05.06.2013 Aufrufe

Dokument 1.pdf - OPUS - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...

Dokument 1.pdf - OPUS - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...

Dokument 1.pdf - OPUS - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe<br />

und die Etablierung eines genomweiten RNAi-Screens<br />

in Tribolium castaneum.<br />

Der Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />

der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

<strong>Erlangen</strong>-Nürnberg<br />

zur<br />

Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat.<br />

vorgelegt von<br />

Christian Schmitt-Engel<br />

aus Schwetzingen


Als Dissertation genehmigt<br />

von der Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />

der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Erlangen</strong>-Nürnberg<br />

Tag der mündlichen Prüfung: 23. Juli 2010<br />

Vorsitzende/r der Promotionskommission: Prof. Dr. Bänsch<br />

Erstberichterstatter/in: Prof. Dr. Klingler<br />

Zweitberichterstatter/in: Prof. Dr. Frasch


Danke!<br />

Obwohl als letztes verfasst, wird diesem Abschnitt nur die Position zu Beginn dieser Ar-<br />

beit gerecht, denn die hier erwähnten haben zu allem Folgenden auf unterschiedlichste aber<br />

oft wesentliche Art und Weise beigetragen. Außerdem findet so der interessierte Leser<br />

schneller sein Ziel ;-).<br />

Zuallererst möchte ich mich herzlich bei Prof. Martin Klingler und Dr. Michael Schopp-<br />

meier bedanken. Bei Martin nicht nur für die offizielle Betreuung und die „Endabnahme“<br />

meiner Arbeit, sondern auch für die vielfältige Unterstützung während der letzten Jahre. Bei<br />

Michael für die großartige Betreuung von Anfang bis Ende. Für Hilfen und Kritik, für Ideen<br />

und Erklärungen, für die ermöglichten Chancen und die immerwährende Unterstützung, ganz<br />

viel Freiraum und seinen persönlichen Einsatz, egal ob im Lab, an nicht endenden Stapeln<br />

Papier oder vielem mehr, das nicht immer direkt mit der Arbeit zu tun hatte.<br />

Vielen Dank an Prof. Manfred Frasch für die Übernahme des Zweitgutachtens und die<br />

Akzeptanz eines engen Zeitplans, und an Prof. Helmut Brandstätter und Prof. Robert Slany<br />

für die Abnahme der mündlichen Prüfung, ebenfalls unter terminlichem Entgegenkommen.<br />

Robert und seiner Arbeitsgruppe möchte ich außerdem für die EMSA-Hilfe und die gute<br />

Nachbarschaft danken.<br />

Niko Koniszewski gebührt großer Dank für die Hilfe bei den pupalen Injektionen des iBeet-<br />

le-Pre-Screens und Prof. Gregor Bucher für die Möglichkeit diesen durchzuführen.<br />

Bei Niko, Kay Kotkamp, Doro Musazzi, Irene Schnellhammer und auch Michael möchte ich<br />

mich für eine tolle Laboratmosphäre mit viel Spaß, Trockeneis, diversen Musikrichtungen und<br />

fachlichen oder unsachlichen Diskussionen bedanken. Auch vielen Dank an meine Mit-<br />

Doktoranden Daniel Bäumer, Jochen Trauner und Jutta Distler für eine tolle Zeit und gegensei-<br />

tige Unterstützung wann immer sie nötig war, und an die „Kleinen“ Nadi Ströhlein und Tobi<br />

Merkel für viel Spaß und frischen Wind.<br />

Prof. Jürgen Büning und Dr. Ralph Rübsam danke ich für Anstöße, Hilfestellungen und<br />

Wortgefechte über die Jahre hinweg, Alex Cerny und Markus Weber für diverse tribolistische<br />

Starthilfen.<br />

Vielen Dank auch an Maria Ricca, Claudia Obermeier, Angela Bruns, Tina Loy, Marian-<br />

ne Zeidler und Thomas Messingschlager dafür, dass sie den Lehrstuhl am Laufen halten.<br />

Auch den momentanen und ehemaligen Mitgliedern der AGs vom anderen Gang<br />

(Frasch, Nguyen und Schambony) danke für das sehr gute Arbeitsklima (abgesehen vom<br />

Fliegenfutterkocharoma) und die Nachbarschaftshilfen.<br />

Schließlich kann ich allen meinen Eltern – Stief- und Schwiegereltern explizit einge-<br />

schlossen - nicht genug danken! Für die Unterstützung, den Ansporn, die Hilfen, die guten<br />

Ratschläge und den Rückhalt, der so viel Wert ist! Meinen Geschwistern danke fürs Mitlei-<br />

den und Mitfreuen.<br />

Nina, danke für deine Geduld, fürs Beine und fürs Mut machen, und für noch viel mehr!


Inhaltsverzeichnis<br />

Summary.....................................................................................................................1<br />

Zusammenfassung......................................................................................................3<br />

Abbildungsverzeichnis.................................................................................................5<br />

Tabellenverzeichnis.....................................................................................................7<br />

Abkürzungen ...............................................................................................................8<br />

Allgemeine Einleitung................................................................................................11<br />

I. Kapitel: Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe in Tribolium ......15<br />

1. Einleitung............................................................................................................15<br />

1.1. Die Embryonalentwicklung der Insekten......................................................15<br />

1.2. Drosophila melanogaster als genetisches Referenzsystem ........................19<br />

1.3. Tribolium castaneum als Modell für vergleichende Studien der<br />

Embryonalentwicklung ................................................................................23<br />

1.3.1. Die Tribolium-Embryogenese..............................................................23<br />

1.3.2. Molekulare Mechanismen der Tribolium-Entwicklung .........................24<br />

1.4. nanos und pumilio – pleiotrop und konserviert ............................................32<br />

1.4.1. nanos und pumilio in Drosophila .........................................................32<br />

1.4.2. nanos und pumilio sind evolutionär alte Gene.....................................34<br />

1.4.3. Der nanos-pumilio-Repressionskomplex.............................................37<br />

1.5. Ziele des ersten Kapitels der vorliegenden Arbeit .......................................39<br />

2. Ergebnisse..........................................................................................................41<br />

2.1. Im Tribolium-Genom konnten eindeutige Orthologe zu nanos und pumilio<br />

identifiziert werden ......................................................................................41<br />

2.1.1. Tribolium nanos...................................................................................41<br />

2.1.2. Tribolium pumilio .................................................................................44<br />

2.2. nanos und pumilio werden maternal und zygotisch exprimiert ....................45<br />

2.2.1. Die Expression des Tribolium pumilio-Orthologs.................................45<br />

2.2.2. nanos-Expression ist nur in vitro nachweisbar ....................................47<br />

2.3. pRNAi für nanos und pumilio führt zu Veränderungen der larvalen<br />

Morphologie ................................................................................................49<br />

2.3.1. Defekte nach nanos pRNAi .................................................................50<br />

2.3.2. Defekte nach pumilio pRNAi................................................................52<br />

2.3.3. nanos/pumilio-Doppel-RNAi führt zu stärkeren Phänotypen ...............54<br />

2.4. Frühembryonale Defekte führen zu einem vorzeitigen Abbruch der<br />

Segmentierung in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen....................................57


Inhaltsverzeichnis<br />

2.4.1. Die Segmentbildung aus der Wachstumszone ist gestört................... 57<br />

2.4.2. nanos/pumilio-RNAi induziert Defekte in frühen embryonalen Stadien<br />

.......................................................................................................62<br />

2.4.3. nanos und pumilio sind nötig für die Expression eines terminalen<br />

Zielgens.............................................................................................. 66<br />

2.5. Durch nanos/pumilio-RNAi verursacht Defekte in anterioren<br />

Segmentanlagen ........................................................................................ 67<br />

2.5.1. Markergen-Expression zeigt Kopfdefekte in embryonalen Stadien..... 67<br />

2.6. Ein Effekt von nanos und pumilio auf die Ausbildung von Proteingradienten<br />

im Blastoderm ist nicht nachweisbar........................................................... 72<br />

2.7. Die Beteiligung von brain-tumor am nanos/pumilio-Repressionskomplex ist<br />

fraglich........................................................................................................ 75<br />

2.7.1. Tribolium brain-tumor.......................................................................... 77<br />

2.7.2. Expression von brat............................................................................ 77<br />

2.7.3. brat-RNAi führt zu ähnlichen, aber von nos/pum RNAi abgrenzbaren<br />

Phänotypen ........................................................................................ 79<br />

2.8. pumilio-RNAi führt zu weiteren Phänotypen................................................ 84<br />

2.8.1. pum-RNAi führt zum Verlust der primordialen Keimzellen.................. 84<br />

2.8.2. Parentale RNAi gegen pumilio führt zu einer Eiablegehemmung....... 85<br />

2.8.3. pumilio spielt eine Rolle für die Entwicklung larvaler Extremitäten ..... 87<br />

2.8.4. Larvale RNAi gegen pumilio resultiert in einem Entwicklungsblock.... 88<br />

3. Diskussion.......................................................................................................... 91<br />

3.1. Das Zusammenspiel von nanos und pumilio und dem terminalen System ist<br />

wesentlich für die posteriore Segmentierung in Tribolium .......................... 91<br />

3.2. Das Auftreten anteriorer Phänotypen illustriert die Beteiligung von NANOS<br />

und PUMILIO an den regulatorischen Interaktionen im Tribolium-<br />

Blastoderm.. ............................................................................................... 98<br />

3.3. Wo wirken nanos und pumilio? ................................................................. 105<br />

3.4. Das Zusammenspiel von terminalen und posterioren Signalen stellt<br />

möglicherweise einen konservierten Mechanismus dar ........................... 111<br />

3.5. Die antero-posteriore Achse im Tribolium-Blastoderm.............................. 114<br />

4. Material und Methoden..................................................................................... 123<br />

4.1. Klonierung................................................................................................. 123<br />

4.2. Expressionsanalysen ................................................................................ 124


Inhaltsverzeichnis<br />

4.2.1. in situ Hybridisierung.........................................................................125<br />

4.2.2. Antikörperproduktion und Immunohistochemische Färbungen..........126<br />

4.2.3. Qualitative RT-PCR...........................................................................127<br />

4.3. RNAi-Experimente.....................................................................................128<br />

II. Kapitel: Entwicklung und Machbarkeitsstudie eines genomweiten RNAi-<br />

Screen-Projekts in Tribolium.....................................................................131<br />

1. Einleitung..........................................................................................................131<br />

1.1. Tribolium als eigenständiges Modellsystem ..............................................131<br />

1.2. Die Limitierungen des “candidate gene approach” ....................................134<br />

1.3. RNAi-Screens als Alternative zu klassischen genetischen Ansätzen........136<br />

1.4. iBeetle – ein genomweiter RNAi-Screen....................................................139<br />

1.4.1. Das iBeetle Konzept..........................................................................139<br />

1.4.2. „Enhancer trap“-Stämme erlauben die Detektion zusätzlicher<br />

Phänotypen.......................................................................................141<br />

1.4.3. Die iBeetle-Einzelprojekte und ihre Themen .....................................144<br />

1.5. Ziele des zweiten Kapitels dieser Arbeit....................................................148<br />

2. Ergebnisse........................................................................................................149<br />

2.1. Wie kann ein genomweiter RNAi-Screen verwirklicht werden? .................149<br />

2.1.1. Die Analyse vieler unterschiedlicher Prozesse erfordert zwei parallele<br />

Screen-Ansätze und exakt definierte Zeitintervalle ...........................149<br />

2.1.2. Arbeitsteilung und unterschiedliche Arbeitspläne erlauben optimale<br />

Ressourcennutzung und hohen Durchsatz .......................................157<br />

2.2. Das Screening-Schema ermöglicht die Identifizierung interessanter<br />

Phänotypen mit hoher Sensitivität.............................................................164<br />

2.3. Es konnten für nahezu alle Prozesse neue Kandidatengene identifiziert<br />

werden ......................................................................................................170<br />

2.3.1. Defekte der Ovario- oder Oogenese .................................................173<br />

2.3.2. Defekte während der Embryonalentwicklung ....................................178<br />

2.3.3. Defekte postembryonaler Prozesse ..................................................181<br />

2.3.4. Bisher unbekannte Phänotypen der Positiv-Kontrollen .....................187<br />

3. Diskussion ........................................................................................................189<br />

3.1. Ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium ist technisch möglich.............189<br />

3.1.1. Sowohl pupale als auch larvale RNAi sind im Screenmaßstab<br />

durchführbar......................................................................................189


Inhaltsverzeichnis<br />

3.1.2. Die Auswertungen erlauben die Analyse der zu untersuchenden<br />

Prozesse mit hoher Sensitivität......................................................... 191<br />

3.1.3. iBeetle ist mit den vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingungen<br />

realisierbar........................................................................................ 194<br />

3.2. Der Pilotscreen illustriert die Chancen und Risiken des Hauptscreens..... 195<br />

3.2.1. Technische Verbesserungen könnten die Effizienz des Hauptscreens<br />

noch erhöhen.................................................................................... 195<br />

3.2.2. Der Pilot-Screen zeigt kritische Aspekte der Screen-Durchführung auf<br />

.....................................................................................................196<br />

3.2.3. Der Pilot-Screen macht die Effektivität eines RNAi-Screens deutlich198<br />

3.2.4. Der Pilot-Screen suggeriert eine hohe Zahl an Tribolium-Genen deren<br />

Verlust zu Letalität in unterschiedlichen Stadien führt ...................... 201<br />

3.2.5. Die Auswertung und Kategorisierung der Phänotypen ist von größter<br />

Bedeutung für den Erfolg des Screens............................................. 203<br />

3.2.6. iBeetle hat sehr gute Chancen, seine Ziele zu erreichen.................. 206<br />

4. Material und Methoden..................................................................................... 209<br />

4.1. Synthese doppelsträngiger RNA komplementär zu zufällig gewählten cDNA<br />

Klonen ...................................................................................................... 209<br />

4.2. Detaillierte Durchführungsanweisung zum iBeetle Screening Schema..... 210<br />

4.2.1. Verwendete Stämme ........................................................................ 211<br />

4.2.2. Pupale Injektion und darauf folgende Auswertungen........................ 212<br />

4.2.3. Larvale Injektion und darauf folgende Auswertungen....................... 216<br />

Allgemeine Diskussion............................................................................................ 221<br />

Anhang ................................................................................................................... 225<br />

1. Sequenzen................................................................................................... 225<br />

2. Ergänzende Ergebnisse zu nanos/pumilio pRNAi........................................ 228<br />

3. Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitschritte ......................................................... 230<br />

4. Alublöcke für larvale Injektionen .................................................................. 231<br />

5. Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Pilot-Screens..................... 232<br />

6. Liste der im Pilot-Screen injizierten Fragmente............................................ 233<br />

7. Definition der im Pilot-Screen zu dokumentierenden Phänotypen ............... 239<br />

Literatur................................................................................................................... 242


Summary<br />

Summary<br />

Tribolium castaneum is an outstanding model for comparative developmental bi-<br />

ology and is well on the way to become an important system for Insect biology in<br />

general. This is largely due to its amenability for systemic RNA interference, allowing<br />

straightforward functional studies.<br />

In the first chapter of this thesis I used these techniques to analyze the function of<br />

the posterior group genes nanos and pumilio in early embryonic patterning of Tri-<br />

bolium. In the second chapter I present the development and testing of a procedure<br />

using RNAi for a genomewide screen to identify new developmental gene functions.<br />

In the long germ insect Drosophila, localized polarity cues serve as starting points<br />

for the antero-posterior regionalization of the embryo. The posterior to anterior<br />

NANOS gradient is part of this system and – in concert with PUMILIO - crucial for the<br />

formation of abdominal segments. To elucidate to which degree this system is con-<br />

served in short-germ embryogenesis, I analyzed nanos and pumilio function in Tri-<br />

bolium. I could show that both genes are indeed involved in abdomen formation in<br />

Tribolium as well. However, this is apparently not due to a role in blastodermal re-<br />

gionalization, but related to an interaction with the terminal system. In addition, I<br />

found an effect of nanos and pumilio on the formation of anterior segments. This<br />

unexpected influence on head patterning appears to be mediated by an impact on<br />

the formation of anterior Gap-Gene expression domains. Thus, the function of Tri-<br />

bolium nanos and pumilio differs from their Drosophila orthologs, which may be due<br />

to the special needs of short germ development.<br />

The candidate gene approach, which has been very successful throughout the<br />

last decade, is conceptually limited for the in depth analysis of Tribolium biology. To<br />

overcome these limitations and to further transform Tribolium into a primary model of<br />

basic insect research, the German Tribolium community is initiating a genomewide<br />

RNAi screen: iBeetle. In the second part of my thesis, I present the development of<br />

the iBeetle screening procedure, which allows rapid and efficient screening of gene<br />

functions for embryonic and postembryonic developmental processes, ranging from<br />

embryonic axis formation to the development of odoriferous glands.<br />

To test this concept, I designed and performed a pilot-screen, which demon-<br />

strated that important developmental genes can be detected with high sensitivity and<br />

that the approach is suitable to reveal unknown gene function with high frequency.<br />

1


Summary<br />

2<br />

Thus, I could show that a genomewide RNAi Screen in Tribolium is feasible and<br />

that iBeetle should be an ambitious but highly productive approach and will provide a<br />

unique resource to all insect researchers.


Zusammenfassung<br />

Zusammenfassung<br />

Tribolium castaneum ist ein herausragendes Modellsystem der vergleichenden<br />

Entwicklungsbiologie (EvoDevo) und entwickelt sich seit der Sequenzierung seines<br />

Genoms zum wichtigen Forschungsobjekt unterschiedlicher Zweige der Insektenbio-<br />

logie. Dies wurde unter anderem durch die Nutzbarkeit einer systemischen RNA-<br />

Interferenzantwort zur einfachen Analyse von Genfunktionen möglich.<br />

Im ersten Kapitel dieser Arbeit verwendete ich diese Methoden, um die Rolle von<br />

nanos und pumilio, in Drosophila beides Gene der posterioren Gruppe, für die frühe<br />

embryonale Musterbildung in Tribolium zu untersuchen. Im zweiten Kapitel stelle ich<br />

die Entwicklung und Erprobung einer Methode vor, die RNAi für einen genomweiten<br />

Screening-Ansatz zur Identifizierung neuer Entwicklungsgene nutzt.<br />

Die antero-posteriore Regionalisierung des Langkeim-Embryos von Drosophila<br />

melanogaster wird durch lokalisierte Polaritätsfaktoren initiiert. Daran ist der von<br />

posterior nach anterior verlaufende NANOS-Gradient beteiligt, der gemeinsam mit<br />

PUMILIO wesentlich für die Ausbildung abdominaler Segmentanlagen ist. Um he-<br />

rauszufinden inwieweit diese Zusammenhänge auch in Kurzkeim-Insekten konser-<br />

viert sind, habe ich die Rolle von nanos und pumilio in Tribolium untersucht. Ich<br />

konnte zeigen, dass beide Gene tatsächlich auch in Tribolium eine Rolle für die<br />

abdominale Segmentierung spielen. Allerdings ist dies offenbar nicht auf eine Funkti-<br />

on innerhalb der blastodermalen Regionalisierung, sondern vielmehr auf eine Inter-<br />

aktion mit dem terminalen System zurückzuführen. Außerdem konnte ich einen<br />

Effekt von nanos und pumilio auf die Bildung anteriorer Segmente nachweisen.<br />

Dieser unerwartete Einfluss auf die Musterbildung innerhalb der Kopfanlage scheint<br />

durch eine Beteiligung an der Regulation anteriorer Gap-Gen-Domänen vermittelt zu<br />

werden. Die Aufgaben der Tribolium-Orthologen zu nanos und pumilio unterscheiden<br />

sich somit von ihrer Rolle in Drosophila, was vermutlich auf die speziellen Erforder-<br />

nisse der Kurzkeim-Entwicklung zurückzuführen ist.<br />

Der Kandidaten-Gen-Ansatz, der im ersten Teil dieser Arbeit verfolgt wurde und<br />

während der letzten zehn Jahre äußerst erfolgreich war, stößt bei der detaillierten<br />

Analyse vieler Prozesse der Tribolium-Biologie an immanente Grenzen. Um diese zu<br />

überwinden und Tribolium als Modellsystem weiter zu etablieren, haben deutsche<br />

Tribolium-Wissenschaftler einen genomweiten RNAi-Screen auf den Weg gebracht:<br />

iBeetle. Im zweiten Teil dieser Arbeit stelle ich die Entwicklung eines Konzepts zur<br />

3


Zusammenfassung<br />

praktischen Durchführung des iBeetle-Screens vor, das die effiziente Analyse emb-<br />

ryonaler und postembryonaler Entwicklungsprozesse von der embryonalen Achsen-<br />

determination bis zur Entwicklung der Stinkdrüsen erlaubt. Um dieses zu testen,<br />

habe ich einen Pilot-Screen entworfen und durchgeführt, der demonstriert, dass<br />

durch diesen Ansatz wichtige Entwicklungsgene mit hoher Sensitivität und unbe-<br />

kannte Genfunktionen in hoher Zahl detektiert werden können.<br />

4<br />

Ich konnte also zeigen, dass ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium machbar<br />

ist und iBeetle ein ambitioniertes aber äußerst vielversprechendes Projekt und eine<br />

wichtige Grundlage für zukünftige, genorientierte Insektenforschung sein wird.


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: Postembryonale Entwicklungsstadien von Tribolium castaneum..................14<br />

Abb. 2: Unterschiedliche Enwicklungsmodi: Lang- und Kurzkeim.............................18<br />

Abb. 3: Vereinfachtes Cladogramm ausgewählter Insektengruppen.........................18<br />

Abb. 4: Von Gradienten zu Streifen: Die Ebenen der Drosophila-Segmentierungs-<br />

kaskade..............................................................................................................22<br />

Abb. 5: Frühe Gradienten und Aktivitäten im Tribolium-Blastoderm..........................31<br />

Abb. 6: Sequenzvergleich der funktionellen Domänen von NANOS- und PUMILIO-<br />

Proteinen unterschiedlicher Spezies..................................................................43<br />

Abb. 7: Expression des Tribolium pumilio-Gens........................................................46<br />

Abb. 8: nanos ist in allen getesteten Entwicklungsstadien exprimiert........................48<br />

Abb. 9: Pupale RNAi gegen nanos und pumilio führt zu einer Reduktion larvaler<br />

Segmente...........................................................................................................51<br />

Abb. 10: nanos- und pumilio-RNAi führen auch zu Kopfdefekten..............................54<br />

Abb. 11: Verteilung der phänotypischen Klassen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />

Experimenten.....................................................................................................55<br />

Abb. 12: Verteilung der anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi......................56<br />

Abb. 13: nos/pum-RNAi führt zu einem Zusammenbruch der Segmentbildung aus der<br />

Wachstumszone.................................................................................................60<br />

Abb. 14: Die Expression von Markergenen zeigt Veränderungen posteriorer<br />

Blastodermbereiche ...........................................................................................64<br />

Abb. 15: nos/pum-RNAi führt zu Veränderungen anteriorer Gewebe in embryonalen<br />

Stadien...............................................................................................................71<br />

Abb. 16: OTD-1-Expression nach nanos/pumilio-RNAi .............................................74<br />

Abb. 17: Sequenzvergleich von BRAT-Proteinen......................................................76<br />

Abb. 18: Expression des Tribolium brain-tumor-Gens...............................................78<br />

Abb. 19: brain-tumor-RNAi führt zu embryonalen Defekten ......................................83<br />

Abb. 20: vasa-Expression verdeutlicht das Fehlen der PGCs nach nos/pum-RNAi..85<br />

Abb. 21: pumilio-RNAi führt zu einer Eiablagehemmung ..........................................86<br />

Abb. 22: pumilio spielt eine Rolle in der Extremitätenentwicklung.............................88<br />

Abb. 23: Larvale pumilio-RNAi führt zu einem Entwicklungsblock kurz vor der<br />

pupalen Ecdysis.................................................................................................89<br />

5


Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 24: Schema der Funktion von nanos und pumilio in frühen Tribolium-<br />

6<br />

Embryonen ...................................................................................................... 110<br />

Abb. 25: Für iBeetle verwendete Käferstämme ...................................................... 143<br />

Abb. 26: Überblick über den iBeetle-Screening Ablauf ........................................... 151<br />

Abb. 27: Arbeitsplan für pupale Injektionen und darauffolgende Auswertungen..... 159<br />

Abb. 28: Arbeitsplan 1 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen.. 161<br />

Abb. 29: Arbeitsplan 2 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen.. 164<br />

Abb. 30: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens .................... 169<br />

Abb. 31: Zusammenfassung der Ergebnisse durch pupale Injektionen.................. 171<br />

Abb. 32: Zusammenfassung der Ergebnisse durch larvale Injektionen .................. 172<br />

Abb. 33: Defekte der Oogenese nach pupaler Injektion ......................................... 174<br />

Abb. 34: Defekte der Ovariogenese bzw. der Oogenese nach larvaler Injektion.... 177<br />

Abb. 35: Morphologisch feststellbare Defekte der Embryonalentwicklung nach<br />

pupaler Injektion .............................................................................................. 180<br />

Abb. 36: Defekte in larvalen oder pupalen Stadien................................................. 185<br />

Abb. 37: In adulten Tieren auftretende Effekte ....................................................... 186<br />

Abb. 38: Bisher unbekannte Phänotypen der Positvkontrollen............................... 188<br />

Abb. 39: Zusammenfassung der Sequenzierungsergebnisse der Matrizen zur<br />

dsRNA-Synthese ............................................................................................. 210<br />

Abb. 40: Sequenzvergleich veröffentlichter und potentieller NRE........................... 227<br />

Abb. 41: Verteilung der abdominalen Phänotypen nach pRNAi.............................. 229<br />

Abb. 42: Maße der für die larvalen Injektionen verwendeten Aluminiumblöcke...... 231


Tabellenverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tab. 1: Sequenzidentität unterschiedlicher nanos Zink-Finger..................................44<br />

Tab. 2: Legeleistung nach pumilio-RNAi ...................................................................86<br />

Tab. 3: Primer und PCR-Bedingungen....................................................................123<br />

Tab. 4: Verwendete Erst- und Zweitantikörper ........................................................127<br />

Tab. 5: Primer und Bedingungen der RT-PCR........................................................128<br />

Tab. 6: Primer für dsRNA Matrize ...........................................................................129<br />

Tab. 7: Verwendete dsRNA.....................................................................................129<br />

Tab. 8: Verwendete Positivkontrollen......................................................................165<br />

Tab. 9: PCR zur Synthese der Matrize für die dsRNA-Synthese.............................209<br />

Tab. 10: Verteilung der Phänotypen nach nanos- und pumilio-RNAi ......................228<br />

Tab. 11: Ausprägung der Kopfdefekte nach nanos- und pumilio-RNAi ...................228<br />

Tab. 12: Abdominale Phänotypen nach nos/pum-pRNAi ........................................229<br />

Tab. 13: Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitsschritte.....................................................230<br />

Tab. 14: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens.....................232<br />

7


Abkürzungen<br />

Abkürzungen<br />

8<br />

AS: Aminosäure<br />

bp: Basenpaar<br />

cDNA: Copy DNA; durch eine Reverse Transkriptase Reaktion von RNA<br />

kopierte DNA<br />

DIC: Differential interference contrast = Differenzieller Interferenzkon-<br />

trast<br />

DNA: Desoxyribonukleinsäure<br />

dsRNA: doppelsträngige Ribonukleinsäure<br />

EtOH: Ethanol<br />

GFP: Green Fluorescent Protein<br />

HGSC: Human Genome Sequencing Center<br />

ISH: in-situ-Hybridisierung<br />

JH: Juvenilhormon<br />

kDa: Kilodalton; Einheit des Molekulargewichts von Biomolekülen<br />

NCBI: National Center for Biotechnology Information<br />

NRE: Nanos Response Element<br />

OT: Objektträger<br />

PCR: Polymerase Chain Reaction; Methode zur spezifischen Amplifi-<br />

kation von DNA-Fragmenten<br />

pfu: plaque forming units<br />

PGCs: Primordiale Keimzellen, embryonale Vorläufer der Keimbahn–<br />

zellen<br />

pRNAi: RNAi Interferenz durch Injektion von pupalen Stadien<br />

RACE: Rapid Amplification of cDNA Ends<br />

RNAi: RNA-Interferenz<br />

Tc: Tribolium castaneum<br />

UTR: Nichttranslatierter Bereich der mRNA<br />

WT: Wildtyp, ohne RNAi Behandlung<br />

Gene:<br />

Antp: Antennapedia<br />

bcd: bicoid


at: brain-tumor<br />

cad: caudal<br />

eve: even-skipped<br />

gt: giant<br />

hb: hunchback<br />

kni: knirps<br />

Kr: Krüppel<br />

nos: nanos<br />

otd-1: orthodenticle-1<br />

pum: pumilio<br />

tll: tailless<br />

tor: torso<br />

tsl: torso-like<br />

vas: vasa<br />

wg: wingless<br />

zen-1 bzw. -2: zerknüllt-1 bzw. -2<br />

Abkürzungen<br />

9


Allgemeine Einleitung<br />

Allgemeine Einleitung<br />

Die Mitglieder der artenreichsten Tiergruppe unserer Erde, die Insekten, sind seit<br />

Jahrhunderten viel untersuchte Forschungsobjekte. Über nahezu alle Bereiche der<br />

Biologie wird und wurde an Insekten geforscht und somit ist auch zu ihrer Entwick-<br />

lung und Fortpflanzung eine Fülle von Fakten verfügbar. Die morphologischen und<br />

zellbiologischen Erkenntnisse über die Entwicklung der Insekten konnten vor allem<br />

im Laufe der vergangenen 30 Jahre durch vielfältige genetische und molekularbiolo-<br />

gische Forschungen ergänzt und erweitert werden. Initiiert und vorwärts getrieben<br />

wurden diese Forschungen von Wissenschaftlern, die sich mit der Taufliege Dro-<br />

sophila melanogaster beschäftigten, welche sich so zu einem der wichtigsten Mo-<br />

dellsysteme der modernen Lebenswissenschaften entwickelt hat. Allein vier wichtige<br />

Nobelpreise für Physiologie und Medizin wurden für Forschungen an Drosophila<br />

vergeben (http://nobelprize.org/), zuletzt 2004 an Linda Buck und Richard Axel, die<br />

für die Entdeckung der Familie der Geruchsrezeptoren in Maus und Fliege geehrt<br />

wurden (Buck und Axel, 1991). Den Grundstein der modernen Drosophila-Forschung<br />

legte aber schon Thomas Hunt Morgan 1911 und in den darauf folgenden Jahren, in<br />

denen er die Chromosomentheorie der Vererbung beweisen konnte, wofür er 1933<br />

den Nobelpreis erhielt (Morgan, 1911; 1915). 1945 wurde dann Hermann Muller<br />

ausgezeichnet, ein Schüler Morgans, weil er zeigte, dass Röntgenstrahlen Mutatio-<br />

nen auslösen können (Muller, 1927). Schließlich wurde der Nobelpreis für Medizin<br />

1995 an Christiane Nüsslein-Volhard, Eric Wieschaus und Edward Lewis verliehen,<br />

die mit ihren genetischen Untersuchungen und großangelegten Mutagenese-Screens<br />

Ende der 70er und in den 80er Jahren die genetische Musterbildung des Drosophila-<br />

Embryos in einer umfassenden Art und Weise entschlüsseln konnten (Nüsslein-<br />

Volhard und Wieschaus, 1980; Nüsslein-Volhard et al., 1987). Diese Arbeiten legten<br />

den Grundstein für die moderne Insektenentwicklungsbiologie.<br />

Eben jene moderne, molekularbiologische Insekten-Entwicklungsbiologie ist seit<br />

etlichen Jahren nicht mehr auf Drosophila beschränkt. In einigen Arten unterschiedli-<br />

cher Insektenordnungen wird heute versucht, aufbauend auf der umfangreichen<br />

Datenbasis der Fliegen-„Community“ neue Erkenntnisse zur Evolution entwicklungs-<br />

biologischer Prozesse zu erlangen und diese Arten als unabhängige Modellsysteme<br />

zu etablieren. Eines der erfolgreichsten Systeme dieser Art ist der rote Reismehlkäfer<br />

Tribolium castaneum (Abb. 1; Klingler, 2004). Tribolium hat sich in den vergangenen<br />

11


Allgemeine Einleitung<br />

Jahrzehnten zu einem konkurrenzfähigen Modellsystem für genetische und verglei-<br />

chende entwicklungsbiologische Fragestellungen entwickelt. Vor allem seit der<br />

Sequenzierung des Genoms wird er nun zunehmend auch als Forschungsobjekt für<br />

viele andere Bereiche der Insektenbiologie verwendet (Roth und Hartenstein, 2008;<br />

Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />

12<br />

Tribolium castaneum gehört zur Familie der Tenebrionidae, der Schwarzkäfer,<br />

und damit zu einer großen Familie der artenreichsten Ordnung, den Coleoptera mit<br />

über 350 000 beschriebenen Arten (http://tolweb.org/Coleoptera). Innerhalb der über<br />

20 000 Arten der Tenebrionidae finden sich 33 Tribolium Spezies (Sokoloff, 1972).<br />

Tribolium castaneum gehört hierbei einer Gruppe indo-orientalischen Ursprungs an,<br />

gilt heute allerdings als Kosmopolit, da er sich als synanthroper Getreideschädling<br />

auf der ganzen Welt verbreitet hat (Sokoloff, 1972; Klingler, 2004; Angelini und<br />

Jockusch, 2008). Diese Synanthropie und die damit in Zusammenhang stehende<br />

einfache Haltung ist eines der Argumente für Tribolium als geeignetes Insekten-<br />

Modellsystem. Außerdem hat Tribolium eine relativ kurze Generationszeit und eine<br />

hohe Reproduktionsrate. Für die moderne molekularbiologische Forschung ist aber<br />

vor allem die genetische Zugänglichkeit und die Verfügbarkeit grundlegender Metho-<br />

den von Bedeutung, die in den letzten 20 Jahren deutlich vorangetrieben wurde und<br />

Tribolium heute zum wichtigsten Insekten-System neben Drosophila macht. Das<br />

verhältnismäßig kleine Genom wurde mittlerweile sequenziert, annotiert und steht<br />

über eine Web-Seite zur Verfügung (Brown et al., 1990; Tribolium Genome Sequen-<br />

cing Consortium, 2008; Kim et al., 2010a). Genetische Karten (Beeman und Brown,<br />

1999; Lorenzen et al., 2005), Mutanten aus chemischer und Transposon-<br />

Mutagenese (Beeman et al., 1989; Sulston und Anderson, 1996; Maderspacher et<br />

al., 1998; Trauner et al., 2009), mehrere Transformationssysteme (Lorenzen et al.,<br />

2003; Pavlopoulos et al., 2004), transgene Marker (Berghammer et al., 1999b),<br />

unterschiedliche Laborstämme, viele „Enhancer-trap“-Linien (Lorenzen et al., 2003;<br />

Pavlopoulos et al., 2004; Trauner et al., 2009), Transkriptom- und Proteom-Daten<br />

(Park et al., 2008; Morris et al., 2009) sowie detaillierte Beschreibungen der Biologie<br />

und Morphologie (Sokoloff, 1972; Handel et al., 2000; Trauner und Büning, 2007)<br />

sind verfügbar. Besonders wichtig ist außerdem, dass in Tribolium durch systemi-<br />

sche RNA-Interferenz (RNAi) Gene zu verschiedensten Entwicklungszeitpunkten<br />

einfach inaktiviert werden können. Dabei ist vor allem die Möglichkeit parentaler<br />

RNAi, also die Induktion von RNA-Interferenz in den Nachkommen behandelter


Allgemeine Einleitung<br />

Tiere, hervorzuheben (Brown et al., 1999b; Bucher et al., 2002; Tomoyasu und<br />

Denell, 2004; van der Zee et al., 2006). Zusätzlich zu diesen methodischen Argu-<br />

menten machen einige weitere Punkte Tribolium zu einem interessanten For-<br />

schungsobjekt. Zunächst ist er als Vorratsschädling von wirtschaftlichem Interesse<br />

und damit die Eindämmung seiner Verbreitung Gegenstand aktueller Forschung (z.B.<br />

(Abubakar et al., 2000; Missios et al., 2000; Warchalewski et al., 2000; Arakane et<br />

al., 2008). Außerdem weist seine Embryonalentwicklung einige Aspekte von großem<br />

Interesse auf. Von vergleichenden Untersuchungen der Kurzkeim-Entwicklung Tribo-<br />

liums mit der Langkeim-Embryogenese von Drosophila erhofft man sich Erkenntnisse<br />

über die anzestralen Prozesse der Insektenentwicklung und die Evolution der unter-<br />

schiedlichen Mechanismen der Segmentierung (s. I.1.1). Zudem entwickeln sich in<br />

Tribolium, anders als in der Fliege, bereits während der Embryonalentwicklung<br />

Beine, und der Kopf der Larve weist die anzestrale Ausstattung beißend-kauender<br />

Mundwerkzeuge auf. Drosophila-Larven hingegen haben keine Beine und eine<br />

extrem abgeleitete Kopfkapsel (Bate und Martinez Arias, 1993) was die Untersu-<br />

chung der Entwicklung dieser Strukturen erschwert. Diese Vorteile von Tribolium als<br />

Modellsystem wurden auch in dieser Arbeit genutzt und es wurde zudem versucht<br />

diese zu erweitern.<br />

Im ersten Kapitel wurde die Rolle von nanos und pumilio für die Embryonalent-<br />

wicklung Triboliums untersucht. Jene beiden Gene spielen in Drosophila eine zentra-<br />

le Rolle für die Regionalisierung in frühen embryonalen Stadien. Die dort ablaufen-<br />

den Prozesse weisen in Tribolium viele Unterschiede zur Situation bei Drosophila auf<br />

und sind noch nicht gut verstanden. In diesem Teil der Arbeit wurde also ein klassi-<br />

scher Kandidatengenansatz verfolgt, indem versucht wurde die Rolle zweier aus<br />

Drosophila bekannter Gene in Tribolium aufzuklären. Dieser Ansatz war zwar in der<br />

Vergangenheit sehr erfolgreich, und konnte auch hier mit Erfolg angewendet werden,<br />

offenbarte aber auch im Rahmen dieser Arbeit seine Schwächen. Gerade für die<br />

frühe Entwicklung des Tribolium-Embryos ist klar, dass wesentliche Faktoren, die<br />

diese Prozesse steuern, nicht aus Drosophila bekannt sind, da sie dort möglicher-<br />

weise keine Rolle spielen, oder sich ihre Funktion im Laufe der Evolution verändert<br />

hat. Ein neuer Ansatz um diese Einschränkung zu überwinden, wird im zweiten<br />

Kapitel dieser Arbeit verfolgt. Dort wurde die Methodik eines genomweiten RNAi-<br />

Screens in Tribolium erarbeitet, auf seine Durchführbarkeit und Effektivität getestet<br />

und für die großangelegte Anwendung optimiert. Innerhalb dieses Screens sollen alle<br />

13


Allgemeine Einleitung<br />

Tribolium-Gene auf ihre Funktion in mehreren embryonalen und postembryonalen<br />

Prozessen auf effiziente, sensitive Weise getestet werden. Durch solche molekulare<br />

„forward genetics“-Methoden sollen bisher unbekannte Gene entdeckt werden, deren<br />

Funktion für die Embryogenese möglicherweise im Laufe der Evolution der Frucht-<br />

fliege verloren ging oder sich geändert hat. Außerdem erlaubt die Architektur des<br />

Screens auch die Analyse postembryonaler Prozesse, wie der Metamorphose, und<br />

legt einen Schwerpunkt auf die Etablierung neuer Forschungsfelder.<br />

14<br />

Abb. 1: Postembryonale Entwicklungsstadien von<br />

Tribolium castaneum<br />

A letztes Larvenstadium kurz vor der Verpuppung, laterale<br />

Ansicht<br />

B Puppe mittleren Alters, ventrale Sicht<br />

C dorsale Sicht eines adulten Käfers<br />

D ventrale Sicht eines adulten Käfers<br />

Die gezeigten Tiere tragen eine Mutation des vermillion<br />

Gens, weshalb ihnen die typische schwarze Augenpigmentierung<br />

fehlt (Lorenzen et al., 2002).<br />

Anterior ist links.


I. Kapitel:<br />

I. 1. Einleitung<br />

Die Funktion von Genen der posterioren Gruppe in Tri-<br />

bolium<br />

1. Einleitung<br />

1.1. Die Embryonalentwicklung der Insekten<br />

Die Embryonalentwicklung vieler Arten unterschiedlicher Insektengruppen wurde<br />

in der Vergangenheit analysiert und zunächst morphologisch beschrieben (Sander,<br />

1996). In den letzten Jahren komplettieren zunehmend auch molekularbiologische<br />

Arbeiten an einer wachsenden Zahl verschiedener Spezies das Verständnis dieser<br />

Prozesse (Peel et al., 2005; Rosenberg et al., 2009).<br />

Die Entwicklung der Insekten beginnt zumeist mit der Eiablage, der Großteil der<br />

Arten ist ovipar. In der Regel werden große, dotterreiche Eier bei der Ablage befruch-<br />

tet und die Entwicklung initiiert (Chapman, 1998). Insekteneier sind bereits bei der<br />

Oviposition deutlich sichtbar polarisiert. So liegt beispielsweise am anterioren Ende<br />

meist eine oder mehrere Mikropylen, durch die Spermien eintreten (Counce, 1973).<br />

Auch die Form vieler Insekteneier zeigt bereits Asymmetrien: der posteriore Pol ist<br />

oft stumpfer als der anteriore, die ventrale Seite häufig konvex (Dettner, 2003). Diese<br />

äußeren Anzeichen von Polarität sind Ausdruck der bereits während der Oogenese<br />

angelegten und in der Oozyte manifesten Körperachsen des zukünftigen Embryos<br />

(Sander, 1976; Riechmann und Ephrussi, 2001). Insekteneier durchlaufen meist eine<br />

superfizielle Furchung, während derer in vielen Insektengruppen zunächst keine<br />

Zellmenbranen gebildet werden. Die meisten der anfangs im Dotter liegenden Zell-<br />

kerne wandern im Laufe der Entwicklung in die Peripherie und bilden dort eine<br />

Schicht aus Zellkernen, das Blastoderm. Dieses kann bereits zellularisiert sein (z.B.<br />

Blastodermscheibe bei Schistocerca, (Ho et al., 1997), oder aber es bleibt vorerst als<br />

syncytiales Blastoderm bestehen und bildet erst später Zellgrenzen aus (z.B. Dro-<br />

sophila, (Foe und Alberts, 1983). Diese Form der unvollständigen Furchung erlaubt,<br />

dass sich Moleküle ohne begrenzende Zellmembranen frei innerhalb des Periplas-<br />

mas des frühen Insektenembryos ausbreiten können (Hülskamp und Tautz, 1991;<br />

Klingler und Tautz, 1999). Während dieser frühen Furchungsteilungen finden bereits<br />

15


I. 1. Einleitung<br />

wichtige Musterbildungsprozesse statt, die in der Folge meist zur Bildung einer<br />

Embryonalanlage und der Anlage extraembryonaler Membranen führen (Anderson,<br />

1972a; b). Das Verhältnis dieser beiden embryonalen Anlagen zueinander kann in<br />

unterschiedlichen Insektenarten massiv variieren und steht in Zusammenhang mit<br />

unterschiedlichen Strategien der Segmentierung (Davis und Patel, 2002). Man unter-<br />

scheidet hierbei zwischen Kurz- und Langkeim-Embryogenese (Abb. 2; Krause,<br />

1939; Sander, 1976). Der zusätzliche Begriff des Intermediärkeims ist in der aktuel-<br />

len Literatur weniger gebräuchlich, seine frühere Verwendung macht allerdings<br />

deutlich, dass die Charakteristika beider Strategien nicht immer klar voneinander<br />

abgegrenzt werden können und Übergangsformen auftreten.<br />

16<br />

In einem Langkeim-Embryo werden alle Segmentanlagen noch vor der Gastrula-<br />

tion während blastodermaler Entwicklungsstadien angelegt. Die Embryonalanlage<br />

nimmt meist den größten Teil des Blastoderms ein und die Anlage der extraembryo-<br />

nalen Hüllen ist weniger stark ausgeprägt (Krause, 1939; Sander, 1976). Prominente<br />

Beispiele für Langkeim-Insekten sind die Taufliege Drosophila melanogaster oder die<br />

Honigbiene Apis meliferra (Krause, 1939; Anderson, 1972b; Turner und Mahowald,<br />

1977; Fleig und Sander, 1986). Kurzkeimembryonen hingegen bilden am posterioren<br />

Pol oder innerhalb der posterioren Hälfte des Embryos eine Embryonalanlage aus,<br />

innerhalb derer nur relativ wenige, anteriore Segmentanlagen vor Einsetzen der<br />

Gastrulation spezifiziert werden. Die noch fehlenden Segmentanlagen entstehen<br />

nach Bildung des Keimrudiments aus einer posterioren Wachstumszone. Dabei<br />

werden in einer anterior-nach-posterioren Progression neue Segmentanlagen gebil-<br />

det, wobei sich der Keim in antero-posteriorer Richtung verlängert (Krause, 1939;<br />

Sander, 1976; Davis und Patel, 2002). Somit bestehen die wesentlichsten Unter-<br />

schiede zwischen Lang- und Kurzkeimembryonen in der blastodermalen „fate-map“<br />

(Abb. 2), die entweder nur wenige oder nahezu alle Segmentanlagen aufweist, und in<br />

der Bildung abdominaler Segmente, die entweder innerhalb eines zellulären Systems<br />

(Kurzkeim-Wachstumszone) oder in einem syncytialen Blastoderm (Langkeim)<br />

stattfindet. Beispiele für Kurzkeim-Insekten sind der Amerikanische Grashüpfer<br />

Schistocerca americana, die Wanze Oncopeltus fasciatus oder der Rote Reismehlkä-<br />

fer Tribolium castaneum (Butt, 1949; Sokoloff, 1972; Patel et al., 1989). Die Kurz-<br />

keimentwicklung wird gemeinhin als der basalere, also evolutionär ältere Modus<br />

angesehen. So finden sich Langkeimembryonen nur innerhalb der holometabolen<br />

Insekten, während Vertreter des Kurzkeimmodus in beiden Taxa zu finden sind (Abb.


