterio-<br />
ren Kopfes initiiert wird (Schoppmeier et al., 2009), wofür also auch ein Faktor inner-<br />
halb anteriorer Bereiche des Embryos benötigt würde. Ein solcher Faktor X könnte<br />
ähnlich wie bcd in Drosophila (Frigerio et al., 1986; Berleth et al., 1988) als maternale<br />
mRNA am anterioren Pol lokalisiert werden und einen Proteingradienten bilden. Die<br />
anteriore Lokalisierung der maternale RNAs der Gene eagle und pangolin zeigt, dass<br />
die dafür notwendige Maschinerie in Tribolium vorhanden ist (Bucher et al., 2005).<br />
Das Ausbreiten des Faktor X-Gradienten nach posterior könnte dann durch die<br />
Funktion von NANOS und PUMILIO begrenzt werden. So wären NOS und PUM zwar<br />
an der Feinregulation des Gradienten beteiligt, ihr Fehlen würde den Gradienten aber<br />
nicht vollständig aufheben, was eine mögliche Erklärung für die lokale Begrenzung<br />
der anterioren Defekte böte. Die Derepression des Faktors X könnte dann direkt oder<br />
indirekt einen aktivierenden Effekt auf die Expression von gt und kni innerhalb des<br />
Bereichs der zukünftigen Anlagen des anterioren Kopfes vermitteln.<br />
104<br />
Mittlere oder niedrige Konzentrationen des Faktors X innerhalb anteriorer Anla-<br />
gen könnten außerdem eine Rolle für die bisher ungeklärte Aktivierung von mex3 im<br />
anterioren Kopf und für die Bildung des ersten eve-Streifens spielen, dessen Regula-<br />
tion selbst in Drosophila noch weitgehend unverstanden ist (Fujioka et al., 1999).<br />
Eine Überaktivierung von mex-3 durch den dereprimierten Faktor X könnte zu einer<br />
verstärkten oder beschleunigten CAD-Repression führen und somit die Bildung des<br />
ersten eve-Streifens, der sehr sensitiv auf die Reduktion der CAD-Aktivität reagiert<br />
(Schoppmeier et al., 2009), verhindern.<br />
Es wird also deutlich, dass gerade die regulativen Interaktionen innerhalb des<br />
Tribolium Blastoderms, die zu den ersten Regionalisierungen und zur anterioren<br />
Segmentierung des Tribolium-Embryos führen, noch weitgehend unverstanden und<br />
nicht alle beteiligten Faktoren bekannt sind. Genauere Analysen der Expressions-<br />
muster von gap- und Kopfgenen und deren Interaktionen sowie die Suche nach<br />
neuen, wichtigen anterioren Faktoren der Tribolium Embryogenese werden helfen<br />
die Kopfdefekte nach nos/pum-RNAi besser zu verstehen, und das genetische
I. 3. Diskussion<br />
Netzwerk, das zur Regionalisierung des Tribolium-Blastoderms führt zu entschlüs-<br />
seln.<br />
3.3. Wo wirken nanos und pumilio?<br />
Die beschriebenen, distinkten RNAi-Phänotypen legen nahe, dass nanos und<br />
pumilio im Tribolium-Embryo spezifische Aufgaben für die Musterbildung erfüllen,<br />
und eher keine allgemeinen Funktionen, beispielsweise beim Abbau von mRNAs<br />
oder der Zellzykluskontrolle wahrnehmen. So stellt sich die Frage, wie die Funktion<br />
von nanos und pumilio auf bestimmte Bereiche des Embryos beschränkt wird. In<br />
Drosophila wird die Funktion des nanos/pumilio-Komplexes über die Lokalisierung<br />
der nos-mRNA am posterioren Pol des Embryos räumlich begrenzt (Wang und<br />
Lehmann, 1991). In Tribolium, wie in Drosophila, ist die maternale pumilio-mRNA<br />
ubiquitär verteilt, so dass auch hier nanos die räumliche Spezifität vermitteln sollte.<br />
Wie in 2.2.2 beschrieben war es allerdings nicht möglich, nanos-mRNA- oder Prote-<br />
inexpression in situ zu detektieren, obwohl die mRNA durch RT-PCR über alle Ent-<br />
wicklungsstadien nachweisbar war, und die RNAi-Phänotypen deutlich die Aktivität<br />
des Tribolium-nanos-Gens belegen.<br />
Die whole-mount in-situ-Hybridisierung an Tribolium-Embryonen ist eine gut etab-<br />
lierte Methode (z.B. Sommer und Tautz, 1993; Brown et al., 1994a) und wird auch in<br />
<strong>Erlangen</strong> seit Jahren erfolgreich angewandt. Somit ist es unwahrscheinlich, dass rein<br />
technische Schwierigkeiten den Grund für das Fehlen des Nachweises in situ dar-<br />
stellen. Trotzdem wurde versucht durch unterschiedliche Färbemethoden die Sensiti-<br />
vität zu erhöhen sowie die Permeabilität der Gewebe und die Länge und Sequenz<br />
der Sonden zu variieren (s. 4.2.1). Der Vergleich mit durchgeführten Positivkontrollen<br />
und die Erfahrung mit in-situ-Hybridisierungen anderer Tribolium-Gene, wie sie<br />
mehrfach auch in dieser Arbeit gezeigt werden, macht deutlich, dass Sonden, Emb-<br />
ryonen und Fehler in der Methode als Grund für den fehlenden Nachweis ausge-<br />
schlossen werden können. Der erfolglose Einsatz von polyklonalen Antiseren gegen<br />
zwei synthetisch hergestellte Peptide des NANOS-Proteins (Eurogentech, Köln,<br />
Deutschland/Seraing, Belgien; s. 4.2.2) könnte dagegen auf rein technische Schwie-<br />
rigkeiten zurückzuführen sein. Obwohl die Auswahl der Peptide von Fachleuten der<br />
Firma Eurogentec getroffen wurde, ist es durchaus möglich, dass diese Epitope im<br />
nativen bzw. fixierten Protein nicht ausreichend zugänglich waren und somit der<br />
105
I. 3. Diskussion<br />
Nachweis eines möglicherweise in geringen Konzentrationen vorliegenden Proteins<br />
verhindert wurde.<br />
106<br />
Tribolium-nanos ist anhand seiner charakteristischen Zink-Finger-Domäne (Curtis<br />
et al., 1997) zweifelsfrei als nanos-Ortholog zu identifizieren. Diese Domäne ist durch<br />
die invarianten, ungewöhnlichen Abstände der funktionellen Aminosäuren unver-<br />
wechselbar (Curtis et al., 1997). Dies zeigt zwar, dass es sich bei dem hier unter-<br />
suchten Gen um ein nanos-Ortholog handelt, nicht aber, dass es das einzige im<br />
Tribolium Genom ist. Das Vorhandensein eines weiteren nanos-Homologs würde die<br />
Möglichkeit eröffnen, dass es sich bei dem hier beschriebenen nanos-Gen um ein<br />
inaktiviertes, Pseudogen-ähnliches Paralog handelt (D'Errico et al., 2004). Dessen<br />
mRNA würde dann zwar noch produziert werden, was den Nachweis durch RT-PCR<br />
ermöglichen würde, müsste dann aber schnell degradieren, so dass der in situ<br />
Nachweis verhindert würde. Diese Erklärung ist möglich, scheint aber unwahrschein-<br />
lich. Naszierende RNAs können auch mit Standard-Methoden im Kern nachgewiesen<br />
werden (z.B. knirps, nicht gezeigt), so dass also die Degradierung der reifen mRNA<br />
alleine den mangelnden in situ Nachweis nicht erklären kann. Außerdem konnten im<br />
Tribolium Genom keine weiteren Sequenzen identifiziert werden, deren putative<br />
Proteinsequenzen zumindest Ähnlichkeiten zu Teilen der bekannten NANOS-<br />
Proteine aufweisen. Innerhalb des sequenzierten Genoms gibt es also kein weiteres<br />
nanos-Homolog. Die Möglichkeit, dass ein solches in den unsequenzierten Berei-<br />
chen des Tribolium Genoms liegt, ist nicht auszuschließen aber gering, da diese<br />
Bereiche zum größten Teil aus repetitiven Sequenzen bestehen (Tribolium Genome<br />
Sequencing Consortium, 2008). Die durch nanos-RNAi hervorgerufenen Phänotypen<br />
und deren Ähnlichkeit zu den pum-RNAi-Effekten schließlich, zeigen deutlich, dass<br />
das hier untersuchte nanos in Tribolium ein aktives, funktionelles Gen darstellt.<br />
Möglicherweise ist die vorhandene nanos-mRNA in situ nicht für eine Hybridisie-<br />
rung zugänglich. In Drosophila wird nanos-mRNA lokalisiert und streng translationell<br />
reguliert, woran mehrere RNA-bindende Proteine beteiligt sind (Wharton und Struhl,<br />
1989; Bergsten und Gavis, 1999; Bergsten et al., 2001; Zaessinger et al., 2006; Jain<br />
und Gavis, 2008). Die bisher bekannte Tribolium-nanos-RNA ist deutlich kürzer als<br />
die Drosphila-mRNA (1081 vs. 2347 Nukleotide), so dass vorhandene Proteine die<br />
Hybridisierung stärker beeinflussen könnten. Allerdings sollten Dauer und Tempera-<br />
tur der Hybridisierung in der Regel ausreichen, um eine durch Formaldehyd hervor-
I. 3. Diskussion<br />
gerufene Vernetzung der Proteine und RNA wieder zu lösen. Eine übermäßige<br />
Vernetzung könnte aber irreversibel sein (Masuda et al., 1999; Orlando, 2000).<br />
Wie schon in 2.2.2 erwähnt, ist es die wahrscheinlichste Erklärung, dass die na-<br />
nos Expressionstärke die Sensitivität der in-situ-Hybridisierung unterschreitet und so<br />
der Nachweis verhindert wird. Die RT-PCR Experimente zeigen, dass das nanos-<br />
Gen exprimiert und gespleißt wird (s. 2.2.2), lassen aber keine definitive Aussage<br />
über die Expressionsstärke zu. Tribolium-nanos-Expression konnte auch durch Real-<br />
time-PCR-Experimente nachgewiesen werden, wobei ein vergleichsweise niedriges<br />
Expressionslevel festgestellt wurde (Dr. Joel Savard, persönliche Mitteilung). Diese<br />
PCR-Methoden gelten, zumindest in anderen Systemen (Biedermann et al., 2004),<br />
als sensitiver im Vergleich zu colorimetrischer ISH. Eine Erklärung für ein niedriges<br />
nanos Expressionsniveau könnte das Fehlen von Polzellen und eines ausgeprägten<br />
Polplasmas in Tribolium bieten (Grünfelder, 1998). In Drosophila ist die nanos-mRNA<br />
zunächst auf das Polplasma und dann auf die Polzellen begrenzt (Wang und Leh-<br />
mann, 1991; Gavis und Lehmann, 1992). Ohne die Bildung eines Polplasmas unter-<br />
bleibt möglicherweise eine ausgeprägte Konzentrierung der für die primordialen<br />
Keimzellen nötigen Faktoren, was zu einer breiteren Verteilung der RNAs und niedri-<br />
gerer lokaler Konzentration führen könnte. Wenn man also von einer zu Drosophila<br />
konservierten posterioren Lokalisierung von nanos ausgeht, würde in einer Spezies<br />
ohne Polzellen auch eine weniger ausgeprägte Lokalisierung ausreichen, was die<br />
Detektion erschweren könnte. Die Ausbildung eines Gradienten ist natürlich auch<br />
von einer mRNA die sich innerhalb eines etwas größeren Bereichs des posterioren<br />
Embryos befindet möglich, ähnlich wie bei bcd am anterioren Pol von Drosophila-<br />
Embryonen (Berleth et al., 1988; St Johnston et al., 1989).<br />
In Zukunft können möglicherweise sensitivere Detektionsmethoden wie z.B. in-<br />
situ-RT-PCR (Abdel-Latief, 2007; Abdel-Latief et al., 2008), Reportergenkonstrukte<br />
oder Antikörper gegen das vollständige NANOS-Protein helfen, diese Lücke zu<br />
schließen.<br />
nanos-mRNA könnte lokalisiert sein<br />
Im Folgenden möchte ich die Möglichkeiten einer lokalisierten nanos-Aktivität be-<br />
sprechen, die es erlauben würden dem nanos/pumilio-Komplex räumliche Spezifität<br />
zu vermitteln.<br />
Die beschriebenen anterioren und posterioren Defekte erfordern nanos Aktivität<br />
an unterschiedlichen Orten des Tribolium-Embryos. Das Auftreten der posterioren<br />
107
I. 3. Diskussion<br />
Effekte, also Defekte im posterioren Blastoderm und Keimrudiment, sowie die Re-<br />
duktion abdominaler Segmente (s. 2.4) ließe sich auf eine am posterioren Pol lokali-<br />
sierte NANOS-Expression zurückführen, die nur dort ihre Wirkung entfalten müsste.<br />
Mit einer solchen auf den posterioren Pol beschränkten Aktivität ließen sich aber die<br />
anterioren Phänotypen, die sich innerhalb der Kopfanlage beobachten lassen (s.<br />
2.5), nicht erklären. Diese erfordern eine zusätzliche nanos Aktivität in anterioren<br />
Bereichen. Eine Möglichkeit hierfür wäre beispielsweise die zusätzliche anteriore<br />
Lokalisierung maternaler nanos-mRNA. Die Lokalisierung der maternalen RNAs der<br />
Gene eagle und pangolin am anterioren Pol zeigt, dass die zelluläre Maschinerie für<br />
diesen Prozess prinzipiell in Tribolium existiert (Bucher et al., 2005). Von dieser<br />
anterioren nanos-mRNA ausgehend ließen sich dann die anterioren Phänotypen<br />
erklären (s. 3.2), wenngleich sich die in schwächeren nanos-RNAi auftretenden<br />
Transformationen des labialen Segments zu thorakalem Schicksal in diesem Fall<br />
kaum noch im direkten Einflussbereich einer solchen Domäne befinden dürften.<br />
Außerdem müsste man sich die Frage stellen, warum die Wirkung einer anterior<br />
lokalisierten RNA erst in zentralen Bereichen des Embryos zu Defekten führt und<br />
nicht schon in weiter anterior liegenden Bereichen. Eine einfachere, und im Hinblick<br />
auf Drosophila konservativere, Erklärung aller Phänotypen böte ein von einer poste-<br />
rior lokalisierten nanos-mRNA ausgehender NANOS Gradient. Dieser könnte bis in<br />
die zentralen Bereiche des Blastoderms wirken, und am posterioren Pol mit höchster<br />
Konzentration seine Rolle für die Anlage bzw. Funktion der Wachstumszone erfüllen.<br />
Niedrige Konzentrationen innerhalb der anterioren Bereiche der zukünftigen Embry-<br />
onalanlage könnten ausreichen, um die dort nötigen subtilen Effekte zu erzielen, die<br />
für die Ausprägung des anterioren Kopfes nötig sind. Vorstellbar ist auch, dass ein<br />
solcher Gradient nur bei einer bestimmten, relativ geringen Niveauabsenkung zu<br />
Phänotypen innerhalb des labialen Segments führen könnte.<br />
108<br />
Des weiteren wäre es möglich, dass nanos-mRNA zusätzlich zu einer posterioren<br />
Lokalisation auf niedrigem Niveau im gesamten Embryo exprimiert wird. Dies ent-<br />
spräche der frühen nanos-Expression in Drosophila-Embryonen, wo allerdings von<br />
nicht lokalisierter mRNA kein Protein synthetisiert wird (Bergsten und Gavis, 1999).<br />
Eine solche ubiquitäre Expression könnte an der Entstehung des anterioren Phäno-<br />
typs beteiligt sein und beispielsweise eine Rolle für die Feinregulation der Gap-Gen-<br />
Domänen spielen.
I. 3. Diskussion<br />
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, dass ein weiterer, zusätzlicher Faktor, der<br />
gemeinsam mit NOS und PUM die Ziel-mRNAs bindet für die räumliche Spezifität<br />
des NOS/PUM-Komplexes verantwortlich ist. Ein solcher Faktor ist momentan aller-<br />
dings rein spekulativ, könnte aber auf ähnliche Art und Weise wie oben für nanos<br />
besprochen die Ortsspezifität des Komplexes vermitteln.<br />
Auch der Blick auf die Situation in anderen Insektenarten macht keines dieser<br />
Modelle deutlich wahrscheinlicher, da sich eine große Varianz zeigt. Die veröffent-<br />
lichten Daten sprechen allerdings auch nicht gegen eine konservierte posteriore<br />
Lokalisierung der nanos-mRNA in Tribolium. In etlichen Arten wird nanos mit einem<br />
posterioren Fokus exprimiert, dieser stellt jedoch nicht immer die einzige Expressi-<br />
onsdomäne dar. Innerhalb der Langkeim Insekten scheint eine Lokalisierung der<br />
maternalen nanos RNA am posterioren Pol konserviert zu sein, so zu finden in<br />
Drosophila, Apis oder Nasonia (Wang und Lehmann, 1991; Dearden, 2006; Olesni-<br />
cky und Desplan, 2007), allerdings findet sich sogar innerhalb der Dipteren Expressi-<br />
on in anderen Bereichen. So ist in den Moskitos Anopheles gambiae und Culex<br />
quinquefasciatus transiente anteriore Lokalisierung von nanos-mRNA, und in der<br />
Winterschwebfliege Episyrphus balteatus sogar eine zusätzliche ubiquitäre Kompo-<br />
nente nachweisbar (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke und Schmidt-Ott,<br />
2009). Auch in Kurzkeimern finden sich unterschiedliche Expressionsmuster. So wird<br />
in der Heuschrecke Schistocerca americana zwar maternale RNA im posterioren<br />
Bereich der Oozyte deponiert, jedoch davon kein Protein synthetisiert. Erst in späte-<br />
ren Keimrudimentstadien wird NANOS dann zygotisch an posteriorer Position expri-<br />
miert (Lall et al., 2003). Der Seidenspinner Bombyx besitzt gar vier nanos-Orthologe,<br />
die ubiquitäre maternale Expression, Expression in den primordialen Keimzellen,<br />
zygotische posteriore Expression und diverse Expressionsmuster in weiteren Gewe-<br />
ben zeigen (Nakao et al., 2008). Wie groß neben dieser Varianz der Expressions-<br />
muster die Konservierung der nanos/pumilio Funktion ist, bleibt aus Mangel an<br />
funktionellen Studien ebenso offen.<br />
Ein vom posterioren Pol ausgehender nanos-Gradient, der bis in anteriore Bereiche<br />
des Embryos wirkt, bietet also bei diesem Stand der Analyse die einfachste und<br />
durchaus nicht unwahrscheinliche Erklärung für die räumlich spezifische Funktion<br />
des nos/pum-Komplexes.<br />
109
I. 3. Diskussion<br />
Abb. 24: Schema der Funktion von nanos und pumilio in frühen Tribolium-Embryonen<br />
Schematische Darstellung der Regionalisierung des Tribolium Blastoderms. NANOS und<br />
PUMILIO wirken innerhalb der posterioren Hälfte, möglicherweise durch einen, bisher nicht<br />
nachweisbaren, posterior nach anterior verlaufenden nanos-Gradienten. Höchste Konzentrationen<br />
am posterioren Pol sind, gemeinsam mit der Aktivität des torso-Signalwegs (TOR*),<br />
wichtig für die Ausbildung oder die Funktion der Wachstumszone (WZ). Außerdem ist es<br />
möglich, dass sie dort HB regulieren. Niedrigere Konzentrationen in zentralen Bereichen<br />
könnten einen unbekannten anterioren Faktor X regulieren oder in subtilem Maße auf OTD-<br />
1-Expression einwirken.<br />
110
I. 3. Diskussion<br />
3.4. Das Zusammenspiel von terminalen und posterioren Signa-<br />
len stellt möglicherweise einen konservierten Mechanismus<br />
dar<br />
In Drosophila besteht die Musterbildungsfunktion von nanos und pumilio in der<br />
Regulation der maternalen hb-mRNA und der Begrenzung der HB-Expression auf die<br />
anteriore Hälfte des Embryos (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a). Diese<br />
Regulation ist notwendig, um im posterioren Bereich des Embryos die Bildung des<br />
Abdomens zu ermöglichen (St Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992). In Abwesen-<br />
heit der ubiquitären maternalen hb-mRNA ist allerdings auch die Aktivität des<br />
nos/pum Komplexes verzichtbar für die Segmentierung, er erfüllt also keine weiteren<br />
Funktionen für die Morphogenese (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl,<br />
1989).<br />
Ob nanos und pumilio, in Analogie zu Drosophila, auch in Tribolium einen Ein-<br />
fluss auf die maternale hb-mRNA haben, ist unklar. Es ist außerdem fraglich, ob eine<br />
solche eine ähnlich zentrale Rolle spielen könnte. In Tribolium als Kurzkeiminsekt<br />
findet die Bildung abdominaler Segmente im Vergleich zu Drosophila erst deutlich<br />
später unter zygotischer Kontrolle statt (Schröder et al., 2008), wobei also die mater-<br />
nale hunchback-Komponente nicht mehr zum Tragen kommen kann. Ein Effekt auf<br />
die Anlage der Wachstumszone, z.B. durch eine Regulation der posterioren gt-<br />
Domäne, könnte allerdings vorhanden sein (s. 3.1).<br />
Die Notwendigkeit maternale hb-mRNA im posterioren Bereich des Blastoderms<br />
zu reprimieren um die Bildung abdominaler Segmente zu erlauben, könnte eine<br />
prinzipiell wichtige Rolle für die Langkeimentwicklung spielen. Allerdings scheint dies<br />
in unterschiedlichen Langkeiminsekten variabel. Beweise für eine wichtige Rolle<br />
existieren nur in Drosophila. Das Vorhandensein einer translationellen Regulation<br />
maternaler hb RNA wurde zwar auch in Nasonia gezeigt (Pultz et al., 2005), ob diese<br />
aber eine wichtige Funkton hat und von nanos und pumilio abhängt ist unbekannt.<br />
Nasonia-nanos-RNAi-Phänotypen ähneln allerdings den nanos-Drosophila-Mutanten<br />
(J. Lynch, persönliche Mitteilung). Selbst innerhalb der Dipteren scheint das System<br />
nicht konserviert zu sein. So gibt es beispielsweise in dem Moskito Anopheles gam-<br />
biae und der Schwebfliege Episyrphus balteatus keine maternale hb-Expression<br />
(Goltsev et al., 2004; Lemke und Schmidt-Ott, 2009). Die in Episyrphus durchgeführ-<br />
ten funktionellen Studien zu nanos/pumilio zeigen dann auch tatsächlich, dass die<br />
111
I. 3. Diskussion<br />
nanos Funktion in dieser Situation entbehrlich zu sein scheint (Lemke und Schmidt-<br />
Ott, 2009).<br />
112<br />
In Kurzkeimembryonen sind die vorhandenen Daten ebenfalls nicht einheitlich<br />
und sehr variabel. Während in Tribolium eine translationelle Regulation postuliert<br />
wurde (Wolff et al., 1995), ist in der Wanze Oncopeltus fasciatus unklar, ob die<br />
Entwicklung der frühen hb-Expression unter Beteiligung von translationeller Kontrolle<br />
stattfindet (Liu und Kaufman, 2004). Im Seidenspinner Bombyx mori und der Heu-<br />
schrecke Schistocerca americana fehlt wiederum maternale hb-RNA, wobei in bei-<br />
den Arten die Expressionsmuster eine zygotische Regulation von hb durch nanos<br />
zumindest für begrenzte Zeit vermuten lassen (Bombyx, nanosP) bzw. stark nahe<br />
legen (Schistocerca) (Lall et al., 2003; Nakao et al., 2008).<br />
Die vorhandenen Daten weisen also darauf hin, dass die Regulation von mater-<br />
naler hb-mRNA durch nanos/pumilio kein hoch konservierter Zusammenhang ist und<br />
deren Bedeutung in Drosophila eine Ausnahme darstellen könnte.<br />
In Drosophila wurde eine weitere Funktion von nanos beschrieben, die mögli-<br />
cherweise eine anzestrale Musterbildungsfunktion darstellen könnte. Dort interagiert<br />
nanos mit dem terminalen System und trägt einen Teil zur Aktivierung terminaler<br />
Zielgene bei, indem es Einfluss auf die Expression des Repressors CAPICUA nimmt<br />
(Cinnamon et al., 2004). Dieser Effekt bleibt allerdings von untergeordneter Bedeu-<br />
tung. Die in dieser Arbeit gezeigten Ergebnisse lassen vermuten, dass eine solche<br />
Interaktion von nanos und pumilio mit dem terminalen System auch in Tribolium<br />
besteht (s. 3.1). Beide Gene scheinen hier auf die Expression terminaler Zielgene<br />
einzuwirken und damit Einfluss auf die Funktion der posterioren Wachstumszone zu<br />
nehmen. Das terminale System ist in Tribolium nötig für die Bildung aller abdomina-<br />
len und des dritten thorakalen Segments (Schoppmeier und Schröder, 2005) und<br />
spielt somit eine wichtigere Rolle als in Drosophila, wo sich der Einfluss auf das<br />
posteriore Abdomen der Larve beschränkt (Furriols und Casanova, 2003). Die Aktivi-<br />
tät am posterioren Pol früher Tribolium-Embryonen ist offensichtlich nötig für die<br />
Anlage der Wachstumszone. Um diesen wichtigen Prozess sicher zu stellen, könnte<br />
sich in Tribolium auch der Einfluß von nanos und pumilo auf die Expression termina-<br />
ler Zielgene verstärkt haben, der ja in Drosophila keine wichtige Rolle spielt<br />
(Cinnamon et al., 2004). Kürzlich wurde eine Verbindung zwischen der Rolle von<br />
NOS für die Expression terminaler Zielgene und der Regulation von HB in Drosophila<br />
aufgezeigt (Kim et al., 2010c). Dort scheint HB im Falle einer posterioren Derepres-
I. 3. Diskussion<br />
sion als Substrat der von TORSO aktivierten MAP-Kinase zu fungieren und als<br />
solches mit dem Repressor CAPICUA zu kompetitieren, wodurch dieser terminal<br />
nicht vollständig inaktiviert wird, so dass wiederum die Expression terminaler Zielge-<br />
ne stäker reprimiert wird. Ein ähnlicher Zusammenhang könnte auch in Tribolium<br />
bestehen, wenn man davon ausgeht, dass HB von NOS/PUM am posterioren Pol<br />
reprimiert wird.<br />
Die Bedeutung des torso-Signalwegs für die Tribolium Wachstumszone eröffnet<br />
die Möglichkeit, dass Faktoren des terminalen Systems eine ursprünglich wesentli-<br />
che Rolle für die Bildung abdominaler Segmente einnehmen. So ist tll beispielsweise<br />
in der Hymenoptere Nasonia tatsächlich notwendig für die Bildung der fünf posterio-<br />
ren abdominalen Segmente (Lynch et al., 2006), wobei allerdings die Aktivierung der<br />
tll-Expression nicht vom torso-Signalweg abhängt, dessen Komponenten zumindest<br />
teilweise in Hymenopteren fehlen (Dearden et al., 2006; Honeybee Genome Se-<br />
quencing Consortium, 2006). In Anbetracht der großen Varianz im Auftreten mater-<br />
naler hb-mRNA könnte die in Drosophila wahrscheinliche und in Tribolium mögliche<br />
Interaktion von nanos und dem terminalen System tatsächlich eine evolutionär alte<br />
Verbindung sein, die innerhalb der als anzestral angesehenen Kurzkeimentwicklung<br />
(Davis und Patel, 2002) die Segmentbildung aus der posterioren Wachstumszone<br />
sicherstellt und damit eine wichtige Musterbildungsfunktion erfüllt. Für die Überprü-<br />
fung dieser These werden zusätzliche Erkenntnisse aus Kurzkeiminsekten weiterer<br />
Phyla wie Oncopeltus oder Gryllus wertvolle Beiträge leisten.<br />
113
I. 3. Diskussion<br />
3.5. Die antero-posteriore Achse im Tribolium-Blastoderm<br />
114<br />
Am Beginn dieser Arbeit stand die These im Raum, dass otd-1 und hb in Triboli-<br />
um ähnliche Aufgaben übernehmen wie bicoid in Drosophila und instruktive Funktion<br />
für die Bildung der blastodermalen Segmentanlagen haben (Schröder, 2003). nanos<br />
und pumilio sollten ihre Expression von posterior reprimieren und somit den initial<br />
ubiquitären Faktoren räumliche Asymmetrie geben (Wolff et al., 1995; Schröder,<br />
2003). Dieses Modell konnte durch die vorliegende und andere Arbeiten der letzten<br />
Jahre nicht bestätigt werden. So zeigte sich, dass hb nicht wie angenommen für die<br />
Ausbildung von Segmentanlagen des zukünftigen Gnathums nötig ist, sondern<br />
vielmehr durch die Regulation von Hox-Genen deren Identität vermittelt und stattdes-<br />
sen an der Bildung abdominaler Segm ente beteiligt ist (Cerny, 2007; Marques-<br />
Souza et al., 2008). otd-1 erfüllt zwar diverse Funktionen innerhalb des frühen Tribo-<br />
lium-Embryos, der transiente Gradient scheint aber ebenfalls keine instruktive Funk-<br />
tion für die Bildung anteriorer Segmentanlagen zu haben. So kommt es nach otd-1-<br />
RNAi zwar zu „fate-map“-Verschiebungen, die gnathalen Segmente werden aber<br />
angelegt (Kotkamp et al., 2010). Schließlich wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass<br />
nanos und pumilio nicht für die OTD-1-Repression in der posterioren Hälfte des<br />
Embryos verantwortlich sind, und sie somit nicht im vermuteten Sinne den posterio-<br />
ren Gegenspieler darstellen, welcher folglich unbekannt bleibt. Die Beteiligung an der<br />
posterioren Repression von HUNCHBACK konnte allerdings nicht ausgeschlossen<br />
werden.<br />
In der vorliegenden Arbeit konnte ich zeigen, dass nanos und pumilio aber<br />
durchaus Funktionen für die Tribolium Embryogenese erfüllen. Sie wirken dabei auf<br />
zwei räumlich getrennte Bereiche. Einerseits auf die Bildung abdominaler Segmente,<br />
andererseits auf die Entwicklung des antennalen und mandibulären Segments und<br />
des anterioren Kopfes. Beide Funktionen stehen wahrscheinlich mit einer Beteiligung<br />
an der Musterbildung in blastodermalen Stadien in Zusammenhang. Vermutlich<br />
vermittelt nanos, ebenso wie in Drosophila (Wang und Lehmann, 1991), die räumli-<br />
che Spezifität des Komplexes über einen posterior-anterioren Gradienten. Dabei<br />
wirken nanos und pumilio innerhalb des Bereichs der postulierten höchsten Konzent-<br />
ration auf die korrekte Etablierung der Wachstumszone, indem sie parallel zum torso-<br />
Signalweg offenbar auf die Expression terminaler Zielgene, zumindest aber auf die<br />
Aktivierung von tll, gt und kni einwirken. In der Folge könnte der Verlust der posterio-
I. 3. Diskussion<br />
ren gt-Domäne über eine fehlende Aktivierung des Paar-Regel-Gen-Regelkreises in<br />
der Wachstumszone die Wirkung auf die abdominale Segmentierung vermitteln.<br />
Diese Wirkung könnte auf einem bereits postulierten „Induktions-Ketten“ Mechanis-<br />
mus der posterioren Gap-Gen-Domänen während der Achsenelongation basieren<br />
oder auch auf eine Rolle für den Beginn des „pair-rule circuits“ zurückzuführen sein<br />
(Bucher und Klingler, 2004). Bei der Etablierung der Wachstumszone und mögli-<br />
cherweise auch bei der Aktivierung der posterioren gt- und kni-Domänen könnte<br />
auch die postulierte (aber nicht überprüfbare) posteriore Repression von HB eine<br />
Rolle spielen.<br />
Die Anahme eines nanos-Gradienten ist die einfachste Erklärung für die posterio-<br />
ren und die anterioren Effekte nach nanos/pumilio-RNAi. Durch einen bis in die<br />
zentralen Bereiche des Embryos reichenden Gradienten könnten nanos und pumilio<br />
auch dort ihre Funktion entfalten. Offenbar sind sie hier an der Regulation der anteri-<br />
oren Domänen von gt und kni und der Etablierung des ersten eve-Streifens beteiligt.<br />
Möglicherweise haben NOS/PUM einen subtilen Einfluss auf die Regulation von<br />
OTD-1, oder sie reprimieren die Translation eines bisher unbekannten, anterioren<br />
Faktors X, dessen mRNA, ähnlich wie bcd in Drosophila (Driever und Nüsslein-<br />
Volhard, 1988a) oder eagle und pangolin in Tribolium (Bucher et al., 2005), anterior<br />
lokalisiert sein könnte. Dieser wiederum könnte an der Positionierung eines gt/kni-<br />
Repressors beteiligt sein, der früh innerhalb der Bereiche der späteren anterioren<br />
Kopfanlage aktiv ist. nanos und pumilio sind also wahrscheinlich indirekt an der<br />
Positionierung der Gap-Gen-Domänen innerhalb des Blastoderms beteiligt.<br />
Die Untersuchung der nanos/pumilio-Funktion hat in Bezug auf die Prozesse im<br />
Tribolium Blastoderm Lücken aufgezeigt. So bleibt beispielsweise ungeklärt, welcher<br />
Faktor für die posteriore Repression von otd-1 verantwortlich ist. Die anterioren<br />
Effekte nach nos/pum legen die Existenz von zwei noch unbekannten Faktoren nahe<br />
und es wird klar, dass die frühe Regulation der blastodermalen Domänen von Genen<br />
wie gt oder kni noch kaum verstanden ist. Dennoch erlauben es die heute bekannten<br />
Daten, ein Bild der blastodermalen Musterbildung in Tribolium zu zeichnen, dessen<br />
Lücken, offene Fragen und Spekulationen im Laufe der kommenden Jahre zu schlie-<br />
ßen und aufzuklären sind.<br />
Im Prinzip lässt sich die frühe Entwicklung von Tribolium bis zum differenzierten<br />
Blastoderm in drei Phasen bzw. Prozesse einteilen. Zu Beginn erfolgen die frühen<br />
Kernteilungszyklen und die Bildung des Blastoderms. Diese Phase ist geprägt von<br />
115
I. 3. Diskussion<br />
zunächst relativ statischen Proteinverteilungen ausgehend von maternalen mRNAs,<br />
deren Expressionsdomänen dann aber zunehmend reguliert werden. Um den Zeit-<br />
punkt der Aktivierung des zygotischen Genoms im noch undifferenzierten Blastoderm<br />
finden dann in einem sehr schnell ablaufenden Prozess regulative Interaktionen ab,<br />
die sowohl die maternalen Faktoren als auch die aufkommenden frühen zygotischen<br />
Gene auf immer genauer definierte Expressionsdomänen eingrenzen, also eine<br />
Phase der Regionalisierung. Diese geht fließend in ein Stadium über, in dem nun,<br />
teilweise schon morphologisch sichtbar, Schicksale determiniert werden: Serosa-<br />
und Embryonalanlage sind anhand der Zellmorphologie unterscheidbar, die posterio-<br />
re Invagination beginnt, erste Segmentanlagen werden spezifiziert. Die Beschreibung<br />
dieser „Phasen“ stützt sich sowohl auf Expressionsdaten als auch auf morphologi-<br />
sche Beschreibungen, folgt aber keinen exakten Kriterien, sondern gruppiert die<br />
Prozesse in frühen Tribolium-Embryo eher in thematische Kategorien (Brown et al.,<br />
1994c; Nagy und Carroll, 1994; Sommer und Tautz, 1994; Wolff et al., 1995; Li et al.,<br />
1996; Brown et al., 1997; Grünfelder, 1998; Schulz et al., 1998; Chen et al., 2000;<br />
Handel et al., 2000; Schröder et al., 2000; Schröder, 2003; Bucher und Klingler,<br />
2004; Bucher et al., 2005; Cerny et al., 2005; Schoppmeier und Schröder, 2005; van<br />
der Zee et al., 2005; Choe et al., 2006; Savard et al., 2006a; Cerny et al., 2008;<br />
Marques-Souza et al., 2008; Schinko et al., 2008; Schoppmeier et al., 2009; Kot-<br />
kamp et al., 2010).<br />
Maternale Phase:<br />
Die Asymmetrien, die der Tribolium-Oozyte während der Oogenese vermittelt<br />
werden, müssen in der Embryonalentwicklung bei der Etablierung der anteroposteri-<br />
oren Achse umgesetzt werden. An dieser Umsetzung sind diverse bereits aus Dro-<br />
sophila bekannte Faktoren beteiligt, einige Komponenten sind aber nach wie vor<br />
unbekannt. Ähnlich wie in Drosophila lassen sich anteriore, posteriore und terminale<br />
Systeme unterscheiden, die eng miteinander vernetzt sind. Das terminale System ist<br />
dabei sowohl für die Anlage der Serosa als auch für die Etablierung der posterioren<br />
Wachstumszone nötig, und erfüllt damit eine wichtigere Rolle als beispielsweise in<br />
Drosophila (Schröder et al., 2000; Furriols und Casanova, 2003; Schoppmeier und<br />
Schröder, 2005). Auch die frühe otd-1-Expression ist wichtig für die Etablierung der<br />
Serosaanlage (Kotkamp et al., 2010), möglicherweise wirken OTD-1 und TORSO<br />
dort synergistisch auf die Expression von zen-1 und -2 ein (vgl. (Finkelstein und<br />
Perrimon, 1990; van der Zee et al., 2005; Koniszewski, 2007; Kotkamp et al., 2010).<br />
116
I. 3. Diskussion<br />
Außerdem hat otd-1 Einfluss auf die Bildung der dorso-ventralen Achse und ermög-<br />
licht so die Ausbildung des anterioren Kopfes als ventraler Anlage. Die zunächst<br />
maternal ubiquitäre otd-1-Expression wird wahrscheinlich durch einen bisher unbe-<br />
kannten Faktor innerhalb der posterioren Hälfte des Embryos reprimiert, der dabei<br />
entstehende transiente Protein-Gradient scheint aber keine Musterbildungsfunktion<br />
inne zu haben (Kotkamp et al., 2010). Eine etwas spätere anteriore Repression<br />
könnte in einer Art negativer Rückkopplung durch ZEN-1 vermittelt werden, oder<br />
möglicherweise ähnlich wie in Drosophila durch das terminale System. Ebenfalls auf<br />
die Bildung des anterioren Kopfes könnte der in dieser Arbeit postulierte anteriore<br />
Faktor X einwirken. Er würde von NANOS/PUMILIO als posteriorem Repressor<br />
reguliert und wäre an der Positionierung der anterioren Grenzen der kni- und gt-<br />
Expressionsdomänen und an der Bildung des ersten eve-Streifens beteiligt. Außer-<br />
dem könnte dieser Faktor X auch auf die Expression des zygotischen Faktors mex-3<br />
innerhalb der Kopfanlage einwirken, der neben zen-2 in der Serosaanlage, die ma-<br />
ternal ubiquitäre CAUDAL-Expression auf den posterioren Bereich des Embryos<br />
begrenzt (Schoppmeier et al., 2009). CAD ist für die Ausbildung aller embryonalen<br />
Segmente posterior des anterioren Kopfes wichtig und beeinflusst somit sowohl die<br />
Bildung blastodermaler Segmentanlagen als auch die Funktion der Wachstumszone<br />
(Copf et al., 2004). CAD ist dabei wichtig für die blastodermale eve-Expression und<br />
könnte noch weiter reichenden aktivierenden Einfluss auf die zygotische Expression<br />
von beispielsweise gt, kni und hb innerhalb der posterioren Hälfte des Blastoderms<br />
haben, ähnlich wie CAD die Expression der posterioren Domänen von gt und kni in<br />
Drosophila aktiviert (Rivera-Pomar et al., 1995; Schulz und Tautz, 1995). Die Ausbil-<br />
dung der Anlage der posterioren Wachstumszone schließlich, findet offenbar in den<br />
posteriorsten Bereichen des Embryos statt und erfordert sowohl die Aktivität von<br />
torso, nanos und pumilio als auch von caudal und zygotischen Wnt-Genen (diese<br />
Arbeit, (Copf et al., 2004; Schoppmeier und Schröder, 2005; Bolognesi et al., 2008b).<br />
Außer diesen Faktoren, deren maternale Funktionen innerhalb des Blastoderms eine<br />
Rolle spielen, haben auch die Gap-Gene giant und hunchback eine maternal ubiqui-<br />
täre Expressionskomponente (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004). Die<br />
Regulation dieser Expression auf die relativ klar abgegrenzten zygotischen Domänen<br />
ist größtenteils noch nicht verstanden. Die anteriore Repression von gt könnte im<br />
Bereich der Serosaanlage beispielsweise durch ZEN-1, und innerhalb der zukünfti-<br />
gen Anlage des anterioren Kopfes durch einen von Faktor X positionierten Repressor<br />
117
I. 3. Diskussion<br />
vermittelt werden. hb hingegen bleibt in der Serosaanlage exprimiert und wird im<br />
anterioren Kopf wahrscheinlich von einem anderen Faktor reprimiert. Die initiale<br />
posteriore Repression von HB könnte durch nanos und pumilio vermittelt werden,<br />
später wird die gnathale Expressionsdomäne von posterior durch Krüppel begrenzt<br />
(Marques-Souza et al., 2008). Die posteriore Regulation der anterioren gt-Domäne<br />
hingegen ist unbekannt und erfordert in frühen Stadien wohl wiederum die Aktivität<br />
eines bisher nicht beschriebenen Faktors, könnte in späteren Stadien aber durch<br />
Paar-Regel-Gene vermittelt werden.<br />
Nach diesem Szenario würden also das terminale System, das anteriore System<br />
aus Otd-1 und möglicherweise einem Faktor X, sowie das posteriore System mit<br />
caudal, nanos, pumilio und einem unbekannten OTD-1-Repressor initiale räumliche<br />
Information innerhalb des Tribolium-Blastoderms vermitteln.<br />
Zygotische Regionalisierung:<br />
Eine Reihe von Faktoren werden im weiteren Verlauf der Entwicklung in räumlich<br />
und zeitlich dynamischen Expressionsdomänen exprimiert und verfeinern schließlich<br />
die Regionalisierung des Embryos.<br />
Obwohl für zen-1 maternale Expression beschrieben wurde (van der Zee et al.,<br />
2005), ist über deren räumliche Ausdehnung nichts bekannt, weswegen ich beide<br />
zen-Gene hier nochmals als anteriorste zygotische Faktoren erwähne. Ihre Expressi-<br />
on hängt wahrscheinlich von otd-1 und dem terminalen System ab. ZEN-1 ist wichtig<br />
für die Ausprägung der Serosaanlage (Li et al., 1996; van der Zee et al., 2005) und<br />
könnte dort Gene wie gt, kni oder otd-1 reprimieren. ZEN-2 hingegen reprimiert<br />
ebenfalls dort die Expression von CAD (Schoppmeier et al., 2009). Innerhalb der<br />
Anlage des anterioren Kopfes werden zeitweilig hb, gt und kni exprimiert, und es<br />
entstehen Expressionsdomänen der Gene mex-3 und mille-pattes. MEX-3 ist inner-<br />
halb des anpterioren Kopfes nötig für die Repression von CAD und wirkt sich auch<br />
auf alle gnathalen Segmente aus (Schoppmeier et al., 2009). Die Regulation der<br />
mex-3-Expression ist noch unbekannt, denkbar wäre aber eine Beteiligung des<br />
anterioren Faktor X, der möglicherweise in mittlerer oder niedriger Konzentration<br />
aktivierend auf die anteriore mex-3-Domäne wirken könnte. Die anteriore Domäne<br />
von mlpt wird von OTD-1 aktiviert, sie scheint allerdings nicht wesentlich zu sein<br />
(Savard et al., 2006a; Kotkamp et al., 2010). hb, gt und kni werden innerhalb der<br />
anterioren Kopfanlage später nicht mehr oder schwächer exprimiert, was auf einen<br />
dortigen reprimierenden Einfluss hinweist, der im Falle von kni und gt auf die Funkti-<br />
118
I. 3. Diskussion<br />
on eines von Faktor X abhängigen Repressors zurückzuführen sein könnte. kni wird<br />
vorher in einer breiten Domäne aktiviert und in der Folge ähnlich wie gt auf eine<br />
relativ klare Domäne begrenzt. Auch hier ist, wie im Fall von gt, die Etablierung der<br />
posterioren Grenze unklar. Ein aktivierender Einfluss von CAD auf die zygotischen,<br />
anterioren Domänen von kni, gt und hb ist wie erwähnt denkbar. kni ist schließlich für<br />
die Ausbildung des antennalen und mandibulären Segments wichtig, während gt und<br />
hb vor allem für die Positionierung von Hox-Genen verantwortlich sind (Bucher und<br />
Klingler, 2004; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Bisher wurden keine<br />
Interaktionen der anterioren Domänen von hb, gt, kni und mlpt untereinander be-<br />
schrieben, wobei fraglich bleibt, ob subtilere Effekte in blastodermalen Stadien auf-<br />
grund der dynamischen Entwicklung möglicherweise nicht detektiert werden konnten.<br />
Dies steht im Gegensatz zu den Interaktionen der posterioren Domänen, auf deren<br />
Regulation während der Keimstreifstreckung ich hier nicht im Detail eingehen möchte<br />
(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Savard et al., 2006a; Cerny, 2007;<br />
Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Initiiert wird deren Expression<br />
allerdings, abgesehen von hb, am posterioren Pol des Blastoderms, unter Einfluss<br />
des terminalen Systems (Schoppmeier und Schröder, 2005; Koniszewski, 2007). Im<br />
posterioren Bereich des Blastoderms wird schließlich das Gap-Gen Krüppel aktiviert<br />
(Cerny et al., 2005). Diese Aktivierung ist abhängig von hb (Marques-Souza et al.,<br />
2008), während die Positionierung der anterioren Grenze z.T. durch gt-abhängige<br />
Repression vermittelt wird (Cerny et al., 2005; Cerny, 2007). Kr wird damit vor allem<br />
von anderen Gap-Genen reguliert. Die Expression dieser beschriebenen zygotischen<br />
Expressionsdomänen hängt also von einem schnell ablaufenden Regulationssystem<br />
aus bekannten und unbekannten, maternalen und zygotischen Faktoren ab, deren<br />
Interaktionen wahrscheinlich vor allem reprimierenden Charakter haben. Durch<br />
dieses System entstehen ähnlich wie im Drosophila Blastoderm räumlich begrenze<br />
Expressionsdomänen, die die molekulare Grundlage für die Ausbildung unterschied-<br />
licher Gewebe und Segmentanlagen darstellen.<br />
Determinierung von Gewebeschicksalen:<br />
Die Regionalisierung des Blastoderms in Bereiche differentieller Genexpression<br />
führt nun zu Differenzierungsprozessen, die teilweise schon früh morphologisch<br />
sichtbar werden, wie die veränderte Zellmorphologie der Serosa und die beginnende<br />
posteriore Invagination, oder aber zunächst nur auf molekularer Ebene Auswirkun-<br />
gen haben, wie die Bildung der Segmentanlagen. Während über die morphogeneti-<br />
119
I. 3. Diskussion<br />
schen Prozesse der extraembryonalen Membranen und der posterioren Invagination<br />
im Prinzip nichts bekannt ist, hat man über den Verlauf der Segmentierung durchaus<br />
Anhaltspunkte. Die posteriore Segmentierung in der Wachstumszone hängt in Tribo-<br />
lium vermutlich von einem Paar-Regel-Gen-Regelkreis ab, der durch Interaktionen<br />
der primären Paar-Regel-Gene even-skipped, odd-skipped und runt vermittelt wird<br />
(Choe et al., 2006). Die Expression der ersten Streifen innerhalb des Blastoderms<br />
hängt aber sicherlich auch von der Aktivität anderer Faktoren, wie den Gap-Genen<br />
oder auch den maternalen Komponenten ab. Diese Regulation ist allerdings noch<br />
wenig beschrieben. eve wird initial innerhalb der posterioren Hälfte des Blastoderms<br />
aktiviert (Brown et al., 1997), als potentieller Aktivator kommt dabei CAD in Frage.<br />
Die Positionierung der anterioren Grenze hängt zumindest unter anderem von der<br />
Aktivität von OTD-1 ab (Kotkamp et al., 2010). An der Aktivierung des ersten eve-<br />
Streifens sind CAD (Schoppmeier et al., 2009) und wahrscheinlich das System aus<br />
anteriorem Faktor X und nanos/pumilio beteiligt. Offenbar ist hierbei eine bestimmte<br />
Kombination aus Regulatoren notwendig, um die Ausbildung des ersten doppel-<br />
segmentalen Streifens zu ermöglichen. So scheint also zumindest der erste eve-<br />
Streifen einer streifenspezifischen Regulation zu unterliegen. Es wurde vermutet,<br />
dass die Unterteilung der initialen eve-Domäne in die Streifen 1, 2 und 3 auf Repres-<br />
sionsvorgänge zurückzuführen ist (Brown et al., 1997), und der „pair-rule circuit“<br />
auch im Blastoderm wirkt (Choe et al., 2006). Wahrscheinlicher scheint aber, dass<br />
eine streifenspezifische Regulation der blastodermalen Paar-Regel-Gen-Domänen<br />
gemeinsam mit den Interaktionen zwischen eve, odd und runt wie sie im Modell des<br />
Paar-Regel-Gen-Regelkreises bestehen, zur Festlegung der Segmentanlagen im<br />
Blastoderm beitragen. So führt beispielsweise gt-RNAi zum weitgehenden Verlust<br />
des zweiten runt-Streifens und zu einer Fusion der eve-Streifen 2 und 3. Diese<br />
Defekte werden im weiteren Verlauf der Segmentierung teilweise wieder ausgegli-<br />
chen, was eine ausgeprägte Plastizität des Systems deutlich macht (Cerny, 2007).<br />
Nichtsdestotrotz hat gt offenbar einen direkten Einfluss auf die Paar-Regel-<br />
Gendomänen, nämlich auf den zweiten runt-Streifen, was zum Verlust des zweiten<br />
odd-Streifens und damit zur fehlenden Separierung der eve-Streifen 2 und 3 führen<br />
könnte. Nach hb-RNAi werden innerhalb des Blastoderms zunächst nur zwei eve-<br />
Domänen gebildet, ein Effekt, der ebenfalls im weiteren Verlauf der Entwicklung<br />
korrigiert wird (Cerny, 2007). Die initiale blastodermale Expression von runt und odd<br />
ist nicht veröffentlicht, möglicherweise könnte hb aber an der Positionierung der<br />
120
I. 3. Diskussion<br />
jeweiligen ersten Streifen von odd oder runt beteiligt sein. Das Fehlen einer dieser<br />
Domänen könnte dann durch die Paar-Regel-Gen-Interaktionen dazu führen, dass<br />
nur eine der normalerweise zwei Trennungen der initialen eve-Domäne innerhalb des<br />
Blastoderms möglich ist. Untersuchungen der Enhancer-Elemente des in Paar-<br />
Regel-Streifen exprimierten Gens hairy legen außerdem das Vorhandensein von<br />
streifenspezifischen Elementen für einige der hairy-Streifen nahe (Eckert et al.,<br />
2004). Es ist also wahrscheinlich, dass die blastodermalen Paar-Regel-Genmuster<br />
durch initiale Aktivierung, vermittelt von den lokal begrenzten zygotischen und ma-<br />
ternalen Komponenten, gefolgt von Paar-Regel-Gen-Interaktionen ähnlich denen des<br />
Paar-Regel-Gen-Regulationskreises der Wachstumszonen etabliert werden. Bei<br />
letzterem könnte vor allem die Repression angrenzender Domänen (eve und odd,<br />
(Choe et al., 2006) die wesentliche Rolle spielen. Somit würden die blastodermalen<br />
Paar-Regel-Gen-Domänen durch eine Kombination aus Streifenspezifischer Aktivie-<br />
rung und „pair-rule circuit“-Regulation entstehen.<br />
Die Musterbildung im Tribolium-Blastoderm läuft also im Wesentlichen ähnlich<br />
wie in Drosophila über mehrere Stufen ab. Jedoch sind die Expressionsdomänen im<br />
Tribolium Blastoderm über den gesamten Verlauf der Entwicklung dynamischer. Die<br />
lokale Begrenzung von Expressions-Domänen maternaler Faktoren wie otd-1, gt<br />
oder cad, und zygotischer Faktoren wie kni oder den Paar-Regel-Genen entwickelt<br />
sich innerhalb eines komplexen regulatorischen Zusammenspiels. So kommt dem<br />
Rückwirken zygotischer Aktivität auf maternale Faktoren eine größere Bedeutung zu.<br />
Innerhalb dieser Systeme scheinen vor allem reprimierende Interaktionen eine wich-<br />
tige Rolle zu spielen.<br />
Obwohl viele der aus Drosophila bekannten Gene auch in Tribolium eine wichtige<br />
Rolle für die Ausprägung der Achsen spielen, sind die Lücken in unserem Verständ-<br />
nis so groß, dass die Möglichkeiten der Kandidaten-Gen Analyse offenbar nicht<br />
ausreichen, um Entwicklungsprozesse in einer phylogenetisch so entfernten Art, in<br />
diesem Fall in Tribolium, vollständig aufzuklären. Dieser Mangel macht neue Ansätze<br />
nötig, welche die Identifizierung wesentlicher Faktoren, die nicht aus Drosophila<br />
bekannt sind, möglich machen. Dieses Ziel verfolgt der im zweiten Kapitel dieser<br />
Arbeit vorgestellte genomweite RNAi-Screen „iBeetle“ auf breiter Basis.<br />
Die hier durchgeführte funktionelle Analyse von nanos und pumilio außerhalb der<br />
Dipteren zeigt erneut die enorme Plastizität früher Musterbildungsprozesse (Tautz<br />
und Schmid, 1998; Peel et al., 2005). Die initiale Einordnung beider Gene in das<br />
121
I. 3. Diskussion<br />
regulative System der frühen Tribolium Embryogenese konnte erfolgen, wirft aber<br />
noch viele Fragen über die exakten Interaktionen der Regionalisierungsprozesse<br />
innerhalb des Blastoderms auf. Vor allem die Identifizierung und Analyse neuer,<br />
bisher unbekannter Faktoren wird hierbei den Schlüssel zur Aufklärung dieser Mus-<br />
terbildungsvorgänge darstellen.<br />
122
4. Material und Methoden<br />
I. 4. Material und Methoden<br />
Die angewendeten molekularbiologischen Methoden, Lösungen und sonstige La-<br />
borbedarfsmittel richteten sich nach den Herstellerangaben der Produkte, bzw. nach<br />
Sambrook et. al. (Sambrook und Russell, 2001).<br />
Die Experimente wurden mit Tieren des San Bernadino Stammes durchgeführt<br />
(M. Klingler, persönliche Mitteilung).<br />
4.1. Klonierung<br />
Die Tribolium-Orthologe zu nanos, pumilio und brain-tumor wurden über BLAST-<br />
Homologiesuchen (http://beetlebase.org/blast/blast.html, http://www.hgsc.bcm.tmc.<br />
edu/blast.hgsc oder http://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi) mit den Drosophila Prote-<br />
insequenzen identifiziert. Fragmente der Gene wurden mit Hilfe genspezifischer<br />
Primer aus cDNA amplifiziert und kloniert.<br />
RNA aus unterschiedlichen embryonalen Stadien wurde mit Hilfe von TRIzol Re-<br />
agenz (Invitrogen) nach Herstellerangaben isoliert, die Isolate wurden vereinigt und<br />
davon mit der Superscript II Reversen Transkriptase (Invitrogen) ebenfalls nach<br />
Herstellerangabe cDNA hergestellt. Ein !l der cDNA wurde für PCR eingesetzt.<br />
Tab. 3: Primer und PCR-Bedingungen<br />
Gen/Primer<br />
nanos<br />
Annealingtemperatur<br />
fw 5’-CCCCAAAATGTTACGACT-3’<br />
bw 5’-CATGTTATATACAATGTAATTTGG-3’ 50 °C 810 bp<br />
pumilio (kloniert während der Diplomarbeit)<br />
fw 5’-CAATCACATCGTGGAG-3’<br />
bw 5’-CTCAACGAGTTAAGATGAG-3’ 50 °C 887 bp<br />
brain-tumor<br />
fw 5’-GCAAGTTCGGCGAGTTTGG-3’<br />
bw 5’-GAAACATTGGGCGTGCTTC-3’ 52 °C 713 bp<br />
Fragmentlänge<br />
PCR-Produkte wurden mit einer T4-DNA-Polymerase (New England Biolabs)<br />
vervollständigt, mit Polynukleotidkinase (New England Biolabs) phosphoryliert,<br />
mittels präparativer Agarosegelektrophorese (MinElute Gelextraction Kit, Quiagen)<br />
123
I. 4. Material und Methoden<br />
aufgereinigt und in mit CIP (Invitrogen) dephosphorylierten, mit EcoRV (New England<br />
Biolabs) geöffneten Bluescript II KS Vektor ligiert (T4 DNA-Ligase, New England<br />
Biolabs). Erhaltene Klone wurden durch Kolonie-PCR, unter Verwendung einer<br />
Probe der Kolonie als DNA-Matrizen Quelle, mit vektorspezifischen Primern (5´-<br />
CTATGACCATGATTACGCCAAG-3´, 5´-TAACGCCAGGGTTTTCCCAGT-3´, 58 °C<br />
Annealingtemperatur) verifiziert und schließlich bei der Firma Seqlab (Göttingen)<br />
sequenziert. Primer wurden von Metabion (München) synthetisiert.<br />
124<br />
Ein weiteres nanos Fragment, inklusive aus RACE bekannter 5’ UTR Sequenz<br />
wurde in meiner Diplomarbeit kloniert (Länge: 631 bp), ein dritter Klon, ausschließlich<br />
kodierende Sequenz enthaltend wurde von Dr. Michael Schoppmeier zur Verfügung<br />
gestellt (Länge: 331 bp).<br />
DNA und Protein Sequenzanalysen, sowie Primerdesign wurden unter Zuhilfe-<br />
nahme von online-Datenbanken (NCBI, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/) und der folgen-<br />
den Programme durchgeführt: CLC Sequence Viewer, Oligo 4.05, ClustalX, DNASIS<br />
2.0.<br />
4.2. Expressionsanalysen<br />
Tribolium-Embryonen für Expressionsananalysen wurden, wenn nicht anders be-<br />
schrieben, in 50 % Klorix für 2 mal 3 Minuten dechorionisiert, gespült, in einem<br />
Heptanbad aus dem Netzchen (180 !m) gesaugt und für 35 Minuten in 2 ml PEMS-<br />
Puffer, 6 ml Heptan und 350 !l 37% Formaldehydlösung fixiert. Nach der Fixierung<br />
wird die wässrige Phase entfernt und die Embryonen durch Zugabe von 8 ml Metha-<br />
nol und ca. 15 s starkes Schütteln devitellinisiert. Dadurch nicht devitellinisierte<br />
Embryonen können mehrmals durch eine 18g Kanüle gepresst werden um die noch<br />
verbliebene Vitellinhülle mechanisch zu entfernen. Vor allem Keimstreifstadien<br />
lassen sich schlecht devitellinisieren und werden durch diese Prozedur leicht zer-<br />
stört. Somit wurden Keimstreifembryonen, wenn nötig, nach der Fixierung von Hand<br />
aus der Eihülle präpariert. Hierzu werden die Embryonen einzeln aus der Heptan-<br />
phase auf doppelseitiges Klebeband (Tesa Photo Tape) gebracht, nach Verdunsten<br />
des Heptans mit DEPC-behandeltem PBS überschichtet und mit Hilfe von Minutien-<br />
nadeln aus der Eihülle präpariert. Danach werden die Embryonen so schnell wie<br />
möglich in Methanol überführt.
4.2.1. in situ Hybridisierung<br />
I. 4. Material und Methoden<br />
Die Synthese einzelsträngiger, Dig- bzw. Flu-markierter RNA-Sonden erfolgte<br />
durch T3 oder T7 Polymerase (Roche) im wesentlichen nach Standardprotokollen<br />
(Klingler und Gergen, 1993) mit aufgereinigten PCR-Produkten als Matrize (T3 bzw.<br />
T7 Primer, nach Stratagene; Quiagen MinElute PCR-Purification). Die Sonden wer-<br />
den nach der Präzipitation durch Ethanol und Ammoniumacetat, in 80 !l RNAse-<br />
freiem Wasser gelöst. In-situ-Hybridisierungen unter Verwendung dieser Sonden<br />
wurden ebenfalls nach Standardprotokollen durchgeführt (Tautz und Pfeifle, 1989;<br />
Prpic et al., 2001) und durch Alkalische Phophatase und !-Galactosidase Färbungen<br />
detektiert.<br />
Für in-situ-Hybridisierungen an Ovaren wurden adulte Weibchen in DEPC-<br />
behandeltem PBS präpariert und die Ovare in frischer, 4%iger Formaldehydlösung<br />
für 30 min bei 0°C fixiert. Die in-situ-Hybridisierung erfolgte im Wesentlichen wie für<br />
Embryonen beschrieben (Tautz und Pfeifle, 1989), allerdings wurde im Hybridisie-<br />
rungspuffer 2% Blocking Reagenz (Roche) und nach der Hybridisierung ein MABT<br />
Puffer (100 mM Maleinsäure, 150 mM NaCl, 0.1% Tween 20, pH 7.5) verwendet.<br />
Um RNA-Expression für nanos nachzuweisen, wurden einige Veränderungen<br />
und Varianten des Standardprotokolls getestet. So wurden Sonden von allen verfüg-<br />
baren Fragmenten in unterschiedlichen Verdünnungen getestet (zwischen 0,01 !l<br />
und 5 !l Sonde pro 30 !l Hybridisierungspuffer). Sonden des 810 bp und des 631 bp<br />
Fragments wurden hydrolytisch verdaut und dann eingesetzt. Hierzu wurde präzipi-<br />
tierte Sonde in 25 !l 80 mM NaHCO3, 120 mM Na2CO3, pH 10,2 für 10 min bei 37°C<br />
hydrolysiert, die Reaktion mit 50 !l 200 mM C2H3NaO2, pH 6 beendet und die RNA<br />
durch Fällen von der Salzlösung gereinigt. Auf diese Art fragmentierte Sonden kön-<br />
nen die Signalstärke verbessern, da sie das Gewebe besser durchdringen<br />
(Wilkinson, 1998). Der Nachweis der 810 bp Sonde wurde auch unter Zuhilfenahme<br />
des Vectastain ABC Kits und des ABC-AP von Vector Labs, getestet. Ferner wurde<br />
die Verwendung einer Detergenzlösung (1% SDS, 0,5 % Tween, 1 mM EDTA, 50<br />
mM TrisHCl pH 7,5, 150 mM NaCl) und alternativer Hybridisierungslösungen getes-<br />
tet. Außerdem wurden unterschiedlich stark fixierte (zwischen 30 min bei 4°C und<br />
mehreren Stunden bei Raumtemperatur) Embryonen mit dem Standardprotokoll<br />
getestet, die Sonden vor der Hybridisierung auf 95 °C erhitzt, um Sekundärstrukturen<br />
aufzulösen, und die Entwicklung der Färbung auch unter Verwendung von 5 %<br />
125
I. 4. Material und Methoden<br />
Polyvinylalkohol durchgeführt. Keine dieser Variationen führten zu einem spezifi-<br />
schen Nachweis der nanos-Expression.<br />
4.2.2. Antikörperproduktion und Immunohistochemische Färbungen<br />
126<br />
Zum Nachweis der nanos-Expression in situ wurden von der Firma Eurogentec<br />
Polyklonale Seren gegen in vitro synthetisierte NANOS Peptide hergestellt. Eurogen-<br />
tec hat dabei zwei kurze Peptide der NANOS-Proteinsequenz synthetisiert (H2N-<br />
QNQQFSQDVENYQRPC-CONH2 und H2N-RNQQFSNVLRSIENVQC-CONH2) die<br />
von Fachleuten dort ausgewählt wurden, und eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit<br />
für die Erkennung der Epitope des nativen Proteins durch das polyklonale Serum<br />
gewährleisten sollen. Mit einer Mischung beider Peptide wurden zwei Kaninchen<br />
immunisiert, die anhand des Verhaltens ihrer Präimmunseren in Testfärbungen von<br />
mir aus fünf Tieren ausgewählt wurden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse<br />
weiterer von mir durchgeführter Testfärbungen während des Immunisierungspro-<br />
gramms, wurden insgesamt sechs Injektionen durchgeführt. Die zweite zwei Wochen<br />
nach der ersten Injektion, jede weitere im Abstand eines Monats. 20 ml der Immun-<br />
seren der finalen Blutungen beider Kaninchen wurden vereinigt, und mittels Affini-<br />
tätschromatographie getrennt gegen beide Peptide von Eurogentec aufgereinigt und<br />
mir zur Verfügung gestellt. Die polyklonalen Immunseren wurden in whole-mount<br />
Immunhistochemischen Färbungen an Tribolium und Drosophila Embryonen unter-<br />
schiedlichen Alters auf ihre Reaktivität getestet. Es war leider nicht möglich durch<br />
diese Experimente NANOS-Protein nachzuweisen. Die Polyklonalen Immunseren<br />
konnten zwar verwendet werden um die an Carrier-Protein gebundenen Peptide zu<br />
detektieren, es konnte aber auch durch Western-Blot verschiedener Tribolium-<br />
Proteinextrakte kein NANOS-Protein nachgewiesen werden. Vorhandene Polyklona-<br />
le Seren gegen OTD-1 oder CAD hingegen (Schulz et al., 1998; Schröder, 2003),<br />
konnten in Western-Blots erfolgreich zum Nachweis ihrer Zielproteine eingesetzt<br />
werden.<br />
Zum Nachweis des NANOS-Proteins in whole mount Färbungen mit Tribolium<br />
Embryonen wurden diverse Variationen des Standardprotokolls für Immunhistoche-<br />
mische Färbungen getestet (Roth et al., 1989). Zunächst wurden Verdünnungen der<br />
Seren zwischen 1:10 und 1:200 getestet. Die Seren wurden mit Tribolium Embryo-<br />
nen präabsorbiert. Die Stärke der Blocking-Schritte wurde zwischen 20 min bis 2 h<br />
mit 3% BSA, 1h mit 8% BSA, 30 min mit 0,5 % Böhringer Blocking Reagenz und
I. 4. Material und Methoden<br />
ohne Blocking Schritt variiert. Abweichend von der Standard Fixierung wurden kürze-<br />
re und längere Fixationszeiten (15 min, 90 min), Devitellinisierung mit Ethanol statt<br />
Methanol, Devitellinisierung von Hand unter Vermeidung von Alkoholen und Hitzefi-<br />
xierung (Sullivan et al., 2000) angewandt. Zur Detektion wurde Alkalische Phospha-<br />
tase, Peroxidase unter Verwendung eines Amplifikationsschritts durch das Vec-<br />
tastain ABC System (Vectorlabs) und Immunfluoreszenz (Anti-Rabbit-Cy3) verwen-<br />
det. Außerdem wurde durch Behandlung mit Isopropanol, oder Xylol und Aceton vor<br />
Zugabe des Erstantikörpers versucht das Ergebnis zu verbessern. Schließlich wur-<br />
den die Seren auch auf ihre Reaktivität in Tribolium Ovaren und Drosophila Embryo-<br />
nen getestet.<br />
Alle diese Experimente führten zur gleichen, unregelmäßigen Hintergrundfär-<br />
bung. Marginale Unterschiede waren in einzelnen Ansätzen zu beobachten, in kei-<br />
nem wurde ein qualitativ unterschiedliches Ergebnis erreicht.<br />
Tab. 4: Verwendete Erst- und Zweitantikörper<br />
Antikörper Hersteller/Referenz Verdünnung<br />
Rabbit-Anti-Tc-OTD (Schröder, 2003) 1:100<br />
Rabbit-Anti-Tc-CAD (Schulz et al., 1998) 1:50<br />
Mouse-Anti-!-TUBULIN Sigma 1:500<br />
Anti-DIG-AP (Fab) Roche 1:2000<br />
Anti-DIG-Pod (Fab) Roche 1:2000<br />
Anti-Flu-AP (Fab) Roche 1:2000<br />
Goat-Anti-Rabbit-Bio Vector Laboratories 1:200<br />
Goat-Anti-Rabbit-Cy3 Jackson Immuno Research 1:100<br />
Rabbit-Anti-Mouse-Cy2 Rockland 1:50<br />
4.2.3. Qualitative RT-PCR<br />
Zum Nachweis der nanos-Expression in vitro wurde RT-PCR mit unterschiedli-<br />
chen cDNAs als Matrize durchgeführt. RNAs wurden aus 3 Tieren bzw. ca. 50 !l<br />
Embryonen unter Verwendug von TRIzol (Invitrogen) extrahiert, mit DNAse inkubiert<br />
und nochmals durch TRIzol gereinigt. RNAs wurden Spektralphotometrisch vermes-<br />
sen und 1,5 !g jeder Extraktion für die cDNA Synthese eingesetzt (Transcriptor High<br />
Fidelity cDNA Synthsis Kit, Roche). 0,5 !l cDNA wurde für PCR-Reaktionen verwen-<br />
det. Der Nachweis von nanos und der mRNA des ribosomalen Proteins rp49 erfolgte<br />
durch Verwendung von Primerpaaren, deren „forward“-Primer auf einer Exon-Grenze<br />
liegen und somit die Amplifikation von genomischer DNA vermeiden. Das kleine<br />
Intron des nanos Gens (49 bp) könnte eine Unterscheidung genomischer und<br />
127
I. 4. Material und Methoden<br />
gespleißter Fragmente durch Agarose-Geleelektrophorese erschweren, weshalb<br />
diese Stragtegie gewählt wurde. Die Amplifikation genomischer Fragmente aufgrund<br />
von verunreinigten Reagenzien wurde außerdem durch Kontrollreaktionen ausge-<br />
schlossen (Reaktionsansätze ohne Reverse Transkriptase, bzw. ohne RNA Matrit-<br />
ze).<br />
Tab. 5: Primer und Bedingungen der RT-PCR<br />
Primer Annealing- Zyklen Fragment-<br />
nanos<br />
temperaturlänge fw 5’-ACGTGCTCAAATGTCTTTC-3’<br />
bw 5’-GTGGTTGATAAATTTGGTCG-3’ 50 °C 34 450 bp<br />
rp49 Verändert nach (Konopova und Jindra,<br />
2007)<br />
fw 5’-ATGGCAAACTCAAACGCAAC-3’<br />
bw 5’-TAGCATGTGCTTCGTTTTGG-3’ 50 °C 24 132 bp<br />
4.3. RNAi-Experimente<br />
128<br />
RNAi Injektionen von Tribolium Puppen, ebenso wie embryonale, larvale und a-<br />
dulte RNAi-Experimente wurden im Wesentlichen wie beschrieben durchgeführt<br />
(Bucher et al., 2002; Brown et al., 1999b; Tomoyasu und Denell, 2004; van der Zee<br />
et al., 2006). Die hier gezeigten Ergebnisse stammen, falls nicht anders ausgewie-<br />
sen, aus pupalen RNAi-Experimenten.<br />
Für die Synthese der Kontroll-RNA gegen DS-Red wurde eine DNA-Matrize<br />
durch PCR hergestellt. Hierzu wurden genspezifische Primer mit zusätzlichen T7-<br />
RNA-Polymerase Promoter-Sequenzen verwendet. Das DS-Red Fragment wurde<br />
von pSLfa[Tc’hsp5’-dsRedEx-3’UTR] (Johannes Schinko, Göttingen) amplifiziert.<br />
Auch von nanos und pumilio wurden DNA-Matrizen durch PCR, unter Verwendung<br />
des T7-Primers und eines T3-Primers ebenfalls mit zusätzlicher T7-<br />
Promotorsequenz, hergestellt. Aufgereinigte PCR Produkte (MinElute PCR Purificati-<br />
on, Quiagen) wurden zu RNA-Synthese mit MEGAscript T7 Kits (Ambion) verwendet.<br />
dsRNAs wurden in Injektionspuffer (1,4 mM NaCl, 0,07 mM Na2HPO4, 0,03 mM<br />
KH2PO4, 4 mM KCL) gelöst.
Tab. 6: Primer für dsRNA Matrize<br />
I. 4. Material und Methoden<br />
Primer<br />
DSred<br />
Annealing-temperatur<br />
fw 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />
AGTTCATGCGCTTCAAGGTG-3’<br />
bw 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />
TGGTGTAGTCCTCGTTGTGG-3’<br />
5 Zyklen 40 °C, 30 Zyklen 58 °C<br />
T7 5’-TAATACGACTCACTATAGG-3’<br />
T3-T7 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />
AATTAACCCTCACTAAAGGG-3’<br />
Tab. 7: Verwendete dsRNA<br />
58 °C<br />
Gen Verwendete Konzentration Fragmentlänge<br />
DSred 8 !g/!l 600 bp<br />
nanos 4 !g/!l 810 bp<br />
pumilio 4 !g/!l 887 bp<br />
brain-tumor 1 !g/!l 713 bp<br />
Für nanos/pumilio Doppel-RNAi wurden ebenfalls 4 !g/!l jeder RNA eingesetzt. Die beobachteten<br />
Phänotypen traten auch nach Injektion niedriger Konzentrationen auf (1 – 3 !g/l)<br />
der höchstmögliche Anteil starker Phänotypen wurde allerdings durch die angegebenen<br />
Konzentrationen erreicht.<br />
129
II. Kapitel:<br />
II. 1. Einleitung<br />
Entwicklung und Machbarkeitsstudie eines genomwei-<br />
ten RNAi-Screen-Projekts in Tribolium<br />
1. Einleitung<br />
1.1. Tribolium als eigenständiges Modellsystem<br />
Der rote Reismehlkäfer Tribolium castaneum entwickelte sich in den letzten Jah-<br />
ren zu einem wichtigen Modellsystem der Insektenbiologie und beginnt sich zuneh-<br />
mend aus dem Schatten des bestuntersuchten Insekts, Drosophila melanogaster, zu<br />
lösen. Nachdem Tribolium in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vor allem<br />
Forschungsobjekt von Populationsgenetikern und Ökologen war (Sokoloff, 1972)<br />
entdeckten in den nachfolgenden Jahrzehnten zunehmend Entwicklungsbiologen<br />
(Beeman, 1987; Brown et al., 1994b; Schröder et al., 2008) und Entomolgen die sich<br />
mit Schädlingsbekämpfung beschäftigten (Andreev et al., 1999; Handler und Bee-<br />
man, 2003) Tribolium als Forschungsobjekt für sich. Heute ist die „Tribolium-<br />
Community“ mit einem großen Anteil deutscher Forscher, vor allem an entwicklungs-<br />
biologischen Fragestellungen interessiert, die durch die Verfügbarkeit etlicher wichti-<br />
ger Methoden effektiv bearbeitet werden können.<br />
Wie bereits in der allgemeinen Einleitung (S. 11) zusammengefasst, ist dieses<br />
große Methodenspektrum ein Grund für die Entwicklung Triboliums zu einem konkur-<br />
renzfähigen Modellorganismus. Neben grundlegenden Techniken zur Analyse von<br />
Entwicklungsprozessen wie in-situ-Hybridisierung und Immunhistochemie (Sommer<br />
und Tautz, 1993; Patel et al., 1994) spielen genetische und molekularbiologische<br />
Anwendungen eine große Rolle. Vor allem die Verfügbarkeit der Genom-Sequenz<br />
hat viele Ansätze vereinfacht und eine große Zahl neuer Möglichkeiten eröffnet<br />
(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />
Die Etablierung mehrerer Transformationssysteme (Lorenzen et al., 2003; Pavlo-<br />
poulos et al., 2004) erlaubt heute den Einsatz transgener Techniken, und ermöglicht<br />
die Verwendung von „Enhancer-trap“-Konstrukten und transgenen Missexpressions-<br />
systemen wie z.B. dem UAS-Gal-4-System oder Hitze-Schock induzierbaren Kon-<br />
strukten (G. Bucher, persönl. Mitteilung).<br />
131
II. 1. Einleitung<br />
132<br />
In Anlehnung an die Arbeiten in Drosophila wurden auch in Tribolium Mutagene-<br />
se-Screens in kleinerem Maßstab durchgeführt (Sulston und Anderson, 1996; Ma-<br />
derspacher et al., 1998). Der Nutzen dieser genetischen Mutanten blieb in der bishe-<br />
rigen Forschung aber begrenzt, da die Generierung und schließlich auch die Arbeit<br />
mit ihnen durch das Vorhandensein von zehn Chromosomen und der Verfügbarkeit<br />
nur weniger Balancer-Chromosomen erschwert wird (Berghammer et al., 1999a). Die<br />
Haltung von mutanten Linien in Tribolium ist damit deutlich aufwändiger als bei<br />
Drosophila und saturierende Screens in dieser Situation kaum möglich (Trauner et<br />
al., 2009).<br />
Auch aus diesen Gründen erwies sich in den letzten Jahren die RNA-Interferenz<br />
als effektivere Methode zur Durchführung funktioneller Studien in Tribolium (Roth<br />
und Hartenstein, 2008). RNAi wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in<br />
C. elegans entdeckt (Fire et al., 1998) und bezeichnet den Abbau oder die translatio-<br />
nelle Reprimierung von einzelsträngigen Ziel-RNAs (z.B. mRNAs), hervorgerufen<br />
durch komplementäre doppelsträngige RNA (Meister und Tuschl, 2004). Dieser<br />
Mechanismus kann sowohl durch exogene dsRNAs (z.B. von Viren; (Waterhouse et<br />
al., 2001) als auch durch endogene Moleküle wie z.B. micro-RNAs hervorgerufen<br />
werden (Rana, 2007) und wurde mittlerweile in einer Vielzahl von Spezies nachge-<br />
wiesen (Meister und Tuschl, 2004). Dabei werden doppelsträngige Vorläufermoleküle<br />
von einem Proteinkomplex gebunden und durch die DICER-RNase in kleine siRNAs<br />
(„small interfering RNAs“) von 21 bis 23 Nukleotiden Länge prozessiert, die dann<br />
durch einen weiteren Proteinkomplex (RISC) zur Erkennung und zum Abbau bzw.<br />
der Repression der Ziel-RNA benutzt werden (Meister und Tuschl, 2004). Dieser<br />
Effekt wurde bereits vielfach verwendet, um durch von außen eingebrachte dsRNAs<br />
experimentell die Expression bestimmter Gene von Interesse zu reduzieren und<br />
damit den Effekt des Verlusts der Genfunktion zu studieren. In einigen Arten, so z.B.<br />
in C. elegans oder auch in Tribolium (Fire et al., 1998; Bucher et al., 2002), aber<br />
nicht in Drosophila (Miller et al., 2008), funktioniert dies systemisch, was bedeutet,<br />
dass sich der Effekt innerhalb des Organismus ausbreitet und somit unterschiedliche<br />
Gewebe erreicht. Dadurch konnten speziell in Tribolium Methoden entwickelt wer-<br />
den, die die Untersuchung von Genfunktionen durch die Injektion von dsRNA in<br />
praktisch allen Entwicklungsstadien und allen bisher untersuchten Geweben erlau-<br />
ben.
II. 1. Einleitung<br />
Durch Injektion von dsRNA in Embryonen können Funktionen während der Emb-<br />
ryonalentwicklung untersucht werden, und durch unterschiedliche Injektionszeitpunk-<br />
te sogar zeitlich unterschiedliche Funktionen, wie z.B. die maternale und zygotische<br />
Komponente eines Faktors, aufgelöst werden (Brown et al., 1999b; Schinko et al.,<br />
2008). Die parentale RNAi ermöglicht es, embryonale Genfunktionen sogar noch<br />
effizienter und zeitsparender zu untersuchen (Bucher et al., 2002). Dabei wird<br />
dsRNA in weibliche Puppen oder adulte Käfer (van der Zee et al., 2006) injiziert und<br />
so auch in den Nachkommen der injizierten Tiere RNAi hervorgerufen. In einigen<br />
Fällen wurde gezeigt, dass der so induzierte embryonale Phänotyp dem einer gene-<br />
tischen Null-Mutation entspricht (Brown et al., 1999b; Bucher et al., 2002; Cerny et<br />
al., 2005).<br />
Wird dsRNA in larvalen Stadien injiziert (Tomoyasu und Denell, 2004), kann da-<br />
durch eine Vielzahl von Prozessen, die mit der Metamorphose in Zusammenhang<br />
stehen, untersucht werden. Dabei lässt sich sowohl die hormonelle Kontrolle der<br />
Metamorphose selbst (Konopova und Jindra, 2007), als auch die Entwicklung adulter<br />
Strukturen beeinflussen (Tomoyasu und Denell, 2004). So können durch RNAi<br />
beispielsweise Defekte in der Entwicklung der adulten Flügel (Tomoyasu et al.,<br />
2005), Beine und Kopfanhänge (Shippy et al., 2009), Augen (Yang et al., 2009) und<br />
auch der Gonaden induziert werden (Trauner und Büning, 2007). Durch Exon-<br />
spezifische larvale RNAi gegen CHS-1 konnte außerdem gezeigt werden, dass sogar<br />
RNAi gegen einzelne Spleißvarianten eines Gens möglich ist (Arakane et al., 2005).<br />
Diese Verfügbarkeit wesentlicher Methoden, die Möglichkeit schneller, einfacher<br />
funktioneller Analysen und die Sequenzierung des Genoms haben dazu beigetragen,<br />
das Spektrum der in Tribolium bearbeiteten Fragestellungen in den letzten Jahren<br />
deutlich zu erweitern. Zu Beginn der molekularen Arbeiten in Tribolium stand<br />
die Analyse von embryonalen Prozessen im Vergleich mit Drosophila im Vorder-<br />
grund, wie z.B. bei der Analyse von Segmentierungs-Genen (Tautz und Sommer,<br />
1995; Brown und Denell, 1996). Neuerdings rückt Tribolium aber immer mehr als<br />
selbstständiges Forschungsobjekt und Modellsystem der Entwicklungsbiologie und<br />
anderer Forschungsbereiche in den Blickpunkt. Interessante Aspekte der Biologie<br />
von Tribolium, wie das Vorhandensein einer sehr großen Zahl von Geruchsrezepto-<br />
ren (Engsontia et al., 2008), die Differenzierung seiner Kutikula (Arakane et al., 2005)<br />
und die Kontrolle seiner ökonomischen Bedeutung als Getreideschädling (Handler<br />
und Beeman, 2003) werden ebenso erforscht, wie insektentypische Aspekte der<br />
133
II. 1. Einleitung<br />
Entwicklung. Dabei sind ganz besonders Prozesse interessant, die in Drosophila<br />
nicht oder nur unzureichend untersucht werden können. So sind z.B. die Mechanis-<br />
men der Segmentierung in Tribolium aufschlussreich, da sich dieser im Vergleich zur<br />
Langkeimentwicklung Drosophilas nach dem als anzestral angesehenen Kurzkeim-<br />
modus entwickelt (Krause, 1939; Sander, 1976; Davis und Patel, 2002). Andere<br />
Aspekte der Tpaufliegenentwicklung, wie die Kopfentwicklung (Jürgens et al., 1986)<br />
oder die Verpuppung, zeigen sehr abgeleitete Merkmale und werden deshalb mitt-<br />
lerweile ebenfalls in Tribolium untersucht (Bate und Martinez Arias, 1993; Konopova<br />
und Jindra, 2007; 2008; Parthasarathy et al., 2008a; Parthasarathy et al., 2008b;<br />
Posnien et al., 2009; Posnien und Bucher, 2009). Noch deutlicher wird die Notwen-<br />
digkeit eines konkurrenzfähigen Insektenmodells beispielsweise im Fall der embryo-<br />
nalen Beinentwicklung: Drosophila-Larven sind apod, d.h. sie bilden keine Beine aus,<br />
deren Entwicklung untersucht werden könnte (Bate und Martinez Arias, 1993). Die<br />
Larven von Tribolium allerdings haben Beine und eignen sich somit auch hier als<br />
alternatives Forschungsobjekt (Prpic et al., 2001; Beermann et al., 2001).<br />
1.2. Die Limitierungen des “candidate gene approach”<br />
134<br />
Die Analyse der Segmentierung und der Embryonalentwicklung von Tribolium,<br />
und anderer Forschungsbereiche, wie z.B. der Oogenese, basierten bisher in der<br />
Regel auf einem Kandidaten-Gen-basierten Ansatz. Dabei wurden und werden<br />
Tribolium-Orthologe zu Genen, die meist aus Drosophila bekannt sind, auf ihre<br />
konservierte oder divergierte Funktion hin untersucht. Dieser Ansatz war vor allem<br />
für die Untersuchung der Tribolium-Segmentierung sehr erfolgreich (Brown und<br />
Denell, 1996; Schröder et al., 2008). Auch die Ausweitung dieser Herangehensweise<br />
auf andere Insektenarten, wie Nasonia vitripennis, Gryllus bimaculatus oder Onco-<br />
peltus fasciatus (Denell und Shippy, 2001; Beukeboom und Desplan, 2003; Mito und<br />
Noji, 2006; Peel, 2008; Rosenberg et al., 2009), führte und führt immer noch zu<br />
weiteren Einblicken dieser Richtung der EvoDevo-Forschung. So erfolgreich dieser<br />
Weg auch ist, und gerade für vergleichende Studien zur Evolution einzelner Gen-<br />
funktionen auch bleiben wird, ihm sind in einigen Bereichen Grenzen gesetzt.<br />
Vor allem für die im vorangegangenen erwähnten aktuellen Forschungsrichtun-<br />
gen, deren Ziele in Drosophila nicht oder nur unzureichend erreicht werden können,<br />
ist der Kandidaten-Gen-Ansatz der letzten Jahre nicht geeignet. Die Untersuchung<br />
solcher Prozesse kann eben nicht auf eine Vielzahl bekannter Drosophila-Gene
II. 1. Einleitung<br />
zurückgreifen. Bereits erwähnt wurden die Kopfentwicklung und die Entwicklung der<br />
larvalen Beine, es lassen sich aber weitere Beispiele finden. So z.B. die Entwicklung<br />
adulter Muskulatur, über die in Drosophila nur wenig bekannt ist (Roy und VijayRag-<br />
havan, 1999). Um solche Prozesse in Tribolium zu untersuchen, benötigt man neue<br />
funktionelle Ansätze, um einen Zugang zu den molekulargenetischen Grundlagen zu<br />
bekommen.<br />
Aber nicht nur bei diesen neuen Forschungsrichtungen kommt der Kandidaten-<br />
genansatz an Grenzen. Auch sehr gut bekannte Prozesse, wie die frühe Embryonal-<br />
entwicklung, sind nicht abschließend durch diese Herangehensweise aufzuklären. Im<br />
ersten Kapitel dieser Arbeit wurde unter anderem deutlich, dass in Tribolium Fakto-<br />
ren an der Etablierung der frühen antero-posterioren Achse beteiligt sein müssen, die<br />
in Drosophila keine Rolle spielen, oder zumindest nicht in diesem Zusammenhang<br />
bekannt sind. So ist beispielsweise noch unklar, wie der Symmetriebruch vermittelt<br />
wird, der zur Ausbildung der embryonalen AP-Achse führt, oder - ein speziellerer Fall<br />
- welche Faktoren die frühe Expression des anterioren Faktors ORTHODENTICLE-1<br />
regulieren. Auch in Zusammenhang mit der Ausbildung der dorso-ventralen Achse<br />
sind einige frühe Mechanismen noch unbekannt. Dabei ist beispielsweise nicht klar,<br />
wie genau in Tribolium die ursprüngliche dorso-ventrale Asymmetrie unter Beteili-<br />
gung des EGF-Signalwegs initiiert, oder wie der an diesem Prozess beteiligte TOLL-<br />
Rezeptor in der weiteren Folge aktiviert wird (Moussian und Roth, 2005; Nunes da<br />
Fonseca et al., 2008; Fonseca et al., 2009).<br />
Auch um diese und ähnliche Fragen zu klären, ist also die unvoreingenommene<br />
Suche nach relevanten Faktoren in Tribolium nötig. Dass es prinzipiell möglich ist,<br />
solche Faktoren zu finden, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit, wo durch alter-<br />
native Ansätze Gene identifiziert wurden, die an der Tribolium-Embryonalentwicklung<br />
beteiligt sind, in Drosophila aber keine feststellbare Rolle erfüllen. Dies gilt beispiels-<br />
weise für den CAUDAL-Repressor mex-3 oder das ungewöhnliche Gap-Gen mille-<br />
pattes (Savard et al., 2006a; Schoppmeier et al., 2009).<br />
Eine letzte Schwäche des Kandidatengenansatzes ist seine Beschränkung auf<br />
bereits bekannte Prozesse. Da dabei Faktoren untersucht werden, die bereits aus<br />
Drosophila (oder auch einer anderen Art) mit einer spezifischen Rolle bekannt sind,<br />
ist es unwahrscheinlich, vollkommen neue und unerwartete Genfunktionen oder<br />
Funktionszusammenhänge zu entdecken. Dies ist nur durch das systematische,<br />
unvoreingenommene Herangehen mittels “forward genetics“ möglich.<br />
135
II. 1. Einleitung<br />
1.3. RNAi-Screens als Alternative zu klassischen genetischen<br />
136<br />
Ansätzen<br />
Seit den genetischen Drosophila-Screens nach embryonal-letalen Phänotypen<br />
der 80er Jahre (zusammengefasst in (Nüsslein-Volhard, 1994) sind solche geneti-<br />
schen Screens in großem Maßstab aus der Entwicklungsbiologie nicht wegzudenken<br />
(Patton und Zon, 2001; Jorgensen und Mango, 2002; St Johnston, 2002; Kile und<br />
Hilton, 2005). Seit einigen Jahren besteht durch RNAi eine Alternative zu diesem<br />
Ansatz, die ebenfalls in genomweitem Maßstab ihre Anwendung findet. In vivo RNAi-<br />
Screens zur Analyse von Genfunktionen wurden vor allem in C. elegans durchge-<br />
führt. Dort wurden Phänotypen der Embryonalentwicklung ebenso wie spätere Pro-<br />
zesse untersucht (Fraser et al., 2000; Gönczy et al., 2000; Sönnichsen et al., 2005).<br />
In Drosophila wurden wegen der fehlenden systemischen RNAi zunächst nur RNAi-<br />
Screens in Zellkultur durchgeführt, um beispielsweise bestimmte Signalwege zu<br />
analysieren, oder neue Genfunktionen für die Zellvitalität oder -morphologie zu<br />
entdecken (Kiger et al., 2003; Boutros et al., 2004; Baeg et al., 2005; DasGupta et<br />
al., 2005). Durch embryonale Injektion von dsRNAs wurde dann ein sehr arbeitsauf-<br />
wändiger Weg beschritten um embryonale RNAi-Phänotypen zu erzeugen (Koizumi<br />
et al., 2007), bis durch die Verfügbarkeit von genomweiten Kollektionen transgener<br />
RNAi-Konstrukte (Dietzl et al., 2007) auch in Drosophila die Möglichkeit entstand in<br />
vivo RNAi-Screens durchzuführen (Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010). Diese<br />
Kollektion repräsentiert allerdings nur 88 % der Drosophila-Gene und die meisten<br />
produzierten Phänotypen scheinen nur hypomorphen Charakter zu haben (Dietzl et<br />
al., 2007).<br />
Durch die Verfügbarkeit des Tribolium-Genoms (Tribolium Genome Sequencing<br />
Consortium, 2008) ist es nun auch in Tribolium möglich, ein groß angelegtes Scree-<br />
ning-Projekt zu verwirklichen und damit die effektive RNAi-Maschinerie dieser Käfer-<br />
art auszunutzen (Bucher et al., 2002; Tomoyasu et al., 2008).<br />
Gerade in Tribolium kommen dabei einige Vorteile von RNAi-Screens im Ver-<br />
gleich zu genetischen Screens zum Tragen. Zunächst ist ein RNAi-Screen im Hin-<br />
blick auf Stammhaltung weniger aufwändig als genetische Screens. Es müssen<br />
keine mutanten Linien auf Dauer gehalten werden, was in Tribolium wegen des<br />
Mangels an Balancer-Chromosomen ein kompliziertes Unterfangen darstellt. Die<br />
Ergebnisse können in einer Datenbank dauerhaft aufbewahrt und der Öffentlichkeit<br />
zur Verfügung gestellt werden
II. 1. Einleitung<br />
Im Vergleich zur Verwendung der transgenen RNAi-Konstrukte in Drosophila<br />
(Dietzl et al., 2007) sind in Tribolium nicht einmal Kreuzungen im Vorfeld nötig, was<br />
die Durchführung zusätzlich vereinfacht.<br />
Nachdem optimierte dsRNAs für jedes annotierte Gen etabliert worden sind,<br />
können auf dieser Grundlage durchgeführte Screens oder Teile davon jederzeit<br />
wiederholt werden. Außerdem können weitere Screens mit anderen Fragestellungen<br />
ebenfalls unter Verwendung dieser dsRNA-Kollektion durchgeführt werden.<br />
Durch die hohe Penetranz der Tribolium-RNAi (Bucher et al., 2002) ist ein RNAi-<br />
Screen auch bei der Auswertung der Phänotypen effizienter. Während aufgrund der<br />
Kreuzungsschemata bei einem klassischen genetischen Screen für embryonale,<br />
zygotische Genfunktionen beispielsweise nur 1/4 der vorhandenen Larven homozy-<br />
got für die Mutation sind (St Johnston, 2002), können in iBeetle im Bestfall nahezu<br />
100 % der Tiere einen Phänotyp zeigen.<br />
Außerdem ermöglicht RNAi die Analyse von Genfunktionen in verschiedenen<br />
Stadien, was wiederum die Effizienz erhöht. Ein gemeinsames Problem aller<br />
Screenansätze ist nämlich, dass bei Pleiotropie, die häufig bei Entwicklungsgenen<br />
auftritt (Miklos und Rubin, 1996), nur der früheste Phänotyp detektiert werden kann<br />
(St Johnston, 2002). Während man versucht diese Schwierigkeit in genetischen<br />
Screens durch die Verwendung klonaler Methoden zu lösen, kann systemische RNAi<br />
einfach in späteren Stadien eingesetzt werden, um somit beispielsweise auch die<br />
Analyse der Prozesse während der Metamorphose systemisch im gesamten Orga-<br />
nismus durchzuführen.<br />
Der systemische Effekt der RNAi erlaubt zudem bei der Untersuchung embryona-<br />
ler Prozesse sowohl die maternalen als auch die zygotischen Anteile einer Genfunk-<br />
tion auszuschalten und so einen vollständigen Funktionsverlust zu erreichen. In<br />
klassischen Drosophila-Screens, die entweder die zygotische oder über klonale<br />
Methoden die maternale Genfunktion untersuchen (Nüsslein-Volhard und Wie-<br />
schaus, 1980; Schüpbach und Wieschaus, 1986), kann es vorkommen, dass der<br />
zygotische Verlust einer Genaktivität durch das Vorhandensein des maternalen<br />
Proteins ganz oder teilweise ausgeglichen wird, wie zum Beispiel im Fall des posteri-<br />
oren CAUDAL-Gradienten (Macdonald und Struhl, 1986).<br />
RNAi führt in der Regel nicht zu gleich starken Defekten in allen untersuchten<br />
Tieren, d.h. als Ergebnis eines Experiments ist in der Regel eine phänotypische<br />
137
II. 1. Einleitung<br />
Serie zu beobachten. Dieses parallele Auftreten von starken und schwächeren<br />
Defekten kann die Detektion von zusätzlichen funktionellen Aspekten ermöglichen.<br />
138<br />
Ein großer Vorteil von RNAi-Screens ist schließlich der Aspekt der reversen Ge-<br />
netik. Das Gen, das einen interessanten Phänotyp verursacht, muss nicht aufwändig<br />
identifiziert, keine Mutation lokalisiert werden. Die Identität der injizierten bzw. ver-<br />
wendeten dsRNAs ist von vornherein bekannt, so dass das betroffene Gen unmittel-<br />
bar weiter untersucht werden kann. Durch die Synthese der benutzten dsRNAs auf<br />
Basis von Expressions- und genomischen Daten verliert auch die Unsicherheit über<br />
die Saturierung des Screens an Bedeutung. Während bei genetischen Screens<br />
wegen der Ungleichverteilung der induzierten Mutationen nur schwer eine definitive<br />
Aussage über die Saturierung gemacht werden kann (Pollock und Larkin, 2004), ist<br />
der begrenzende Faktor von RNAi-Screens vor allem die Qualität der Genomannota-<br />
tion.<br />
Ein RNAi-Screen in Tribolium bietet also beste Vorraussetzungen, um die Ein-<br />
schränkungen des Kandidaten-Gen-Ansatzes zu überwinden und Tribolium als<br />
Modellsystem voranzubringen.