I. 1. Einleitung<br />

3; Davis und Patel, 2002). Meist geht Langkeimembryogenese einher mit meroisti-<br />

scher Oogenese, also dem Vorhandensein von Nährzellen, die die Oozyte begleiten<br />

(Büning, 1994), und einer verhältnismäßig schnellen Entwicklung, so dass spekuliert<br />

wurde, ob sowohl die simultane Bildung der Segmentanlagen als auch das Vorhan-<br />

densein von Nährzellen in der Oogenese eine kürzere Generationszeit ermöglichen<br />

(Büning, 1994; Davis und Patel, 2002). Das Auftreten beider Embryogenesestrate-<br />

gien in verschiedenen Gruppen innerhalb der holometabolen Insekten legt die mehr-<br />

fach unabhängige Entstehung eines der beiden Typen nahe (Abb. 3; Davis und<br />

Patel, 2002). Entweder der Langkeim-Modus entstand an der Basis der Holometabo-<br />

len, was eine voneinander unabhängige, sekundäre Entwicklung des Kurzkeim-<br />

Modus in Hymenopteren, Käfern und Lepidopteren erfordert, oder die Langkeimemb-<br />

ryogenese selbst ist mehrfach unabhängig entstanden. Dass der Wechsel zwischen<br />

diesen Strategien im Verlauf der Evolution mehrfach geschehen konnte, legt nahe,<br />

dass dies nur wenige Änderungen der Musterbildungssysteme benötigt.<br />

Nachdem alle Segmentanlagen gebildet sind, ähneln sich die meisten Insekten-<br />

embryonen sehr, der gestreckte Keimstreifen repräsentiert also eine Art phylotypi-<br />

sches Stadium (Sander, 1983; Slack et al., 1993; Tautz und Schmid, 1998; Peel et<br />

al., 2005). Hier ist die morphologische und genetische Varianz innerhalb der Insekten<br />

vergleichsweise gering: Segmentpolaritätsgene sind in segmentalen Streifen expri-<br />

miert (Martinez-Arias et al., 1988), Hox-Gene definieren Körperabschnitte und vermit-<br />

teln segmentale Identität (Lawrence und Morata, 1994), und auch die dorso-ventrale<br />

Position der meisten Organanlagen ist ausgeprägt (Heming, 2003). In hemimetabo-<br />

len Insekten findet nun auch die Katatrepsis statt, die „Ausrollung“ des vorher in den<br />

Dotter hineingewachsenen Keimstreifs (Wheeler, 1893; Anderson, 1972a; Panfilio,<br />

2008). Es folgt dann die weitere Differenzierung der Gewebe, die Organogenese und<br />

der dorsale Rückenschluss, bei dem die beiden Seiten der Keimstreifen um den<br />

Dotter herumwachsen und an der dorsalen Mittelllinie schließlich miteinander ver-<br />

schmelzen (Anderson, 1972a; b).<br />

17


I. 1. Einleitung<br />

18<br />

Abb. 2: Unterschiedliche Enwicklungsmodi:<br />

Lang- und Kurzkeim<br />

Gezeigt sind die „fate maps“ eines Drosophila-<br />

(A) und eines Tribolium-Embryos (B) in einer<br />

Schemadarstellung in fortgeschrittenen Blastodermstadien.<br />

Die Unterschiede zwischen Langkeim<br />

(A) und Kurzkeim (B) werden vor allem in<br />

Bezug auf die Anlagen der extraembryonalen<br />

Membranen (Serosa und Amnion bzw. Amnioserosa)<br />

und die abdominalen Segmentanlagen<br />

deutlich.<br />

(A) nach (Hartenstein, 1993), (B) nach (Kotkamp et al.,<br />

2010) PGCs: primordiale Keimzellen (Schröder, 2006),<br />

Ant. Kopf: Anteriorer Kopf, WZ: Wachstumszone<br />

Abb. 3: Vereinfachtes Cladogramm<br />

ausgewählter Insektengruppen<br />

Langkeimembryogenese tritt nur in den<br />

holometabolen Gruppen auf (rote Punkte),<br />

während die Kurzkeimembryogenese<br />

über mehrere Gruppen hinweg auftritt<br />

(gelb). Die bekannten Kurzkeime der<br />

Lepidoptera und Hymenoptera wurden<br />

bisher auch als Intermediärkeime bezeichnet,<br />

folgen also keiner extremen<br />

Kurzkeimembryogenese.<br />

Abbildung verändert nach (Davis und Patel,<br />

2002; Savard et al., 2006b).


I. 1. Einleitung<br />

1.2. Drosophila melanogaster als genetisches Referenzsystem<br />

In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde durch die Arbeiten<br />

von Nüsslein-Volhard, Wieschaus, Lewis und ihrer Kollegen die Grundlage der<br />

heutigen, molekularen Entwicklungsbiologie geschaffen. Durch systematische Muta-<br />

genese-Screens an Drosophila melanogaster und die darauf folgende Auswertung<br />

der Mutanten wurden die Grundzüge der Drosophila Entwicklung entschlüsselt, und<br />

die Embryogenese der Taufliege als Referenzsystem der Insektenembryologie<br />

etabliert.<br />

Nüsslein-Volhard und ihre Kollegen fanden heraus, dass die Segmentierung des<br />

Drosophila-Embryos durch regulative Interaktionen einer Kaskade von Gengruppen<br />

gesteuert wird (Abb. 4). Diese Kaskade wird von maternalen Genprodukten initiali-<br />

siert, die bereits während der Oogenese in der Oozyte deponiert und lokalisiert<br />

werden (St Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992; Riechmann und Ephrussi, 2001).<br />

In prävitellogenetischen Oogenese-Stadien werden dabei mRNAs aus den Nährzel-<br />

len in die Oozyte transportiert, während der Oozytenkern am posterioren Pol zu<br />

liegen kommt (van Eeden und St Johnston, 1999). Dort kommt es zu einem Signal-<br />

austausch der Oozyte mit den posterioren Follikelzellen (Lopez-Schier, 2003), wobei<br />

die Aktivierung des EGF-Rezeptors TORPEDO durch den TGF-ähnlichen Faktor<br />

GURKEN für die Determination der posterioren Follikelzellen nötig ist (Gonzalez-<br />

Reyes et al., 1995; Roth und Lynch, 2009). Diese wiederum induzieren daraufhin in<br />

der Oozyte eine Repolarisierung des Mikrotubuliskeletts, vermittelt durch ein bisher<br />

unbekanntes Signal (Riechmann und Ephrussi, 2001; Roth und Lynch, 2009). Durch<br />

Transposition in Richtung der nun vor allem am anterioren Pol liegenden Mikrotubuli-<br />

Minus-Enden wird bicoid-mRNA am dort lokalisiert (Driever und Nüsslein-Volhard,<br />

1988b; Weil et al., 2006). Am posterioren Pol akkumuliert hingegen die Oskar-<br />

mRNA, die dort die Bildung des Polplasmas steuert (Ephrussi et al., 1991). Hierbei<br />

wird auch die nanos-mRNA am posterioren Pol lokalisiert (Wang und Lehmann,<br />

1991). Nach der Eiaktivierung bilden sich ausgehend von diesen lokalisierten<br />

mRNAs NANOS- und BICOID-Proteingradienten entlang der antero-posterioren<br />

Achse. Diese initialen Gradienten vermitteln die Bildung nachgeschalteter Protein-<br />

gradienten. So inhibiert das NANOS-Protein gemeinsam mit einem ubiquitären<br />

Kofaktor, PUMILIO (Barker et al., 1992), die HUNCHBACK-Expression von der<br />

ubiquitären maternalen hunchback-mRNA im posterioren Teil des Embryos<br />

19


I. 1. Einleitung<br />

(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a). BICOID reprimiert seinerseits von anterior<br />

die Expression von CAUDAL, so dass ein posterior-nach-anteriorer CAUDAL-<br />

Gradient entsteht (Dubnau und Struhl, 1996; Rivera-Pomar et al., 1996). Der Ausfall<br />

dieser maternalen Gene hat weitreichende Folgen. So fehlen in bicoid-Mutanten<br />

beispielsweise Kopf und Thorax (Driever und Nüsslein-Volhard, 1988b), in nanos-<br />

Mutanten das Abdomen (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991).<br />

20<br />

Nach Bildung dieses Koordinatensystems beginnt die zygotische Genexpression,<br />

wobei die Gradienten entlang der antero-posterioren Achse die Grundlage für die<br />

räumlich begrenztere Expression der nachgeschalteten Gap-Gene bilden (Rivera-<br />

Pomar und Jäckle, 1996). Hierbei aktiviert BCD unter anderem die zygotische<br />

hunchback-Expression in einer anterioren Expressionsdomäne (Tautz, 1988; Driever<br />

und Nüsslein-Volhard, 1989; Struhl et al., 1989). Auch andere Gap-Gene, wie knirps,<br />

giant oder Krüppel, werden durch die maternalen Gradienten im syncytialen Blasto-<br />

derm reguliert (Schulz und Tautz, 1994; Simpson-Brose et al., 1994). Weitere Inter-<br />

aktionen untereinander, sowohl aktivierend als auch reprimierend, führen dann zu<br />

definierten, entlang der ap-Achse räumlich begrenzen Expressionsdomänen<br />

(Hülskamp et al., 1990; Bronner und Jäckle, 1991; Kraut und Levine, 1991a; b;<br />

Margolis et al., 1995; Schulz und Tautz, 1995). Diese überspannen meist mehrere<br />

spätere Segmentanlagen des Embryos und sind für deren Ausbildung essentiell. Am<br />

posterioren Pol des Blastoderms werden die Gap-Gene huckebein und tailless<br />

exprimiert, deren Aktivierung auf ein zusätzliches maternales Musterbildungssystem<br />

zurückzuführen ist: das terminale System (Weigel et al., 1990; Furriols und Casano-<br />

va, 2003). Dabei wird die Rezeptor-Tyrosin-Kinase TORSO an den Polen des Emb-<br />

ryos aktiviert, was zu einer Inaktivierung der Repressoren groucho und capicua führt,<br />

und die Expression von tll und hkb erlaubt (Klingler et al., 1988; Sprenger et al.,<br />

1989; Paroush et al., 1997; Jimenez et al., 2000).<br />

Durch die Integration der teilweise überlappenden, lokal begrenzten gap-<br />

Proteingradienten werden dann im zellulären Blastoderm über spezifische Enhancer-<br />

Elemente die einzelnen Domänen der Paar-Regel-Gene aktiviert (Pankratz und<br />

Jäckle, 1990; Klingler und Gergen, 1993; Langeland et al., 1994; Reinitz und Sharp,<br />

1995; Fujioka et al., 1999). Sie sind zunächst in Streifen exprimiert, die ungefähr eine<br />

Segmentanlage überspannen, aber nur in jeder zweiten Anlage ausgebildet werden,<br />

wobei die Domänen der drei primären Paar-Regel-Gene even-skipped, runt und hairy<br />

gegeneinander verschoben sind (Frasch et al., 1987; Carroll et al., 1988; Gergen und


I. 1. Einleitung<br />

Butler, 1988). Interaktionen dieser Faktoren untereinander führen zur Präzisierung<br />

dieser Domänen und der Expression von sekundären Paar-Regel-Genen (Harding et<br />

al., 1986; Manoukian und Krause, 1992; Gutjahr et al., 1993; Klingler und Gergen,<br />

1993; Gutjahr et al., 1994; Hartmann et al., 1994). Einige dieser Gene sind im späte-<br />

ren Verlauf in zusätzlichen Streifen zwischen denen mit doppelsegmentaler Periodizi-<br />

tät exprimiert und weisen so sekundär ein segmentales Muster auf (Macdonald et al.,<br />

1986; Carroll et al., 1988; Duffy et al., 1991). Die Streifenmuster der verschiedenen<br />

Paar-Regel-Gene machen eine exakte Regulierung der Segmentpolaritäts-Gene<br />

möglich, deren Funktion schließlich die Segmentanlagen definiert (DiNardo und<br />

O'Farrell, 1987; Lawrence et al., 1987; Ingham et al., 1988). Dabei sind die Gene<br />

wingless und engrailed in nebeneinander liegenden Zellreihen exprimiert und erhal-<br />

ten dieses Muster durch gegenseitige Aktivierung über die Signalmoleküle<br />

WINGLESS und HEDGEHOG (DiNardo et al., 1985; Baker, 1988; Sanson, 2001).<br />

Zwischen beiden Domänen wird eine Parasegmentgrenze etabliert, die späteren<br />

Segmentgrenzen entwickeln sich posterior der engrailed Streifen (Martinez-Arias und<br />

Lawrence, 1985; Martinez-Arias et al., 1988; Lawrence und Struhl, 1996).<br />

Die Identität der so gebildeten Segmentanlagen wird in der Folge durch die Akti-<br />

vität unterschiedlicher Kombinationen von Hox-Genen vermittelt (Lewis, 1978).<br />

Homeobox-Gene sind eine Gruppe hochkonservierter Transkriptionsfaktoren, die<br />

zumindest innerhalb der Bilateria an der Etablierung unterschiedlicher Identitäten<br />

entlang der Antero-posterioren Achse beteiligt sind (Garcia-Fernandez, 2005). Diese<br />

als Hox-Gene bezeichneten Homeobox-Gene liegen innerhalb genomischer Cluster<br />

und die antero-posteriore Abfolge ihrer Expressionsdomänen entspricht dabei der<br />

Anordnung der entsprechenden Gene auf der genomischen Sequenz (Kolinearität).<br />

Bei Drosophila spaltete sich der Hox-Komplex in zwei Komplexe auf: den Antenna-<br />

pedia- und den Bithorax-Komplex (Lawrence und Morata, 1994). Die Position und die<br />

Grenzen der Hox-Genexpression werden vor allem durch die Aktivität der gap- und<br />

der Paar-Regel-Gene festgelegt (Harding und Levine, 1988; Irish et al., 1989b; Jack<br />

und McGinnis, 1990; Casares und Sanchez-Herrero, 1995).<br />

21


I. 1. Einleitung<br />

Abb. 4: Von Gradienten zu Streifen: Die Ebenen der Drosophila-Segmentierungs-<br />

kaskade<br />

Schematische Darstellung der Proteinexpressionsdomänen im Drosophila Blastoderm. „Step<br />

1“ zeigt maternale Gradienten, die im Fall von NANOS und BICOID durch Diffusion vom Ort<br />

der lokalisierten mRNA ausgehen, und dann die Expression von HUNCHBACK bzw.<br />

CAUDAL im posterioren respektive anterioren Bereich des Embryos reprimieren. „Step 2“:<br />

Basierend auf der Regulation durch die maternalen Gradienten und auf Interaktionen untereinander<br />

entstehen die zygotischen Gap-Gen-Domänen, deren Proteinkonzentrationen von<br />

den Maxima ihrer mRNA-Expressionsdomänen aus diffundieren und kurzreichende Gradienten<br />

bilden.<br />

Im nächsten Schritt („Step 3“) führen die teilweise überlappenden Gap-Gen-Domänen zur<br />

Expression der primären Paar-Regel-Gene in einem doppelsegmentalen Muster. Diese<br />

regulieren sich gegenseitig und die Expression der sekundären Paar-Regel-Gene.<br />

Diese sich wiederholende Abfolge von streifenförmigen Paar-Regel-Gen-Domänen führt in<br />

„Step 4“ zur segmentalen Expression der Segmentpolaritäts-Gene und damit der Ausprägung<br />

von Parasegment- und späteren Segmentgrenzen.<br />

Abbildung leicht verändert aus (Peel et al., 2005).<br />

Ebenso wie die Etablierung der anteroposterioren Achse hängt auch die Festle-<br />

gung der dorso-ventralen Achse in Drosophila von Prozessen während der Oogene-<br />

se ab (Roth, 2003). Nachdem durch die posteriore Lage des Oozytenkerns termina-<br />

les Follikelzellschicksal determiniert wurde, wird dieser zu einer peripheren, anterio-<br />

ren Position transportiert, wodurch wiederum durch das GURKEN-EGF-Rezeptor-<br />

Signal die Festlegung dorsaler Schicksale initiiert wird (Gonzalez-Reyes et al., 1995;<br />

Roth et al., 1995). In der Folge der EGF-Rezeptor-Aktivierung wird die Expression<br />

von pipe in ventralen Follikelzellen aktiviert (Nilson und Schupbach, 1998; Sen et al.,<br />

1998; Peri et al., 2002). PIPE wiederum bedingt eine Proteasekaskade im Perivitel-<br />

linraum, die zur Aktivierung des TOLL Rezeptors in der Oozytenmembran durch den<br />

Liganden SPÄTZLE führt (Moussian und Roth, 2005). Dies führt in der Folge dann<br />

22


I. 1. Einleitung<br />

zur Phosphorylierung und Degradierung von CACTUS und zur Translokation des NF-<br />

!B Transkriptionsfaktors DORSAL in den Zellkern der ventralen Energiden des<br />

syncytialen Blastoderm-Embryos in Form eines ventro-dorsalen Gradienten (Roth et<br />

al., 1989; Moussian und Roth, 2005). Hohe DORSAL Konzentrationen aktivieren<br />

dann beispielsweise snail und twist in der ventral liegenden Mesodermanlage<br />

(Govind und Steward, 1991; Ip et al., 1992), während mittlere Konzentrationen z.B.<br />

short-gastrulation und rhomboid in der Anlage des neurogenen Ektoderms der latera-<br />

len Blastodermbereiche aktivieren (Rusch und Levine, 1996). In der dorsalen Anlage<br />

des Ektoderms werden zerknüllt und decapentaplegic (dpp) exprimiert, die von<br />

dorsal reprimiert werden (Rusch und Levine, 1996; Roth, 2003).<br />

Die Ausbildung der Körperachsen des Drosophila Embryos basiert also auf A-<br />

symmetrien, die dem Ei in Form von lokalisierten mRNAs und räumlich begrenzter<br />

Rezeptoraktivierung mit auf den Weg gegeben werden. Diese Vorraussetzungen<br />

erlauben die schnelle Etablierung des segmentalen Bauplans, durch Interaktionen<br />

diffundierender Faktoren im syncitialen Blastoderm, wobei die Komplexität der ent-<br />

stehenden Muster von Ebene zu Ebene der Segmentierungskaskade zunimmt.<br />

1.3. Tribolium castaneum als Modell für vergleichende Studien<br />

der Embryonalentwicklung<br />

1.3.1. Die Tribolium-Embryogenese<br />

Wie bei allen Insekten beginnt auch die Tribolium-Entwicklung mit einer Reihe<br />

früher Kernteilungen, wie in Drosophila gefolgt von der Bildung eines zunächst<br />

syncytialen Blastoderms (Handel et al., 2000). Die erste sichtbare Differenzierung<br />

des Embryos manifestiert sich in einer weiträumigeren Verteilung der Zellkerne<br />

innerhalb der Serosaanlage ungefähr 9 Stunden nach Eiablage bei 30 °C, d.h. kurz<br />

nach der Vollendung der letzten synchronen Kernteilung (des dreizehnten Mitose-<br />

zyklus, (Handel et al., 2000). Ungefähr die Hälfte des Blastoderms trägt dabei zur<br />

Serosaanlage, die andere zur Embryonalanlage bei. Innerhalb dieser werden blasto-<br />

dermal außer der prägnathalen Kopfanlage noch die Segmentanlagen des<br />

Gnathums und des ersten thorakalen Segments angelegt (Patel et al., 1994), wahr-<br />

scheinlich ist auch zumindest die Anlage des zweiten thorakalen Segments noch ein<br />

Produkt blastodermaler Musterbildung (Schoppmeier und Schröder, 2005). Wenig<br />

23


I. 1. Einleitung<br />

später bildet sich eine Invagination am posterioren Pol des Embryos, deren dorsaler<br />

Rand im weiteren Verlauf als posteriore Amnionfalte die Embryonalanlage in anterio-<br />

rer Richtung überwächst. Dabei sinkt der posteriore Teil der kondensierenden Emb-<br />

ryonalanlage tief in den Dotter ein, wobei die entstehenden Kopflappen weiterhin<br />

dem Dotter aufliegen (Handel et al., 2000). Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Gastru-<br />

lation, also die Invagination des Mesoderms, in einem medianen Bereich des Embry-<br />

os (Handel et al., 2005). Am posterioren Ende des Keimrudiments, der am tiefsten<br />

im Dotter liegenden Stelle des Übergangs von Embryo- zu Amnionanlage, entsteht<br />

die posteriore Wachstumszone. Das Keimrudiment wird nun auch von einer anterio-<br />

ren Amnionfalte überwachsen, wodurch sich das entstehende Serosafenster über<br />

dem nun bereits elongierenden und dem Dotter wieder aufliegenden Keimstreif<br />

schließt. Beim Schluss des Serosafensters trennen sich Amnion und Serosa und<br />

umgeben Embryo und Dotter (Serosa) bzw. die „ventrale“ Seite des Embryos (Amni-<br />

on; (van der Zee et al., 2005). Der Keimstreif elongiert nun, bis aus der Wachstums-<br />

zone 10 abdominale Segmentanlagen gebildet wurden, während die Differenzierung<br />

der Segmentanlagen in anterior-nach-posteriorer Progression fortschreitet und<br />

beispielsweise Extremitätenknospen gebildet werden (Brown et al., 1994b; Schröder<br />

et al., 2008). Schließlich verkürzt und kompaktiert sich der Keimstreif und eine Fusi-<br />

on von Amnion und Serosa leitet den dorsalen Rückenschluss ein, bei dem der<br />

Embryo den Dotter umwächst (van der Zee et al., 2005).<br />

1.3.2. Molekulare Mechanismen der Tribolium-Entwicklung<br />

24<br />

Basierend auf den gewonnnen Erkenntnissen aus Drosophila wurden innerhalb<br />

der letzten zwei Jahrzehnte auch die molekularen Grundlagen der Tribolium-<br />

Segmentierung intensiv erforscht (Brown und Denell, 1996; Denell, 2008; Schröder<br />

et al., 2008). Dabei traten sowohl große Ähnlichkeiten, als auch deutliche Unter-<br />

schiede der beteiligten Mechanismen zu Tage. Prinzipiell scheinen die späten Pro-<br />

zesse der Segmentierungskaskade, also die Bildung der Parasegmentgrenzen durch<br />

die Segmentpolaritäts-Gene und die Etablierung der Segmentidentität durch die Hox-<br />

Gene den höchsten Grad an Konservierung aufzuweisen. Auch in Tribolium werden<br />

Parasegmentgrenzen durch Segmentpolaritäts-Gene wie wingless und engrailed<br />

festgelegt (Brown et al., 1994c; Nagy und Carroll, 1994). Im Zuge der Entwicklung<br />

als Kurzkeiminsekt entstehen diese aber größtenteils sukzessive während der Keim-<br />

streifstreckung und nicht wie bei Drosophila zeitgleich. Auch die Expression der Hox-


I. 1. Einleitung<br />

Gene ist in Tribolium größtenteils konserviert (Shippy et al., 1998; Bennett et al.,<br />

1999; Brown et al., 1999a; Shippy et al., 2000; Curtis et al., 2001; Nie et al., 2001;<br />

Berghammer, 2003; Bäumer, 2006), der Hox-Komplex ist allerdings nicht in zwei<br />

Komplexe aufgespalten (Beeman et al., 1989; Stuart et al., 1991; Denell, 2008;<br />

Shippy et al., 2008). Nur geringe Abweichungen der Expressionsdomänen zwischen<br />

Drosophila und Tribolium treten auf. Beispielsweise wird sex-combs-reduced in<br />

Tribolium strikt in Parasegment 2 exprimiert, während die Expression in Drosophila<br />

nicht exakt mit den Kompartmentsgrenzen assoziiert ist (Riley et al., 1987; Curtis et<br />

al., 2001). Das Ultrabithorax-Ortholog Ultrathorax hat zudem eine zusätzliche frühe,<br />

transiente Expressionsdomäne im ersten thorakalen Segment, die in Drosophila fehlt<br />

(Bennett et al., 1999). Auch die Funktion der Hox Gene scheint weitgehend konser-<br />

viert zu sein, wobei allerdings kleinere Unterschiede auftreten. So zeigen sich bei-<br />

spielsweise bei Verlust der anterioren Hox-Gene in Tribolium tendentiell Transforma-<br />

tionen, wo bei Drosophila eher Differenzierungsdefekte auftreten (Rogers und Kauf-<br />

man, 1997; Brown et al., 2000; Shippy et al., 2000; Curtis et al., 2001). Dies könnte<br />

allerdings der abgeleiteten Morphologie des Drosophila-Gnathums geschuldet sein<br />

(Brown et al., 2000).<br />

Im Gegensatz zu diesen konservierten Prozessen, zeigen die Systeme der Paar-<br />

Regel-Gene und der Gap-Gene größere Unterschiede zwischen Fliegen- und Käfer-<br />

embryonen. Die hierbei größte Diskrepanz zwischen Tribolium und Drosophila be-<br />

dingt sich aus den Unterschieden zwischen der Lang- und der Kurzkeim-<br />

Embryogenese. Während in Drosophila die doppel-segmentalen Paar-Regel-<br />

Domänen nahezu gleichzeitig im Blastoderm gebildet werden und somit direkt von<br />

der Regulation durch maternale und Gap-Gene abhängen (Klingler und Tautz, 1999),<br />

werden die meisten Paar-Regel-Gen-Domänen in Tribolium während der Keimstreif-<br />

Elongation innerhalb der Wachstumszone gebildet (Brown und Denell, 1996). Dies<br />

geschieht durch einen Regulationskreis wechselseitiger Interaktionen der primären<br />

Paar-Regel-Gene innerhalb der Wachstumszone. Während in Drosophila die Gene<br />

even-skipped, runt und hairy als primäre Paar-Regel-Gene bezeichnet werden, sind<br />

es in Tribolium even-skipped, runt und odd-skipped, die den anderen Paar-Regel-<br />

Genen (paired und sloppy-paired) übergeordnet sind (Ingham und Gergen, 1988;<br />

Patel et al., 1994; Brown und Denell, 1996; Choe et al., 2006; Choe und Brown,<br />

2007). Die etablierten Paar-Regel-Gen-Domänen regulieren dann wie bei Drosophila<br />

die segmentale Expression der Segmentpolaritäts-Gene (Choe et al., 2006; Choe<br />

25


I. 1. Einleitung<br />

und Brown, 2007; 2009). Der Verlust eines der primären Paar-Regel-Gene führt zu<br />

einem frühen Abbruch der Segmentierung, während durch RNAi gegen paired oder<br />

sloppy-paired der Verlust der ungeradzahligen bzw. geradzahligen Segmente verur-<br />

sacht wird (Maderspacher et al., 1998; Choe et al., 2006; Choe und Brown, 2007).<br />

hairy und fushi-tarazu werden in Tribolium zwar auch in einem Paarregel Muster<br />

exprimiert, sie scheinen aber keine essentielle Funktion für die Segmentierung zu<br />

haben (Sommer und Tautz, 1993; Brown et al., 1994a; Aranda et al., 2008).<br />

26<br />

Obwohl spekuliert wurde, dass der Paar-Regel-Gen-Regelkreis auch für die Bil-<br />

dung der Segmentanlagen im Blastoderm verantwortlich sei (Choe et al., 2006), ist<br />

zum jetzigen Zeitpunkt nicht vollständig klar, wie die Paar-Regel-Gen-Domänen im<br />

Blastoderm gebildet werden. So gibt es beispielsweise Hinweise auf die Beteiligung<br />

der Gap-Gene hunchback und giant sowie des wichtigen posterioren Faktors<br />

CAUDAL an der Etablierung einzelner Paar-Regel-Gen-Domänen (Cerny, 2007;<br />

Schoppmeier et al., 2009), was zumindest auf die Beteiligung streifenspezifischer<br />

Regulationsprozesse hinweist.<br />

Das Muster der Gap-Gen-Expression in Tribolium zeigt prinzipielle Ähnlichkeiten<br />

zur Situation in Drosophila (Hülskamp und Tautz, 1991). So bilden knirps, giant und<br />

hunchback jeweils eine gnathale und weiter posterior liegende Domänen innerhalb<br />

der Embryonalanlage aus, während Krüppel nur in einer Domäne exprimiert ist<br />

(Sommer und Tautz, 1993; Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al.,<br />

2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Trotz dieser prinzipiellen<br />

Ähnlichkeit finden sich deutliche Unterschiede in der Expression der einzelnen Gene.<br />

Beispielsweise zeigen sowohl die hunchback- als auch die giant-Expression eine<br />

maternale, ubiquitäre Komponente (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004).<br />

Außerdem sind die Expressionsdomänen der Tribolium-Gap-Gene meist im Ver-<br />

gleich zu den Drosophila-Orthologen relativ zu den Segmentanlagen etwas verscho-<br />

ben (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Cerny et al.,<br />

2008; Marques-Souza et al., 2008). Zudem treten Unterschiede auf, die durch die<br />

Kurzkeimentwicklung Triboliums bedingt sind. Die posterioren Domänen von giant<br />

und knirps, und die Krüppel-Domäne werden am posterioren Pol initiiert und differen-<br />

zieren sich im Verlauf der Entwicklung aus, während die posteriore hunchback-<br />

Domäne erst im Laufe der Keimstreifstreckung entsteht (Wolff et al., 1995; Bucher<br />

und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008).


I. 1. Einleitung<br />

Die frühe Regulation der Tribolium-Gap-Gene ist noch größtenteils unverstanden,<br />

es ist aber bekannt, dass Interaktionen untereinander zumindest für die Ausbildung<br />

der Domänen in Keimrudimentstadien wichtig sind (Cerny et al., 2005; Cerny, 2007;<br />

Marques-Souza et al., 2008). Auch hier zeigen sich Unterschiede zur Situation in<br />

Drosophila (Niessing et al., 1997). So ist beispielsweise KRÜPPEL notwendig für die<br />

Aktivierung der posterioren der beiden embryonalen Domänen von giant und repri-<br />

miert die posteriore hunchback-Domäne (Cerny, 2007), sie interagieren also anders<br />

als in Drosophila (Niessing et al., 1997). Andere Interaktionen wiederum finden sich<br />

in beiden Spezies, wie beispielsweise die GIANT-abhängige Repression von Kr<br />

(Rivera-Pomar und Jäckle, 1996; Cerny, 2007). Zumindest das Prinzip der gegensei-<br />

tigen Regulation der Gap-Gene scheint also konserviert zu sein, wobei die Art der<br />

Interaktionen deutlicher Plastizität unterliegt.<br />

Der Verlust der Drosophila-Gap-Gene geht meist mit Segmentdeletionen einher,<br />

die im Zusammenhang mit den Expressionsdomänen stehen (Hülskamp und Tautz,<br />

1991; Rivera-Pomar und Jäckle, 1996). Dies ist in Tribolium weniger deutlich. Wäh-<br />

rend kni-RNAi zwar zu Deletionen von Segmenten im Einflussbereich seiner anterio-<br />

ren Domäne führt, kommt es nach giant, krüppel oder hunchback-RNAi vor allem zu<br />

homeotischen Transformationen und posterioren Segmentierungsabbrüchen (Bucher<br />

und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al.,<br />

2008). Somit scheint eine Aufgabe der Gap-Gene in Tribolium die Positionierung der<br />

Hox-Gen-Expressionsdomänen zu sein, eine Funktion, die sie auch in Drosophila<br />

erfüllen, deren Effekte dort aber durch die segmentalen Deletionen in Kutikula-<br />

Phänotypen weniger deutlich zu Tage treten (White und Lehmann, 1986; Harding<br />

und Levine, 1988; Irish et al., 1989b; Riley et al., 1991; Casares und Sanchez-<br />

Herrero, 1995). Auch in Tribolium gibt es Einflüsse der Gap-Gene auf die Expression<br />

der Paar-Regel-Gene, also auf die frühe Bildung der Segmentanlagen. So haben<br />

beispielsweise gt- und hb-RNAi subtile Effekte auf blastodermale Paar-Regel-Gen-<br />

Expression, während GIANT, HUNCHBACK und KRÜPPEL die Ausbildung von<br />

Paar-Regel-Domänen in Keimstreifstadien beeinflussen (Bucher und Klingler, 2004;<br />

Cerny et al., 2005; Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008).<br />

Außer diesen „kanonischen“ Gap-Genen konnte in Tribolium auch ein neues Gen<br />

mit Charakteristiken eines Gap-Gens beschrieben und so der Wert von Tribolium als<br />

zusätzlichem Modellsystem unterstrichen werden (Savard et al., 2006a). mille-pattes<br />

wird in einer Kopf- und zwei posterioren Domänen exprimiert und RNAi-Experimente<br />

27


I. 1. Einleitung<br />

führen zu Transformationen abdominaler Segmente zu thorakalem Schicksal sowie<br />

zum Abbruch der Segmentierung (Savard et al., 2006a). Die Besonderheit dieses<br />

Gen liegt in der Tatsache, dass es für eine polycistronische mRNA kodiert, die wahr-<br />

scheinlich zu Expression von vier kurzen Peptiden führt, deren Funktionsweise noch<br />

unklar ist (Savard et al., 2006a; Hashimoto et al., 2008).<br />

28<br />

Über die Etablierung initialer Asymmetrien innerhalb des frühen Tribolium-<br />

Embryos bzw. die Interaktionen maternaler Komponenten ist noch verhältnismäßig<br />

wenig bekannt. Ein großer Unterschied der maternalen Systeme in Drosophila und<br />

Tribolium ist das Fehlen des anterioren Morphogens bicoid im Käfer-Genom, das<br />

sich erst innerhalb der Dipteren entwickelte (Stauber et al., 1999; Brown et al., 2001).<br />

Es wurde postuliert, dass die Gene orthodenticle-1 und hunchback in Tribolium die<br />

instruktive Funktion von BCD für die Entwicklung des Kopfes und des Thorax erset-<br />

zen könnten (Schröder, 2003). Beide sind als maternale mRNAs ubiquitär im frühen<br />

Embryo vorhanden und werden dann zunächst von posterior reprimiert (Wolff et al.,<br />

1995; Schröder, 2003). Die Expression von HB zieht sich in der Folge auf die Sero-<br />

saanlage und eine gnathale Expressionsdomäne zurück (Wolff et al., 1995), während<br />

otd-1-Expression zunächst auf die anteriore Hälfte des Embryos und dann auf eine<br />

Kopfdomäne begrenzt wird (Li et al., 1996; Schröder, 2003; Schinko et al., 2008). Als<br />

mögliche Effektoren der posterioren Repression wurden Orthologe der Gene nanos<br />

und pumilio vorgeschlagen (Wolff et al., 1995; Schröder, 2003), die Gegenstand<br />

dieser Arbeit sind. Aufgrund von Doppel-RNAi-Experimenten entstand der Eindruck,<br />

hb und otd-1 wären notwendig für die Spezifizierung der Segmente des Kopfs und<br />

des Thorax, sowie des Großteils der abdominalen Segmente (Schröder, 2003).<br />

Neuere Arbeiten konnten aber zeigen, dass weder hb noch otd-1 eine wesentliche<br />

Rolle für die initiale Anlage der gnathalen Segmentanlagen spielen (Marques-Souza<br />

et al., 2008; Kotkamp et al., 2010) und sie somit keine bcd-Funktion in diesen Berei-<br />

chen ersetzen. Während hb wie weiter oben beschrieben eine Funktion als Gap-Gen<br />

erfüllt, spielt otd-1 neben seiner zygotischen Funktion als Kopf-Gap-Gen (Schinko et<br />

al., 2008) schon in sehr frühen Stadien als ubiquitärer Faktor eine Rolle für die Aus-<br />

bildung der dorso-ventralen Achse und der ventralen Anlage des anterioren Kopfes<br />

sowie der Anlage der Serosa bzw. der Positionierung der Embryo/Serosa-Grenze<br />

(Kotkamp et al., 2010). Diese Funktionen scheinen aber nicht mit einem postulierten<br />

transienten antero-posterioren Gradienten von OTD in Zusammenhang zu stehen<br />

(Kotkamp et al., 2010). Die Wirkung von OTD-1 auf die Ausbildung der Serosa wird


I. 1. Einleitung<br />

wahrscheinlich über die Aktivierung des Hox3-Homologs zerknüllt-1 vermittelt, einem<br />

entscheidenden Faktor für die Entwicklung der Serosaanlage (Falciani et al., 1996;<br />

van der Zee et al., 2005; Kotkamp et al., 2010). Nachdem in Tribolium nicht Kopf und<br />

Thorax, sondern die Anlage der extraembryonalen Membranen die anteriorsten<br />

Schicksale im Blastoderm darstellen, könnte man diese Funktion von ZEN-1 für die<br />

Serosa möglicherweise mit der permissiven Funktion von bcd in Drosophila verglei-<br />

chen (van der Zee et al., 2005). Wie die instruktiven Funktionen von bcd bei der<br />

Segmentierung von Tribolium realisiert werden, bleibt dabei unklar, der posteriore<br />

Faktor CAUDAL scheint aber in diesem Zusammenhang eine Rolle zu spielen (s.u.).<br />

Die Aktivierung von zen-1 hängt nicht ausschließlich von der OTD-1-Aktivität,<br />

sondern auch von Faktoren des terminalen System ab (Schoppmeier und Schröder,<br />

2005; Koniszewski, 2007). Der zusätzliche Einfluss des TORSO-Signalwegs auf die<br />

zen-1-Aktivierung dürfte dabei die räumliche Spezifität vermitteln. Ähnlich wie in<br />

Drosophila (Furriols und Casanova, 2003) führt wahrscheinlich auch in Tribolium<br />

torso-like-Expression an den anterioren und posterioren Polen des Follikelepithels<br />

während der späten Oogenese zur Aktivierung des maternal ubiquitär exprimierten<br />

torso-Rezeptors, was nicht nur wichtig für die Ausprägung der Serosa, sondern auch<br />

für die Bildung abdominaler Segmente notwendig ist (Schoppmeier und Schröder,<br />

2005). Nach torso- oder torso-like-RNAi kommt es zum Verlust aller abdominalen<br />

und des dritten thorakalen Segments. Der torso-Signalweg spielt hier also eine<br />

wichtigere Rolle als bei Drosophila (Furriols und Casanova, 2003). Er initiiert am<br />

posterioren Pol die Expression von Genen wie tll, gt, oder wingless und sorgt offen-<br />

bar für die Etablierung der posterioren Wachstumszone (Schröder et al., 2000;<br />

Schoppmeier und Schröder, 2005; Koniszewski, 2007).<br />

In späteren Keimrudimentstadien hängt auch die posteriore Expression von cau-<br />

dal vom terminalen System ab (Schoppmeier und Schröder, 2005). cad spielt als<br />

wesentlicher posteriorer Faktor auch eine wichtigere Rolle für die Embryogenese in<br />

Tribolium als in Drosophila (Macdonald und Struhl, 1986; Copf et al., 2004). Eben-<br />

falls zunächst maternal ubiquitär exprimiert, wird CAUDAL später durch die Aktivität<br />

der zygotischen Faktoren MEX-3 und ZEN-2 auf die posteriore Hälfte des Embryos<br />

begrenzt, bleibt später in der Wachstumszone aktiv und ist für die Ausbildung aller<br />

Segmentanlagen des Embryos mit Ausnahme des anterioren Kopfes nötig (Schulz et<br />

al., 1998; Copf et al., 2004; Schoppmeier et al., 2009). Wie dabei die Expression von<br />

mex-3 aktiviert wird, ist unbekannt. CAD ist also neben allen Wachstumszonen-<br />

29


I. 1. Einleitung<br />

abhängigen Segmenten auch nötig für die Ausbildung aller blastodermaler Segment-<br />

anlagen mit Ausnahme des anterioren Kopfes. Dieser Befund unterstützt die Idee,<br />

dass Kurz-Keim-Embryonen durch ein posteriores Musterbildungszentrum mögli-<br />

cherweise ausreichende räumliche Information erhalten, um auf ein zusätzliches<br />

anteriores Zentrum verzichten zu können. Dieser Vorstellung folgend könnte CAD als<br />

posteriores Morphogen die Segmentierung der Embryonalanlage steuern. Tatsäch-<br />

lich fehlen die entsprechenden eve-Domänen nach RNAi, es konnte jedoch gezeigt<br />

werden, dass dies eher auf eine Beteiligung innerhalb streifenspezifischer Regulati-<br />

onsmechanismen als auf eine übergeordnete Morphogenfunktion zurückzuführen ist<br />

(Schoppmeier et al., 2009). Somit bleibt unklar, ob in Tribolium ein klassisches<br />

Morphogen existiert, oder die frühe Musterbildung stärker auf regulatorischen Inter-<br />

aktionen zygotischer Faktoren beruht. In Bezug auf die antero-posteriore Positionsin-<br />

formation im Tribolium-Blastoderm bleiben also noch viele Fragen offen.<br />

30<br />

Auch die Ausbildung der dorso-ventralen Achse des frühen Tribolium-Embryos<br />

wurde anhand vergleichender Studien mit Drosophila-Orthologen untersucht. Ebenso<br />

wie bei der Ausbildung der ap-Achse scheint hier eine größere Abhängigkeit von<br />

zygotischen Regulationsprozessen im Vergleich zu maternaler Kontrolle vorhanden<br />

zu sein (Fonseca et al., 2009). Ähnlich wie in Drosophila (Moussian und Roth, 2005)<br />

wird auch in Tribolium durch maternal Toll-Aktivierung DORSAL in ventralen Berei-<br />

chen aktiviert (Chen et al., 2000; Nunes da Fonseca et al., 2008), der DORSAL<br />

Gradient ist aber viel dynamischer und wird nur transient ausgebildet. Hierbei sind<br />

zygotische regulatorische feedback-loops beteiligt, die offenbar ein selbstorganisie-<br />

rendes System darstellen, das durch die maternalen Toll-Signale lediglich seine<br />

Orientierung erhält (Nunes da Fonseca et al., 2008). In der Folge dieser Polarisie-<br />

rung wird ventral der BMP-Antagonist short-gastrulation aktiviert, der die decapen-<br />

taplegic Aktivität auf dorsale Bereiche beschränkt und somit die Konservierung des<br />

BMP-Signals für dorsales Schicksal auch in Tribolium aufzeigt (van der Zee et al.,<br />

2006; Nunes da Fonseca et al., 2008). Interessanterweise ist die frühe Expression<br />

von otd-1 für diese ventrale Aktivierung von sog nötig und zeigt damit eine Verknüp-<br />

fung der ap- und dv-Systeme in Tribolium (Kotkamp et al., 2010). Diese Verknüp-<br />

fung scheint in Tribolium deutlich stärker zu sein als in Drosophila. So erhält die vom<br />

antero-posterioren System abhängige Serosa-Embryo-Grenze durch das dorso-<br />

ventrale System eine dorso-ventrale Asymmetrie (van der Zee et al., 2006). Damit in<br />

Zusammenhang stehend, hängt in Tribolium, anders als in Drosophila und ähnlich


I. 1. Einleitung<br />

wie in Vertebraten, der anteriore Kopf in hohem Maße von dorso-ventraler Musterbil-<br />

dung ab und stellt somit kurioserweise eine ventrale Anlage dar (van der Zee et al.,<br />

2006; Kotkamp et al., 2010).<br />

Abb. 5: Frühe Gradienten und Aktivitäten im Tribolium-Blastoderm<br />

Schematische Darstellung einer blastodermalen „fate-map“ in Verbindung mit der Darstellung<br />

einiger wichtiger Faktoren.<br />

Während CAUDAL für die Entwicklung der meisten embryonalen Segmentanlagen wesentlich<br />

ist, und die TORSO-Aktivität neben der posterioren Wachstumszone auch die Entwicklung<br />

der Serosa massiv beeinflusst, erfüllt maternal ubiquitäres OTD-1 zwar einige wichtige<br />

Funktionen, sein transienter Gradient vermittelt aber nur wenig oder keine räumliche Information.<br />

HB ist indes vor allem für die spätere Regulation der Hox-Gen-Domänen wichtig.<br />

WZ: Wachstumszone. Für diese Abbildung wurden Daten aus diversen im Text besprochenen Veröffentlichungen<br />

integriert.<br />

31


I. 1. Einleitung<br />

1.4. nanos und pumilio – pleiotrop und konserviert<br />

1.4.1. nanos und pumilio in Drosophila<br />

32<br />

Mutanten der Gene NANOS und PUMILIO tragen, wurden bereits in Screens für<br />

letale Mutationen maternaler Faktoren im Rahmen der Arbeiten von Nüsslein-<br />

Volhard, Wieschaus und ihren Mitarbeitern isoliert (Nüsslein-Volhard et al., 1987).<br />

Aufgrund ihres ähnlichen abdominalen Phänotyps wurden diese und einige weitere<br />