1.4. iBeetle – ein genomweiter RNAi-Screen<br />
II. 1. Einleitung<br />
Wie im vorangegangenen Text bereits erläutert, steht die Forschung in Tribolium<br />
an einem Punkt, an dem die funktionelle Datenbasis aus Drosophila nicht mehr<br />
ausreicht, um Prozesse abschließend aufzuklären und neuen Fragestellungen<br />
nachzugehen. Um diese Einschränkung zu überwinden haben sich mehrere<br />
deutsche Tribolium-Labore unter der Leitung der Sprecher Gregor Bucher<br />
(Göttingen) und Martin Klingler (<strong>Erlangen</strong>) zusammengeschlossen, um einen<br />
genomweiten RNAi-Screen für entwicklungsrelevante Gene zu verwirklichen – den<br />
iBeetle-Screen. Das Konzept und die Ziele dieses Großprojekts, möchte ich im<br />
Folgenden kurz vorstellen.<br />
1.4.1. Das iBeetle Konzept<br />
Im Rahmen des iBeetle-Screens sollen alle Tribolium-Gene durch RNAi auf ihre<br />
Funktion in unterschiedlichen Entwicklungsprozessen untersucht werden. Dabei<br />
verfolgt iBeetle drei übergeordnete Ziele:<br />
1. Es soll eine Basis für funktionelle Studien in neuen Forschungsbereichen ge-<br />
schaffen werden. Für die Analyse von Prozessen, die in Drosophila nicht oder<br />
nur unzureichend bearbeitet wurden, sollen Kandidatengene gefunden wer-<br />
den. Dies trifft für Prozesse zu, die beispielsweise in Drosophila nicht unter-<br />
sucht werden können (z.B. die Entwicklung larvaler Beine, die Entwicklung<br />
von Stinkdrüsen) oder aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht effektiv un-<br />
tersucht werden können (Metamorphose, Kopfentwicklung, die somatische<br />
Stammzellnische im Ovar).<br />
2. Es sollen neue wichtige Entwicklungsgene gefunden werden, die entweder<br />
spezifisch für die Käferentwicklung sind, oder die in Drosophila ihre Funktion<br />
verloren haben, aus technischen Gründen bisher nicht untersucht werden<br />
konnten, oder eventuell sogar nicht mehr vorhanden sind. Solche Kandidaten-<br />
gene werden helfen, Fragen zu beantworten, die trotz intensiver Bearbeitung<br />
in Tribolium und Drosophila noch ungeklärt sind. Beispiele hierfür sind etwa<br />
fehlende Faktoren der antero-posterioren Achsendetermination oder die Seg-<br />
mentierungsmechanismen der posterioren Wachstumszone.<br />
3. Tribolium soll als zweites Modellsystem für genomweite Studien der Insekten-<br />
biologie etabliert werden. Wenn iBeetle durchgeführt worden ist, können die<br />
dabei etablierten Prinzipien für andere Screens mit unterschiedlichen spezifi-<br />
139
II. 1. Einleitung<br />
140<br />
schen Fragestellungen eingesetzt werden. Die Ergebnisse von iBeetle können<br />
auch benutzt werden um bestimmte Klassen von Genen einem solch spezifi-<br />
schen Screen zu unterziehen. Mit iBeetle soll daher auch gezeigt werden,<br />
dass RNAi-Screens in Tribolium für unterschiedliche Prozesse gut durchführ-<br />
bar sind, was Wissenschaftler später auch für Fragestellungen in anderen Ar-<br />
ten nutzen können, in denen diese Themen nicht genomweit oder nur tech-<br />
nisch aufwändig durchzuführen sind.<br />
Um diese Ziele möglichst schnell und effektiv zu erreichen, bietet sich in Triboli-<br />
um die Anwendung der effizienten RNA-Interferenz-Methoden an. iBeetle soll dabei<br />
auf möglichst breiter Ebene von dauerhaftem Nutzen sein und mehrere unterschied-<br />
liche Entwicklungsprozesse umfassen (s. 1.4.3). Dabei wird man sich auf zwei we-<br />
sentliche Entwicklungsstadien - Embryogenese und Metamorphose – konzentrieren,<br />
um alle Tribolium-Gene sowohl auf ihre Funktion in embryonalen Entwicklungspro-<br />
zessen, als auch in postembryonalen Vorgängen während der Metamorphose zu<br />
untersuchen.<br />
Um dieses aufwändige Projekt zu realisieren, haben sich nahezu alle deutschen<br />
Tribolium-Arbeitsgruppen zu einer von der DFG geförderten Forschergruppe zu-<br />
sammengeschlossen. In zwei dreijährigen Förderperioden sollen insgesamt 14<br />
Doktoranden, ein Postdoktorand und zwei technische Angestellte an iBeetle mitarbei-<br />
ten, wobei die erste Phase mit 6 Doktoranden bereits während der Niederschrift<br />
dieser Arbeit genehmigt wurde.<br />
Die Arbeitsgruppenleiter des iBeetle-Konsortiums sind mit jeweils einem eigenen<br />
Projekt an iBeetle beteiligt (1.4.3) und werden anhand der Screenergebnisse einen<br />
bestimmten Entwicklungsprozess untersuchen. Hierbei bedient sich iBeetle eines<br />
neuartigen Konzepts, das sowohl für alle beteiligten Wissenschaftler als auch für das<br />
Gesamtprojekt den schnellstmöglichen Erfolg sichern soll. In der Anfangszeit der<br />
Förderperiode führen zunächst alle beteiligten Doktoranden und der Postdoktorand<br />
gemeinsam die Screen-Arbeit an den beiden Screening-Centern Göttingen und<br />
<strong>Erlangen</strong> durch. Nach Analyse aller zu untersuchenden Gene (in der ersten Förder-<br />
periode ca. 6000) werden die Doktoranden sowie der Postdoktorand in den Arbeits-<br />
gruppen der beteiligten Wissenschaftler aus dem Screen erhaltene Kandidatengene<br />
für den jeweiligen im Forschungsinteresse der Gruppe liegenden Aspekt auswählen<br />
und diese weiter analysieren. So kann der Erfolg des iBeetle-Screens bereits am
II. 1. Einleitung<br />
Ende der ersten Förderperiode durch seinen Einfluss auf die aktuelle Forschung der<br />
beteiligten Arbeitsgruppen gezeigt werden.<br />
Die dafür benötigten doppelsträngigen RNAs werden auf der Basis verbesserter<br />
Genmodelle durch eine PCR-basierte Strategie von der Arbeitsgruppe um Frank<br />
Buchholz am MPI in Dresden hergestellt. Die Methodik, die dort für siRNAs zum<br />
Einsatz in Säugerzellkultur entwickelt wurde, wurde für diese Zwecke angepasst<br />
(Kittler et al., 2005; Kittler et al., 2007). Die Genmodelle für die RNA-Synthesen<br />
werden durch Kombination bereits vorhandener und neu zu erstellender cDNA-<br />
Sequenzen sowie der vorhandenen Genmodelle der Genomannotation<br />
(http://beetlebase.org/) in Zusammenarbeit mit Mario Stanke und Burkhard Morgens-<br />
tern (Abt. f. Bioinformatik, Göttingen) generiert. Diese Kollektion von dsRNAs (iBeet-<br />
le-Library) wird kommerziell zu erwerben sein und wird so die schnelle Durchführung<br />
weiterer Screenprojekte mit spezifischen Fragestellungen ermöglichen.<br />
Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Bioinformatik in Göttingen wird<br />
eine Online-Datenbank für iBeetle entwickelt (iBeetle-Base). Sie soll den Screenern<br />
während der Screening-Phase die direkte Eingabe der Beobachtungen erlauben und<br />
diese durch Vorgabe von Textbausteinen standardisieren. Nach Abschluss des<br />
Screens soll iBeetle-Base öffentlichen Zugriff auf die Ergebnisse ermöglichen und<br />
langfristig eine Genfunktions-zentrierte Datenbank und wichtige Tribolium-Ressource<br />
werden.<br />
1.4.2. „Enhancer trap“-Stämme erlauben die Detektion zusätzlicher<br />
Phänotypen<br />
Um im Verlauf des iBeetle-Screens embryonale und postembryonale Prozesse<br />
zu untersuchen, sollem zwei unterschiedliche RNAi-Methoden zur Anwendung<br />
kommen: Injektionen in weibliche Puppen (parentale RNAi) zur Analyse embryonaler<br />
Defekte in den Nachkommen der injizierten Tiere und Injektionen in weibliche Larven<br />
(larvale RNAi) zur Auswertung von Metamorphose- und Oogenese-Defekten in den<br />
injizierten Tieren selbst.<br />
Für beide Injektionen wird man sich die zusätzliche Information gewebespezifi-<br />
scher GFP-Expression (eines grün-fluoreszierendes Proteins) in „Enhancer-trap“-<br />
Stämmen zu Nutze machen (Abb. 25). Beide verwendeten Stämme tragen als Trans-<br />
formationsmarker ein eGFP-Gen unter der Kontrolle eines 3xP3 Promotors (Horn<br />
und Wimmer, 2000; Lorenzen et al., 2003), der zur Expression des Markers in den<br />
141
II. 1. Einleitung<br />
Augen und im zentralen Nervensystem führt. Die Detektion der Expression wird<br />
durch die Verwendung eines genetischen Hintergrundes mit einer Mutation des<br />
vermillion-Gens vereinfacht, die zu einem Verlust der Augenpigmentierung führt<br />
(Lorenzen et al., 2002). Diese Marker-Expression erlaubt die einfache Feststellung<br />
von Defekten der Augenentwicklung in embryonalen und vor allem in pupalen Sta-<br />
dien. Je nach Integrationsort kann dieses Konstrukt außerdem von benachbarten<br />
endogenen Enhancern aktiviert werden und zu gewebespezifischer Expression<br />
führen.<br />
142<br />
Die pupalen Injektionen werden mit dem Stamm pig19 durchgeführt. Dieser trägt<br />
eine Insertion des Enhancer-Trap-Konstrukts in einem aktin-Gen, was zu eGFP-<br />
Expression im Großteil der Körpermuskulatur der schlupfreifen Larve führt (Lorenzen<br />
et al., 2003; Lorenzen et al., 2007). Ventrale, laterale und dorsale Muskulatur in<br />
Thorax und Abdomen sind ebenso wie die Muskulatur des Kopfes deutlich zu erken-<br />
nen (Abb. 25), und erlauben die Detektion von globalen Defekten dieser Muskel-<br />
gruppen. Auch die Muskulatur der larvalen Beine ist deutlich erkennbar und wird ein<br />
Schwerpunkt der Auswertung sein (Abb. 25, 1.4.3).<br />
Diesem genetischen Hintergrund soll für die Durchführung von iBeetle noch ein<br />
rot-fluoreszierender Marker im gesamten zentralen Nervensystem hinzugefügt wer-<br />
den, der die Detektion von neuralen Defekten erlauben soll.<br />
Für die larvalen Injektionen wird ein Stamm verwendet, der eine nicht lokalisierte<br />
Insertion eines minos-3xP3-eGFP Konstrukts trägt (Pavlopoulos et al., 2004), die zur<br />
GFP-Expression in Teilen der sich entwickelnden Muskulatur des dritten Thorakal-<br />
segments pupaler Stadien führt (mD17, Abb. 25). Dieses metathorakale Muster<br />
entwickelt sich in der Präpuppe und Puppe und bleibt auch in jungen adulten Käfern<br />
noch sichtbar bevor es dann zurückgeht. Die Enhancer-trap-Expression erlaubt somit<br />
die Analyse von Defekten während der Entwicklung der thorakalen adulten Muskula-<br />
tur. Für den iBeetle-Screen soll diesem Stamm noch ein Konstrukt hinzugefügt<br />
werden, das eine Y-chromosomale Insertion eines dominanten Augenpigmentmar-<br />
kers trägt (Lorenzen, nicht veröffentlicht) und so durch die vorhandene Augenfärbung<br />
eine einfache Unterscheidung von männlichen und weiblichen Larven zulässt.
Abb. 25: Für iBeetle verwendete Käferstämme<br />
II. 1. Einleitung<br />
Gezeigt sind Fluoreszenzaufnahmen der eGFP-Expression in dem für die pupalen Injektionen<br />
verwendeten pig19-Stamm (A - E) und dem md17-Stamm, der für larvale Injektionen<br />
verwendet wird (F, G).<br />
Die somatische Muskulatur in Kopf, Thorax und Abdomen einer frisch geschlüpften pig19-<br />
Larve ist in lateraler (A), dorsaler (D) und ventraler Ansicht (E) gut zu erkennen.<br />
Kurz vor dem Schlupf sind vor allem Details der Beinmuskulatur einer noch in der Eihülle<br />
befindlichen Larve in lateraler Ansicht nur schwer zu erkennen (B). Wird die Eihülle durch<br />
mechanische Belastung zum Platzen gebracht, können auch die coxale Muskulatur (cm), die<br />
femorale (fm) und die tibio-tarsale Muskulatur gut ausgewertet werden (C).<br />
In dorsaler Ansicht ist die eGFP-exprimierende metathorakale Muskulatur einer mD17-Puppe<br />
deutlich erkennbar (Pfeilspitze in G), während in ventraler Ansicht vor allem die als Transformationsmarker<br />
dienende Augenexpression sichtbar ist (Pfeilspitze in F).<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />
143
II. 1. Einleitung<br />
1.4.3. Die iBeetle-Einzelprojekte und ihre Themen<br />
144<br />
Alle beteiligten Wissenschaftler haben ein eigenes, aus einer wissenschaftlichen<br />
Fragestellung resultierendes Interesse an der Durchführung des iBeetle-Screens.<br />
Diese einzelnen Projekte definieren einerseits die Detailanalysen von neuen Kandi-<br />
datengenen nach Abschluss der Screeningphase und bestimmen andererseits vor<br />
allem die im Rahmen von iBeetle zu screenenden Prozesse und Merkmale. Nicht alle<br />
Einzelprojekte werden bereits in der ersten Förderungsphase von iBeetle im Detail<br />
bearbeitet. Trotzdem werden natürlich in der Screeningphase der ersten Periode<br />
auch die für diese Projekte wichtigen Merkmale analysiert. Die Themen der Einzel-<br />
projekte lassen sich grob in embryonale und postembryonale Prozesse einordnen.<br />
Embryonalentwicklung:<br />
Zwei Arbeitsgruppen interessieren sich für Prozesse der embryonalen<br />
Kopfentwicklung, die wegen der abgeleiteten Morphologie des internalisierten Kopfes<br />
(Jürgens et al., 1986) in Drosophila nur schwer zu analysieren ist. Gregor Buchers<br />
(Göttingen) Projekt fokussiert sich dabei auf die Entwicklung eines neu postulierten<br />
Kompartiments am anterioren Ende des sich entwickelnden Embryos, des „Anterior<br />
Medium Tissue“ (Bucher, nicht veröffentlicht). Ernst Wimmer (Göttingen) konzentriert<br />
sich in iBeetle auf das genetische Netzwerk, das die Entwicklung des Interkalaren<br />
Segments steuert, und dessen evolutionäre Anpassungen innerhalb der Arthropoden<br />
(Damen et al., 1998; Abzhanov und Kaufman, 1999). Beide Projekte sind vor allem<br />
an Veränderungen des larvalen Kopfborstenmusters interessiert, die Rückschlüsse<br />
auf Veränderungen der Kopfsegmente zulassen. Auch andere morphologische<br />
Veränderungen des larvalen Kopfes könnten von Interesse sein und werden deshalb<br />
ebenfalls dokumentiert.<br />
Siegfried Roth (Köln) und Martin Klingler (<strong>Erlangen</strong>) interessieren sich vor allem<br />
für die Ausbildung der embryonalen Achsen. Siegfried Roth legt dabei seinen<br />
Schwerpunkt auf frühe Prozesse der dorso-ventralen Achsendetermination und die<br />
Aufrechterhaltung dieser Polarität in der posterioren Wachstumszone (Handel et al.,<br />
2005; Nunes da Fonseca et al., 2008), während Martin Klinglers Fokus auf der<br />
Ausbildung der antero-posterioren Achse liegt (Rosenberg et al., 2009). Die Detekti-<br />
on von früh embryonal-letalen Defekten und von charakteristischen Kutikula-<br />
Phänotypen weisen in beiden Fällen auf potentielle Kandidatengene hin. Während
II. 1. Einleitung<br />
von der Morphologie der Kutikula auf einen wahrscheinlichen antero-posterioren oder<br />
dorso-ventralen Phänotyp geschlossen werden kann, müssen früh-embryonale<br />
Defekte (in deren Folge keine Kutikula mehr gebildet wird) zunächst genauer analy-<br />
siert werden um diese Entscheidung treffen zu können. Ein weiteres Projekt Siegfried<br />
Roths beschäftigt sich mit der Entwicklung der extraembryonalen Membranen, deren<br />
Defekte beispielsweise zu invertierten larvalen Kutikulas führen können (van der Zee<br />
et al., 2005; Panfilio, 2008).<br />
Martin Klingler interessiert sich außerdem für die Segmentierung und die Muster-<br />
bildung während der Keimstreifstreckung (Brown und Denell, 1996), wobei Phänoty-<br />
pen mit Deletionen und Transformationen von Segmenten ähnlich denen der Triboli-<br />
um-Gap-Gene im Fokus stehen (z.B. Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005).<br />
Die Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur soll im Rahmen des Projekts von<br />
Manfred Frasch (<strong>Erlangen</strong>) untersucht werden, der einerseits diesen Prozess in<br />
Tribolium entschlüsseln möchte, und andererseits hofft, neue interessante Kandida-<br />
tengene der Muskelentwicklung für die Analyse in Drosophila zu finden (Frasch und<br />
Nguyen, 1999; Ciglar und Furlong, 2009). Somit sind nicht nur Veränderungen der<br />
GFP-markierten Beinmuskulatur, sondern auch globale Defekte der übrigen Musku-<br />
latur von Interesse.<br />
Entwicklung adulter Strukturen<br />
Gregor Bucher interessiert sich außer für die embryonale Entwicklung anteriorer<br />
Kopfstrukturen, auch für ihre Umgestaltung während der Metamorphose. Hierbei sind<br />
potentielle Kandidatengene von besonderem Interesse für die Evolution phänotypi-<br />
scher Divergenz innerhalb der Insekten (Moczek, 2007). Die Grundlage der morpho-<br />
logischen Vielfalt und der Anpassungen von Kopfstrukturen unterschiedlicher Taxa<br />
kann so untersucht werden.<br />
Michael Schoppmeier (<strong>Erlangen</strong>) untersucht die Entwicklung und Funktion des<br />
telotroph-meroistischen Tribolium-Ovars (Trauner und Büning, 2007). dsRNAs die zu<br />
reduzierter Eiproduktion führen, sind für dieses Projekt potentiell interessant. Tritt der<br />
Effekt nach larvaler Injektion auf, könnte auch die Entwicklung des Ovars betroffen<br />
sein, pupale Injektionen sollten dagegen zu Defekten der Oogenese führen (Trauner<br />
und Büning, 2007). Dabei ist besonders die Untersuchung somatischer Stammzellen<br />
der Follikelzellpopulation und die Differenzierung der Follikelzellen von Interesse<br />
(Horne-Badovinac und Bilder, 2005; Kirilly und Xie, 2007). Erstere, da sie in Dro-<br />
145
II. 1. Einleitung<br />
sophila wegen technischer Schwierigkeiten nicht gut zugänglich sind. Deutliche<br />
Veränderungen der Ovar-Morphologie (in der Regel eine Verkleinerung aufgrund des<br />
Verlusts einzelner oder mehrerer Zellpopulationen) werden im Screen erkannt wer-<br />
den, ihre exakte Einordnung muss in einer nachträglichen Analyse erfolgen.<br />
Projekte der zweiten Phase<br />
146<br />
In der zweiten Phase werden weitere Projekte hinzukommen, die sich mit der<br />
Entwicklung adulter Strukturen beschäftigen. So wird Hanh Thi Nguyen (<strong>Erlangen</strong>)<br />
die Entwicklung adulter Muskulatur untersuchen. Wegen der synzytialen Natur der<br />
Muskelzellen ist dies ein Prozess, der in Drosophila nur schwer durch klonale Analy-<br />
sen zu verwirklichen ist. Dies ist jedoch für viele Faktoren notwendig, da viele Ent-<br />
wicklungs-Mutanten wegen Funktionen während der Embryogenese schon früh zu<br />
Letalität führen. Durch RNAi sollten die Mechanismen in Tribolium aber gut zu unter-<br />
suchen sein. Defekte der Muskulatur werden durch die Markergenexpression in der<br />
metathorakalen Muskulatur pupaler Stadien des md17-Stammes detektiert (Abb. 25).<br />
Ernst Wimmer (Göttingen) wird sich in der zweiten Phase von iBeetle mit der<br />
Entwicklung und Funktion der Stinkdrüsen beschäftigen. Drüsen zur Produktion von<br />
Sekreten zur Feindabwehr oder der Kontrolle von Bakterien oder Pilzen finden sich<br />
häufig in Käferarten, aber selten in Dipteren und nicht in Drosophila (Francke und<br />
Dettner, 2005). Die abdominalen Stinkdrüsen sind in den adulten Tieren sichtbar.<br />
Wenn sie aufgrund von Fehlfunktion melanisieren, sind auch die thorakalen Drüsen<br />
leicht zu erkennen (Beeman et al., 1996).<br />
Ein weiterer embryonaler Prozess soll in der zweiten Phase von iBeetle im Rah-<br />
men eines Projekts von Reinhard Schröder (Rostock) untersucht werden. Dabei<br />
stehen die Mechanismen der embryonalen Achsenelongation und die Funktionswei-<br />
se der posterioren Wachstumszone im Fokus. Hier werden vor allem Kutikulaphäno-<br />
typen mit posterioren Verkürzungen ein Hinweis auf potentielle Kandidatengene sein,<br />
die im Hinblick auf die Entstehung und Verwirklichung der unterschiedlichen Emb-<br />
ryogenesetypen (Lang- und Kurzkeim) der Insekten von besonderem Interesse sind.<br />
Weitere interessante Prozesse<br />
Einige wichtige Entwicklungsprozesse werden innerhalb des iBeetle-Konsortium<br />
von keiner spezifischen Arbeitsgruppe untersucht, werden aber wegen ihrer Bedeu-<br />
tung für die Tribolium-Entwicklung im Rahmen des Screens trotzdem analysiert.<br />
Diese zusätzlichen Themenschwerpunkte erfordern dabei keine weiteren Auswer-
II. 1. Einleitung<br />
tungen sondern werden im Rahmen der anderen Untersuchungen mit gescreent. Zu<br />
nennen sind hier die Steuerung der Metamorphose, die Entwicklung der adulten<br />
Beine und anderer Extremitäten (v.a. der Flügel) und die Entwicklung der larvalen<br />
Beine.<br />
Somit ergeben sich insgesamt 18 unterschiedliche Prozesse, die im Rahmen von<br />
iBeetle untersucht werden: Etablierung der antero-posterioren und dorso-ventralen<br />
Achse, Entwicklung extraembryonaler Membranen, Segmentierung, Achsen Elonga-<br />
tion und Wachstumszonenfunktion, embryonale Beinentwicklung, embryonale Kopf-<br />
entwicklung, Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur, Muskelentwicklung, Spezifi-<br />
zierung des Interkalaren Segments, Oogenese, Ovariogenese, Metamorphose-<br />
Kontrolle, Entwicklung des adulten Kopfs, der adulten Beine und anderer adulter<br />
Extremitäten, Stink-Drüsen Biologie, Entwicklung der adulten Thoraxmuskulatur.<br />
147
II. 1. Einleitung<br />
1.5. Ziele des zweiten Kapitels dieser Arbeit<br />
148<br />
Im Rahmen der Weiterentwicklung von Tribolium als Modellsystem der Insekten-<br />
biologie stoßen die beteiligten Wissenschaftler immer häufiger auf Fragen, die durch<br />
die Untersuchung von Orthologen zu Drosophila Genen nicht mehr zu beantworten<br />
sind. Um diese Einschränkungen zu überwinden, haben deutsche Tribolium-<br />
Wissenschaftler die Idee eines genomweiten RNAi-Screens entwickelt, der auf<br />
möglichst breiter Ebene die Funktion aller Tribolium-Gene für unterschiedliche Ent-<br />
wicklungsprozesse untersuchen soll.<br />
Ziel dieser Arbeit war, die Durchführbarkeit eines solchen RNAi-Screens zu prü-<br />
fen, ein mögliches Prozedere zu entwickeln und dieses im Rahmen eines Pilot-<br />
Screens zu testen. Dabei sollte geklärt werden, ob das Vorhaben mit der angestreb-<br />
ten thematischen Breite innerhalb der personellen und zeitlichen Rahmenbedingun-<br />
gen durchführbar ist.<br />
Zu diesem Zweck mussten die einzelnen Arbeitsschritte und Auswertungsmetho-<br />
den entwickelt bzw. angepasst werden. Hierbei sollte untersucht werden, ob die<br />
Verwendung der ausgewählten Marker-Expressions-Stämme („Enhancer-traps“)<br />
möglich und sinnvoll ist, und ob für alle zu untersuchenden Prozesse geeignete<br />
Analysemethoden gefunden werden können. Eine wichtige Frage war dabei, ob<br />
diese Methoden und die Durchführung zweier unabhängiger Injektionen im Groß-<br />
Maßstab realisierbar sind, um somit die Analyse embryonaler und postembryonaler<br />
Prozesse zu erlauben.<br />
Auf Basis dieser Vorarbeiten sollte ein Protokoll für die Durchführung des iBeetle-<br />
Screens entworfen werden, das die Durchführung mit mehreren Personen gleichzei-<br />
tig erlaubt. Dabei war es wichtig zu klären, ob die Untersuchung aller Tribolium-Gene<br />
mit dem angestrebten Personalaufwand in der vorgebenen Zeitspanne erreichbar ist.<br />
Schließlich sollte durch die Überprüfung dieses Protokolls im Rahmen eines Pi-<br />
lotscreens gezeigt werden, dass alle Analysemethoden geeignet sind, die zu unter-<br />
suchenden Defekte verlässlich zu detektieren. Mögliche Schwierigkeiten und Prob-<br />
leme könnten so im Vorfeld des Hauptscreens erkannt und gelöst werden. Die De-<br />
tektion neuer, bisher unbekannter Genfunktionen unterstreicht dabei die Effektivität<br />
der erarbeiteten Methodik.
2. Ergebnisse<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
2.1. Wie kann ein genomweiter RNAi-Screen verwirklicht werden?<br />
Die Durchführung eines genomweiten Projekts mit den Dimensionen des iBeetle-<br />
Screens erfordert eine sehr ausführliche und sorgfältige Planung, die sicherstellt,<br />
dass alle gesetzten Ziele auch in der angestrebten Zeitspanne erreichbar sind. Das<br />
iBeetle-Konzept sieht vor, dass während des Screens 18 unterschiedliche Ent-<br />
wicklungs-Prozesse untersucht werden sollen (s. 1.4.3).<br />
Für die Planung der praktischen Durchführung im Rahmen der hier vorliegenden<br />
Arbeit ergaben sich daraus drei grundsätzliche Fragestellungen:<br />
1. Ist die Analyse der zu untersuchenden Prozesse im Rahmen eines RNAi-<br />
Screens möglich?<br />
2. Wie können die dafür nötigen Untersuchungen durchgeführt und miteinander<br />
verknüpft werden?<br />
3. Ist die Durchführung in einem sinnvollen zeitlichen, personellen und finanziel-<br />
len Rahmen realisierbar?<br />
Zur Beantwortung dieser Fragen musste also zunächst eine Methodik entwickelt<br />
werden, die die Analyse der 18 Prozesse auf effiziente Art und Weise erlaubt, um<br />
diese dann im Praxistest auf den Prüfstand zu stellen. Dabei sollen zwar möglichst<br />
alle Prozesse untersucht werden, es stellt sich jedoch immer die Frage der Wirt-<br />
schaftlichkeit. Einzelne Untersuchungen sollen einfach und schnell durchführbar sein<br />
und idealerweise in einem Schritt mehrere Aspekte untersuchen. Einzelne Prozesse<br />
können nur untersucht werden, wenn ihre Analyse nicht zu aufwändig ist und so die<br />
Durchführung des Screens erschwert.<br />
2.1.1. Die Analyse vieler unterschiedlicher Prozesse erfordert zwei<br />
parallele Screen-Ansätze und exakt definierte Zeitintervalle<br />
Bereits während der Entwicklungsphase wurde klar, dass zur Durchführung von<br />
iBeetle zumindest zwei voneinander unabhängige dsRNA-Injektionen nötig würden:<br />
die Injektion von dsRNA in weibliche Puppen, zur Analyse embryonaler Effekte in<br />
den Nachkommen der injizierten Tiere (Bucher et al., 2002) und larvale Injektionen<br />
zur Untersuchung von postembryonalen Prozessen in den injizierten Tiere selbst<br />
(Tomoyasu und Denell, 2004). Durch die pupalen Injektionen sollen diverse embryo-<br />
149
II. 2. Ergebnisse<br />
nale Musterbildungsprozesse (Achsenbildung, Segmentierung, Kopf- und Beinent-<br />
wicklung usw.) anhand von Kutikulapräparationen, die Entwicklung der Muskulatur in<br />
lebenden Embryonen sowie die Eiproduktion und eventuelle Oogenese-Defekte<br />
untersucht werden. Nach den larvalen Injektionen hingegen liegt das Augenmerk auf<br />
der Untersuchung von unterschiedlichen Prozessen während der Metamorphose, der<br />
Entwicklung des Ovars sowie der Stinkdrüsen.<br />
150<br />
Es ist nicht möglich diese beiden Komplexe zur Vereinfachung des Screens<br />
durch einen einzigen Ansatz abzudecken. Pupale Injektion eignet sich zwar sehr gut<br />
zur Analyse der Embryonalentwicklung in den Nachkommen der injizierten Tiere, die<br />
Dauer des RNAi-Effekts (Bucher et al., 2002) reicht aber sicher nicht aus, um auch<br />
einen Effekt auf die Metamorphose der Nachkommen zu entfalten. Außerdem ver-<br />
hindern Defekte während der Embryogenese die Auswertung möglicher Effekte auf<br />
spätere Prozesse. Um Vorgänge während der Metamorphose zu untersuchen muss<br />
also larval injiziert werden. Diese Injektionen eignen sich wiederum nicht für die<br />
zusätzliche Analyse der Embryonalentwicklung. Der zeitliche Abstand zwischen<br />
Injektion und der Geschlechtsreife der injizierten Tiere ist hier zu groß um noch RNA-<br />
Interferenz optimaler Effizienz zu induzieren.<br />
Um eine ökonomische Durchführung des Screens zu gewährleisten, muss die<br />
Anzahl der Injektionen pro Gen auf diese beiden beschränkt werden, wobei aber<br />
dennoch alle relevanten Prozesse untersucht werden sollen. Somit ist es nötig aus<br />
einer Injektion möglichst viel Information zu erhalten, also mehrere Analysen mit den<br />
gleichen Tieren durchzuführen. Ebenso muss vorsichtig abgewogen werden, ob der<br />
praktische Aufwand der Analyse eines Prozesses vertretbar ist und in sinnvollem<br />
Verhältnis zum Nutzen, also dem erwarteten Kenntnisgewinn steht.<br />
Auf dieser Grundlage habe ich zunächst ein Konzept für die Durchführung des<br />
Screens erstellt (Abb. 26). Hierfür wurden beide Injektionen mit den darauf folgenden<br />
Auswertungen als voneinander unabhängige Experimente betrachtet. Um die Analy-<br />
se aller zu untersuchenden Prozesse zu erlauben, müssen während des pupalen<br />
Screen-Teils zumindest vier, und in der Folge der larvalen Injektionen fünf Auswer-<br />
tungsschritte erfolgen (eine genauere Beschreibung dieser Schritte folgt). Diese<br />
umfassen im pupalen Screenteil die Begutachtung der injizierten Tiere (Kontrolle des<br />
Injektionserfolgs und potentielle Metamorphosedefekte), die Anfertigung von Kutiku-<br />
lapräparaten und Präparaten der larvalen Muskulatur (embryonale Defekte) und die<br />
Auswertung der Legeleistung (Defekte der Oogenese). Nach den larvalen Injektionen
II. 2. Ergebnisse<br />
werden Defekte die während der Metamorphose auftreten in pupalen und adulten<br />
Stadien kontrolliert und der korrekte Ablauf der Metamorphose (Kontrolle der Imagi-<br />
nalhäutung) untersucht. Zudem werden die Legeleistung (Defekte der Ovarent-<br />
wicklung) und schließlich die thorakalen und abdominalen Stinkdrüsen überprüft.<br />
Abb. 26: Überblick über den iBeetle-Screening Ablauf<br />
Gezeigt ist der schematische Ablauf der pupalen (oben) und der larvalen Injektionen im<br />
Rahmen von iBeetle (rote Kästen) und die zu den einzelnen Zeitpunkten (- dX -) detektierbaren<br />
Phänotypen (grüne Kästen). Potentielle Metamorphose-Phänotypen beziehen sich im<br />
pupalen Screen-Teil auf Defekte der Metamorphosekontrolle. Im larvalen Screen-Teil hingegen<br />
bedeuten Metamorphose-Phänotypen I Defekte der Morpho- und Organogenese sowie<br />
Defekte der Metamorphose-Kontrolle, Metamorphosephänotypen II wiederum nur Defekte<br />
der Metamorphosekontrolle. Auch die morphologischen Phänotypen im larvalen Screen-Teil<br />
beziehen sich auf Defekte der Prozesse die während der Metamorphose ablaufen. Embryonale<br />
Phänotypen werden anhand von Kutikulapräparaten analysiert und umfassen Defekte<br />
der Achsendetermination, der Segmentierung, der Kopf- und der Beinentwicklung. Embryonale<br />
Muskelphänotypen werden mit Hilfe des Muskel-Enhancer-Traps untersucht. Oogenese-<br />
und Ovariogenese werden anhand der Ovarmorphologie von Tieren mit schlechter<br />
Legeleistung klassifiziert. Die Defekte der Stinkdrüsen sind schließlich durch eine einfache<br />
äußere Inspektion der Tiere erkennbar.<br />
!!: Weibchen, "": Männchen, d: Tag, pig19: Stamm mit Enhancertrap der larvalen Muskulatur, SB:<br />
San Bernardino-Stamm, mD17: Stamm mit Enhancertrap der pupalen und jung-adulten thorakalen<br />
Muskulatur<br />
151
II. 2. Ergebnisse<br />
152<br />
Im nächsten Schritt wurden die für die Injektionen und Analysen notwendigen<br />
Methoden für die Durchführung im Großmaßstab getestet und angepasst. Dabei<br />
wurde beispielsweise der Ablauf der Injektionen etabliert und verschiedene Präpara-<br />
tionsmethoden für Kutikula- und Muskelpräparate zur Analyse der Embryonalent-<br />
wicklung miteinander verglichen. Die Auswertung der adulten und pupalen Morpho-<br />
logie wurden auf ihre Durchführbarkeit getestet. Hierbei mussten auch die zur Ver-<br />
wendung kommenden Käferstämme auf ihre Eignung hin geprüft und die Auswer-<br />
tungsschritte auf die Analyse der jeweiligen „Enhancer trap“-Expression ausgerichtet<br />
werden. Von besonderer Wichtigkeit war außerdem die Bestimmung eines sinnvollen<br />
zeitlichen Ablaufs und der nötigen und optimalen Inkubationszeiten.<br />
Durch diese Tests und Vorversuche konnte ich ein detailliertes Protokoll zur<br />
Durchführung der Injektionen und der nachfolgenden Auswertungsschritte erstellen<br />
(siehe folgenden Text und 4.2). Es ermöglicht die Analyse aller zu untersuchenden<br />
Prozesse mit zwei Injektionen pro Gen innerhalb weniger Wochen. Bei der Durchfüh-<br />
rung des Pilot-Screens (2.2, 2.3) wurde dieses Protokoll getestet und erwies sich als<br />
praktikabel und effizient.<br />
Im Folgenden werden die einzelnen Arbeitsschritte des Screenablaufs vorge-<br />
stellt, erläutert und auf wichtige Prinzipien des Screening-Ablaufs hingewiesen. Im<br />
Anschluss daran werde ich die praktische Umsetzung dieses Protokolls im tatsächli-<br />
chen Screening-Betrieb darlegen (2.1.2). Schließlich werden die Ergebnisse der<br />
Durchführung des Pilotscreens, also dem Praxistest der Methodik, präsentiert (2.2<br />
und 2.3).<br />
Die vorgestellten Arbeitsschritte gelten für die Durchführung des Pilot- und des<br />
Hauptscreens (sofern nicht anders angegeben) und sollen einen Überblick über den<br />
Ablauf und die nötigen Arbeiten vermitteln. Eine Beschreibung der genauen methodi-<br />
schen Durchführung findet sich im Abschnitt „Material und Methoden“ (4.2). Bei<br />
jedem Arbeitsschritt werden Beobachtungen, Befunde und Ergebnisse protokolliert<br />
und gegebenenfalls dokumentiert. Für die Auswertungen werden vor allem ein Prä-<br />
parationsbinokular (für einige Arbeitsschritte mit Fluoreszenzlampe) und ein Fluores-<br />
zenzmikroskop benötigt. Tiere die einen interessanten Phänotyp zeigen, werden<br />
zumindest teilweise fixiert und archiviert. Im Rahmen des iBeetle-Screens wird die<br />
<strong>Dokument</strong>ation direkt in eine Online-Datenbank (iBeetle-Base) eingetragen, die
II. 2. Ergebnisse<br />
durch vorgefertigte Textbausteine bzw. Auswahlmenüs die Vergleichbarkeit der<br />
Ergebnisse der unterschiedlichen am Screen beteiligten Personen gewährleistet.<br />
Pupale Injektionen:<br />
Injektion, Tag 0:<br />
Pro dsRNA werden acht weibliche Puppen des pig19-Stamms (s. 1.3; Lorenzen<br />
et al., 2003) injiziert, und diese dann mit vier adulten Männchen verpaart. Die Zugabe<br />
adulter Männchen stellt kein Problem in Hinsicht auf Kannibalismus dar (nicht ge-<br />
zeigt; (Sokoloff, 1972). Die Tiere werden in einem Multiwellsystem gehalten, das für<br />
die Haltung von Tribolium-Mutanten entwickelt wurde (Berghammer et al., 1999a).<br />
Die Injektion von acht Puppen ist wegen der sehr guten Überlebensquoten der<br />
pupalen RNAi ausreichend um später genügend Embryonen zur Auswertung zu<br />
erhalten.<br />
Pupale Analyse, Tag 3:<br />
Der Erfolg der Injektionen wird kontrolliert. Nachdem zum Zeitpunkt der Injektion<br />
schon der Großteil des ca. 5,5 Tage dauernden Puppenstadiums vorüber ist (bei<br />
30°C; (Sokoloff, 1972), sind nun die überlebenden Tiere bereits geschlüpft. Es be-<br />
steht die Möglichkeit, dass manche Injektionen bereits während des Puppenstadiums<br />
zum Tod der injizierten Tiere führen, wobei die Ursache eine essentielle, allgemeine<br />
Genfunktion oder eine Rolle für die Metamorphose sein könnte. Diese Unterschei-<br />
dung ist in aller Regel nicht anhand der Morphologie zu treffen, weswegen diese<br />
Effekte nur als potentieller Defekt der Metamorphose festgehalten werden können.<br />
Erste Ablage, Tag 9:<br />
Der Beginn der Eiablage unterliegt individueller Variabilität, erfolgt bei 30 °C aber<br />
in der Regel vier Tage nach Schlupf (Sokoloff, 1972). Die Tiere hatten also ausrei-<br />
chend Zeit die Imaginalhäutung zu durchlaufen und geschlechtsreif zu werden,<br />
keines der bereits abgelegten Eier wird aber die Embryonalentwicklung vollständig<br />
durchlaufen haben. So werden keine bereits geschlüpften Larven beim Absieben<br />
verloren. Alle innerhalb der ersten Lebenstage abgelegten Eier werden in der ersten<br />
Ablage aufgefangen und durch Kutikulapräparate ausgewertet (Tag 13). Die Eier<br />
werden in geeigneten Sieben (s. 4.2.2; Berghammer et al., 1999a) noch vier Tage<br />
153
II. 2. Ergebnisse<br />
bei 30°C inkubiert, um sicherzustellen, dass allen Embryonen genug Zeit gegeben<br />
wird, sich bis zur Schlupfreife zu entwickeln und eine Kutikula auszubilden.<br />
Zweite Ablage, Tag 11:<br />
154<br />
Nach zwei Tagen ist die Eimenge ausreichend um die Auswertung der Muskula-<br />
tur zu erlauben und der Entwicklungsabstand der Embryonen innerhalb der Ablage<br />
dennoch nicht zu groß. Diese Eier werden wiederum bei 30°C inkubiert, und nach<br />
drei Tagen anhand der Enhancer-trap-Expression auf Defekte der Muskulatur unter-<br />
sucht (Tag 14).<br />
Die Eimenge der Gelege wird im Vergleich zu Gelegen uninjizierter Tiere bzw.<br />
der Gelege untereinander abgeschätzt und festgehalten. Dabei muss die Zahl der<br />
lebenden Tiere pro Well mit beachtet werden. Im Fall reduzierter Eizahl werden die<br />
Ovare von vier der injizierten Tiere präpariert und das Ergebnis dokumentiert. Wäh-<br />
rend des Pilot-Screens wurden die Ovare für eine spätere <strong>Dokument</strong>ation am Fluo-<br />
reszenzmikroskop fixiert und gefärbt.<br />
Kutikulapräparate, Tag 13:<br />
Die Embryonalentwicklung der ersten Ablage (ca. 3,5 Tage; Sokoloff, 1972), soll-<br />
te abgeschlossen sein. Die an Tag 9 verwendeten Siebe erlauben geschlüpften<br />
Larven durch das Sieb zu kriechen, wo sie aufgefangen werden. Die relative Menge<br />
der geschlüpften Larven wird festgehalten, die zurückbleibenden Eier mit nicht-<br />
geschlüpften Embryonen als Kutikulapräparate eingebettet und über Nacht inkubiert<br />
(Bucher et al., 2002). Es verbleiben nur embryonal letale Phänotypen im Präparat,<br />
wodurch die Auswertung vereinfacht wird. Die Präparation erlaubt die genaue Analy-<br />
se kutikulärer Strukturen durch Fluoreszenz- oder Dunkelfeldmikroskopie und die<br />
Lagerung der Präparate bis zur Auswertung oder der Reanalyse einzelner Aspekte.<br />
Die Auswertung der Präparate richtet ihr Augenmerk auf diverse embryonale Pro-<br />
zesse. Eine hohe Zahl an Eiern ohne Kutikula zeigt Effekte auf die Befruchtung oder<br />
früh-embryonale Letalität an, die in Zusammenhang mit der frühen Achsenbildung<br />
stehen könnte. Die Morphologie der Kutikula gibt unter anderem Hinweise auf Defek-<br />
te während der Achsenbildung, der Entwicklung der extraembryonalen Membranen,<br />
der Segmentierung, der Kopfentwicklung und der Beinentwicklung (s. 1.3).
Muskelpräparate, Tag 14:<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Nach drei Tagen bei 30 °C ist der Großteil der Larven der zweitägigen zweiten<br />
Ablage frisch geschlüpft oder kurz vor dem Schlupf. In diesem Fall werden ge-<br />
schlüpfte und nicht geschlüpfte Larven eingebettet und das Muster der pig19-<br />
Enhancer-Trap-Expression in der Muskulatur der Larven analysiert. Subtilere Mus-<br />
keldefekte, z.B. der Beinmuskulatur sind möglicherweise nicht letal, weswegen alle<br />
Tiere untersucht werden. Hierbei ist wichtig, nicht zu viel von der 72-stündigen Inku-<br />
bation abzuweichen, da sich die Expression des Muskel-Enhancer-Traps der pig19-<br />
Linie erst spät in der Embryonalentwicklung ausbildet, sich dieses Muster aber in<br />
toten Embryonen schnell auflöst. Eine zu frühe oder zu späte Präparation erlaubt<br />
also keine sinnvolle Auswertung mehr. Eine Abweichung von 12 Stunden erwies sich<br />
hierbei bereits als zu groß.<br />
Die Analyse der Enhancer-Trap-markierten Muskulatur erlaubt die Erfassung von<br />
Defekten der Körper- oder der Beinmuskulatur, die protokolliert und dokumentiert<br />
werden. Außerdem ist bei diesen Präparaten, im Gegensatz zur Kutikulapräparation,<br />
bei der alle nicht-kutikulären Gewebe aufgelöst werden, die Unterscheidung zwi-<br />
schen unbefruchteten bzw. unentwickelten Embryonen und embryonaler Letalität in<br />
Keimstreifstadien möglich. Durch Fluoreszenz- oder Nomarski-Mikroskopie frischer<br />
Präparate kann embryonales Gewebe noch vor der Sezernierung von Kutikula er-<br />
kannt, und somit starke Defekte der Achsenbildung oder der Segmentierung detek-<br />
tiert werden.<br />
Während des iBeetle-Screens soll ein zusätzlicher Fluoreszenzmarker des Ner-<br />
vensystems die Detektion neuronaler Phänotypen erlauben.<br />
Larvale Injektionen:<br />
Injektion, Tag 0:<br />
Während des Pilot-Screens wurden 16 bzw. 20 Larven im sechsten (vorletzten)<br />
Larvenstadium des mD17-Stammes (Sokoloff, 1972; Pavlopoulos et al., 2004) inji-<br />
ziert. Im iBeetle-Screen wird ein zusätzlicher Y-Chromosom-gekoppelter Augenmar-<br />
ker die Geschlechtertrennung der Larven erlauben, weswegen dann die Injektion von<br />
8 - 10 weiblichen Larven ausreichend sein wird.<br />
155
II. 2. Ergebnisse<br />
1999a)<br />
156<br />
Auch die Larven werden in ein Multiwellsystem transferiert (Berghammer et al.,<br />
Analyse der pupalen Morphologie und Verpaarung, Tag 11:<br />
Die injizierten Tiere befinden sich jetzt im pupalen Stadium. Die Zahl der überle-<br />
benden und toten Tiere wird dokumentiert. Eine hohe Zahl toter Larven weist entwe-<br />
der auf eine allgemein wichtige Genfunktion oder möglicherweise auf einen Defekt<br />
der Larvalhäutung hin, was aber nicht eindeutig unterscheidbar ist. Das Auftreten von<br />
lebenden L7-Larven, größeren Larvenstadien oder kleineren Puppenstadien weist<br />
auf eine Funktion in der Metamorphosekontrolle hin, ebenso wie das Vorhandensein<br />
toter Präpuppen oder unvollständig verpuppter Tiere.<br />
Die Morphologie der Puppen und das Enhancer-Trap-Muster im dritten Thorakal-<br />
segment wird auf Defekte untersucht um Phänotypen der Kopfentwicklung, der<br />
Extremitätenentwicklung, der Entwicklung der thorakalen Muskulatur und der sonsti-<br />
gen Puppenmorphologie zu detektieren. Für die sinnvolle Auswertung des Muskel-<br />
musters ist der richtige Zeitpunkt wichtig, da das Muster sich erst im Laufe des<br />
Puppenstadiums entwickelt. In frisch geschlüpften Imagines ist das Muster durch die<br />
vorerst noch helle Kutikula zwar gut sichtbar, die Motilität der Käfer und das enge<br />
Zeitfenster bis zur vollständigen Färbung der Kutikula machen aber die Analyse der<br />
Puppenstadien einfacher und deutlich schneller.<br />
Die Tiere werden wiederum mit Männchen des SB- bzw. des black-Stamms ver-<br />
paart, diesmal aber als Einzelverpaarungen mit jeweils zwei Männchen. Dies erleich-<br />
tert später die zeitsparende Identifizierung einzelner Weibchen mit verminderter<br />
Legeleistung, was bei der pupalen Injektion wegen der Notwendigkeit möglichst<br />
großer Gelege mehrerer Weibchen nicht möglich ist.<br />
Kontrolle der pupal-adult-Häutung, Start der Eiablage (Tag 20 - 23)<br />
Falls eine hohe Zahl an injizierten Tieren während der Imaginalhäutung stirbt,<br />
was auf Fehler der Metamorphose-Kontrolle hinweist, werden diese analysiert und<br />
dokumentiert. Außerdem wird eine Eiablage der nun geschlechtsreifen Tiere für die<br />
spätere Auswertung begonnen. Diese Synchronisierung der Ablagen ist nötig, um<br />
den späteren quantitativen Vergleich zu erlauben.<br />
Dieser Arbeitsschritt kann nach ca. 20 bis 23 Tagen stattfinden, da hier kein ex-<br />
akter Zeitabstand zum vorherigen Arbeitsschritt nötig ist.
II. 2. Ergebnisse<br />
Analyse der Adultmorphologie und eventueller Ovariogenesedefekte (Tag 23 – 26)<br />
Die Morphologie der adulten Tiere wird untersucht und somit Defekte der Kopf,<br />
Extremitäten- und Kutikulaentwicklung detektiert. Diese traten entweder spät wäh-<br />
rend der Metamorphose auf und/oder waren zu subtil um bei der Analyse der Pup-<br />
penmorphologie erkannt zu werden. Zusätzlich können eventuell auftretende Verhal-<br />
tensauffälligkeiten z.B. der Fortbewegung zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden.<br />
Wiederum wird die Eimenge im Vergleich zu Gelegen uninjizierter Tiere abge-<br />
schätzt. Die Eiablage soll in diesem Fall drei Tage andauern, um eine ausreichende<br />
Eimenge der Einzelverpaarungen sicherzustellen und eventuelle Schwankungen zu<br />
Beginn der Ablage zu nivellieren. Im Fall reduzierter Legeleistung bei mehreren<br />
Gelegen einer Injektion werden die betroffenen Tiere auf ihren Ovarphänotyp hin<br />
untersucht. Potentielle Phänotypen werden dokumentiert, wobei diese nun auf De-<br />
fekte der Entwicklung des Ovars selbst hinweisen können. Wieder wurden die Ovare<br />
während des Pilot-Screens für eine spätere <strong>Dokument</strong>ation am Fluoreszenzmikro-<br />
skop fixiert und gefärbt.<br />
Analyse der Stinkdrüsen (6 – 8 Wochen nach Injektion)<br />
Die adulten Tiere werden auf das Vorhandensein melanotischer bzw. das Fehlen<br />
von Stinkdrüsen hin untersucht. Gefundene Phänotypen werden dokumentiert. Hier<br />
muss der Zeitabstand ausreichend lange gewählt werden, damit sich Defekte der<br />
Stinkdrüsen gut erkennbar manifestieren können.<br />
Der hier dargestellte Ablauf ermöglicht die Untersuchung embryonaler und post-<br />
embryonaler Prozesse mit nur zwei Injektionen pro dsRNA innerhalb weniger Wo-<br />
chen und berücksichtigt die für die jeweiligen Analysen notwendigen Zeitabstände.<br />
Die Durchführung aller Arbeitsschritte die jeweils im Rahmen des Screeningteils mit<br />
larvaler bzw. mit pupaler Injektionen nötig sind, nenne ich im folgenden Text einen<br />
Durchgang des larvalen bzw. des pupalen Screens.<br />
2.1.2. Arbeitsteilung und unterschiedliche Arbeitspläne erlauben opti-<br />
male Ressourcennutzung und hohen Durchsatz<br />
Die im vorigen Abschnitt vorgestellten Arbeitsschritte der larvalen und pupalen In-<br />
jektionen des iBeetle-Screens müssen im tatsächlichen Screening-Betrieb insgesamt<br />
tausende Male ablaufen. Um dies zu ermöglichen ist es nötig diese Abläufe mög-<br />
157
II. 2. Ergebnisse<br />
lichst effektiv zu gestalten und sinnvolle Arbeitsteilung zu realisieren. Die Injektionen<br />
und die darauf folgenden Auswertungen sollen in jeder der beiden Phasen des<br />
iBeetle-Screens von je vier Doktoranden bzw. Postdocs an den Screening-Centern<br />
Göttingen und <strong>Erlangen</strong> durchgeführt werden. Außerdem werden die Screener von je<br />
einer/einem technischen Assistenten und studentischen Hilfskräften unterstützt. Die<br />
Arbeitsschritte dieser vier Screener müssen an den Screening-Centern so koordiniert<br />
werden, dass: 1. während der Arbeit die höchstmöglichen Qualitätsstandards erreicht<br />
werden. 2. möglichst viele Gene gescreent werden können, und 3. die Infrastruktur<br />
der Screening-Center möglichst gut genutzt wird.<br />
158<br />
Die Grundlagen für das Erreichen dieser Ziele stellen die im vorherigen Abschnitt<br />
beschriebenen Arbeitsabläufe dar. Wie diese in die Praxis umgesetzt werden kön-<br />
nen, wurde durch Vorexperimente getestet und während der Durchführung des Pilot-<br />
Screens verfeinert.<br />
Um den Screenern eine möglichst hohe Routine für die Durchführung der Injekti-<br />
onen und vor allem der Auswertungen und damit für das Erkennen und die Interpre-<br />
tation interessanter Phänotypen zu ermöglichen, ist es sinnvoll, dass jeder Screener<br />
nur pupale oder larvale Injektionen mit den nachfolgenden Auswertungen durchführt.<br />
Die Zahl der in einem Durchgang injizierbaren dsRNAs wird dabei sowohl durch den<br />
Zeitaufwand der Injektion selbst, als auch durch die nötige Zeit nachfolgender Ar-<br />
beitsschritte begrenzt, da einige Auswertungen nicht auf mehrere Tage aufgeteilt<br />
werden können. Die begrenzenden Schritte des pupalen Screens sind die Injektion<br />
und die Auswertung der Lebendpräparate auf Muskeldefekte, die des larvalen<br />
Screens vor allem die Injektion und die Begutachtung der pupalen Morphologie.<br />
Anhand des in Vorexperimenten und dem Pilotscreen ermittelten Zeitaufwands der<br />
einzelnen Arbeitsschritte (s. Anhang) konnten Zeitpläne für die Durchführung des<br />
iBeetle-Screens erstellt werden (Abb. 27, Abb. 28, Abb. 29). Hierbei muss zunächst<br />
beachtet werden, dass sich die einzelnen Arbeitsschritte aufeinanderfolgender<br />
Durchgänge eines Screeners nicht überschneiden und trotzdem einen kontinuierli-<br />
chen Arbeitsablauf erlauben. Außerdem muss vermieden werden dass sich die<br />
Auswertungsphasen der beiden Screener die jeweils am pupalen oder larvalen<br />
Screen arbeiten überlappen. Die Auswertungen im Rahmen des pupalen Screens<br />
finden vor allem am Fluoreszenzmikroskop, die des larvalen Screens am hochver-<br />
größernden Fluoreszenz-Stereomikroskop statt. Beides sind Geräte, die an den
II. 2. Ergebnisse<br />
Screening-Centern nicht für jeden Screener exklusiv zur Verfügung gestellt werden<br />
können und deren Nutzung deshalb gut koordiniert sein muss.<br />
Im Rahmen des pupalen Screens soll ein Screener 30 dsRNAs innerhalb eines<br />
Durchgangs analysieren. Dies wird möglich, indem vorbereitende Arbeiten für die<br />
Injektion, sowie die Anfertigung eines Teils der Kutikula- und Muskelpräparate durch<br />
die/den technischen Assistenten am jeweiligen Screening-Center übernommen<br />
werden. Innerhalb eines fünfwöchigen Blocks können so fünf Durchgänge durchge-<br />
führt werden (Abb. 27). Ein Screener kann also durchschnittlich 30 Genfunktionen<br />
pro Woche analysieren. Der absolute Zeitaufwand eines Durchgangs und damit auch<br />
die durchschnittliche wöchentliche Arbeitsbelastung des Screeners beträgt dabei<br />
27,25 h. Da bei allen Arbeitschritten bis auf die Auswertung der Kutikulapräparate<br />
bestimmte Zeitintervalle eingehalten werden müssen, erstreckt sich die geplante<br />
Arbeitszeit auch auf Wochenenden, wobei aber pro Woche dennoch durchschnittlich<br />
2,2 Tage ohne geplante Screening-Zeit bleiben.<br />
Um vor allem die Nutzung des Fluoreszenzmikroskops zu koordinieren, arbeiten<br />
die beiden Screener des pupalen Screen-Teils eines Screening-Center zwar nach<br />
dem gleichen Arbeitsplan, allerdings zeitlich um zwei Wochen zueinander versetzt.<br />
Dadurch benötigt beispielsweise Screener 1 das Fluoreszenzmikroskop für die<br />
Auswertung der Muskelpräparate an den Tagen, die für die Injektionen von Screener<br />
2 vorgesehen sind.<br />
Abb. 27: Arbeitsplan für pupale Injektionen und darauf folgende Auswertungen<br />
Die Arbeitsschritte des pupalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan dargestellt. Arbeitsschritte,<br />
die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören sind in der gleichen Farbe<br />
hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern angegeben, der erste<br />
Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus. Innerhalb eines fünfwöchigen<br />
Blocks können fünf Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte vorheriger oder<br />
nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Die Auswertung der Kutikulapräparate (hellblau)<br />
ist nicht an einen bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Durchgangs gebunden, weshalb<br />
diese Arbeitschritte keinem einzelnen Durchgang zugeordnet sind. Die letzte Kutikula-<br />
Analyse ist aus Gründen der überlappenden Gerätenutzung zweier Screener zeitlich in den<br />
nachfolgenden Block verschoben.<br />
d: Tag, h: Stunden.<br />
159
II. 2. Ergebnisse<br />
160
II. 2. Ergebnisse<br />
Die Planung des larvalen Screening-Teils erlaubt während eines Durchgangs die<br />
Analyse von 23 dsRNAs. In einem sechswöchigen Block können acht Durchgänge<br />
realisiert werden, wobei der kontinuierliche Arbeitsablauf es nötig macht, dass einige<br />
letzte Analysen eines Blocks noch während der Arbeiten am darauf folgenden<br />
sechswöchigen Block durchgeführt werden. Somit kann ein Screener im larvalen<br />
Screen-Teil ebenfalls ca. 30 Gene pro Woche analysieren. Der Arbeitsaufwand eines<br />
Durchgangs beträgt 21,5 h, womit sich die durchschnittliche Screeningzeit auf 28,6 h<br />
pro Woche summiert.<br />
Um die Nutzung des hochvergrößernden Fluoreszenz-Stereomikroskops zu ko-<br />
ordinieren müssen hier für die beiden Screener des larvalen Teils an einem Scree-<br />
ning-Center unterschiedliche Arbeitspläne aufgestellt werden (Abb. 28, Abb. 29).<br />
Screener 1 beginnt dabei seine sechswöchigen Blöcke jeweils erst in der dritten<br />
Screening-Woche des zweiten Screeners. In beiden Fällen ist wiederum Wochen-<br />
endarbeit nötig, wobei diese während des zweiten Arbeitsplans nicht vollständig<br />
durch freie Tage unter der Woche ausgeglichen werden kann. Allerdings gibt es hier<br />
mehr kurze Arbeitstage und der larvale Screen-Teil bietet aufgrund einiger flexibler<br />
Zeitintervalle, die Möglichkeit persönliche Anpassungen vorzunehmen. Nichtsdesto-<br />
trotz sollten die Screener des larvalen Teils in einem sinnvollen Intervall (z.B. 12<br />
Wochen) die Arbeitspläne untereinander wechseln.<br />
Abb. 28: Arbeitsplan 1 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen<br />
Die Arbeitsschritte des ersten Screeners des larvalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan<br />
dargestellt. Arbeitsschritte, die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören<br />
sind in der gleichen Farbe hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern<br />
angegeben, der erste Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus.<br />
Innerhalb eines sechswöchigen Blocks können acht Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte<br />
vorheriger oder nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Um einen kontinuierlichen<br />
Ablauf zu gewährleisten werden einige Arbeitsschritte des ersten Blocks noch nach<br />
Beginn des darauf folgenden durchgeführt. Die Analyse der Stinkdrüsen (hellblau) aus<br />
mehreren Durchgängen findet gesammelt statt.<br />
d: Tag, h: Stunden.<br />
161
II. 2. Ergebnisse<br />
162
II. 2. Ergebnisse<br />
163
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 29: Arbeitsplan 2 für larvale Injektionen und darauf folgende Auswertungen<br />
Die Arbeitsschritte des zweiten Screeners des larvalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan<br />
dargestellt. Arbeitsschritte, die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören<br />
sind in der gleichen Farbe hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern<br />
angegeben, der erste Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus.<br />
Innerhalb eines sechswöchigen Blocks können acht Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte<br />
vorheriger oder nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Um einen kontinuierlichen<br />
Ablauf zu gewährleisten werden einige Arbeitsschritte des ersten Blocks noch nach<br />
Beginn des darauf folgenden durchgeführt. Die Analyse der Stinkdrüsen (hellblau) aus<br />
mehreren Durchgängen findet gesammelt statt. Die Schlupfkontrollen in den Woche 5, 6 und<br />
7 könnten je nach persönlicher Preferenz an jeweils einem Tag durchgeführt werden, was<br />
aber einen sehr langen Arbeitstag mit den jeweiligen folgenden Eizahl-Adult-Kontrollen nach<br />
sich zöge.<br />
d: Tag, h: Stunden.<br />
2.2. Das Screening-Schema ermöglicht die Identifizierung<br />
164<br />
interessanter Phänotypen mit hoher Sensitivität<br />
Für den Test des Screening-Ablaufs und den Nachweis über den Erfolg der Me-<br />
thode wurden im Rahmen eines Pilotscreens insgesamt 112 dsRNAs injiziert. Die<br />
Durchführung des Großteils der pupalen Injektionen und der darauf folgenden Aus-<br />
wertungen hat Nikolaus Koniszewski (<strong>Universität</strong> Göttingen) unter meiner Anleitung<br />
übernommen, die larvalen Injektionen und deren Auswertung hab ich selbst durchge-<br />
führt. 82 der 112 dsRNAs wurden auf Grundlage von Fragmenten aus einer embryo-<br />
nalen cDNA-Bank (zur Verfügung gestellt von R. Schröder; Wolff et al., 1995) herge-<br />
stellt (s. 4.1). Die restlichen 30 dsRNAs waren gegen eine Auswahl Gene gerichtet,<br />
deren Ausfallphänotyp bereits bekannt war (Tab. 8). Diese wurden als Positiv-<br />
Kontrollen zufällig und für die Screener nicht erkennbar den Fragmenten unbekann-<br />
ter Funktion hinzugefügt. Im Folgenden möchte ich die Ergebnisse dieses Pilot-<br />
Screens darstellen.
Tab. 8: Verwendete Positivkontrollen<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Gen Quelle RNA # Erwarteter Phänotyp<br />
methoprenetolerant<br />
(Konopova und Jindra, 2007) 12 L Metamorphose-Block II<br />
broad-complex (Konopova und Jindra, 2008) 37 L Metamorphose-Block II<br />
chitinase-5 (Zhu et al., 2008) 111 L Metamorphose-Block III<br />
chitinase-7 (Zhu et al., 2008) 97 L Adulte Extremitäten (Flügel), Kutikula<br />
hedgehog pers. Mitteil., G. Bucher 23 L Pupale Extremitäten<br />
(Farzana und Brown, 2008) P starker Musterbildungsdefekt<br />
sex-combs-reduced (Tomoyasu et al., 2005) 13 L Pupale Extremitäten<br />
(Curtis et al., 2001) P Segmentierung<br />
(Suzuki et al., 2009) 42 L Pupale Extremitäten/Metamorphosedistal-less<br />
Block I<br />
(Beermann et al., 2001) P Beindefekt<br />
ultra-bithorax (Tomoyasu et al., 2005) 66 L Pupale Extremitäten<br />
(Lewis et al., 2000) P Segmentierung<br />
spineless (Shippy et al., 2009) 86 L Pupaler/Adulter Kopfdefekt<br />
(Toegel et al., 2009) P Kopfdefekt<br />
female-sterile1/Yb pers. Mitteil., R. Rübsam 24 L Oogenese<br />
pers. Mitteil., R. Rübsam P Oogenese, frühembryonal letal<br />
piwi pers. Mitteil., J. Trauner 98 L Oogenese<br />
pers. Mitteil., J. Trauner P Oogenese<br />
wnt-less (Bolognesi et al., 2008b) 28 P starker Musterbildungsdefekt<br />
short-gastrulation (van der Zee et al., 2006) 68 P starker Musterbildungsdefekt<br />
(Nunes da Fonseca et al., P<br />
toll<br />
2008) 92 starker Musterbildungsdefekt<br />
even-skipped (Choe et al., 2006) 74 P starker Musterbildungsdefekt<br />
orthodenticle (Kotkamp et al., 2010) 50 P früh-embryonal letal<br />
caudal (Copf et al., 2004) 84 P Meso-embryonal letal<br />
pumilio diese Arbeit, Kap. 1 77 P Segmentierung, Bein-/Kopfdefekt<br />
(Schoppmeier und Schröder, 103 P<br />
torso-like<br />
2005)<br />
Segmentierung<br />
brain-tumor diese Arbeit, Kap. 1 17 P Segmentierung<br />
six3 (Posnien et al., 2009) 83 P Kopfdefekt<br />
knirps (Cerny et al., 2008) 115 P Kopfdefekt<br />
labial (Posnien und Bucher, 2009) 105 P Kopfdefekt<br />
empty-spiracles (Schinko et al., 2008) 34 P Kopfdefekt<br />
twist pers. Mitteil., S. Roth 46 P genereller Muskeldefekt<br />
mirror pers. Mitteil., M. Schoppmeier 60 P Oogenese<br />
cactus pers. Mitteil., S. Roth 62 P Adult letal<br />
mef-2 pers. Mitteil., C. Schaub 75 P Adult letal<br />
par-1 pers. Mitteil., M. Schoppmeier 91 P Adult letal<br />
org-1 pers. Mitteil., C. Schaub 113 P Adult letal<br />
Aufstellung der für den Pilot-Screen verwendeten Positivkontrollen und ihrer erwarteten Phänotypen<br />
im Rahmen der larvalen (L) oder pupalen (Injektionen). Nur bei zwei dieser Injektionen wurde kein<br />
Phänotyp festgestellt (rot markiert), in einem Fall trat ein deutlich stärkerer Phänotyp auf (emptyspiracles,<br />
grau), in zwei Fällen waren die Phänotypen oder Teile davon nur mit niedriger Penetranz<br />
feststellbar (distal-less, labial, dunkelgrün). Siehe Text für weitere Informationen.<br />
165
II. 2. Ergebnisse<br />
Ergebnisse der Positiv-Kontroll-Injektionen<br />
166<br />
Für einen Teil der 30 als Positiv-Kontrollen verwendeten Gene war bereits be-<br />
kannt, dass sowohl larvale als auch pupale RNAi zu einem detektierbaren Defekt<br />
führt. So sollten durch die Positiv-Kontroll-dsRNAs 37 überprüfbare Phänotypen<br />
produziert werden. Diese erwarteten Phänotypen umfassen Defekte in diversen<br />
embryonalen und postembryonalen Prozessen. So erfüllen einige der Gene Aufga-<br />
ben für die Segmentierung, die frühe Embryonalentwicklung, die Kopfentwicklung,<br />
die Entwicklung der Extremitäten, für das Mesoderm, die Metamorphosekontrolle, die<br />
Oogenese und auch allgemeine, essentielle Aufgaben für das Überleben der injizier-<br />
ten Tiere (Tab. 8).<br />
Die Auswertung der im Rahmen des Screening gemachten Beobachtungen er-<br />
gab, dass nach nahezu jeder dieser 37 Injektionen mit erwarteten Phänotypen (pupal<br />
und/oder larval) Defekte detektiert wurden. Allein in zwei Fällen, der pupalen Injekti-<br />
on von spineless und piwi, konnte kein Effekt festgestellt werden.<br />
Im Falle von spineless (Shippy et al., 2009; Toegel et al., 2009), wurde die Trans-<br />
formation der larvalen Antennen zu Bein-ähnlichen Strukturen übersehen, obwohl sie<br />
in den Präparaten vorhanden war. Die gleiche Transformation in Puppen bzw. adul-<br />
ten Tieren nach larvaler RNAi wurde hingegen festgehalten. Dies ist also schlicht als<br />
Fehler zu werten, wie sie bei einem solchen Prozedere zwangsläufig auftreten.<br />
piwi-RNAi führte zwar nach larvaler, nicht aber nach pupaler RNA-Injektion zu<br />
Sterilität und deutlichen Defekten des Ovars. Wahrscheinlich ist dies auf den Zeit-<br />
punkt der Injektion zurückzuführen. piwi-dsRNA-Injektion in junge Puppen stört zwar<br />
die Oogenese, für die Injektionen des Pilot-Screens wurden aber Tiere im letzen<br />
Drittel der Puppenentwicklung (Schachtner, unveröffentlicht) verwendet, wo piwi-<br />
RNAi möglicherweise keinen Effekt mehr hat (Trauner, 2009) und persönl. Mitteil.).<br />
In den meisten Fällen war die Penetranz der Phänotypen mit über 80 % relativ<br />
hoch (nicht gezeigt), und somit der Effekt leicht und zweifelsfrei detektierbar. Die<br />
pupale Injektion von labial-dsRNA allerdings führte nur in ca. 30 % der präparierten<br />
Kutikulae zu den erwarteten Veränderungen des Musters der Kopfborsten (Posnien<br />
und Bucher, 2009). Dieser Phänotyp ist sehr subtil, weswegen die schwachen Defek-<br />
te einer phänotypischen Serie im Rahmen des Screenings übersehen worden sein<br />
könnten und somit die schwächere Penetranz erklären.<br />
Nach larvaler Injektion von distalless-dsRNA wurden die typischen Veränderun-<br />
gen der Extremitäten (Suzuki et al., 2009) in allen untersuchten Puppen festgestellt,
II. 2. Ergebnisse<br />
eine verlängerte Larvalphase, wie sie ebenfalls nach larvaler RNAi beschrieben<br />
wurde (Suzuki et al., 2009), konnte aber nur bei 4 von 9 Tieren beobachtet werden.<br />
Diese Beispiele machen deutlich, dass die Sensitivität des iBeetle-Screens massiv<br />
von den definierten Schwellenwerten für die Mindest-Frequenz eines auftretenden<br />
Phänotyps abhängen wird.<br />
Vier der Positiv-Kontroll-Injektionen führten zu stärkeren Defekten als den bisher<br />
beschriebenen. Nach pupaler empty-spiracles(ems)-RNAi fanden sich in den Präpa-<br />
raten statt Larven mit subtilen Defekten der Antennen (Schinko et al., 2008), nur<br />
unbefruchtete oder wenig entwickelte Eier. In Anbetracht der normalerweise schwa-<br />
chen Defekte nach pupaler ems-RNAi (Schinko et al., 2008), muss davon ausgegan-<br />
gen werden, dass es sich in diesem Fall um ein Artefakt handelt. Möglicherweise war<br />
hier eine Kontamination der Positiv-Kontroll-RNA vorhanden, oder suboptimale<br />
Bedingungen innerhalb des betroffenen Wells (Verschmutzung etc.) störten die<br />
Verpaarung der Tiere.<br />
distal-less und sex-combs-reduced-pRNAi führte neben den veröffentlichten<br />
Phänotypen (Curtis et al., 2001; Suzuki et al., 2009) auch zu schwer zu interpretier-<br />
baren Kutikularesten. Diese zusätzlichen Phänotypen könnten natürlicherweise<br />
sporadisch auftretenden Abberationen darstellen. Solche Defekte finden sich zu<br />
einem gewissen Anteil in jeder Präparation. Angesichts weiterer, durch die RNAi<br />
hervorgerufener Defekte, könnten diese möglicherweise ebenfalls als spezifische<br />
Effekte gewertet werden.<br />
Im letzten Fall, pupaler RNAi gegen orthodenticle, führte die Injektion zu einer<br />
höheren Penetranz des stärksten Phänotyps als bisher beschrieben. Kotkamp zeigt,<br />
dass nach otd-RNAi 70 % der Embryonen keine Kutikula mehr sezernieren können<br />
(Kotkamp et al., 2010). Hier war dies sogar bei 100 % der Fall, wobei in vielen emb-<br />
ryonales Gewebe nachweisbar war. Scheinbar handelte es sich hierbei also um eine<br />
äußerst effiziente Injektion.<br />
Interessanterweise führten sechs der Positiv-Kontroll-Gene im Rahmen des<br />
postembryonalen Screen-Teils zu bisher unbekannten Phänotypen (Abb. 38). Dies<br />
illustriert, dass wahrscheinlich viele der in der Embryonalentwicklung untersuchten<br />
Gene weitere Funktionen während der Metamorphose wahrnehmen.<br />
Die eingesetzten Positiv-Kontrollen konnten also nahezu vollständig erkannt wer-<br />
den und zeigen somit, dass durch das iBeetle-Prozedere das effektive Hervorrufen<br />
167
II. 2. Ergebnisse<br />
von RNAi-Effekten in unterschiedlichen Enwicklungsstadien und die Detektion inte-<br />
ressanter Phänotypen mit hoher Sensitivität möglich sein wird.<br />
Ergebnisse der dsRNAs unbekannter Funktion<br />
168<br />
Außer den 30 dsRNAs der Positiv-Kontroll-Gene wurden im Rahmen des iBeetle-<br />
Pilot-Screens 82 dsRNAs von zufällig aus einer embryonalen cDNA-Bank (Wolff et<br />
al., 1995) amplifizierten Fragmenten synthetisiert und injiziert (s. 4.1). Es wurden<br />
Fragmente mit einer Größe von ca. 450 bis 2000 bp verwendet und zunächst se-<br />
quenziert. Doppelt vorhandene Fragmente, Fragmente ohne eindeutige Überein-<br />
stimmung zu Sequenzen des Tribolium-Genoms und ribosomale (bis auf zwei) oder<br />
mitochondriale Klone wurden verworfen. Die meisten der verwendeten cDNAs ließen<br />
sich durch BLAST-Suchen automatisch annotierten, konservierten Tribolium-Genen<br />
zuordnen, aber auch noch nicht annotierte Sequenzen (RNAs # 9, 57) und solche<br />
ohne klare Homologien (RNAs # 14, 15, 27, 30, 63, 71, 85) waren darunter. Eine<br />
vollständige Liste der injizierten Fragmente findet sich im Anhang.<br />
Der Großteil der Injektionen dieser zufällig gewählten dsRNAs führte zu detek-<br />
tierbaren Veränderungen im Rahmen des Pilot-Screens (Abb. 30). Nur 39 % der<br />
injizierten dsRNAs hatten weder nach pupaler noch nach larvaler Injektion einen<br />
feststellbaren Effekt, die korrespondierenden Gene spielen also scheinbar keine<br />
wesentliche, entwicklungsrelevante Rolle. 33 % führten aber zu Störungen der unter-<br />
suchten embryonalen oder postembryonalen Entwicklungsprozesse (Abb. 30). Hier-<br />
bei hatten ungefähr ein Drittel dieser Fragmente sowohl Einfluss auf embryonale als<br />
auch postembryonale Prozesse, was wiederum illustriert, dass viele Entwicklungsge-<br />
ne mehrere Aufgaben erfüllen (Miklos und Rubin, 1996).<br />
Fast ein Drittel aller Fragmente führte außerdem zu aus iBeetle-Sicht unspezifi-<br />
scher Letalität der injizierten Tiere (Abb. 30). Als solche unspezifische Letalität be-<br />
zeichne ich hier den Tod der injizierten Tiere während später larvaler Stadien nach<br />
larvaler Injektion oder als junge adulte Tiere nach pupaler Injektion ohne erkennba-<br />
ren, interessanten Phänotyp. Fragmente die diesen Effekt hervorrufen, repräsentie-<br />
ren vermutlich „house keeping“-Gene oder Gene die für Prozesse wichtig sind, die<br />
nicht im Fokus von iBeetle stehen. Der größte Teil dieser Gene (68 %) führt erwar-<br />
tungsgemäß sowohl nach larvaler als auch nach pupaler Injektion zum Tod. In diese<br />
Gruppe fallen beispielsweise auch die beiden injizierten Fragmente ribosomaler<br />
Gene, was bestätigt, dass hier von allgemein essentiellen Genfunktionen ausgegan-
II. 2. Ergebnisse<br />
gen werden kann. Eventuelle zusätzliche Funktionen für Musterbildungsprozesse<br />
während der Entwicklung sind in diesen Fällen nicht detektierbar.<br />
Zusätzlich zu dieser unspezifischen Letalität tritt auch bei dem größten Teil der<br />
Injektionen mit spezifischen Phänotypen embryonale oder spätere Letalität auf, so<br />
dass insgesamt 55 % der Injektionen zu Letalität führten. Dies scheint im Vergleich<br />
zu anderen Studien ein recht hoher Wert für eine zufällige Auswahl an Genen zu<br />
sein. Bei Drosophila geht man beispielsweise davon aus, dass ungefähr ein Drittel<br />
aller Gene zur Letalität mutieren können (Miklos und Rubin, 1996). Eine mögliche<br />
Erklärung dafür könnte beispielsweise die Verwendung einer embryonalen cDNA-<br />
Bank sein, in der wahrscheinlich entwicklungsrelevante Gene überrepräsentiert sind<br />
(weitere mögliche Erklärungen s. 3.2.3).<br />
Abb. 30: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens<br />
Darstellung der Verteilung festgestellter Effekte nach larvaler und pupaler Injektion von zu 82<br />
zufällig ausgewählten Genfragmenten korrespondierenden dsRNAs. Ein großer Teil der<br />
Injektionen führte zu keinen detektierbaren Defekten (grau). Der Funktionsverlust von jeweils<br />
ungefähr einem Drittel der Gene führte zum Tod der injizierten Tiere bald nach der Injektion<br />
ohne interessanten Phänotyp (rot) oder zu distinkten Defekten in den untersuchten Entwicklungsprozessen<br />
(grün). Letztere stellen also interessante Befunde im Sinne der Zielsetzung<br />
des iBeetle-Screens dar. Ein großer Teil der dsRNAs führte sowohl nach larvaler als auch<br />
nach pupaler Injektion zu spezifischen Phänotypen (dunkelgrün) oder unspezifischer Letalität<br />
(dunkelrot). Sieben Injektionen führten in einem Screen-Teil zu unspezifischer Letalität und<br />
im anderen Teil zu spezifischen Phänotypen und wurden deshalb doppelt gezählt.<br />
169
II. 2. Ergebnisse<br />
2.3. Es konnten für nahezu alle Prozesse neue Kandidatengene<br />
170<br />
identifiziert werden<br />
Insgesamt wurden durch RNAi gegen ungefähr ein Drittel der zufällig ausgewähl-<br />
ten Gene spezifische Ausfall-Phänotypen hervorgerufen. Für die meisten der in<br />
iBeetle untersuchten Prozesse konnten so bereits im Rahmen des Pilot-Screens<br />
neue Kandidatengene gefunden werden (Abb. 31 - Abb. 37).<br />
Betrachtet man pupale und larvale Injektionen getrennt, führte jeweils die Hälfte<br />
der 82 dsRNAs nicht zu beobachtbaren Veränderungen, ein Viertel führte bald nach<br />
der Injektion zum Tod der injizierten Tiere (Abb. 31, Abb. 32). 16 % der pupalen<br />
Injektionen und 18 % der larvalen Injektionen induzierten Defekte morphologischer<br />
Strukturen oder der Entwicklung selbst, die auf eine Rolle der korrespondierenden<br />
Gene in Musterbildungsprozessen hinweist. Diese Phänotypen sind von besonderem<br />
Interesse für iBeetle und werden im Folgenden präsentiert.