Mutanten als „posteriore Gruppe“ bezeichnet. NANOS und PUMILIO stellten sich als<br />

die Effektoren dieser posterioren Gen-Gruppe heraus (Lehmann und Nüsslein-<br />

Volhard, 1991; Wang und Lehmann, 1991; Barker et al., 1992), deren Funktion<br />

tatsächlich für die Ausbildung des Abdomens nötig ist, während Faktoren wie<br />

OSKAR, STAUFEN, VASA und TUDOR die Lokalisierung der NANOS/PUMILIO<br />

Aktivität vermitteln (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991; Wang et al., 1994).<br />

Maternale pumilio-mRNA und das resultierende Protein sind außer im posterior<br />

liegenden Polplasma auch innerhalb des übrigen präblastodermalen Embryos vor-<br />

handen (Barker et al., 1992; Macdonald, 1992), wohingegen die Expression des<br />

NANOS-Proteins auf das Polplasma beschränkt wird und somit die räumliche Spezi-<br />

fität des Komplexes vermittelt (Wang und Lehmann, 1991; Gavis und Lehmann,<br />

1992; Wang et al., 1994). nanos-mRNA wird dabei während der Oogenese in die<br />

Oozyte transportiert (Wang et al., 1994) und dort am posterioren Pol gebunden<br />

(Forrest und Gavis, 2003). Während unlokalisierte nanos-mRNA später im Großteil<br />

des Embryos abgebaut wird (Smibert et al., 1996; Bergsten und Gavis, 1999; Daha-<br />

nukar et al., 1999; Smibert et al., 1999), kann im Polplasma NANOS-Protein synthe-<br />

tisiert werden (Gavis und Lehmann, 1994; Dahanukar und Wharton, 1996), das von<br />

dort nach anterior diffundiert und einen Gradienten bildet (Gavis und Lehmann, 1992;<br />

Wang et al., 1994). Beide Gene sind in späteren Stadien der Entwicklung auch in<br />

neuronalen Geweben und den Ovaren exprimiert (Barker et al., 1992; Forbes und<br />

Lehmann, 1998; Wharton et al., 1998; Menon et al., 2004; Wang und Lin, 2004; Ye et<br />

al., 2004; Brechbiel und Gavis, 2008).<br />

Die posteriore Aktivität des NANOS/PUMILIO-Komplexes verhindert die Transla-<br />

tion der maternalen hunchback-mRNA in den posterioren Bereichen des präblasto-<br />

dermalen Drosophila-Embryos (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl,<br />

1989; Barker et al., 1992; Murata und Wharton, 1995; Wharton et al., 1998; Sonoda


I. 1. Einleitung<br />

und Wharton, 1999). Dadurch ist die Expression posteriorer gap-Domänen und die<br />

Aktivierung abdominaler Paar-Regel-Gen-Domänen möglich (Enslee und Riddiford,<br />

1981; Frasch und Levine, 1987; Gaul et al., 1987; Struhl, 1989; Hülskamp et al.,<br />

1990; Eldon und Pirrotta, 1991; Kraut und Levine, 1991a; b). nanos und pumilio sind<br />

also für die Ausbildung abdominaler Segmente nötig, so dass die Mutation eines der<br />

beiden Gene zum Verlust des Abdomens in betroffenen Larven führt (Nüsslein-<br />

Volhard et al., 1987; Irish et al., 1989a; Barker et al., 1992). Diese Notwendigkeit von<br />

nanos und pumilio für die Embryonalentwicklung erwächst allerdings nur aus dem<br />

Vorhandensein maternaler hb-mRNA. Embryonen, denen sowohl NANOS-Aktivität<br />

als auch maternale hb-mRNA fehlt, können sich zu adulten Tieren entwickeln<br />

(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989). Zusätzlich zu dieser Funkti-<br />

on sind nanos und pumilio in der Lage, die Translation des anterioren Faktors bicoid<br />

zu reprimieren, und in diesem Zusammenhang wahrscheinlich den zeitlichen Verlauf<br />

des bicoid-mRNA-Abbaus zu regulieren (Driever und Nüsslein-Volhard, 1988b;<br />

Wharton und Struhl, 1989; Wang und Lehmann, 1991; Gamberi et al., 2002).<br />

NANOS und PUMILIO sind als Komponenten des Polplasmas nicht nur an der<br />

Ausbildung der embryonalen AP-Achse beteiligt, sondern spielen auch eine Rolle für<br />

die Entwicklung der primordialen Keimzellen (PGCs; Kobayashi et al., 1996; Asaoka-<br />

Taguchi et al., 1999; Parisi und Lin, 1999). In nanos- oder pumilio-Mutanten werden<br />

zwar Polzellen gebildet (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1991), diese sind aber nicht<br />

in der Lage, die Wanderung in die entstehende Gonadenanlage zu durchlaufen<br />

(Kobayashi et al., 1996; Asaoka-Taguchi et al., 1999). NANOS und PUMILIO sind in<br />

diesem Zusammenhang nötig, um die Identität der PGCs zu erhalten (Gilboa und<br />

Lehmann, 2004). Hierbei kontrollieren sie beispielsweise die mitotische Aktivität<br />

durch die Regulation der CyclinB-Expression (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Kadyrova<br />

et al., 2007). Außerdem hemmen sie in den primordialen Keimzellen die transkriptio-<br />

nelle Aktivität, sie reprimieren die Expression somatischer Gene und verhindern den<br />

Eintritt in die Apoptose (Asaoka et al., 1998; Deshpande et al., 1999; Schaner et al.,<br />

2003; Sato et al., 2007). Selbst in adulten Tieren spielen NANOS und PUMILIO noch<br />

eine Rolle für die Keimbahn: Sie sorgen für den Erhalt der Keimbahnstammzellen im<br />

Ovar, indem sie ihre Differenzierung in Cystoblasten unterdrücken (Lin und Sprad-<br />

ling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Bhat, 1999; Gilboa und Lehmann, 2004;<br />

Wang und Lin, 2004; Szakmary et al., 2005; Kim et al., 2010b).<br />

33


I. 1. Einleitung<br />

34<br />

Weitere postembryonale Funktionen erfüllen nanos und pumilio in neuronalen<br />

Geweben. So wurde gezeigt, dass pumilio eine Rolle für das Langzeitgedächtnis<br />

spielt (Dubnau et al., 2003), und dass beide Gene in die Entwicklung peripherer<br />

Neuronen bzw. deren Verzweigungen involviert sind (Ye et al., 2004; Brechbiel und<br />

Gavis, 2008). Außerdem sind sie für die Aktivität an larvalen neuro-muskulären<br />

Endplatten und Motoneuronen nötig (Schweers et al., 2002; Mee et al., 2004; Menon<br />

et al., 2004; Muraro et al., 2008; Menon et al., 2009). Man kann davon ausgehen,<br />

dass außer diesen bisher bekannten Funktionen noch etliche weitere Prozesse von<br />

einer regulativen Aktivität zumindest PUMILIOs abhängen. So wurden in einem<br />

genomweiten Screen nach PUMILIO-assoziierten mRNAs mehrere Hundert poten-<br />

tielle Ziel-mRNAs isoliert (Gerber et al., 2006).<br />

1.4.2. nanos und pumilio sind evolutionär alte Gene<br />

Sowohl NANOS als auch PUMILIO zeichnen sich durch klar definierte Protein-<br />

domänen aus, die die Identifizierung von Orthologen vereinfacht. Die funktionelle<br />

Domäne des NANOS-Proteins ist eine spezielle Zink-Finger Struktur am C-Terminus<br />

des Proteins, die sich klar von anderen Zink-Finger-Proteinen unterscheiden lässt<br />

(Curtis et al., 1997). PUMILIO enthält eine spezielle RNA-bindende Domäne, für die<br />

das Drosophila-Protein gemeinsam mit einem C. elegans-Homolog namensgebend<br />

ist: die Puf-Domäne (Wickens et al., 2002). Diverse homologe Gene von nanos und<br />

pumilio wurden in etlichen Arten untersucht, wobei nur in wenigen Studien auch<br />

funktionelle Aspekte untersucht wurden.<br />

Innerhalb der Insekten gibt es, abgesehen von einem Hinweis auf ubiquitäre Ex-<br />

pression in der Heuschrecke Schistocerca americana (Lall et al., 2003), keinerlei mir<br />

bekannte Studien zu pumilio-Orthologen. Die Expression von nanos-Orthologen<br />

wurde aber in mehreren Arten untersucht. In Langkeiminsekten wie den Dipteren<br />

(Curtis et al., 1995) oder auch den Hymenopteren Apis und Nasonia (Dearden, 2006;<br />

Olesnicky und Desplan, 2007) scheint die posteriore Lokalisation maternaler nanos-<br />

mRNA konserviert zu sein. Allerdings ist in den Moskitos Anopheles gambiae und<br />

Culex quinquefasciatus auch eine transiente anteriore Lokalisierung von nanos-<br />

mRNA, und in der Winterschwebfliege Episyrphus balteatus sogar eine zusätzliche<br />

ubiquitäre Komponente nachweisbar (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke<br />

und Schmidt-Ott, 2009). In Episyrphus wurden auch die einzigen funktionellen Insek-<br />

ten-Studien zu nanos außerhalb Drosophilas durchgeführt, die aber keinen Effekt


I. 1. Einleitung<br />

des nanos-Verlusts auf die Segmentierung nachweisen konnten (Lemke und<br />

Schmidt-Ott, 2009). In Schistocerca americana wird NANOS zygotisch an posteriorer<br />

Position exprimiert (Lall et al., 2003), und im Seidenspinner Bombyx mori zeigen gar<br />

vier nanos-Orthologe diverse unterschiedliche Expressionsmuster (Nakao et al.,<br />

2008). In einigen Arten ist außerdem eine Expression in den Polzellen bzw. den<br />

primordialen Keimzellen beschrieben: in den Dipteren (Curtis et al., 1995; Goltsev et<br />

al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke und Schmidt-Ott, 2009), in Bombyx (Nakao et al.,<br />

2008), Apis (Dearden, 2006), Schistocerca (Lall et al., 2003) oder Acyrtosiphon<br />

(Chang et al., 2006; Chang et al., 2009). Das nanos-Gen ist also innerhalb der Insek-<br />

ten konserviert, seine Expression unterliegt allerdings einigen Variationen, wobei<br />

eine posteriore Expression und die Assoziation mit der Keimbahn konserviert zu sein<br />

scheinen. Eine Konservierung der posterioren Musterbildungsfunktion lässt sich aus<br />

diesen Daten allerdings nicht ableiten. Hierfür ist die Variabilität der Muster zu groß<br />

und es fehlen funktionelle Studien um fundierte Aussagen machen zu können. In<br />

Arthropoden außerhalb der Insekten sind meines Wissens weder nanos- noch pumi-<br />

lio-Orthologe beschrieben.<br />

nanos und pumilio außerhalb der Arthropoden<br />

Dass beide Gene innerhalb des Tierreichs konserviert sind, und somit nicht erst<br />

während der Evolution der Insekten entstanden, zeigen etliche Untersuchungen an<br />

Arten außerhalb der Arthropoden. So finden sich pumilio-Homologe sogar in Saccha-<br />

romyces cerevisiae, Dictyostelium und Trypanosoma cruzi (Souza et al., 1999;<br />

Olivas und Parker, 2000; Hoek et al., 2002b; Saint-Georges et al., 2008; Droll et al.,<br />

2010). Die Expression von nanos-Homologen in drei Cnidaria-Arten (Mochizuki et al.,<br />

2000; Torras et al., 2004; Extavour et al., 2005; Torras und Gonzalez-Crespo, 2005)<br />

ist ebenso wie in einigen Arten der Lophotrochozoa (Planaria: Dugesia japonica,<br />

Schmidtea mediterranea (Salvetti et al., 2005; Sato et al., 2006; Handberg-Thorsager<br />

und Salo, 2007; Wang et al., 2007); Annelida: Capitella sp. (Dill und Seaver, 2008),<br />

Helobdella robusta (Pilon und Weisblat, 1997; Kang et al., 2002; Agee et al., 2006);<br />

Mollusca: Illyanassa obsoleta (Rabinowitz et al., 2008), Haliotis asinina (Alexandrea<br />

et al., 2010) mit der Keimbahn oder Keimbahnvorläuferzellen assoziiert, wobei häufig<br />

zusätzliche Expressionsdomänen in somatischen Geweben und in Helobdella ro-<br />

busta (Annelida, Agee et al., 2006) und Ilyanassa obsoleta (Mollusca, Rabinowitz et<br />

al., 2008) sogar wichtige Funktionen für die Embryonalentwicklung beschrieben<br />

wurden. Ein pumilio-Gen in Dugesia japonica spielt außerdem eine Rolle für den<br />

35


I. 1. Einleitung<br />

Erhalt der adulten Stammzellen, den Neoblasten (Salvetti et al., 2005). In C. elegans<br />

gibt es mehrere pumilio- und nanos-Homologe, die ebenfalls sowohl in der Keimbahn<br />

an Prozessen wie dem „hermaphroditic switch“ und dem Erhalt der primordialen<br />

Keimzellen und Keimbahnstammzellen beteiligt sind, als auch Funktionen in somati-<br />

schen Vorgängen erfüllen (Zhang et al., 1997; Kraemer et al., 1999; Subramaniam<br />

und Seydoux, 1999; Crittenden et al., 2002; Walser et al., 2006; Nolde et al., 2007;<br />

Kaye et al., 2009). Bei der Adaption von olfaktorischen Neuronen wurde für eines der<br />

Puf-Domänen-Proteine (FBF-1) im Gegensatz zu den meisten anderen funktionellen<br />

Zusammenhängen interessanterweise eine Rolle als translationaler Aktivator beo-<br />

bachtet (Kaye et al., 2009). In Vertebraten sind die Funktionen bzw. Expressions-<br />

muster von nanos- und pumilio-Homologen ebenfalls vor allem mit der Keimbahn in<br />

beiden Geschlechtern und auch mit neuronalen Geweben assoziiert (Mosquera et<br />

al., 1993; MacArthur et al., 1999; Koprunner et al., 2001; Nakahata et al., 2001;<br />

Spassov und Jurecic, 2002; Jaruzelska et al., 2003; Moore et al., 2003; Tsuda et al.,<br />

2003; Draper et al., 2007; Lee et al., 2008; Aoki et al., 2009; Kusz et al., 2009; Sada<br />

et al., 2009). Hierbei ist als interessant zu erwähnen, dass die Regulation von Cyc-<br />

linB, die in primordialen Keimzellen in Drosophila durch NOS und PUM vermittelt<br />

wird (Kadyrova et al., 2007), in Xenopus für die Oozytenaktivierung wichtig zu sein<br />

scheint (Nakahata et al., 2003; Pique et al., 2008), wobei hier ebenfalls die Beson-<br />

derheit auftritt, dass PUMILIO, zumindest in bestimmten, artifiziellen Zusammenhän-<br />

gen, auch aktivierenden Einfluss auf die Translation bestimmter mRNAs nehmen<br />

kann (Pique et al., 2008).<br />

36<br />

Die Gene nanos und pumilio sind also evolutionär konserviert, wobei sich pumi-<br />

lio-Homologe sogar in Protozoen, Hefen und Pflanzen finden (Olivas und Parker,<br />

2000; Hoek et al., 2002a; Francischini und Quaggio, 2009) und vor allem in Arten mit<br />

mehreren Paralogen für diverse RNA-Regulationsprozesse herangezogen wurden.<br />

Die Untersuchung zahlreicher nanos-Homologen in Arten unterschiedlichster Tier-<br />

gruppen und auch die weniger umfangreichen Studien zu pumilio-Homologen legen<br />

nahe, dass eine Rolle für die Entwicklung der Keimbahn und ihrer Funktion von<br />

Cnidariern bis hin zu Vertebraten konserviert ist und somit möglicherweise die ur-<br />

sprüngliche Funktion von nanos und pumilio innerhalb des Tierreichs darstellt. Dabei<br />

weisen funktionelle Studien aus Caenorhabditis elegans, Planarien, Zebrafisch und<br />

Maus darauf hin, dass nanos-Homologe am Erhalt der primordialen und der späteren<br />

Keimzellpopulationen beteiligt sind.


I. 1. Einleitung<br />

Außerdem zeigen nanos-Homologe in einigen Arten maternale und im Verlauf<br />

der Entwicklung weitere somatische Expressionsmuster, denen vereinzelt auch<br />

wichtige Funktionen zugeordnet werden konnten (Agee et al., 2006; Rabinowitz et<br />

al., 2008). Insgesamt scheinen diese somatischen Aspekte aber diverser und es<br />

scheint fraglich, ob sie alle auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen sind<br />

(Extavour et al., 2005). Die Beteiligung von nanos- und pumilio-Genen an neuronalen<br />

Prozessen in C. elegans und Drosophila (Muraro et al., 2008; Kaye et al., 2009),<br />

sowie die Expression in Gehirngewebe in Maus und Fisch (Haraguchi et al., 2003;<br />

Aoki et al., 2009) lässt hingegen vermuten, dass hier ein konservierter Funktionszu-<br />

sammenhang besteht, der durch weitere Arbeiten an Nicht-Modell-Organismen<br />

untersucht werden sollte.<br />

1.4.3. Der nanos-pumilio-Repressionskomplex<br />

Neben den Arbeiten in Drosophila haben auch viele der Studien in anderen Sys-<br />

temen dazu beigetragen die Funktionsweise von NANOS und PUMILIO zu verste-<br />

hen. Sowohl NANOS als auch PUMILIO sind RNA-bindende Proteine, die zumindest<br />

in Drosophila (Sonoda und Wharton, 1999), Caenorhabditis (Subramaniam und<br />

Seydoux, 1999; Hansen et al., 2004) und Xenopus miteinander in einem Komplex<br />

wirken (Nakahata et al., 2001). Dabei bindet NANOS mit seiner speziellen CCHC-<br />

Zink-Finger-Domäne sequenzunabhängig an RNA und wirkt somit nur als Kofaktor<br />

(Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997), der durch den sequenz-spezifisch bindenden<br />

Partner PUMILIO rekrutiert wird (Sonoda und Wharton, 1999). Die RNA-Binde-<br />

Domäne von PUMILIO besteht aus Puf-Wiederholungseinheiten, die in dieser Form<br />

hoch-konserviert in pumilio-Homologen auftreten (Zamore et al., 1997; Wharton et<br />

al., 1998; Edwards et al., 2001; Wickens et al., 2002). Die Kristalltruktur der Puf-<br />

Domäne des humanen PUMILIO-1-Proteins zeigt, dass die einzelnen Einheiten der<br />

Domäne dabei jeweils ein spezifisches Nukleotid einer „Core-Sequenz“ der Ziel-RNA<br />

binden (Wang et al., 2002). Einige Nukleotide dieser „Core“-Sequenz sind ebenfalls<br />

über Speziesgrenzen hinweg hochkonserviert (White et al., 2001; Bernstein et al.,<br />

2005; Gerber et al., 2006). Die Spezifität einzelner Paraloge innerhalb einer Spezies<br />

wird dabei beispielsweise durch benachbarte wesentliche Nukleotide, oder in die<br />

„Core“-Sequenz eingeschobene Basen vermittelt (Cheong und Hall, 2006; Gupta et<br />

al., 2008; Wang et al., 2009). Die Zielsequenz in den Drosophila hunchback-, bicoid-<br />

oder Cyclin-B-mRNAs, das Nanos-Response-Element, besteht aus zwei sogenann-<br />

37


I. 1. Einleitung<br />

ten Boxen, A und B, die jeweils Varianten dieser „Core“-Sequenz darstellen (Wharton<br />

und Struhl, 1991; Kadyrova et al., 2007). Diese werden wohl tatsächlich von zwei<br />

PUMILIO-Proteinen, wahrscheinlich kooperativ, gebunden (Gupta et al., 2009). Im<br />

Falle der Regulation der Drosophila hb-mRNA, nicht aber beispielsweise der Cyclin-<br />

B-mRNA, kommt zu dem tripartiten Komplex aus Ziel-mRNA, PUMILIO und NANOS<br />

noch ein weiteres Protein, BRAIN-TUMOR hinzu, das selbst keine RNA-Interaktion<br />

eingeht (s. 2.7; Sonoda und Wharton, 2001).<br />

38<br />

Der an mRNA gebundene PUMILIO-Komplex reguliert die Proteinexpression auf<br />

unterschiedliche Weise. So führt der NANOS/PUMILO-Komplex in Drosophila zur<br />

Deadenylierung von hb- und bcd-mRNAs (Wharton und Struhl, 1991; Wreden et al.,<br />

1997; Gamberi et al., 2002) und requiriert den Deadenylase-Komplex POP2/CCR4<br />

zur Regulation von Cyclin-B (Kadyrova et al., 2007), eine Interaktion, die auch für ein<br />

Saccharomyces-pum-Homolog beschrieben wurde (Goldstrohm et al., 2006;<br />

Goldstrohm et al., 2007). Zusätzlich zu dieser PolyA-abhängigen Regulation, zeigen<br />

andere Arbeiten, dass der PUMILIO-Komplex auch über Cap-abhängige Prozesse<br />

auf die initiation der Translation wirkt (Chagnovich und Lehmann, 2001). So vermittelt<br />

beispielsweise BRAT durch die Bindung an EHP eine Repression der Cap-<br />

abhängigen Translationsinitiation an der hb-mRNA (Cho et al., 2006). Ähnliche<br />

Prozesse sind für die Drosophila Oogenese (Verrotti und Wharton, 2000) sowie in<br />

Saccharomyces (Deng et al., 2008) und Xenopus (Cao et al., 2010) beschrieben.


1.5. Ziele des ersten Kapitels der vorliegenden Arbeit<br />

I. 1. Einleitung<br />

Tribolium castaneum etabliert sich gegenwärtig zu einem wichtigen Insekten-<br />

Modell-System der Entwicklungsbiologie. Viele Aspekte der frühen Embryogenese<br />

und Segmentierung sind in den letzten Jahren untersucht worden und zeigten Ähn-<br />

lichkeiten und Unterschiede zu der sehr gut untersuchten Entwicklung von Drosophi-<br />

la auf. Besonders die frühen Prozesse der Embryonalentwicklung scheinen sich<br />

dabei deutlich zu unterscheiden und sind in Tribolium noch wenig verstanden<br />

(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />

Ziel dieser Arbeit war, die Tribolium-Orthologen der Drosophila-Gene nanos und<br />

pumilio auf ihre Funktion in der frühen Tribolium-Embryonalentwicklung zu untersu-<br />

chen und so einen Beitrag zur Aufklärung dieser Prozesse zu leisten. In Drosophila<br />

sind NANOS und PUMILIO als Effektoren der Gruppe der maternalen posterioren<br />

Gene für die Ausbildung abdominaler Segmente nötig (Nüsslein-Volhard et al.,<br />

1987).<br />

Im Vergleich mit der Situation in anderen Insektenarten wird die Aufklärung der<br />

Funktion von nanos und pumilio in Tribolium dazu beitragen auch die Evolution der<br />

frühen Insektenembryogenese besser zu verstehen (Peel et al., 2005; Fonseca et al.,<br />

2009; Rosenberg et al., 2009). Besonders interessant ist dies im Zusammenhang mit<br />

der Evolution der unterschiedlichen Entwicklungsmodi der Insekten, dem Kurz- und<br />

dem Langkeim-Typus, für die Tribolium bzw. Drosophila beispielhafte Vertreter<br />

darstellen (Krause, 1939).<br />

Dabei stellt sich die Frage, ob nanos und pumilio auch bei der Kurzkeimembryo-<br />

genese Triboliums eine Rolle für die posteriore Segementierung erfüllen. Mit dem<br />

maternalen Faktor caudal und dem terminalen System sind bereits wesentliche<br />

Einflüsse der posterioren Musterbildung bekannt und es ist zu klären, inwieweit<br />

nanos und pumilio hierbei noch zusätzlich benötigt werden (Copf et al., 2004;<br />

Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />

Darüber hinaus ist von Interesse, ob NANOS und PUMILIO in Tribolium durch<br />

translationelle Repression maternaler Faktoren, wie z.B. HUNCHBACK oder<br />

ORTHODENTICLE-1, auf die blastodermale Regionalisierung wirken. Wenn eine<br />

solche zu Drosophila vergleichbare Funktion besteht, bleibt zu klären, ob bzw. wie<br />

diese mit der postblastodermalen abdominalen Segmentierung in Tribolium in Zu-<br />

sammenhang stehen könnte.<br />

39


I. 1. Einleitung<br />

40<br />

Um diese Fragen zu klären, sollten durch die in Tribolium etablierten RNA-<br />

Interferenz-Methoden die Effekte des Funktionsverlusts beider Gene analysiert<br />

werden. Einflüsse auf die Expression verschiedener im Blastoderm aktiver Faktoren<br />

und die Morphologie der schlupfreifen Larve sollten helfen, die Rolle von nanos und<br />

pumilio innerhalb der frühen Musterbildung von Tribolium einzuordnen.


2. Ergebnisse<br />

I. 2. Ergebnisse<br />

2.1. Im Tribolium-Genom konnten eindeutige Orthologe zu nanos<br />

und pumilio identifiziert werden<br />

Die Identifizierung und molekularbiologische Bearbeitung von Kandidatengenen<br />

in Tribolium hat sich durch die Sequenzierung des Genoms (Tribolium Genome<br />

Sequencing Consortium, 2008) extrem vereinfacht. Während in nicht sequenzierten<br />

Arten die putative Sequenz des jeweiligen Gens aus bekannten homologen Sequen-<br />

zen deduziert werden muss und mit Hilfe eines möglichst breit angelegten Primer-<br />

gemischs ein Fragment durch PCR amplifiziert wird, erlaubt ein sequenziertes Ge-<br />

nom die „in silico“ Identifizierung der Sequenzen über Homologiesuchen (tBLASTx;<br />

(Altschul et al., 1997) gefolgt von der Verwendung von genspezifischen Primern in<br />

der PCR. Auf diese Art und Weise konnten auch die Tribolium-Orthologe der Dro-<br />

sophila Gene nanos und pumilio identifiziert und „kloniert“ werden (s. 4.1).<br />

2.1.1. Tribolium nanos<br />

Das Tribolium-nanos-Gen (TC030446) liegt auf der zweiten Komplementati-<br />

onsgruppe. Es wurde im Rahmen der automatischen Annotation des NCBI (National<br />

Center for Biotechnology Information, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/) nicht erfasst, die<br />

Integration mehrerer Genvorhersageprogramme am HGSC (Human Genome Se-<br />

quencing Center, http://www.hgsc.bcm.tmc.edu/) des Baylor College of Medicine zu<br />

so genannten GLEAN Genmodellen hingegen erlaubte die automatische Annotierung<br />

des größten Teils der nanos kodierenden Sequenz. Die Vorhersage dieses Genmo-<br />

dells (GLEAN_01298) erkannte allerdings ein im richtigen Leserahmen liegendes<br />

Intron nicht, wodurch 5’ der für nanos kodierenden Sequenz mehrere hundert Ba-<br />

senpaaren (bp) fälschlicherweise als sinntragend annotiert wurden. Durch Rapid<br />

Amplification of cDNA Ends (RACE) Experimente im Rahmen meiner Diplomarbeit<br />

(Schmitt, 2005) konnte aber gezeigt werden, dass in vivo jenes kleine Intron (49 bp)<br />

gespleißt wird. Erst dieser Vorgang bringt die Nukleotide des Startcodons (ATG) in<br />

direkte Folge, während der fälschlich annotierte 5’ Bereich nun nicht mehr in einem<br />

durchgängigen Leserahmen mit der kodierenden Sequenz liegt. Die Exongrenze liegt<br />

also genau im nanos Startcodon (A - TG). Diese Besonderheit erschwerte, bzw.<br />

verhinderte die korrekte automatische Annotierung. 3’ der kodierenden Sequenz<br />

41


I. 2. Ergebnisse<br />

konnten durch verschiedene PCR-Experimente unter Verwendung von cDNA als<br />

Matrize noch 382 Nukleotide untranslatierte Sequenz in der mRNA identifiziert wer-<br />

den, so dass nun 1081 Nukleotide der nanos-mRNA bekannt sind (s. Anhang). 453<br />

bp kodieren für ein kleines putatives NANOS-Protein mit 149 Aminosäuren (AS)<br />

Länge und einem Molekülgewicht von ca. 17,4 Kilodalton (kDa). Diese Größe ist<br />

durchaus vergleichbar mit den Proteinen anderer Insektenarten, wie z.B. dem Ortho-<br />

log der Heuschrecke Schistocerca americana mit 177 AS (AAO38523) oder Apis<br />

meliferra (NP_001035321, 120 AS).<br />

42<br />

NANOS ist ein RNA-bindendes Protein, mit einer Zink-Finger-Domäne des<br />

CCHC-Typs im C-terminalen Bereich (Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997; Arriza-<br />

balaga und Lehmann, 1999). Sie liegt im Falle des Tribolium-Proteins zwischen den<br />

Cysteinen 68 und 119. NANOS-Proteine sind über Speziesgrenzen relativ gering<br />

konserviert (Abb. 6, Tab. 1; Curtis et al., 1995; Curtis et al., 1997) und somit wohl<br />

verhältnismäßig schnell evolvierend. Innerhalb der aus zwei Zink-Fingern bestehen-<br />

den funktionellen Domäne liegt die Sequenzidentität zwischen den Tribolium und<br />

Drosophila-Proteinen bei 46% (Abb. 6, A). Auch hier ist die Größenordnung ähnlich<br />

wie bei Vergleichen von NANOS-Proteinen anderer Insektenarten (Tab. 1). Die<br />

charakteristische Struktur der Zink-Finger Domäne erlaubt jedoch eine eindeutige<br />

Identifizierung der Orthologen. Die wesentlichen Aminosäuren der beiden Zink-<br />

Finger sind bezüglich ihrer Identität und ihrer Lage zueinander innerhalb des gesam-<br />

ten Tierreichs hoch konserviert (Abb. 6). Diese klar definierte Struktur ist auch durch<br />

intensive Sequenzsuchen nach einzelnen Teilbereichen im Tribolium-Genom nur<br />

einmal zu identifizieren, Tribolium besitzt also nur ein einziges nanos-Ortholog.<br />

Für die RNAi-Experimente im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Fragment des na-<br />

nos-Gens verwendet, das den Großteil der kodierenden Sequenz und 382 bp nicht<br />

translatierte Sequenzen des 3’ Bereichs enthält (gesamt: 810 bp).


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 6: Sequenzvergleich der funktionellen Domänen von NANOS- und PUMILIO-<br />

Proteinen unterschiedlicher Spezies<br />

A Ein Sequenzvergleich der CCHC-Zink-Finger-Domänen von NANOS-Proteinen aus<br />

unterschiedlichen Spezies zeigt die hohe Konservierung der charakteristischen funktionellen<br />

Aminosäuren (*). Je drei Cysteine und ein Histidin komplexieren ein Zink Atom und bilden<br />

wahrscheinlich zwei strukturelle Einheiten der RNA-Binde-Domäne (Curtis et al., 1997).<br />

B Die PUM-puf-Domäne weist eine hohe Sequenzkonservierung innerhalb des Tierreichs<br />

auf. Sie besteht aus acht Wiederholungseinheiten (puf-domain repeats), die je eine Base des<br />

Nanos-Response-Element binden (Edwards et al., 2001; Wang et al., 2002). Die geschweifte<br />

Klammer weist auf ein Tripeptid hin, dessen Insertion die Bindung der Vertebratenproteine<br />

an Drosophila NANOS verhindert, und somit die Bedeutung des C-terminalen Bereichs für<br />

die Ausbildung des ternären Komplex deutlich macht (Sonoda und Wharton, 1999).<br />

Identische Aminosäuren in allen Spezies in rot, andere in blau.<br />

Tc nos: Tribolium castaneum NANOS (TC030446), Dm nos: Drosophila melanogaster NANOS<br />

(NP_476658), Sa nos: Schistocerca americana NANOS (AAO38523), Nv nos: Nasonia vitripennis<br />

NANOS (NP_001128394), Hs nos1: Homo sapiens NANOS-1 (NP_955631), Hro nos: Helobdella<br />

robusta NANOS (AAB63111), Nvect nos: Nematostella vectensis NANOS (AAW29070); Tc pum:<br />

Tribolium castaneum PUMILO (TC005073), Dm pum: Drosophila melanogaster PUMILIO<br />

(AAB59189), Sa pum: Schistocerca americana PUMILIO (AAO38522), Nv pum: Nasonia vitripennis<br />

PUMILIO (predicted, XP_001607089), Xl pum1: Xenopus laevis PUMILIO-1 (NP_001081119), Hs<br />

pum1: Homo sapiens PUMILIO-1 (AAG31807), Hym pum: Hydra magnipapillata PUMILIO (predicted,<br />

XP_002162083)<br />

43


I. 2. Ergebnisse<br />

Tab. 1: Sequenzidentität unterschiedlicher nanos Zink-Finger<br />

44<br />

vs.<br />

Schistocerca<br />

NOS<br />

Nasonia NOS Tribolium NOS<br />

Drosophila NOS 48 % 57 % 46 %<br />

Tribolium NOS 42 % 44%<br />

Nasonia NOS 60 %<br />

Gezeigt ist der Anteil identischer Aminosäuren der Zink-Finger-Domänen je<br />

zweier NANOS-Proteine im Vergleich.<br />

2.1.2. Tribolium pumilio<br />

Auch ein pumilio-Ortholog konnte eindeutig im Tribolium-Genom identifiziert wer-<br />

den (TC005073). Dieses Gen liegt in einem Bereich, der während der bioinformati-<br />

schen Aufbereitung der Sequenzdaten des Genomsequenzierungsprojekts nicht<br />

eindeutig einer Komplementationsgruppe zugeordnet werden konnte. Allerdings liegt<br />

das gesamte Gen innerhalb eines so genannten Contigs, wird also nicht durch Lü-<br />

cken in der Genomsequenz unterbrochen. Sowohl die automatische Annotierung des<br />

NCBI als auch die des HGSC postulieren Genmodelle für pumilio, welche sich aller-<br />

dings hinsichtlich der 5’ liegenden Exons und des Translationsstarts unterscheiden.<br />

Die von NCBI vorhergesagte kodierende Region beginnt innerhalb des fünften<br />

GLEAN-Introns mit einem ATG 33 bp 5’ des sechsten GLEAN-Exons. Das GLEAN<br />

Modell (GLEAN_05073) ist somit um 5 Exons, genauer gesagt 1026 bp bzw. 342 AS,<br />

länger als die NCBI Annotation (XP_967865) und wird durch Sequenzvergleiche mit<br />

PUMILIO-Proteinen anderer Spezies etwas besser unterstützt (nicht gezeigt). Für<br />

diese Arbeit sind die Diskrepanzen aber unerheblich, da für sämtliche Experimente<br />

ein Gen-Fragment verwendet wurde, das für den bestkonservierten Bereich des<br />

Proteins, die von den Unterschieden unberührte Puf-Domäne, kodiert (Gabbrielli,<br />

1957; Zamore et al., 1997; Edwards et al., 2001; Wang et al., 2001). Die 887 bp<br />

dieses Fragments liegen innerhalb der Exons 11 bis 14. Das GLEAN Modell postu-<br />

liert für das pumilio-Gen 14 kodierende Exons, die in ein Protein mit einem Moleku-<br />

largewicht von angenommenen 120,9 kDa translatiert werden. Die hoch konservierte<br />

Puf-Domäne besteht aus acht sich wiederholenden Einheiten und liegt am C-<br />

terminus zwischen His764 und Lys1047. Die Aminosäureidentität zwischen Tribolium<br />

und Drosophila in diesem Bereich liegt bei 87%, und auch die Ähnlichkeit zu Ortho-<br />

logen phylogenetisch weiter entfernterer Spezies ist sehr hoch (Abb. 6 B). Die Puf-


I. 2. Ergebnisse<br />

Domäne vermittelt die Bindung an das NRE („nanos response element“) in den Ziel-<br />

mRNAs sowie die Bildung des aktiven ternären Repressionskomplexes. Hierfür ist<br />

vor allem der C-terminale Bereich wesentlich, wo eine Insertion von drei AS, die im<br />

Laufe der Evolution in den Vertebraten PUMILIO-Proteinen entstand, die Bildung des<br />

Komplexes mit NANOS und RNA verhindert (Sonoda und Wharton, 1999). Auch für<br />

pumilio ist klar, dass das Tribolium-Genom kein weiteres Gen mit deutlicher Ähnlich-<br />

keit zu anderen pumilio-Genen enthält und somit als einziges Ortholog anzusehen<br />

ist.<br />

2.2. nanos und pumilio werden maternal und zygotisch exprimiert<br />

2.2.1. Die Expression des Tribolium pumilio-Orthologs<br />

Wie schon in meiner Diplomarbeit beschrieben (Schmitt, 2005) ist die Expression<br />

von pumilio im Wesentlichen zwischen Tribolium und Drosophila konserviert (Abb. 7).<br />

Schon während der Oogenese wird pumilio-RNA in der Oozyte deponiert, die wahr-<br />

scheinlich vor allem von den Nährzellen synthetisiert wurde (Abb. 7, A). Innerhalb<br />

des abgelegten Eis und der frühen Embryonalstadien ist die pumilio-RNA ubiquitär<br />

verteilt (Abb. 7, B, C). Dies ist vergleichbar der Situation bei Drosophila (Barker et al.,<br />

1992; Macdonald, 1992), allerdings wird dort das pumilio-Transkript auch posterior<br />

im Polplasma angereichert. Ein solches Polplasma konnte bisher in Tribolium nicht<br />

identifiziert werden, was das Fehlen einer höheren Konzentration im posterioren<br />

Bereich des Eis erklären könnte. Die einzige lokale Anreicherung lässt sich in einem<br />

Areal um den maternalen Vorkern beobachten (Abb. 7, B, C, Pfeil). Dieser Bereich<br />

entspricht dem Ooplasma (Grünfelder, 1998), dem um den Oozytenkern konzentrier-<br />

ten Cytoplasma der Eizelle. Dort sind offenbar auch mRNAs in höherer Konzentrati-<br />

on vorhanden als im restlichen, überwiegend von Dotter gefüllten Teil des Eis, was<br />

somit also zu einer unspezifischen Lokalisierung vieler maternaler RNAs führt. Ein<br />

ähnlicher Effekt kann auch für die maternalen RNAs für giant und eagle beobachtet<br />

werden (Schmitt-Engel, unveröffentlicht; (Bucher et al., 2005).<br />

Erst im Zuge der Differenzierung des Blastoderms konzentriert sich die pumilio-<br />

Expression in der embryonalen Anlage, wobei die Expression innerhalb der Sero-<br />

saanlage zurückgeht (Abb. 7, D, E). Im wachsenden und voll gestreckten Keimstreif<br />

wird die Expression in allen embryonalen Geweben aufrechterhalten und in den<br />

Anlagen der segmentalen Extremitäten verstärkt (Abb. 7, F).<br />

45


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 7: Expression des Tribolium pumilio-Gens<br />

A, B, D, F Nachweis von pumilio-mRNA durch in-situ-Hybridisierung (rot in A und A’).<br />

C,E Nukleäre Färbung mit Hoechst 33342. Grün in A und A’: Immunfluoreszenz gegen<br />

Alpha-Tubulin.<br />

A Im Ovar ist das pumilio Transkript in Oozyten, in den Nährzellen und im Follikelepithel<br />

nachweisbar. Einzig die jüngsten ca. 3 Zellreihen der aus dem präfollikulären Gewebe<br />

hervorgehenden, sich differenzierenden Follikelzellen sind frei von pumilio-Expression<br />

(Linien in A’). Gezeigt ist eine einzelne Ovariole. Je fünf bis sechs Ovariolen bilden eine<br />

Hälfte des paarig aufgebauten Ovars. Nährzellen im Tropharium (T) produzieren RNAs und<br />

verschiedene Proteine für die die wachsenden Oozyten (*), die von somatischen Follikelzellen<br />

(FE) umgeben sind (Büning, 1998; Trauner und Büning, 2007). Die Abbildung F wurde<br />

freundlicherweise von Daniel Bäumer zur Verfügung gestellt.<br />

In sehr frühen Stadien (B) ist pumilio RNA innerhalb des gesamten Embryos nachweisbar<br />

und im Bereich um den maternalen Vorkern angereichert (siehe Text). Im differenzierten<br />

Blastoderm (laterale Ansicht, D) nimmt das Expressionsniveau in der Serosa ab, in voll<br />

gestreckten Keimstreifen (ventrale Ansicht, F) erhöht es sich in den Anlagen der segmentalen<br />

Körperanhänge.<br />

In allen Abbildungen ist anterior links.<br />

pum: pumilio-in-situ-Hybridisierung, S: Serosa, E: Embryoanlage, Md: Mandibuläre Segmentanlage,<br />

Mx: Maxilläre Segmentanlage, Lb: Labiale Segmentanlage, T1: erstes thorakales Segment, A“X“: xtes<br />

abdominales Segment<br />

46


2.2.2. nanos-Expression ist nur in vitro nachweisbar<br />

I. 2. Ergebnisse<br />

Trotz intensiver Bemühungen konnte ich nanos-mRNA-Expression nicht durch<br />

das standardmäßige in situ-Hybridisierungs-Protokoll nachweisen. Auch unterschied-<br />

lichste Variationen der Methode, wie die Verwendung unterschiedlicher Genfragmen-<br />

te als Matrize für die Sondensynthese, hydrolytisch fragmentierte Sonden, stärke-<br />

re/schwächere Fixierungen, Amplifikationsschritte und unterschiedliche Detektions-<br />

methoden führten zu keinem spezifischen Nachweis (vgl. 4.2). Der Vergleich mit<br />

Embryonen, die nicht mit Sonde behandelt, oder mit der sense-Sonde inkubiert<br />

wurden zeigt, dass eine sehr spät einsetzende Färbung in Dotter und embryonalen<br />

Geweben als unspezifische Hintergrungfärbung zu werten ist (nicht gezeigt). Das<br />

Vorhandensein schwacher, ubiquitärer Expression auf dem Niveau des Hintergrund-<br />

signals kann allerdings nicht vollständig ausgeschlossen werden. Ein Polyklonales<br />

Kaninchenserum gegen zwei Peptide des Tribolium NANOS-Proteins (produziert von<br />

der Firma Eurogentec, Köln, Deutschland/Seraing, Belgien) waren nach umfangrei-<br />

chen Tests ebenfalls nicht geeignet, um die Expression von NANOS-Protein in situ<br />

oder auch im Western-Blot zu detektieren. Im Gegensatz zu diesen Methoden war es<br />

allerdings möglich, die Expression von nanos-mRNA in vitro nachzuweisen (Abb. 8).<br />

Durch eine RT-PCR Strategie mit exonischen Primern und verschiedenen cDNAs als<br />

Matritzen (vgl. 4.2.3) konnte ich zeigen, dass nanos über alle getesteten Entwick-<br />

lungsstadien hinweg exprimiert wird. Der Nachweis in unbefruchteten Eiern (Abb. 8,<br />

B, Ansatz 1) zeigt das Vorhandensein maternaler RNA in den Oozyten. Während der<br />

ersten 30 Stunden der Embryonalentwicklung bleibt nanos dann durchgehend kon-<br />

stant exprimiert (Abb. 8, A). Auch in späteren Entwicklungsstadien, also sowohl in<br />

larvalen, pupalen und adulten Tieren, ist mRNA-Expression nachweisbar (Abb. 8, B).<br />

Dies könnte sowohl mit einer Funktion für die Entwicklung und Funktion der Gona-<br />

den, als auch mit einer Rolle für die Entwicklung und Aktivität peripherer Neuronen in<br />

Zusammenhang stehen. Beide Funktionszusammenhänge sind bei Drosophila<br />

bekannt (siehe Einleitung; Kobayashi et al., 1996; Forbes und Lehmann, 1998;<br />

Schweers et al., 2002; Dubnau et al., 2003; Wang und Lin, 2004; Ye et al., 2004).<br />

Eine Quantifizierung der vorhandenen mRNA erlaubt diese Methode allerdings nicht.<br />

Stärkere Signale können zwar ein Hinweis auf eine erhöhte Expression sein, könnten<br />

aber auch auf Schwankungen der Templatequalität zurückzuführen sein.<br />

Obwohl das Vorhandensein der nanos-mRNA in vitro zweifelsfrei gezeigt werden<br />

konnte, war es nicht möglich die räumliche Verteilung in whole mount Färbungen<br />

47


I. 2. Ergebnisse<br />

darzustellen. Möglicherweise unterschreitet das embryonale Expressionsniveau von<br />

Tribolium nanos die Detektionsschwelle der whole-mount in-situ-Hybridisierung.<br />

Abschließend bleibt also unklar, ob die nanos-Aktivität auch in Tribolium durch eine<br />

posteriore Lokalisierung der RNA-Expression räumlich begrenzt wird.<br />

Abb. 8: nanos ist in allen getesteten Entwicklungsstadien exprimiert<br />

UV-Transilluminationsaufnahme der gelelektrophoretisch aufgetrennten Produkte mehrerer<br />

RT-PCRs. Die Ergebnisse für ein Fragment des nanos Gens und eines des ribosomalen<br />

Proteins 49 (Konopova und Jindra, 2007) als Positiv-Kontrolle und Referenzwert sind gezeigt.<br />

A In embryonalen Stadien von 0-30 Stunden Entwicklungsalter bei ca. 30 °C ist nanos<br />

durchgehend exprimiert. Die stärkere Amplifikation in dem 0-30 h Ansatz ist möglicherweise<br />

auf Qualitätsschwankungen der Ausgangs RNA zurückzuführen.<br />

B Auch in nicht befruchteten Eiern von unbegatteten Weibchen, sowie Larven verschiedenen<br />

Alters, männlichen und weiblichen Puppen und männlichen und weiblichen Adulten lässt sich<br />

nanos RNA nachweisen.<br />

C Kontrollen zeigen, dass keinerlei Verunreinigungen durch genomische DNA auftraten.<br />

Sowohl ohne RNA Matrize als auch ohne Reverse Transkriptase kann keine Amplifikation<br />

erfolgen, was zeigt, dass weder die Reaktionsreagenzien noch die Ausgangs-RNA verunreinigt<br />

sind. Die forward-Primer beider Fragmente liegen auf einer Exon-Grenze, was effektiv<br />

die Amplifikation von genomischer DNA verhindert, während Primer innerhalb der Exons<br />

problemlos ein genomisches nanos Fragment liefern.<br />

48


I. 2. Ergebnisse<br />

2.3. pRNAi für nanos und pumilio führt zu Veränderungen der<br />

larvalen Morphologie<br />

Für funktionelle Studien in Tribolium steht die ausgeprägte systemische RNA-<br />

Interferenz-Antwort als sehr effektives Werkzeug zur Verfügung (Brown et al., 1999b;<br />

Bucher et al., 2002; Tomoyasu und Denell, 2004; Arakane et al., 2008). Ein für die<br />

Praxis wesentlicher Vorteil der systemischen RNAi ist die Möglichkeit der parentalen<br />

RNAi, bei der weibliche Puppen mit doppelsträngiger RNA (dsRNA) injiziert werden<br />

(pRNAi). Der RNAi-„knock-down“-Effekt wird so auch in deren Nachkommen indu-<br />

ziert und erlaubt die Untersuchung der Auswirkungen auf die embryonale Musterbil-<br />

dung. Diese Nachkommen werde ich zur Vereinfachung im Folgenden RNAi-Larven<br />

oder -Embryonen nennen. Die parentale RNAi wurde hier genutzt, um die Expressi-<br />

onsniveaus der nanos und/oder pumilio-mRNAs während der Embryonalentwicklung<br />

zu reduzieren und aus den daraus resultierenden Defekten auf ihre Funktion zu<br />

schließen. Diese Defekte lassen sich in den meisten Fällen gut anhand der Morpho-<br />

logie der schlupfreifen Larve analysieren. Die Kutikula der schlupfreifen Larve (Abb.<br />

9, A) spiegelt die Morphologie des Tieres exakt wieder und erlaubt die Differenzie-<br />

rung vieler einzelner Körperbereiche. Deutlich zu erkennen ist die Gliederung in Kopf<br />

(Caput), den Thorax mit seinen drei Beinpaaren und das Abdomen. Am Kopf lassen<br />

sich die Mundwerkzeuge und andere Kopfanhänge gut erkennen. Auf die anteriorste<br />

Struktur, das Labrum, folgen die paarigen Antennen, Mandibeln und Maxillen, sowie<br />

das sekundär fusionierte Labium, das den Präoralraum um die Mundöffnung nach<br />

ventral abschließt (Abb. 10, A). Der Prothorax ist etwas länger als die beiden ande-<br />

ren thorakalen Segmente, und der Mesothorax trägt ein laterales Paar Stigmen (Abb.<br />

9, A). Die abdominalen Segmente 1 bis 8 tragen je ein Paar laterale Stigmen und<br />

sind kaum voneinander zu unterscheiden. Die beiden letzten abdominalen Segmente<br />

(9 und 10) fusionieren mit dem Telson und bilden eine terminale Struktur mit dorsa-<br />

len, vom neunten Abdominalsegment abgeleiteten, Urogomphi und ventral liegenden<br />

Nachschiebebeinchen, den Pygopodien, die als Anhänge des zehnten Abdominal-<br />

segments gelten (Abb. 9, A; Sokoloff, 1972).<br />

49


I. 2. Ergebnisse<br />

2.3.1. Defekte nach nanos pRNAi<br />

50<br />

Zur Erzeugung nanos-pezifischer „knock-down“-Phänotypen wurde dsRNA eines<br />

810 bp-Fragments, das den Großteil der kodierenden Sequenz und Teile des 3’<br />

UTRs enthält, in weibliche Puppen injiziert.<br />

Die Reduktion des nanos-mRNA-Niveaus während der Embryogenese führt zu<br />

zweierlei Defekten. Am offensichtlichsten ist eine deutliche Verkürzung der schlupf-<br />

reifen Larven, verursacht durch eine Reduktion der abdominalen Segmente (Abb. 9,<br />

B). Die abdominalen Segmente sind anhand der Morphologie der Kutikula gut zu<br />

erkennen (Abb. 9, A). In den meisten Fällen verbleiben fünf oder sechs von diesen<br />

Abdominalsegmenten, seltener sind drei oder 4 verbliebene Segmente erkennbar (s.<br />

Anhang, Abb. 41, Tab. 12). Meist sind die noch vorhandenen Segmente allerdings<br />

deutlich gestört. So treten beispielsweise teilweise Segmentfusionen mit Verände-<br />

rungen des Setae-Musters auf (Abb. 9, B). Auch schwächere Phänotypen mit sieben<br />

oder acht verbliebenen Abdominalsegmenten treten auf (nicht gezeigt, Anhang, Abb.<br />

41, Tab. 12). Die terminalen Strukturen (Urogomphi, Pygopodien, Abb. 9, A) sind in<br />

der Regel vorhanden, aber häufig nicht deutlich zu erkennen. Mit dem Großteil der<br />

abdominalen Segmente scheinen also die meisten aus der posterioren Wachstums-<br />

zone gebildeten Segmente (Schröder et al., 2008).<br />

Zusätzlich zu diesen abdominalen, also posterioren Defekten, treten überra-<br />

schenderweise auch Veränderungen in anterioren Segmenten auf. Hierbei sind<br />

Deletionen und Transformationen der Kopfsegmente (Abb. 10, B; Anhang, Tab. 11)<br />

zu beobachten. Am häufigsten treten Transformationen der Labialpalpen zu thoraka-<br />

ler Identität auf. Dies zeigt sich in schwächerer Ausprägung im Vorhandensein einer<br />

distalen Klaue an den Labialpalpen, kann aber auch zur Ausbildung nahezu vollstän-<br />

diger Beine führen (Abb. 10, B). Ferner gibt es Deletionen von antennalen und man-<br />

dibulären Extremitäten, die auf den teilweisen oder vollständigen Verlust der zugehö-<br />

rigen Segmente hindeuten. Die Deletionen erscheinen hier als der seltenere, stärke-<br />

re Effekt, wobei intermediäre Phänotypen beide Aspekte zeigen.<br />

Das Auftreten von phänotypischen Veränderungen nach nanos-RNAi ist nicht<br />

hoch penetrant, allein 45% der sich entwickelnden Larven zeigen keine Defekte<br />

(Abb. 11, Tab. 10). Kopfdefekte sind weniger häufig als die Reduktion von abdomina-<br />

len Segmenten, so dass oft abdominale Deletionen ohne Kopfdefekte, aber sehr<br />

selten Kopfdefekte ohne abdominale Reduktion auftreten (Tab. 10). Das bedeutet


I. 2. Ergebnisse<br />

einerseits, dass die Bildung von abdominalen Segmenten sensitiver auf die Redukti-<br />

on des nanos-Expressionsniveaus reagiert und andererseits, dass die Kombination<br />

beider Effekte den stärkeren Phänotyp darstellt.<br />

Abb. 9: Pupale RNAi gegen nanos und pumilio führt zu einer Reduktion larvaler Seg-<br />

mente<br />

Epifluoreszenzaufnahmen der Kutikulas schlupfreifer Larven aus lateraler Sicht.<br />

A Wildtyplarve. Kopf, drei thorakale Segmente mit Beinen, acht abdominale und der Terminus<br />

mit Urogomphi und Pygopodien sind gut zu erkennen.<br />

B nos-RNAi-Larve. Das Abdomen ist deutlich verkürzt, nur ein Abdominalsegment ist normal<br />

gebildet. Es folgen zwei bis drei irreguläre Segmente, die ventral miteinander fusionieren und<br />

dorsal Veränderungen des Setae-Musters aufweisen (weiße Linie). Eine partielle Transformation<br />

der Labialpalpen zu thorakaler Identität ist an der distalen Klaue erkennbar (Pfeilspitze).<br />

C pum-RNAi-Larve. Drei Abdominalsegmente sind normal ausgebildet, es folgen zwei<br />

deformierte Segmente, der Terminus ist vorhanden (Pfeil). Die Beine sind verkürzt und<br />

unförmig (Pfeilspitze). Der Kopf ist verkleinert.<br />

D nos/pum-RNAi-Larve. Zwei normal ausgebildetete Abdominalsegmente gefolgt von zwei<br />

bis drei deformierten, abdominalen Segmenten. Der Kopf ist deutlich verkleinert.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links, der Größenstandard zeigt 100 !m.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Ur: Urogomphi, Py: Pygopodien.<br />

51


I. 2. Ergebnisse<br />

2.3.2. Defekte nach pumilio pRNAi<br />

52<br />

Zur Analyse der pumilio-Funktion wurde dsRNA eines 887 bp Fragments, das die<br />

konservierte Puf-Domäne überspannt, in weibliche Puppen injiziert und deren Nach-<br />

kommen analysiert.<br />

Die durch pum-RNAi hervorgerufenen Defekte (Abb. 9) sind den nanos Phänoty-<br />

pen im Wesentlichen identisch. Wiederum ist der auffälligste Effekt eine Reduktion<br />

der abdominalen Segmente auf vier bis sieben (s. Anhang, Abb. 41, Tab. 12), die in<br />

aller Regel unterschiedliche Defekte aufweisen, wie sie schon oben für nanos be-<br />

schrieben wurden. Auch nach pumilio-RNAi finden sich Veränderungen der Kopf-<br />

segmente (Abb. 10, C). Es treten ebenfalls Transformationen auf, wobei hier die<br />

Mandibeln von unvollständigen Transformationen betroffen sind. Diese werden zu<br />

einer anderen gnathalen Identität transformiert, was durch das Auftreten von Arealen<br />

sensorischer Organe auf der Mandibel deutlich wird (Abb. 10, C). Solche Areale<br />

finden sich normalerweise an den distalen Enden der Palpen von maxillären oder<br />

auch labialen Segmenten. Zusätzlich zu diesen Effekten zeigen pum-RNAi Larven<br />

auch Verkürzungen aller segmentalen Extremitäten (Abb. 9, Pfeilspitze in C; Abb.<br />

22). Auf diesen pumilio-spezifischen Phänotyp werde ich später nochmals zurück-<br />

kommen (s. 2.8.3). Erwähnt sei allerdings, dass sich die Ausbildung der segmentalen<br />

Gliedmaßen, ebenso wie die Bildung der abdominalen Segmente, sehr sensitiv<br />

gegenüber dem RNAi-Effekt zeigt. Beide Effekte treten gemeinsam, also mit gleicher<br />

Häufigkeit auf (nicht gezeigt). Im Falle der pumilio-RNAi bedeutet das: im weitaus<br />

größten Teil der Nachkommen (81,5 %, s. Anhang Tab. 10). Auch nach pum-RNAi<br />

wird klar, dass Kopfsegmente weniger häufig betroffen sind und somit eine Kombina-<br />

tion aus Kopf- und abdominalen Defekten den stärksten Phänotyp darstellt.<br />

Die nahezu identischen Effekte nach nanos- oder pumilio-RNA-Interferenz legen<br />

nahe, dass beide Proteine wie in Drosophila auch in Tribolium in einem Komplex<br />

wirken. Die Penetranz beider RNAi-Phänotypen differiert allerdings. Während pumi-<br />

lio-RNAi bei 81,5 % der entwickelten Larven zu Defekten führt, ist das nach nanos-<br />

RNAi nur bei 51,4 % der Fall (s. Anhang, Tab. 10). pumilio-RNAi scheint also effekti-<br />

ver zu spezifischen Phänotypen zu führen als nanos-RNAi. In beiden Experimenen<br />

zeigt sich außerdem, dass abdominale Defekte deutlich häufiger sind als das Auftre-<br />

ten gnathaler Veränderungen. Die Bildung abdominaler Segmente reagiert demnach<br />

sensitiver auf die Reduktion der mRNA-Niveaus beider Gene als die Musterbildung


I. 2. Ergebnisse<br />

des Kopfes. Außerdem reagiert sie empfindlicher auf den Abbau der pumilio- als auf<br />

den der nanos-mRNA. Begleitet wird dieser Befund von der Tatsache, dass nur<br />

dsRNA des längsten nos-Fragments zu Defekten führte (s. 4.1).<br />

Bekanntermaßen führt RNAi gegen verschiedene Gene nicht in allen Fällen mit<br />

gleicher Effizienz zu Funktionsverlustphänotypen (Kennerdell und Carthew, 1998).<br />

Diese Effektivitäts-unterschiede könnten auf unterschiedliche Ursachen zurückzufüh-<br />

ren sein. Einerseits ist denkbar, dass die RNAi-Maschinerie (Meister und Tuschl,<br />

2004) für verschiedene dsRNAs bzw. mRNAs nicht gleich effizient arbeitet und somit<br />

das mRNA-Niveau unterschiedlich stark gesenkt wird. Zellkulturstudien an humanen<br />

Zellen zeigen, dass schon verschiedene siRNAs gegen die gleiche mRNA sehr<br />

unterschiedliche Effekte auf das mRNA-Niveau haben können (Holen et al., 2002).<br />

Die Autoren spekulieren, dass mRNA-bindende Proteine eine Ursache dieser Positi-<br />

onseffekte sein könnten. In Drosophila wird die nanos-mRNA lokalisiert und translati-<br />

onell reguliert, was durch postulierte und teilweise untersuchte RNA-bindenden<br />

Faktoren vermittelt wird (Wharton und Struhl, 1989; Bergsten und Gavis, 1999;<br />

Bergsten et al., 2001; Zaessinger et al., 2006; Jain und Gavis, 2008). Möglicherweise<br />

hemmt die Bindung solcher Faktoren die RNA-Interferenz in Tribolium. Andererseits<br />

sind unterschiedliche Prozesse sicherlich nicht gleich empfindlich gegenüber der<br />

Reduktion der einen oder anderen mRNA auf ein bestimmtes Niveau. Das bedeutet,<br />

dass die Schwellenwerte für die Ausprägung unterschiedlicher Phänotypen differie-<br />

ren, und von dem jeweiligen Gen und dem betroffenen Gewebe abhängen. Dies<br />

könnte auch der Grund für die Unterschiede in der Ausprägung der anterioren Defek-<br />

te in den RNAi-Experimenten sein.<br />

Die unterschiedliche Penetranz der Effekte insgesamt, sowie der Kopf- und der<br />

abdominalen Defekte legt nahe, dass durch die RNAi-Experimente kein vollständiger<br />

„knock-down“ erreicht wird. Um dies zu erreichen wurde versucht, den vollständigen<br />

Funktionsverlust durch gleichzeitige Inhibierung beider Genprodukte zu erreichen.<br />

53


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 10: nanos- und pumilio-RNAi führen auch zu Kopfdefekten<br />

Epifluoreszenzaufnahmen der Kopfkutikulas schlupfreifer Larven aus ventraler oder anteroventraler<br />

Sicht.<br />

A Wildtyp. Die paarigen Antennen, Mandibeln und Maxillen, die fusionierten Labialpalpen<br />

und das Labrum sind deutlich zu erkennen.<br />

B nos RNAi Larve. Eine Antenne ist deletiert, die Labialpalpen sind zu beinähnlichen Anhängen<br />

transformiert (Pfeil)<br />

C pum RNAi Larve. Die Mandibeln sind teilweise zu einer anderen gnathalen Identität transformiert,<br />

erkennbar an einem sensorischen Feld ähnlich dem distalen Ende der Maxille<br />

(Pfeil). Sämtliche Kopfanhänge sind verkürzt.<br />

D nos/pum RNAi Larve. Antennen und Mandibeln sind deletiert, die Labialpalpen sind nicht<br />

fusioniert und zu thorakalem Chrakter transformiert, erkennbar an dem Vorhandensein einer<br />

kleinen distalen Klaue am Labialpalpus (Pfeil).<br />

Anterior ist in allen Abbildungen oben.<br />

Lr: Labrum/labrale Segmentanlage, Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md:<br />

Mandibel/mandibuläre Segmentanlage, Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale<br />

Segmentanlage, T: thorakale Identität<br />

2.3.3. nanos/pumilio-Doppel-RNAi führt zu stärkeren Phänotypen<br />

54<br />

Auch in den Nachkommen von Tieren, denen dsRNAs komplementär zu nos und<br />

pum injiziert wurden, finden sich sowohl abdominale Defekte als auch Veränderun-<br />

gen der Kopfsegmente (Abb. 9, Abb. 10). Insofern gleichen sie den Larven in Einzel-<br />

RNAi-Experimenten. Allerdings wird schnell deutlich, dass die beobachteten Phäno-<br />

typen insgesamt stärker und höher penetrant sind (Abb. 11, Abb. 12; s. Anhang Tab.<br />

10, Tab. 11). Das bedeutet, dass Larven, die Segmentierungsabbrüche in Kombina-<br />

tion mit Kopfdefekten zeigen, deutlich häufiger auftreten, als in der Einzel-RNAi.<br />

Während die ohnehin sensitivere Bildung der abdominalen Segmente auch in der


I. 2. Ergebnisse<br />

Doppel-RNAi in vergleichbarem Maße gestört ist (Abb. 9, D), treten die Deletionen<br />

von Kopfanhängen deutlich häufiger auf. Insgesamt zeigen 80% aller entwickelten<br />

Larven den starken Phänotyp, also die Kombination von anterioren und posterioren<br />

Defekten (Abb. 11; s. Anhang Tab. 10). Auch die beobachteten Kopfphänotypen sind<br />

dramatischer. So treten hier bei 60 % aller entwickelten Larven Deletionen der an-<br />

tennalen und mandibulären Segmente auf (Abb. 10, D, Abb. 12; s. Anhang Tab. 11),<br />

d.h. sie zeigen den stärksten in der Einzel-RNAi beobachtbaren Defekt. Somit kann<br />

davon ausgegangen werden, dass nanos/pumilio Doppel-RNAi dem vollständigen<br />

Funktionsverlust von nanos und pumilio näher kommen als die Einzel-RNAi-<br />

Experimente.<br />

Abb. 11: Verteilung der phänotypischen Klassen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />

Experimenten<br />

Gezählt wurden entwickelte Larven - zu Grunde liegende Zahlen finden sich in Tab. 10.<br />

Schwache Phänotypen: Larven mit reduzierter Zahl an Abdominalsegmenten, oder Veränderungen<br />

der Mundwerkzeuge. Starke Phänotypen: Larven mit anterioren und posterioren<br />

Defekten. Unspezifische Phänotypen: Hintergrund von in unbehandelten Tieren auftretenden<br />

Defekten, Unklar: Larven die wegen Präparationsartefakten nicht auswertbar waren. Als<br />

Kontrolle wurde dsRNA komplementär zur mRNA eines fluoreszenten Proteins einer Koralle<br />

(Discosoma sp., DsRed, Clontech) in vergleichbarer Konzentration verwendet.<br />

55


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 12: Verteilung der anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi<br />

Gezählt wurden alle Larven, die phänotypische Veränderungen aufwiesen. Transformationen<br />

bedeuten im Falle von nos-RNAi meist Transformationen labialer Palpen zu beinähnlichen<br />

Strukturen, bei pum- und nos/pum-RNAi in der Regel Transformationen von Mandibeln hin<br />

zum Charakter anderer gnathaler Anhänge, vermutlich der Maxille. Bei Deletionen sind in<br />

aller Regel Antennen oder Mandibeln betroffen. Nicht in allen Fällen sind beide Anhänge<br />

eines Segments betroffen.<br />

56<br />

Injektionen in adulte Käfer, sowie pum-dsRNA Injektionen in präblastodermalen<br />

Embryonalstadien ergaben keine deutlich abweichenden, stärkeren oder höher<br />

penetranten Effekte (nicht gezeigt). Adulte Doppel-RNAi führte zu höherer Legeleis-<br />

tung als pupale Injektionen, aber zu schwächeren Phänotypen. Auch eine Kombina-<br />

tion aus pupaler nanos- und adulter pumilio-Injektion führte nicht zu den stärksten<br />

Effekten.<br />

Die Reduktion des Expressionsniveaus von nanos und pumilio führt also sowohl<br />

zu posterioren als auch zu anterioren Defekten. Dies ist überraschend, da beide<br />

bisher als Gene der posterioren Gruppe beschrieben wurden (siehe Einleitung; (St<br />

Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992). In Drosophila ist diese posteriore Funktion<br />

außerdem auf sehr frühe Prozesse der Embryonalentwicklung zurückzuführen. Um<br />

zu untersuchen, ob dies für die Effekte der hier beschriebenen RNAi-Experimente<br />

ebenso gilt, ist die Analyse embryonaler Stadien notwendig.


I. 2. Ergebnisse<br />

2.4. Frühembryonale Defekte führen zu einem vorzeitigen Ab-<br />

bruch der Segmentierung in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen<br />

Die bereits erläuterten morphologischen Defekte der larvalen Kutikula nach na-<br />

nos- und pumilio-RNAi könnten auf zwei unterschiedliche Arten während der Embry-<br />

onalentwicklung hervorgerufen werden. Entweder sie sind das Produkt von Fehlern<br />

während der Segmentbildung, also im Laufe der embryonalen Musterbildung, oder<br />

sie entstehen in der Folge irregulärer Prozesse während der nachfolgenden Gewe-<br />

bedifferenzierung. Zwischen diesen Alternativen kann durch die morphologische<br />

Analyse embryonaler Stadien unterschiedlichen Alters, bzw. durch die Anwendung<br />

molekularer Marker mit informativen Expressionsmustern unterschieden werden.<br />

2.4.1. Die Segmentbildung aus der Wachstumszone ist gestört<br />

Zur Analyse der frühen Segmentbildung eignet sich die Expression des Segment-<br />

Polaritäts-Gens wingless. Das Expressionsmuster von wingless scheint innerhalb der<br />

Insekten hoch konserviert zu sein (Peel et al., 2005). In Drosophila bilden die anein-<br />

ander angrenzenden Domänen von wingless und engrailed Kompartmentsgrenzen,<br />

sie definieren die Parasegmente (Martinez-Arias et al., 1988). In Tribolium wird wg<br />

zunächst in zwei okularen und einer posterioren Domäne im Blastoderm exprimiert<br />

(Nagy und Carroll, 1994). Im Laufe der Keimstreifstreckung werden paarige segmen-<br />

tale Streifen in antero-posteriorer Progression gebildet und ebenfalls paarige Domä-<br />

nen in unterschiedlichen Bereichen des anterioren Kopfes angelegt. Die bereits im<br />

Blastoderm sichtbare posteriore Domäne in der Wachstumszone wird aufrechterhal-<br />

ten und die endet schließlich in der Proktodeumsanlage (Abb. 13, A; Nagy und<br />

Carroll, 1994). Die segmentalen Streifen bleiben auch während der weiteren Diffe-<br />

renzierung des Embryos erhalten und lassen somit auch zu späteren Zeitpunkten<br />

noch Rückschlüsse auf die Segmentbildung zu. Das Alter der Embryonen kann<br />

anhand der Entwicklung der Beinanlagen und der gnathalen Extremitäten sowie der<br />

wg-Expression im Kopf gut abgeschätzt werden.<br />

In nos/pum-RNAi Embryonen sind segmentale wg-Domänen zwar nachweisbar,<br />

sie zeigen aber Veränderungen der aus der Wachstumszone hervorgehenden Seg-<br />

mente an (Abb. 13, B). Zum einen wird deutlich, dass nicht alle abdominalen wg-<br />

Domänen gebildet werden, zum anderen zeigen die vorhandenenen wg-Streifen<br />

irreguläre Muster. Meist sind die anterioren ein bis drei wg-Domänen im abdominalen<br />

57


I. 2. Ergebnisse<br />

Teil des Embryos, ebenso wie die thorakalen Segmente, noch normal ausgeprägt<br />

(Abb. 13, B). Die posterior davon liegenden Segmente weisen nun, in Abhängigkeit<br />

von der Stärke des jeweiligen RNAi-Effekts, unterschiedlich starke Veränderungen<br />

des Expressionsmusters auf. Diese Veränderungen reichen bis zu Deletionen und<br />

räumlich vollkommen irregulärer Orientierung einzelner Domänen, die meist auch mit<br />

morphologischen Veränderungen der Segmentanlagen einhergehen (Abb. 13, B).<br />

Solche Segmentanlagen entwickeln sich wahrscheinlich zu den in larvalen Kutikulas<br />

noch feststellbaren, irregulären Abdominalsegmenten (s. Abb. 9). Schließlich kommt<br />

es zum Abbruch der Segmentierung, was durch eine verminderte Zahl der Abdomi-<br />

nalsegmentanlagen deutlich wird. Die Einzel-RNAi-Experimente gegen nanos oder<br />

pumilio führen in dieser Hinsicht zu mit der Doppel-RNAi vergleichbaren Effekten<br />

(Abb. 13, C, D).<br />

58<br />

Die abdominalen Defekte, die in larvalen Stadien anhand der Kutikula beobacht-<br />

bar sind, sind also nicht auf späte, sekundäre Differenzierungsprozesse zurückzufüh-<br />

ren, sondern werden in der Tat schon durch Störungen in früheren Stadien der<br />

Embryogenese hervorgerufen. Es kommt zu unregelmäßig gebildeten wg-Domänen<br />

und zu einem Segmentierungsabbruch, was einen Einfluss auf die Funktion der<br />

Wachstumszone nahe legt.<br />

Dies wird durch die Expression eines weiteren Markergens, dem Paar-Regel-Gen<br />

even-skipped, unterstützt (Abb. 13, E – G). Für die Bildung von Segmenten aus der<br />

Wachstumszone ist in Tribolium ein regulatorisches System aus primären und se-<br />

kundären Paar-Regel-Genen notwendig, das schließlich zu segmentaler Expression<br />

von Segmentpolaritätsgenen führt (Choe et al., 2006; Choe und Brown, 2007; 2009).<br />

Die primären Paar-Regel-Gene eve, runt und odd-skipped regulieren durch Interakti-<br />

onen untereinander ihre Expressionsdomänen und führen zur Expression der sekun-<br />

dären Paar-Regel-Gene paired und sloppy-paired (Choe et al., 2006). Vor allem prd,<br />

slp und eve regulieren dann die Segmentpolaritäts-Gene wingless und engrailed,<br />

wodurch die Parasegmentgrenzen festgelegt werden (Choe und Brown, 2007; 2009).<br />

eve wurde hier als Marker für diese Prozesse genutzt. Zunächst entstehen innerhalb<br />

der Wachstumszone breite eve-Domänen mit doppelsegmentaler Periodizität (primä-<br />

re eve-Streifen), die sich später zu segmentalen Domänen auftrennen (sekundäre<br />

eve-Streifen) (Abb. 13, E; Patel et al., 1994; Brown et al., 1997). Diese sind aller-<br />

dings transient und gehen im Laufe der weiteren Segmentdifferenzierung zurück.<br />

Nach nanos/pumilio-RNAi ist auch das even-skipped-Muster deutlich gestört. Zu-


I. 2. Ergebnisse<br />

nächst ist zu beobachten, dass die Bildung der sekundären eve-Streifen innerhalb<br />

der anterioren abdominalen Segmente verändert ist (Abb. 13, F). Die eve-<br />

Expressionsdomänen werden zwar noch in segmentale Streifen getrennt, diese<br />

haben aber weniger Abstand zueinander, scheinen schmaler, zeigen ein niedrigeres<br />

Expressionsniveau und verlaufen unregelmäßig über die Breite des Embryos (Abb.<br />

13, F). In späteren Stadien kommt die Bildung der eve-Streifen offenbar vollständig<br />

zum Erliegen (Abb. 13, E). Nur eine Restexpression im anterioren Bereich der<br />

Wachstumszone ist feststellbar. Vermutlich zeigt das veränderte eve-Muster Störun-<br />

gen des Paar-Regel-Gen-Regulationskreises an, die dann zu atypischer wg-<br />

Expression und schließlich zu fehlerhafter Segmentierung führen. Die irregulären<br />

Muster innerhalb der anterioren abdominalen Segmentanlagen (Abb. 13, B, F) könn-<br />

ten in der Folge zu erkennbaren, wenn auch ebenfalls missgebildeten Segmenten<br />

führen, wie sie Larven nach nos/pum-RNAi zeigen (Abb. 9). Auch der von beiden<br />

Markergenen gezeigte Segmentierungsabbruch nach der Bildung von etwa sechs<br />

Segmentanlagen, stimmt mit den Befunden der Analyse larvaler Kutikulas überein<br />

(Abb. 13, B, G; Abb. 9).<br />

nanos/pumilio-RNAi scheint also mit der Segmentbildung aus der Wachstumszo-<br />

ne zu interferieren. Die Expression der Markergene eve und wg zeigt, dass nos/pum-<br />

RNAi zu Störungen der Paar-Regel-Gen-abhängigen Segmentbildung und zu einem,<br />

vermutlich daraus resultierenden, Abbruch der Segmentierung und einem Aubleiben<br />

der Keimstreifstreckung führt<br />

59


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 13: nos/pum-RNAi führt zu einem Zusammenbruch der Segmentbildung aus der<br />

Wachstumszone<br />

A - D Hellfeldaufnahmen vom Dotter befreiter, flachpräparierter, voll elongierter Keimstreifembryonen<br />

in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung (ISH) gegen wingless.<br />

A Wildtyp Embryo mit segmentalem wg-Muster. Die Mittellinie ist frei von Expression, wodurch<br />

pro Segment zwei Domänen entstehen. Zehn abdominale Doppel-Domänen zeigen<br />

die vollständige Segmentierung an, in den Resten der Wachstumszone verbleibt eine hufeisenförmige<br />

Domäne. Im Thorax verlängern sich die wg-Domänen in die Ventralseite der<br />

Beinknospen, ähnlich wie in der labialen und maxillären Segmentanlage. Der präorale Kopf<br />

zeigt Expressionsdomänen in den antennalen und labralen Anlagen, zwei Domänen des<br />

zukünftigen Augenfelds und eine zentrale Domäne im zukünftigen Stomodeum.<br />

B nos/pum-RNAi-Embryo zeigt das Fehlen der antennalen und die deutliche Störung der<br />

mandibulären Anlagen. Die abdominalen Domänen zeigen schon ab der ersten Segmentanlage<br />

massive Unregelmäßigkeiten und einen vorzeitigen Abbruch der Segmentierung. Die<br />

antennalen Knospen fehlen, die mandibulären Domänen sind reduziert und scheinen in die<br />

maxilläre Segmentanlage verschoben (Pfeilspitze).<br />

C nos-RNAi-Embryo. Die wg-Expression ist ab der zweiten Segmentanlage irregulär, ca. 6<br />

Segmentanlagen sind gebildet. Die Antennenknospen (Pfeilspitze) und eine mandibuläre<br />

Knospe (leere Pfeilspitze) sind deutlich reduziert.<br />

D pum-RNAi-Embryo, etwas älter als A - C. Die abdominale wg-Expression und Segmentmorphologie<br />

ist gestört, es werden ca. 7 Segmentanlagen gebildet. Die mandibuläre Anlage<br />

ist deutlich reduziert (Pfeilspitze).<br />

E – G DIC-Aufnahmen (Differenzieller Intereferenz-Kontrast) vom Dotter befreiter, flachpräparierter<br />

Keimstreifembryonen in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung gegen evenskipped.<br />

E Wildtyp-Embryo. Im Bereich der Wachstumszone zeigt sich eine in der Aufspaltung begriffene<br />

eve-Domäne, die in der Folge zu zwei segmentalen Streifen führen wird, wie sie im<br />

weiter anterior liegenden Gewebe in vier Segmentanlagen zu sehen sind.<br />

F Etwas jüngerer nos/pum-RNAi-Embryo mit fehlerhaft gebildeten, segmentalen Domänen<br />

(s. Text). Die thorakalen Segmente sind nicht eindeutig bestimmbar, da von anterioren<br />

Segmentdeletionen ausgegangen werden muss.<br />

G Wiederum etwas älterer nos/pum-RNAi-Embryo. Es sind keine segmentalen Domänen<br />

feststellbar, nur im Bereich der Wachstumszone verbleibt eine eve-Domäne (Pfeil). Der<br />

Segmentbildungsprozess ist zum Erliegen gekommen. Anterior ist eine partielle Deletion der<br />

mandibulären Segmentanlage feststellbar (Pfeilspitze).<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links. Der Größenstandard zeigt 100 !m.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Lr: Labrum/labrale Segmentanlage,<br />

Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />

Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage<br />

60


I. 2. Ergebnisse<br />

61


I. 2. Ergebnisse<br />

2.4.2. nanos/pumilio-RNAi induziert Defekte in frühen embryonalen<br />

62<br />

Stadien<br />

Da ich zeigen konnte, dass nanos/pumilio-RNAi zu Defekten in elongierenden<br />

Keimstreifen führt, ergibt sich nun die Frage, ob auch in früheren Entwicklungssta-<br />

dien Veränderungen beobachtbar sind, die damit in Zusammenhang stehen könnten.<br />

In Drosophila sind die wichtigsten Faktoren für die Regionalisierung des Blastoderms<br />

die Transkriptionsfaktoren der Gruppe der Gap-Gene (Rivera-Pomar und Jäckle,<br />

1996). Obwohl diese in Tribolium durchaus andere Funktionen aufweisen als in der<br />

Fliege, so werden sie doch schon in frühen Stadien in distinkten Domänen expri-<br />

miert, und ihre Funktionsreduktionsphänotypen weisen Segmentierungsdefekte auf<br />

(Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Savard et al.,<br />

2006a; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Zur weiteren Analyse der<br />

nanos/pumilio Funktion wurde also die Expression von verschiedenen Gap-Genen<br />

untersucht.<br />

Die mRNA-Expression der Transkriptionsfaktoren giant und knirps zeigt in der<br />

Tat Veränderungen in nos/pum-RNAi-Embryonen (Abb. 14, A-D; Abb. 15, E-H). In<br />

Wildtyp Embryonen ist maternale gt-mRNA zunächst gleichmäßig verteilt (Bucher<br />

und Klingler, 2004). Sie zieht sich dann, vermutlich nach der Aktivierung des zygoti-<br />

schen Genoms, vom anterioren und posterioren Pol zurück, um eine zentrale blasto-<br />

dermale Domäne mit einem Streifen stärkerer Expression im Bereich der maxillären<br />

Anlage zu bilden. Im differenzierten Blastoderm entsteht in der Folge eine Domäne<br />

im Bereich der posterioren Invagination, die während der Bildung des Keimrudiments<br />

an dessen posterioren Ende erhalten bleibt (Abb. 14, A; Abb. 15, E) und sich nach<br />

Beginn der Keimstreifstreckung in zwei segmentale Domänen im dritten thorakalen<br />

und im zweiten abdominalen Segment aufspaltet. Diese verschwinden im Laufe der<br />

weiteren Entwicklung, ebenso wie die maxilläre Expression, während sich mehrere,<br />

vermutliche neurale, Expressionsdomänen in der Kopfanlage entwickeln (Bucher und<br />

Klingler, 2004).<br />

knirps-mRNA wird im Gegensatz zu giant erst im Blastoderm exprimiert (Cerny et<br />

al., 2008). Eine große Domäne, die zunächst das Blastoderm beinahe vollständig<br />

überspannt, zieht sich im weiteren Verlauf wiederum auf eine zentrale Domäne<br />

zurück, die sich zu einem Streifen innerhalb der mandibulären Segmentanlage<br />

differenziert. Im Bereich der posterioren Invagination entsteht dann eine weitere


I. 2. Ergebnisse<br />

Domäne. Diese bleibt im sich entwickelnden Keimrudiment posterior (Abb. 14, C;<br />

Abb. 15, G), bildet einen stärkeren segmentalen Streifen aus und verschwindet im<br />

Lauf der Keimstreifstreckung, ebenso wie die mandibuläre Expression (Cerny et al.,<br />

2008). Beide Gene entwickeln somit im sich differenzierten Blastoderm eine anteriore<br />

(gnathale) und eine am posterioren Pol liegende Domäne, die auch im Keimrudiment<br />

aktiv bleibt (Abb. 14, A, C; Abb. 15, E, G).<br />

nanos/pumilio-RNAi führt zu deutlichen Veränderungen dieser Expressionsmus-<br />

ter. Die posterioren Expressionsdomänen beider Gene fehlen in nos/pum-RNAi-<br />

Embryonen bzw. sind deutlich reduziert (Abb. 14, Pfeile in B und D; Abb. 15, Pfeile in<br />

F, H). Normalerweise sind giant und knirps am posterioren Ende des Keimrudiments<br />

exprimiert. Dieses liegt in diesem Entwicklungsstadium tief im Dotter des Eis. Dort ist<br />

in nos/pum-RNAi keinerlei Expression nachzuweisen (Abb. 14, B, D). Die gnathalen<br />

Domänen sind vorhanden, allerdings leicht verändert, worauf ich später noch zu<br />

sprechen kommen werde (s. 2.5). Die Expression anderer Gap-Gene in diesen<br />

Stadien (Krüppel, hunchback und mille-pattes (Wolff et al., 1995; Cerny et al., 2005;<br />

Savard et al., 2006a) sind in nos/pum-RNAi-Embryonen nicht nachweisbar verändert<br />

(nicht gezeigt).<br />

Zusätzlich zur Veränderung der giant- und knirps-Expression führt nanos/pumilio-<br />

RNAi zu Defekten der morphogenetischen Bewegungen in Zusammenhang mit der<br />

posterioren Invagination (Abb. 14, A-D). Bei der Bildung des Keimrudiments entsteht<br />

zunächst am posterioren Pol des differenzierten Blastoderms eine Grube, deren<br />

Zentrum im Verlauf der Entwicklung tief in den Dotter einsinkt. Der dorsale Rand der<br />

initialen Grube bewegt sich hierbei als posteriore Amnionfalte nach anterior, wobei<br />

das Gewebe des zukünftigen Amnions stetig über diese Falte, dem Embryo folgend,<br />

ins Innere des Eis in posterior-dorsaler Richtung invaginiert (Handel et al., 2000).<br />

Das Ergebnis dieser Bewegungen ist ein Keimrudiment, dessen anteriorer Teil noch<br />

an der ventralen Oberfläche des Eis liegt, während der posteriore Teil tief in den<br />

Dotter reicht (Abb. 14, A). Diese Bewegungen sind nach nos/pum-RNAi massiv<br />

gestört. Die Invagination findet in deutlich reduziertem Umfang statt, so dass das<br />

posteriore Ende schließlich weniger tief im Dotter zu liegen kommt (Abb. 14, Pfeile in<br />

B und D) und das Keimrudiment kleiner zu sein scheint als im Wildtyp.<br />

nanos und pumilio erfüllen also schon in Keimrudiment-Stadien eine Funktion für<br />

posteriore Bereiche des Embryos. Sie werden sowohl für die Expression der posteri-<br />

oren gt- und kni-Domänen als auch für die korrekte Ausbildung der posterioren<br />

63


I. 2. Ergebnisse<br />

Invagination benötigt. Dieser Befund erinnert an die Phänotypen, die durch Ausfall<br />

des terminalen Systems hervorgerufen werden, wenn auch in abgeschwächter Form.<br />

In Embryonen aus RNAi-Experimenten gegen Komponenten des torso-Signalwegs<br />

findet die posteriore Invagination und die Bildung der Wachstumszone nicht statt. Die<br />

anteriore Segmentierung hingegen ist nicht gestört. So entwickeln sich verkürzte<br />

Larven, die posterior des zweiten oder dritten Abdominalsegmens keine Segmente<br />

mehr ausprägen (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />

Abb. 14: Die Expression von Markergenen zeigt Veränderungen posteriorer Blasto-<br />

dermbereiche<br />

A – D DIC Aufnahmen von im Dotter liegenden, jungen Keimrudimenten im medianen<br />

optischen Schnitt aus lateraler Sicht. Das embryonale und präsumptive amniotische Gewebe<br />

wurde bei der Bildbearbeitung rosa hervorgerufen (Handel et al., 2000). E – H laterale<br />

Ansicht von Blastoderm Embryonen kurz vor der Differenzierung. In-situ-Hybridisierungen<br />

gegen giant (A, B), knirps (D, E), tailless und otd-1 (E – J).<br />

A Wildtyp-Embryo mit einer anterioren und einer posterioren gt-Expressionsdomäne<br />

(schwarzer Pfeil). Die anteriore Domäne zeigt eine verstärkte Expression im Bereich der<br />

maxillären Anlage. Der Grüne Pfeil zeigt die Bewegungsrichtung des Gewebes bei der<br />

Invagination an.<br />

B nos/pum-RNAi-Embryo, der eine deutlich verminderte posteriore Invagination sowie das<br />

Fehlen der posterioren gt-Domäne (Pfeil) zeigt.<br />

C Wildtyp-Embryo mit einer anterioren kni-Domäne im anterioren Teil des Kopfes, und einer<br />

posteriore Domäne am Ende der Invagination (Pfeil).<br />

D nos/pum-RNAi-Embryo der ebenfalls eine verminderte posteriore Invagination und das<br />

Fehlen der posterioren kni-Domäne zeigt.<br />

E Wildtyp-Embryo zeigt otd-1-Expression als Kontrollfärbung in der anterioren Hälfte (Pfeile<br />

weisen die posteriore Grenze aus) und tll-Expression in Form einer posteriore Kappe, diese<br />

zeigt I in einer posterioren Aufsicht.<br />

F nos/pum-RNAi-Embryo zeigt otd-1-Expression vergleichbarer Stärke in der anterioren<br />

Hälfte (Pfeile weisen die posteriore Grenze aus), während die tll-Expression am posterioren<br />

Pol kaum feststellbar ist (*). J zeigt eine posteriore Aufsicht.<br />

G, H Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in E und F zeigen ein vergleichbares<br />

Entwicklungsstadium.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in I und J.<br />

64


I. 2. Ergebnisse<br />

65


I. 2. Ergebnisse<br />

2.4.3. nanos und pumilio sind nötig für die Expression eines termina-<br />

66<br />

len Zielgens<br />

Im vorangegangenen Kapitel habe ich gezeigt, dass nanos und pumilio Einfluss<br />

auf posteriore gap-Domänen und die posteriore Invagination des Keimrudiments<br />

haben, und auf eine Ähnlichkeit zu Effekten nach RNAi gegen Komponenten des<br />

torso-Signalwegs hingewiesen (Schoppmeier und Schröder, 2005). Ein Zusammen-<br />

hang zwischen diesen Systemen und nanos/pumilio ist also denkbar. Um dies zu<br />

überprüfen habe ich die Auswirkungen von nos/pum-RNAi auf die Expression eines<br />

Zielgens des terminalen Systems, nämlich tailless, untersucht. In Drosophila wird die<br />

Expression von tailless am posterioren Pol des Embryos durch die Aktivierung des<br />

torso-Rezeptors ermöglicht (Furriols und Casanova, 2003). Auch im Tribolium-<br />

Blastoderm wird tll am posterioren Pol exprimiert (Schröder et al., 2000). Kurz bevor<br />

die Differenzierung des Blastoderms in Serosa- und Embryonalanlage anhand der<br />

Kernmorphologie sichtbar wird, ist tll in einer Kappe am posterioren Ende des Emb-<br />

ryos exprimiert. Eine anteriore Expressionsdomäne entsteht erst in der Kopfanlage<br />

des differenzierten Blastoderms. Zu diesem Zeitpunkt existieren beide Domänen für<br />

eine sehr kurze Zeit gleichzeitig, bis die bereits deutlich reduzierte posteriore Domä-<br />

ne vollständig verschwindet. Die posteriore tll-Domäne ist also nur innerhalb eines<br />

kurzen Zeitfensters vorhanden (Schröder et al., 2000). Während diese transiente<br />

Expression sowohl in lateraler Ansicht, als auch in posteriorer Aufsicht eines Wildtyp<br />

Embryos (Abb. 14, E, I) deutlich zu erkennen ist, fehlt sie nach nos/pum-RNAi nahe-<br />

zu vollständig (Abb. 14, F, J). Die Verteilung der Zellkerne in Hoechst-Färbungen<br />

(Abb. 14, G, H) zeigt, dass hier nur sich entsprechende Entwicklungsstadien mitein-<br />

ander verglichen wurden. In beiden hier gezeigten Embryonen ist noch keine<br />

Ungleichverteilung der Zellkerne zu erkennen, wobei beide die gleiche Zellkerndichte<br />

aufweisen. Als Kontrolle wurde in diesem Experiment zusätzlich die Expression von<br />

otd-1 nachgewiesen. otd-1 ist zu diesem Entwicklungsstadium in einer großen,<br />

anterioren Domäne exprimiert, die nicht mit der posterioren tll-Expression überlappt<br />

(Abb. 14, E, F). Das Vorhandensein der otd-1-Domäne schließt ein Fehlen der tll-<br />

Expression aufgrund von RNA-Degradation wegen mangelnder Fixierung oder<br />

anderer Probleme der Nachweismethode aus und dient als zusätzlicher Hinweis auf<br />

das vergleichbare Entwicklungsalter der Embryonen.<br />

nanos und pumilio sind also nötig für die Expression des terminalen Zielgens tll.<br />

Somit eröffnet sich die Möglichkeit, dass nanos und pumilio über die Regulation


I. 2. Ergebnisse<br />

terminaler Zielgene Einfluss auf die Etablierung der Wachstumszone im posterioren<br />

Blastoderm nehmen. Dieser Zusammenhang könnte die Entstehung der posterioren<br />

Segmentierungsphänotypen nach nos/pum-RNAi erklären (s. 3.1). In der Tat können<br />

nach torso-RNAi auch schwache Phänotypen auftreten, die dem abdominalen Phä-<br />

notyp nach nanos/pumilio-RNAi sehr ähneln (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />

2.5. Durch nanos/pumilio-RNAi verursacht Defekte in anterioren<br />

Segmentanlagen<br />

Wie schon im Kapitel 2.3 beschrieben, führt nanos/pumilio-RNAi nicht aus-<br />

schließlich zu abdominalen Defekten, sondern auch zu Veränderungen von Kopf-<br />

segmenten (Abb. 10). In Anbetracht ihrer Rolle als Gene der posterioren Gruppe in<br />

Drosophila überrascht dieser Befund durchaus (St Johnston und Nüsslein-Volhard,<br />

1992).<br />

2.5.1. Markergen-Expression zeigt Kopfdefekte in embryonalen Stadien<br />

Auch die Ursachen der in Larven beobachteten anterioren Defekte sind schon in<br />

frühen embryonalen Prozessen zu suchen und keine Folge von sekundären Degene-<br />

rationsprozessen. In nos/pum-RNAi-Embryonen gibt bereits das wg-<br />

Expressionsmuster eindeutige Hinweise auf die später deutlich werdenden morpho-<br />

logischen Defekte der larvalen Kutikula. In Wildtyp-Embryonen (Abb. 13, A) ist wg in<br />

mehreren Expressionsdomänen innerhalb der Kopfanlage exprimiert. Es lässt sich<br />

Expression in den labralen Anlagen, den Augenanlagen, den entstehenden Anten-<br />

nen und in den gnathalen Segmenten nachweisen. Dieses komplexe Muster ist nach<br />

nanos/pumilio-RNAi deutlich gestört und es zeigen sich auch bereits morphologische<br />

Defekte (Abb. 13, B). Die wg-Expression innerhalb der labralen Anlagen ist reduziert.<br />

Die Expression innerhalb der Anlagen für Antennen und Mandibeln ist kaum fest-<br />

stellbar und die dazugehörigen Extremitätenanlagen scheinen zu fehlen. Auswirkun-<br />

gen auf die wg-Expression in antennalen und mandibulären Segmenten sind auch in<br />

nanos- bzw. pumilo-Einzel-RNAi-Experimenten feststellbar (Abb. 13, C, D). Die<br />

Veränderungen des wg-Musters lassen vermuten, dass auch die Ursache der anteri-<br />

oren Defekte in noch früheren Entwicklungsprozessen zu suchen ist.<br />

In der Tat zeigen auch Nachweise der even-skipped-Expression in blastoderma-<br />

len Stadien von nos/pum-RNAi-Embryonen Veränderungen, die die beobachteten<br />

67


I. 2. Ergebnisse<br />

Segmentdeletionen anzeigen (Abb. 15, A-D). In der Wildtypsituation wird eve erst-<br />

mals im frühen Blastoderm exprimiert und überspannt zunächst die posteriore Hälfte<br />

(Patel et al., 1994; Brown et al., 1997). Innerhalb dieser Domäne geht die Expression<br />

in einem dorso-ventralen Streifen zurück, so dass ein anteriorer Streifen von der<br />

größeren Domäne abgegrenzt wird (Brown et al., 1997). Durch dasselbe Prinzip wird<br />

im weiteren Verlauf auch die verbleibende posteriore Expression in zwei Domänen<br />

unterteilt, so dass im differenzierten Blastoderm drei eve-Streifen angelegt werden<br />

(Patel et al., 1994; Brown et al., 1997; Cerny, 2007). Der anteriorste Streifen spaltet<br />

sich dabei schon kurz nach dem Beginn der posterioren Invagination in zwei seg-<br />

mentale Streifen auf, während der zweite Streifen bis zur Bildung des Keimrudiments<br />

als doppelsegmental erhalten bleibt. Nach nos/pum-RNAi kommt es in frühen diffe-<br />

renzierten Blastodermen zu Deletionen der anterioren doppelsegmentalen eve-<br />

Domäne (eve 1, Abb. 15, A-D), die auch im weiteren Verlauf der Entwicklung nicht<br />

mehr ausgeglichen werden. In schwächer ausgeprägten Fällen kann es auch nur zur<br />

Deletion des ersten segmentalen Streifens kommen (nicht gezeigt). Diese Beobach-<br />

tung illustriert, dass das Fehlen anteriorer Segmente bereits in einem fehlerhaften<br />

Anlagenplan des Blastoderms begründet liegt.<br />

68<br />

Die Effekte auf die Bildung anteriorer Segmente beinhalten, wie erwähnt, nicht<br />

ausschließlich die Deletion von Segmenten, sondern auch deren Transformation. Die<br />

Ursache solcher Identitätsänderungen sind in der Regel Veränderungen der Expres-<br />

sion von homeotischen Genen (Lawrence und Morata, 1994; Hughes und Kaufman,<br />

2002). In der Tat konnte ich für das Hox-Gen Antennapedia eine veränderte Expres-<br />

sion nachweisen (Abb. 15, I, J). Antennapedia wird nomalerweise vor allem in thora-<br />

kalen Segmenten und mit geringerer Stärke in abdominalen Segmenten elongieren-<br />

der Keimstreifen exprimiert (Berghammer, 2003; Bäumer, 2006). Die anteriore Gren-<br />

ze der Expressionsdomäne liegt zwar im posterioren Bereich des labialen Segments,<br />

die labialen Extremitätenknospen sind aber frei von Expression. Dies ändert sich<br />

nach nanos-RNAi. Nun zeigen die Anlagen der labialen und sogar teilweise die der<br />

maxillären Extremitäten ektopische Antp-Expression. Es ist anzunehmen, dass diese<br />

ektopische Antp-Expression zu einer Transformation des Labiums hin zu thorakalem<br />

Schicksal führen kann. Beispielsweise geht in gt-RNAi Embryonen eine ektopische<br />

Expression von Antp in maxillären und labialen Segmentanlagen mit einer Transfor-<br />

mation dieser Segmente zu thorakaler Identität einher (Bucher und Klingler, 2004;<br />

Cerny et al., 2005).