Abb. 31: Zusammenfassung der Ergebnisse durch pupale Injektionen<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Darstellung der Verteilung der nach pupaler RNAi festgestellten Phänotypen. Die Hälfte der<br />
Injektionen (51 %, grau) führte nicht zu detektierbaren Effekten, ein Viertel (26 %, rot) führte<br />
zum Tod oder zu schwerer Unterernährung der Tiere innerhalb der ersten 10 Tage nach der<br />
Imaginalhäutung. 7 % führten zu früher embryonaler Letalität oder Nicht-Befruchtung, ein<br />
innerhalb des Screens nicht unterscheidbarer Effekt. In dieser Gruppe können sich also<br />
Faktoren befinden die für die frühe Embryogenese, oder den komplexen Ablauf der Paarung,<br />
Befruchtung und Eiaktivierung wichtig sind. Klare Enwicklungsgene finden sich aber in den<br />
restlichen Kategorien (grüner Kasten, 16 % insgesamt). Meso-embryonal letal bedeutet den<br />
Tod der Embryonen nach der Kompaktion von embryonalem Gewebe zur Embryonalanlage<br />
bzw. dem Keimrudiment, gemischt embryonal bedeutet eine Mischung aus früh-embryonaler<br />
Letalität und späteren Defekten. Bilden die Embryonen Kutikula aus, lassen aber keine<br />
deutliche Segmentierung erkennen, werden sie als starker Musterbildungsdefekt kategorisiert.<br />
Ist die Larve segmentiert, die Segmentierung aber gestört, liegt ein Segmentierungsphänotyp<br />
vor, gleiches gilt für Borstenmuster-, Kopf- oder Beinphänotypen. Ein Oogenesedefekt<br />
liegt vor, wenn trotz reduzierter Legeleistung keine deutlichen Veränderungen am Ovar<br />
erkennbar sind, also ein subtiler Phänotyp vermutet wird. Ovaratrophie allerdings bedeutet<br />
massive Störungen des Ovars, die zu einer Verkleinerung führen. Zwei der Injektionen<br />
führten zu mehreren Defekten, wodurch hier nach 40 Injektionen 42 Phänotypen detektiert<br />
wurden.<br />
Eine Auflistung der Phänotyp-Kategorien findet sich auch im Anhang.<br />
171
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 32: Zusammenfassung der Ergebnisse durch larvale Injektionen<br />
Darstellung der Verteilung der nach larvaler RNAi festgestellten Phänotypen. Die Hälfte der<br />
Injektionen (48 %, grau) führte nicht zu detektierbaren Effekten, ein Viertel (25 %, rot) führte<br />
zum Tod der Tiere während larvaler Stadien. 7 % führten zum Tod der Tiere in adulten<br />
Stadien, möglicherweise in der Folge subtiler Defekte während der Metamorphose, die nicht<br />
bestimmt werden können. Defekte der Metamorphosekontrolle sind in drei Kategorien<br />
unterteilt: I) verlängerte Larven-Phase II) fehlerhafte Verpuppung III) fehlerhafte Imaginalhäutung.<br />
Defekte der thorakalen Muskulatur werden durch Analyse der metathorakalen GFP-<br />
Expression des md17-Stammes detektiert. Störungen bei der Bildung der Extremitäten oder<br />
des Kopfes werden entweder bereits in pupalen Stadien, oder später bei den adulten Tieren<br />
festgestellt. Defekte der Stinkdrüsen bedeuten ihre Melanisierung oder ihr Fehlen. Ein<br />
Oogenesedefekt liegt vor, wenn trotz reduzierter Legeleistung keine deutlichen Veränderungen<br />
am Ovar erkennbar sind, also ein subtiler Phänotyp vermutet wird. Ovaratrophie allerdings<br />
bedeutet massive Störungen des Ovars, die zu einer Verkleinerung führen. Das<br />
Vorhandensein dunkel gefärbter Gewebe in Puppenstadien wird als möglicherweise nekrotisches<br />
Gewebe festgehalten und alle Defekte die nicht in die vorgegeben Kategorien eingeordnet<br />
werden können, werden unter „Andere“ gesammelt. Somit wurden in 18 % aller<br />
Injektionen für iBeetle interessante Phänotypen detektiert (grüner Kasten). Hier wurden in<br />
drei Fällen mehrere Phänotypen detektiert, so dass nach 42 Injektionen 46 Phänotypen<br />
detektiert wurden.<br />
Eine Auflistung der Phänotyp-Kategorien findet sich auch im Anhang.<br />
172
2.3.1. Defekte der Ovario- oder Oogenese<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Prozesse der frühen Embryonalentwicklung sind bei Insekten, wie bei vielen an-<br />
deren Tiergruppen abhängig von Faktoren, die während der Oogenese im Ei depo-<br />
niert werden (Heming, 2003). Die Oogenese und das Ovar sind also nicht nur im<br />
Sinne der Fortpflanzung wesentlich für die Entwicklung, es werden auch die geneti-<br />
schen Vorraussetzungen der Embryogenese geschaffen. Das Ovar von Tribolium<br />
gehört dem telotroph-meroistischem Typus an, wo im Gegensatz zu polytroph-<br />
meroistischen Ovaren wie bei Drosophila, Nährzellen zur Versorgung des Embryos<br />
in einem Tropharium verbleiben und nicht mit der wachsenden Oozyte in einem<br />
Follikel gruppiert sind (Büning, 1994; Trauner und Büning, 2007). Im Gegensatz zur<br />
Situation bei Drosophila ist über die Oogenese und die Entwicklung des Ovars bei<br />
Tribolium noch wenig bekannt, iBeetle wird hier also helfen einen noch wenig er-<br />
forschten Prozess zu verstehen.<br />
Sechs pupale und vier larvale Injektionen des Pilot-Screens führten zu Defekten<br />
der Oogenese oder der Ovarentwicklung selbst (Abb. 33, Abb. 34). Zeigten die<br />
injizierten Tiere eine reduzierte Eiproduktion wurden die Ovare präpariert, fixiert und<br />
am Fluoreszenzmikroskop analysiert.<br />
Während des iBeetle-Screens werden die Ovare nur bei niedriger Vergrößerung<br />
auf ihre Morphologie hin untersucht. Dies ist ausreichend um eine Einordnung in eine<br />
von drei Kategorien zu erlauben. Zeigen die Ovare einen sogenannten „held egg“-<br />
Phänotyp (Abb. 33, B) wird dies nicht als spezifischer Effekt dokumentiert. In einem<br />
solchen Fall ist die vermeintlich verminderte Eiproduktion offenbar auf Störungen der<br />
Eiablage zurückzuführen, einem komplexen Prozess, in dem sich Veränderungen auf<br />
vielen Ebenen auswirken können (Sisodia und Singh, 2005) und der nicht im Fokus<br />
von iBeetle steht. Ein solcher Phänotyp trat nach sieben der larvalen und sechs der<br />
pupalen Injektionen auf, wobei nur eine dsRNA (# 82) den Effekt in beiden Injektio-<br />
nen zeigte. Schon die Häufigkeit weist darauf hin, dass diese gestörte Oviposition<br />
vielfältige Ursachen haben kann. Außerdem zeigt sie die Bedeutung der morphologi-<br />
schen Analyse der Ovare für die Sensitivität der Detektion potentieller Oogenese-<br />
oder Ovariogenese-Kandidatengene. Mehr als die Hälfte der Injektionen, die zu<br />
verminderter Legeleistung führten, konnten so als unspezifisch bzw. uninteressant<br />
erkannt werden.<br />
173
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 33: Defekte der Oogenese nach pupaler Injektion<br />
Kernfärbungen der Ovare von pupal injizierten Tieren (B - G) im Vergleich mit einem Wildtyp-<br />
Ovar (A). Gezeigt sind ganze (A - D, G) oder halbe Ovare (E, F).<br />
A Zwei Halbovare aus je sechs Ovariolen bilden das Tribolium Ovar. Eine Ovariole besteht<br />
aus dem die Nährzellen enthaltenden Tropharium (T) und dem Vitellarium (V) mit wachsenden<br />
Oozyten unterschiedlicher Entwicklungsstadien.<br />
B Beispiel eines „held egg“-Phänotyps (pumilio-RNAi). Im lateralen Ovidukt eines Halbovars<br />
befinden sich mindestens fünf reife Oozyten (*), der zweite laterale Ovidukt ist aufgerissen<br />
und die Oozyten gingen verloren.<br />
C Phänotyp nach Injektion der dsRNA eines automatisch vorhergesagten Gens. Die Oozyten<br />
akkumulieren innerhalb der Ovariolen (Pfeilspitze).<br />
D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to X-box binding protein 1 (ein Transkriptionsfaktor).<br />
Es sind keine reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze).<br />
E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to ubiquitin conjugating enzyme E2I. Die<br />
Zahl der Follikelzellen eines Follikels ist reduziert und ihre Kerne scheinen vergrößert (E’’) im<br />
Vergleich zum Wildtyp (E’, gleicher Masstab wie E’’). Es sind wenige späte Oozytenstadien<br />
zu sehen. Dieser Phänotyp wurde als Oogenesedefekt kategorisiert, die morphologischen<br />
Veränderungen aber erst am Mikroskop erkannt.<br />
F Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to Dynein light chain 90F. Es sind keine<br />
reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze) und die Tropharien scheinen kleiner. Diese RNA<br />
führte auch im larvalen Screen zu Ovar- und weiteren Phänotypen (Abb. 34 B, Abb. 36 D)<br />
G Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to SET (ein Cyclin-bindendes Protein). Es<br />
sind keine reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze).<br />
Der Größenstandard weißt 100 !m aus.<br />
174
II. 2. Ergebnisse<br />
Liegt kein „held egg“-Phänotyp vor, weist das Ovar aber erkennbare morphologi-<br />
sche Defekte auf, die zu einer Verkleinerung führen, wird der Effekt als Ovaratrophie<br />
bezeichnet (z.B. Abb. 33 D o. Abb. 34). Dies wird für die Mehrzahl der beobachtba-<br />
ren Ovar-Phänotypen der Fall sein. Sowohl das Fehlen von reifenden Oozyten nach<br />
pupaler Injektion (Abb. 33 D, F, G) als auch starke Defekte in der Folge gestörter<br />
Prozesse bei der Ovarentwicklung nach larvaler Injektion (Abb. 34) führen zu einer<br />
erkennbaren Verkleinerung des Ovars. Für unerfahrene Screener sind die einzelnen<br />
Aspekte der Ovarmorphologie bei geringer Vergrößerung nur schwer zu erkennen,<br />
weshalb diese Kategorie der Ovaratrophie relativ breit aufgefasst werden muss.<br />
Nahezu alle interessanten Phänotypen werden also dort eingeordnet werden. Für die<br />
Auswahl besonders interessanter Kandidatengene ist die nachträgliche Analyse und<br />
der Vergleich der Phänotypen dieser Kategorie nötig. Hohe Priorität erhalten dabei<br />
beispielsweise dsRNAs die sowohl nach larvaler als auch nach pupaler Injektion zu<br />
vergleichbaren Effekten führen. Die Wiederholung vielversprechender Injektionen<br />
wird dann helfen die Zahl der im Verlauf des Projekts detailliert zu bearbeitenden<br />
Gene weiter einzugrenzen.<br />
Ist weder ein morphologischer Defekt noch ein „held egg“-Phänotyp zu beobach-<br />
ten, obwohl eine reduzierte Eiproduktion vorliegt, wird ein Oogenese-Defekt fest-<br />
gehalten (z.B. ähnliche Effekte wie in Abb. 33 E). Diese Effekte sollen nicht als<br />
Wildtyp kategorisiert werden, da die Auswertung bei niedriger Vergrößerung dies<br />
nicht zweifelsfrei zulässt. Auch diese Ovare ohne erkennbare morphologische Defek-<br />
te werden dokumentiert, um eine nachträgliche Beurteilung zu ermöglichen. Die hier<br />
zu vermutenden subtilen Störungen der Eiproduktion sind möglicherweise bei einer<br />
Evaluation durch einen Experten charakterisierbar. Auch morphologische Verände-<br />
rungen, die nicht zu einer Verkleinerung des Ovars führen, wurden im Rahmen des<br />
Pilot-Screens dieser Kategorie hinzugefügt (z.B. Abb. 33 C).<br />
Erwartungsgemäß führten die larvalen Injektionen im Wesentlichen zu morpholo-<br />
gisch stärker gestörten Phänotypen (vgl. Abb. 33 C - G mit Abb. 34 B - D), was die<br />
mögliche Beteiligung dieser Kandidaten des larvalen Screens an der Entwicklung<br />
des Ovars selbst illustriert. Diese wurden im Pilotscreen gemeinsam mit schwäche-<br />
ren Phänotypen des pupalen Screen-Teils in die Kategorie „Ovaratrophie“ eingeord-<br />
net. Im Rahmen des Hauptscreens empfiehlt es sich möglicherweise diese Kategori-<br />
sierung zur Erhöhung der Auflösung noch auszuweiten, indem die „Ovaratrophie“-<br />
Kategorie geteilt wird. Dies würde erlauben stärkere von schwächeren Phänotypen<br />
175
II. 2. Ergebnisse<br />
zu trennen. So könnten beispielsweise nur noch starke Defekte, die vermutlich in<br />
Zusammenhang mit der Ovarentwicklung stehen, als „Ovaratrophie“ („small ovary“)<br />
bezeichnet werden. Alle übrigen Fälle morphologischer Veränderungen (z.B. das<br />
Fehlen reifer Follikel) würden dann als Oogenese-Defekte kategorisiert. Fälle ohne<br />
morphologische Veränderungen könnten „potentielle Oogenese-Defekte“ genannt<br />
werden. Die Abwesenheit von erkennbaren morphologischen Defekten sollte nach<br />
wie vor nicht zu einer Kategorisierung als Wildtyp führen, und für die Auswertung<br />
durch Fachleute dokumentiert werden.<br />
176<br />
In einigen Fällen ist bei der Präparation der Ovare feststellbar, dass die betroffe-<br />
nen Tiere keinerlei Fettkörper enthalten und das Abdomen wie ausgetrocknet wirkt.<br />
Diese Tiere sind offensichtlich nicht oder mangelernährt (kachektisch) und sterben<br />
meist im weiteren Verlauf. Die Ovare solcher Käfer zeigen ebenfalls keine entwi-<br />
ckelnden Oozyten, was höchstwahrscheinlich eine Folge der Mangelernährung ist. In<br />
Drosophila wurde gezeigt, dass Mangelernährung sogar zu Apoptose in der Keim-<br />
bahn führt (Mazzalupo und Cooley, 2006). Die Injektionen, die zu diesen Effekten<br />
führen werden deshalb als „letal/kachektisch“ und nicht als Oogenese-Phänotyp<br />
gewertet.<br />
Nur eines der hier als Oogenese-relevant gefundenen Gene ist in Flybase<br />
(http://flybase.org/) bereits mit einem Effekt auf die Fertilität von Drosophila Weib-<br />
chen annotiert (lethal (3) 87Df, RNA-# 20, Abb. 34 B), für ein weiteres wurde eine<br />
Expression in bestimmten dorsalen Follikelzellen beschrieben (X-box binding protein<br />
1, RNA-# 41, Abb. 33 D; (Souid et al., 2007). Außerdem wurden mit dem Gen zur<br />
RNA mit der Nummer 3 einem in den automatischen Annotationen der Genom-<br />
Projekte von Tribolium und Drosophila (Adams et al., 2000; Tribolium Genome<br />
Sequencing Consortium, 2008) vorhergesagten Gen unbekannter Funktion und<br />
Homologie, und dem Gen zu Nummer 85, für das kein Drosophila-Homolog identifi-<br />
ziert werden konnte, bisher unbekannte Faktoren mit einer Funktion verknüpft. Hier<br />
zeigt sich also bereits die Fähigkeit iBeetles zur Identifikation neuer wichtiger Fakto-<br />
ren.<br />
Interessanterweise führten vier der sechs dsRNAs, die nach pupaler Injektion De-<br />
fekte der Oogenese hervorriefen (RNA-Nummern 41, 55, 90, 117) nach larvaler<br />
Injektion zu larvaler Letalität. So könnten die beobachteten Ovar-Phänotypen auch<br />
eine sekundäre Folge von allgemein reduzierter Fitness darstellen, die nach pupaler<br />
Injektion weniger stark zu Tage tritt. Die Berücksichtigung der Ergebnisse beider
II. 2. Ergebnisse<br />
Screen-Teile ist hier also bei der Auswahl interessanter Kandidatengene von großer<br />
Bedeutung. So sollten im Falle der Oogenese nur Gene mit höchster Priorität weiter<br />
untersucht werden, die in keinem der beiden Screenteile mit Letalität assoziiert sind.<br />
Im Umkehrschluss ist das Auftreten von Letalität im jeweils anderen Screen-Teil bei<br />
allen Phänotypen ein Hinweis auf einen möglicherweise sekundären Effekt und somit<br />
ein Argument gegen eine detaillierte Analyse.<br />
Abb. 34: Defekte der Ovariogenese bzw. der Oogenese nach larvaler Injektion<br />
Kernfärbungen der Ovare von larval injizierten Tieren (B - D) im Vergleich mit einem Wildtyp-<br />
Ovar (A bzw. E). Gezeigt sind halbe Ovare.<br />
A Ein Halbovar eines Wildtyp-Weibchens, der laterale Ovidukt ist teilweise abgeschnitten.<br />
B Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to lethal (3) 87Df (unbekannte Funktion).<br />
Die Tropharien sind sehr klein, es sind keine wachsenden Oozyten erkennbar.<br />
C Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar dynein light chain 90F. Die Struktur des<br />
Ovars ist vollkommen verändert, es sind keine Ovariolen zu erkennen. Diese RNA führte<br />
auch im pupalen Screen zu Oogenesedefekten und nach larvaler RNAi zu weiteren Phänotypen<br />
(Abb. 33 F, Abb. 36 D)<br />
D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem unbekannten Gen ohne deutliches Drosophila-Homolog.<br />
Die Tropharien sind sehr klein, es sind keine wachsenden Oozyten erkennbar.<br />
Bei der automatischen Annotation des Tribolium-Genoms wurde ein großes Intron<br />
als intergenisch missinterpretiert und das Gen in zwei Genmodelle getrennt.<br />
E Größenvergleich der RNAi-Halbovare mit dem Wildtyp im gleichen Maßstab.<br />
Der Größenstandard in A - D weist 100 !m aus.<br />
177
II. 2. Ergebnisse<br />
2.3.2. Defekte während der Embryonalentwicklung<br />
178<br />
Ein Hauptfokus des iBeetle-Screens liegt auf der Analyse der embryonalen Mus-<br />
terbildung, wobei mehrere Prozesse untersucht werden sollen. Einerseits will man für<br />
Zusammenhänge, die bereits seit längerem bearbeitet werden, offene Fragen klären<br />
und Lücken schließen, andererseits soll ein funktioneller Zugang zu noch neuen<br />
Forschungsgebieten ermöglicht werden. So sind beispielsweise trotz einiger Fort-<br />
schritte vor allem die frühen Ereignisse der Achsendeterminierung noch weitgehend<br />
unbekannt (diese Arbeit, Fonseca et al., 2009; Rosenberg et al., 2009), und auch zur<br />
Funktionsweise der posterioren Wachstumszone, also der abdominalen Segmentie-<br />
rung, der Entwicklung des Kopfes und der Beinentwicklung bleiben viele Fragen<br />
bisher unbeantwortet (Schröder et al., 2008). Noch vollkommen unbearbeitet ist die<br />
Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur.<br />
Im Rahmen des Pilot-Screens konnten bereits einige neue Kandidatengene im<br />
Zusammenhang mit der Embryonalentwicklung gefunden werden. Allein sechs<br />
Injektionen führten zu früher embryonaler Letalität, oder Fehlern bei der Befruchtung<br />
(dsRNAs mit den Nummern 8, 39, 78, 82, 89, 118). Diese Effekte, also der Tod des<br />
Embryos vor der Keimrudimentbildung und das vollständige Ausbleiben von Embry-<br />
onalentwicklung sind im Rahmen des Screens bisher nicht unterscheidbar. Mögli-<br />
cherweise lässt sich durch einige zusätzliche Vorversuche und eine genauere Analy-<br />
se des Dotters im Falle solcher Phänotypen die Unterscheidung im Rahmen des<br />
Hauptscreens noch verbessern, um dann auch schwere Defekte in sehr frühen<br />
Stadien der Embryogenese zu detektieren. Diese könnten allerdings auch durch<br />
allgemeine Funktionen für die Embryogenese hervorgerufen werden, weswegen<br />
diese Gruppe von Phänotypen wahrscheinlich keine Priorität bei weiteren Auswer-<br />
tungen erfahren wird. Leichter zu identifizieren, und möglicherweise ein deutlicherer<br />
Hinweis auf eine wichtige Funktion sind Defekte, die erst nach der Keimrudimentbil-<br />
dung zum Tod führen. Eines der injizierten dsRNA-Fragmente führte zu solcher<br />
Letalität in etwas späteren Stadien (meso-embryonal letal, RNA-# 101, similar to HIF<br />
Prolyl Hydroxylase), so dass embryonales Gewebe, aber keine Kutikula ausgebildet<br />
wurde. Zu ähnlichen Ergebnisse führten die Injektionen zu similar to Osiris 19 und<br />
similar to ras (RNA-# 47 und 49). In diesen beiden Fällen fanden sich leere Eier und<br />
unterschiedlich stark betroffene Reste embryonalen Gewebes nur zu jeweils weniger<br />
als 50 %. Diese unterschiedlichen Kategorien embryonaler Letalität zusammenge-<br />
nommen führten diese Injektionen aber jeweils bei ca. 2/3 der Nachkommen zu
II. 2. Ergebnisse<br />
embryonaler Letalität. Hier muss also während des Screens darauf geachtet werden,<br />
dass Letalität zu unterschiedlichen Stadien zusammengenommen eine durchaus zu<br />
beachtende Penetranz ergeben kann, und deshalb als Phänotyp festgehalten wer-<br />
den muss.<br />
Diese früh gestörten Phänotypen weisen wahrscheinlich auf eine Beteiligung der<br />
Gene an der Achsenbildung oder an frühen Prozessen der Segmentierung hin. Alle<br />
bisher beschriebenen embryonal letalen Phänotypen wurden nicht durch Aufnahmen<br />
dokumentiert, und finden sich deshalb nicht in Abb. 35.<br />
Dort sind weitere embryonale Phänotypen dargestellt, deren Defekte allerdings<br />
nicht so stark waren, dass sie die Bildung von Kutikula verhinderten. Unterschiedli-<br />
che Prozesse sind hierbei betroffen. Es finden sich Defekte der Kopfentwicklung<br />
(Abb. 35 B, C) der Beinentwicklung (D) und des Borstenmusters (H) auf. Solche<br />
Veränderungen des Borstenmusters können in Drosophila und mit Sicherheit auch in<br />
Tribolium als Indikator für Störungen innerhalb des Ektoderms, z.B. der planaren<br />
Zellpolarität interpretiert werden (Lawrence et al., 2004; Payre, 2004). Außerdem<br />
traten noch ein starker Musterbildungsdefekt, bei dem nur Kutikulareste zurückblie-<br />
ben (Abb. 35 F), und ein Defekt der anterioren Segmentierung auf, der allerdings nur<br />
in ca. 30 % der Larven beobachtet wurde.<br />
Besonders interessant innerhalb dieser embryonalen Phänotypen sind die Er-<br />
gebnisse der Injektion der RNA-# 9. Diese RNA entspricht einem Gen, das erstens<br />
keine Homologien zu bekannten Genen aufweist und zweitens nicht in der automati-<br />
schen Annotation des Tribolium-Genoms entdeckt wurde. Dieses Gen zeigt sich<br />
zudem pleitrop, da es einen Defekt innerhalb des Kopfes (Abb. 35 C), der Beine<br />
(Abb. 35 D) und in den Stinkdrüsen der adulten Käfer zeigt (Abb. 37 B). Hier wird<br />
also demonstriert, dass das Vorgehen im iBeetle-Screen die Detektion interessanter<br />
Gene erlaubt, die trotz des sequenzierten Genoms bisher nicht entdeckt wurden.<br />
Außerdem konnten hier bereits Phänotypen diverser Prozesse detektiert werden,<br />
was wiederum die Effektivität des Screens zeigt. Es wurden allerdings keine spezifi-<br />
schen Defekte der Muskelentwicklung detektiert. Einerseits könnte dies auf die noch<br />
neue Methodik und damit in Zusammenhang stehende Schwierigkeiten zu Beginn<br />
des Pilot-Screens zurückzuführen sein, andererseits aber auch schlicht durch die<br />
niedrige Zahl an gescreenten Genen bedingt sein. Die Detektion der Positiv-Kontrolle<br />
twist zeigte aber, dass Effekte auf die Muskelentwicklung prinzipiell erkannt werden<br />
können.<br />
179
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 35: Morphologisch feststellbare Defekte der Embryonalentwicklung nach pupaler<br />
Injektion<br />
Gezeigt sind Aufnahmen der Kutikula-Autofluoreszenz von Larven nach parentaler RNAi (B -<br />
F, H) im Vergleich zum wildtypischen Phänotyp (A, G).<br />
A laterale Ansicht des Kopfes einer Wildtyp-L1-Larve.<br />
B Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to nuclear fallout (Mikrotubuli-bindendes<br />
Protein, wichtig unter anderem für adulte sensorische Vorläuferzellen in Drosopila (Abdelilah-<br />
Seyfried et al., 2000). Laterale Ansicht des Kopfes. Die distale Borste der Antenne fehlt<br />
(Pfeilspitze).<br />
C Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem nicht annotierten Gen ohne bekannte<br />
Homologe. Laterale Ansicht des Kopfes. Das Borstenmuster des Kopfes ist gestört (Pfeilspitze).<br />
D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem nicht annotierten Gen ohne bekannte<br />
Homologe. Optischer Schnitt durch Kopf und Thorax. Die Kutikula der Antennen und zweier<br />
Beine ist nach innen eingestülpt.<br />
E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to translin (DNA-bindendes Protein). Ventrale<br />
Ansicht. Anteriore Segmente fehlen, nur ein thorakales Segment (die Pfeilspitze zeigt auf<br />
ein Bein) und das Abdomen sind erkennbar.<br />
F Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einer vorhergesagten mRNA (Ähnlichkeit zu Protein-Tyrosin-Phosphatasen).<br />
Nur noch ein undefinierbarer Rest Kutikula und ein Stück Darm<br />
sind erkennbar.<br />
G Dorsale Ansciht einer Wildtyp-L1-Larve.<br />
E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to glucorunyltransferase-I (wichtig für<br />
Proteoglykan-Biosynthese). Dorsale Ansicht. Das Borsten-Muster der abdominalen Segmente<br />
ist gestört (Pfeilspitze).<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />
T1: erstes thorakales Segment, A1: erstes abdominales Segment, A8: achtes abdominales Segment<br />
180
2.3.3. Defekte postembryonaler Prozesse<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Der zweite Haupt-Fokus des iBeetle-Screens liegt auf Musterbildungsprozessen<br />
während der Metamorphose, die durch larvale RNA-Injektionen untersucht werden<br />
sollen. Dieser Themenkomplex, bei dem vor allem die Entwicklung des Kopfes, der<br />
Extremitäten und der thorakalen Muskulatur von Interesse ist, ist noch weitgehend<br />
unbearbeitet. Hier werden also in besonderem Maße neue Forschungsrichtungen<br />
unterstützt.<br />
Auch die larvalen Injektionen führten zu einigen unterschiedlichen Phänotypen.<br />
Zunächst trat beispielsweise nach sechs Injektionen der Tod der injizierten Tiere in<br />
adulten Stadien auf (RNA-# 10, 20, 25, 55, 82, 89). Da diese Letalität erst deutlich<br />
nach der Injektion auftritt, ist dies wohl nicht auf essentielle Funktionen der Gene<br />
zurückzuführen, sondern auf eine spezifische Beteiligung an physiologischen Vor-<br />
gängen der adulten Tiere, die beispielsweise mit der Nahrungsaufnahme, dem<br />
adulten Stoffwechsel oder neurologischen Prozessen zusammenhängen könnten.<br />
Eine der RNAs dieser Gruppe könnte ein Beispiel sein, das die Schwächen eines<br />
großangelegten Screenings verdeutlicht. Die Injektion der dsRNA zu similar to calci-<br />
neurin-B (RNA-# 10) führte im Rahmen des Pilot-Screens zu erwähnter adulter<br />
Letalität. Der Tod von drei von sieben Puppen, und die verspätete Verpuppung von<br />
vier von 16 Larven flossen dabei wegen der geringen Penetranz nicht in die Katego-<br />
risierung des Phänotyps ein. In Drosophila zeigen Mutanten des calcineurin-B-Gens<br />
Störungen der Metamorphose, die zum Tod in larvalen oder pupalen Stadien führen<br />
(Sullivan und Rubin, 2002), also den wenig penetranten Phänotypen im Screen<br />
entsprechen. Außerdem entwickeln „Escaper“ der Drosophila-Mutanten Defekte der<br />
indirekten Flugmuskulatur (Gajewski et al., 2003). Dieser Phänotyp war in unserem<br />
Screen nicht nachweisbar, möglicherweise weil in diesem Fall die RNA-<br />
Konzentration nicht ausreichend war, um Defekte zu induzieren. Natürlich ist auch<br />
denkbar, dass calcineurin-B keine konservierte Funktion in Tribolium hat, dennoch<br />
verdeutlicht dieser Zusammenhang, dass die Sensitivität eines solchen Screens<br />
zwangsläufig begrenzt ist und nicht alle Faktoren mit interessanten Funktionen<br />
detektiert werden können.<br />
Zum Tod der injizierten Tiere in etwas früheren Stadien führen Faktoren, die mit<br />
der Kontrolle des Ablaufs der Metamorphose interferieren. Die RNA mit der Nummer<br />
51 führte zur Verlängerung der Larven-Phase, die RNAs 36 und 64 verhinderten die<br />
Puppenhäutung (Abb. 36 M) und RNA 88 führte zum Tod der Puppen. Zwischen<br />
181
II. 2. Ergebnisse<br />
diesen Phänotypen könnte möglicherweise ein Zusammenhang bestehen: drei dieser<br />
vier RNAs scheinen zu essentiellen „house-keeping“-Genen zu korrespondieren. Die<br />
Recherche der besten Drosophila-BLAST-Ergebnisse in „Fly base“ ergab einen<br />
Kalium-Kanal (RNA-# 51), ein Protein mit einer Rolle für den Atmungsketten-<br />
Komplex IV (RNA-# 36) und einen Elektronentransporter der oxidativen Phosphory-<br />
lierung (RNA-# 88). Im vierten Fall gab es keine Information in „Fly base“. Außerdem<br />
führten mindestens drei der vier RNAs nach pupaler Injektion zu adulter Letalität oder<br />
Kachexie, im vierten Fall wurde dies fälschlicherweise nicht getestet. Diese Situation<br />
legt nun den Schluss nahe, dass hier möglicherweise dsRNAs Stoffwechsel-<br />
relevanter Gene im Falle einer wenig effizienten larvalen RNA-Interferenz oder durch<br />
teilweise Redundanz erst in späteren Stadien zum Tod der Tiere führen. Möglicher-<br />
weise akkumulieren durch die RNAi hervorgerufene Imbalancen, bis sie schließlich<br />
zum Tod der injizierten Tiere führen und somit den Eindruck eines spezifischen<br />
Defekts der Metamorphose erwecken. Diese Situation kann bei der Suche nach<br />
Kandidaten-Genen für die Metamorphose-Kontrolle durch die Berücksichtigung der<br />
Phänotypen nach pupaler Injektion entschärft werden, indem hierbei Kandidaten<br />
priorisiert werden, die nach pupaler RNAi nicht zu Letalität führen. Die RNAs # 36, 51<br />
und 64 führten nach pupaler Injektion zu adulter Letalität/Kachexie. Es zeigt sich also<br />
der große Wert der beiden unabhängigen Injektionen für die Analyse der Screen-<br />
Ergebnisse.<br />
182<br />
Im Laufe der Metamorphose traten auch Defekte einzelner morphogenetischer<br />
Prozesse auf. So kam es zu einigen Defekten der Flügelentwicklung, der Kopf- und<br />
der Beinentwicklung sowie zu Veränderungen der Stinkdrüsen und der Kutikula (Abb.<br />
36, Abb. 37). Hervorzuheben ist dabei die Pleiotropie von similar to Dynein light<br />
chain 90F (RNA-# 70) dessen larvale Injektion zu Veränderungen der Antennen<br />
(nicht zu erkennen in Abb. 36 D), der pupalen (Abb. 36 D) und der adulten Flügel (n.<br />
gezeigt) führt und das sich zudem sowohl nach larvaler als auch pupaler Injektion auf<br />
die Morphologie des Ovars auswirkt (Abb. 33, Abb. 34). Dieses Gen scheint also in<br />
diversen Prozessen eine wichtige Rolle zu spielen, ohne eine „house keeping“-<br />
Funktion zu erfüllen. Ähnlich scheint die Situation in Drosophila zu sein, wo diese<br />
Dynein-Untereinheit ebenfalls verzichtbar für die grundsätzlichen Funktionen von<br />
Dynein zu sein scheint, aber beispielsweise während der Spermatogenese wichtig ist<br />
(Li et al., 2004; Mische et al., 2008). Es ist also denkbar, dass similar to Dynein light
II. 2. Ergebnisse<br />
chain 90F nur für bestimmte Dynein-Funktionen in unterschiedlichen Entwicklungs-<br />
prozessen benötigt wird.<br />
Eine weitere RNA (# 76) führte außerdem zu Defekten der thorakalen Muskulatur<br />
(Abb. 36 L). Diese wurden problemlos durch die pupale Analyse des Enhancer-Trap-<br />
Musters detektiert, wenngleich bei der weiteren Verfolgung der Tiere auffiel, dass der<br />
Effekt in jungen adulten Stadien noch deutlicher zum Ausdruck kam. Die Auswertung<br />
dieses Stadiums ist aber im Screenablauf nicht praktikabel (schwierigere Zeitplanung<br />
wegen engem Zeitfenster, komplizierte Auswertung wegen Beweglichkeit der Tiere,<br />
deutliche Verschlechterung der Auswertbarkeit pupal-letaler Phänotypen), dennoch<br />
sollten solche Phänotypen, wenn möglich, im Screenablauf ausgesondert und weiter<br />
beobachtet werde. Das korrespondierende Homolog dieses Gens in Drosophila spielt<br />
eine Rolle für hedgehog-Signalling und für die asymmetrische Teilung von Neu-<br />
roblasten (Jia et al., 2009; Sousa-Nunes et al., 2009), ist bisher aber nicht in Zu-<br />
sammenhang mit Muskelentwicklung gebracht worden.<br />
Abschließend sei noch ein interessanter Effekt erwähnt, der vermutlich nicht mit<br />
den Vorgängen während der Metamorphose in Zusammenhang steht: die Injektion<br />
der RNA zu similar to heterogeneous nuclear ribonucleoprotein U-like 1 (RNA-# 39)<br />
führt zum Verlust der GFP-Expression in den Augen und des Thorax der injizierten<br />
Tiere, während die schwache Expression innerhalb des zentralen Nervensystems<br />
erhalten bleibt (Abb. 36 I, J). Die Tiere haben keine weiteren Auffälligkeiten, ob die<br />
Muskulatur des Thorax vorhanden ist oder fehlt ist unklar. Ihre Nachkommen zeigen<br />
wieder das normale Enhancer-Trap-Muster. similar to heterogeneous nuclear ribo-<br />
nucleoprotein U-like 1 scheint also nötig für die GFP-Expression in den Augen und<br />
dem Thorax zu sein, dabei aber nicht mit anderen Prozessen während der Metamor-<br />
phose zu interferieren. Die pupale Injektion dieser RNA führt allerdings zu früher<br />
embryonaler Letalität oder Fehlern bei der Befruchtung.<br />
183
II. 2. Ergebnisse<br />
184
Abb. 36: Defekte in larvalen oder pupalen Stadien<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Gezeigt sind Aufnahmen unterschiedlicher larvaler RNA-Injektionen (B - E, G, H, J, L, M) im<br />
Vergleich zum Wildtyp-Phänotyp (A, F, I, K). I-M: Fluoreszenzaufnahmen der GFP-<br />
Expression.<br />
A Ventrale Ansicht einer Wildtyp-Puppe.<br />
B Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to rac-RNA (# 8). Die<br />
Flügelspitzen (Pfeil) sind nach außen gewölbt.<br />
C Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von dsRNA zu einem vorhergesagten<br />
Protein (# 3). Die Flügel sind deutlich reduziert (Pfeile), möglicherweise fehlen die Elytren.<br />
Auch die Morphologie der Beine ist gestört.<br />
D Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to dynein light chain 90F-<br />
RNA (# 70). Die Flügel sind verkürzt (Pfeile), die Antennen irregulär (Pfeilspitze).<br />
E Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to glucuronyltransferase I-<br />
RNA (# 40). Die Elytren sind verändert und reduziert (Pfeile).<br />
F Dorsale Ansicht einer Wildtyp-Puppe.<br />
G Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to flavoprotein beta petide-<br />
RNA (# 88). Eine ungewöhnliche Schwarzfärbung ist festzustellen. Die injizierten Tiere<br />
sterben als Puppen<br />
H Dorsale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to ras-RNA (# 49). Entlang<br />
der dorsalen Mittellinie sind dunkle, möglicherweise nekrotische Areale zu beobachten<br />
(Pfeil).<br />
I Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe in ventraler Ansicht. GFP-Expression in den<br />
Augen und dem Thorax (Pfeile) ist deutlich sichtbar.<br />
J Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to heterogeneous<br />
nuclear ribonucleoprotein U-like 1-RNA (# 39) in ventraler Ansicht. GFP-Expression in den<br />
Augen und dem Thorax ist nicht mehr sichtbar, die noch vorhandene schwache Expression<br />
innerhalb des Zentral-Nerven-Systems (Pfeilspitze) zeigt aber das Vorhandensein des<br />
Enhancer-Konstrukts.<br />
K Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe in dorsaler Ansicht. In einem Hemisegment<br />
des dritten Thorakalsegments sind zwei diagonale und drei longitudinale (Pfeile, Vergrößerung<br />
in K’) Muskeln zu erkennen.<br />
L Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to AGAP002501-<br />
RNA (# 76, vermutlich die regulatorische Untereinheit 2 der Proteinphosphatase 4) in dorsaler<br />
Ansicht. Nur zwei der drei longitudinalen Muskeln pro Hemisegment im dritten thorakalen<br />
Segment sind vorhanden (Pfeile, Vergrößerung in L’). In jungen adulten Käfern sind diese<br />
Defekte noch deutlicher (nicht gezeigt).<br />
M Laterale Ansicht eines Tiers nach larvaler Injektion von similar to GA21389-RNA (# 36).<br />
Ein Metamorphose-Block liegt vor, die Tiere versterben im gezeigten präpupalen Stadium.<br />
Unter der larvalen Kutikula sind Merkmale pupaler Stadien, wie die Komplexaugen und die<br />
thorakale Muskulatur anhand der GFP-Expression erkennbar.<br />
Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />
185
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 37: In adulten Tieren auftretende Effekte<br />
A Ventrale Ansicht eines Wildtyp-Käfers. Kopf und die ersten beiden thorakalen Segmente<br />
sind erkennbar.<br />
B Ventrale Ansicht eines Käfers nach larvaler Injektion der dsRNA zu einem bisher unbekannten<br />
Gen ohne deutliche Homologe. Im Thorax erscheinen dunkle Flecken, deren Lage<br />
mit der Lage der prothorakalen Stinkdrüsen (Sokoloff, 1972) korrespondiert. Der Effekt war in<br />
zwei von fünf Tieren zu beobachten, war allerdings in einem der Tiere nur transient.<br />
C Ein Bein des dritten thorakalen Segments eines Wildtyp-Käfers.<br />
D Das Bein eines adulten Käfers nach larvaler Injektion von similar to thioredoxin-like-dsRNA<br />
(# 78). Vor allem Tarsus (schwarze Linie) aber auch Tibia sind verkürzt.<br />
E Der Vergleich eines Wildtyp-Käfers (oben) mit einem Käfer nach larvaler similar to Histone<br />
H3.3B-dsRNA-Injektion (#89, unten). Das RNAi-Tier zeigt eine dunklere Färbung der Kutikula.<br />
Außerdem war diese Injektion mit erhöhter adulter Letalität assoziiert.<br />
186
2.3.4. Bisher unbekannte Phänotypen der Positiv-Kontrollen<br />
II. 2. Ergebnisse<br />
Da in der Vergangenheit der Großteil der entwicklungsbiologisch arbeitenden<br />
Tribolium-Laboren an embryologischen Fragestellungen interessiert waren, haben<br />
die meisten der verwendeten Positiv-Kontrollen bekannte Aufgaben innerhalb der<br />
Embryonalentwicklung (Tab. 8). Für einige dieser Gene konnten im Rahmen der<br />
larvalen Injektionen des Pilot-Screens neue Funktionen für die Adult-Entwicklung<br />
festgestellt werden (Abb. 38). Auch dies zeigt wiederum die Pleiotropie vieler Ent-<br />
wicklungsgene, und die Effektivität mit der solche mehrfachen Funktionen innerhalb<br />
des iBeetle-Screens durch die beiden unabhängigen Injektionen erkannt werden<br />
können.<br />
Besonders interessant ist hierbei der Effekt der ultrabithorax-RNAi. Hier sugge-<br />
riert das Vorhandensein der Metathorax-typischen Muskulatur eine Transformation<br />
des ersten und zweiten abdominalen Segments hin zu einer Identität ähnlich dem<br />
dritten thorakalen Segment (Abb. 38 K). Dies steht im Widerspruch zu bereits veröf-<br />
fentlichten Daten. Tomoyasu zeigte anhand ektopischer Mesonotae und Elytren im<br />
dritten thorakalen und ersten abdominalen Segment eine Transformation hin zu einer<br />
Identität ähnlich des zweiten thorakalen Segments (Tomoyasu et al., 2005), was für<br />
das Vorhandensein von Elytren statt membranöser Flügel im Metathorax auch in<br />
meinen Injektionen bestätigt wurde. Hier scheint sich also der Verlust von<br />
ULTRABITHORAX in unterschiedlicher Weise auf das Ekto- und das Mesoderm<br />
auszuwirken.<br />
187
II. 2. Ergebnisse<br />
Abb. 38: Bisher unbekannte Phänotypen der Positvkontrollen<br />
A Laterale Ansicht einer Wildtyp-Puppe in einer Fluoreszenzaufnahme, das Komplexauge ist<br />
weiß umrandet.<br />
B und C Laterale Ansicht von Puppen nach larvaler Injektion von brain-tumor- (B) oder six-3dsRNA<br />
(C) in Fluoreszenzaufnahmen. Die Zahl der Ommatidien ist reduziert, und ihre<br />
Anordnung gestört.<br />
A - C zeigen Puppen gleichen Entwicklungsalters, ventral ist unten.<br />
D Ventrale Ansicht einer Wildtyp-Puppe. Die Flügelspitzen (Pfeile) liegen nahe beisammen.<br />
E Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler mirror-RNAi. Die Puppe ist deutlich verbreitert,<br />
so dass die Flügelspitzen nicht mehr benachbart zueinander liegen.<br />
F Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler wnt-less-RNAi. Die Flügel fehlen (*) und die<br />
Beine sind verändert.<br />
G Laterale Ansicht einer Wildtyp-Präpuppe in einer Fluoreszenaufnahme. Die thorakale<br />
Muskulatur ist anhand der GFP-Expression bereits erkennbar (Pfeilspitze).<br />
H Laterale Ansicht eines Tieres nach larvaler pumilio-RNA-Injektion in einer Fluoreszenaufnahme.<br />
Die Puppenhäutung konnte nicht vollendet werden, das Tier ähnelt einer Präpupe<br />
und zeigt die sich entwickelnde thorakale Muskulatur (Pfeilspitze). Die Entwicklung ist arretiert,<br />
und die Tiere sterben in diesem Zwischenstadium.<br />
I Larvale knirps-RNAi führt zu einem identischen Phänotyp wie in H zu sehen, hier gezeigt in<br />
einer lateralen Auflichtaufnahme.<br />
J Dorsale Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe. Die Pfeilspitzen markieren das erste<br />
und zweite abdominale Segment.<br />
K Dorsale Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler ultra-bithorax-RNAi. Im ersten<br />
und zweiten abdominalen Segment sind ektopische GFP-positive Gewebe erkennbar (Pfeilspitzen),<br />
ähnlich denen im dritten thorakalen Segment.<br />
188
3. Diskussion<br />
II. 3. Diskussion<br />
3.1. Ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium ist technisch<br />
möglich<br />
Im zweiten Kapitel dieser Arbeit habe ich bisher die Planung, Durchführung und<br />
Auswertung eines Pilotscreens für ein genomweites Tribolium-RNAi-Screen Projekt<br />
beschrieben. Diese Arbeiten stellen die Grundlage für die technische Durchführung<br />
dieses Großprojekts und den Beweis seiner Machbarkeit dar. Im Folgenden möchte<br />
ich zusammenfassen, inwieweit damit gezeigt werden konnte, dass sich die Methodik<br />
technisch und bezüglich der zu erwartenden Ergebnisse zur Durchführung eines<br />
genomweiten Projektes eignet, und mögliche kritische Punkte aufzeigen.<br />
3.1.1. Sowohl pupale als auch larvale RNAi sind im Screenmaßstab<br />
durchführbar<br />
Im Rahmen des Pilot-Screens haben, wie auch für den Hauptscreen geplant,<br />
zwei Screener jeweils Larven bzw. Puppen mit dsRNAs injiziert und die darauf fol-<br />
genden Analysen durchgeführt. In beiden Fällen sind je vier Auswertungsschritte<br />
nötig, um alle zu untersuchenden Prozesse abzudecken (Abb. 26). Dabei wird durch<br />
die pupale Injektion auch in den Nachkommen der injizierten Tiere RNA-Interferenz<br />
ausgelöst, was die Analyse der Embryonalentwicklung erlaubt (Bucher et al., 2002).<br />
Durch die larvale Injektion soll der Einfluss der zu screenenden dsRNAs auf die<br />
Metamorphose untersucht werden (Tomoyasu und Denell, 2004; Konopova und<br />
Jindra, 2007). Die personelle Trennung beider Screen-Teile ermöglicht den Scree-<br />
nern eine optimale Einarbeitung und die nötige Routine für die teilweise anspruchs-<br />
vollen Arbeiten und Auswertungen. Die Screener müssen dabei einerseits in der<br />
Lage sein, die Injektionen so effektiv wie möglich durchzuführen, und anderseits die<br />
Morphologie der schlupfreifen Larven bzw. der Puppen und adulten Käfer genau<br />
kennen und interessante Phänotypen sicher von natürlich auftretenden Defekten<br />
unterscheiden können.<br />
Um den iBeetle-Screen genomweit durchzuführen, müssen während der ersten<br />
Phase des Projekts (drei Jahre) 6000 Gene analysiert werden. An jedem der beiden<br />
Screening-Zentren (Göttingen und <strong>Erlangen</strong>) werden zwei Screener den larvalen und<br />
zwei Screener den pupalen Teil des Screens durchführen. Dabei soll nur während<br />
189
II. 3. Diskussion<br />
des ersten Jahres aktiv gescreent werden, so dass den Doktoranden Gelegenheit<br />
gegeben werden kann, in den folgenden beiden Jahren erste Kandidaten-Gene der<br />
für sie speziell interessanten Prozesse zu analysieren. Somit muss ein Screener<br />
innerhalb eines Jahres 1500 Gene analysieren. Die vorgestellten Arbeitspläne (Abb.<br />
27, Abb. 28, Abb. 29) und die Methodik (2.1.1) erlauben diesen hohen Durchsatz.<br />
190<br />
Der Pilot-Screen machte deutlich, dass sowohl die pupale als auch die larvale<br />
dsRNA-Injektion (Bucher et al., 2002; Tomoyasu und Denell, 2004) geeignet sind,<br />
auch in großem Maßstab durchgeführt zu werden. Die Methoden sind gut routinisier-<br />
bar, schnell zu erlernen und ohne großen apparativen Aufwand anzuwenden. Die<br />
Injektionen mittels einfacher 1D-Mikromanipulatoren und fein ausgezogener Glaska-<br />
pillaren unter Verwendung mehrerer Kapillarhalter zur Vermeidung von Kreuzkonta-<br />
minationen (s. 4.2.2) erwies sich als praktikable Lösung. Die Größenselektion durch<br />
verschiedene Siebgrößen und die Kryoanästhesie der zu injizierenden Tiere erlau-<br />
ben dabei auch die einfache Durchführung larvaler Injektionen (4.2.3).<br />
Es zeigte sich, dass in beiden Fällen wenige injizierte Tiere ausreichen, um die<br />
nötigen Auswertungen durchzuführen. Im Durchschnitt überleben 86 % der Larven<br />
und 78 % der Puppen die Prozedur (nicht gezeigt), sofern kein spezifischer RNAi-<br />
Effekt zum Tod führt. So stehen meist acht von zehn Larven oder sechs von acht<br />
Puppen zur weiteren Analyse zur Verfügung. Da beide Screener im Rahmen des<br />
Pilot-Screens nicht die Gelegenheit hatten, Routine in dem Unfang zu entwickeln,<br />
wie das im Hauptscreen der Fall sein wird, kann davon ausgegangen werden, dass<br />
diese Quoten in iBeetle noch verbessert werden können. Die Zahl der überlebenden<br />
Tiere ist ausreichend, um sowohl während des pupalen Screenteils die nötige Menge<br />
an Nachkommen für die embryonalen Analysen zu erhalten, als auch während des<br />
larvalen Screens morphologische Veränderungen der Tiere festzustellen. Dies wird<br />
durch die meist hohen Penetranzen der Tribolium-RNAi-Phänotypen möglich (z.B.<br />
Bucher et al., 2002; Konopova und Jindra, 2007). Auch innerhalb des Pilotscreens<br />
waren die Effekte der Injektionen meist in 60 bis 100 % der untersuchten Tiere<br />
beobachtbar (Anhang 6 bzw. nicht gezeigt). Dies gilt sowohl für die larvalen als auch<br />
für die pupalen Injektionen und für die zufällig ausgewählten Fragmente unbekannter<br />
Funktion ebenso wie für die Positiv-Kontrollen. Nur einige wenige der neu gefunde-<br />
nen embryonalen Phänotypen (RNAs # 9, 11, 40) zeigten eine geringere Penetranz<br />
(30 - 50 %). Dies ist aber offensichtlich kein prinzipielles Problem bei embryonalen<br />
Phänotypen, da die als Positiv-Kontrollen verwendeten embryonalen Entwicklungs-
II. 3. Diskussion<br />
gene mit hoher Penetranz zu Defekten der Embryonalentwicklung führten (nicht<br />
gezeigt).<br />
Sowohl larvale als auch pupale Injektionen sind für die effektive Realisierung des<br />
RNAi-Screens notwendig, da aus technischen Gründen nicht alle zu untersuchenden<br />
Prozesse durch eine einzige Injektion abgedeckt werden können. Um Defekte der<br />
Entwicklung adulter Strukturen während der Metamorphose auszulösen muss larval<br />
injiziert werden (Tomoyasu und Denell, 2004). Da aber der RNAi-Effekt mit der Zeit<br />
nachlässt (Bucher et al., 2002), können zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife der<br />
injizierten Tiere nicht mit bestmöglicher Effizienz embryonale Phänotypen induziert<br />
werden. Somit sind zusätzliche pupale Injektionen nötig. Diese beiden Injektionen<br />
gemeinsam sind jedoch ausreichend, um Phänotypen in allen zu untersuchenden<br />
Prozessen zu detektieren (s. Ergebnisse). Für 16 der insgesamt 18 zu screenenden<br />
Prozesse (s. 1.3) konnte während des Prescreens entweder durch Positiv-Kontrollen<br />
oder unbekannte Fragmente gezeigt werden, dass das Screeningschema die Detek-<br />
tion entsprechender Phänotypen erlaubt.<br />
Während der Planungsphase des Screens wurde der Nutzen der larvalen Injekti-<br />
onen diskutiert. Die Detektion einer Reihe bisher unbekannter Phänotypen während<br />
der Metamorphose, die teilweise sogar durch Injektionen von für embryonale Phäno-<br />
typen beschriebenen Positiv-Kontrollen herrührten, macht nun aber den Wert der<br />
larvalen Injektionen deutlich. Auch das Auftreten von starken Veränderungen der<br />
Ovarmorphologie (Abb. 34), die auf Defekte der Ovariogenese hindeuten und so<br />
nicht durch pupale Injektionen erzeugbar sind, unterstützt dies. Zudem zeigte sich<br />
ein großer Wert der beiden voneinander unabhängigen Injektionen für die Auswahl<br />
von Kandidatengenen zur weiteren, detaillierten Untersuchung (s. 3.2.5). Da der<br />
Hauptfokus der meisten beteiligten Arbeitsgruppen und damit auch des iBeetle-<br />
Screens auf der Untersuchung embryonaler Prozesse liegt, stand der Verzicht auf<br />
die pupalen Injektionen zu keinem Zeitpunkt zur Debatte.<br />
3.1.2. Die Auswertungen erlauben die Analyse der zu untersuchenden<br />
Prozesse mit hoher Sensitivität<br />
Während der Vorbereitung und Durchführung des Pilotscreens wurden auch die<br />
Auswertungsschritte der Injektionen entwickelt, bzw. bestehende Methoden entspre-<br />
chend angepasst. Dabei musste sichergestellt werden, dass das volle Spektrum der<br />
zu untersuchenden Prozesse in möglichst wenigen Arbeitsschritten möglichst effektiv<br />
191
II. 3. Diskussion<br />
analysiert werden kann. Die in 2.1.1 und 4.2 beschriebenen Methoden erwiesen sich<br />
hierbei als hinreichend und notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei sind sie<br />
sensitiv genug, um trotz des hohen Durchsatzes nicht zu viele interessante Phänoty-<br />
pen zu verpassen. Im Rahmen des Pilot-Screens wurde nur eine der 30 Positiv-<br />
Kontrollen übersehen, nämlich die Transformation der Antenne zu beinähnlichen<br />
Strukturen nach spine-less-RNAi (Shippy et al., 2009; Toegel et al., 2009). Einige<br />
andere subtile, teilweise noch subtilere Phänotypen sind aber im Laufe des Screens<br />
erkannt worden, wie z.B. das Fehlen des distalen Teils der Antenne nach RNAi # 43,<br />
Veränderungen des Kopf-Borstenmusters nach labial-RNAi (Posnien und Bucher,<br />
2009) oder auch den adulten Phänotyp der spine-less-Transformation (Shippy et al.,<br />
2009). Wenn man den möglicherweise aufgrund des Injektionszeitpunkts ausgeblie-<br />
benen Ovarphänotyp nach pupaler piwi-Injektion (s. 2.2) mit einbezieht, ergibt sich<br />
eine Falsch-Negativ-Rate von 6,6 %. Mit einem solchen Anteil falsch negativer<br />
Ergebnisse muss gerechnet werden, er liegt in ähnlichen Bereichen oder sogar<br />
besser als bei anderen RNAi-Screens (Fraser et al., 2000; Sönnichsen et al., 2005;<br />
Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010).<br />
192<br />
Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Analysen geeignet sind, um<br />
Phänotypen mit hoher Sensitivität zu erkennen. Um aussagekräftige Daten über die<br />
Sensitivität jedes einzelnen Auswertungsschrittes bezüglich bestimmter Gruppen von<br />
Phänotypen zu erhalten, ist die Zahl der im Pilot-Screen bearbeiteten Injektionen<br />
aber nicht ausreichend. Darüber wird der Hauptscreen Aufschluss geben. Insgesamt<br />
kann festgehalten werden, dass alle Auswertungsschritte bereits während des Pilot-<br />
Screens erfolgreich eingesetzt wurden und somit prinzipiell geeignet sind, um neue<br />
Phänotypen zu detektieren.<br />
So wurden nach pupaler Injektion sowohl in der ersten, als auch in der zweiten<br />
Ablage Effekte der Injektionen festgestellt. Die Kutikula-Präparationen der ersten<br />
Ablage führten zur Detektion der embryonalen Phänotypen in Abb. 35. Die Auswer-<br />
tung der Lebendpräparate der zweiten Ablage ermöglichte die Detektion von drei<br />
dsRNAs, die zum Tod der Embryonen noch vor der Sekretion von Kutikula führten,<br />
und somit in den Kutikula-Präparaten der ersten Ablage nicht von unbefruchteten<br />
Eiern unterschieden werden konnten (Abb. 31). Zudem konnten durch die Analyse<br />
der Eimenge in der zweiten Ablage Defekte der Oogenese festgestellt werden (Abb.<br />
33). Leider konnten in den Lebendpräparaten keine neuen, an der Muskelentwick-<br />
lung beteiligten Gene gefunden werden. Die erfolgreiche Detektion des twist-
II. 3. Diskussion<br />
Ausfallphänotyps (einer Positiv-Kontrolle) zeigt aber, dass dies prinzipiell möglich ist.<br />
Vermutlich war die Anzahl der untersuchten Gene zu gering, um hier ein neues<br />
Kandidaten-Gen zu finden. Auch in einem Drosophila-RNAi-Screen für Muskelphäno-<br />
typen führten beispielsweise nur ca. 1,8 % der Linien zu morphologisch erkennbaren<br />
Muskeldefekten (Schnorrer et al., 2010).<br />
Auch nach larvaler Injektion konnten einige interessante Phänotypen detektiert<br />
werden (Abb. 36, Abb. 37). Diese wurden nicht nur bei der Analyse der pupalen,<br />
sondern auch der adulten Stadien gefunden. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass<br />
subtile Defekte, wie die Verkürzung distaler Beinsegmente (Abb. 37), nur bei der<br />
Untersuchung der adulten Morphologie festgestellt werden können. Auch die Aus-<br />
wertung der Legeleistung und der Stink-Drüsen nach larvaler dsRNA-Injektion erwie-<br />
sen sich als erfolgreich und sinnvoll durchführbar (Abb. 34, Abb. 37).<br />
Die Analyse der Legeleistung wurde während des Pilot-Screens in Form von Ein-<br />
zelverpaarungen durchgeführt, um die maximale Sensitivität zu erreichen. Im Rah-<br />
men des Hauptscreens sollten nur Injektionen, die bei mindestens der Hälfte der<br />
injizierten Tiere zu verminderter Legeleistung führen, auf ihren Ovarphänotyp hin<br />
kontrolliert werden. Während des Pilot-Screens wurden allerdings alle Tiere mit<br />
verminderter Legeleistung präpariert. Dabei wurde deutlich, dass durch die Einzel-<br />
verpaarungen vermutlich keine wesentliche Steigerung der Sensitivität erreicht wird.<br />
In elf larvalen Injektionen wurde eine verminderte Legeleistung in mindestens der<br />
Hälfte der Einzelverpaarungen festgestellt (vier möglicherweise „interessante“, fünf<br />
unspezifische „held-egg“-Phänotypen). In zwei Fällen (ein interessanter, ein „held-<br />
egg“-Phänotyp) trat die verminderte Legeleistung bei der Hälfte der überlebenden<br />
Tiere auf, bei den restlichen Injektionen bei allen verbleibenden Tieren. Das heißt,<br />
diese wären höchstwahrscheinlich alle ebenso in einer „Gruppenverpaarung“ erkannt<br />
worden. Bei den restlichen Injektionen traten in 26 Fällen bei maximal einem Drittel<br />
der Einzelverpaarungen verminderte Legeleistung auf. Diese Fälle würden also nicht<br />
auf ihren Ovarphänotyp hin untersucht werden und sie zeigten tatsächlich auch<br />
durchwegs keine interessanten Phänotypen. Möglicherweisen würden im Rahmen<br />
des Hauptscreens etwas mehr dieser unauffälligen Reduktionen auf ihren Ovarphä-<br />
notyp untersucht werden, wenn die Tiere in Gruppenverpaarungen gehalten werden,<br />
dies steht aber sicherlich in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Mehraufwand der<br />
Einzelverpaarungen von ca. 2,5 bis 4 h pro Injektionsdurchgang. Somit bin ich der<br />
193
II. 3. Diskussion<br />
Meinung, dass der Einsatz der Einzelverpaarungen im Hauptscreen nicht notwendig<br />
oder sinnvoll ist.<br />
3.1.3. iBeetle ist mit den vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingun-<br />
194<br />
gen realisierbar<br />
Die nötige Gesamtzahl an Injektionen ist durch die vorgestellten Arbeitspläne und<br />
die Verschachtelung der Arbeitsabläufe mit den für iBeetle vorgesehenen personel-<br />
len Mitteln durchführbar. Wie in 2.1.2 beschrieben, können die Screener - mit Unter-<br />
stützung einer/eines technischen Mitarbeiter/in im pupalen Screen-Teil - im Durch-<br />
schnitt 30 Gene pro Woche analysieren. Durch den geplanten Einsatz eines<br />
Postdocs und sieben Doktoranden kann das Screening-Ziel von 6000 Genen in der<br />
ersten Phase in ca. 50 Wochen erreicht werden. Diese Planung verlangt einen<br />
durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsaufwand von ungefähr 28 Stunden, wobei<br />
von den Screenern eine flexible Zeitplanung verlangt werden muss, da die teilweise<br />
unveränderbaren Zeitabstände der Arbeitsschritte auch Arbeit an Wochenenden<br />
erfordern. Dies wird aber zum größten Teil durch freie Tage unter der Woche wieder<br />
ausgeglichen. Durch die Architektur aus im Prinzip abgeschlossenen Blöcken lässt<br />
sich der Screening-Ablauf alle fünf bzw. acht Wochen unterbrechen, um z.B. Ur-<br />
laubsplanungen gerecht zu werden. Die Anwesenheit weiterer Screener, eines<br />
technischen Mitarbeiters und mehrerer PIs an den Screening Centern erlaubt die<br />
Kompensation für Ausfälle wegen Krankheit, und Absprachen zur Übernahme von<br />
einzelnen kurzen Arbeitstagen bzw. -schritten. Auch innerhalb der Arbeitsabläufe<br />
sind einige Arbeitsschritte verschiebbar, so kann beispielsweise die Auswertung der<br />
Kutikulapräparate flexibel gehandhabt werden und der Zeitpunkt einiger Arbeits-<br />
schritte des larvalen Screens innerhalb gewisser Rahmenbedingungen verschoben<br />
werden.<br />
Die hier vorgestellten Techniken, Auswertungen und Arbeitsabläufe sind also ge-<br />
eignet einen genomweiten RNAi-Screen in Tribolium mit einer breiten Zielsetzung, in<br />
ausreichender Sensitivität durchzuführen.
II. 3. Diskussion<br />
3.2. Der Pilotscreen illustriert die Chancen und Risiken des<br />
Hauptscreens<br />
3.2.1. Technische Verbesserungen könnten die Effizienz des Haupt-<br />
screens noch erhöhen<br />
Die Durchführung des Pilotscreens zeigte, dass ein genomweiter RNAi-Screen in<br />
Tribolium realisierbar und vielversprechend ist. Nichtsdestotrotz zeigte er auch einige<br />
Punkte auf, die möglicherweise bis zum Beginn des iBeetle-Screens noch verbessert<br />
werden sollten, bzw. denen erhöhte Beachtung zukommen sollte.<br />
Beispielsweise erwies sich die Detektion von früh-embryonal-letalen Defekten als<br />
noch nicht ausgereift. So war es im Verlauf des Pilotscreens nicht möglich, Embryo-<br />
nen, deren Entwicklung noch vor der Bildung eines Keimrudiments zum Erliegen<br />
kam, von nicht entwickelten oder nicht befruchteten Eiern zu unterscheiden. Mögli-<br />
cherweise könnte diese Diskriminierung durch die Zugabe eines fluoreszenten DNA-<br />
Farbstoffs (z.B. Hoechst 33342) und/oder eines fluoreszenten Phalloidins deutlich<br />
verbessert werden. Da ein Teil der Embryonen in den hier zur Debatte stehenden<br />
Lebend-Präparaten durch mechanischen Druck aus der Eihülle befreit werden,<br />
könnten die verwendeten Farbstoffe das embryonale Gewebe erreichen. Hierbei<br />
muss aber noch getestet werden, ob die Diffusion der Moleküle in dem viskosen<br />
Einbettungsmedium (Voltalef-Öl) ausreichend ist. Alternativ könnten andere viskose<br />
Einbettungsmedien getestet werden, wobei sich eine 50 %ige Glycerolverdünnung<br />
bereits als weniger gut geeignet erwies, da diese häufiger zu Schäden des GFP-<br />
positiven Gewebes führte. Einen weiteren Hinweis auf initiierte Embryonalentwick-<br />
lung könnte der beginnende Abbau des Dotters liefern (Petavy, 1986), inwieweit dies<br />
aber ohne weitergehende Analysen feststellbar ist, bliebe zu testen. Gleiches gilt für<br />
die Analyse des im Hauptscreen zusätzlich zu Verfügung stehenden Fluoreszenz-<br />
markers innerhalb des Zentralnervensystems, der möglicherweise die Detektion<br />
differenzierten Gewebes erlaubt.<br />
Ein weiterer Punkt, der vor Beginn des Hauptscreens möglicherweise noch<br />
verbessert werden sollte, ist die Durchführung der Injektionen. Die fehlende Routine<br />
der Screener des Pilot-Screens, und die noch nicht perfektionierte Technik kommen<br />
in dem Befund zum Ausdruck, dass einige der als Negativ-Kontrollen durchgeführten<br />
Injektionen zur Letalität der injizierten Tiere führten (drei von zwölf im pupalen und<br />
sechs von sechzehn im larvalen Screen-Teil). Diese Kontroll-Injektionen wurden<br />
195
II. 3. Diskussion<br />
jeweils zu Beginn und am Ende eines Injektionstages durchgeführt, und sollten im<br />
Hauptscreen beibehalten werden. Dadurch wird den Screenern eine kurze tägliche<br />
Einarbeitung ermöglicht und der nachlassenden Konzentration am Ende eines Injek-<br />
tionstages Rechnung getragen, ohne die tatsächlichen RNA-Injektionen zu beein-<br />
trächtigen. Möglicherweise sollten zudem für beide Injektionen im Hauptscreen<br />
einige Faktoren standardisiert werden, wie beispielsweise die Menge der injizierten<br />
dsRNA, die maximale Stärke der verwendeten Nadel und die Injektionsstelle. Außer-<br />
dem sollte im Falle des larvalen Screens überprüft werden, ob die Dauer der Kryoa-<br />
nästhesie und die Menge des dabei entstehenden Kondenswassers einen Einfluss<br />
auf die Überlebensrate hat.<br />
196<br />
Vor dem Beginn des Hauptscreens sollte außerdem das Auftreten von Entwick-<br />
lungsdefekten in den verwendeteten Stämmen überprüft werden. Die Stämme, die im<br />
Hauptscreen zur Verwendung kommen, entsprechen genetisch nicht exakt den im<br />
Pilotscreen verwendeteten, da zusätzliche Marker eingekreutzt und männliche Käfer<br />
anderer Stämme zur Verpaarung genutzt werden. Innerhalb der Tribolium-<br />
„Community“ gilt trotz fehlender Studien als anerkannt, dass sich verschiedene<br />
Labor-Stämme in der Art und Häufigkeit der natürlich autretenden Entwicklungsde-<br />
fekte unterscheiden können. Um diesen genetischen Hintergrund der zu verwenden-<br />
den Stämme zu bestimmen und genetische Prävalenzen, also einen für bestimmte<br />
Phänotypen sensitivierten genetischen Hintergrund (St Johnston, 2002), auszu-<br />
schließen, sollten sowohl Test-Kutikulapräparationen von nicht-injizierten, als auch<br />
von mit Kontroll-RNAs injizierten Tieren ausgewertet werden.<br />
3.2.2. Der Pilot-Screen zeigt kritische Aspekte der Screen-<br />
Durchführung auf<br />
Abgesehen von den genannten technischen Aspekten, die einige wenige weitere<br />
Vorarbeiten empfehlen, wurden im Laufe des Pilotscreens einige Punkte deutlich,<br />
deren Beachtung bei der Durchführung des Hauptscreens eine wesentliche Rolle<br />
spielt, und die ich deshalb hier aufgreifen möchte.<br />
Die Grundlage für den Erfolg des iBeetle-Projekts ist die professionelle Herstel-<br />
lung der verwendeten dsRNAs. Dabei muss durch strengste Sorgfalt und effektives<br />
Qualitätsmanagement eine gleich bleibende Qualität und Konzentration der RNAs<br />
gewährleistet und Kreuzkontaminationen unbedingt vermieden werden. Durch die
II. 3. Diskussion<br />
Verwendung der gleichen Promotoren für die RNA-Synthese und die vorherige<br />
Amplifikation der Matrizen erlangt der letzte Punkt besondere Bedeutung.<br />
Eine Beobachtung während der Durchführung des Pilot-Screens verdeutlicht die<br />
Wichtigkeit dieser Qualitätskontrollen. Die dort verwendeten dsRNAs wurden auf<br />
Basis von PCR-Produkten hergestellt, die Amplifikate der Inserts zufällig gewählter<br />
Klone einer embryonalen cDNA-Bank repräsentierten (4.1). Sieben dieser dsRNAs<br />
konnten nicht in die Auswertung einbezogen werden. In diesen Fällen führte eine<br />
Verunreinigung mit einem hunchback-Fragment unbekannter Herkunft zu hunch-<br />
back-spezifischen Phänotypen. Erst bei genauer Analyse der Sequenzierungen der<br />
als Matrizen für die dsRNA-Synthesen dienenden PCR-Produkte konnte die Konta-<br />
minations-Sequenz als zusätzliches Signal knapp über dem Hintergrundrauschen<br />
nachgewiesen werden. Das detektierte Fragment trug einen 120 bp-Abschnitt der<br />
hunchback-kodierenden Sequenz, der keinem der veröffentlichten oder in unserem<br />
Labor bekannten Tribolium-hb-Klone entsprach, und somit keine Kontamination aus<br />
unserem Labor darstellt. Außerdem kann eine Kreuzkontamination mit Fragmenten<br />
innerhalb des Pilotscreens ausgeschlossen werden, da das besagte Fragment nicht<br />
auf dem für die cDNA-Bank verwendeten Vektor basiert und hunchback nicht als<br />
Positiv-Kontrolle verwendet wurde.<br />
Vermutlich ist die Kontamination auf eine Verunreinigung des verwendeten<br />
cDNA-Bank-Phagen-Lysats mit einer sehr geringen Konzentration des unbekannten<br />
hb-Fragments zurückzuführen. Bei der Prozessierung der zufälligen Auswahl der<br />
Phagen-Klone wurde dann wahrscheinlich die in einem kleinen Teil der Proben<br />
enthaltenen DNA-Verunreinigung mitamplifiziert. Für diese Erklärung spricht, dass<br />
die cDNA-Bank Anfang der 90er Jahre im Rahmen von Arbeiten zu Tribolium-<br />
hunchback von Schröder hergestellt wurde (Wolff et al., 1995).<br />
Diese Befunde zeigen, dass durch die Verwendung von Amplifikationsschritten<br />
und wegen der effizienten RNAi-Maschinerie in Tribolium schon kleine Verunreini-<br />
gungen zu unerwünschten Effekten führen können, und somit die Qualitätskontrolle<br />
der dsRNA-herstellung besondere Aufmerksamkeit verdient.<br />
Sind die zu injizierenden ds-RNAs in der notwendigen Qualität vorhanden, sind<br />
auch bei der Durchführung der Screen-Arbeit einige übergeordnete Themen zu<br />
beachten. Zunächst ist es für das Gelingen des Screens und die Validität der erhal-<br />
tenen Ergebnisse sehr wichtig, dass die Ergebnisse der einzelnen Screener absolut<br />
vergleichbar sind. Hierzu muss sicher gestellt sein, dass einerseits alle Screener<br />
197
II. 3. Diskussion<br />
nach den gleichen Methoden und denselben Arbeitsplänen vorgehen, und anderer-<br />
seits die Bedingungen an den beiden Screening-Centern (einschließlich Temperatur<br />
und Luftfeuchtigkeit) möglichst exakt angeglichen werden.<br />
198<br />
Um dies zu gewährleisten, ist die Einarbeitung der Screener von zentraler Be-<br />
deutung. Dabei sind sicherlich die Durchführung der Injektionen und die Auswertung<br />
und <strong>Dokument</strong>ation der Ergebnisse die wichtigsten Aspekte. Aber auch die Präpara-<br />
tion der Ovare, die Prozessierung der injizierten Tiere und die Vermeidung von<br />
Kreuzkontaminationen muss mit gleich bleibender Sorgfalt erfolgen. Bei der geringen<br />
Zahl an Tieren mit denen in diesem Screen gearbeitet wird, kann der Verlust oder die<br />
Verschleppung weniger Tiere bei Absiebe- oder Transferschritten durchaus Ergeb-<br />
nisse verändern. Als eine Möglichkeit der Qualitätskontrolle der praktischen Durch-<br />
führung sollte neben Puffer-Injektionen am Beginn und am Ende jedes Injektionstags<br />
auch die Verwendung von zufällig eingestreuten Positiv-Kontrollen erwogen werden.<br />
Für die Gewährleistung hoher Qualität der Screeningergebnisse ist außerdem die<br />
regelmäßige Kommunikation der Screener äußerst wichtig. Dies soll über Telefon-<br />
konferenzen und einen iBeetle-Blog realisiert werden. Durch diesen engen Kontakt<br />
kann schnell auf unvorhergesehene Schwierigkeiten reagiert werden und der<br />
Screen-Ablauf im gegenseitigen Austausch in Frage gestellt und optimiert werden.<br />
Wichtige Punkte sind dabei speziell zu Beginn des iBeetle-Screens die Durchführung<br />
und Zahl der Injektionen, der Erfolg der Auswertungen und die sinnvolle Definition<br />
der Phänotyp-Kategorien. Der Grundstein dieser Kommunikation und des techni-<br />
schen Trainings soll zu Beginn des iBeetle-Screens im Rahmen eines ca. einwöchi-<br />
gen Kurses gelegt werden. Dieses „kick-off Meeting“ sollte auch genutzt werden um<br />
die Motivation der Studenten und ihre Verantwortung für das gesamte iBeetle-Projekt<br />
sowie das Gemeinschaftsgefühl des iBeetle-Teams zu stärken (Peterson, 2007). Die<br />
anspruchsvolle Screening-Arbeit erfordert hohen persönlichen Einsatz, der nur durch<br />
positive Identifikation mit dem Gesamt-Projekt und dem beteiligten Team gewährleis-<br />
tet werden kann.<br />
3.2.3. Der Pilot-Screen macht die Effektivität eines RNAi-Screens deut-<br />
lich<br />
Der Pilot-Screen zeigte nicht nur, dass die Methodik durchführbar ist und dabei<br />
geeignet Phänotypen zu detektieren, er macht außerdem die hohe Effektivität eines<br />
RNAi-Screens in Tribolium deutlich. So konnten in wenigstens 17 der larvalen und in
II. 3. Diskussion<br />
12 der pupalen Injektionen interessante neue Phänotypen gefunden werden. Diese<br />
stellen potentielle Kandidatengene für 12 der insgesamt 18 in iBeetle untersuchten<br />
Entwicklungsprozesse dar. Außerdem konnten im Rahmen des larvalen Screen-Teils<br />
sogar für 6 der verwendeten Positiv-Kontrollen bisher nicht beschriebene Effekte<br />
beobachtet werden.<br />
Dabei ist besonders wichtig, dass hier Kandidatengene gefunden werden kön-<br />
nen, deren Beteiligung an bestimmten Prozessen nicht durch den bisher verfolgten,<br />
auf Orthologie und Homologie basierenden Kandidatengenansatz aufgedeckt werden<br />
konnte. So fanden sich nämlich außer Genen, für deren Drosophila-Homologe be-<br />
reits Funktionen beschrieben waren (z.B. Dynein-light chain 90F, RNA# 70, Abb. 33,<br />
Abb. 34, Abb. 36), beispielsweise auch solche, deren Drosophila-Homologen bisher<br />
keine Funktion zugeordnet war (z.B. RNA# 3, ein vorhergesagtes Protein homolog zu<br />
CG12975, Abb. 33, Abb. 36). Solche Gene haben entweder ihre Funktion im Laufe<br />
der Evolution verändert, oder sie wurden in den bisherigen Drosophila-Screens und<br />
Studien nicht detektiert. In jedem Fall können durch solche Befunde also auch Pro-<br />
jekte in anderen Insektenarten, einschließlich Drosophila, unterstützt werden.<br />
Besonders interessant sind außerdem Gene, für die bisher kein Drosophila-<br />
Homolog annotiert wurde. Hinter diesen könnten sich Faktoren verbergen, die mögli-<br />
cherweise spezifische Innovationen innerhalb der Käfer darstellen, oder aber an-<br />
zestrale Insektengene, die während der Drosophila-Evolution verloren gingen. Auch<br />
für dieses Szenario fand sich ein Beispiel (RNA# 85, Abb. 34).<br />
Eine letzte interessante Gruppe sind schließlich Gene, die nicht in den Daten-<br />
banken annotiert sind. Diese wurden möglicherweise aufgrund einer ungewöhnlichen<br />
Struktur oder wegen Lücken in der Genomsequenz, nicht von den automatischen<br />
Genom-Annotations-Projekten in Tribolium und Drosophila erkannt und zusätzlich<br />
nicht von bisherigen funktionellen Studien erfasst. Auch ein Beispiel dieser Gruppe<br />
wurde im Rahmen des Pilot-Screens detektiert (RNA# 9, Abb. 35, Abb. 37) Solche<br />
Gene zeigen deutlich den Nutzen eines cDNA-basierten Ansatzes wie dem hier<br />
verfolgten, der es auch ermöglicht Gene zu detektieren, die „in silico“ nicht gefunden<br />
werden könnten. Ein Beispiel für einen ähnlichen Fall ist das polycistronische mille-<br />
pattes-Gen, das durch einen cDNA-in-situ-Hybridisierungs-Screen entdeckt wurde<br />
und aufgrund seiner ungewöhnlichen Struktur höchstwahrscheinlich nicht von einer<br />
Annotations-Pipeline erkannt worden wäre (Savard et al., 2006a). Zudem ist dies ein<br />
Beispiel für unterschiedliche Gen-Funktionen innerhalb der Insekten, da mille-pattes<br />
199
II. 3. Diskussion<br />
in Tribolium, nicht aber in Drosophila für die Segmentierung benötigt wird (Galindo et<br />
al., 2007).<br />
200<br />
Vor allem die beiden letzten Gen-Gruppen zeigen, dass iBeetle in der Lage sein<br />
wird wichtige Entwicklungsgene zu identifizieren, die nicht bereits in den zahlreichen<br />
Drosophila-Screens entdeckt wurden, und demonstrieren damit den großen Nutzen,<br />
den iBeetle für die Insekten-Entwicklungsbiologie haben wird.<br />
Trotz seiner insgesamt hohen Effizienz gibt es eine Einschränkung, die iBeetle<br />
mit vielen anderen Screens teilt, nämlich das Prinzip der Detektion des frühesten<br />
Phänotyps (St Johnston, 2002). Das bedeutet, dass beispielsweise letale Defekte der<br />
Embryonalentwicklung in genetischen Screens die Beobachtung späterer Phänoty-<br />
pen verhindern. In iBeetle wird dieser Effekt abgeschwächt, indem durch die pupalen<br />
und larvalen Injektionen zwei Screens kombiniert werden. Nichtsdestotrotz können<br />
Fragmente, deren larvale Injektion zu Letalität während der Metamorphose oder<br />
früher führt, nicht mehr auf ihre Rolle für die Funktion der Stinkdrüsen untersucht<br />
werden, was im Sinne der ökonomischen Durchführung des Screens akzeptiert<br />
werden muss. Ein ähnliches Problem tritt auch im pupalen Screenteil auf. Führt die<br />
Injektion zum Tod der injizierten Tiere, ist also ein essentielles, ein „house keeping“-<br />
Gen betroffen, oder ruft die RNAi einen Oogenese-Defekt hervor, so können keine<br />
Embryonen zur Auswertung gesammelt werden. Im Rahmen des Pilot-Screens<br />
führten 20 Injektionen zu Letalität, sechs zu einem Ovarphänotyp und fünf zu einem<br />
Eiablagehemmungsphänotyp („held egg“) und konnten somit nicht auf ihren embryo-<br />
nalen Phänotyp hin überprüft werden. Diese Einschränkung könnte nur durch zusätz-<br />
liche embryonale Injektionen (Brown et al., 1999b) vollständig umgangen werden,<br />
was wegen des sehr hohen Aufwands im Rahmen von iBeetle nicht möglich ist.<br />
Während der Planungsphase wurde der Einsatz von adulten dsRNA-Injektionen<br />
als Alternative diskutiert, die möglicherweise weniger häufig zu reduzierter Legeleis-<br />
tung der injizierten Tiere führt (van der Zee et al., 2006). Obwohl dies möglicherweise<br />
z.B. die Zahl der „held egg“-Phänotypen reduzieren würde, wurde diese Alternative<br />
aus mehreren Gründen als nicht sinnvoll verworfen: 1. RNAi gegen essentielle Gene<br />
führt vermutlich auch nach adulter Injektion zu Letalität. 2. Adulte RNAi führt im<br />
Allgemeinen zu schwächeren embryonalen Phänotypen (nicht gezeigt, Erfahrungen<br />
der Labore Klingler, Schoppmeier). 3. Adulte RNAi führt erst mehrere Tage nach<br />
Injektion zu den maximalen RNAi-Effekten und scheint weniger lange anzuhalten als<br />
pupale RNAi. Dabei ist fraglich, ob der Zeitpunkt der maximalen Effizienz für unter-
II. 3. Diskussion<br />
schiedliche Gene vergleichbar ist, und somit ein standardisiertes Screening-Protokoll<br />
möglich ist. 4. Die Tribolium-Community hat jahrelange Erfahrung mit pupaler, nicht<br />
aber mit adulter RNAi.<br />
Somit muss auch im pupalen Screen diese Einschränkung der Effektivität zu-<br />
gunsten der Gesamt-Performance in Kauf genommen werden.<br />
3.2.4. Der Pilot-Screen suggeriert eine hohe Zahl an Tribolium-Genen<br />
deren Verlust zu Letalität in unterschiedlichen Stadien führt<br />
Wie bereits erwähnt, konnten bereits im Laufe des Prescreens etliche neue Phä-<br />
notypen detektiert werden. Unter Berücksichtigung der Injektionen, die bald nach der<br />
Injektion zur Letalität der injizierten Tiere ohne interessante Phänotypen führten,<br />
zogen insgesamt 55 % der Injektionen Letalität in unterschiedlichen Entwicklungs-<br />
stadien nach sich. 33 % führten dabei zu für den Screen interessanten Phänotypen.<br />
Dies ist zunächst erfreulich, da dies zeigt, dass iBeetle mit hoher Effizienz Phänoty-<br />
pen erzeugen wird. Allerdings scheint dieser Wert im Verhältnis zu Studien in ande-<br />
ren Arten sehr hoch zu sein. So geht man beispielsweise davon aus, dass nur ca. ein<br />
Drittel aller Drosophila-Gene zu Letalität mutieren kann (Nüsslein-Volhard, 1994;<br />
Miklos und Rubin, 1996).<br />
Prinzipiell ist durchaus denkbar, dass zwischen Tribolium und Drosophila Unter-<br />
schiede in der Zahl der essentiellen Loci bestehen. So wäre es möglich, dass in<br />
Drosophila ein höherer Redundanz-Level die Zahl an zu Letalität mutierbaren Genen<br />
im Vergleich zu Tribolium reduziert, und somit die Diskrepanz dieser Zahlen auf<br />
tatsächliche biologische Unterschiede beider Arten hinweisen.<br />
Man muss allerdings davon ausgehen, dass die hier verglichenen Zahlen vermut-<br />
lich durch diverse Umstände beeinflusst werden, und die Diskrepanz in Wirklichkeit<br />
weniger ausgeprägt ist. So fokussierten die klassischen Drosophila-Screens der<br />
Vergangenheit beispielsweise entweder auf zygotische oder maternale Genfunktio-<br />
nen (Gans et al., 1975; Nüsslein-Volhard und Wieschaus, 1980; Nüsslein-Volhard et<br />
al., 1987; Schüpbach und Wieschaus, 1989; St Johnston und Nüsslein-Volhard,<br />
1992), während parentale RNAi in Tribolium beides gleichermaßen betrifft (Schinko<br />
et al., 2008). Außerdem werden in iBeetle innerhalb eines genomweiten Screens<br />
mehrere sowohl embryonale als auch post-embryonale Prozesse untersucht, wobei<br />
Screens in Drosophila häufig auf einen bestimmten Entwicklungsprozess (z.B. Gao<br />
et al., 1999) und oft einen genomischen Bereich fokussierten (z.B. Lewis et al.,<br />
201
II. 3. Diskussion<br />
1980). Bei der Kalkulation der Gesamtzahl letaler Gene in Drosophila mussten also<br />
mehrere Arbeiten ausgewertet und die Ergebnisse insgesamt extrapoliert werden<br />
(Miklos und Rubin, 1996), während der iBeetle-Screen ein direkteres und somit<br />
möglicherweise realistischeres Bild liefern wird. Zudem muss davon ausgegangen<br />
werden, dass die klassischen Drosophila-Mutagenese-Screens nicht vollständig<br />
saturiert waren (Pollock und Larkin, 2004), und somit auch die Kalkulationen der<br />
essentiellen Loci nicht akkurat sind. Die Schätzungen der Zahl der Drosophila-Loci,<br />
die zu Letalität führen können, könnten also zu niedrig sein und zumindest einen Teil<br />
der Differenz erklären.<br />
202<br />
Als mögliche Erklärung aus anderer Sicht ist denkbar, dass die Zahl der zu Letali-<br />
tät führenden Injektionen des Pilot-Screens nicht repräsentativ für den iBeetle-<br />
Hauptscreen ist und somit der eigentliche Anteil niedriger läge. Zunächst ist offen-<br />
sichtlich, dass die Stichprobe der 82 zufällig gewählten Klone zu klein ist, um eine<br />
statistisch signifikante Aussage über alle Tribolium-Gene zu machen. Vor allem aber<br />
könnte die Verwendung einer embryonalen cDNA-Bank zur Überrepräsentierung von<br />
wichtigen Entwicklungsgenen und damit zu einem erhöhten Anteil an letalen Injektio-<br />
nen geführt haben. Auch die schon in 3.2.1 erwähnten, noch nicht perfektionierten<br />
Injektionen könnten diese Anzahl beeinflussen, und in einigen Fällen den Grund für<br />
den Tod der injizierten Tiere darstellen. Allerdings ist dies nur in maximal 8 % der<br />
Injektionen denkbar, da die restlichen Fragmente (20 %) in beiden unabhängigen<br />
Injektionen zum Tod führten (Abb. 30) und somit höchstwahrscheinlich als spezifi-<br />
scher Effekt der RNAi und nicht als Schwäche der Methode zu werten sind. Auch<br />
ohne Injektion und ohne ersichtlichen Grund kommt es hin und wieder zum Tod<br />
einzelner Käferpopulationen (J.Trauner, persönl. Mitteilung), eine Problematik, mit<br />
der während des iBeetle-Screens gerechnet werden muss.<br />
Eine letzte Möglichkeit, die zu einer Erhöhung der Zahl letaler Injektionen in Tri-<br />
bolium führen könnte, ist das Auftreten von „Off-target effects“ der injizierten RNAs.<br />
Solche sind in Tribolium zwar bisher nicht beschrieben worden, es ist aber denkbar,<br />
dass sie häufiger vorkommen, aber wegen der relativen Seltenheit von Genen mit<br />
starken frühembryonalen Phänotypen übersehen wurden. Der RNAi-Mechanismus<br />
basiert auf siRNAs mit einer Länge von 21 Nukleotiden (Meister und Tuschl, 2004).<br />
Es ist möglich, dass solche kurze, zufällig zu anderen Genen identische Abschnitte in<br />
einigen dsRNA-Fragmenten vorkommen. Dabei ist anzunehmen, dass der Effekt<br />
solcher kurzer Abschnitte im Vergleich zur langen Gesamt-dsRNA nicht in der Lage
II. 3. Diskussion<br />
ist, einen spezifischen Phänotyp zu überdecken. Verursacht der Verlust des eigentli-<br />
chen Zielgens aber keinen sichtbaren Defekt, wäre es möglich, dass sich die „off<br />
target“-Sequenz auswirkt. In Drosophila RNAi-Screens wurden solche „off target“-<br />
Effekte tatsächlich beschrieben (Ma et al., 2006), es ist somit wahrscheinlich, dass<br />
sie auch in Tribolium auftreten. Um diese Möglichkeit bei der Auswahl von Kandida-<br />
tengenen mit interessanten Phänotypen auszuschließen, sieht die Planung des<br />
iBeetle-Projekts vor, dass für alle Teilprojekte zunächst eine Anzahl an potentiellen<br />
Kandidaten mit nicht überlappenden RNA-Fragmenten auf die Spezifität des Phäno-<br />
typs hin überprüft wird. Sollten „off target“-Effekte auftreten, wird gegebenenfalls<br />
versucht, das eigentlich für den Phänotyp verantwortliche Gen zu identifizieren.<br />
Dieses Vorgehen wird somit auch erlauben, das Auftreten solcher „off target“-Effekte<br />
in Tribolium zu quantifizieren.<br />
Zusammenfassend wird klar, dass der iBeetle-Pilot-Screen die Effektivität eines<br />
Tribolium-RNAi-Screen deutlich macht, obgleich die Zahl an bisher erhaltenen letalen<br />
Effekten möglicherweise etwas höher liegt, als im Hauptscreen zu erwarten.<br />
3.2.5. Die Auswertung und Kategorisierung der Phänotypen ist von<br />
größter Bedeutung für den Erfolg des Screens<br />
Es liegt auf der Hand, dass neben einer effizienten Durchführung die Auswertung<br />
der Experimente und der gesammelten Daten den kritischen Punkt für den Erfolg und<br />
die Nutzbarkeit eines Screen-Projekts darstellt. Dabei kommt es vor allem darauf an<br />
eine Balance zwischen Sensitivität und der Rate an falsch-positiven Ergebnissen zu<br />
finden.<br />
Der erste Schritt im iBeetle-Screening-Ablauf, der diese Balance beeinflusst, ist<br />
die Auswertung der Präparate im Rahmen der experimentellen Analysen. Hier ist es<br />
wichtig, dass den Screenern klare Vorgaben an die Hand gegeben werden, welche<br />
Aspekte bei der Auswertung zu beachten sind und wie ein stereotypes Vorgehen<br />
eingehalten werden kann um die höchstmögliche Effizienz und Sensitivität zu errei-<br />
chen. Hierfür sollen die Screener in einem Einführungslehrgang geschult werden,<br />
und außerdem sollen detaillierte Screening-Tafeln der zu untersuchenden Strukturen<br />
entworfen werden, die auch ein bestimmtes Vorgehen bei der Auswertung der Prä-<br />
parate vorgeben (s. 4.2). Um bereits an diesem Punkt die Zahl an falsch positiven<br />
Ergebnissen zu reduzieren, ist es nötig, bei den Screenern ein Bewusstsein für die<br />
Art und die Häufigkeit natürlich auftretender Entwicklungsdefekte zu schaffen. Dieser<br />
203
II. 3. Diskussion<br />
phänotypische Hintergrund sollte vor Beginn des Screens sorgsam für die verwende-<br />
ten Stämme beschrieben und den Screenern zugänglich gemacht werden.<br />
204<br />
Die wichtigste Stellschraube für die Balance zwischen sensitiver Phänotypdetek-<br />
tion und der Falsch-positiv-Rate ist die Kategorisierung der beobachteten Defekte<br />
und die Definition dieser Kategorien. Fasst man die Grenzen der Kategorien sehr<br />
weit, wird man selbst schwach penetrante Phänotypen detektieren, aber auch etliche<br />
unspezifisch auftretende Defekte fälschlicherweise als potentiell interessant festhal-<br />
ten. Im Rahmen des Pilotscreens wurden durch die Auswertung der Positiv-<br />
Kontrollen und der unbekannten Fragmente solche Definitionen erarbeitet, die ich als<br />
Grundlage für den iBeetle-Hauptscreen empfehle. Die genauen Beschreibungen<br />
finden sich im Anhang. Für die meisten Kategorien halte ich eine Grenze von 50 %<br />
der untersuchten Tiere für sinnvoll. Tritt ein Defekt mit einer niedrigeren Frequenz<br />
auf, so gilt dieser zunächst als nicht signifikant. Allerdings empfehle ich, für jede<br />
Injektion auch die Möglichkeit einzuräumen, einen weniger penetranten Phänotyp<br />
anzugeben, der zwischen 25 und 50% der Tiere betrifft. Dies ermöglicht die Daten-<br />
bank auch nach weniger penetranten Phänotypen zu durchsuchen und stellt so die<br />
höchstmögliche Effizienz sicher. Außerdem erlaubt es die Detektion von Phänotypen,<br />
die von anderen Effekten, beispielsweise von Letalität, überdeckt werden. So führte<br />
beispielsweise die larvale Injektion eines Fragments mit Homologie zu dem Dro-<br />
sophila TGF-!-Rezeptor thickveins (RNA# 19) zu einer verlängerten Larvenphase in<br />
nur 37 % der Tiere, während die Injektion aufgrund der Zahl früh verstorbener Larven<br />
als larval letal gewertet wurde. Zudem kann dieser zusätzliche Phänotyp auch eine<br />
Hilfe bei der Priorisierung potentieller Kandidatengene sein, indem beispielsweise ein<br />
Phänotyp, der mit einer leichten Erhöhung der Letalität einhergeht, eine niedrigere<br />
Priorität erhalten würde, als einer, bei dem das nicht der Fall ist.<br />
Bei der Entscheidung über die Priorität eines potentiellen Kandidatengens, und<br />
damit der Frage nach der Wahrscheinlichkeit mit der ein beobachteter Defekt spezi-<br />
fisch ist, ist der Vergleich der Ergebnisse der beiden unabhängigen Injektionen eine<br />
unschätzbare Hilfe. Aufgrund des methodischen Aufwands des iBeetle-Screens ist<br />
es nicht möglich, echte Replikate im gleichen Umfang durchzuführen, wie sie in Zell-<br />
Kultur-Screens üblich sind (Zhang und Heyse, 2009). Dennoch wird die gleiche<br />
dsRNA während des Prescreens zweimal injiziert, und die Information dieser beiden<br />
Injektionen steht zur Beurteilung des betreffenden Gens zur Verfügung. So kann<br />
beispielsweise vermutet werden, dass ein wenig auffälliger Ovar-Phänotyp im pupa-
II. 3. Diskussion<br />
len Screen, dessen dsRNA nach larvaler Injektion zu Letalität führt, nur auf reduzier-<br />
te Fitness der injizierten Tiere zurückzuführen sein könnte (s. 2.3.1) und somit eher<br />
als unspezifisch zu werten ist.<br />
Neben der Ausbildung und Anleitung der Screener ist für alle im letzten Abschnitt<br />
behandelten Punkte vor allem die Gestaltung der Datenbank iBeetlebase von grund-<br />
legender Bedeutung. Diese erfüllt für iBeetle einen doppelten Zweck. Einerseits<br />
erlaubt sie die direkte Protokollierung der Beobachtungen während des Screen-<br />
Ablaufs, andererseits ermöglicht sie den langfristigen Zugang zu den Daten und<br />
Ergebnissen des Screens, und soll dabei zu einer Genfunktions-orientierten Triboli-<br />
um Datenbank wachsen.<br />
In Zusammenhang mit dem ersten Punkt ist es notwendig, dass die Datenbank<br />
zu jedem Arbeitschritt während des Screens die Möglichkeit bietet Beobachtungen<br />
festzuhalten, auch wenn diese nicht direkt ergebnisrelevant sind. So ist es für den<br />
Screener beispielsweise wichtig einzugeben, wie viele Tiere die Injektion überlebten,<br />
auch wenn dies kein auffälliger Wert ist, da diese Information für spätere Auswertun-<br />
gen wie beispielsweise der Bestimmung der Eimenge wichtig ist. Die Zahl der noch<br />
im Screen verbleibenden, bzw. der verstorbenen Tiere ist eine Information, deren<br />
redundante Angabe zu Beginn jedes neuen Auswertungsschritts die Orientierung<br />
erleichtert. Es sollte auch zu jedem Arbeitsschritt die Möglichkeit bestehen, digitale<br />
Fotografien zur <strong>Dokument</strong>ation unvorhergesehener Beobachtungen einzufügen.<br />
Bei den Auswertungsschritten ist geplant, die Beschreibung festgestellter Phäno-<br />
typen über Auswahlmenüs zu organisieren, um die Nomenklatur möglichst einheitlich<br />
und vergleichbar zu halten. Diese Auswahlmenüs müssen sehr detailliert entworfen<br />
werden, um möglichst viele Eventualitäten abzudecken, und sie müssen die Be-<br />
schreibung mehrerer unabhängiger Phänotypen erlauben. Sie sollten zudem freie<br />
Felder zur <strong>Dokument</strong>ation unvorhergesehener Effekte vorsehen und für jeden Phä-<br />
notyp die Angabe der beobachteten Frequenz fordern. Somit kann die Datenbank die<br />
Kategorisierung des Phänotyps aufgrund der Auswahlmenüs und der eingegeben<br />
Frequenz automatisch vornehmen. Hier sollten ein oder mehrere Hauptphänotypen<br />
und ein oder mehrere weniger penetrante Phänotypen als Ergebnis jeder Injektion<br />
ermittelt werden. Um die Unvoreingenommenheit der Screener zu gewährleisten,<br />
sollten die Sequenzen oder Annotationen der injizierten RNAs während des Scree-<br />
nings nicht einsehbar, nach Abschluss des Screening-Durchgangs, also nach der<br />
Eingabe aller relevanten Beobachtungen, aber abrufbar sein.<br />
205
II. 3. Diskussion<br />
3.2.6. iBeetle hat sehr gute Chancen, seine Ziele zu erreichen<br />
206<br />
Ein genomweiter RNAi-Screen ist der effektivste Weg, um Tribolium als Modell-<br />
system der modernen Entwicklungsbiologie weiter zu entwickeln. iBeetle als umfas-<br />
sender genomweiter Ansatz ist nötig, um die Einschränkungen zu überwinden, die<br />
dem bisher verfolgten, auf Homologie zu Drosophila beruhenden, Kandidatengenan-<br />
satz innewohnen. Dabei wird dies nicht nur der Tribolium-Forschung, sondern auch<br />
Arbeiten an allen anderen Insekten und Arthropoden von Nutzen sein, wenn neben<br />
den Drosophila-Daten eine weitere Quelle umfassender funktioneller Informationen<br />
zur Verfügung steht.<br />
iBeetle nimmt im Vergleich zu anderen großen Screen-Projekten eine ganz be-<br />
sondere Stellung ein. Bisher wurden genomweite in-vivo RNA-Intereferenz-Screens<br />
der Entwicklung vor allem in C. elegans durchgeführt (Fraser et al., 2000; Gönczy et<br />
al., 2000; Sönnichsen et al., 2005) und können erst seit kurzem durch die Verfügbar-<br />
keit von transgenen RNAi-Bibliotheken (Dietzl et al., 2007) auch in Drosophila reali-<br />
siert werden (Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010). Dort wurden bis dato nur<br />
Studien in Zell-Kultur durchgeführt (Kiger et al., 2003; Boutros et al., 2004; Friedman<br />
und Perrimon, 2006). iBeetle ist also Teil einer sehr aktuellen Entwicklung der Insek-<br />
ten-Forschung. Einzigartig ist iBeetle aber vor allem durch seinen umfassenden<br />
Ansatz. Zum einen werden die Experimente nicht auf genomische Bereiche oder<br />
Gengruppen eingeschränkt, sondern umfassen das gesamte Genom. Zum anderen<br />
werden zwei wesentliche Entwicklungsprozesse, die Embryonalentwicklung und die<br />
Metamorphose untersucht. Dies erlaubt eine Breite der untersuchten Fragestellun-<br />
gen, wie sie auch in genetischen Screens bisher nicht möglich war. Zudem werden<br />
sowohl zygotische als auch maternale Effekte auf die Embryonalentwicklung detek-<br />
tiert. Genetische Screen-Projekte der Embryonalentwicklung in Drosophila fokussier-<br />
ten beispielsweise auf zygotische oder maternale Genfunktionen (Nüsslein-Volhard<br />
und Wieschaus, 1980; Schüpbach und Wieschaus, 1986), oder konzentrierten sich<br />
nur auf spezielle Fragestellungen (Collins und Cohen, 2005). Solche spezifischen<br />
Screening-Projekte herrschen auch in anderen Modellorganismen wie dem Zebra-<br />
fisch oder der Maus vor (Sun et al., 2004; Rubio-Aliaga et al., 2007).<br />
Im Vergleich zu genetischen Screen-Projekten (Maderspacher et al., 1998; Trau-<br />
ner et al., 2009), ist die Verwendung von RNA-Interferenz in Tribolium deutlich bes-<br />
ser geeignet, um ein solches genomweites Vorhaben zu realisieren. Vor allem einige<br />
praktische Faktoren spielen dabei eine grundlegende Rolle. So erfordert ein RNAi-
II. 3. Diskussion<br />
Screen keine teure, dauerhafte und arbeitsintensive Stammhaltung der Linien mit<br />
interessanten Phänotypen, was noch schwerer wiegt, da diese Stammhaltung in<br />
Tribolium wegen des Mangels an Balancer-Chromosomen äußerst aufwändig ist<br />
(Berghammer et al., 1999a). Ebenfalls nicht nötig ist die sehr zeitintensive Identifizie-<br />
rung der betroffenen Gene. In einem RNAi-Screen als einer Methode der reversen<br />
Genetik (Adams und Sekelsky, 2002) ist das Zielgen der injizierten dsRNA bereits<br />
zum Zeitpunkt des Screens bekannt. Schließlich kommt der Frage der Saturierung<br />
nur mehr eine untergeordnete Rolle zu, da diese nun leichter zu bestimmen und zu<br />
beeinflussen ist, als das bei klassischen genetischen Screens der Fall war (Pollock<br />
und Larkin, 2004). Die Kombination aus cDNA-basierter und Genom-Annotations-<br />
basierter Genauswahl sollte dazu führen, dass nahezu alle Tribolium-Gene für iBeet-<br />
le verfügbar sind.<br />
Obwohl der Pilot-Screen von dieser Saturierung natürlich weit entfernt ist, konn-<br />
ten dennoch weitere Vorteile bereits bei dessen Durchführung illustriert werden. So<br />
erlaubt beispielsweise die larvale Injektion von dsRNA die Analyse von Entwick-<br />
lungsprozessen während der Metamorphose, ohne von einer eventuellen embryona-<br />
len Funktion der untersuchten Gene verhindert zu werden, was in klassischen gene-<br />
tischen Screens ein Problem darstellt (St Johnston, 2002). Bereits im Pilot-Screen<br />
führten beispielsweise die RNAs #8 und 78 (similar to rac, similar to thioredoxin-like<br />
protein, Abb. 36, Abb. 37) nach larvaler Injektion zu Defekten der pupalen Flügel<br />
bzw. der adulten Beine, nach pupaler Injektion aber zu frühembryonaler Letalität. Ein<br />
weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang stellen die neu gefundenen Metamor-<br />
phose-Phänotypen der für embryonale Funktionen bekannten Positiv-Kontrollen dar<br />
(Abb. 38).<br />
Während des Pilot-Screens wurde zudem deutlich, dass eine relativ kleine Zahl<br />
injizierter Tiere ausreicht, um die Screen-Ziele zu erreichen. Auch dieser Punkt ist ein<br />
Vorteil eines RNAi- gegenüber einem genetischen Screen. Durch die hohe Penet-<br />
ranz der RNAi genügen wenige Tiere zur Auswertung. In klassischen genetischen<br />
Screens ergibt sich hingegen schon aus den nötigen Kreuzungen, dass nur 1/3 bis<br />
1/4 der untersuchten Tiere die Mutation homozygot tragen (St Johnston, 2002).<br />
Unter Ausnutzung dieser Vorteile sollen durch iBeetle drei übergeordnete Ziele<br />
erreicht werden. Erstens sollen durch die Detektion interessanter Genfunktionen in<br />
Tribolium die Grundlagen für neue und bisher in Drosophila vernachlässigte For-<br />
schungsrichtungen gelegt werden. Zweitens sollen Kandidatengene für wichtige<br />
207
II. 3. Diskussion<br />
Prozesse der Insektenembryologie entdeckt werden, die in Drosophila keine oder<br />
andere Funktionen erfüllen, bzw. die bisher nicht erkannt wurden. Diese sind beson-<br />
ders interessant in Zusammenhängen mit Prozessen, die trotz intensiver Forschung<br />
in Tribolium noch Fragen offen lassen. Drittens soll Tribolium schließlich als Screen-<br />
fähiges Modellsystem etabliert werden, dessen Möglichkeiten für zukünftige Frage-<br />
stellungen und Arbeitsgruppen, die andere Insektenarten untersuchen, benutzt<br />
werden können.<br />
208<br />
Auf dem Weg zum Erreichen des dritten Ziels wurde durch die Etablierung und<br />
Durchführung des Pilot-Screens bereits ein großer Schritt getan. Es konnten Vorge-<br />
hensweisen entwickelt und getestet werden, deren Prinzipien sich an andere Frage-<br />
stellungen und Zielsetzungen anpassen lassen. Nachdem dann im Rahmen von<br />
iBeetle eine genomweite Bibliothek von dsRNAs etabliert worden ist, und die Durch-<br />
führung des Screens auch im großen Maßstab erfolgreich war, werden auch in<br />
Tribolium spezifische biologische Fragestellungen genomweit und funktionell unter-<br />
sucht werden können.<br />
Der Pilot-Screen konnte zudem zeigen, dass iBeetle zumindest in der Lage sein<br />
kann, auch die beiden ersten Ziele zu erreichen. Es konnten bereits Gene identifiziert<br />
werden, für die bisher keine Funktion in Drosophila beschrieben wurde und die<br />
deshalb als neue Gene von besonderem Interesse sind. Auch für Prozesse, die in<br />
iBeetle erstmalig systematisch untersucht werden sollen oder, die bisher nur wenig<br />
bearbeitet wurden, konnten potentielle Kandidatengene identifiziert werden.<br />
Somit habe ich keinen Zweifel daran, dass das iBeetle-Konsortium seine Ziele er-<br />
reichen wird. Ich bin überzeugt davon, dass iBeetle die Entwicklung Triboliums zu<br />
einem wichtigen Modellsystem weiter vorantreiben wird und durch die öffentlich<br />
verfügbare Datenbank iBeetle-Base einen weitreichenden und nachhaltigen Nutzen<br />
für die Insekten-Biologie haben wird.