I. 2. Ergebnisse<br />

Tatsächlich fehlen zumindest die posterioren Domänen der Gap-Gene giant und<br />

knirps in nanos/pumilio-RNAi-Embryonen (Abb. 14, Abb. 15). Bei näherer Betrach-<br />

tung weisen aber auch deren anteriore, also gnathale Expressionsdomänen Verän-<br />

derungen auf (Abb. 15). Beide Gene werden in klar begrenzten, segmentalen Domä-<br />

nen innerhalb der Kopfanlage des Keimrudiments exprimiert (Bucher und Klingler,<br />

2004; Cerny et al., 2008). Diese klare Abgrenzung ist in nos/pum-RNAi-Embryonen<br />

deutlich gestört. Während die posteriore Grenze der gt-Expression noch klar gebildet<br />

wird, ist das für die anteriore Grenze nicht der Fall. Im Wildtyp wird die maxilläre gt-<br />

Domäne durch einen schmalen Streifen ohne Expression von einer deutlich schwä-<br />

cheren Expression im gesamten anterioren Kopf abgetrennt (Abb. 15, E). Dies unter-<br />

bleibt in nos/pum-RNAi und führt zu einer verbreiterten Domäne starker Expression,<br />

die der maxillären Domäne im Wildtyp zu entsprechen scheint (Abb. 15, F). Zusätz-<br />

lich ist der Abstand der gt-Domäne zur anterioren Grenze der Kopflappen verkleinert,<br />

möglicherweise ein Hinweis auf eine Reduktion der anterioren Kopfanlage. Der<br />

Einfluß auf kni scheint noch deutlicher zu sein. Hier kommt es in den stärksten Fällen<br />

zu einer ektopischen Expression von kni in der gesamten anterioren Kopfanlage<br />

(Abb. 15, H). Auch hier scheint die posteriore Grenze der Expressionsdomäne auf-<br />

rechterhalten zu werden.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nanos/pumilio-RNAi zu un-<br />

erwarteten, anterioren embryonalen Defekten führt. Diese zeigen sich sowohl in der<br />

veränderten Expression von Markergenen im Blastoderm als auch in späteren Sta-<br />

dien, und sind nicht durch eine mit Drosophila vergleichbare Funktion von nanos und<br />

pumilio in Drosophila erklärbar (s. 3.2).<br />

69


I. 2. Ergebnisse<br />

70


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 15: nos/pum-RNAi führt zu Veränderungen anteriorer Gewebe in embryonalen<br />

Stadien<br />

A – D laterale Ansicht differenzierter Blastoderm-Embryonen, E – H ventrale Ansicht von<br />

Keimrudimenten, I und J ventrale Ansicht voll elongierter Keimstreifen. E – J wurden vom<br />

Dotter freipräpariert. In-situ-Hybridisierungen gegen: even-skipped (A, B), knirps (E, F), giant<br />

(G, H), antennapedia (braun) und wingless (blau; I, J)<br />

A In frühen Blastodermstadien sind normalerweise drei eve-Domänen feststellbar.<br />

B In vergleichbaren Stadien nach nos/pum-RNAi sind diese anterior reduziert, hier fehlt die<br />

anteriore eve-Domäne vollständig.<br />

C, D Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A und B. Serosa- und Embryonalanlage<br />

sind klar zu erkennen (Pfeilköpfe).<br />

E Wildtyp-Keimrudiment mit gt-Expression im anterioren Kopf, einem maxillären Streifen und<br />

einer posterioren Domäne. Der Bereich direkt vor der maxillären Domäne bleibt frei von<br />

Expression.<br />

F nos/pum-RNAi-Keimrudiment mit aufgelöster anteriorer Expressionsgrenze der maxillären<br />

Domäne. Die posteriore Grenze bleibt erhalten, scheint aber relativ zum anterioren Ende des<br />

Embryos nach anterior verschoben, und somit der anteriore Kopf verkleinert. Die posteriore<br />

Domäne fehlt (Pfeil)<br />

G In Wildtyp-Keimrudimenten ist knirps in einer schmalen anterioren, in der mandibulären<br />

Segmentanlage liegenden und einer posterioren Domäne exprimiert.<br />

H In nos/pum-RNAi-Embryonen vergleichbarer Stadien wird die anteriore Grenze der kni-<br />

Expression nicht mehr (dieser Embryo) oder nur unzureichend ausgebildet (nicht gezeigt),<br />

was zu ektopischer Expression führt. Die posteriore Grenze der anterioren Domäne wird<br />

etabliert, über deren exakte Position lässt sich allerdings keine Aussage treffen. Die posteriore<br />

Domäne ist stark reduziert (Pfeil)<br />

I Wildtyp Embryo mit der vollen Zahl an segmentalen wg-Streifen. Antp ist vor allem in<br />

thorakalen und schwach in abdominalen Segmentanlagen exprimiert. Die anteriore Grenze<br />

liegt posterior im labialen Segment, vermutlich zusammenfallend mit der dortigen Parasegmentgrenze<br />

(Pfeilspitze).<br />

J nos-RNAi-Embryo in vergleichbarem Entwicklungsalter mit ektopischer Antp-Expression in<br />

der labialen und, in schwächerem Ausmaß, der maxillären Segmentanlage und somit einer<br />

Verschiebung der anterioren Expressionsgrenze (Pfeilspitze). Die wg-Expression zeigt<br />

massive Unregelmäßigkeiten innerhalb der abdominalen Segmentanlagen und die vollständige<br />

Reduktion einer Antennenknospe.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, S: Serosaanlage, E: Embryonalanlage<br />

71


I. 2. Ergebnisse<br />

2.6. Ein Effekt von nanos und pumilio auf die Ausbildung von<br />

72<br />

Proteingradienten im Blastoderm ist nicht nachweisbar<br />

Wie ich bisher zeigen konnte, spielen nanos und pumilio eine Rolle in der frühen<br />

Embryonalentwicklung und beeinflussen auch die Musterbildung im Blastoderm. Eine<br />

solche Funktion beider Gene wurde schon seit mehreren Jahren postuliert (Wolff et<br />

al., 1995; Schröder, 2003). Die Idee, nanos und pumilio könnten auch in Tribolium<br />

für die posteriore Repression der HUNCHBACK-Expression zuständig sein, ist in<br />

Analogie der Interaktion bei Drosophila natürlich nahe liegend. Gestützt wird diese<br />

Idee durch das Vorhandensein eines NREs im 3’UTR der hunchback-mRNA (Wolff et<br />

al., 1995). Auch im 3’ UTR der otd-1-mRNA wurde ein putatives Nanos Response<br />

Element beschrieben, und eine Regulation durch nanos und pumilio postuliert<br />

(Schröder, 2003). Es entstand also die These, dass nanos und pumilio durch die<br />

Regulation maternal ubiquitär verteilter mRNAs die Ausbildung frühblastodermaler<br />

Proteingradienten vermitteln und somit eine zentrale Rolle für die initiale Regionali-<br />

sierung des Embryos einnehmen. Schon die verhältnismäßig milden, aus nos/pum-<br />

RNAi resultierenden Phänotypen machen eine solch grundlegende Funktion eher<br />

unwahrscheinlich. Die Verfügbarkeit eines für OTD-1 spezifischen polyklonalen<br />

Antiserums machte es jedoch möglich diese postulierte Interaktion direkt zu untersu-<br />

chen. Allerdings erbrachte die durchgeführte Analyse der OTD-1-Proteinexpression<br />

in nos/pum-RNAi-Embryonen keine Ergebnisse, die diese These stützen könnten.<br />

Maternale otd-1-RNA ist zunächst gleichmäßig im unbefruchteten Ei verteilt<br />

(Schröder, 2003). Etwa um den Zeitpunkt der Aktivierung des zygotischen Genoms<br />

ziehen sich Protein und RNA vom posterioren Pol zurück und es entsteht eine Ex-<br />

pressionsdomäne, die die anteriore Hälfte des frühen Blastoderms überspannt. Es<br />

wurde vermutet, dass dieses Zurückziehen vom posterioren Pol durch translationelle<br />

Repression vermittelt wird, und dass NANOS und PUMILIO dafür verantwortlich sein<br />

könnten (Schröder, 2003). Im weiteren Verlauf zieht sich die otd-1-Expression auch<br />

vom anterioren Pol zurück und es entstehen zwei keilförmige Domänen im anterioren<br />

Kopf (Li et al., 1996; Schröder, 2003; Schinko et al., 2008). Nach nos/pum-RNAi<br />

lassen sich keine Veränderungen dieses frühen Expressionsverlaufs feststellen.<br />

Insbesondere ist keine posteriore Derepression zu beobachten, wie sie der Hypothe-<br />

se folgend zu erwarten wäre, wenn nanos und pumilio tatsächlich posteriore OTD-<br />

Repressoren wären (Abb. 16, A, B). Ebenso wie im Wildtyp zieht sich die OTD-1-


I. 2. Ergebnisse<br />

Expression auf die anteriore Hälfte des Embryos zurück. Es ist natürlich möglich, und<br />

vor allem im Hinblick auf die verhältnismäßig schwachen anterioren nos/pum-<br />

Phänotypen interessant, dass eine subtile Veränderung des lokal begrenzten OTD-1-<br />

Proteingradienten in der Mitte des Blastoderms oder temporale Abweichungen der<br />

OTD-1-Regulation zum Phänotyp nach nos/pum-RNAi beitragen. Solche schwachen<br />

Veränderungen der OTD-1-Expression konnten wegen der dynamischen Entwicklung<br />

der Expression durch die hier verwendetetn Methoden wahrscheinlich nicht detektiert<br />

werden.<br />

Allerdings sind in deutlich späteren Stadien Veränderungen des OTD-1-Musters<br />

zu beobachten. Im wachsenden Keimstreif wird OTD-1 in einer schmalen Reihe von<br />

Mittellinienzellen exprimiert (Abb. 16, C). Im Wildtyp überschreitet die Breite dieses<br />

antero-posterioren Streifens nie drei nebeneinander liegende Zellen (Abb. 16, C).<br />

Nach pumilio- oder nos/pum-RNAi allerdings, umfasst der Streifen etwa doppelt so<br />

viele Zellen (Abb. 16 D, E). Es kommt also zu einer Missexpression von OTD-1.<br />

Obwohl vollkommen unklar ist, ob diese Regulation direkt von NOS/PUM abhängt,<br />

bietet dieser Befund zumindest eine mögliche Erklärung für das Vorhandensein des<br />

NREs im 3’ UTR der otd-1-mRNA. Die Verbreiterung der Mittelliniendomäne ist nach<br />

pumilio- und nos/pum-RNAi, nicht aber nach nanos-RNAi beobachtbar (Abb. 16, D,<br />

E, bzw. nicht gezeigt). Entweder ist dies also eine nanos-unabhängige Funktion des<br />

PUMILIO-Proteins, oder dieser Prozess zeigt sich als nicht ausreichend sensibel für<br />

die Transkriptreduktion durch nanos-RNAi und verhindert somit die Ausprägung des<br />

Phänotyps.<br />

Eine vergleichbare Analyse der HUNCHBACK-Protein-Expression konnte leider<br />

nicht durchgeführt werden, da der von Wolff et al. (1995) verwendete Antikörper<br />

gegen das HB-Protein nicht mehr verfügbar ist. Wolff et al. konnten zeigen, dass die<br />

HB-Expression am posterioren Pol des frühen Blastoderms offenbar translationell<br />

reprimiert wird, während die maternale hb-mRNA noch ubiquitär vorhanden ist (Wolff<br />

et al., 1995). Auch in diesem Fall wurden NANOS und PUMILIO als mögliche Re-<br />

pressoren vorgeschlagen. Meine Analyse der mRNA-Expression zeigte keine<br />

feststellbaren Veränderungen in nos/pum-RRNAi-Embryonen, die möglicherweise<br />

einen Hinweis auf Veränderungen der Proteinexpression hätte liefern können (nicht<br />

gezeigt).<br />

73


I. 2. Ergebnisse<br />

74<br />

Es bleibt also unklar, ob nanos und pumilio für die posteriore HB-Repression ver-<br />

antwortlich sind. Ein Effekt auf die blastodermale OTD-1-Regulation war nicht festzu-<br />

stellen, womit der posteriore Repressor der OTD-1-Expression ebenfalls unbekannt<br />

bleibt (s. 3.5).<br />

Abb. 16: OTD-1-Expression nach nanos/pumilio-RNAi<br />

Hellfeldaufnahmen von Embryonen, gefärbt mit einem polyklonalen Serum gegen das<br />

Tribolium ORTHODENTICLE-1-Protein.<br />

A Wildtypisches frühes Blastodermstadium. Die OTD-1-Expression wurde auf die anteriore<br />

Hälfte des Embryos beschränkt.<br />

B nos/pum-RNAi-Embryo eines vergleichbaren Stadiums. Es sind keine Veränderungen der<br />

Expression feststellbar.<br />

C Ventrale Ansicht eines jungen Wildtyp-Keimstreifembryos. OTD-1 wird stark in den Kopflappen<br />

und in einem ca. zwei bis drei Zellen breiten Streifen entlang der Mittellinie exprimiert.<br />

D Nach nos/pum-RNAi zeigt ein unwesentlich jüngerer Embryo diesen Streifen auf ca. fünf<br />

bis sechs Zellen Ausdehnung verbreitert.<br />

E Ein pumilio-RNAi-Embryo gleichen Alters zeigt den OTD-1-positiven Streifen auf 4 bis 7<br />

Zellen verbreitert.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.


I. 2. Ergebnisse<br />

2.7. Die Beteiligung von brain-tumor am nanos/pumilio-<br />

Repressionskomplex ist fraglich<br />

Bei der Ausbildung des Repressionskomplexes zur Regulation der HB-<br />

Expression in Drosophila ist außer nanos und pumilio noch ein weiteres Protein<br />

beteiligt: BRAIN-TUMOR. BRAIN-TUMOR ist eines von drei Drosophila Vertretern<br />

der NHL-Domain Familie von Proteinen (Arama et al., 2000; Sonoda und Wharton,<br />

2001). Diese werden durch die, nach den drei erstbeschriebenen Proteinen benann-<br />

te, NHL-Domäne charakterisiert, die meist in Verbindung mit B-box, RING-Finger-<br />

und coiled-coil-Domänen auftritt (Slack und Ruvkun, 1998). Dem Drosophila-BRAIN-<br />

TUMOR-Protein fehlt die RING-Finger-Domäne, zwei B-Box-Domänen sind aller-<br />

dings vorhanden. Diese sind an sich in der Lage, sowohl Protein-Protein- als auch<br />

Protein-RNA-Wechselwirkungen einzugehen. Die bisher als funktionell wichtig be-<br />

schriebene Domäne von BRAT ist allerdings die NHL-Domäne, die die Wirkung von<br />

brat in unterschiedlichen biologischen Zusammenhängen vermittelt (Arama et al.,<br />

2000; Sonoda und Wharton, 2001). Das Drosophila brain-tumor-Gen wurde als<br />

Lokus schon sehr früh in Screens für lethale Mutationen eines bestimmten Chromo-<br />

somenabschnitts gefunden (Wright et al., 1976) und in den folgenden Jahren dann<br />

vor allem als Tumor-Supressor-Gen eingehend untersucht (Hankins, 1991; Kurzik-<br />

Dumke et al., 1992; Woodhouse et al., 1998; Arama et al., 2000). In brat-mutanten<br />

Larven kommt es zu Neuroblastomen der optischen Zentren des Gehirns, die auf<br />

fehlende Differenzierung der Ganglion-Mutter-Zellen zurückzuführen sind<br />

(Betschinger et al., 2006; Lee et al., 2006). Später konnte gezeigt werden, dass brat<br />

auch mit dem NANOS/PUMILIO-Komplex interagiert und für die Regulation von hb<br />

notwendig ist (Sonoda und Wharton, 2001). BRAIN-TUMOR geht hierbei wahr-<br />

scheinlich sowohl mit NANOS als auch PUMILIO Interaktionen ein, allerdings nur<br />

wenn beide im ternären Komplex an die hb-mRNA gebunden sind. brat ist hierbei<br />

kein obligater Partner von NANOS und PUMILIO. So ist es zwar an der Regulation<br />

von hb und auch an der des paralytic Gens in Motoneuronen beteiligt (Muraro et al.,<br />

2008), nicht aber an der nos/pum-abhängigen Repression von cyclinB in den Polzel-<br />

len (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Sonoda und Wharton, 2001). Die Zusammenset-<br />

zung des nanos/pumilio-Repressionskomplexes kann sich also in unterschiedlichen<br />

biologischen Zusammenhängen unterscheiden.<br />

75


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 17: Sequenzvergleich von BRAT-Proteinen<br />

Alignments der (putativen) BRAT-Proteine von Tribolium castaneum (Tc-BRAT, TC008260),<br />

Drosophila melanogaster (Dm-BRAT, NP_476945), Nasonia vitripennis (Nv-BRAT,<br />

XP_001606935) und Acyrtosiphon pisum (Ap-BRAT, XP_001946837). Die RING-Finger-<br />

Domäne (1) der Proteine von Tribolium und der Blattlaus Acyrtosyphon, wie sie von der<br />

NCBI Conserved Domain Suche (www.ncbi.nlm.nih.gov/Structure/cdd/wrpsb.cgi) annotiert<br />

wird, ist in orange markiert. Die putativen Zink-bindenden Aminosäuren sind durch Sterne (*)<br />

markiert. Alle Proteine besitzen zwei B-Box-Domänen (2, 3 in grün), eine Coiled-Coil-<br />

Domäne (4, in violett) und eine NHL-Domäne (5, in schwarz) (nach (Arama et al., 2000).<br />

76


2.7.1. Tribolium brain-tumor<br />

I. 2. Ergebnisse<br />

In Tribolium ist ein eindeutiges brain-tumor-Ortholog (TC008260) identifizierbar.<br />

Es liegt auf Komplementationsgruppe 2 und wird von HGSC und NCBI identisch<br />

annotiert (GLEAN_08260 bzw. XM_965281). Die kodierende Sequenz liegt auf<br />

einem einzigen Exon, was der Situation bei Drosophila entspricht (Arama et al.,<br />

2000). 2448 bp kodieren für ein putatives 90,11 kDa Protein. Dieses enthält eindeutig<br />

erkennbar beide B-box-Domänen (AS 124 bis 157 und 194 -227) und eine coiled-<br />

coil-Domäne (AS 233 bis 372) in unterschiedlich hoher Konservierung, sowie die<br />

sehr hoch konservierte NHL-Domäne am C-Terminus des Proteins (AS 541 bis 815,<br />

Abb. 17). Innerhalb der NHL-Domäne beträgt die Zahl identischer Aminosäuren zu<br />

Drosophila- bzw. Nasonia-BRAT 95 bzw 98 % (vgl. Abb. 17). Außerdem scheint das<br />

Tribolium-Protein, wie auch das putative BRAT von Acyrtosiphon, im Aminoterminus<br />

eine RING-Finger-Domäne (AS 61 bis 95) zu besitzen, wie sie in vielen anderen<br />

NHL-Proteinen auftritt (Slack und Ruvkun, 1998), in den brat-Orthologen von Dro-<br />

sophila und Nasonia im Lauf der Evolution aber offenbar verloren ging.<br />

2.7.2. Expression von brat<br />

In Drosophila ist keinerlei brain-tumor Expression vor Stadium 12 beschrieben<br />

(Arama et al., 2000), obgleich zumindest BRAT-Protein natürlich schon in frühen<br />

embryonalen Stadien vorhanden sein muss, um seine Funktion für die hb-Regulation<br />

zu erfüllen. Ab dem späten Stadium 12 wird Drosophila brat in Zellen des sich entwi-<br />

ckelnden ZNS und PNS exprimiert, was auch für das Tribolium-Ortholog zutrifft (Abb.<br />

18, G,H). Tribolium-brat-mRNA findet sich allerdings bereits als maternale Kompo-<br />

nente in der Oozyte und zeigt im weiteren Verlauf der frühen Embryogenese ein<br />

dynamisches Muster. Zunächst wird die Expression an beiden Polen des Embryos<br />

reduziert, so dass eine große zentrale Domäne entsteht (Abb. 18, B). Mit der<br />

Differenzierung des Blastoderm beginnen allerdings die posterior liegenden Zellen<br />

wieder brat-mRNA zu synthetisieren, während Zellen der Serosaanlage frei von<br />

Expression bleiben (Abb. 18, C). brat-mRNA ist dann also in der gesamten Embryo-<br />

nalanlage nachweisbar, zeigt allerdings im Bereich des anterioren Kopfes ein<br />

erhöhtes Expressionsniveau (Abb. 18, C). Während der Bildung des Keimrudiments<br />

wird die Expression nochmals in einem weiter posterior gelegenen, wahrscheinlich<br />

segmentalen Streifen im Bereich der entstehenden thorakalen Segmente verstärkt<br />

(nicht gezeigt). In späteren Stadien wird brat dann in Zellen des sich entwickelnden<br />

77


I. 2. Ergebnisse<br />

In späteren Stadien wird brat dann in Zellen des sich entwickelnden Nervensystems<br />

exprimiert (Abb. 18, G, H).<br />

Abb. 18: Expression des Tribolium brain-tumor-Gens<br />

A – C, G, H Hellfeldaufnahmen von Wildtyp Embryonen, in-situ-Hybridisierung gegen braintumor.<br />

A –C laterale Ansicht früher Stadien, G und H ventrale Ansicht nahezu vollständig<br />

gestreckter Keimstreifen.<br />

A zeigt die gleichmäßig im Ei verteilte maternale brat RNA, die um den Zellkern des frisch<br />

abgelegten Eis (Pfeil in D) angereichert ist.<br />

B Im undifferenzierten Blastoderm sind die Pole des Embryos frei von Expression, vermutlich<br />

in der Folge zygotischer Regulation.<br />

C Das frühe differenzierte Blastoderm zeigt die Serosaanlage ohne, die gesamte Embryonalanlage<br />

mit brat Expression, noch bevor die Differenzierung der Anlagen morphologisch<br />

sichtbar wird (F). Im Bereich des anterioren Kopfes ist das Expressionsniveau erhöht (hervorgehoben).<br />

D - F Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A – C.<br />

G, H brat ist in Neuroblasten des sich entwickelnden Zentral- und peripheren Nervensystems<br />

exprimiert. G ist eine Vergrößerung des Kopfes des Embryos in H.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in G, dort ist anterior oben.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />

Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage, S: Serosaanlage,<br />

E: Embryonalanlage<br />

78


I. 2. Ergebnisse<br />

2.7.3. brat-RNAi führt zu ähnlichen, aber von nos/pum RNAi abgrenz-<br />

baren Phänotypen<br />

RNAi-Experimente gegen brat wurden mit dsRNA eines 713 bp Fragment der<br />

NHL-Domäne durchgeführt.<br />

In der Folge von brat-RNAi treten kombinierte morphologische Veränderungen<br />

der larvalen Kutikula auf (Abb. 19, A, B). Kopfdefekte gehen einher mit Verkürzungen<br />

des Abdomens. Die Penetranz der RNA-Interferenz dieser Experimente ist hoch, d.h.<br />

es treten keine Wildtyp-Larven auf. Meist bleiben 4 bis 7 abdominale Segmente<br />

zurück, terminale Strukturen können fehlen (Abb. 19, A). Auch im Kopf zeigen sich<br />

Defekte. Die Antennen scheinen häufig verkürzt und die Morphologie der Mandibeln<br />

leicht gestört zu sein, wobei der Incisivi-Teil der Mandibeln reduziert ist (Abb. 19, B).<br />

Außerdem ist das labiale Segment in der Regel ganz oder teilweise deletiert (Abb.<br />

19, Pfeil in B). Hinzu kommen vereinzelte Veränderungen (vor allem Deletionen) der<br />

anderen Mundwerkzeuge (nicht gezeigt). Zusätzlich zu diesen anterioren und poste-<br />

rioren Defekten kommt es auch zu Deformationen in thorakalen Segmenten. Dort<br />

treten Deletionen einzelner Beine, Deformationen des Prätarsus und Missbildungen<br />

kompletter Beine auf (Abb. 19, bzw. nicht gezeigt).<br />

Diese in Kutikulapräparationen auftretenden brat-RNAi-Phänotypen können zum<br />

größten Teil auf frühe embryonale Prozesse zurückgeführt werden. So sind die<br />

Deletion des labialen Segments und die Defekte thorakaler Segmente schon im<br />

Expressionsmuster des Segmentpolaritätsgens wg ablesbar (Abb. 19, C, D). Aller-<br />

dings besteht zwischen der Stärke der in larvalen Stadien beobachtbaren abdomina-<br />

len Phänotypen und den Defekten der posterioren Segmentierung in Keimstreifsta-<br />

dien eine Diskrepanz. Während Larven mit nur 3 oder 4 abdominalen Segmenten<br />

auftreten, finden sich in Keimstreifen stets mindestens 7 abdominale Segmentanla-<br />

gen. Es ist also möglich, dass hier Defekte zum Teil erst während der Differenzierung<br />

der Segmente auftreten, also sekundär eine Reduktion der Segmente nach sich<br />

ziehen. Der Blick auf frühere Entwicklungsstadien macht allerdings deutlich, dass die<br />

hier beschriebenen Embryonen den RNAi-Effekt höchstwahrscheinlich nur in schwa-<br />

cher Ausprägung zeigen, da sie auf deutliich stärkere Defekte hinweisen.<br />

So verdeutlicht der Nachweis des Paar-Regel Gens eve starke Defekte in blas-<br />

todermalen Stadien (Abb. 19, E-H). Die embryonale Anlage ist deutlich verkleinert,<br />

der der Anlage der Serosa im Wildtyp entsprechende Bereich, ist in der Folge flä-<br />

79


I. 2. Ergebnisse<br />

chenmäßig vergößert, und das Gewebe scheinbar massiv verändert, wobei vor allem<br />

die regelmäßige Anordnung der Zellkerne (Abb. 19, G’) gestört ist. Sie bilden teilwei-<br />

se Gruppen von zwei bis drei Kernen, was auf Störungen der Zellmorphologie hin-<br />

weist. Zudem deuten möglich, dass durch Hoechst intensiver gefärbte Bereiche in<br />

den Zellkernen auf apoptotische Prozesse hin. Innerhalb der Embryonalanlage ist<br />

eve-Expression zwar nachweisbar, einzelne eve-Domänen sind allerdings nur<br />

schwer zu erkennen. Die individuellen Streifen sind kaum voneinander abgegrenzt,<br />

nahezu ohne räumlichen Abstand zueinander und in ihrer Form deutlich gestört. Das<br />

Muster könnte dabei möglicherweise die Reste von zwei segmentalen Streifen,<br />

gefolgt von einer posterioren Domäne zeigen (Abb. 19, F). Somit scheint die dritte<br />

blastodermale eve-Domäne (Abb. 19, E „3“) zu fehlen. Angesichts eines solch dra-<br />

matischen Phänotyps ist es denkbar, dass Embryonen mit dem vollständigen Funkti-<br />

onsverlust schon vor Erreichen des Keimstreifs- oder Larvenstadiums sterben und<br />

somit die stärksten Defekte zu diesen Zeitpunkten schon nicht mehr beobachtet<br />

werden können. Die Anzahl an Embryonen ohne Kutikula war allerdings nicht deut-<br />

lich erhöht, wahrscheinlich ist der Anteil dieser starken Phänotypen zu gering. Mög-<br />

licherweis ließe sich die Effizienz der RNAi, und damit die Frequenz der starken<br />

Defekte, durch eine Erhöhung der dsRNA Konzentration noch steigern.<br />

80<br />

Die hier gezeigten Ergebnisse machen unterschiedliche Effekte von brat-RNAi<br />

deutlich und zeigen Diskrepanzen der phänotypischen Ausprägung zu unterschiedli-<br />

chen Zeitpunkten der Embryogenese auf. Die Analyse der blastodermalen Stadien<br />

erlaubte offenbar die Detektion der am stärksten ausgeprägen Defekte, die vermut-<br />

lich zu früher embryonaler Letalität führen und somit zu späteren Zeitpunkten nicht<br />

mehr feststellbar sind. Die untersuchten Keimstreifembryonen zeigen nur schwache<br />

Defekte. Dies legt nahe, dass es sich hierbei um Embryonen handelt, die überlebten<br />

weil der RNAi-Effekt schwächer ausgeprägt war. Auch die in den larvalen Kutikulas<br />

auftretenden abdominalen Defekte sind in dieser Form nicht in den Keimstreifen<br />

feststellbar. Es ist nun denkbar, dass brat in Tribolium sowohl eine frühe Funktion<br />

hat, deren Ausfall in den stärksten Fällen zu frühembryonaler Letalität führt, als auch<br />

eine davon unabhängige spätere Wirkung auf einen Teil der abdominalen Segmente<br />

entfaltet, die nach RNAi in einem sekundären Prozess, der die initiale Segmentbil-<br />

dung kaum betrifft, zum Verlust dieser Segmente führt. Es ist allerdings nicht auszu-<br />

schließen, dass alle beobachteten Effekte nur unterschiedlich starke Ausprägungen<br />

des RNAi-Effekts einer Funktion darstellen. In diesem Fall würden die larvalen Kuti-


I. 2. Ergebnisse<br />

kulas somit intermediäre Phänotypen zeigen, bei denen die brat-<br />

Funktionsreduzierung nicht ausreichte um zu früher Letalität zu führen, wobei die<br />

Analyse des wg-Expressionsmusters nur an noch schwächer betroffenen Phänoty-<br />

pen durchgeführt worden wäre.<br />

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, aufgrund der verfügbaren Daten eine<br />

Interaktion von brat und nos/pum in Tribolium zu postulieren. In brat-RNAi treten,<br />

ebenso wie nach nos/pum-RNAi, abdominale Defekte auf, ihre Entstehung könnte<br />

allerdings unterschiedliche Ursachen haben. brat-RNAi führt zu thorakalen Defekten<br />

und zu Deletionen des Labiums, wie sie nach nos/pum RNAi nicht auftreten. brat-<br />

RNAi ruft außerdem deutlich stärkere Effekte in differenzierten Blastodermstadien<br />

hervor, die starke Veränderungen der Blastodermregionalisierung vermuten lassen.<br />

Es besteht allerdings durchaus eine prinzipielle Ähnlichkeit der Defekte der larvalen<br />

Kutikulas, weshalb eine Interaktion zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen wer-<br />

den kann. Zur Klärung dieser Frage bedarf es weiterer, sorgfältiger Analysen der<br />

brat-RNAi-Effekte sowie doppel- und tripel-RNAi Experimente. Außerdem müssen<br />

Bindungsstudien der beteiligten Proteine Klarheit über deren Interaktionen geben.<br />

Dies war leider im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, womit eine Beteiligung brain-<br />

tumors im nanos/pumilio-Komplex nicht abschließend geklärt werden kann.<br />

81


I. 2. Ergebnisse<br />

82


Abb. 19: brain-tumor-RNAi führt zu embryonalen Defekten<br />

I. 2. Ergebnisse<br />

A, B Epifluoresenzaufnahmen der Kutikula schlupfreifer brat-RNAi-Larven. A zeigt eine<br />

„whole-mount“ Aufnahme in leicht ventro-lateraler Sicht. Die Zahl der Abdominalsegmente ist<br />

auf fünf reduziert, wobei dies nicht den stärksten beobachtbaren Phänotyp darstellt. Die<br />

verbliebenen abdominalen Segmente erscheinen normal. Der Kopf ist nicht normal ausgebildet,<br />

es tritt eine Ausstülpung des Stomodeums, eine Verkleinerung der Antennen und die<br />

Deletion eines Labialpalpus auf. A’ zeigt einen vergrößerten Ausschnitt eines Beins mit<br />

deformiertem Prätarsus. B zeigt die ventrale Ansicht des Kopfes einer anderen Larve. Es ist<br />

eine Deletion des labialen Segments (Pfeil), eine Verkürzung der Antennen und eine leichte<br />

Deformation der distalen Teile der Mandibel zu erkennen. (vergleiche Abb. 10 A)<br />

C, D DIC-Aufnahmen vom Dotter befreiter, flachpräparierter, voll elongierter Keimstreifembryonen<br />

in ventraler Ansicht, in-situ-Hybridisierung gegen wingless.<br />

C zeigt den Wildtyp, D einen brat-RNAi-Embryo. Die Segmentierung brach offensichtlich<br />

nach Bildung des neunten abdominalen wg-Streifens ab, die abdominalen Domänen sind<br />

normal ausgeprägt. Die thorakalen Segmente zeigen unregelmäßige Domänen sowie verkleinerte,<br />

deformierte Extremitätenknospen. Das labiale Segment ist deletiert (Pfeilspitze),<br />

Die labralen Knospen sind reduziert.<br />

E, F Hellfeldaufnahmen differenzierter Blastoderm-Embryonen in lateraler Ansicht, in-situ-<br />

Hybridisierung gegen even-skipped.<br />

E zeigt den Wildtyp, der erste doppelsegmentale eve-Streifen hat sich bereits in segmentale<br />

Streifen aufgespalten (1a und b), Streifen zwei und drei sind deutlich erkennbar. F zeigt<br />

einen brat-RNAi-Embryo. Es scheinen zwei segmentale eve-Streifen (Pfeilköpfe) und eine<br />

größere (doppelsegmentale?) Domäne (weißer Pfeilkopf) angelegt zu sein, allerdings ist<br />

deren Abstand zueinander deutlich verkleinert und ihre Form gestört. Somit scheint eine der<br />

blastodermalen Domänen zu fehlen.<br />

G, H Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in E, G. Serosa- und Embryonalanlage<br />

sind klar zu erkennen (Pfeilköpfe). In H erschwert ein schlechtes Signal-zu-Hintergrund<br />

Verhältnis die Auswertung. Die Zellkerne der Serosa liegen unregelmäßig verteilt. Die<br />

Embryonalanlage ist deutlich verkleinert. G’ und H’ zeigen vergrößerte Ausschnitte eines<br />

vergleichbaren lateralen Bereichs der Serosa aus G und H im gleichen Maßstab. Die Fehlverteilung<br />

der Zellkerne nach brat-RNAi wird deutlich.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links, außer in B, dort ist anterior oben. Der Größenstandard<br />

weist 100 !m aus.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A“X“: x-tes abdominales Segment, Lr: Labrum/labrale Segmentanlage,<br />

Ant: Antenne/antennale Anlage, Oc: Okulare Segmentanlage, Md: Mandibel/mandibuläre Segmentanlage,<br />

Mx: Maxille/maxilläre Segmentanlage, Lb: Labium/labiale Segmentanlage, S: Serosaanlage,<br />

E: Embryonalanlage<br />

83


I. 2. Ergebnisse<br />

2.8. pumilio-RNAi führt zu weiteren Phänotypen<br />

84<br />

In der Folge der schon beschriebenen RNAi-Experimente traten auch Effekte auf,<br />

die nur durch pumilio-RNAi, nicht aber durch nanos-RNAi hervorgerufen wurden.<br />

Diese wurden im Rahmen dieser Arbeit zwar nicht näher untersucht, ich möchte sie<br />

und ihre möglichen Ursachen dennoch im Folgenden daher nur kurz beschreiben.<br />

2.8.1. pum-RNAi führt zum Verlust der primordialen Keimzellen<br />

In Tribolium findet man keine deutlich erkennbaren Polzellen, also früh separierte<br />

embryonale Vorläuferzellen der Keimbahn, wie sie z.B. in vielen anderen Insekten-<br />

embryonen vorkommen (Zissler, 1992). Trotzdem können solche primordialen Keim-<br />

zellen (PGCs) schon in relativ frühen Stadien der Embryogenese durch in situ Nach-<br />

weis der vasa Expression sichtbar gemacht werden (Schröder, 2006); Abb. 20). In<br />

Drosophila spielen nanos und pumilio eine wesentliche Rolle für den Erhalt der<br />

primordialen Keimzellen bei der Migration in die Gonadenanlage (Kobayashi et al.,<br />

1996; Forbes und Lehmann, 1998; Hayashi et al., 2004; Sato et al., 2007). Auch in<br />

Tribolium scheint pumilio wichtig für die PGCs zu sein. Diese liegen in der Wildtyp-<br />

Situation als Gruppe von Zellen dem wachsenden Keimstreif bzw. dem präsumptiven<br />

Mesoderm auf (Abb. 20, A, B; (Schröder, 2006; Nunes da Fonseca et al., 2008), sind<br />

somit also von Dotter umgeben, der in den gezeigten Abbildungen entfernt wurde.<br />

Nach nos/pum- oder pum-RNAi kommt es zu einem vollständigen Verlust der vasa-<br />

positiven primordialen Keimzellen (Abb. 20, C-F). Dieser Effekt konnte nach nanos-<br />

RNAi nicht nachgewiesen werden (nicht gezeigt). Die Frequenz von starken Phäno-<br />

typen, also dem vollständigen Verlust der PGCs, schien aber in den Doppel-RNAi-<br />

Embryonen erhöht zu sein (nicht gezeigt), was ein Hinweis auf eine Beteiligung von<br />

nos sein könnte.<br />

Die Notwendigkeit von pumilio-Aktivität innerhalb der Keimbahn könnte auf eine<br />

konservierte Funktion hinweisen. So spielt pum nicht nur eine Rolle für die primordia-<br />

len Keimzellen in Drosophila (Asaoka-Taguchi et al., 1999; Parisi und Lin, 1999;<br />

Gilboa und Lehmann, 2004; Kadyrova et al., 2007), sondern ist gemeinsam mit<br />

nanos auch an der Regulation der Keimbahnstammzellen beteiligt (Lin und Sprad-<br />

ling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Wang und Lin, 2004; Kim et al.). Auch in C.<br />

elegans, oder selbst in Vertebraten wurden pumilio-Orthologe mit Funktionen in der


I. 2. Ergebnisse<br />

Keimbahn in Verbindung gebracht (Crittenden et al., 2002; Xu et al., 2007; Lee et al.,<br />

2008; Kuo et al., 2009).<br />

Abb. 20: vasa-Expression verdeutlicht das Fehlen der PGCs nach nos/pum-RNAi<br />

A, C, E laterale Ansicht von Keimstreifembryonen, in-situ-Hybridisierung gegen vasa, vom<br />

Dotter freipräpariert<br />

B, D, F Hoechst-33342 Kernfärbung der Embryonen in A, C, E<br />

A vasa wird in den putativen primordialen Keimzellen (Pfeil), die dem Bereich der Wachstumszone<br />

aufliegen, exprimiert.<br />

C, E nach nos/pum- oder pum-RNAi fehlt die vasa-Expression ebenso wie die Zellen an der<br />

Position der PGCs (Pfeile)<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />

2.8.2. Parentale RNAi gegen pumilio führt zu einer Eiablegehemmung<br />

nanos und pumilio sind in Drosophila auch für den Erhalt der Keimbahnstamm-<br />

zellen wichtig (Bhat, 1999; Wang und Lin, 2004). In adulten Tribolium-Weibchen gibt<br />

es keine Keimbahnstammzellen mehr, da deren Aktivität wahrscheinlich auf frühe<br />

pupale Stadien beschränkt ist. Somit wird diese Aktivität von pupaler RNA-Injektion<br />

nicht mehr beeinträchtigt, da in der Regel ältere Puppenstadien injiziert wurden.<br />