4. Material und Methoden<br />
II. 4. Material und Methoden<br />
4.1. Synthese doppelsträngiger RNA komplementär zu zufällig<br />
gewählten cDNA Klonen<br />
Die im Pilot-Screen verwendeten dsRNAs wurden auf Basis von amplifizierten<br />
cDNA-Fragmenten einer embryonalen Lamda-Phagen cDNA-Bank synthetisiert, die<br />
ursprünglich von R.Schröder erstellt wurde (Wolff et al., 1995). Diese wurde im<br />
wesentlichen wie in der Herstellerangabe des Uni-ZAP XR Vector Kits (Stratagene,<br />
La Jolla, CA) und in Sambrook and Russel (2001) beschrieben, unter Verwendung<br />
der dort angegebenen Medien und Reagenzien eingesetzt. Der Titer der amplifizier-<br />
ten Phagen betrug 4,9 x 10 7 pfu/ml. Das Äquivalent von 50 pfu wurde mit 200 !l XL1-<br />
blue MRF E. coli (Stratagene) in 3 ml NZY-top-Agar auf 12 x 12 cm LB-Agar-Platten<br />
ausplattiert, um klar voneinander abgegrenzte Plaques zu erhalten.<br />
Einzelne Plaques wurden mit Hilfe einer sterilen Pipettenspitze in einen 20 !l<br />
PCR-Ansatz überführt. Durch Verwendung eines T7-Promotor-spezifischen und<br />
eines T3-Promotor-spezifischen Primers, der zusätzlich eine T7-Promotor-Sequenz<br />
trägt, wurden die Matrizen für die dsRNA-Synthese hergestellt. Dabei wurde die<br />
peqGOLD Taq-Polymerase und Reagientien von Peqlab (<strong>Erlangen</strong>) verwendet.<br />
Tab. 9: PCR zur Synthese der Matrize für die dsRNA-Synthese<br />
Primer Annealingtemperatur<br />
Zyklen Elongation<br />
T7 5´-TAATACGACTCACTATAGG-3´ 40 °C 5 2 min<br />
T3-T7 5´-TAATACGACTCACTATAGG<br />
AATTAACCCTCACTAAAGGG-3´<br />
55 °C 30 2 min<br />
Die PCR-Reaktionen mit einem Insert zwischen 450 und 2000 bp wurden aufge-<br />
reinigt (Roche High Pure PCR cleanup Micro Kit) und in 10 !l eluiert. Die Konzentra-<br />
tion wurde durch Gelelektrophorese bestimmt (i.d.R. zwischen 50 und 100 ng/!l) ca.<br />
150 ng jeder Probe zur Sequenzierung eingeschickt (Seqlab, Göttingen) und ca. 250<br />
ng zur RNA-Synthese mit Hilfe des MEGAScript T7 Kits von Ambion verwendet.<br />
Dabei wurde ein Viertel der vom Hersteller empfohlenen Menge an Enzym und<br />
Nukleotiden im halben empfohlenen Volumen eingesetzt. Die RNA wurde in 10 !l<br />
Injektionspuffer (1,4 mM NaCl, 0,07 mM Na2HPO4, 0,03 mM KH2PO4, 4 mM KCL; 4%<br />
209
II. 4. Material und Methoden<br />
Phenolrot, Sigma) gelöst und per Spektrophotometrie die Konzentration bestimmt<br />
(typischerweise zwischen 3 und 4 !g/!l). Die RNA wurde auf ca. 1 !g/!l verdünnt<br />
(Injektionspuffer mit 4% Phenolrot, Sigma), wobei für die Berechnung 5 % der ge-<br />
messenen Konzentration abgezogen wurden, um trotz eventueller Messfehler die<br />
ausreichende Konzentration zu erhalten.<br />
Abb. 39: Zusammenfassung der Sequenzierungsergebnisse der Matrizen zur dsRNA-<br />
Synthese<br />
Das Diagramm zeigt das Ergebnis der Matrizen-Synthese für die dsRNA-Synthese. Von 227<br />
durchgeführten PCRs zeigten 179 eine Insertgröße zwischen 450 und 2000 bp. Davon<br />
erwiesen sich nach der Sequenzierung 18 % als nicht auswerbar, weil sie entweder, wahrscheinlich<br />
wegen zu geringer Konzentration, nicht sequenzierbar waren, das Sequenzierergebnis<br />
nicht eindeutig ausgewertet werden konnte, sie Doppelsignale zeigten, oder einen<br />
Mikrosatelliten enthielten. 14 % konnten als ribosomale, 11 % als mitochondriale Gene<br />
identifiziert werden. Die restlichen 58 % representierten weitere annotierte und nicht annotierte<br />
Transkriptionseinheiten des Tribolium-Genoms. Insgesamt 11 % der Fragmente fanden<br />
sich mehrfach, die Hälfte davon ribosomale und mitochondriale Gene.<br />
Die erhaltenen Sequenzen sind auf einer CD die dieser Arbeit beiliegt gespeichert.<br />
4.2. Detaillierte Durchführungsanweisung zum iBeetle Screening<br />
210<br />
Schema<br />
Im Folgenden werde ich, in detaillierterer Form als an dieser Stelle üblich, auf die<br />
Durchführung der Injektionen und Auswertungen im Rahmen des iBeetle-Pilot-<br />
Screens eingehen. Diese Aufstellung kann so als Durchführungsanweisung für<br />
iBeetle genutzt werden.
II. 4. Material und Methoden<br />
Bei Arbeitsschritten die im Pilotscreen auf andere Art und Weise durchgeführt<br />
wurden, als es im Hauptscreen geplant oder angezeigt ist, sind die Varianten deutlich<br />
mit (H) für Haupt- und (P) für Pilotscreen gekennzeichnet.<br />
Bei Detektion eines Phänotyps werden höchstens fünf digitale Aufnahmen zur<br />
<strong>Dokument</strong>ation festgehalten, in begründeten Ausnahmen (z.B. mehrere unabhängige<br />
Defekte) eventuell auch mehr.<br />
Inkubationen finden bei 32°C, ca. 60 % Luftfeuchtigkeit und Dauerlicht statt, In-<br />
jektionen bei 23 °C.<br />
4.2.1. Verwendete Stämme<br />
Im Pilotscreen wurden für den pupalen Screenteil weibliche Tiere des pig19-<br />
Stamms verwendet (Lorenzen et al., 2003). Dieser trägt einen eGFP-enhancer trap<br />
in der Nähe eines actin-Gens (Lorenzen et al., 2007). Die Expression des Enhancer-<br />
Traps im Großteil der somatischen Muskulatur der Tribolium-L1 Larve erlaubt die<br />
Analyse embryonaler Muskeltypen am Fluoreszenzmikroskop.<br />
Im Rahmen des larvalen Screenteils wurden Tiere des mD17-Stammes<br />
(Pavlopoulos et al., 2004) injiziert. Der Enhancer-Trap eines minos-eGFP-Konstrukts<br />
unbekannter Integrationsstelle führt zur Expression in der Thoraxmuskulatur adulter<br />
Tiere (Pavlopoulos et al., 2004). Es stellte sich jedoch heraus, dass diese nur in<br />
jugendlichen Tieren feststellbar, dort aber wegen der sich differenzierenden Kutikula<br />
nur innerhalb eines kurzen Zeitfensters nach der Ecdysis durch äußere Inspektion<br />
detektierbar ist. Die Expression in den sich entwickelnden Muskeln in pupalen Sta-<br />
dien eignet sich hingegen zur Auswertung an einem Fluoreszenz-Stereomikroskop,<br />
wobei erst ältere Puppen ab ca. 70 % des Puppenstadiums (bereits sklerotisierende<br />
Mandibeln, Schachtner, nicht veröffentlicht) das volle Muster zeigen.<br />
Für den Hauptscreen wird der pig19-Stamm um ein Konstrukt ergänzt werden,<br />
das dsRedexpress-Expression im zentralen Nervensystem hervorruft (Bucher, nicht<br />
veröffentlicht) und der mD17-Stamm wird einen dominanten Augenmarker auf dem<br />
Y-Chromosom tragen (Lorenzen et al., nicht veröffentlicht), der die Unterscheidung<br />
von männlichen und weiblichen Larven erlaubt.<br />
Zur Verpaarung der Tiere werden während des Haupt-Screens Männchen des<br />
black Stammes zur Verwendung kommen (Sokoloff et al., 1960), während im Vor-<br />
screen der San-Bernardino(SB)-Stamm (Klingler, nicht publiziert) benutzt wurde. In<br />
ersterem Stamm dient eine dunklere Kutikulafärbung, im zweiten die dunkle Augen-<br />
211
II. 4. Material und Methoden<br />
pigmentierung zur Unterscheidung von injizierten Weibchen und nicht inzierten<br />
Männchen im weiteren Screeningverlauf.<br />
4.2.2. Pupale Injektion und darauf folgende Auswertungen<br />
1) Bereitstellung von männlichen Tieren zur Verpaarung<br />
212<br />
(H) Wöchentlich sollten black-Puppen nach Geschlecht sortiert und z.B. in Ein-<br />
heiten von ca. 50 Tieren aufbewahrt werden, damit immer männliche Tiere zum<br />
Verpaaren verfügbar sind, und bei Kontamination mit Weibchen nur ein kleine Menge<br />
verworfen werden muss. Eine Kontamination mit Weibchen lässt sich nach 3 Wo-<br />
chen am Vorhandensein von Larven erkennen. Dies sollte von studentischen oder<br />
technischen Assistenten durchgeführt werden.<br />
(P) Ca. 3 Wochen vor der Injektion wurden SB-Puppen nach Geschlecht sortiert.<br />
Der zeitliche Abstand erlaubt die Kontrolle auf Kontamination durch Weibchen an-<br />
hand An- oder Abwesenheit von Larven.<br />
2) Sortieren der Puppen zur Injektion<br />
Männliche und weibliche Puppen werden am effektivsten an einem Stereomikro-<br />
skop mit Durchlichteinrichtung unter Verwendung einer zum Saug-Greifer umgebau-<br />
ten Aquariumspumpe sortiert und Weibchen im injektionsfähigen Alter (ca. 75 – 90 %<br />
der Puppenentwicklung abgeschlossen) gesammelt. Bei einer Stammhaltung bei ca.<br />
23 °C und einer dreitägigen Eiablage zur Etablierung einer Population sind in einer<br />
Population mit ca. 50 % adulten Tieren, wiederum ca. 50 % der weiblichen Puppen<br />
im richtigen Alter für die Injektion. Die restlichen weiblichen Puppen können für<br />
Injektionen späterer Injektionstage herangezogen werden.<br />
3) Injektion (Tag 0)<br />
8 weibliche Puppen pro Gen (ca. 4!l 1 !g/!l RNA pro Gen) werden auf einem<br />
Objektträger (OT) fixiert, und wie von Bucher beschrieben injiziert (Bucher et al.,<br />
2002; Bucher und Klingler, 2004). 1 zusätzliche Puppe wird aufgeklebt um für even-<br />
tuelle Schwierigkeiten zu kompensieren und gegebenenfalls nach der Injektion<br />
wieder entfernt. Als Orientierung für die richtige Lumenweite der Kapillarspitze dient<br />
der Übergang vom distalen, dunklen zum proximalen hellen Bereich der Urogomphi<br />
der Puppe.
II. 4. Material und Methoden<br />
Bei der Injektion werden zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen drei Nadel-<br />
halter verwendet. Nach einer Injektion wird der verwendete Nadelhalter in Wasser<br />
eingelegt (sinnvollerweise während der nächsten Injektion), dann kurz in 70% EtOH<br />
gespült, und getrocknet. Vor der Wiederverwendung wird mit Druckluft nachgetrock-<br />
net. So wird ständig ein Nadelhalter benutzt, einer ist in Wasser eingelegt und einer<br />
trocknet.<br />
! Besonderheiten beim Verlauf der Injektion werden festgehalten.<br />
Nach der Injektion werden die Puppen in ca. 10 g doppelt-griffigem Mehl in einer<br />
Petrischale (9 cm, rund) bis zum Schlupf inkubiert, vier adulte Männchen werden<br />
zugegeben (H: black, P: SB).<br />
4) Pupale Analyse und Umsetzen (Tag 3)<br />
OT werden entfernt, Käfer und Mehl werden per Trichter in ein Blocksystem<br />
(Berghammer et al., 1999a) transferiert. Nicht geschlüpfte Puppen werden bei Auffäl-<br />
ligkeiten (z.B. erhöhter Letalität) auf Phänotypen untersucht.<br />
! Festhalten der Schlupfrate.<br />
! Gegebenenfalls Festhalten von Auffälligkeiten/Phänotypen.<br />
5) Erste Ablage (Tag 9)<br />
Ablage zum Nachreifen für Kutikulapräparate. Die Eier werden in einem doppel-<br />
ten Reifungsblock mit Auffangblöckchen inkubiert (300 !m Maschenweite erlaubt<br />
Durchschlüpfen der Larven), geschlüpfte Larven werden in Speiseöl aufgefangen.<br />
! Festhalten der Eimenge (0: keine Eier, -: reduzierte Eimenge, +: durchschnitt-<br />
liche Eimenge, ++: hohe Eimenge). Als Orientierung dienen Kontrollablagen von<br />
einem bis acht uninjizierten Tieren (H: eine zu erstellende Abbildung von Beispielge-<br />
legen von einem bis acht Tieren) und der Vergleich der Gelege untereinander.<br />
6) Zweite Ablage (Tag 11)<br />
Ablage zum Nachreifen für Lebendpräparate. Die Eier werden in einem einfachen<br />
Reifungsblock inkubiert. Der Reifungsblock (100 !m Maschenweite) steht auf Mehl,<br />
das durch die Maschen in den Block gelangt und Kannibalismus verhindern soll.<br />
! Festhalten der Eimenge (0, -, +, ++)<br />
213
II. 4. Material und Methoden<br />
214<br />
Empfehlung: Die <strong>Dokument</strong>ation des (mit Beschriftung versehenen) Reifungs-<br />
blocks mit einer einfachen Digitalkamera dient als Sicherheit und erlaubt im Notfall<br />
die nachträgliche Kontrolle der Ablagemenge.<br />
Bei deutlich verminderter Legeleistung werden pro betreffenden Ansatz 4 Weib-<br />
chen auf das Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getestet<br />
(Ovarpräparation).<br />
egg“)<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation potentieller Oogenese-Phänotypen (kein „held<br />
Ovarpräparation (Rechtshänder): Käfer mit linker Dumont-Pinzette fest an T2<br />
greifen, dabei öffnen sich die Elytren. Mit rechter Pinzette an den letzten beiden<br />
Abdominalsegmenten fassen und halten. Mit linker Pinzette loslassen und den Käfer<br />
dann nach dorsal klappen, bis die ventrale Epidermis und Kutikula aufreißt. Nun mit<br />
links anterior festhalten (z.B. mit geöffneter Pinzette von dorsal auf beiden Seiten so<br />
lateral wie möglich im Bereich des Thorax bzw. des anterioren Abdomens den Käfer<br />
auf die Unterlage drücken) und mit rechts in einer flüssigen Bewegung die letzten<br />
beiden Abdominalsegmente wegziehen. Dabei sollte im Idealfall das vollständige<br />
Ovar mit aus der Karkasse gezogen werden. Dies erfordert Übung!<br />
7) Kutikulapräparate herstellen (Tag 13)<br />
! Menge der geschlüpften Larven festhalten (0, -, +, ++)<br />
Verbleibende Eier in flaches (0,7 cm) Blöckchen (180 !m) transferieren. Vorsicht,<br />
um die Orientierung zu behalten muss zweimal umgeschüttet werden! Die Eier 2 x 3<br />
min in 50% Klorix dechorionisieren, dabei durch auf und ab Bewegen aus der Flüs-<br />
sigkeit heraus möglichst viel Mehl wegwaschen. Danach mit Wasser aus einer<br />
Spritzflasche spülen, dabei am besten von unten Kontakt zur Beckenkante halten,<br />
damit das Wasser abläuft und sich nicht im „Well“ sammelt („Überlaufgefahr“).<br />
An einem Stereomikroskop mit ausreichend Arbeitsabstand mit einem Pinsel die<br />
Eier aus dem „Well“ in ca. 70 !l Hoyers Medium/Milchsäure (1:1) übertragen. Vorher<br />
das „Well“ auf ein Tuch trockentupfen und zur Orientierung markieren. Ca. 2/3 der<br />
Eier eines Geleges als Quetschpräparat. Dabei mit einem stumpfen Gegenstand an<br />
mehreren Stellen vorsichtig Druck auf das Deckglas ausüben, bis die Eihüllen auf-<br />
platzen. 1/3 ungequetscht auf dem gleichen OT einbetten.
II. 4. Material und Methoden<br />
Bei sehr wenigen Eiern wird ein Quetschpräparat hergestellt, wenn viele schlupf-<br />
reife Larven sichtbar sind. Bei vielen scheinbar unentwickelten Eiern wird nicht<br />
gequetscht. Die Präparate werden über Nacht bei 60°C inkubiert.<br />
8) Auswertung der Kutikulapräparate<br />
Die Auswertung der Präparate am Fluoreszenz-Mikroskop erfolgt zu unterschied-<br />
lichen Zeitpunkten. Verwendet wird ein YFP-Filter und eine Dunkelfeldeinstellung des<br />
Mikroskops. Die Präparate werden zunächst unter Verwendung eines 10fach Objek-<br />
tivs in horizontalen Linien „gescannt“. Dabei wird auf deutliche Veränderungen der<br />
Morphologie und die Zahl an nicht-entwickelten Embryonen geachtet. Hierfür emp-<br />
fiehlt sich die Dunkelfeldeinstellung. Anhand des Dotters sind dann nicht entwickelte<br />
Eier gut von leeren Eihüllen (Larve geschlüpft) zu unterscheiden. Defekte werden bei<br />
höherer Vergrößerung (20fach - 40fach Objektiv) analysiert und charakterisiert, um<br />
dann ihre Häufigkeit zu bestimmen. Werden keine deutlichen Veränderungen festge-<br />
stellt, werden ca. 25 % der Larven, mindestens aber fünf Tiere, im Detail (20fach -<br />
40fach Objektiv) auf subtile Veränderungen der Morphologie (va. Kopfborstenmuster,<br />
Mundwerkzeuge, Beine) untersucht.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Veränderungen der Eiform und -größe.<br />
! Festhalten des Anteils nicht-entwickelter Eier.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Veränderungen, also embry-<br />
onaler Phänotypen, und deren Häufigkeit.<br />
(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />
Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />
9) Lebendpräparate herstellen und auswerten (Tag 14)<br />
Nach 72-stündiger Inkubation Embryonen und geschlüpfte Larven umschütten<br />
und dechorionisieren wie in Schritt 7 beschrieben. Mit einem Pinsel je die Hälfte der<br />
Eier und Larven eines Geleges in je einen Tropfen Voltaleföl (10s) auf einem Objekt-<br />
träger überführen, und die eine Hälfte als Quetschpräparat (siehe Schritt 7) die<br />
andere Hälfte ungequetscht einbetten. Bei wenigen Eiern/Tieren zunächst nicht<br />
quetschen, gegebenenfalls nach einer ersten Inspektion noch quetschen.<br />
Die Auswertung am Fluzoreszenz-Mikroskop muss am gleichen Tag durchgeführt<br />
werden. Zur Analyse eines Injektionsblocks von 30 Injektionen muss der Screener<br />
215
II. 4. Material und Methoden<br />
bei der Herstellung der Präparate von einem technischen Mitarbeiter unterstützt<br />
werden.<br />
216<br />
Das Vorgehen bei der Auswertung entspricht der in Schritt 8 angegebenen, au-<br />
ßer der Verwendung eines GFP-Filters. Die Muskulatur, im speziellen die Muskulatur<br />
der Beine wird dabei inspiziert. Bei einer erhöhten Zahl nicht zur Schlupfreife entwi-<br />
ckelter Eier wird durch die Verwendung von DIC-Optik entschieden, ob embryonales<br />
Gewebe nachweisbar ist.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Veränderungen der Eiform und -größe.<br />
! Festhalten früh- und mesoembryonaler Defekte und ihrer Häufikeit.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Muskulatur.<br />
(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />
Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />
Die Verwendung von Hoechst 33342 oder TRITC-markiertem Phalloidin im<br />
Einbettungsmedium könnte die Sensitivität der Analyse früh-embryonaler<br />
Phänotypen verbessern (noch zu testen).<br />
Durch die zusätzliche Verwendung eines RFP-Filters kann im Hauptscreen ein<br />
Defekt des zentralen Nervensystems detektiert werden. Der dafür nötige zusätzliche<br />
Zeitaufwand muss dabei in Betracht gezogen werden.<br />
4.2.3. Larvale Injektion und darauf folgende Auswertungen<br />
Bei Detektion eines Phänotyps werden höchstens fünf digitale Aufnahmen zur<br />
<strong>Dokument</strong>ation festgehalten, in begründeten Ausnahmen (z.B. mehrere unabhängige<br />
Defekte) eventuell auch mehr.<br />
1) Bereitstellung von männlichen Tieren zur Verpaarung<br />
Siehe Punkt 1) bei 4.2.2.<br />
2) Sammeln der Larven zur Injektion<br />
Eine Mischung älterer Larvenstadien mit 700 !m, 600 !m und 500 !m sieben,<br />
das 700 !m-Sieb mit Puppen und Präpuppen entfernen. Nach " h Inkubation haben<br />
sich die Larven der anderen Siebe ausreichend gut getrennt. Larven im letzten<br />
Larvenstadium bleiben im 600 !m Sieb zurück, Larven im 500 !m Sieb sind zu
II. 4. Material und Methoden<br />
injizieren (angenommenes L5- und L6-Stadium). Möglicherweise könnte durch Ver-<br />
wendung eines 650 !m-Siebs die Trennung von L5 und L6 noch verbessert werden.<br />
4.2.1).<br />
(H) Die Larven werden nach Geschlecht sortiert (Y-chromosomaler Marker, s.<br />
3) Injektion (Tag 0)<br />
Injektion von 20 Larven (P) bzw. 10 weiblichen Larven (H) pro Gen. Die Larven<br />
werden in einer Petrischale auf Eis kryoanästhesiert. Je 5 werden mit einem feuchten<br />
Pinsel in eine kalte Metallinjektionsplatte (gefräste Vertiefungen für die Larven; auf<br />
einem kaltem Alublock, siehe Anhang) überführt, injiziert und das pro Gen zweimal<br />
wiederholt. Injiziert wird in der Regel lateroventral zwischen das fünfte und sechste<br />
Abdominalsegment, was nicht immer möglich ist. Als Orientierung für die richtige<br />
Lumenweite der Kapillarspitze dient der Übergang vom distalen, dunklen zum proxi-<br />
malen hellen Bereich der Beinkrallen der L6-Larve.<br />
Es wird injiziert bis die Larve vollständig gestreckt ist. Nach der Injektion werden<br />
die Larven in eine Glaspetrischale auf RT überführt wo sie während der Injektion der<br />
nächsten dsRNA trocknen. Es werden wie in Schritt 3) bei 4.2.2 drei Nadelhalter<br />
verwendet und ebenso mit drei Metall-Injektionsplatten verfahren.<br />
! Besonderheiten beim Verlauf der Injektion festhalten.<br />
4) Analyse der pupalen Morphologie und Verpaarung (Tag 11)<br />
Die Tiere werden abgesiebt und in einen Inspektionsblock (1,5 cm Höhe) über-<br />
führt (zweimaliges Umschütten nötig, wegen der Orientierung!). Die Auswertung<br />
erfolgt an einem Fluoreszenz-Stereomikroskop. Die Tiere werden zunächst nach<br />
Geschlecht getrennt, und die Weibchen von ventral und dorsal auf Auffälligkeiten<br />
untersucht. Beides in Auf- oder Durchlicht und im UV-Licht unter Verwendung eines<br />
GFP-Filters. Es empfiehlt sich die zu untersuchenden Tiere aufzureihen und einem<br />
stereotypen Vorgehen zu folgen (von posterior nach anterior etc.).<br />
(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />
Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />
! Festhalten der Anzahl toter Larven<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Metamorphosekontrolle<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Defekte<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der thorakalen Muskulatur<br />
217
II. 4. Material und Methoden<br />
218<br />
Tiere mit Defekten der Thoraxmuskulatur sollen wenn möglich bis zu Ecdysis<br />
weiter beobachtet (separate Haltung) und gegebenenfalls erneut dokumentiert wer-<br />
den.<br />
Beispielhafte Exemplare interessanter Phänotypen werden in 75% EtOH 25%<br />
Glycerin („strump hapely“; (Lawrence et al., 1986) konserviert. Phänotypen die die<br />
Ecdysis möglicherweise durchlaufen können werden zunächst weiter prozessiert.<br />
5) Verpaarung<br />
(P) 8 der injizierten weiblichen Puppen (sofern vorhanden) werden jeweils einzeln<br />
mit zwei adulten SB-Männchen verpaart.<br />
(H) Die überlebenden Tiere werden mit 4 adulten black-Männchen verpaart.<br />
6) Kontrolle der Ecdysis, Start der Eiablage (Tag 20 – 23)<br />
Dieser Schritt muss in ausreichendem zeitlichen Abstand zur Ecdysis stattfinden,<br />
lässt aber ein relative großes Zeitfenster zu.<br />
(P) Bei erhöhter Letalität im Puppenstadium oder Auffälligkeiten bei der Ecdysis,<br />
Analyse einzelner Tiere am Stereomikroskop.<br />
(H) Bei erhöhter Letalität im Puppenstadium oder Auffälligkeiten bei der Ecdysis,<br />
Analyse im Inspektionsblock (1,5 cm Höhe) am Stereomikroskop.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Metamorphosekontrolle (falls<br />
bei 4) kein Phänotyp beschrieben wurde).<br />
7) Kontrolle der adulten Morphologie und Kontrolle der Eimenge (Tag 23 – 26)<br />
Dieser Schritt findet drei Tage nach 6) statt.<br />
Ablage absieben, Kontrolle der Eimenge.<br />
! Festhalten der Eimenge (0, -, +, ++)<br />
Empfehlung: Die <strong>Dokument</strong>ation des (mit Beschriftung versehenen) Reifungs-<br />
blocks mit einer einfachen Digitalkamera dient als Sicherheit und erlaubt im Notfall<br />
die nachträgliche Kontrolle der Ablagemenge.<br />
Zunächst Kontrolle der Adultmorphologie, dann Kontrolle der Ovarmorphologie.<br />
Weibliche Käfer werden einzeln aus dem Inspektionsblock (H) oder aus der Ein-<br />
zelverpaarung (P) entnommen, durch CO2-Begasung betäubt und ihre Morphologie<br />
untersucht. (H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientie-<br />
rung der Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Defekte<br />
! Festhalten deutlich auffälliger Verhaltensabnormalien<br />
II. 4. Material und Methoden<br />
Beispielhafte Exemplare interessanter Phänotypen werden in 75% EtOH 25%<br />
Glycerin („strump hapely“,(Lawrence et al., 1986) konserviert.<br />
(H) Bei deutlich verminderter Legeleistung werden pro betreffenden Ansatz 4<br />
Weibchen auf das Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getes-<br />
tet (Ovarpräparation). Zumindest ein Tier sollte für die Kontrolle der Stink-Drüsen<br />
zurückbehalten werden.<br />
(P) Bei deutlich verminderter Legeleistung in der Mehrheit der Verpaarungen ei-<br />
ner Injektion werden die betreffenden Verpaarungen (maximal 4 Weibchen) auf das<br />
Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getestet (Ovarpräparati-<br />
on).<br />
Die Ovarpräparation wird wie in 4) beschrieben durchgeführt, es soll aber bei der<br />
Präparation auf das Vorhandensein der abdominalen Stinkdrüsen geachtet werden.<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation potentieller Oogenese- und Ovariogenese-<br />
Phänotypen (kein „held egg“)<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation eventueller Stinkdrüsendefekte.<br />
8) Kontrolle der Stinkdrüsen (6 – 8 Wochen nach Injektion)<br />
Weibliche Käfer werden aus dem Inspektionsblock (H) bzw. aus der Einzelver-<br />
paarung (P) entnommen, durch CO2-Begasung betäubt und auf das Vorhandensein<br />
von Defekten der Stinkdrüsen untersucht. Durch Andrücken des Tieres auf die Unter-<br />
lage spreizen sich die Elytren und das Abdomen wird gestreckt, so dass die abdomi-<br />
nalen Stinkdrüsen gut durch die dünne dorsale Kutikula erkennbar sind (Empfehlung:<br />
Verwendung einer „zweizinkigen Holzgabel“, die genug Druck aufbaut, ohne das Tier<br />
zu verletzen).<br />
! Festhalten der Anzahl toter Käfer<br />
! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation eventueller Stinkdrüsendefekte.<br />
219
Allgemeine Diskussion<br />
Allgemeine Diskussion<br />
In den beiden Kapiteln der vorangegangenen Arbeit wurden unterschiedliche An-<br />
sätze zur Untersuchung von Entwicklungsprozessen in Tribolium castaneum verfolgt.<br />
Beide Herangehensweisen nutzten dabei die Verfügbarkeit systemischer RNAi-<br />
Anwendungen in Tribolium, um Genfunktionen zu analysieren. Die Möglichkeit durch<br />
einfache Injektion von doppelsträngiger RNA die Expression eines beliebigen Prote-<br />
ins zu jeder Zeit und in praktisch jedem Gewebe zu reduzieren, ist einer der Haupt-<br />
vorteile von Tribolium als Insekten-Modellsystem und ermöglichte den Großteil der<br />
Tribolium-Studien der letzten zehn Jahre.<br />
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wurde vor allem die sehr gut etablierte parentale<br />
RNAi genutzt (Bucher et al., 2002), um die Funktion von nanos und pumilio für die<br />
Embryonalentwicklung in Tribolium zu untersuchen. Dabei konnte ich zeigen, dass<br />
beide Gene eine Rolle für die Entwicklung abdominaler Segmente spielen und offen-<br />
bar mit dem terminalen System interagieren. Außerdem wurde ein Einfluss auf die<br />
Entwicklung von Kopfsegmenten festgestellt. Diese Befunde zeigen, dass die Rolle<br />
von nanos und pumilio in Tribolium nicht direkt mit ihren Aufgaben für die frühe<br />
blastodermale Regionalisierung in Drosophila vergleichbar ist (Nüsslein-Volhard et<br />
al., 1987). Zudem konnte ich zeigen, dass beide Gene nicht, wie bisher vermutet<br />
(Schröder, 2003), für die posteriore Repression der ORTHODENTICLE-1-Expression<br />
verantwortlich sind.<br />
Diese Ergebnisse verdeutlichen zwei wichtige Schwierigkeiten der vergleichen-<br />
den Entwicklungsbiologie in Tribolium. Erstens werden trotz großer Gemeinsamkei-<br />
ten zunehmend Unterschiede zwischen der Embryonalentwicklung von Drosophila<br />
und Tribolium deutlich. Gene wie nanos und pumilio sind zwar an ähnlichen Prozes-<br />
sen wie in Drosophila beteiligt, ihre Rolle ist jedoch weniger fundamental und in<br />
diesem Fall erfüllte sich die Hoffnung nicht, durch die Untersuchung dieser Kandida-<br />
tengene eine zentrale posteriore Determinante in Tribolium aufzudecken. Andere<br />
Gene, wie z.B. knirps oder hairy spielen in Tribolium sogar eine deutlich geringere<br />
Rolle als in Drosophila (Aranda et al., 2008; Cerny et al., 2008) und mittlerweile<br />
wurden auch Beispiele für Faktoren gefunden, die wiederum in Drosophila keine zu<br />
Tribolium vergleichbare Funktion erfüllen, wie z.B. mille-pattes oder mex-3 (Savard et<br />
al., 2006a; Schoppmeier et al., 2009).<br />
221
Allgemeine Diskussion<br />
222<br />
Zweitens zeigten die Arbeiten an nanos und pumilio Lücken auf, die momentan<br />
nicht durch eventuelle Funktionen bereits aus Drosophila bekannter Faktoren erklärt<br />
werden können. So bleibt beispielsweise unklar, wie die Expression von OTD-1<br />
reguliert wird. Die anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi legen außerdem die<br />
Beteiligung eines bisher unbekannten anterioren Faktors nahe. Solche Lücken<br />
offenbaren sich auch in anderen Zusammenhängen, wie beispielsweise der Regula-<br />
tion des CAUDAL-Repressors mex-3 (Schoppmeier et al., 2009).<br />
In diesem Kapitel wurden also etablierte Methoden verwendet um die Funktion<br />
zweier aus Drosophila bekannter Faktoren in Tribolium zu untersuchen. Dabei zeig-<br />
ten sich anhand der Ergebnisse die Schwächen dieses auf Kandidaten-Genen aus<br />
Drosophila basierten Ansatzes.<br />
Im zweiten Kapitel wurden sowohl parentale als auch larvale RNAi (Tomoyasu<br />
und Denell, 2004) verwendet, um ein Vorgehen zu entwickeln, das die Limitierungen<br />
dieses Kandidaten-Gen-Ansatzes überwinden kann. Dabei konnte ein Protokoll für<br />
den genomweiten Einsatz pupaler und larvaler RNAi entworfen und in einem Pilot-<br />
screen getestet werden, das im Rahmen des geplanten iBeetle-Projekts die Analyse<br />
aller Tribolium-Gene auf ihre Funktion in embryonalen und postembryonalen Ent-<br />
wicklungsprozessen ermöglichen wird.<br />
Durch dieses Vorgehen wird es möglich sein Gene zu identifizieren, die eine Rol-<br />
le für die Embryonalentwicklung Triboliums spielen, in diesem Zusammenhang aber<br />
nicht aus Drosophila bekannt sind. So könnten solche Gene beispielsweise durch<br />
technische Schwierigkeiten wie unvollständige Saturation oder dem Vorhandensein<br />
von maternaler und zygotischer Aktivität in genetischen Screens unentdeckt geblie-<br />
ben sein. Oder sie haben ihre Funktion in Drosophila verloren bzw. dort oder in<br />
Tribolium ihre Funktion verändert und sind somit nur aus anderen Zusammenhängen<br />
bekannt. Schließlich könnten solche Faktoren auch im Laufe der Fliegen-Evolution<br />
verlorengegangen sein, aber trotzdem anzestrale Gene darstellen, die somit in<br />
Tribolium untersucht werden könnten. Diese Annahme wird durch den Befund ge-<br />
stützt, dass die Genomsequenz von Tribolium einer langsamer verlaufenden evoluti-<br />
onären Veränderung unterlag als die von Drosophila und sich viele Vertebraten-<br />
Gene finden lassen zu denen ein Tribolium- aber kein Drosophila-Ortholog existiert<br />
(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />
Somit wird iBeetle mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidatengene liefern, die auch<br />
bei der Aufklärung der noch offenen Fragen über die blastodermale Musterbildung
Allgemeine Diskussion<br />
und Achsendetermination helfen können. Zudem werden Kandidatengene für neue<br />
Forschungsrichtungen gefunden werden und die Beschränkungen des Drosophila-<br />
basierten Kandidaten-Gen-Ansatzes durch die Schaffung einer breiten funktionellen<br />
Tribolium-Datenbasis in mehreren Bereichen überwunden werden.<br />
Beide in der vorliegenden Arbeit präsentierten Projekte haben ihren Beitrag zur<br />
Weiterentwicklung Triboliums als Modellsystem geleistet und stellen auf unterschied-<br />
liche Art und Weise einen Anknüpfungspunkt für zukünftige Forschungprojekte dar.<br />
223
Anhang<br />
1. Sequenzen<br />
1.1. nanos (TC030446)<br />
Putative Proteinsequenz<br />
Anhang<br />
MSFNNYNKTPKCYDSPTLRNQQFSNVLRSIENVQPPPPSPSFYQNQPIKFQNQQFSQDVENYQRPKI<br />
CTLCWKNCETPEVFQSHTVKAEDGRVTCPILRRHICDICGATGDYAHTRRHCPNFVQNEEVIRPKPKY<br />
KVLSNGKTTKFINH<br />
Fragment für dsRNA-Injektionen<br />
CCCCAAAATGTTACGACTCCCCAACGCTCCGAAATCAACAGTTTTCCAACGTTTTACGAAGCATC<br />
GAAAATGTTCAACCACCACCACCATCCCCCAGTTTCTATCAAAACCAAGCAATAAAATTTCAAAAT<br />
CAACAATTTTCGCAAGATGTTGAAAGTTATCAACGACCGAAAATCTGCACTCTGTGCTGGAAAAAC<br />
TGTGAAACGCCTGAAGTATTTCAATCGCATACTGTAAAAGCCGAAGATGGGAGAGTTACTTGTCC<br />
GATTTTAAGACGGCATATTTGCGATATATGTGGGGCTACGGGCGATTATGCCCACACTCGACGCC<br />
ACTGCCCCAATTTTGTGCAAAACGAAGAAGTGATTCGACCCAAACCAAAATACAAGGTTTTGTCCA<br />
ACGGGAAAACGACCAAATTTATCAACCACAAGTAATTTATTGCATTGTTTATTCGATACGCACTTTA<br />
TAATCCGTTTTGTGAATTTATTCAATAAACTTTTTACACACAAAAATTCAGCCTCGTTTATTAAAACT<br />
ATCAATCTCGTCAAAAAAAAAAATAATAAGAAAACCGAATGGAAATCTTTTTCTTTTAATGTAAGAG<br />
CTGAGACTGTGGGTGTAAAGGGACGGGTTAAGCTGAGTGAAATAAAACGAGCTTTGTTGTAGTTT<br />
TATTTATAATGGCGGTCGCTTAACATTGTGAACTAACACTTATATTATTATAAAAGTAAATGGTACC<br />
TATTTACATTAGTTATAAAAACTTAAATAATTGACTAACTCGAGAAAATAGGGAATTATCATGTTATA<br />
TACAATGTAATTTGG<br />
1.2. pumilio (TC005073)<br />
Putative Proteinsequenz<br />
MMLQLVMFSKDNQTQNFHLSDQSSCVGLLETTNHDKWKYPVNSKVGTPPNSMSYIGASSTMPGLYD<br />
LGQNKSIPSEHLVYMSNQIPGGMHMHPQYLQQPLTPQMQMRQGPIAPAAKKLWGLEAKDAKSLALN<br />
HLNHEQVWRDSTWAAPEHAVSASLAMGRRGGFVGGDTGSILSPRGSDNGGLGVKMVEYVLGGSPT<br />
NKDNIGLEPRMRALHLVDDKDKDKPQSPKEEVNGQAVQNGQVSEDEKGFNRTPGSRQPSPAEEELT<br />
KNGISLDPTVVVMKPQEQLPPHLQHHHLPPHLAPHLGVTLTESVNQQFDHFEQPPPAPYDQQPHQY<br />
PPPPPQQHQVDSAVLQQQQHNFDVQAPAALLDPLDYRQTPTCLKMLPKRYINVHQWLGPVCPKDLK<br />
AQLQLFRSQQTQAATPSGAAQLQLLQQQQQYLAQQQQQAAFPQPPYVLNHQQEPSYLITAGVPQYY<br />
GVGPWVYPAPANLIQQGASNGARRPLTPNGTAEAQQQVQPQVPGGYIVPYYDQNTPILMAQGAAMR<br />
NGTPMRLVSPAPVLVQPQANRQTPAGASLYSSTPQSLYGANVNTSVNGGTLGGVAQGVGSGLFPPL<br />
HAAPPSAPFGSSSLGNIGSSATTTSLHTGLGLNTTSSGRRDSFDRNTSAFSPSLDYRQKWPTSYNIGS<br />
SPSPLTGSLTPPPSAPLQLGGLMTSRVLSAAPGAEAKYRNSVAAGLTTNAMFGSTNSLFTKINSSLST<br />