Trotzdem legen pum-RNAi-Tiere signifikant weniger Eier als Wildtyp-Weibchen (Tab.<br />

85


I. 2. Ergebnisse<br />

2). Dies ist allerdings nicht auf Defekte während der Oogenese, sondern vielmehr auf<br />

eine Störung der Eiablage zurückzuführen (Abb. 21), wie sie in ähnlicher Weise auch<br />

in Drosophila-pum-Mutanten auftreten (Parisi und Lin, 1999). Die Ursachen dieser<br />

Störung bleiben unklar und können vielfältig sein. Der Effekt tritt nicht in der Folge<br />

von nanos-RNAi auf, ist also wahrscheinlich ausschließlich auf pumilio zurückzufüh-<br />

ren.<br />

Abb. 21: pumilio-RNAi führt zu einer Eiablagehemmung<br />

A Vollständiges Ovar eines Wildtyp Weibchens. Jedes Halbovar besteht aus sechs Ovariolen<br />

und dem lateralen Ovidukt. Das laterale Ovidukt eines Halbovars enthält eine reife<br />

Oozyte (*).<br />

B Vollständiges Ovar eines Weibchens nach pum-RNAi. Reife Oozyten werden nicht oder<br />

nur selten abgelegt. Das laterale Ovidukt des linken Halbovars enthält sechs bis sieben reife<br />

Oozyten (fünf davon sichtbar, *), das andere ist während der Präparation verletzt worden<br />

(Pfeilspitze), die enthaltenen Oozyten wurden dabei verloren.<br />

Gezeigt sind Fluoreszenzaufnahmen von Hoechst33342 gefärbten Präparaten.<br />

Tab. 2: Legeleistung nach pumilio-RNAi<br />

86<br />

pumilio-pRNAi Wildtyp<br />

durchschnitlliche Lege-<br />

4,4 13,8<br />

leistung pro Tag<br />

Gezählt wurden gelegte Eier von 11 (pum-RNAi) bzw. 12<br />

(Wildtyp) Weibchen über einen Zeitraum von 12 (pum-RNAi)<br />

bzw. 8 (Wildtyp) Tagen.<br />

Maxima: 14 (pum) 22 (WT) Minima: 0 (pum) 7,5 (WT)


I. 2. Ergebnisse<br />

2.8.3. pumilio spielt eine Rolle für die Entwicklung larvaler Extremitä-<br />

ten<br />

Wie bereits erwähnt (2.3.2) führt pumilio-RNAi zu Defekten sämtlicher Extremitä-<br />

ten. Dabei werden keine Segmente oder Glieder deletiert, sie erscheinen aber ver-<br />

kürzt und deformiert (Abb. 22, Abb. 10). Dies führt zu in der proximo-distalen Achse<br />

verkürzten Extremitäten irregulärer Morphologie (Abb. 22, C, D). Die Beteiligung<br />

pumilios an der Extremitätenentwicklung wird auch durch seine räumliche Expression<br />

gestützt. Es wird distal in den Extremitätenanlagen stärker exprimiert als im restli-<br />

chen Gewebe des Embryos (Abb. 22, A,B). Die pum-mRNA ist in einem Kern-freien<br />

Bereich basal der ektodermalen Zellkerne nachweisbar (Abb. 22, Pfeile in A, B), wo<br />

sich vermutlich der Großteil des Zytoplasmas der Ektodermzellen befindet.<br />

pum spielt also eine Rolle für die korrekte Ausbildung der Extremitätenanlagen<br />

und könnte hierbei mit diversen Prozessen interferieren. Am wahrscheinlichsten ist<br />

wohl eine Funktion für das Auswachsen entlang der proximo-distalen Achse. Hierbei<br />

könnte pum beispielsweise an der Proliferationskontrolle oder der Steuerung mor-<br />

phogenetischer Prozesse während der Beinentwicklung beteiligt sein. Beide Prozes-<br />

se spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der adulten Beine aus den Imagi-<br />

nalscheiben in Drosophila (Taylor und Adler, 2008). Eine Beteiligung pumilios an<br />

diesen Vorgängen in Drosophila ist allerdings bisher nicht bekannt.<br />

87


I. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 22: pumilio spielt eine Rolle in der Extremitätenentwicklung<br />

A Die Durchlichtaufnahme einer vom Rest des Embryos entfernten Beinanlage. pum in-situ-<br />

Hybridisierung.<br />

B Epifluoreszenzaufnahme der Hoechst-33342-Kernfärbung des gleiches Objekts. pum RNA<br />

ist in einem Bereich unterhalb der ektodermalen Zellkerne lokalisiert (Pfeil). Vermutlich<br />

befindet sich in diesem Bereich das Cytoplasma der ektodermalen Epithelzellen.<br />

C Epifluoreszenzaufnahme des Beines einer schlupfreifen L1 Larve.<br />

D Epifluoreszenzaufnahme des Beines einer pum-RNAi Larve. Die Podomere sind vorhanden,<br />

sie sind allerdings im Vergleich zum Wildtyp deutlich verkürzt und erscheinen verdickt.<br />

Cx: Coxa, Tr: Trochanter, Fe: Femur. Tt: Tibiotarsus, Pt: Prätarsus<br />

2.8.4. Larvale RNAi gegen pumilio resultiert in einem Entwicklungs-<br />

88<br />

block<br />

Systemische RNAi in Tribolium kann nicht nur dazu verwendet werden, um emb-<br />

ryonale Phänotypen zu generieren und Genfunktionen während der Embryogenese<br />

zu untersuchen, sondern auch um postembryonale Prozesse, v.a. die Metamorphose<br />

und die Bildung von adulten Strukturen zu analysieren (Tomoyasu und Denell, 2004;<br />

Konopova und Jindra, 2007; 2008; Miller et al., 2008).<br />

Nach Injektion von Larven (fünftes oder sechstes Larvenstadium) mit pumilio-<br />

dsRNA kommt es zu einem Entwicklungsblock (Abb. 23). Während der normalen<br />

Entwicklung durchlaufen die Tiere am Ende des siebten Larvenstadiums eine Phase<br />

der Vorbereitung auf die Häutung zur Puppe. Als sogenannte Präpuppe sind die<br />

Tiere bewegungslos und entwickeln die epidermalen pupalen bzw. adulten Anlagen,<br />

die dann in der Puppe morphologisch deutlich zu Tage treten (äußere Metamorpho-<br />

se; (Sokoloff, 1972; Dettner, 2003). Nach larvaler pum-RNAi sind die Tiere nicht in<br />

der Lage, die Häutung zur Puppe korrekt zu durchlaufen und sterben als eine Art


I. 2. Ergebnisse<br />

Präpuppe, deren Morphologie allerdings schon den Beginn der pupalen Ecdysis<br />

anzeigt (Abb. 23).<br />

pum ist in diesem Zusammenhang also nötig, um die Vorbereitungen zur pupalen<br />

Häutung in der Präpuppe korrekt ablaufen zu lassen. Über die zu Grunde liegenden<br />

Prozesse kann ich nur spekulieren. So wäre es etwa möglich, dass pumilio in die<br />

Signalkaskade des Juvenil-Hormons (JH) eingreift, um dort beteiligte Repressoren zu<br />

regulieren (Riddiford et al., 2003). Das JH-Zielgen broad-complex beispielsweise<br />

zeigt einen sehr ähnlichen RNAi-Phänotyp wie pumilio (Konopova und Jindra, 2008).<br />

Auch dieser Effekt ist nicht nach nanos-RNAi zu beobachten.<br />

Abb. 23: Larvale pumilio-RNAi führt zu einem<br />

Entwicklungsblock kurz vor der pupalen Ecdysis<br />

A WT-Präpuppe in lateraler Ansicht.<br />

B Nach larvaler Injektion von pum-dsRNA können die<br />

Tiere die Ecdysis nicht vollständig durchführen und<br />

sterben als Präpuppe mit einigen puppenähnlichen<br />

Merkmalen. So ist das ganze Tier verkürzt und der<br />

Kopf bereits in einer hypognathen Position<br />

C WT-Puppe in ventraler Ansicht.<br />

Die gezeigten Tiere sind vermillion white , zeigen also<br />

unpigmentierte Komplexaugen. Anterior ist in allen<br />

Abbildungen links.<br />

pumilio-RNAi führt also zu einigen weiteren phänotypischen Effekten, die nicht<br />

mit der Segmentierung in Zusammenhang stehen. Eine Rolle innerhalb der Keim-<br />

bahn und der primordialen Keimzellen ist sowohl aus Drosophila, als auch aus ande-<br />

ren Systemen bekannt (Lin und Spradling, 1997; Forbes und Lehmann, 1998; Asao-<br />

ka-Taguchi et al., 1999; Crittenden et al., 2002; Xu et al., 2007; Lee et al., 2008; Kuo<br />

et al., 2009). und stellt wahrscheinlich einen konservierten Funktionskomplex von<br />

PUF-Domänen-Proteinen dar (Wickens et al., 2002). Die Beteiligung an der Entwick-<br />

lung der larvalen Extremitäten oder der Kontrolle der Metamorphose allerdings sind<br />

als bisher unbekannte Funktionen von pumilio zu sehen, die in dieser Form in keiner<br />

anderen Art beschrieben wurden. Nur in C. elegans spielt ein pumilio-Homolog, puf-<br />

9, eine Rolle bei der Regulation des larval-zu-adult Übergangs (Nolde et al., 2007),<br />

ob allerdings Parallelen zwischen diesem Prozess und der Insektenmetamorphose<br />

bestehen ist fraglich.<br />

89


I. 2. Ergebnisse<br />

90<br />

Die beschriebenen Segmentierungs-unabhängigen Effekte treten wie erwähnt<br />

nicht nach nanos-RNAi auf. Dieser Befund steht nicht im Wiederspruch zu einer<br />

gemeinsamen Funktion während der Segmentierung und könnte mehrere Ursachen<br />

haben. Es ist denkbar, dass pumilio auch ohne nanos bzw. mit anderen Kofaktoren<br />

als Repressor wirken kann. Da PUMILIO die spezifische RNA-bindende Komponente<br />

des Komplexes darstellt, scheint dies nicht abwegig (Murata und Wharton, 1995;<br />

Sonoda und Wharton, 1999; Wang et al., 2002). NANOS könnte die Funktion für<br />

diese Prozesse in Tribolium verloren haben, oder pumilio wurde für sie unabhängig<br />

von nanos herangezogen. Eine andere denkbare Erklärung wäre mangelnde Effi-<br />

zienz der nanos-RNAi-Experimente. nanos-RNAi führt weniger penetrant zur Ausbil-<br />

dung von larvalen Phänotypen als pum-RNAi (Abb. 11; 2.3.2, S.53), sie scheint also<br />

nicht in allem Fällen ausreichend zu sein, um Defekte zu induzieren. So wäre es<br />

auch möglich, dass nanos-RNAi das mRNA-Niveau nicht ausreichend erniedrigt, um<br />

Defekte der Beinentwicklung, der primordialen Keimzellen oder der Metamorphose<br />

hervorzurufen. Möglicherweise genügen sehr geringe nanos-mRNA-Konzentrationen<br />

für die Produktion der nötigen Menge an NANOS-Protein, oder die mRNA-<br />

Degradation ist bei nanos weniger effizient.


3. Diskussion<br />

I. 3. Diskussion<br />

3.1. Das Zusammenspiel von nanos und pumilio und dem termi-<br />

nalen System ist wesentlich für die posteriore Segmentie-<br />

rung in Tribolium<br />

Im vorangegangen Text habe ich dargelegt, dass nanos und pumilio in Tribolium,<br />

ähnlich wie in Drosophila, eine wichtige Rolle für die Ausbildung posteriorer Segmen-<br />

te spielen (s. 2.3, 2.4; Nüsslein-Volhard et al., 1987). Nach nos/pum-RNAi kommt es<br />

in Tribolium-Embryonen zum vorzeitigen Stop der Segmentbildung aus der posterio-<br />

ren Wachstumszone. Dabei werden zunächst noch abdominale Segmente gebildet,<br />

deren Determination aber bereits gestört ist, wie die veränderte Paar-Regel- und<br />

Segmentpolaritäts-Gen-Expression (Abb. 13) sowie die Morphologie der larvalen<br />

Kutikula (Abb. 9) zeigen. Schließlich kommt es zu einem Segmentierungsabbruch, es<br />

werden keine wg- oder eve-Streifen mehr gebildet und es entwickelt sich in der Folge<br />

eine verkürzte Larve (Abb. 9, Abb. 13). Der Paar-Regel-Gen-Regelkreis innerhalb<br />

der Wachstumszone (Choe et al., 2006) kommt also wohl zum Erliegen, wodurch<br />

keine Segmentpolaritäts-Gen-Domänen mehr aktiviert werden, also keine Segment-<br />

grenzen mehr entstehen und die Segmentbildung ausbleibt. Vermutlich stehen<br />

posteriore Defekte in früheren Stadien mit diesen späteren Auswirkungen in Zusam-<br />

menhang. So ist bereits die posteriore Invagination zu Beginn der Gastrulation<br />

(Handel et al., 2000) gestört, und die Domänen der Gap-Gene giant und knirps im<br />

posterioren Keimrudiment (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008) fehlen<br />

(Abb. 14). In noch früheren Blastodermstadien ist zudem die Expression von tailless,<br />

einem Zielgen des torso-Signalwegs (Schröder et al., 2000; Furriols und Casanova,<br />

2003), am posterioren Pol des Blastoderms deutlich reduziert (Abb. 14). Es treten<br />

also Effekte auf, die posteriore Bereiche des Blastoderms bzw. des Keimrudiments<br />

sowie die Segmentbildung aus der Wachstumszone betreffen.<br />

Die beobachteten Defekte ähneln im Ergebnis den embryonalen Phänotypen von<br />

nanos- oder pumilio-Mutanten in Drosophila (Lehmann und Nüsslein-Volhard, 1987;<br />

Nüsslein-Volhard et al., 1987; Irish et al., 1989a). Diese zeigen einen vollständigen<br />

Verlust der abdominalen Segmente, verursacht durch die Derepression der materna-<br />

len hb-RNA. Bleibt die vom posterioren Pol ausgehende, NANOS/PUMILIO-<br />

vermittelte Repression aus, so kommt es zu einer nahezu ubiquitären HB-Expression<br />

91


I. 3. Diskussion<br />

(Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989), die in der Folge zum Verlust<br />

der posterioren Domänen von gt und kni (Nauber et al., 1988; Eldon und Pirrotta,<br />

1991; Kraut und Levine, 1991a; b) sowie einer verschobenen Kr-Expression führt<br />

(Gaul et al., 1987; Hülskamp et al., 1990). Hierdurch bleibt die streifenspezifische<br />

Aktivierung der Paar-Regel-Gene, sprich die Segmentierung, in einem breiten Be-<br />

reich aus (Frasch und Levine, 1987; Struhl, 1989; Klingler und Gergen, 1993; Klingler<br />

et al., 1996; Fujioka et al., 1999). Sowohl in Tribolium als auch in Drosophila kommt<br />

es nach dem Ausfall von nanos und pumilio also zu einem Verlust von abdominalen<br />

Segmenten und der posterioren Domänen von giant und knirps. Allerdings unter-<br />

scheidet sich die Bildung dieser abdominalen Segmente in beiden Arten fundamen-<br />

tal: im Rahmen der syncytialen, blastodermalen Segmentierung des Langkeim-<br />

Insekts Drosophila werden einzelne Paar-Regel-Streifen durch unterschiedliche<br />

Kombinationen von gap-Faktoren spezifisch reguliert, während die Segmentierung in<br />

Tribolium-Kurzkeim-Embryonen innerhalb der zellulären Wachstumszone von einem<br />

Paar-Regel-Gen-Regelkreis abhängt (Klingler und Tautz, 1999; Choe et al., 2006;<br />

Schröder et al., 2008). Diese prinzipiellen Unterschiede erschweren es, von der<br />

Drosophila-Situation direkt auf die Prozesse im Tribolium-Embryo zu schließen.<br />

Die Ursache der beschriebenen abdominalen Phänotypen in Tribolium hängt of-<br />

fenbar mit Musterbildungsstörungen in der posterioren Wachstumszone zusammen.<br />

Hierbei scheinen zwei unterschiedliche Szenarien möglich: 1. nanos und pumilio<br />

wirken direkt auf die Musterbildung in der Wachstumszone während der<br />

Keimstreifstreckung. Oder 2. beide Gene wirken auf die Anlage der Wachstumszone<br />

und nehmen über die Regulation weiterer Faktoren indirekt Einfluss auf die<br />

Musterbildung in der Wachstumszone und. Oder 3. sie spielen eine Rolle bei der<br />

Etablierung der Wachstumszone.<br />

Wirken NANOS und PUMILIO direkt auf den Segmentierungsprozess in der Wachs-<br />

tumszone?<br />

Über die Funktionsweise und die zellbiologischen Mechanismen der posterioren<br />

Wachstumszone in Tribolium ist nur wenig bekannt. Möglicherweise ließen sich aber<br />

Befunde bestimmter segmentierungsunabhängiger Funktionen von nanos und pumi-<br />

lio in Drosophila auf die Situation in der Wachstumszone vo Tribolium übertragen. In<br />

Fliegenembryonen sind nanos und pumilio nötig, um die primordialen Keimzellen<br />

während ihrer Wanderung in die Gonadenanlage in einem undifferenzierten,<br />

transkriptionell inaktiven Zustand zu halten (Asaoka et al., 1998; Forbes und Leh-<br />

92


I. 3. Diskussion<br />

mann, 1998; Asaoka-Taguchi et al., 1999; Deshpande et al., 1999; Deshpande et al.,<br />

2005; Kadyrova et al., 2007). Dabei verhindern sie die Expression von somatischen<br />

Genen, wie z.B. den Paar-Regel-Genen eve oder fushi-tarazu (Asaoka-Taguchi et<br />

al., 1999; Deshpande et al., 1999; Deshpande et al., 2005; Kadyrova et al., 2007),<br />

wahrscheinlich indem sie den Phosphorylierungszustand und somit die Aktivität der<br />

C-terminalen Domäne der großen Untereinheit der RNA-Polymerase II regulieren.<br />

Auch in der Wachstumszone von Tribolium müssen höchstwahrscheinlich Zellen in<br />

einem undifferenzierten Zustand gehalten werden, um die aufeinander folgende<br />

Bildung der Segmente zu gewährleisten (McGregor et al., 2009). Analog zu ihrer<br />

Funktion für die Keimbahnvorläuferzellen in Drosophila könnten nanos und pumilio<br />

hierbei eine direkte Rolle innerhalb der Wachstumszone spielen, indem sie die<br />

Expression von Differenzierungsgenen unterdrücken. Diese dem ersten Szenario<br />

folgende These würde eine Funktion von nos/pum während der Keimstreifstreckung<br />

bedeuten, während der Einfluss auf die Expression von tll, gt und kni (s. 2.4) auf eine<br />

frühere Funktion hinweist. Somit erscheint es mir wahrscheinlicher, dass nanos und<br />

pumilio indirekt auf den Segmentierungsprozess in der Wachstumszone wirken.<br />

Der Effekt auf die Wachstumszone könnte durch GIANT vermittelt werden<br />

Der Verlust der posterioren Domänen von gt und kni ist eine Parallele zwischen<br />

Drosophila und Tribolium, die möglicherweise eine Erklärung der Phänotypen bietet.<br />

Wie erwähnt, führt das Fehlen jener posterioren Domänen in Drosophila nanos-<br />

Mutanten zu einem Verlust der eve-Streifen innerhalb der normalerweise kni und gt<br />

exprimierenden Bereiche (Frasch und Levine, 1987; Struhl, 1989). Ein ebenso direk-<br />

ter Zusammenhang zwischen gap- und Paar-Regel-Gen-Expression konnte zwar<br />

bisher in Tribolium nicht festgestellt werden (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al.,<br />

2005; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008), dennoch führt beispielsweise<br />

gt-RNAi zu Unregelmäßigkeiten der posterioren blastodermalen Paar-Regel-Gen-<br />

Streifen (Cerny, 2007). Außerdem kommt es nach gt-RNAi zu einem Abbruch der<br />

Segmentierung und somit zu verkürzten Larven. Die posteriore gt-Domäne könnte<br />

also für die Etablierung oder auch die Aufrechterhaltung des „pair-rule circuit“ (Choe<br />

et al., 2006) und somit für die Funktion der posterioren Wachstumszone nötig sein.<br />

Es wurde vermutet, dass diese Funktion auf einem „Induktions-Ketten“ Mechanismus<br />

der posterioren Gap-Gen-Domänen basieren könnte (Bucher und Klingler, 2004).<br />

Dabei wäre die Anwesenheit zumindest jeweils eines abdominalen Gap-Gens nötig,<br />

um die Aktivität des „pair-rule-circuit“ aufrecht zu erhalten. Das Fehlen der posterio-<br />

93


I. 3. Diskussion<br />

ren gt-Domäne nach nos-pum-RNAi bietet demnach eine Erklärung für das Auftreten<br />

der posterioren Phänotypen, wobei nanos und pumilio durch die Regulation von gt<br />

Einfluss auf die Funktion der Wachstumszone nähmen. Der Ausfall der posterioren<br />

Domäne von kni ist hierbei wohl nebensächlich, da nach kni-RNAi nur sehr schwa-<br />

che abdominale Musterbildungsdefekte auftreten (Cerny et al., 2008).<br />

94<br />

Ebenso wie in Drosophila wirken nanos und pumilio in Tribolium aber wohl nicht<br />

direkt auf die Expression von gt und kni. Innerhalb der 3’-UTR-Bereiche beider Gene<br />

finden sich keine kanonischen „Nanos Response Elemente“ und die bisher beschrie-<br />

bene Funktion von nanos und pumilio als translationeller Repressor-Komplex sollte<br />

nach RNAi nicht zum Verlust sondern zur Verstärkung oder Expansion von Zielge-<br />

nexpression führen. Somit stellt sich die Frage, wie der Effekt von nanos und pumilio<br />

auf die Expression von kni und gt in Tribolium vermittelt werden könnte.<br />

In Drosophila führt die Derepression von hunchback als Repressor von gt und kni<br />

zum Verlust der posterioren Domänen (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a;<br />

Struhl, 1989; Kraut und Levine, 1991a). In Analogie hierzu wurde vermutet, dass<br />

nanos und pumilio auch in Tribolium für eine Repression der Translation von der<br />

maternalen hb-mRNA am posterioren Pol und außerdem für eine ähnliche Regulati-<br />

on der maternalen otd-1-mRNA verantwortlich seien (Schröder, 2003). Könnten<br />

diese postulierten Interaktionen für das Fehlen der posterioren Domänen von gt und<br />

kni nach nos-pum-RNAi verantwortlich sein?<br />

Maternale otd-1-mRNA findet sich zunächst ubiquitär in frühen Embryonen. Die<br />

Expression wird dann auf die anteriore Hälfte des Embryos begrenzt, um später eine<br />

Domäne innerhalb der Anlage des anterioren Kopfes zu bilden (Li et al., 1996;<br />

Schröder, 2003). Schröder vermutete, dass die initiale Repression innerhalb der<br />

posterioren Hälfte des Embryos auf translationelle Regulation zurückzuführen sei. Ich<br />

konnte jedoch zeigen, dass nanos-pumilio-RNAi nicht zu einer detektierbaren poste-<br />

rioren Derepression führt (Abb. 16), und OTD-1 somit zum dem Zeitpunkt, zu dem<br />

normalerweise die posterioren Domänen von gt und kni aktiviert würden, auch in<br />

nos/pum-RNAi-Embryonen nur innerhalb des anterioren Kopfes exprimiert wird. Eine<br />

Beteiligung von OTD-1 kann hier also mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden.<br />

Maternale hb-mRNA und HB-Protein sind ebenfalls zunächst ubiquitär im Embryo<br />

nachweisbar, die Proteinexpression wird aber in frühen Blastodermstadien am poste-<br />

rioren Pol reprimiert (Wolff et al., 1995). Eine Beteiligung von NANOS und PUMILIO<br />

an dieser posterioren Repression der HB-Expression im frühen Blastoderm konnte


I. 3. Diskussion<br />

leider nicht geprüft und kann somit nicht ausgeschlossen werden. Falls eine HB-<br />

Derepression am posterioren Pol von frühen nos/pum-RNAi-Embryonen stattfindet,<br />

so wirkt sich diese offenbar nicht auf die späteren hb-Expressionsdomänen aus, da<br />

diese nach nos/pum-RNAi nicht feststellbar verändert sind. Ein Zusammenhang mit<br />

dem Fehlen der posterioren Expressionsdomänen von giant und knirps wäre aller-<br />

dings denkbar. In Drosophila wirkt HB als Repressor der posterioren Domänen von<br />

gt und kni, wodurch die HB-Derepression zum Verlust dieser Domänen führt (Kraut<br />

und Levine, 1991b). Tribolium-HB wirkt zwar formal als Aktivator der posterioren gt-<br />

Domäne (Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008), diese Aktivierung wird aber<br />

zumindest teilweise indirekt durch die Aktivierung von Krüppel vermittelt (Cerny et al.,<br />

2005; Cerny, 2007; Marques-Souza et al., 2008). hb-RNAi führt also zu einem Feh-<br />

len von Kr und dadurch zum Verlust der posterioren gt-Domäne. Ein direkter repri-<br />

mierender Einfluss von HB auf gt, wie er nötig wäre um das Fehlen der posterioren<br />

gt-Domäne nach nos/pum-RNAi zu erklären, könnte daher in den bisherigen hb-<br />

RNAi-Studien „verdeckt“ worden sein. Wegen der fehlenden Aktivierung von gt durch<br />

KRÜPPEL könnte sich eine eventuelle Expansion der gt-Domäne, hervorgerufen<br />

durch den Verlust des reprimierenden Einflusses von HB, nicht manifestieren. Glei-<br />

ches gilt in ähnlicher Weise für die posteriore kni-Domäne (Cerny, 2007; Cerny et al.,<br />

2008). Es ist also prinzipiell möglich, dass die HB-Repression am posterioren Pol<br />

nötig ist, um dort gt- und kni-Expression zu erlauben. Eine solche Regulation in<br />

Analogie zu Drosophila ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht nachweisbar und bleibt<br />

Spekulation. Im Übrigen ist die hier erwähnte Expression von Kr nach nos/pum-RNAi<br />

nicht feststellbar verändert (nicht gezeigt), kann also ihrerseits nicht mit dem Fehlen<br />

der posterioren gt und kni-Domänen in Zusammenhang stehen.<br />

NANOS und PUMILIO interagieren mit dem terminalen System<br />

Einen Hinweis auf eine weitere mögliche Erklärung für die Ursache der abdomi-<br />

nalen Defekte nach nanos/pumilio-RNAi bietet der Einfluss auf die Expression des<br />

terminalen Zielgens tailless (Abb. 14). tailless wird im Wildtyp transient am posterio-<br />

ren Pol des Blastoderms exprimiert (Abb. 14, F, J; Schröder et al., 2000), nach<br />

nanos/pumilio-RNAi ist diese Expression allerdings massiv reduziert (Abb. 14, F, J).<br />

Während die Bedeutung des torso-Signalwegs, also des terminalen Systems, für<br />

die Segmentierung in Drosophila relativ begrenzt ist (nur das Akron, das achte Ab-<br />

dominalsegment und das Telson sind in terminalen Mutanten betroffen (Nüsslein-<br />

Volhard et al., 1987; Klingler et al., 1988), spielt er in Tribolium eine wichtige Rolle für<br />

95


I. 3. Diskussion<br />

die Ausbildung aller von der posterioren Wachstumszone gebildeten Segmente<br />

(Schoppmeier und Schröder, 2005). So fehlen Larven nach torso- oder torso-like-<br />

RNAi alle abdominalen Segmente und der Metathorax, wobei schwache torso-RNAi-<br />

Phänotypen deutliche Ähnlichkeit zu den Defekten nach nanos/pumilio-RNAi aufwei-<br />

sen (Schoppmeier und Schröder, 2005). RNAi gegen tll führt erwartungsgemäß<br />

ebenso zu verkürzten Larven (G. Bucher, persönliche Mitteilung), allerdings scheinen<br />

die tll-Defekte schwächer ausgeprägt zu sein, als nach torso- oder tsl-RNAi, was auf<br />

die Beteiligung weiterer Zielgene hinweist. Nichtsdestotrotz dürfte tll also auch mit<br />

den abdominalen Defekten nach nos/pum-RNAi in Zusammenhang stehen. Als eine<br />

weitere Parallele bleibt zu bemerken, dass die posteriore Invagination, die in<br />

nos/pum-RNAi-Embryonen gestört ist (Abb. 14), in tsl-RNAi-Embryonen vollständig<br />

ausbleibt (Schoppmeier und Schröder, 2005).<br />

96<br />

In Drosophila wurde eine Interaktion des terminalen und des posterioren Systems<br />

bereits beschrieben. In Drosophila nanos-Mutanten kommt es zu einer leichten<br />

Derepression des Repressors CAPICUA nahe dem posterioren Pol (Cinnamon et al.,<br />

2004). CAPICUA verhindert normalerweise (zusammen mit dem allgemeinen Ko-<br />

repressor GROUCHO) im Zentrum von Drosophila-Embryonen die Expression termi-<br />

naler Zielgene und wird an den Polen durch den torso-Signalweg reprimiert (Paroush<br />

et al., 1997; Jimenez et al., 2000). Es wurde spekuliert, NANOS könnte auf eine<br />

MAP-Kinase vermittelte, also TORSO-abhängige, Inaktivierung von CAPICUA oder<br />

möglicherweise auch auf die capicua-mRNA direkt einwirken. Diese Derepression<br />

CAPICUAS in nanos-Mutanten ist allerdings verhältnismäßig gering. Das Tribolium<br />

capicua-Ortholog wurde bereits untersucht und seine Funktion für die Expression<br />

terminaler Zielgene scheint tatsächlich konserviert zu sein (Koniszewski, 2007), so<br />

dass auch in Tribolium ein Zusammenhang zwischen nanos, pumilio und dem termi-<br />

nalen System über CAPICUA vermittelt werden könnte.<br />

Da der Effekt von nos/pum-RNAi auf die abdominale Segmentierung schwächer<br />

ist als der von torso oder torso-like (Schoppmeier und Schröder, 2005), kann man<br />

annehmen, dass NOS/PUM nur unterstützend auf den torso-Signalweg wirken. Somit<br />

könnten unterschiedliche terminale Zielgene in Abhängigkeit ihrer Dosissensitivität<br />

unterschiedlich stark betroffen sein. Tatsächlich fehlt beispielsweise die posteriore<br />

wg-Domäne innerhalb der Wachstumszone von tor- nicht aber von nos/pum-RNAi-<br />

Embryonen (Abb. 13; Schoppmeier und Schröder, 2005).


I. 3. Diskussion<br />

Möglicherweise vermittelt die Reduktion der tll-Expression auch den Einfluss auf<br />

die posterioren Domänen von gt und kni. So fehlt beispielsweise auch nach tsl-RNAi<br />

die posteriore gt-Domäne (Koniszewski, 2007). Somit könnte der Einfluss von<br />

nos/pum-RNAi auf die Wachstumszone durch eine primär vom terminalen System<br />

abhängige giant-Aktivierung vermittelt werden. Diese Zusammenhänge erlauben nun<br />

also eine schlüssige Erklärung des posterioren Phänotyps nach nanos/pumilio-RNAi:<br />

Der Wegfall NOS/PUM-vermittelter Repression von capicua führt zur (partiellen)<br />

Repression von tll und möglicherweise weiterer terminaler Zielgene, was auch die<br />

Reduktion der posterioren Domänen von gt und kni zur Folge hat. Das Fehlen der<br />

posterioren Domäne von giant schließlich könnte dann durch die ausbleibende<br />

Aufrechterhaltung des Paar-Regel-Gen-Regulationskreises zu den abdominalen<br />

Segmentierungsdefekten führen.<br />

Es ist außerdem denkbar, dass noch weitere direkte oder indirekte terminale<br />

Zielgene an der Entstehung des Phänotyps beteiligt sind und gt nicht der einzige<br />

oder dabei wesentliche Effektor ist. So fehlt beispielsweise die posteriore Expression<br />

von Genen wie WntD/8 und caudal nach torso-RNAi (Schoppmeier und Schröder,<br />

2005; Bolognesi et al., 2008a), die beide wesentlich für die Bildung Wachstumszo-<br />

nen-abhängiger Segmente sind (Copf et al., 2004; Bolognesi et al., 2008a). Mögli-<br />

cherweise führt die Reduktion der tll-Expression und eventuell weiterer terminaler<br />

Zielgene auch nach nos/pum-RNAi zu einer schwächeren Expression von Wnt8/D<br />

oder caudal in der Wachstumszone und daraufhin zu verkürzten Keimstreifen. Aller-<br />

dings bleibt wie erwähnt die posteriore Domäne der wg-Expression nach nos/pum-<br />

RNAi erhalten, die zu Wnt-D/8 redundant zu sein scheint (Bolognesi et al., 2008b).<br />

NANOS und PUMILIO sind also am posterioren Pol des Tribolium Embryos not-<br />

wendig für die korrekte Expression von tll, den posterioren Domänen der Gap-Gene<br />

knirps und giant sowie möglicherweise anderer terminaler Zielgene. Sie wirken<br />

wahrscheinlich über diese, möglicherweise vor allem über gt, auf die Funktion oder<br />

die Anlage der posterioren Wachstumszone.<br />

97


I. 3. Diskussion<br />

3.2. Das Auftreten anteriorer Phänotypen illustriert die Beteili-<br />

gung von NANOS und PUMILIO an den regulatorischen Inter-<br />

aktionen im Tribolium-Blastoderm<br />

nanos- und pumilio-RNAi führen nicht nur zu abdominalen, sondern auch zu<br />

deutlichen anterioren Defekten (Abb. 10). Da ihre wichtigen embryonalen Funktionen<br />

in Drosophila - die Regulation der maternalen hunchback-mRNA und die Beteiligung<br />

an der Bildung der primordialen Keimzellen - mit ihrer posterioren Aktivität assoziert<br />

sind (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Kobayashi et al., 1996), und die<br />

posteriore nanos-Expression auch in einigen anderen Arten auf eine konservierte<br />

Funktion hinweist (Curtis et al., 1995; Lall et al., 2003; Chang et al., 2006; Dearden,<br />

2006; Olesnicky und Desplan, 2007), ist dies ein unerwarteter Befund. Allerdings gab<br />

es bereits Hinweise auf eine Beteiligung an anterioren Prozessen. So zeigen Dro-<br />

sophila pumilio Mutanten subtile Kopfdefekte (Gamberi et al., 2002), und in den<br />

Mücken Anopheles gambiae und Culex quinquefasciatus wird nanos-mRNA transient<br />

am anterioren Pol lokalisiert (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008).<br />

In Tribolium traten nach nos/pum-RNAi Transformationen und Deletionen von<br />

Mundwerkzeugen bzw. gnathalen Segmenten auf, die im stärksten Fall zum Verlust<br />

des antennalen und mandibulären Segments führten (Abb. 10, Abb. 12, Abb. 15).<br />

Diese Defekte haben ihre Ursache in fehlerhaften Prozessen während früher Stadien<br />

der Embryogenese. So kann beisielsweise die in den schwächeren nanos-RNAi<br />

Larven auftretende Transformation des labialen Segments zu thorakaler Identität<br />

höchstwahrscheinlich auf die ektopische Expression von Antp zurückgeführt werden<br />

(Abb. 15). Diese wiederum könnte dabei z.B. von einer NANOS-Funktion als Antp-<br />

Repressor innerhalb der labialen Segmentanlage abhängen. In Drosophila wurde<br />

zwar eine möglicherweise direkte Regulation von Antp durch nanos beschrieben<br />

(Riley et al., 1991), in Tribolium allerdings konnte ich in den 3’ Bereichen des Antp<br />

Gens kein kanonisches NRE feststellen. Somit hängt diese Hox-Gen-Missregulation<br />

wahrscheinlich nicht direkt von NANOS und PUMILIO ab, weist aber bereits darauf<br />

hin, dass in früheren Stadien die Expression von Gap-Genen gestört sein könnte, da<br />

diese sowohl in Drosophila als auch in Tribolium einen wichtigen Einfluss auf die<br />

Etablierung der Hox-Gen-Domänen haben (Ingham und Martinez-Arias, 1986; White<br />

und Lehmann, 1986; Riley et al., 1987; Harding und Levine, 1988; Irish et al., 1989b;<br />

Casares und Sanchez-Herrero, 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005;<br />

98


I. 3. Diskussion<br />

Marques-Souza et al., 2008). So kommt es beispielsweise auch nach gt-RNAi zu<br />

ektopischer Antp-Expression (Cerny et al., 2005), wobei aber unklar bleibt, wie diese<br />

vermittelt wird, da gt normalerweise innerhalb der maxillären Segmentanlage expri-<br />

miert wird, ektopische Antp-Expression aber innerhalb der maxillären und der labia-<br />

len Segmentanlage nachweisbar ist.<br />

nanos/pumilio-RNAi führt zu Defekten anteriorer Kopfanlagen<br />

Nach nos/pum-RNAi konnten in der Tat Veränderungen der anterioren Expressi-<br />

onsdomänen von giant und knirps festgestellt werden (Abb. 15). In Wildtyp-<br />

Keimrudimentstadien werden beide Gene in distinkten Streifen exprimiert, die aus<br />

großflächigen Expressionsdomänen in früheren Stadien hervorgehen<br />

(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008). Die knirps-Domäne liegt inner-<br />

halb der zukünftigen mandibulären Segmentanlage und grenzt dabei anterior, die<br />

giant-Domäne posterior an den ersten segmentalen eve-Streifen. Der zweite seg-<br />

mentale eve-Streifen überlappt dann mit dem posterioren Bereich der anterioren gt-<br />

Domäne, diese überspannt demnach die zukünftige maxilläre Segmentanlage<br />

(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008). Nach nos/pum-RNAi ist im Wesentli-<br />

chen ein Fehlen der anterioren Begrenzung der Expressionsdomänen von giant und<br />

knirps in Keimrudimentstadien feststellbar, wodurch es zu ektopischer Expression<br />

innerhalb des anterioren Kopfes kommt (Abb. 15). Die gt-Domäne ist dabei in anteri-<br />

orer Richtung vergrößert, und dort ektopisch exprimiert wo in der Wildtyp-Situation<br />

der erste segmentale eve-Streifen gebildet würde, während sich die kni-Expression<br />

im Extremfall im gesamten anterioren Kopf findet. Außerdem fehlt nach nos/pum-<br />

RNAi bereits in deutlich früheren Stadien der anteriore doppelsegmentale eve-<br />

Streifen (Abb. 15). Das bedeutet es kommt bereits hier zu Störungen der Segmentie-<br />

rung, die schließlich auch zu phänotypischen Defekten führen. Hierbei erhält offenbar<br />

das erste definierte Parasegment maxilläre Identität, da die Maxille in nos/pum-RNAi<br />

ausgebildet wird, wobei das antennale und das mandibuläre Segment fehlen. na-<br />

nos/pumilio-RNAi induziert also Effekte in frühen embryonalen Stadien, die einerseits<br />

zum frühen Verlust von eve-Streifen innerhalb der Kopfanlage und andererseits zu<br />

veränderter Gap-Gen-Expression, ebenfalls innerhalb anteriorer Bereiche der Kopf-<br />

anlage, führen. Wie kann also der Verlust von nanos und pumilio zu diesen Defekten<br />

führen?<br />

In diesem Fall eröffnet der Blick auf Drosophila keine offensichtlichen Erklä-<br />

rungsmöglichkeiten. Hier führt der Verlust von pumilio-Aktivität, abgesehen von den<br />

99


I. 3. Diskussion<br />

abdominalen Defekten, zwar zu Fehlern bei der Involution des Kopfes und zu miss-<br />

gebildeten Mundhaken (Gamberi et al., 2002), diese kutikulären Strukturen leiten<br />

sich aber vom maxillären Segment ab. Kopfstrukturen, die von weiter anterior liegen-<br />

den Segmenten gebildet werden, bleiben unbeeinträchtigt (Jürgens et al., 1986;<br />

Gamberi et al., 2002). Der Grund dieser anterioren Phänotypen in Drosophila ist ein<br />

verzögerter Abbau von bicoid-mRNA (Gamberi et al., 2002), also die Regulation<br />

eines Dipteren-spezifischen Faktors. Somit scheint es keine offensichtliche Ähnlich-<br />

keit der nos/pum-abhängigen anterioren Phänotypen in beiden Spezies zu geben.<br />

100<br />

Die veränderte Expression von kni und gt legt eine Beteiligung an der Entstehung<br />

der Defekte nahe. Tatsächlich spielt kni in Tribolium, anders als in Drosophila, wo die<br />

anteriore Domäne keine Segmentierungsfunktion mehr hat, eine wichtige Rolle für<br />

die Anlage des mandibulären und des antennalen Segments (Gonzalez-Gaitan et<br />

al., 1994; Cerny et al., 2008). kni-RNAi führt zu einer Deletion von Antenne und<br />

Mandibel, wobei aber die anterioren, segmentalen eve-Streifen und sogar der man-<br />

dibuläre engrailed-Streifen zunächst gebildet werden, letzerer aber schnell ver-<br />

schwindet. Der Bereich der anterioren Segmentanlagen ist insgesamt im Vergleich<br />

zum restlichen Embryo verkleinert (Cerny et al., 2008). giant ist in Drosophila we-<br />

sentlich für die Bildung des labialen Segments, führt in Tribolium aber nur, abgese-<br />

hen von der posterioren Funktion in beiden Arten, zu Defekten des ersten thorakalen<br />

Segments und zu einer homeotischen Transformation von Maxille und Labium zu<br />

thorakaler Identität. Die gnathalen Segmentanlagen werden aber gebildet. Der Funk-<br />

tionsverlust von gt führt also zu einem ähnlichen Effekt, wie er auch in der schwa-<br />

chen nos-RNAi auftritt (die Transformation des labialen Segments zu thorakalem<br />

Schicksal). kni-RNAi führt sogar zum gleichen gnathalen Larven-Phänotyp wie der<br />

Verlust von nanos und pumilio, wo aber statt einer reduzierten eine vergrößerte kni-<br />

Expression feststellbar ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich der Defekt nach<br />

nos/pum-RNAi in Form des fehlenden anterioren eve-Streifens früher manifestiert. Es<br />

scheinen hier also zwei deutlich unterschiedliche Situationen zu einem ähnlichen<br />

Ergebnis zu führen. So stellt sich die Frage, ob die ektopische Expression von kni<br />

und gt in nos/pum-RNAi-Keimrudimenten nun die Ursache der Deletionen oder nur<br />

eine Folge von Fehlern in übergeordneten Systemen oder zu früheren Zeitpunkten<br />

sind, die ihrerseits zum Verlust der Segmentanlagen führen. Die RNAi Experimente<br />

gegen kni legen eher eine Funktion als Differenzierungsfaktor nahe (Cerny et al.,<br />

2008). So ist es prinzipiell denkbar, dass durch die ektopische Expression von kni in


I. 3. Diskussion<br />

der antennalen Segmentanlage des Keimrudiments die Zellen innerhalb dieses<br />

Bereichs widersprüchlichen Differenzierungssignalen ausgesetzt sind und sich das<br />

Gewebe somit nicht zu einem antennalen Segment entwickeln kann. Dies könnte in<br />

ähnlicherweise auf die ektopische Expression von gt innerhalb der mandibulären<br />

Segmentanlage zutreffen, und würde bedeuten, dass die Defekte erst während der<br />

Differenzierung der Segmentanlage aufträten. Gegen eine solche Erklärung spricht<br />

aber, dass der Verlust des anterioren eve-Streifens auf frühe Defekte der Segmentie-<br />

rung hinweist. Dieser fehlt nämlich bereits in blastodermalen Stadien, womit sich der<br />

Verlust der Segmentanlagen und höchstwahrscheinlich auch der Grund der gt- und<br />

kni-Missexpression, schon vor dem Keimrudimentstadium manifestiert. Wenn also<br />

die Befunde eher für einen Einfluss auf frühere, übergeordnete Prozesse sprechen,<br />

welche Prozesse könnten das sein?<br />

Wie führt der Verlust von nanos und pumilio zu frühen Defekten?<br />

Anders als in Drosophila, wo die Expression der Gap-Gene zygotisch in relativ<br />

klar definierten Domänen initiiert wird (Gaul et al., 1987; Oro et al., 1988; Kraut und<br />

Levine, 1991b), sind die klar umgrenzten Domänen von kni und gt in Tribolium-<br />

Keimrudimenten das Ergebnis eines schnell ablaufenden, dynamischen Prozesses,<br />

bei dem die zunächst sehr großflächigen und im Falle von giant sogar maternal,<br />

ubquitären Expressionsdomänen während der Blastodermentwicklung auf klar defi-<br />

nierte Domänen begrenzt werden (Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2008).<br />

Hierbei erlischt die Expression beider Gene zunächst an den Polen des Embryos,<br />

zieht sich dann aus den posterioren Bereichen der Embryonalanlage und der Anlage<br />

der Serosa zurück und wird schließlich innerhalb des anterioren Kopfes reduziert.<br />