VPSSLDKGQQGRSRLLEDFRNNRYPNLQLRDLANHIVEFSQDQHGSRFIQQKLERASATEKQMVFNE<br />
ILSAAYNLMTDVFGNYVIQKFFEFGTAEQKTTLAQKVRGHVLPLALQMYGCRVIQKALESIPPEQQQEI<br />
VRELDGHVLKCVKDQNGNHVVQKCIECVDPNALQFIIQSFSGQVYTLSTHPYGCRVIQRILEHCTPEQ<br />
TAPILAELHQHTDQLIQDQFGNYVIQHVLEHGKPEDKSQLISSVRGKVLALSQHKFASNVVEKCVTHAT<br />
RAERALLIEEVCGFNDNALHVMMKDQYANYVVQKMIDVSEPTQRKVLMHKIRPHLNSLRKYTYGKHII<br />
AKLEKYFMKTPGSMGSIGGELGPIGPPTNGVL<br />
Fragment für dsRNA-Injektionen<br />
CAATCACATCGTGGAGTTCTCGCAGGACCAGCACGGGTCGCGGTTTATCCAACAGAAGTTAGAA<br />
CGGGCTTCGGCGACCGAAAAACAGATGGTTTTTAATGAAATTTTATCGGCAGCTTATAATCTTATG<br />
ACTGACGTCTTCGGCAATTATGTTATACAAAAATTCTTCGAATTCGGGACCGCTGAACAGAAGAC<br />
GACGTTGGCGCAGAAAGTCAGAGGTCACGTGCTTCCATTAGCTCTACAAATGTATGGTTGTCGG<br />
GTCATTCAAAAGGCTCTCGAATCGATTCCGCCTGAACAACAGCAAGAAATTGTGAGAGAATTGGA<br />
CGGGCATGTTTTGAAGTGCGTCAAGGACCAAAACGGAAATCATGTGGTCCAAAAGTGCATCGAAT<br />
GTGTCGACCCCAACGCCTTGCAGTTTATTATTCAGTCATTCTCGGGGCAAGTGTACACGTTATCG<br />
225
Anhang<br />
ACCCATCCGTACGGCTGCCGGGTCATTCAACGCATTTTAGAGCATTGCACACCTGAGCAGACTG<br />
CTCCAATTTTAGCCGAATTGCACCAACACACCGATCAGTTGATCCAGGATCAGTTTGGAAACTAT<br />
GTCATCCAGCATGTGTTGGAACACGGAAAGCCCGAAGATAAGAGTCAGCTGATTAGCAGCGTGA<br />
GAGGGAAAGTTTTAGCTTTAAGTCAGCATAAATTCGCCAGTAACGTCGTCGAGAAGTGCGTCACT<br />
CACGCGACCCGGGCCGAGAGGGCGCTACTAATCGAGGAAGTGTGTGGATTTAACGACAATGCTC<br />
TCCATGTCATGATGAAAGATCAGTATGCGAATTACGTGGTTCAAAAAATGATAGACGTGAGTGAG<br />
CCAACACAGCGAAAGGTGTTGATGCATAAAATCAGGCCTCATCTTA<br />
1.3. brain-tumor (TC008260)<br />
Putative Proteinsequenz<br />
MASPTPSIESLPRANSIGSFGDQADYLSLSPLEDSPLSVSGSSPPVSDSVDRDSDPSELHCQQCREP<br />
VADPKLLACFHTFCNPCLEKNKLICPRCNSESIEGILNSLLFSSDSTTDSFHPTVRCTGCKTKKLDAVA<br />
RCVDCANYLCPNCVMAHQFMHCFEGHRVVNLNEIKDESKNGLISNSTITNGENKNTVCPRHKGELLK<br />
YFCRTCSIPICKECLNLEHPAGIHEYEHISEAAPKQVEAIQHAVQEAKTKATDIRNILKNVEHVSSRLQV<br />
QYHKAQNEINDTFMFYRSMLEERKQELLKELESVFSAKQISLGVATQKGQETVEQIYKTCEFVERLNK<br />
CATIVEILMIRKLLDTKLQGLLSYNIDQSVQSACELEFVSNYQAIQVGVRNTFGYVRSNSEAVVGPSKQ<br />
PPIARPTGGSSSSGSSVNGSSGSLNGGIHCPFTISGSSQSTSPFESNIISKRFSSANSLGPFSTTIGDLN<br />
LNGINPYEKWSNGGTDTMFQNGSSDPYSLTSTGHTDPMLDLTSKLMSTAIFPPKSQIKRQKMIYHCKF<br />
GEFGVMEGQFTEPSGVAVNAQNDIIVADTNNHRIQIFDKEGRFKFQFGECGKRDGQLLYPNRVAVVR<br />
TSGDIIVTERSPTHQIQIYNQYGQFVRKFGANILQHPRGVTVDNKGRIVVVECKVMRVIIFDQTGTVLQK<br />
FGCSKHLEFPNGVVVNDKQEIFISDNRAHCVKVFSYEGVYLRQIGGEGITNYPIGVGINANGEILIADNH<br />
NNFNLTIFTQDGQLVSALESKVKHAQCFDVALMDDGSVVLASKDYRLYIYRYVQVPPIGL*<br />
Fragment für dsRNA-Injektionen<br />
GCAAGTTCGGCGAGTTTGGCGTGATGGAAGGCCAGTTTACTGAGCCGAGCGGTGTTGCGGTCAA<br />
CGCTCAAAACGACATCATCGTCGCCGACACGAACAATCATCGAATCCAGATCTTTGACAAAGAGG<br />
GCCGCTTCAAGTTCCAATTCGGCGAGTGCGGGAAACGCGACGGCCAGCTCCTGTATCCGAATCG<br />
CGTCGCTGTCGTGCGTACCTCAGGCGATATCATCGTCACGGAGCGTTCGCCCACGCACCAGATC<br />
CAAATCTACAACCAATACGGACAGTTTGTGCGAAAGTTCGGCGCCAACATCCTGCAGCATCCGC<br />
GCGGCGTCACCGTCGACAACAAAGGCCACATCGTCGTCGTCGAGTGCAAAGTGATGCGTGTGAT<br />
CATTTTCGACCAAACCGGGACCGTGCTGCAAAAATTCGGCTGTTCTAAGCACTTGGAGTTCCCGA<br />
ACGGTGTCGTCGTCAACGACAAGCAGGAGATTTTCATCAGCGATAATCGTGCTCACTGCGTCAAG<br />
GTGTTCAGTTACGAGGGTGTTTATCTGCGACAAATCGGAGGCGAAGGCATCACCAACTATCCGAT<br />
TGGTGTCGGTATCAATGCCAATGGCGAGATTCTGATCGCCGATAACCACAACAACTTCAACTTGA<br />
CCATCTTCACCCAAGACGGACAGTTGGTGTCCGCGTTAGAGAGCAAAGTGAAGCACGCCCAATG<br />
TTTC<br />
226
1.4. Potentielle Nanos-Response-Elemente<br />
Abb. 40: Sequenzvergleich veröffentlichter und potentieller NRE<br />
Anhang<br />
cDNA-Sequenzen aus den 3’-UTR-Bereichen (gt, Kr, tll, fkh) oder den putativen 3’-UTR-<br />
Bereichen (kni, cic) einiger Tribolium Gene wurden mit bekannten NRE verglichen. Fett<br />
gedruckt sind zwischen den bereits veröffentlichten NRE konservierte Nukleotide. Farbig<br />
hervorgehoben sind Nukleotide die als wesentlich für die Bindung in vitro oder die Funktion<br />
in vivo beschrieben wurden. grün: wichtig für Funktion (Curtis et al., 1997), türkis: wichtig für<br />
PUM-Bindung, rot: wichtig für Funktion (Sonoda und Wharton, 1999), orange: wichtig für<br />
NOS-Bindung (Sonoda und Wharton, 1999), blau: wichtig für PUM-Bindung (Murata und<br />
Wharton, 1995). In violett sind die Nukleotide hervorgehoben (nur beispielhaft in der Musca-<br />
Sequenz), die in einem Screen nach PUM-bindenden RNAs als Konsensus-Sequenz identifiziert<br />
wurden (Gerber et al., 2006). Diese Sequenz stellt die von Puf-Proteinen gebundene<br />
„Core“-Sequenz dar, wie sie in Kristallisationsexperimenten mit einem menschlichen PUM-<br />
Homolog bestimmt (Wang et al., 2002) und im wesentlichen für ein C. elegans-Protein<br />
bestätigt wurden.<br />
1 : (Wharton und Struhl, 1991) 2 : (Patel et al., 2001) 3 : (Wolff et al., 1995) 4 : (Schröder, 2003);<br />
227
Anhang<br />
2. Ergänzende Ergebnisse zu nanos/pumilio pRNAi<br />
2.5. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente I<br />
Tab. 10: Verteilung der Phänotypen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />
Phänotyp Wildtyp schwach stark unspezifisch unklar<br />
dsRNA total n % n % n % n % n %<br />
nanos 179 81 45,3 51 28,5 41 22,9 4 2,2 2 1,1<br />
pumilio 65 4 6,2 35 (9) 53,8 18 27,7 0 0,0 8 12,3<br />
nanos + pumilio 60 0 0,0 9 (9) 15,0 48 80,0 3 5,0 0 0,0<br />
dsred (Kontrolle) 295 275 93,2 0 0 0 0,0 19 6,4 1 0,3<br />
Ergebnisse der phänotypischen Auswertung einzelner RNAi Experimente. Die geringere<br />
Gesamtzahl nach pum oder nos/pum Injektionen ist auf reduzierte Eiproduktion zurückzuführen.<br />
“schwach”: Larven mit reduzierter Zahl an Abdominalsegmenten, oder (selten)<br />
Veränderungen der Mundwerkzeuge (Kopfdefekte ohne Abdominaldefekte nur nach nos<br />
RNAi, in 6 von 51 Fällen). „stark“: Larven mit anterioren und posterioren Defekten. In<br />
Klammern steht die Zahl derjenigen Larven der Kategorie “schwach” bei denen ein<br />
anteriorer Phänotyp nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, weshalb sie als<br />
“schwach” statt “stark” gewertet werden mussten. “Unspezifisch” sind natürlicherweise<br />
auftretende Defekte, “unklar” Larven die wegen Präparationsartefakten nicht auswertbar<br />
waren.<br />
2.6. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente II<br />
Tab. 11: Ausprägung der Kopfdefekte nach nanos- und pumilio-RNAi<br />
Phänotyp - schwach intermediär stark<br />
dsRNA total n % n % n % n %<br />
nanos 92 45 48,9 27 29,4 17 18,5 3 3,3<br />
pumilio 44 26 59,1 15 34,1 3 6,8 0 0,0<br />
nanos + pumilio 48 0 0,0 2 4,2 17 35,4 29 60,4<br />
Ergebnisse der phänotypischen Auswertung einzelner RNAi Experimente. „schwach“: Es<br />
treten nur Transformationen auf. „intermediär“: Es treten Transformationen und in einzelnen<br />
Segmenten auch Deletionen auf. „stark“: Es treten Deletionen im mandibulären und<br />
antennalen Segment auf, selten gepaart mit Transformationen. Die Transformationen<br />
nach pum oder nos/pum RNAi sind in der Regel partielle Transformationen von Mandibeln<br />
zu möglicherweise maxillärem Schicksal, nach nos RNAi partielle Transformationen<br />
der Labialpalpen zu beinähnlichen Strukturen.<br />
228
2.7. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente III<br />
Abb. 41: Verteilung der abdominalen Phänotypen nach pRNAi<br />
Anhang<br />
Es wird deutlich, dass sowohl in Folge der Einzel- als auch der Doppel-RNAi mit nanos und<br />
pumilio der Großteil der Larven noch 5 – 7 abdominale Segmente ausbildet. Gezählt wurden<br />
Larven mit unregelmäßiger abdominaler Segmentierung und klar bestimmbarer Zahl der<br />
abdominalen Semente. Die Verteilung ist repräsentativ für typische Injektionen. Basis der<br />
Grafik sind die Zahlen in Tab. 12.<br />
Tab. 12: Abdominale Phänotypen nach nos/pum-pRNAi<br />
A8 A7 A6 A5 A4 A3 keine Summe<br />
nos RNAi 4 17 30 20 7 7 1 86<br />
pum RNAi 1 12 19 10 1 43<br />
nos+pum<br />
RNAi<br />
1 2 16 14 2 35<br />
Ergebnisse der Auswertung larvaler Phänotypen nach pRNAi. Angegeben ist<br />
das posteriorste, noch ausgebildete abdominale Segment zweifelsfrei analysierbarer<br />
larvaler Kutikulas als Ergebnis representativer RNA Injektionen.<br />
Terminale Strukturen wurden nicht einbezogen.<br />
229
Anhang<br />
3. Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitschritte<br />
Tab. 13: Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitsschritte<br />
Arbeitsschritt Zeitaufwand pro dsRNA Zeitaufwand für 30/23 dsRNAs<br />
pupaler Screen<br />
Injektion (inkl. Vorbereitung) 19,5 min 9 h 45 min<br />
Injektion 11 min 5 h 30 min<br />
Vorbereitung (Puppen sortieren,<br />
Aufkleben etc.)<br />
230<br />
8,5 min 4 h 15 min<br />
Transfer 2,5 min 1 h 15 min<br />
Sieben - 40 min<br />
Kutikula-Präparate anfertigen 6 min 3 h<br />
Kutikula-Präparate auswerten 12 min 6 h<br />
Muskel-Präparate anfertigen 6,5 min 3 h 15 min<br />
Muskel-Präparate auswerten 9 min 4 h 30 min<br />
Präparation potentieller Ovar-<br />
Phänotypen<br />
larvaler Screen<br />
3 min 1 h 30 min<br />
Injektion 15 min 5 h 45 min<br />
Pupale Analyse 18 min 6 h 54 min<br />
Schlupfkontrolle 4,5 min 1 h 44 min<br />
Adulte Analyse 12 min 4 h 35 min<br />
Stinkdrüsenkontrolle 4 min 1 h 32 min<br />
Die angegebenen Zeiten sind Durchschnittswerte, die während der Durchführung des Pilot-<br />
Screens ermittelt wurden. Diese wurden in der zweiten Spalte für 30 (pupaler Screenteil)<br />
bzw. 23 (larvaler Screenteil) Injektionen/Gene/dsRNAs extrapoliert.
4. Alublöcke für larvale Injektionen<br />
Abb. 42: Maße der für die larvalen Injektionen verwendeten Aluminiumblöcke<br />
Anhang<br />
A Injektionsplatte. Die Larven werden in fünf 1 mm breite und 10 mm lange Vertiefungen<br />
(Tiefe: 1 mm) platziert und dort injiziert.<br />
B Dieser Block wird gekühlt in einem Zeiss Stereomikroskop platziert und hält die Temperatur<br />
ausreichend für die Injektion einer dsRNA. Auf Eis kann der Block in wenigen Minuten<br />
wieder gekühlt werden.<br />
231
Anhang<br />
5. Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Pilot-Screens<br />
Tab. 14: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens<br />
Pupale Injektion Larvale Injektion<br />
Adult letal/kachektisch 21 Larval letal 21<br />
früh-embryonal letal/nicht befruchtet 6 Adult letal 6<br />
Meso-embryonal letal 1 Metamorphose Block I 1<br />
gemischt embryonal letal 2 Metamorphose Block II 2<br />
starker Musterbildungsdefekt 1 Metamorphose Block III 1<br />
Segmentierung 1 Pupaler Flügeldefekt 4<br />
Borstenmusterdefekt 1 Pupaler Kopfdefekt 1<br />
Kopfdefekt 2 Defekt der Thoraxmuskulatur 1<br />
Beindefekt 1 Adulter Flügeldefekt 1<br />
232<br />
Adulter Beindefekt 1<br />
Stinkdrüsendefekt 1<br />
Oogenesedefekt 1 Oogenesedefekt 1<br />
Ovaratrophie 5 Ovaratrophie 3<br />
Nekrotisches Gewebe 1<br />
Andere 1<br />
Kein Phänotyp 42 Kein Phänotyp 40<br />
! 42 Phänotypen in 42 Injektionen ! 46 Phänotypen in 40 Injektionen
233<br />
6. Liste der im Pilot-Screen injizierten Fragmente<br />
Seq. #<br />
Insert<br />
(bp)<br />
RNA<br />
# Gen (NCBI o. GLEAN) Acc. # (NCBI) GLEAN #<br />
bester D.m. Hit<br />
(Acc.#, BlastX) protein e-value<br />
Phänotyp pupale<br />
Injektion (Penetranz)<br />
a21 1400 1 similar to Exportin 1 XM_968740 12162 NP_723391 embargoed 2,00E-11 adult lethal (100 %)<br />
a31 800 2<br />
similar to eukaryotic<br />
translation initiation factor<br />
3, subunit 12 XM_968233 7178 NP_611604 CG10306 1,00E-65 - -<br />
124 550 3 similar to predicted protein XM_962797 3920 NP_649293 CG12975 5,00E-22 oogenesis<br />
a15 1350 5<br />
113 800 6<br />
similar to AGAP005116-<br />
PA (coiled-coiled domain<br />
containing?) XM_970351 8842 NP_726051 CG30390 5,00E-83 - -<br />
similar to kynurenine<br />
aminotransferase XM_961781 11119 (w. gap) NP_650121<br />
CG6950,<br />
isoform B<br />
1,00E-<br />
106 - -<br />
29 800 7 GLEAN_08250 - 8250 NP_608350 CG12531 1,10 - -<br />
a16 550 8 similar to rac XM_962956 7747 (w. gap) NP_647718 CG15877 2,00E-10<br />
33 630 9<br />
gene without clear<br />
homologs<br />
no NCBI<br />
annotation no GLEAN<br />
early embryonic<br />
lethal/not fertilized<br />
(100 %)<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001983639 3,60 legs, head (30/90 %)<br />
Phänotyp larvale<br />
Inj.(Penetranz) Beschreibung<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
pupal appendages<br />
(wings; 80 %)<br />
pupal appendages<br />
(wings; 80 %)<br />
stink glands (40<br />
%)<br />
106 850 10 similar to calcineurin B XM_970177 7534 NP_524874 calcineurin B2 1,00E-88 - adult lethal (66 %)<br />
a30 850 11 similar to translin<br />
no NCBI<br />
annotation 9885 NP_610591 translin 8,00E-66 segmentation (30 %) -<br />
eggs accumulating in<br />
ovarioles/elytra membranous?<br />
membranous deleted?,<br />
antennae shortened, legs sticky<br />
outer rim of elytra slightly bent<br />
upwards<br />
several show one or more legs<br />
or/and antennae tilted inside<br />
the body; most of them and<br />
some others show diff.<br />
misshapings of the hindgut;<br />
alterations of gena triplet: closer<br />
to each other and closer to the<br />
vertex triplet, the bell row<br />
seems to be reduced/prothoracic<br />
stink glands<br />
seem melanotic, but in one it<br />
was gone after co2 anaesth<br />
and pressure; both SPM had no<br />
offspring<br />
anterior defects, ranging from<br />
deletion of some thoracic or<br />
head segments to deletion of<br />
head and thorax and "cuticle<br />
balls",; not dev is increased<br />
Anhang
234<br />
134 900 14<br />
similar to D123 (cdc123)<br />
gene product XM_962202 4132<br />
a25 750 15 hypothetical LOC658140 XM_971179<br />
142 700 16<br />
a07 750 18<br />
06107<br />
(partial?)<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001660790<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
2,00E-32 - -<br />
XP_001911083 3,20 - oogenesis (50 %)<br />
similar to smt3 CG4494<br />
(prot bind, ap patterning)<br />
ribosomal protein L7e<br />
XM_965688 3790 NP_477411 smt3<br />
ribosomal<br />
6,00E-39 adult lethal (100 %)<br />
XM_969254 2951 NP_523531 protein L7 1,00E-51 adult lethal (100 %)<br />
46 1700 19 similar to thickveins XM_965585 6474 NP_787990<br />
82 550 20<br />
a23 1400 21<br />
51 1600 22<br />
thickveins,<br />
isoform C 9,00E-82 starved (100 %)<br />
similar to lethal (3) 87Df<br />
CG7620 XM_962830 12336 NP_524942 lethal (3) 87Df 1,00E-06 -<br />
similar to CG15786<br />
(unknown function) XM_967940 15490 ACQ57830 IP21342p 3,00E-54 - -<br />
similar to CG14435<br />
(protein binding; zinc ion<br />
binding) XM_965538 11545 (partial) NP_572359 CG14435 1,00E-48 - -<br />
larval lethal (90<br />
%)<br />
larval lethal (90<br />
%)<br />
larval lethal<br />
(metamorph.<br />
block I below<br />
50%)<br />
small ovary, adult<br />
lethal (1 of 1/75<br />
%)<br />
30 1500 25<br />
similar to CG17593<br />
(coiled-coil domain<br />
containing 47) XM_963528 5820 NP_608786 CG17593 2,00E-98 - adult lethal (75 %)<br />
larval lethal (100<br />
111 1250 26 similar to Bmsqd-2 XM_971104 928 CAA44504 hrp40.2 2,00E-78 adult lethal (100 %) %)<br />
118 450 27<br />
a26 1400 30<br />
a13 1450 31<br />
GLEAN_8888 (low<br />
similarity to mammalian<br />
dedicator of cytokinesis 3)<br />
no NCBI<br />
annotation 8888<br />
similar to putative<br />
accessory gland protein XM_971100 4988<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001493405<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
0,84 - -<br />
ABG01786 3,00E-06 - -<br />
similar to CG10222<br />
(nucleotide binding, fct<br />
unknown) XM_970185 2915 NP_648641 CG10222 5,00E-47 adult lethal (100 %)<br />
128 550 32 similar to growl CG14648 XM_961388 12407 (w. gap) NP_730830 growl, isoform B 0,007 - -<br />
22 900 33<br />
similar to Cuticular protein<br />
66D XM_001816297 8767 NP_729400<br />
cuticular protein<br />
66D 5,00E-08 - -<br />
larval lethal (78<br />
%)<br />
1 held egg, 2 WT? (scope: WT)<br />
no Pupation, even at 12 dai; 7<br />
died early, 1 as late larva;<br />
larvae have through shining<br />
cuticles; larval epidermal GFP<br />
expr seems to be reduced<br />
very small ovary<br />
Anhang
235<br />
112 500 35<br />
139 1100 36<br />
123 900 38<br />
88 1800 39<br />
62 1300 40<br />
138 800 41<br />
similar to CG14959 (chitin<br />
binding) XM_967188 9887 (w. gaps) NP_995986<br />
CG14959,<br />
isoform C 4,00E-40 - -<br />
similar to GA21389<br />
(copper binding,<br />
cytochrom c oxidase<br />
assembly?) XM_964262 12108 NP_608884 CG8885 1,00E-85 starved (100 %)<br />
similar to succinate<br />
dehydrogenase XM_967320 992 (w. gap) NP_650047 CG6666 3,00E-27 starved (100 %)<br />
similar to heterogeneous<br />
nuclear ribonucleoprotein<br />
U-like 1 XM_962401 3021 ABV82195 GH01011p 2,00E-06<br />
metamorphosis<br />
block II (100 %)<br />
larval lethal (90<br />
%)<br />
early embryonic<br />
lethal/not fertilized<br />
(100 %) other (100 %)<br />
similar to glucuronyltransferase<br />
I XM_969551 7027 NP_726910 GlcAT-I 2,00E-38 bristle pattern (50 %)<br />
similar to X box binding<br />
protein-1 XM_968587 12878 AAL13348 GH09250p 0.002<br />
67 1700 43 similar to nuclear fallout XM_969969 3516 NP_001034006<br />
a03 450 44<br />
66 1600 45<br />
127 700 47<br />
83 1500 48<br />
GLEAN (low similarity to<br />
CG12531, amino acid<br />
transmembrane<br />
transporter)<br />
similar to Protein<br />
phosphatase XM_968453<br />
adult lethal, small<br />
ovary (60/75 %)<br />
nuclear fallout,<br />
isoform F 7,00E-40 head (30 %) -<br />
no NCBI<br />
annotation 8250 NP_608350 CG12531 0.57 - -<br />
5366<br />
(incomplete?) NP_476805 microtubule star<br />
similar to AGAP012549<br />
(osiris 19) XM_964122 12822 AAT94470 RE01054p 2,00E-28<br />
similar to ADP ribosylation<br />
factor 79F XM_963294 12647 NP_476955<br />
5,00E-<br />
164 adult lethal (100 %)<br />
mixed embryonic<br />
lethal (30 + 30 %) -<br />
ADP ribosylation<br />
factor 79F 2,00E-99 adult lethal (100 %)<br />
91 1600 49 similar to RAS XM_963733 14613 NP_730950 rheb, isoform A 9,00E-56<br />
47 1600 51<br />
78 1700 53<br />
114 650 55<br />
similar to AGAP006173-<br />
PA XM_962354 12411 NP_610165 CG10465 5,00E-43<br />
mixed embryonic<br />
lethal (20 + 40 %)<br />
adult lethal/starved (87<br />
%)<br />
similar to smooth muscle<br />
caldesmon XM_967986 6147 (w gap) NP_648781 CG12301<br />
ubiquitin<br />
1,00E-18 adult lethal (100 %)<br />
similar to ubiquitin-<br />
conjugating<br />
conjugating enzyme E2I XM_966712 15328 NP_477414 enzyme 10 9,00E-60 small ovary (100 %)<br />
pupal appendages<br />
(wings; 90 %)<br />
larval lethal (68<br />
%)<br />
larval lethal (94<br />
%)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
necrotic<br />
processes (90 %)<br />
metamorphosis<br />
block I (90 %)<br />
larval lethal (89<br />
%)<br />
adult lethal (100<br />
%)<br />
larvae fail to pupate and die as<br />
prepupa w pupal features<br />
(muscle, eyes)<br />
gfp is downreg everywhere<br />
apart from the brain<br />
bristle arrangment defects<br />
dorsal/pupal lethal, elytrae<br />
misshaped, look like burst in<br />
strong phenotypes<br />
3xsmall ovaries without growing<br />
Oozytes<br />
antenna bristle missing, some<br />
with vertex and gena<br />
abnormalties<br />
necrotic (?) processes at the<br />
dorsal midline (heart?)<br />
delayed pupation (18 dai still 3<br />
larvae alive)? Died as L7 (21<br />
dai all dead) without pupal<br />
features<br />
Anhang
236<br />
77 1500 57<br />
gene without homologs<br />
(UTR?)<br />
no NCBI<br />
annotation no GLEAN no BLAST-X hit - - - -<br />
54 1300 58 similar to gp150 protein XM_963069 1743 AAM11421 SD01674p 8,00E-07 - -<br />
73 900 59<br />
similar to growth<br />
hormone-inducible<br />
transmembrane protein,<br />
transcript variant 2 XM_971009 13110 NP_572681 CG2076 1,00E-70 - -<br />
44 450 61<br />
similar to CG32479<br />
(ubiquitin thiolesterase) XM_967104 45 NP_728554<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001689324<br />
CG32479 2,00E-39 - -<br />
a32 600 63 similar to mCG129107 XM_969313 5738 (partial) (Anopheles) 1,00E-09 - -<br />
98 1600 64<br />
similar to GA20229 (Sof1?<br />
snorna assoc. prot?) XM_969695 707 NP_648767 CG7275 2,00E-91 starved (100 %)<br />
40 1600 65 similar to tetraspanin 97e XM_963485 4558 NP_524524 tetraspanin 97E 1,00E-67 - -<br />
metamorphosis<br />
block II (90 %)<br />
similar to signal peptidase<br />
spase 18/21-<br />
larval lethal (100<br />
103 700 67 18 kDa subunit<br />
similar to apolipophorin-III<br />
XM_961787 179 NP_649676 subunit 8,00E-81 adult lethal (100 %) %)<br />
a08 650 69<br />
isoform 2<br />
XM_970691 15373 NP_001097539 Ank2, isoform K 0.30 - -<br />
95 600 70<br />
68 1400 71<br />
72 600 72<br />
similar to AGAP001229<br />
(similar to Dynein light<br />
chain 90F) XM_968380 9745 NP_477356<br />
similar to pentatricopeptide<br />
repeat domain 2 (evtl<br />
mitochondrial RNA<br />
binding) XM_961818 9300<br />
dynein light<br />
chain 90F 8,00E-44 small ovary (100 %)<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001946785<br />
(Acyrthosiphon) 6,00E-74 - -<br />
similar to CG5112 (fatty<br />
acid amide hydrolase<br />
activity; carbon-nitrogen<br />
ligase activity) XM_962350 5582 NP_651400 CG5112 3,00E-27 adult lethal (80 %) -<br />
pupal appendages(wings),<br />
pupal<br />
head; adult wings;<br />
small ovary<br />
(60/100/40 %)<br />
7 died early, 21dai: 3 are dying<br />
as early prepupae, rest died at<br />
this stage or as L7; 24 dai still 2<br />
praepupae alive --> prepupal<br />
block! animals finally died<br />
wings shortened, strange<br />
antennae/deranged wings, not<br />
properly closed elytra/ovaries<br />
very reduced/without germ<br />
cells?<br />
Anhang
237<br />
102 1400 73<br />
24 1700 76<br />
17 850 78<br />
105 1100 79<br />
similar to MGC89587<br />
protein (unknown<br />
function) XM_965319 12928 NP_610851 CG12765 3,00E-08 - -<br />
similar to AGAP002501-<br />
PA (evtl Protein<br />
phosphatase 4 regulatory<br />
subunit 2-related protein) XM_001807941 8382 NP_727427<br />
similar to thioredoxin-like<br />
protein XM_962894 15376<br />
none because<br />
of bad seq rct<br />
similar to lipid storage<br />
droplets surface-binding<br />
protein 1 XM_971027 8057 NP_732904<br />
protein<br />
phosphatase 4<br />
regulatory<br />
subunit 2related<br />
protein,<br />
isoform A 8,00E-46 -<br />
lipid storage<br />
droplet-1 2,00E-15 adult lethal (100 %)<br />
pupal musculature<br />
(100 %)<br />
early embryonic<br />
lethal/not fertilized<br />
(100 %) adult legs (66 %)<br />
35 480 80 hypothetical LOC660532 XM_971256 2718 no BLAST-X hit - - -<br />
a05 450 82<br />
similar to putative<br />
nucleoside diphosphate<br />
kinase<br />
57 1300 85 GLEAN_12525+12526<br />
XM_962410 2492 NP_476761<br />
no NCBI<br />
annotation 12525+12526<br />
a01 650 87 ATP-citrate synthase XM_001808289 15096 NP_001137674<br />
2 550 88<br />
similar to electrontransfer-flavoprotein<br />
beta<br />
polypeptide XM_965164.2| 8707<br />
31 900 89 similar to Histone H3.3B XM_970796 5398 NP_038576<br />
131 1000 90 similar to SET XM_001812881<br />
abnormal wing<br />
discs 7,00E-30<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
XP_001949547 2,00E-11 -<br />
ATP citrate<br />
lyase, isoform C 2,00E-47 -<br />
none because<br />
of bad seq rct -<br />
early embryonic<br />
histone cluster<br />
lethal/not fertilized<br />
1, H3f 4,00E-67 (100 %)<br />
12877 (w.<br />
gaps) NP_650438 Set 1,00E-48 small ovary (100 %)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
early embryonic<br />
lethal/not fertilized (70<br />
%) adult lethal (75 %)<br />
37 1600 93 similar to cyclophilin XM_966143.1 12378 NP_611113 CG7747 1,00E-94 - -<br />
42 1100 94<br />
56 1000 95<br />
similar to xpa-binding<br />
protein 1 XM_961556 15364 (w. gap) NP_569872 CG3704 9,00E-40 adult lethal (100 %)<br />
GLEAN_13466<br />
(hypothetical protein)<br />
a29 1800 96 similar to Arc-p34 XM_001809897<br />
no NCBI<br />
annotation 13466 NP_725169 CG30051 2,00E-38 - -<br />
6545 (6546<br />
partial) NP_610033 Arc-p34<br />
2,00E-<br />
136 adult lethal (100 %)<br />
small ovary (75<br />
%)<br />
larval lethal (95<br />
%)<br />
metamorphosis<br />
block III (100 %)<br />
adult lethal,<br />
cuticle (60/100 %)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
larval lethal (96<br />
%)<br />
1 of the longitud is missing; 6 of<br />
the pupae did not completely<br />
hatch from the larval cuticle<br />
distal claws are shortened<br />
30 % did develop embryonic<br />
tissue<br />
4x very small, deg ovaries<br />
50% died with black head<br />
slightly darker color, bit irregular<br />
surface of elytra<br />
1x no growing Oozytes, 1x just<br />
4 ovarioles at one, no at the<br />
other half-ovary, 2x deg<br />
Oozytes in oviduct<br />
Anhang
238<br />
43 1000 99 similar to Rab-protein 1 XM_970057 09965 (partial) NP_732610 Rab-protein 1 5,00E-41 adult lethal (100 %)<br />
ribosomal protein L31e<br />
ribosomal<br />
protein L31,<br />
a06 400 100<br />
XM_969233 8311 NP_610503 isoform B 2,00E-42 adult lethal (100 %)<br />
9 1800 101<br />
similar to HIF prolyl<br />
hydroxylase XM_963205<br />
none because<br />
of bad seq rct mid embryonic lethal<br />
80 500 102 similar to AGAP001220 XM_965249 2298 NP_651664 Sirt7 0.005 - -<br />
21 1100 104 similar to CG10264 XM_967867 13404 NP_650518 CG10264 4,00E-57 - -<br />
a28 650 106<br />
prob. in mitochondrial<br />
genome, unknown gene<br />
63 600 107 GLEAN_01054<br />
no NCBI<br />
annotation 4368<br />
no NCBI<br />
annotation<br />
1054 (w. gap)<br />
16006 (partial) NP_524526<br />
none, best<br />
BLAST-X hit:<br />
CAM36311<br />
(Thermobia) 3,00E-12 - -<br />
spatzle, isoform<br />
A 1,00E-04 - -<br />
a10 750 108 similar to apolipoprotein D XM_965938 15563 NP_523727 glial lazarillo 2,00E-10 - -<br />
a04 450 110<br />
glucose-6-phosphate<br />
dehydrogenase<br />
XM_969003 13648 AAB02801<br />
a11 1100 112 similar to GLT8D3 protein XM_964705 12364 (w. gap) NP_001097911 CG9996<br />
28 1700 116<br />
135 1050 117<br />
a22 1700 118<br />
a02 350 119<br />
1 650 120<br />
similar to CG33936 (zinkfinger)<br />
XM_970938 4368 NP_001027161<br />
glucose-6phosphate1dehydrogenase<br />
2,00E-53 - -<br />
1,00E-<br />
102 - -<br />
CG33936,<br />
isoform B 3,00E-49 - -<br />
PREDICTED: Tribolium<br />
castaneum hypothetical<br />
LOC661204 XM_001813911 7458 NP_001097122 lemming 3,00E-41 small ovary (100 %)<br />
Tribolium castaneum Rabprotein<br />
14 NM_001160311 13891 (w gap) NP_788057<br />
Rab-protein 14,<br />
isoform C<br />
3,00E-<br />
103<br />
early embryonic<br />
lethal/not fertilized (95<br />
%) -<br />
similar to CG6770<br />
(involved in oxidative<br />
stress; DNA-binding<br />
nuclear protein p8?) XM_961771 6610 NP_609539 CG6770 2,00E-24 - -<br />
PREDICTED: Tribolium<br />
castaneum misc_RNA XR_043115 182 NP_572576<br />
lethal (1)<br />
G0232, isoform<br />
A 1,00E-05<br />
strong patterning<br />
defect (50 %) -<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
larval lethal (70<br />
%; 40%<br />
metamorphosis<br />
block I)<br />
larval lethal (100<br />
%)<br />
metamorph block I, most (70%)<br />
died as late L7 without pupal<br />
features, but ca. 40% of them<br />
very late (ca. 30 dai) until then<br />
they were not able to walk, but<br />
trembled with their legs.<br />
1/2 very small (other half prep<br />
fail), 3x no growing Oozytes,<br />
deg egg-material in oviduct<br />
cuticle balls w. gut, weaker<br />
phenotypes prob. background<br />
Anhang
Anhang<br />
7. Definition der im Pilot-Screen zu dokumentierenden Phänoty-<br />
pen<br />
Angegeben sind sowohl die im Pilot-Screen angesetzten Definitionen (P), als auch<br />
die für den Hauptscreen vorgeschlagenen (H), sofern sich diese unterscheiden.<br />
Phänotypkategorie Definition<br />
larval letal > 50 % der injizierten Tiere sterben in larvalen Stadien<br />
Metamorphose Block I<br />
(Eintritt in die Metamorphose)<br />
Metamorphose Block II<br />
(Verpuppung)<br />
Metamorphose Block III<br />
(Ecdysis)<br />
(H) > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten durchlaufen<br />
zusätzliche oder verlängerte Larvenstadien<br />
(P) > 50 % der Tiere durchlaufen zusätzliche oder verlängerte<br />
Larvenstadien<br />
> 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />
Präpuppe oder unvollstänige Puppe<br />
> 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />
Puppe oder durchlaufen eine unvollständige Ecdysis<br />
vorzeitige Metamorphose > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten treten frühzeitig<br />
in die Metamorphose ein und führen zu deutlich kleineren<br />
Puppen oder Adulten<br />
adult letal/kachektisch > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />
Adulte oder zeigen „leere“ Abdomina<br />
Oogenese > 50 % der analysierten Tiere einer Injektion mit reduzierter<br />
Eimenge zeigen ein verkleinertes Ovar<br />
(P) larvaler Screen-Teil: > 50 % der Einzelverpaarungen<br />
zeigen reduzierte Eiproduktion und davon > 50 % keinen „held<br />
egg“-Phänotyp<br />
Ovaratrophie > 50 % der analysierten Tiere einer Injektion mit reduzierter<br />
früh embryonal letal / nicht<br />
entwickelt / unbefruchtet<br />
Eimenge zeigen keinen „held egg“-Phänotyp<br />
(P) larvaler Screen-Teil: > 50 % der Einzelverpaarungen<br />
zeigen reduzierte Eiproduktion und davon > 50 % ein verklei-<br />
nertes Ovar<br />
min. 50 % der Eier zeigen keine Kutikula und kein embryona-<br />
les Gewebe<br />
meso-embryonal letal min. 50 % der Eier zeigen keine Kutikula aber embryonales<br />
Gewebe<br />
239
Anhang<br />
gemischt embryonal letal von min 50% der Eier zeigt ein Teil keine Kutikula und kein<br />
240<br />
embryonales Gewebe, ein Teil keine Kutikula aber embryona-<br />
les Gewebe und evtl. ein weiterer Teil Kutikulareste, keine<br />
Kategorie erreicht aber für sich genommen > 50 %<br />
Eiform oder Eigröße min. 50 % der Eier zeigen Veränderungen der Eiform oder der<br />
Eigröße<br />
Allgemeiner Muskeldefekt min. 50 % der Larven/Embryonen zeigen Defekte von Teilen<br />
oder der gesamten Rumpfmuskulatur aber keinen Defekt der<br />
Kutikula<br />
Beinmuskulaturdefekt min. 50 % der Larven/Embryonen zeigen Defekte der Bein-<br />
muskulatur bzw. der thorakalen oder ventralen abdominalen<br />
Muskulatur<br />
Segmentierungsdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />
Veränderungen der Segmentzahl, -anordnung oder der<br />
Segmentgrenzen<br />
Borstenmusterdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />
Veränderungen der Borstenanordnung des Rumpfes<br />
starker Musterbildungsdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Eier (Kutikulae) enthalten<br />
Reste von Kutikula ohne oder nur mit rudimentären Anzeichen<br />
von Segmentierung<br />
larvaler Kopfdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />
Veränderungen der Kopfkapsel, der Kopfborsten oder der<br />
Mundwerkzeuge<br />
larvaler Beindefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />
Veränderungen der Beine<br />
pupaler Kopfdefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der pupalen Kopfmorphologie<br />
pupaler Flügeldefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der pupalen Flügel<br />
Defekt pupaler Beine > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der pupalen Beine<br />
pupaler Torsodefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der pupalen Morphologie an Thorax oder<br />
Abdomen
Anhang<br />
Defekt der Thoraxmuskulatur > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der GFP-positiven Thoraxmuskulatur<br />
adulter Flügeldefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />
Veränderungen der adulten Flügel<br />
(H) ... zeigten aber zuvor keine Flügeldefekte in pupalen<br />
Stadien<br />
Adulter Beindefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />
Veränderungen der adulten Beine<br />
(H) ... zeigten aber zuvor keine Beindefekte in pupalen Sta-<br />
dien<br />
Adulter Kopfdefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />
Veränderungen der adulten Kopfmorphologie<br />
(H) ... zeigten aber zuvor keine Kopfdefekte in pupalen Sta-<br />
dien<br />
Adulter Torsodefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />
Veränderungen der adulten Morphologie an Thorax oder<br />
Abdomen<br />
(H) ... zeigten aber zuvor keine solchen Defekte in pupalen<br />
Stadien<br />
nekrotisches Gewebe > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />
dunkle, möglicherweise abgestorbene Gewebebereiche<br />
Dieser Befund könnte auch auf verfrühte Kutikula-<br />
Melanisierung in einzelnen Arealen hinweisen.<br />
Stinkdrüsendefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />
Veränderungen der Stinkdrüsen<br />
anderer Defekt > 25 % der Tiere zeigen einen anderen interessanten Phäno-<br />
typ<br />
241
Literatur<br />
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