Die klar begrenzten Domänen innerhalb des Keimrudiments erlauben die Analyse<br />

der Expressionsdomänen als Ergebnis dieses dynamischen Prozesses, Veränderun-<br />

gen der Expression in blastodermalen Stadien sind allerdings wegen der schnellen<br />

Entwicklung nur schwer nachzuweisen. Im Falle von nos/pum-RNAi konnten in<br />

diesen früheren Stadien keine deutlichen, charakteristischen Veränderungen festge-<br />

stellt werden, dennoch ist es möglich, dass sich der Ursprung der vergrößerten<br />

Expressionsdomänen im Keimrudiment schon in früheren, möglicherweise nicht sehr<br />

prägnanten Abweichungen abzeichnet. Nach nos/pum-RNAi spiegeln die Expressi-<br />

onsmuster im Keimrudiment sozusagen die Expressionsverhältnisse früherer Stadien<br />

wieder, d.h. die Begrenzung auf die segmentalen Domänen schlug im Ergebnis fehl,<br />

und ist möglicherweise auf Verschiebungen übergeordneter Faktoren zurückzufüh-<br />

101


I. 3. Diskussion<br />

ren. Diese angenommenen frühen Verschiebungen könnten dann auch die Etablie-<br />

rung des anterioren eve-Streifens verhindern. Dieser wird wahrscheinlich in einer Art<br />

streifenspezifischer Regulation festgelegt. Das heißt, der erste eve-Streifen benötigt<br />

wahrscheinlich eine bestimmte Kombination von Regulatoren, um korrekt gebildet zu<br />

werden, wobei z.B. CAUDAL eine Rolle spielt (Schoppmeier et al., 2009) und durch-<br />

aus auch kni und gt beteiligt sein könnten.<br />

102<br />

Die Prozesse und die beteiligten Faktoren der frühen gt und kni Regulation sind<br />

noch weitgehend unverstanden, was die Interpretation der hier beschriebenen Phä-<br />

notypen erschwert. Um die exakt umgrenzte Expression in späten Blastoderm- und<br />

Keimrudimentstadien zu erreichen ist eine Vielzahl von regulatorischen Interaktionen<br />

nötig. Maternale ebenso wie zygotische, reprimierende ebenso wie aktivierende (s.<br />

3.5). Nichtsdestotrotz ist die Missregulation dieser beiden Gene ein deutlicher Effekt<br />

von nanos/pumilio-RNAi und steht höchstwahrscheinlich - ursächlich oder als Ne-<br />

benprodukt - mit der Deletion anteriorer Segmente in Zusammenhang. Zur Erklärung<br />

dieses Zusammenhanges möchte ich im Folgenden mögliche, zwangsläufig spekula-<br />

tive Szenarien darstellen.<br />

Zunächst wäre es denkbar, dass NANOS und PUMILIO direkt die Expression von<br />

gt und kni reprimieren. Eine Reduktion der nos/pum-Aktivität könnte dann zu einer<br />

Derepression und der Verschiebung von Expressionsdomänen innerhalb des Blasto-<br />

derms führen, die schließlich den Verlust der der anterioren eve-Domäne nach sich<br />

zieht. Dieses Modell impliziert NOS/PUM-Aktivität innerhalb der zukünftigen Anlage<br />

des anterioren Kopfes. Eine direkte Regulation von Dm-gt und Dm-kni ist allerdings<br />

bisher nicht beschrieben worden und es ist unklar, ob NRE-ähnliche Sequenzen in<br />

den (putativen) 3’-UTR-Bereichen der Tribolium-gt- und kni-mRNAs funktionell sein<br />

könnten (s. Anhang).<br />

Innerhalb der Anlage des Gnathums ist hb, das in Drosophila aktivierend auf die<br />

anteriore kni-Domäne wirkt (Hülskamp et al., 1990), zumindest zeitweilig mit knirps<br />

und giant koexprimiert (vgl. (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004; Cerny et<br />

al., 2008) und könnte somit aktivierenden Einfluss haben. Die Wirkung von NOS und<br />

PUM auf gt und kni könnte demnach unter Berücksichtigung der aus Drosophila<br />

bekannten Interaktion (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl, 1989 1664)<br />

durch anteriore Repression der gnathalen hunchback-Domäne vermittelt werden. In<br />

der nos/pum-RNAi Situation käme es dann zu einer HB-Derepression nach anterior<br />

und damit einer ektopischen Aktivierung von kni und gt. Dies wäre allerdings ein


I. 3. Diskussion<br />

Effekt, der erst im differenzierten Blastoderm zum Tragen käme, da hb vorher ubiqui-<br />

tär exprimiert ist (Wolff et al., 1995). Ein solcher aktivierender Effekt von HB auf die<br />

anteriore gt-Domäne konnte aber nicht nachgewiesen werden (Marques-Souza et al.,<br />

2008) und wurde für die anteriore kni-Domäne zumindest nicht beschrieben. Außer-<br />

dem konnte ich keine Derepression der hb-Domäne in nos/pum-RNAi-Embryonen<br />

nachweisen, weshalb diese Erklärung wohl verworfen werden kann.<br />

otd-1 spielt eine Rolle für anteriore Bereiche des Embryos (Schröder, 2003;<br />

Schinko et al., 2008; Kotkamp et al., 2010) und wurde bereits als Ziel von NANOS-<br />

abhängiger Repression postuliert (Schröder, 2003). Es könnte somit an der Entste-<br />

hung des anterioren nos/pum-RNAi-Phänotyps beteiligt sein. Allerdings erfüllt OTD-1<br />

vielfältige Rollen innerhalb der frühen Embryogenese, was die Interpretation er-<br />

schwert. Seine frühe ubiquitäre Expression fungiert als eine Art allgemeiner antia-<br />

poptotischer Faktor und ist für die Ausbildung dorso-ventraler Polarität in sehr frühen<br />

Stadien wichtig, was wiederum wesentlich für die Bildung der Anlage des anterioren<br />

Kopfes ist (Kotkamp et al., 2010). Außerdem hängt der größte Teil der Serosa von<br />

OTD-1-Aktivität ab (Schröder, 2003). So sind die Blastodermdomänen von giant und<br />

kni nach otd-1-RNAi im Zuge einer koordinierten „fate-map“ Verschiebung nach<br />

anterior verlagert und wegen des fehlenden anterioren Kopfes verkleinert (Kotkamp<br />

et al., 2010). Später ist otd-1 als Kopf-Gap-Gen nötig für die Ausbildung des Labrums<br />

und der Antennen (Schinko et al., 2008). Die Funktion innerhalb des dorso-ventralen<br />

Systems, die den Verlust des anterioren Kopfes zur Folge hat, könnte in RNAi-<br />

Experimenten einen direkten Einfluss auf gt und kni innerhalb eben dieser Region<br />

verdecken, der sich dann nach nos/pum-RNAi auswirken könnte. Die Expression von<br />

OTD-1 ist allerdings nach nos/pum-RNAi nicht offensichtlich verändert. Sollte den-<br />

noch eine Interaktion bestehen, so müsste diese sehr subtil sein, etwa eine leichte<br />

Veränderung des Expressionsniveaus oder der zeitlichen Dynamik der OTD-1-<br />

Expression. So könnte möglicherweise ein durch die Derepression erhöhtes, oder<br />

länger persistierendes hohes OTD-1-Niveau innerhalb des Bereiches des zukünfti-<br />

gen anterioren Kopfes zu einer verstärkten Aktivierung von gt und kni führen. In<br />

Drosophila-pumilio-Mutanten werden anteriore Defekte tatsächlich durch eine ver-<br />

längerte Stabilität der bcd-mRNAs und damit einem längeren Vorhandensein des<br />

BCD-Proteins hervorgerufen (Gamberi et al., 2002).<br />

Kein weiteres der bisher in Tribolium untersuchten Gene eignet sich als Kandidat<br />

für einen anterioren Faktor dessen Derepression durch NANOS und PUMILIO zu den<br />

103


I. 3. Diskussion<br />

beobachteten Auswirkungen auf eve, gt und kni führen könnte. Es besteht allerdings<br />

natürlich die Möglichkeit, dass der verantwortliche Faktor durch den bisher vor allem<br />

verfolgten Kandidatengenansatz mit Drosophila-Orthologen nicht entdeckt wurde. In<br />

der Tat bestehen noch diverse Lücken innerhalb des blastodermalen Musterbil-<br />

dungssystems (s. 3.5). So ist beispielsweise unklar wie die Expression des für einen<br />

Teil der CAUDAL-Regulation verantwortlichen Faktors mex-3 innerhalb des anterio-<br />

ren Kopfes initiiert wird (Schoppmeier et al., 2009), wofür also auch ein Faktor inner-<br />

halb anteriorer Bereiche des Embryos benötigt würde. Ein solcher Faktor X könnte<br />

ähnlich wie bcd in Drosophila (Frigerio et al., 1986; Berleth et al., 1988) als maternale<br />

mRNA am anterioren Pol lokalisiert werden und einen Proteingradienten bilden. Die<br />

anteriore Lokalisierung der maternale RNAs der Gene eagle und pangolin zeigt, dass<br />

die dafür notwendige Maschinerie in Tribolium vorhanden ist (Bucher et al., 2005).<br />

Das Ausbreiten des Faktor X-Gradienten nach posterior könnte dann durch die<br />

Funktion von NANOS und PUMILIO begrenzt werden. So wären NOS und PUM zwar<br />

an der Feinregulation des Gradienten beteiligt, ihr Fehlen würde den Gradienten aber<br />

nicht vollständig aufheben, was eine mögliche Erklärung für die lokale Begrenzung<br />

der anterioren Defekte böte. Die Derepression des Faktors X könnte dann direkt oder<br />

indirekt einen aktivierenden Effekt auf die Expression von gt und kni innerhalb des<br />

Bereichs der zukünftigen Anlagen des anterioren Kopfes vermitteln.<br />

104<br />

Mittlere oder niedrige Konzentrationen des Faktors X innerhalb anteriorer Anla-<br />

gen könnten außerdem eine Rolle für die bisher ungeklärte Aktivierung von mex3 im<br />

anterioren Kopf und für die Bildung des ersten eve-Streifens spielen, dessen Regula-<br />

tion selbst in Drosophila noch weitgehend unverstanden ist (Fujioka et al., 1999).<br />

Eine Überaktivierung von mex-3 durch den dereprimierten Faktor X könnte zu einer<br />

verstärkten oder beschleunigten CAD-Repression führen und somit die Bildung des<br />

ersten eve-Streifens, der sehr sensitiv auf die Reduktion der CAD-Aktivität reagiert<br />

(Schoppmeier et al., 2009), verhindern.<br />

Es wird also deutlich, dass gerade die regulativen Interaktionen innerhalb des<br />

Tribolium Blastoderms, die zu den ersten Regionalisierungen und zur anterioren<br />

Segmentierung des Tribolium-Embryos führen, noch weitgehend unverstanden und<br />

nicht alle beteiligten Faktoren bekannt sind. Genauere Analysen der Expressions-<br />

muster von gap- und Kopfgenen und deren Interaktionen sowie die Suche nach<br />

neuen, wichtigen anterioren Faktoren der Tribolium Embryogenese werden helfen<br />

die Kopfdefekte nach nos/pum-RNAi besser zu verstehen, und das genetische


I. 3. Diskussion<br />

Netzwerk, das zur Regionalisierung des Tribolium-Blastoderms führt zu entschlüs-<br />

seln.<br />

3.3. Wo wirken nanos und pumilio?<br />

Die beschriebenen, distinkten RNAi-Phänotypen legen nahe, dass nanos und<br />

pumilio im Tribolium-Embryo spezifische Aufgaben für die Musterbildung erfüllen,<br />

und eher keine allgemeinen Funktionen, beispielsweise beim Abbau von mRNAs<br />

oder der Zellzykluskontrolle wahrnehmen. So stellt sich die Frage, wie die Funktion<br />

von nanos und pumilio auf bestimmte Bereiche des Embryos beschränkt wird. In<br />

Drosophila wird die Funktion des nanos/pumilio-Komplexes über die Lokalisierung<br />

der nos-mRNA am posterioren Pol des Embryos räumlich begrenzt (Wang und<br />

Lehmann, 1991). In Tribolium, wie in Drosophila, ist die maternale pumilio-mRNA<br />

ubiquitär verteilt, so dass auch hier nanos die räumliche Spezifität vermitteln sollte.<br />

Wie in 2.2.2 beschrieben war es allerdings nicht möglich, nanos-mRNA- oder Prote-<br />

inexpression in situ zu detektieren, obwohl die mRNA durch RT-PCR über alle Ent-<br />

wicklungsstadien nachweisbar war, und die RNAi-Phänotypen deutlich die Aktivität<br />

des Tribolium-nanos-Gens belegen.<br />

Die whole-mount in-situ-Hybridisierung an Tribolium-Embryonen ist eine gut etab-<br />

lierte Methode (z.B. Sommer und Tautz, 1993; Brown et al., 1994a) und wird auch in<br />

<strong>Erlangen</strong> seit Jahren erfolgreich angewandt. Somit ist es unwahrscheinlich, dass rein<br />

technische Schwierigkeiten den Grund für das Fehlen des Nachweises in situ dar-<br />

stellen. Trotzdem wurde versucht durch unterschiedliche Färbemethoden die Sensiti-<br />

vität zu erhöhen sowie die Permeabilität der Gewebe und die Länge und Sequenz<br />

der Sonden zu variieren (s. 4.2.1). Der Vergleich mit durchgeführten Positivkontrollen<br />

und die Erfahrung mit in-situ-Hybridisierungen anderer Tribolium-Gene, wie sie<br />

mehrfach auch in dieser Arbeit gezeigt werden, macht deutlich, dass Sonden, Emb-<br />

ryonen und Fehler in der Methode als Grund für den fehlenden Nachweis ausge-<br />

schlossen werden können. Der erfolglose Einsatz von polyklonalen Antiseren gegen<br />

zwei synthetisch hergestellte Peptide des NANOS-Proteins (Eurogentech, Köln,<br />

Deutschland/Seraing, Belgien; s. 4.2.2) könnte dagegen auf rein technische Schwie-<br />

rigkeiten zurückzuführen sein. Obwohl die Auswahl der Peptide von Fachleuten der<br />

Firma Eurogentec getroffen wurde, ist es durchaus möglich, dass diese Epitope im<br />

nativen bzw. fixierten Protein nicht ausreichend zugänglich waren und somit der<br />

105


I. 3. Diskussion<br />

Nachweis eines möglicherweise in geringen Konzentrationen vorliegenden Proteins<br />

verhindert wurde.<br />

106<br />

Tribolium-nanos ist anhand seiner charakteristischen Zink-Finger-Domäne (Curtis<br />

et al., 1997) zweifelsfrei als nanos-Ortholog zu identifizieren. Diese Domäne ist durch<br />

die invarianten, ungewöhnlichen Abstände der funktionellen Aminosäuren unver-<br />

wechselbar (Curtis et al., 1997). Dies zeigt zwar, dass es sich bei dem hier unter-<br />

suchten Gen um ein nanos-Ortholog handelt, nicht aber, dass es das einzige im<br />

Tribolium Genom ist. Das Vorhandensein eines weiteren nanos-Homologs würde die<br />

Möglichkeit eröffnen, dass es sich bei dem hier beschriebenen nanos-Gen um ein<br />

inaktiviertes, Pseudogen-ähnliches Paralog handelt (D'Errico et al., 2004). Dessen<br />

mRNA würde dann zwar noch produziert werden, was den Nachweis durch RT-PCR<br />

ermöglichen würde, müsste dann aber schnell degradieren, so dass der in situ<br />

Nachweis verhindert würde. Diese Erklärung ist möglich, scheint aber unwahrschein-<br />

lich. Naszierende RNAs können auch mit Standard-Methoden im Kern nachgewiesen<br />

werden (z.B. knirps, nicht gezeigt), so dass also die Degradierung der reifen mRNA<br />

alleine den mangelnden in situ Nachweis nicht erklären kann. Außerdem konnten im<br />

Tribolium Genom keine weiteren Sequenzen identifiziert werden, deren putative<br />

Proteinsequenzen zumindest Ähnlichkeiten zu Teilen der bekannten NANOS-<br />

Proteine aufweisen. Innerhalb des sequenzierten Genoms gibt es also kein weiteres<br />

nanos-Homolog. Die Möglichkeit, dass ein solches in den unsequenzierten Berei-<br />

chen des Tribolium Genoms liegt, ist nicht auszuschließen aber gering, da diese<br />

Bereiche zum größten Teil aus repetitiven Sequenzen bestehen (Tribolium Genome<br />

Sequencing Consortium, 2008). Die durch nanos-RNAi hervorgerufenen Phänotypen<br />

und deren Ähnlichkeit zu den pum-RNAi-Effekten schließlich, zeigen deutlich, dass<br />

das hier untersuchte nanos in Tribolium ein aktives, funktionelles Gen darstellt.<br />

Möglicherweise ist die vorhandene nanos-mRNA in situ nicht für eine Hybridisie-<br />

rung zugänglich. In Drosophila wird nanos-mRNA lokalisiert und streng translationell<br />

reguliert, woran mehrere RNA-bindende Proteine beteiligt sind (Wharton und Struhl,<br />

1989; Bergsten und Gavis, 1999; Bergsten et al., 2001; Zaessinger et al., 2006; Jain<br />

und Gavis, 2008). Die bisher bekannte Tribolium-nanos-RNA ist deutlich kürzer als<br />

die Drosphila-mRNA (1081 vs. 2347 Nukleotide), so dass vorhandene Proteine die<br />

Hybridisierung stärker beeinflussen könnten. Allerdings sollten Dauer und Tempera-<br />

tur der Hybridisierung in der Regel ausreichen, um eine durch Formaldehyd hervor-


I. 3. Diskussion<br />

gerufene Vernetzung der Proteine und RNA wieder zu lösen. Eine übermäßige<br />

Vernetzung könnte aber irreversibel sein (Masuda et al., 1999; Orlando, 2000).<br />

Wie schon in 2.2.2 erwähnt, ist es die wahrscheinlichste Erklärung, dass die na-<br />

nos Expressionstärke die Sensitivität der in-situ-Hybridisierung unterschreitet und so<br />

der Nachweis verhindert wird. Die RT-PCR Experimente zeigen, dass das nanos-<br />

Gen exprimiert und gespleißt wird (s. 2.2.2), lassen aber keine definitive Aussage<br />

über die Expressionsstärke zu. Tribolium-nanos-Expression konnte auch durch Real-<br />

time-PCR-Experimente nachgewiesen werden, wobei ein vergleichsweise niedriges<br />

Expressionslevel festgestellt wurde (Dr. Joel Savard, persönliche Mitteilung). Diese<br />

PCR-Methoden gelten, zumindest in anderen Systemen (Biedermann et al., 2004),<br />

als sensitiver im Vergleich zu colorimetrischer ISH. Eine Erklärung für ein niedriges<br />

nanos Expressionsniveau könnte das Fehlen von Polzellen und eines ausgeprägten<br />

Polplasmas in Tribolium bieten (Grünfelder, 1998). In Drosophila ist die nanos-mRNA<br />

zunächst auf das Polplasma und dann auf die Polzellen begrenzt (Wang und Leh-<br />

mann, 1991; Gavis und Lehmann, 1992). Ohne die Bildung eines Polplasmas unter-<br />

bleibt möglicherweise eine ausgeprägte Konzentrierung der für die primordialen<br />

Keimzellen nötigen Faktoren, was zu einer breiteren Verteilung der RNAs und niedri-<br />

gerer lokaler Konzentration führen könnte. Wenn man also von einer zu Drosophila<br />

konservierten posterioren Lokalisierung von nanos ausgeht, würde in einer Spezies<br />

ohne Polzellen auch eine weniger ausgeprägte Lokalisierung ausreichen, was die<br />

Detektion erschweren könnte. Die Ausbildung eines Gradienten ist natürlich auch<br />

von einer mRNA die sich innerhalb eines etwas größeren Bereichs des posterioren<br />

Embryos befindet möglich, ähnlich wie bei bcd am anterioren Pol von Drosophila-<br />

Embryonen (Berleth et al., 1988; St Johnston et al., 1989).<br />

In Zukunft können möglicherweise sensitivere Detektionsmethoden wie z.B. in-<br />

situ-RT-PCR (Abdel-Latief, 2007; Abdel-Latief et al., 2008), Reportergenkonstrukte<br />

oder Antikörper gegen das vollständige NANOS-Protein helfen, diese Lücke zu<br />

schließen.<br />

nanos-mRNA könnte lokalisiert sein<br />

Im Folgenden möchte ich die Möglichkeiten einer lokalisierten nanos-Aktivität be-<br />

sprechen, die es erlauben würden dem nanos/pumilio-Komplex räumliche Spezifität<br />

zu vermitteln.<br />

Die beschriebenen anterioren und posterioren Defekte erfordern nanos Aktivität<br />

an unterschiedlichen Orten des Tribolium-Embryos. Das Auftreten der posterioren<br />

107


I. 3. Diskussion<br />

Effekte, also Defekte im posterioren Blastoderm und Keimrudiment, sowie die Re-<br />

duktion abdominaler Segmente (s. 2.4) ließe sich auf eine am posterioren Pol lokali-<br />

sierte NANOS-Expression zurückführen, die nur dort ihre Wirkung entfalten müsste.<br />

Mit einer solchen auf den posterioren Pol beschränkten Aktivität ließen sich aber die<br />

anterioren Phänotypen, die sich innerhalb der Kopfanlage beobachten lassen (s.<br />

2.5), nicht erklären. Diese erfordern eine zusätzliche nanos Aktivität in anterioren<br />

Bereichen. Eine Möglichkeit hierfür wäre beispielsweise die zusätzliche anteriore<br />

Lokalisierung maternaler nanos-mRNA. Die Lokalisierung der maternalen RNAs der<br />

Gene eagle und pangolin am anterioren Pol zeigt, dass die zelluläre Maschinerie für<br />

diesen Prozess prinzipiell in Tribolium existiert (Bucher et al., 2005). Von dieser<br />

anterioren nanos-mRNA ausgehend ließen sich dann die anterioren Phänotypen<br />

erklären (s. 3.2), wenngleich sich die in schwächeren nanos-RNAi auftretenden<br />

Transformationen des labialen Segments zu thorakalem Schicksal in diesem Fall<br />

kaum noch im direkten Einflussbereich einer solchen Domäne befinden dürften.<br />

Außerdem müsste man sich die Frage stellen, warum die Wirkung einer anterior<br />

lokalisierten RNA erst in zentralen Bereichen des Embryos zu Defekten führt und<br />

nicht schon in weiter anterior liegenden Bereichen. Eine einfachere, und im Hinblick<br />

auf Drosophila konservativere, Erklärung aller Phänotypen böte ein von einer poste-<br />

rior lokalisierten nanos-mRNA ausgehender NANOS Gradient. Dieser könnte bis in<br />

die zentralen Bereiche des Blastoderms wirken, und am posterioren Pol mit höchster<br />

Konzentration seine Rolle für die Anlage bzw. Funktion der Wachstumszone erfüllen.<br />

Niedrige Konzentrationen innerhalb der anterioren Bereiche der zukünftigen Embry-<br />

onalanlage könnten ausreichen, um die dort nötigen subtilen Effekte zu erzielen, die<br />

für die Ausprägung des anterioren Kopfes nötig sind. Vorstellbar ist auch, dass ein<br />

solcher Gradient nur bei einer bestimmten, relativ geringen Niveauabsenkung zu<br />

Phänotypen innerhalb des labialen Segments führen könnte.<br />

108<br />

Des weiteren wäre es möglich, dass nanos-mRNA zusätzlich zu einer posterioren<br />

Lokalisation auf niedrigem Niveau im gesamten Embryo exprimiert wird. Dies ent-<br />

spräche der frühen nanos-Expression in Drosophila-Embryonen, wo allerdings von<br />

nicht lokalisierter mRNA kein Protein synthetisiert wird (Bergsten und Gavis, 1999).<br />

Eine solche ubiquitäre Expression könnte an der Entstehung des anterioren Phäno-<br />

typs beteiligt sein und beispielsweise eine Rolle für die Feinregulation der Gap-Gen-<br />

Domänen spielen.


I. 3. Diskussion<br />

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, dass ein weiterer, zusätzlicher Faktor, der<br />

gemeinsam mit NOS und PUM die Ziel-mRNAs bindet für die räumliche Spezifität<br />

des NOS/PUM-Komplexes verantwortlich ist. Ein solcher Faktor ist momentan aller-<br />

dings rein spekulativ, könnte aber auf ähnliche Art und Weise wie oben für nanos<br />

besprochen die Ortsspezifität des Komplexes vermitteln.<br />

Auch der Blick auf die Situation in anderen Insektenarten macht keines dieser<br />

Modelle deutlich wahrscheinlicher, da sich eine große Varianz zeigt. Die veröffent-<br />

lichten Daten sprechen allerdings auch nicht gegen eine konservierte posteriore<br />

Lokalisierung der nanos-mRNA in Tribolium. In etlichen Arten wird nanos mit einem<br />

posterioren Fokus exprimiert, dieser stellt jedoch nicht immer die einzige Expressi-<br />

onsdomäne dar. Innerhalb der Langkeim Insekten scheint eine Lokalisierung der<br />

maternalen nanos RNA am posterioren Pol konserviert zu sein, so zu finden in<br />

Drosophila, Apis oder Nasonia (Wang und Lehmann, 1991; Dearden, 2006; Olesni-<br />

cky und Desplan, 2007), allerdings findet sich sogar innerhalb der Dipteren Expressi-<br />

on in anderen Bereichen. So ist in den Moskitos Anopheles gambiae und Culex<br />

quinquefasciatus transiente anteriore Lokalisierung von nanos-mRNA, und in der<br />

Winterschwebfliege Episyrphus balteatus sogar eine zusätzliche ubiquitäre Kompo-<br />

nente nachweisbar (Goltsev et al., 2004; Juhn et al., 2008; Lemke und Schmidt-Ott,<br />

2009). Auch in Kurzkeimern finden sich unterschiedliche Expressionsmuster. So wird<br />

in der Heuschrecke Schistocerca americana zwar maternale RNA im posterioren<br />

Bereich der Oozyte deponiert, jedoch davon kein Protein synthetisiert. Erst in späte-<br />

ren Keimrudimentstadien wird NANOS dann zygotisch an posteriorer Position expri-<br />

miert (Lall et al., 2003). Der Seidenspinner Bombyx besitzt gar vier nanos-Orthologe,<br />

die ubiquitäre maternale Expression, Expression in den primordialen Keimzellen,<br />

zygotische posteriore Expression und diverse Expressionsmuster in weiteren Gewe-<br />

ben zeigen (Nakao et al., 2008). Wie groß neben dieser Varianz der Expressions-<br />

muster die Konservierung der nanos/pumilio Funktion ist, bleibt aus Mangel an<br />

funktionellen Studien ebenso offen.<br />

Ein vom posterioren Pol ausgehender nanos-Gradient, der bis in anteriore Bereiche<br />

des Embryos wirkt, bietet also bei diesem Stand der Analyse die einfachste und<br />

durchaus nicht unwahrscheinliche Erklärung für die räumlich spezifische Funktion<br />

des nos/pum-Komplexes.<br />

109


I. 3. Diskussion<br />

Abb. 24: Schema der Funktion von nanos und pumilio in frühen Tribolium-Embryonen<br />

Schematische Darstellung der Regionalisierung des Tribolium Blastoderms. NANOS und<br />

PUMILIO wirken innerhalb der posterioren Hälfte, möglicherweise durch einen, bisher nicht<br />

nachweisbaren, posterior nach anterior verlaufenden nanos-Gradienten. Höchste Konzentrationen<br />

am posterioren Pol sind, gemeinsam mit der Aktivität des torso-Signalwegs (TOR*),<br />

wichtig für die Ausbildung oder die Funktion der Wachstumszone (WZ). Außerdem ist es<br />

möglich, dass sie dort HB regulieren. Niedrigere Konzentrationen in zentralen Bereichen<br />

könnten einen unbekannten anterioren Faktor X regulieren oder in subtilem Maße auf OTD-<br />

1-Expression einwirken.<br />

110


I. 3. Diskussion<br />

3.4. Das Zusammenspiel von terminalen und posterioren Signa-<br />

len stellt möglicherweise einen konservierten Mechanismus<br />

dar<br />

In Drosophila besteht die Musterbildungsfunktion von nanos und pumilio in der<br />

Regulation der maternalen hb-mRNA und der Begrenzung der HB-Expression auf die<br />

anteriore Hälfte des Embryos (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a). Diese<br />

Regulation ist notwendig, um im posterioren Bereich des Embryos die Bildung des<br />

Abdomens zu ermöglichen (St Johnston und Nüsslein-Volhard, 1992). In Abwesen-<br />

heit der ubiquitären maternalen hb-mRNA ist allerdings auch die Aktivität des<br />

nos/pum Komplexes verzichtbar für die Segmentierung, er erfüllt also keine weiteren<br />

Funktionen für die Morphogenese (Hülskamp et al., 1989; Irish et al., 1989a; Struhl,<br />

1989).<br />

Ob nanos und pumilio, in Analogie zu Drosophila, auch in Tribolium einen Ein-<br />

fluss auf die maternale hb-mRNA haben, ist unklar. Es ist außerdem fraglich, ob eine<br />

solche eine ähnlich zentrale Rolle spielen könnte. In Tribolium als Kurzkeiminsekt<br />

findet die Bildung abdominaler Segmente im Vergleich zu Drosophila erst deutlich<br />

später unter zygotischer Kontrolle statt (Schröder et al., 2008), wobei also die mater-<br />

nale hunchback-Komponente nicht mehr zum Tragen kommen kann. Ein Effekt auf<br />

die Anlage der Wachstumszone, z.B. durch eine Regulation der posterioren gt-<br />

Domäne, könnte allerdings vorhanden sein (s. 3.1).<br />

Die Notwendigkeit maternale hb-mRNA im posterioren Bereich des Blastoderms<br />

zu reprimieren um die Bildung abdominaler Segmente zu erlauben, könnte eine<br />

prinzipiell wichtige Rolle für die Langkeimentwicklung spielen. Allerdings scheint dies<br />

in unterschiedlichen Langkeiminsekten variabel. Beweise für eine wichtige Rolle<br />

existieren nur in Drosophila. Das Vorhandensein einer translationellen Regulation<br />

maternaler hb RNA wurde zwar auch in Nasonia gezeigt (Pultz et al., 2005), ob diese<br />

aber eine wichtige Funkton hat und von nanos und pumilio abhängt ist unbekannt.<br />

Nasonia-nanos-RNAi-Phänotypen ähneln allerdings den nanos-Drosophila-Mutanten<br />

(J. Lynch, persönliche Mitteilung). Selbst innerhalb der Dipteren scheint das System<br />

nicht konserviert zu sein. So gibt es beispielsweise in dem Moskito Anopheles gam-<br />

biae und der Schwebfliege Episyrphus balteatus keine maternale hb-Expression<br />

(Goltsev et al., 2004; Lemke und Schmidt-Ott, 2009). Die in Episyrphus durchgeführ-<br />

ten funktionellen Studien zu nanos/pumilio zeigen dann auch tatsächlich, dass die<br />

111


I. 3. Diskussion<br />

nanos Funktion in dieser Situation entbehrlich zu sein scheint (Lemke und Schmidt-<br />

Ott, 2009).<br />

112<br />

In Kurzkeimembryonen sind die vorhandenen Daten ebenfalls nicht einheitlich<br />

und sehr variabel. Während in Tribolium eine translationelle Regulation postuliert<br />

wurde (Wolff et al., 1995), ist in der Wanze Oncopeltus fasciatus unklar, ob die<br />

Entwicklung der frühen hb-Expression unter Beteiligung von translationeller Kontrolle<br />

stattfindet (Liu und Kaufman, 2004). Im Seidenspinner Bombyx mori und der Heu-<br />

schrecke Schistocerca americana fehlt wiederum maternale hb-RNA, wobei in bei-<br />

den Arten die Expressionsmuster eine zygotische Regulation von hb durch nanos<br />

zumindest für begrenzte Zeit vermuten lassen (Bombyx, nanosP) bzw. stark nahe<br />

legen (Schistocerca) (Lall et al., 2003; Nakao et al., 2008).<br />

Die vorhandenen Daten weisen also darauf hin, dass die Regulation von mater-<br />

naler hb-mRNA durch nanos/pumilio kein hoch konservierter Zusammenhang ist und<br />

deren Bedeutung in Drosophila eine Ausnahme darstellen könnte.<br />

In Drosophila wurde eine weitere Funktion von nanos beschrieben, die mögli-<br />

cherweise eine anzestrale Musterbildungsfunktion darstellen könnte. Dort interagiert<br />

nanos mit dem terminalen System und trägt einen Teil zur Aktivierung terminaler<br />

Zielgene bei, indem es Einfluss auf die Expression des Repressors CAPICUA nimmt<br />

(Cinnamon et al., 2004). Dieser Effekt bleibt allerdings von untergeordneter Bedeu-<br />

tung. Die in dieser Arbeit gezeigten Ergebnisse lassen vermuten, dass eine solche<br />

Interaktion von nanos und pumilio mit dem terminalen System auch in Tribolium<br />

besteht (s. 3.1). Beide Gene scheinen hier auf die Expression terminaler Zielgene<br />

einzuwirken und damit Einfluss auf die Funktion der posterioren Wachstumszone zu<br />

nehmen. Das terminale System ist in Tribolium nötig für die Bildung aller abdomina-<br />

len und des dritten thorakalen Segments (Schoppmeier und Schröder, 2005) und<br />

spielt somit eine wichtigere Rolle als in Drosophila, wo sich der Einfluss auf das<br />

posteriore Abdomen der Larve beschränkt (Furriols und Casanova, 2003). Die Aktivi-<br />

tät am posterioren Pol früher Tribolium-Embryonen ist offensichtlich nötig für die<br />

Anlage der Wachstumszone. Um diesen wichtigen Prozess sicher zu stellen, könnte<br />

sich in Tribolium auch der Einfluß von nanos und pumilo auf die Expression termina-<br />

ler Zielgene verstärkt haben, der ja in Drosophila keine wichtige Rolle spielt<br />

(Cinnamon et al., 2004). Kürzlich wurde eine Verbindung zwischen der Rolle von<br />

NOS für die Expression terminaler Zielgene und der Regulation von HB in Drosophila<br />

aufgezeigt (Kim et al., 2010c). Dort scheint HB im Falle einer posterioren Derepres-


I. 3. Diskussion<br />

sion als Substrat der von TORSO aktivierten MAP-Kinase zu fungieren und als<br />

solches mit dem Repressor CAPICUA zu kompetitieren, wodurch dieser terminal<br />

nicht vollständig inaktiviert wird, so dass wiederum die Expression terminaler Zielge-<br />

ne stäker reprimiert wird. Ein ähnlicher Zusammenhang könnte auch in Tribolium<br />

bestehen, wenn man davon ausgeht, dass HB von NOS/PUM am posterioren Pol<br />

reprimiert wird.<br />

Die Bedeutung des torso-Signalwegs für die Tribolium Wachstumszone eröffnet<br />

die Möglichkeit, dass Faktoren des terminalen Systems eine ursprünglich wesentli-<br />

che Rolle für die Bildung abdominaler Segmente einnehmen. So ist tll beispielsweise<br />

in der Hymenoptere Nasonia tatsächlich notwendig für die Bildung der fünf posterio-<br />

ren abdominalen Segmente (Lynch et al., 2006), wobei allerdings die Aktivierung der<br />

tll-Expression nicht vom torso-Signalweg abhängt, dessen Komponenten zumindest<br />

teilweise in Hymenopteren fehlen (Dearden et al., 2006; Honeybee Genome Se-<br />

quencing Consortium, 2006). In Anbetracht der großen Varianz im Auftreten mater-<br />

naler hb-mRNA könnte die in Drosophila wahrscheinliche und in Tribolium mögliche<br />

Interaktion von nanos und dem terminalen System tatsächlich eine evolutionär alte<br />

Verbindung sein, die innerhalb der als anzestral angesehenen Kurzkeimentwicklung<br />

(Davis und Patel, 2002) die Segmentbildung aus der posterioren Wachstumszone<br />

sicherstellt und damit eine wichtige Musterbildungsfunktion erfüllt. Für die Überprü-<br />

fung dieser These werden zusätzliche Erkenntnisse aus Kurzkeiminsekten weiterer<br />

Phyla wie Oncopeltus oder Gryllus wertvolle Beiträge leisten.<br />

113


I. 3. Diskussion<br />

3.5. Die antero-posteriore Achse im Tribolium-Blastoderm<br />

114<br />

Am Beginn dieser Arbeit stand die These im Raum, dass otd-1 und hb in Triboli-<br />

um ähnliche Aufgaben übernehmen wie bicoid in Drosophila und instruktive Funktion<br />

für die Bildung der blastodermalen Segmentanlagen haben (Schröder, 2003). nanos<br />

und pumilio sollten ihre Expression von posterior reprimieren und somit den initial<br />

ubiquitären Faktoren räumliche Asymmetrie geben (Wolff et al., 1995; Schröder,<br />

2003). Dieses Modell konnte durch die vorliegende und andere Arbeiten der letzten<br />

Jahre nicht bestätigt werden. So zeigte sich, dass hb nicht wie angenommen für die<br />

Ausbildung von Segmentanlagen des zukünftigen Gnathums nötig ist, sondern<br />

vielmehr durch die Regulation von Hox-Genen deren Identität vermittelt und stattdes-<br />

sen an der Bildung abdominaler Segm ente beteiligt ist (Cerny, 2007; Marques-<br />

Souza et al., 2008). otd-1 erfüllt zwar diverse Funktionen innerhalb des frühen Tribo-<br />

lium-Embryos, der transiente Gradient scheint aber ebenfalls keine instruktive Funk-<br />

tion für die Bildung anteriorer Segmentanlagen zu haben. So kommt es nach otd-1-<br />

RNAi zwar zu „fate-map“-Verschiebungen, die gnathalen Segmente werden aber<br />

angelegt (Kotkamp et al., 2010). Schließlich wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass<br />

nanos und pumilio nicht für die OTD-1-Repression in der posterioren Hälfte des<br />

Embryos verantwortlich sind, und sie somit nicht im vermuteten Sinne den posterio-<br />

ren Gegenspieler darstellen, welcher folglich unbekannt bleibt. Die Beteiligung an der<br />

posterioren Repression von HUNCHBACK konnte allerdings nicht ausgeschlossen<br />

werden.<br />

In der vorliegenden Arbeit konnte ich zeigen, dass nanos und pumilio aber<br />

durchaus Funktionen für die Tribolium Embryogenese erfüllen. Sie wirken dabei auf<br />

zwei räumlich getrennte Bereiche. Einerseits auf die Bildung abdominaler Segmente,<br />

andererseits auf die Entwicklung des antennalen und mandibulären Segments und<br />

des anterioren Kopfes. Beide Funktionen stehen wahrscheinlich mit einer Beteiligung<br />

an der Musterbildung in blastodermalen Stadien in Zusammenhang. Vermutlich<br />

vermittelt nanos, ebenso wie in Drosophila (Wang und Lehmann, 1991), die räumli-<br />

che Spezifität des Komplexes über einen posterior-anterioren Gradienten. Dabei<br />

wirken nanos und pumilio innerhalb des Bereichs der postulierten höchsten Konzent-<br />

ration auf die korrekte Etablierung der Wachstumszone, indem sie parallel zum torso-<br />

Signalweg offenbar auf die Expression terminaler Zielgene, zumindest aber auf die<br />

Aktivierung von tll, gt und kni einwirken. In der Folge könnte der Verlust der posterio-


I. 3. Diskussion<br />

ren gt-Domäne über eine fehlende Aktivierung des Paar-Regel-Gen-Regelkreises in<br />

der Wachstumszone die Wirkung auf die abdominale Segmentierung vermitteln.<br />

Diese Wirkung könnte auf einem bereits postulierten „Induktions-Ketten“ Mechanis-<br />

mus der posterioren Gap-Gen-Domänen während der Achsenelongation basieren<br />

oder auch auf eine Rolle für den Beginn des „pair-rule circuits“ zurückzuführen sein<br />

(Bucher und Klingler, 2004). Bei der Etablierung der Wachstumszone und mögli-<br />

cherweise auch bei der Aktivierung der posterioren gt- und kni-Domänen könnte<br />

auch die postulierte (aber nicht überprüfbare) posteriore Repression von HB eine<br />

Rolle spielen.<br />

Die Anahme eines nanos-Gradienten ist die einfachste Erklärung für die posterio-<br />

ren und die anterioren Effekte nach nanos/pumilio-RNAi. Durch einen bis in die<br />

zentralen Bereiche des Embryos reichenden Gradienten könnten nanos und pumilio<br />

auch dort ihre Funktion entfalten. Offenbar sind sie hier an der Regulation der anteri-<br />

oren Domänen von gt und kni und der Etablierung des ersten eve-Streifens beteiligt.<br />

Möglicherweise haben NOS/PUM einen subtilen Einfluss auf die Regulation von<br />

OTD-1, oder sie reprimieren die Translation eines bisher unbekannten, anterioren<br />

Faktors X, dessen mRNA, ähnlich wie bcd in Drosophila (Driever und Nüsslein-<br />

Volhard, 1988a) oder eagle und pangolin in Tribolium (Bucher et al., 2005), anterior<br />

lokalisiert sein könnte. Dieser wiederum könnte an der Positionierung eines gt/kni-<br />

Repressors beteiligt sein, der früh innerhalb der Bereiche der späteren anterioren<br />

Kopfanlage aktiv ist. nanos und pumilio sind also wahrscheinlich indirekt an der<br />

Positionierung der Gap-Gen-Domänen innerhalb des Blastoderms beteiligt.<br />

Die Untersuchung der nanos/pumilio-Funktion hat in Bezug auf die Prozesse im<br />

Tribolium Blastoderm Lücken aufgezeigt. So bleibt beispielsweise ungeklärt, welcher<br />

Faktor für die posteriore Repression von otd-1 verantwortlich ist. Die anterioren<br />

Effekte nach nos/pum legen die Existenz von zwei noch unbekannten Faktoren nahe<br />

und es wird klar, dass die frühe Regulation der blastodermalen Domänen von Genen<br />

wie gt oder kni noch kaum verstanden ist. Dennoch erlauben es die heute bekannten<br />

Daten, ein Bild der blastodermalen Musterbildung in Tribolium zu zeichnen, dessen<br />

Lücken, offene Fragen und Spekulationen im Laufe der kommenden Jahre zu schlie-<br />

ßen und aufzuklären sind.<br />

Im Prinzip lässt sich die frühe Entwicklung von Tribolium bis zum differenzierten<br />

Blastoderm in drei Phasen bzw. Prozesse einteilen. Zu Beginn erfolgen die frühen<br />

Kernteilungszyklen und die Bildung des Blastoderms. Diese Phase ist geprägt von<br />

115


I. 3. Diskussion<br />

zunächst relativ statischen Proteinverteilungen ausgehend von maternalen mRNAs,<br />

deren Expressionsdomänen dann aber zunehmend reguliert werden. Um den Zeit-<br />

punkt der Aktivierung des zygotischen Genoms im noch undifferenzierten Blastoderm<br />

finden dann in einem sehr schnell ablaufenden Prozess regulative Interaktionen ab,<br />

die sowohl die maternalen Faktoren als auch die aufkommenden frühen zygotischen<br />

Gene auf immer genauer definierte Expressionsdomänen eingrenzen, also eine<br />

Phase der Regionalisierung. Diese geht fließend in ein Stadium über, in dem nun,<br />

teilweise schon morphologisch sichtbar, Schicksale determiniert werden: Serosa-<br />

und Embryonalanlage sind anhand der Zellmorphologie unterscheidbar, die posterio-<br />

re Invagination beginnt, erste Segmentanlagen werden spezifiziert. Die Beschreibung<br />

dieser „Phasen“ stützt sich sowohl auf Expressionsdaten als auch auf morphologi-<br />

sche Beschreibungen, folgt aber keinen exakten Kriterien, sondern gruppiert die<br />

Prozesse in frühen Tribolium-Embryo eher in thematische Kategorien (Brown et al.,<br />

1994c; Nagy und Carroll, 1994; Sommer und Tautz, 1994; Wolff et al., 1995; Li et al.,<br />

1996; Brown et al., 1997; Grünfelder, 1998; Schulz et al., 1998; Chen et al., 2000;<br />

Handel et al., 2000; Schröder et al., 2000; Schröder, 2003; Bucher und Klingler,<br />

2004; Bucher et al., 2005; Cerny et al., 2005; Schoppmeier und Schröder, 2005; van<br />

der Zee et al., 2005; Choe et al., 2006; Savard et al., 2006a; Cerny et al., 2008;<br />

Marques-Souza et al., 2008; Schinko et al., 2008; Schoppmeier et al., 2009; Kot-<br />

kamp et al., 2010).<br />

Maternale Phase:<br />

Die Asymmetrien, die der Tribolium-Oozyte während der Oogenese vermittelt<br />

werden, müssen in der Embryonalentwicklung bei der Etablierung der anteroposteri-<br />

oren Achse umgesetzt werden. An dieser Umsetzung sind diverse bereits aus Dro-<br />

sophila bekannte Faktoren beteiligt, einige Komponenten sind aber nach wie vor<br />

unbekannt. Ähnlich wie in Drosophila lassen sich anteriore, posteriore und terminale<br />

Systeme unterscheiden, die eng miteinander vernetzt sind. Das terminale System ist<br />

dabei sowohl für die Anlage der Serosa als auch für die Etablierung der posterioren<br />

Wachstumszone nötig, und erfüllt damit eine wichtigere Rolle als beispielsweise in<br />

Drosophila (Schröder et al., 2000; Furriols und Casanova, 2003; Schoppmeier und<br />

Schröder, 2005). Auch die frühe otd-1-Expression ist wichtig für die Etablierung der<br />

Serosaanlage (Kotkamp et al., 2010), möglicherweise wirken OTD-1 und TORSO<br />

dort synergistisch auf die Expression von zen-1 und -2 ein (vgl. (Finkelstein und<br />

Perrimon, 1990; van der Zee et al., 2005; Koniszewski, 2007; Kotkamp et al., 2010).<br />

116


I. 3. Diskussion<br />

Außerdem hat otd-1 Einfluss auf die Bildung der dorso-ventralen Achse und ermög-<br />

licht so die Ausbildung des anterioren Kopfes als ventraler Anlage. Die zunächst<br />

maternal ubiquitäre otd-1-Expression wird wahrscheinlich durch einen bisher unbe-<br />

kannten Faktor innerhalb der posterioren Hälfte des Embryos reprimiert, der dabei<br />

entstehende transiente Protein-Gradient scheint aber keine Musterbildungsfunktion<br />

inne zu haben (Kotkamp et al., 2010). Eine etwas spätere anteriore Repression<br />

könnte in einer Art negativer Rückkopplung durch ZEN-1 vermittelt werden, oder<br />

möglicherweise ähnlich wie in Drosophila durch das terminale System. Ebenfalls auf<br />

die Bildung des anterioren Kopfes könnte der in dieser Arbeit postulierte anteriore<br />

Faktor X einwirken. Er würde von NANOS/PUMILIO als posteriorem Repressor<br />

reguliert und wäre an der Positionierung der anterioren Grenzen der kni- und gt-<br />

Expressionsdomänen und an der Bildung des ersten eve-Streifens beteiligt. Außer-<br />

dem könnte dieser Faktor X auch auf die Expression des zygotischen Faktors mex-3<br />

innerhalb der Kopfanlage einwirken, der neben zen-2 in der Serosaanlage, die ma-<br />

ternal ubiquitäre CAUDAL-Expression auf den posterioren Bereich des Embryos<br />

begrenzt (Schoppmeier et al., 2009). CAD ist für die Ausbildung aller embryonalen<br />

Segmente posterior des anterioren Kopfes wichtig und beeinflusst somit sowohl die<br />

Bildung blastodermaler Segmentanlagen als auch die Funktion der Wachstumszone<br />

(Copf et al., 2004). CAD ist dabei wichtig für die blastodermale eve-Expression und<br />

könnte noch weiter reichenden aktivierenden Einfluss auf die zygotische Expression<br />

von beispielsweise gt, kni und hb innerhalb der posterioren Hälfte des Blastoderms<br />

haben, ähnlich wie CAD die Expression der posterioren Domänen von gt und kni in<br />

Drosophila aktiviert (Rivera-Pomar et al., 1995; Schulz und Tautz, 1995). Die Ausbil-<br />

dung der Anlage der posterioren Wachstumszone schließlich, findet offenbar in den<br />

posteriorsten Bereichen des Embryos statt und erfordert sowohl die Aktivität von<br />

torso, nanos und pumilio als auch von caudal und zygotischen Wnt-Genen (diese<br />

Arbeit, (Copf et al., 2004; Schoppmeier und Schröder, 2005; Bolognesi et al., 2008b).<br />

Außer diesen Faktoren, deren maternale Funktionen innerhalb des Blastoderms eine<br />

Rolle spielen, haben auch die Gap-Gene giant und hunchback eine maternal ubiqui-<br />

täre Expressionskomponente (Wolff et al., 1995; Bucher und Klingler, 2004). Die<br />

Regulation dieser Expression auf die relativ klar abgegrenzten zygotischen Domänen<br />

ist größtenteils noch nicht verstanden. Die anteriore Repression von gt könnte im<br />

Bereich der Serosaanlage beispielsweise durch ZEN-1, und innerhalb der zukünfti-<br />

gen Anlage des anterioren Kopfes durch einen von Faktor X positionierten Repressor<br />

117


I. 3. Diskussion<br />

vermittelt werden. hb hingegen bleibt in der Serosaanlage exprimiert und wird im<br />

anterioren Kopf wahrscheinlich von einem anderen Faktor reprimiert. Die initiale<br />

posteriore Repression von HB könnte durch nanos und pumilio vermittelt werden,<br />

später wird die gnathale Expressionsdomäne von posterior durch Krüppel begrenzt<br />

(Marques-Souza et al., 2008). Die posteriore Regulation der anterioren gt-Domäne<br />

hingegen ist unbekannt und erfordert in frühen Stadien wohl wiederum die Aktivität<br />

eines bisher nicht beschriebenen Faktors, könnte in späteren Stadien aber durch<br />

Paar-Regel-Gene vermittelt werden.<br />

Nach diesem Szenario würden also das terminale System, das anteriore System<br />

aus Otd-1 und möglicherweise einem Faktor X, sowie das posteriore System mit<br />

caudal, nanos, pumilio und einem unbekannten OTD-1-Repressor initiale räumliche<br />

Information innerhalb des Tribolium-Blastoderms vermitteln.<br />

Zygotische Regionalisierung:<br />

Eine Reihe von Faktoren werden im weiteren Verlauf der Entwicklung in räumlich<br />

und zeitlich dynamischen Expressionsdomänen exprimiert und verfeinern schließlich<br />

die Regionalisierung des Embryos.<br />

Obwohl für zen-1 maternale Expression beschrieben wurde (van der Zee et al.,<br />

2005), ist über deren räumliche Ausdehnung nichts bekannt, weswegen ich beide<br />

zen-Gene hier nochmals als anteriorste zygotische Faktoren erwähne. Ihre Expressi-<br />

on hängt wahrscheinlich von otd-1 und dem terminalen System ab. ZEN-1 ist wichtig<br />

für die Ausprägung der Serosaanlage (Li et al., 1996; van der Zee et al., 2005) und<br />

könnte dort Gene wie gt, kni oder otd-1 reprimieren. ZEN-2 hingegen reprimiert<br />

ebenfalls dort die Expression von CAD (Schoppmeier et al., 2009). Innerhalb der<br />

Anlage des anterioren Kopfes werden zeitweilig hb, gt und kni exprimiert, und es<br />

entstehen Expressionsdomänen der Gene mex-3 und mille-pattes. MEX-3 ist inner-<br />

halb des anpterioren Kopfes nötig für die Repression von CAD und wirkt sich auch<br />

auf alle gnathalen Segmente aus (Schoppmeier et al., 2009). Die Regulation der<br />

mex-3-Expression ist noch unbekannt, denkbar wäre aber eine Beteiligung des<br />

anterioren Faktor X, der möglicherweise in mittlerer oder niedriger Konzentration<br />

aktivierend auf die anteriore mex-3-Domäne wirken könnte. Die anteriore Domäne<br />

von mlpt wird von OTD-1 aktiviert, sie scheint allerdings nicht wesentlich zu sein<br />

(Savard et al., 2006a; Kotkamp et al., 2010). hb, gt und kni werden innerhalb der<br />

anterioren Kopfanlage später nicht mehr oder schwächer exprimiert, was auf einen<br />

dortigen reprimierenden Einfluss hinweist, der im Falle von kni und gt auf die Funkti-<br />

118


I. 3. Diskussion<br />

on eines von Faktor X abhängigen Repressors zurückzuführen sein könnte. kni wird<br />

vorher in einer breiten Domäne aktiviert und in der Folge ähnlich wie gt auf eine<br />

relativ klare Domäne begrenzt. Auch hier ist, wie im Fall von gt, die Etablierung der<br />

posterioren Grenze unklar. Ein aktivierender Einfluss von CAD auf die zygotischen,<br />

anterioren Domänen von kni, gt und hb ist wie erwähnt denkbar. kni ist schließlich für<br />

die Ausbildung des antennalen und mandibulären Segments wichtig, während gt und<br />

hb vor allem für die Positionierung von Hox-Genen verantwortlich sind (Bucher und<br />

Klingler, 2004; Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Bisher wurden keine<br />

Interaktionen der anterioren Domänen von hb, gt, kni und mlpt untereinander be-<br />

schrieben, wobei fraglich bleibt, ob subtilere Effekte in blastodermalen Stadien auf-<br />

grund der dynamischen Entwicklung möglicherweise nicht detektiert werden konnten.<br />

Dies steht im Gegensatz zu den Interaktionen der posterioren Domänen, auf deren<br />

Regulation während der Keimstreifstreckung ich hier nicht im Detail eingehen möchte<br />

(Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005; Savard et al., 2006a; Cerny, 2007;<br />

Cerny et al., 2008; Marques-Souza et al., 2008). Initiiert wird deren Expression<br />

allerdings, abgesehen von hb, am posterioren Pol des Blastoderms, unter Einfluss<br />

des terminalen Systems (Schoppmeier und Schröder, 2005; Koniszewski, 2007). Im<br />

posterioren Bereich des Blastoderms wird schließlich das Gap-Gen Krüppel aktiviert<br />

(Cerny et al., 2005). Diese Aktivierung ist abhängig von hb (Marques-Souza et al.,<br />

2008), während die Positionierung der anterioren Grenze z.T. durch gt-abhängige<br />

Repression vermittelt wird (Cerny et al., 2005; Cerny, 2007). Kr wird damit vor allem<br />

von anderen Gap-Genen reguliert. Die Expression dieser beschriebenen zygotischen<br />

Expressionsdomänen hängt also von einem schnell ablaufenden Regulationssystem<br />

aus bekannten und unbekannten, maternalen und zygotischen Faktoren ab, deren<br />

Interaktionen wahrscheinlich vor allem reprimierenden Charakter haben. Durch<br />

dieses System entstehen ähnlich wie im Drosophila Blastoderm räumlich begrenze<br />

Expressionsdomänen, die die molekulare Grundlage für die Ausbildung unterschied-<br />

licher Gewebe und Segmentanlagen darstellen.<br />

Determinierung von Gewebeschicksalen:<br />

Die Regionalisierung des Blastoderms in Bereiche differentieller Genexpression<br />

führt nun zu Differenzierungsprozessen, die teilweise schon früh morphologisch<br />

sichtbar werden, wie die veränderte Zellmorphologie der Serosa und die beginnende<br />

posteriore Invagination, oder aber zunächst nur auf molekularer Ebene Auswirkun-<br />

gen haben, wie die Bildung der Segmentanlagen. Während über die morphogeneti-<br />

119


I. 3. Diskussion<br />

schen Prozesse der extraembryonalen Membranen und der posterioren Invagination<br />

im Prinzip nichts bekannt ist, hat man über den Verlauf der Segmentierung durchaus<br />

Anhaltspunkte. Die posteriore Segmentierung in der Wachstumszone hängt in Tribo-<br />

lium vermutlich von einem Paar-Regel-Gen-Regelkreis ab, der durch Interaktionen<br />

der primären Paar-Regel-Gene even-skipped, odd-skipped und runt vermittelt wird<br />

(Choe et al., 2006). Die Expression der ersten Streifen innerhalb des Blastoderms<br />

hängt aber sicherlich auch von der Aktivität anderer Faktoren, wie den Gap-Genen<br />

oder auch den maternalen Komponenten ab. Diese Regulation ist allerdings noch<br />

wenig beschrieben. eve wird initial innerhalb der posterioren Hälfte des Blastoderms<br />

aktiviert (Brown et al., 1997), als potentieller Aktivator kommt dabei CAD in Frage.<br />

Die Positionierung der anterioren Grenze hängt zumindest unter anderem von der<br />

Aktivität von OTD-1 ab (Kotkamp et al., 2010). An der Aktivierung des ersten eve-<br />

Streifens sind CAD (Schoppmeier et al., 2009) und wahrscheinlich das System aus<br />

anteriorem Faktor X und nanos/pumilio beteiligt. Offenbar ist hierbei eine bestimmte<br />

Kombination aus Regulatoren notwendig, um die Ausbildung des ersten doppel-<br />

segmentalen Streifens zu ermöglichen. So scheint also zumindest der erste eve-<br />

Streifen einer streifenspezifischen Regulation zu unterliegen. Es wurde vermutet,<br />

dass die Unterteilung der initialen eve-Domäne in die Streifen 1, 2 und 3 auf Repres-<br />

sionsvorgänge zurückzuführen ist (Brown et al., 1997), und der „pair-rule circuit“<br />

auch im Blastoderm wirkt (Choe et al., 2006). Wahrscheinlicher scheint aber, dass<br />

eine streifenspezifische Regulation der blastodermalen Paar-Regel-Gen-Domänen<br />

gemeinsam mit den Interaktionen zwischen eve, odd und runt wie sie im Modell des<br />

Paar-Regel-Gen-Regelkreises bestehen, zur Festlegung der Segmentanlagen im<br />

Blastoderm beitragen. So führt beispielsweise gt-RNAi zum weitgehenden Verlust<br />

des zweiten runt-Streifens und zu einer Fusion der eve-Streifen 2 und 3. Diese<br />

Defekte werden im weiteren Verlauf der Segmentierung teilweise wieder ausgegli-<br />

chen, was eine ausgeprägte Plastizität des Systems deutlich macht (Cerny, 2007).<br />

Nichtsdestotrotz hat gt offenbar einen direkten Einfluss auf die Paar-Regel-<br />

Gendomänen, nämlich auf den zweiten runt-Streifen, was zum Verlust des zweiten<br />

odd-Streifens und damit zur fehlenden Separierung der eve-Streifen 2 und 3 führen<br />

könnte. Nach hb-RNAi werden innerhalb des Blastoderms zunächst nur zwei eve-<br />

Domänen gebildet, ein Effekt, der ebenfalls im weiteren Verlauf der Entwicklung<br />

korrigiert wird (Cerny, 2007). Die initiale blastodermale Expression von runt und odd<br />

ist nicht veröffentlicht, möglicherweise könnte hb aber an der Positionierung der<br />

120


I. 3. Diskussion<br />

jeweiligen ersten Streifen von odd oder runt beteiligt sein. Das Fehlen einer dieser<br />

Domänen könnte dann durch die Paar-Regel-Gen-Interaktionen dazu führen, dass<br />

nur eine der normalerweise zwei Trennungen der initialen eve-Domäne innerhalb des<br />

Blastoderms möglich ist. Untersuchungen der Enhancer-Elemente des in Paar-<br />

Regel-Streifen exprimierten Gens hairy legen außerdem das Vorhandensein von<br />

streifenspezifischen Elementen für einige der hairy-Streifen nahe (Eckert et al.,<br />

2004). Es ist also wahrscheinlich, dass die blastodermalen Paar-Regel-Genmuster<br />

durch initiale Aktivierung, vermittelt von den lokal begrenzten zygotischen und ma-<br />

ternalen Komponenten, gefolgt von Paar-Regel-Gen-Interaktionen ähnlich denen des<br />

Paar-Regel-Gen-Regulationskreises der Wachstumszonen etabliert werden. Bei<br />

letzterem könnte vor allem die Repression angrenzender Domänen (eve und odd,<br />

(Choe et al., 2006) die wesentliche Rolle spielen. Somit würden die blastodermalen<br />

Paar-Regel-Gen-Domänen durch eine Kombination aus Streifenspezifischer Aktivie-<br />

rung und „pair-rule circuit“-Regulation entstehen.<br />

Die Musterbildung im Tribolium-Blastoderm läuft also im Wesentlichen ähnlich<br />

wie in Drosophila über mehrere Stufen ab. Jedoch sind die Expressionsdomänen im<br />

Tribolium Blastoderm über den gesamten Verlauf der Entwicklung dynamischer. Die<br />

lokale Begrenzung von Expressions-Domänen maternaler Faktoren wie otd-1, gt<br />

oder cad, und zygotischer Faktoren wie kni oder den Paar-Regel-Genen entwickelt<br />

sich innerhalb eines komplexen regulatorischen Zusammenspiels. So kommt dem<br />

Rückwirken zygotischer Aktivität auf maternale Faktoren eine größere Bedeutung zu.<br />

Innerhalb dieser Systeme scheinen vor allem reprimierende Interaktionen eine wich-<br />

tige Rolle zu spielen.<br />

Obwohl viele der aus Drosophila bekannten Gene auch in Tribolium eine wichtige<br />

Rolle für die Ausprägung der Achsen spielen, sind die Lücken in unserem Verständ-<br />

nis so groß, dass die Möglichkeiten der Kandidaten-Gen Analyse offenbar nicht<br />

ausreichen, um Entwicklungsprozesse in einer phylogenetisch so entfernten Art, in<br />

diesem Fall in Tribolium, vollständig aufzuklären. Dieser Mangel macht neue Ansätze<br />

nötig, welche die Identifizierung wesentlicher Faktoren, die nicht aus Drosophila<br />

bekannt sind, möglich machen. Dieses Ziel verfolgt der im zweiten Kapitel dieser<br />

Arbeit vorgestellte genomweite RNAi-Screen „iBeetle“ auf breiter Basis.<br />

Die hier durchgeführte funktionelle Analyse von nanos und pumilio außerhalb der<br />

Dipteren zeigt erneut die enorme Plastizität früher Musterbildungsprozesse (Tautz<br />

und Schmid, 1998; Peel et al., 2005). Die initiale Einordnung beider Gene in das<br />

121


I. 3. Diskussion<br />

regulative System der frühen Tribolium Embryogenese konnte erfolgen, wirft aber<br />

noch viele Fragen über die exakten Interaktionen der Regionalisierungsprozesse<br />

innerhalb des Blastoderms auf. Vor allem die Identifizierung und Analyse neuer,<br />

bisher unbekannter Faktoren wird hierbei den Schlüssel zur Aufklärung dieser Mus-<br />

terbildungsvorgänge darstellen.<br />

122


4. Material und Methoden<br />

I. 4. Material und Methoden<br />

Die angewendeten molekularbiologischen Methoden, Lösungen und sonstige La-<br />

borbedarfsmittel richteten sich nach den Herstellerangaben der Produkte, bzw. nach<br />

Sambrook et. al. (Sambrook und Russell, 2001).<br />

Die Experimente wurden mit Tieren des San Bernadino Stammes durchgeführt<br />

(M. Klingler, persönliche Mitteilung).<br />

4.1. Klonierung<br />

Die Tribolium-Orthologe zu nanos, pumilio und brain-tumor wurden über BLAST-<br />

Homologiesuchen (http://beetlebase.org/blast/blast.html, http://www.hgsc.bcm.tmc.<br />

edu/blast.hgsc oder http://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi) mit den Drosophila Prote-<br />

insequenzen identifiziert. Fragmente der Gene wurden mit Hilfe genspezifischer<br />

Primer aus cDNA amplifiziert und kloniert.<br />

RNA aus unterschiedlichen embryonalen Stadien wurde mit Hilfe von TRIzol Re-<br />

agenz (Invitrogen) nach Herstellerangaben isoliert, die Isolate wurden vereinigt und<br />

davon mit der Superscript II Reversen Transkriptase (Invitrogen) ebenfalls nach<br />

Herstellerangabe cDNA hergestellt. Ein !l der cDNA wurde für PCR eingesetzt.<br />

Tab. 3: Primer und PCR-Bedingungen<br />

Gen/Primer<br />

nanos<br />

Annealingtemperatur<br />

fw 5’-CCCCAAAATGTTACGACT-3’<br />

bw 5’-CATGTTATATACAATGTAATTTGG-3’ 50 °C 810 bp<br />

pumilio (kloniert während der Diplomarbeit)<br />

fw 5’-CAATCACATCGTGGAG-3’<br />

bw 5’-CTCAACGAGTTAAGATGAG-3’ 50 °C 887 bp<br />

brain-tumor<br />

fw 5’-GCAAGTTCGGCGAGTTTGG-3’<br />

bw 5’-GAAACATTGGGCGTGCTTC-3’ 52 °C 713 bp<br />

Fragmentlänge<br />

PCR-Produkte wurden mit einer T4-DNA-Polymerase (New England Biolabs)<br />

vervollständigt, mit Polynukleotidkinase (New England Biolabs) phosphoryliert,<br />

mittels präparativer Agarosegelektrophorese (MinElute Gelextraction Kit, Quiagen)<br />

123


I. 4. Material und Methoden<br />

aufgereinigt und in mit CIP (Invitrogen) dephosphorylierten, mit EcoRV (New England<br />

Biolabs) geöffneten Bluescript II KS Vektor ligiert (T4 DNA-Ligase, New England<br />

Biolabs). Erhaltene Klone wurden durch Kolonie-PCR, unter Verwendung einer<br />

Probe der Kolonie als DNA-Matrizen Quelle, mit vektorspezifischen Primern (5´-<br />

CTATGACCATGATTACGCCAAG-3´, 5´-TAACGCCAGGGTTTTCCCAGT-3´, 58 °C<br />

Annealingtemperatur) verifiziert und schließlich bei der Firma Seqlab (Göttingen)<br />

sequenziert. Primer wurden von Metabion (München) synthetisiert.<br />

124<br />

Ein weiteres nanos Fragment, inklusive aus RACE bekannter 5’ UTR Sequenz<br />

wurde in meiner Diplomarbeit kloniert (Länge: 631 bp), ein dritter Klon, ausschließlich<br />

kodierende Sequenz enthaltend wurde von Dr. Michael Schoppmeier zur Verfügung<br />

gestellt (Länge: 331 bp).<br />

DNA und Protein Sequenzanalysen, sowie Primerdesign wurden unter Zuhilfe-<br />

nahme von online-Datenbanken (NCBI, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/) und der folgen-<br />

den Programme durchgeführt: CLC Sequence Viewer, Oligo 4.05, ClustalX, DNASIS<br />

2.0.<br />

4.2. Expressionsanalysen<br />

Tribolium-Embryonen für Expressionsananalysen wurden, wenn nicht anders be-<br />

schrieben, in 50 % Klorix für 2 mal 3 Minuten dechorionisiert, gespült, in einem<br />

Heptanbad aus dem Netzchen (180 !m) gesaugt und für 35 Minuten in 2 ml PEMS-<br />

Puffer, 6 ml Heptan und 350 !l 37% Formaldehydlösung fixiert. Nach der Fixierung<br />

wird die wässrige Phase entfernt und die Embryonen durch Zugabe von 8 ml Metha-<br />

nol und ca. 15 s starkes Schütteln devitellinisiert. Dadurch nicht devitellinisierte<br />

Embryonen können mehrmals durch eine 18g Kanüle gepresst werden um die noch<br />

verbliebene Vitellinhülle mechanisch zu entfernen. Vor allem Keimstreifstadien<br />

lassen sich schlecht devitellinisieren und werden durch diese Prozedur leicht zer-<br />

stört. Somit wurden Keimstreifembryonen, wenn nötig, nach der Fixierung von Hand<br />

aus der Eihülle präpariert. Hierzu werden die Embryonen einzeln aus der Heptan-<br />

phase auf doppelseitiges Klebeband (Tesa Photo Tape) gebracht, nach Verdunsten<br />

des Heptans mit DEPC-behandeltem PBS überschichtet und mit Hilfe von Minutien-<br />

nadeln aus der Eihülle präpariert. Danach werden die Embryonen so schnell wie<br />

möglich in Methanol überführt.


4.2.1. in situ Hybridisierung<br />

I. 4. Material und Methoden<br />

Die Synthese einzelsträngiger, Dig- bzw. Flu-markierter RNA-Sonden erfolgte<br />

durch T3 oder T7 Polymerase (Roche) im wesentlichen nach Standardprotokollen<br />

(Klingler und Gergen, 1993) mit aufgereinigten PCR-Produkten als Matrize (T3 bzw.<br />

T7 Primer, nach Stratagene; Quiagen MinElute PCR-Purification). Die Sonden wer-<br />

den nach der Präzipitation durch Ethanol und Ammoniumacetat, in 80 !l RNAse-<br />

freiem Wasser gelöst. In-situ-Hybridisierungen unter Verwendung dieser Sonden<br />

wurden ebenfalls nach Standardprotokollen durchgeführt (Tautz und Pfeifle, 1989;<br />

Prpic et al., 2001) und durch Alkalische Phophatase und !-Galactosidase Färbungen<br />

detektiert.<br />

Für in-situ-Hybridisierungen an Ovaren wurden adulte Weibchen in DEPC-<br />

behandeltem PBS präpariert und die Ovare in frischer, 4%iger Formaldehydlösung<br />

für 30 min bei 0°C fixiert. Die in-situ-Hybridisierung erfolgte im Wesentlichen wie für<br />

Embryonen beschrieben (Tautz und Pfeifle, 1989), allerdings wurde im Hybridisie-<br />

rungspuffer 2% Blocking Reagenz (Roche) und nach der Hybridisierung ein MABT<br />

Puffer (100 mM Maleinsäure, 150 mM NaCl, 0.1% Tween 20, pH 7.5) verwendet.<br />

Um RNA-Expression für nanos nachzuweisen, wurden einige Veränderungen<br />

und Varianten des Standardprotokolls getestet. So wurden Sonden von allen verfüg-<br />

baren Fragmenten in unterschiedlichen Verdünnungen getestet (zwischen 0,01 !l<br />

und 5 !l Sonde pro 30 !l Hybridisierungspuffer). Sonden des 810 bp und des 631 bp<br />

Fragments wurden hydrolytisch verdaut und dann eingesetzt. Hierzu wurde präzipi-<br />

tierte Sonde in 25 !l 80 mM NaHCO3, 120 mM Na2CO3, pH 10,2 für 10 min bei 37°C<br />

hydrolysiert, die Reaktion mit 50 !l 200 mM C2H3NaO2, pH 6 beendet und die RNA<br />

durch Fällen von der Salzlösung gereinigt. Auf diese Art fragmentierte Sonden kön-<br />

nen die Signalstärke verbessern, da sie das Gewebe besser durchdringen<br />

(Wilkinson, 1998). Der Nachweis der 810 bp Sonde wurde auch unter Zuhilfenahme<br />

des Vectastain ABC Kits und des ABC-AP von Vector Labs, getestet. Ferner wurde<br />

die Verwendung einer Detergenzlösung (1% SDS, 0,5 % Tween, 1 mM EDTA, 50<br />

mM TrisHCl pH 7,5, 150 mM NaCl) und alternativer Hybridisierungslösungen getes-<br />

tet. Außerdem wurden unterschiedlich stark fixierte (zwischen 30 min bei 4°C und<br />

mehreren Stunden bei Raumtemperatur) Embryonen mit dem Standardprotokoll<br />

getestet, die Sonden vor der Hybridisierung auf 95 °C erhitzt, um Sekundärstrukturen<br />

aufzulösen, und die Entwicklung der Färbung auch unter Verwendung von 5 %<br />

125


I. 4. Material und Methoden<br />

Polyvinylalkohol durchgeführt. Keine dieser Variationen führten zu einem spezifi-<br />

schen Nachweis der nanos-Expression.<br />

4.2.2. Antikörperproduktion und Immunohistochemische Färbungen<br />

126<br />

Zum Nachweis der nanos-Expression in situ wurden von der Firma Eurogentec<br />

Polyklonale Seren gegen in vitro synthetisierte NANOS Peptide hergestellt. Eurogen-<br />

tec hat dabei zwei kurze Peptide der NANOS-Proteinsequenz synthetisiert (H2N-<br />

QNQQFSQDVENYQRPC-CONH2 und H2N-RNQQFSNVLRSIENVQC-CONH2) die<br />

von Fachleuten dort ausgewählt wurden, und eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit<br />

für die Erkennung der Epitope des nativen Proteins durch das polyklonale Serum<br />

gewährleisten sollen. Mit einer Mischung beider Peptide wurden zwei Kaninchen<br />

immunisiert, die anhand des Verhaltens ihrer Präimmunseren in Testfärbungen von<br />

mir aus fünf Tieren ausgewählt wurden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse<br />

weiterer von mir durchgeführter Testfärbungen während des Immunisierungspro-<br />

gramms, wurden insgesamt sechs Injektionen durchgeführt. Die zweite zwei Wochen<br />

nach der ersten Injektion, jede weitere im Abstand eines Monats. 20 ml der Immun-<br />

seren der finalen Blutungen beider Kaninchen wurden vereinigt, und mittels Affini-<br />

tätschromatographie getrennt gegen beide Peptide von Eurogentec aufgereinigt und<br />

mir zur Verfügung gestellt. Die polyklonalen Immunseren wurden in whole-mount<br />

Immunhistochemischen Färbungen an Tribolium und Drosophila Embryonen unter-<br />

schiedlichen Alters auf ihre Reaktivität getestet. Es war leider nicht möglich durch<br />

diese Experimente NANOS-Protein nachzuweisen. Die Polyklonalen Immunseren<br />

konnten zwar verwendet werden um die an Carrier-Protein gebundenen Peptide zu<br />

detektieren, es konnte aber auch durch Western-Blot verschiedener Tribolium-<br />

Proteinextrakte kein NANOS-Protein nachgewiesen werden. Vorhandene Polyklona-<br />

le Seren gegen OTD-1 oder CAD hingegen (Schulz et al., 1998; Schröder, 2003),<br />

konnten in Western-Blots erfolgreich zum Nachweis ihrer Zielproteine eingesetzt<br />

werden.<br />

Zum Nachweis des NANOS-Proteins in whole mount Färbungen mit Tribolium<br />

Embryonen wurden diverse Variationen des Standardprotokolls für Immunhistoche-<br />

mische Färbungen getestet (Roth et al., 1989). Zunächst wurden Verdünnungen der<br />

Seren zwischen 1:10 und 1:200 getestet. Die Seren wurden mit Tribolium Embryo-<br />

nen präabsorbiert. Die Stärke der Blocking-Schritte wurde zwischen 20 min bis 2 h<br />

mit 3% BSA, 1h mit 8% BSA, 30 min mit 0,5 % Böhringer Blocking Reagenz und


I. 4. Material und Methoden<br />

ohne Blocking Schritt variiert. Abweichend von der Standard Fixierung wurden kürze-<br />

re und längere Fixationszeiten (15 min, 90 min), Devitellinisierung mit Ethanol statt<br />

Methanol, Devitellinisierung von Hand unter Vermeidung von Alkoholen und Hitzefi-<br />

xierung (Sullivan et al., 2000) angewandt. Zur Detektion wurde Alkalische Phospha-<br />

tase, Peroxidase unter Verwendung eines Amplifikationsschritts durch das Vec-<br />

tastain ABC System (Vectorlabs) und Immunfluoreszenz (Anti-Rabbit-Cy3) verwen-<br />

det. Außerdem wurde durch Behandlung mit Isopropanol, oder Xylol und Aceton vor<br />

Zugabe des Erstantikörpers versucht das Ergebnis zu verbessern. Schließlich wur-<br />

den die Seren auch auf ihre Reaktivität in Tribolium Ovaren und Drosophila Embryo-<br />

nen getestet.<br />

Alle diese Experimente führten zur gleichen, unregelmäßigen Hintergrundfär-<br />

bung. Marginale Unterschiede waren in einzelnen Ansätzen zu beobachten, in kei-<br />

nem wurde ein qualitativ unterschiedliches Ergebnis erreicht.<br />

Tab. 4: Verwendete Erst- und Zweitantikörper<br />

Antikörper Hersteller/Referenz Verdünnung<br />

Rabbit-Anti-Tc-OTD (Schröder, 2003) 1:100<br />

Rabbit-Anti-Tc-CAD (Schulz et al., 1998) 1:50<br />

Mouse-Anti-!-TUBULIN Sigma 1:500<br />

Anti-DIG-AP (Fab) Roche 1:2000<br />

Anti-DIG-Pod (Fab) Roche 1:2000<br />

Anti-Flu-AP (Fab) Roche 1:2000<br />

Goat-Anti-Rabbit-Bio Vector Laboratories 1:200<br />

Goat-Anti-Rabbit-Cy3 Jackson Immuno Research 1:100<br />

Rabbit-Anti-Mouse-Cy2 Rockland 1:50<br />

4.2.3. Qualitative RT-PCR<br />

Zum Nachweis der nanos-Expression in vitro wurde RT-PCR mit unterschiedli-<br />

chen cDNAs als Matrize durchgeführt. RNAs wurden aus 3 Tieren bzw. ca. 50 !l<br />

Embryonen unter Verwendug von TRIzol (Invitrogen) extrahiert, mit DNAse inkubiert<br />

und nochmals durch TRIzol gereinigt. RNAs wurden Spektralphotometrisch vermes-<br />

sen und 1,5 !g jeder Extraktion für die cDNA Synthese eingesetzt (Transcriptor High<br />

Fidelity cDNA Synthsis Kit, Roche). 0,5 !l cDNA wurde für PCR-Reaktionen verwen-<br />

det. Der Nachweis von nanos und der mRNA des ribosomalen Proteins rp49 erfolgte<br />

durch Verwendung von Primerpaaren, deren „forward“-Primer auf einer Exon-Grenze<br />

liegen und somit die Amplifikation von genomischer DNA vermeiden. Das kleine<br />

Intron des nanos Gens (49 bp) könnte eine Unterscheidung genomischer und<br />

127


I. 4. Material und Methoden<br />

gespleißter Fragmente durch Agarose-Geleelektrophorese erschweren, weshalb<br />

diese Stragtegie gewählt wurde. Die Amplifikation genomischer Fragmente aufgrund<br />

von verunreinigten Reagenzien wurde außerdem durch Kontrollreaktionen ausge-<br />

schlossen (Reaktionsansätze ohne Reverse Transkriptase, bzw. ohne RNA Matrit-<br />

ze).<br />

Tab. 5: Primer und Bedingungen der RT-PCR<br />

Primer Annealing- Zyklen Fragment-<br />

nanos<br />

temperaturlänge fw 5’-ACGTGCTCAAATGTCTTTC-3’<br />

bw 5’-GTGGTTGATAAATTTGGTCG-3’ 50 °C 34 450 bp<br />

rp49 Verändert nach (Konopova und Jindra,<br />

2007)<br />

fw 5’-ATGGCAAACTCAAACGCAAC-3’<br />

bw 5’-TAGCATGTGCTTCGTTTTGG-3’ 50 °C 24 132 bp<br />

4.3. RNAi-Experimente<br />

128<br />

RNAi Injektionen von Tribolium Puppen, ebenso wie embryonale, larvale und a-<br />

dulte RNAi-Experimente wurden im Wesentlichen wie beschrieben durchgeführt<br />

(Bucher et al., 2002; Brown et al., 1999b; Tomoyasu und Denell, 2004; van der Zee<br />

et al., 2006). Die hier gezeigten Ergebnisse stammen, falls nicht anders ausgewie-<br />

sen, aus pupalen RNAi-Experimenten.<br />

Für die Synthese der Kontroll-RNA gegen DS-Red wurde eine DNA-Matrize<br />

durch PCR hergestellt. Hierzu wurden genspezifische Primer mit zusätzlichen T7-<br />

RNA-Polymerase Promoter-Sequenzen verwendet. Das DS-Red Fragment wurde<br />

von pSLfa[Tc’hsp5’-dsRedEx-3’UTR] (Johannes Schinko, Göttingen) amplifiziert.<br />

Auch von nanos und pumilio wurden DNA-Matrizen durch PCR, unter Verwendung<br />

des T7-Primers und eines T3-Primers ebenfalls mit zusätzlicher T7-<br />

Promotorsequenz, hergestellt. Aufgereinigte PCR Produkte (MinElute PCR Purificati-<br />

on, Quiagen) wurden zu RNA-Synthese mit MEGAscript T7 Kits (Ambion) verwendet.<br />

dsRNAs wurden in Injektionspuffer (1,4 mM NaCl, 0,07 mM Na2HPO4, 0,03 mM<br />

KH2PO4, 4 mM KCL) gelöst.


Tab. 6: Primer für dsRNA Matrize<br />

I. 4. Material und Methoden<br />

Primer<br />

DSred<br />

Annealing-temperatur<br />

fw 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />

AGTTCATGCGCTTCAAGGTG-3’<br />

bw 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />

TGGTGTAGTCCTCGTTGTGG-3’<br />

5 Zyklen 40 °C, 30 Zyklen 58 °C<br />

T7 5’-TAATACGACTCACTATAGG-3’<br />

T3-T7 5’-TAATACGACTCACTATAGG<br />

AATTAACCCTCACTAAAGGG-3’<br />

Tab. 7: Verwendete dsRNA<br />

58 °C<br />

Gen Verwendete Konzentration Fragmentlänge<br />

DSred 8 !g/!l 600 bp<br />

nanos 4 !g/!l 810 bp<br />

pumilio 4 !g/!l 887 bp<br />

brain-tumor 1 !g/!l 713 bp<br />

Für nanos/pumilio Doppel-RNAi wurden ebenfalls 4 !g/!l jeder RNA eingesetzt. Die beobachteten<br />

Phänotypen traten auch nach Injektion niedriger Konzentrationen auf (1 – 3 !g/l)<br />

der höchstmögliche Anteil starker Phänotypen wurde allerdings durch die angegebenen<br />

Konzentrationen erreicht.<br />

129


II. Kapitel:<br />

II. 1. Einleitung<br />

Entwicklung und Machbarkeitsstudie eines genomwei-<br />

ten RNAi-Screen-Projekts in Tribolium<br />

1. Einleitung<br />

1.1. Tribolium als eigenständiges Modellsystem<br />

Der rote Reismehlkäfer Tribolium castaneum entwickelte sich in den letzten Jah-<br />

ren zu einem wichtigen Modellsystem der Insektenbiologie und beginnt sich zuneh-<br />

mend aus dem Schatten des bestuntersuchten Insekts, Drosophila melanogaster, zu<br />

lösen. Nachdem Tribolium in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vor allem<br />

Forschungsobjekt von Populationsgenetikern und Ökologen war (Sokoloff, 1972)<br />

entdeckten in den nachfolgenden Jahrzehnten zunehmend Entwicklungsbiologen<br />

(Beeman, 1987; Brown et al., 1994b; Schröder et al., 2008) und Entomolgen die sich<br />

mit Schädlingsbekämpfung beschäftigten (Andreev et al., 1999; Handler und Bee-<br />

man, 2003) Tribolium als Forschungsobjekt für sich. Heute ist die „Tribolium-<br />

Community“ mit einem großen Anteil deutscher Forscher, vor allem an entwicklungs-<br />

biologischen Fragestellungen interessiert, die durch die Verfügbarkeit etlicher wichti-<br />

ger Methoden effektiv bearbeitet werden können.<br />

Wie bereits in der allgemeinen Einleitung (S. 11) zusammengefasst, ist dieses<br />

große Methodenspektrum ein Grund für die Entwicklung Triboliums zu einem konkur-<br />

renzfähigen Modellorganismus. Neben grundlegenden Techniken zur Analyse von<br />

Entwicklungsprozessen wie in-situ-Hybridisierung und Immunhistochemie (Sommer<br />

und Tautz, 1993; Patel et al., 1994) spielen genetische und molekularbiologische<br />

Anwendungen eine große Rolle. Vor allem die Verfügbarkeit der Genom-Sequenz<br />

hat viele Ansätze vereinfacht und eine große Zahl neuer Möglichkeiten eröffnet<br />

(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />

Die Etablierung mehrerer Transformationssysteme (Lorenzen et al., 2003; Pavlo-<br />

poulos et al., 2004) erlaubt heute den Einsatz transgener Techniken, und ermöglicht<br />

die Verwendung von „Enhancer-trap“-Konstrukten und transgenen Missexpressions-<br />

systemen wie z.B. dem UAS-Gal-4-System oder Hitze-Schock induzierbaren Kon-<br />

strukten (G. Bucher, persönl. Mitteilung).<br />

131


II. 1. Einleitung<br />

132<br />

In Anlehnung an die Arbeiten in Drosophila wurden auch in Tribolium Mutagene-<br />

se-Screens in kleinerem Maßstab durchgeführt (Sulston und Anderson, 1996; Ma-<br />

derspacher et al., 1998). Der Nutzen dieser genetischen Mutanten blieb in der bishe-<br />

rigen Forschung aber begrenzt, da die Generierung und schließlich auch die Arbeit<br />

mit ihnen durch das Vorhandensein von zehn Chromosomen und der Verfügbarkeit<br />

nur weniger Balancer-Chromosomen erschwert wird (Berghammer et al., 1999a). Die<br />

Haltung von mutanten Linien in Tribolium ist damit deutlich aufwändiger als bei<br />

Drosophila und saturierende Screens in dieser Situation kaum möglich (Trauner et<br />

al., 2009).<br />

Auch aus diesen Gründen erwies sich in den letzten Jahren die RNA-Interferenz<br />

als effektivere Methode zur Durchführung funktioneller Studien in Tribolium (Roth<br />

und Hartenstein, 2008). RNAi wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in<br />

C. elegans entdeckt (Fire et al., 1998) und bezeichnet den Abbau oder die translatio-<br />

nelle Reprimierung von einzelsträngigen Ziel-RNAs (z.B. mRNAs), hervorgerufen<br />

durch komplementäre doppelsträngige RNA (Meister und Tuschl, 2004). Dieser<br />

Mechanismus kann sowohl durch exogene dsRNAs (z.B. von Viren; (Waterhouse et<br />

al., 2001) als auch durch endogene Moleküle wie z.B. micro-RNAs hervorgerufen<br />

werden (Rana, 2007) und wurde mittlerweile in einer Vielzahl von Spezies nachge-<br />

wiesen (Meister und Tuschl, 2004). Dabei werden doppelsträngige Vorläufermoleküle<br />

von einem Proteinkomplex gebunden und durch die DICER-RNase in kleine siRNAs<br />

(„small interfering RNAs“) von 21 bis 23 Nukleotiden Länge prozessiert, die dann<br />

durch einen weiteren Proteinkomplex (RISC) zur Erkennung und zum Abbau bzw.<br />

der Repression der Ziel-RNA benutzt werden (Meister und Tuschl, 2004). Dieser<br />

Effekt wurde bereits vielfach verwendet, um durch von außen eingebrachte dsRNAs<br />

experimentell die Expression bestimmter Gene von Interesse zu reduzieren und<br />

damit den Effekt des Verlusts der Genfunktion zu studieren. In einigen Arten, so z.B.<br />

in C. elegans oder auch in Tribolium (Fire et al., 1998; Bucher et al., 2002), aber<br />

nicht in Drosophila (Miller et al., 2008), funktioniert dies systemisch, was bedeutet,<br />

dass sich der Effekt innerhalb des Organismus ausbreitet und somit unterschiedliche<br />

Gewebe erreicht. Dadurch konnten speziell in Tribolium Methoden entwickelt wer-<br />

den, die die Untersuchung von Genfunktionen durch die Injektion von dsRNA in<br />

praktisch allen Entwicklungsstadien und allen bisher untersuchten Geweben erlau-<br />

ben.


II. 1. Einleitung<br />

Durch Injektion von dsRNA in Embryonen können Funktionen während der Emb-<br />

ryonalentwicklung untersucht werden, und durch unterschiedliche Injektionszeitpunk-<br />

te sogar zeitlich unterschiedliche Funktionen, wie z.B. die maternale und zygotische<br />

Komponente eines Faktors, aufgelöst werden (Brown et al., 1999b; Schinko et al.,<br />

2008). Die parentale RNAi ermöglicht es, embryonale Genfunktionen sogar noch<br />

effizienter und zeitsparender zu untersuchen (Bucher et al., 2002). Dabei wird<br />

dsRNA in weibliche Puppen oder adulte Käfer (van der Zee et al., 2006) injiziert und<br />

so auch in den Nachkommen der injizierten Tiere RNAi hervorgerufen. In einigen<br />

Fällen wurde gezeigt, dass der so induzierte embryonale Phänotyp dem einer gene-<br />

tischen Null-Mutation entspricht (Brown et al., 1999b; Bucher et al., 2002; Cerny et<br />

al., 2005).<br />

Wird dsRNA in larvalen Stadien injiziert (Tomoyasu und Denell, 2004), kann da-<br />

durch eine Vielzahl von Prozessen, die mit der Metamorphose in Zusammenhang<br />

stehen, untersucht werden. Dabei lässt sich sowohl die hormonelle Kontrolle der<br />

Metamorphose selbst (Konopova und Jindra, 2007), als auch die Entwicklung adulter<br />

Strukturen beeinflussen (Tomoyasu und Denell, 2004). So können durch RNAi<br />

beispielsweise Defekte in der Entwicklung der adulten Flügel (Tomoyasu et al.,<br />

2005), Beine und Kopfanhänge (Shippy et al., 2009), Augen (Yang et al., 2009) und<br />

auch der Gonaden induziert werden (Trauner und Büning, 2007). Durch Exon-<br />

spezifische larvale RNAi gegen CHS-1 konnte außerdem gezeigt werden, dass sogar<br />

RNAi gegen einzelne Spleißvarianten eines Gens möglich ist (Arakane et al., 2005).<br />

Diese Verfügbarkeit wesentlicher Methoden, die Möglichkeit schneller, einfacher<br />

funktioneller Analysen und die Sequenzierung des Genoms haben dazu beigetragen,<br />

das Spektrum der in Tribolium bearbeiteten Fragestellungen in den letzten Jahren<br />

deutlich zu erweitern. Zu Beginn der molekularen Arbeiten in Tribolium stand<br />

die Analyse von embryonalen Prozessen im Vergleich mit Drosophila im Vorder-<br />

grund, wie z.B. bei der Analyse von Segmentierungs-Genen (Tautz und Sommer,<br />

1995; Brown und Denell, 1996). Neuerdings rückt Tribolium aber immer mehr als<br />

selbstständiges Forschungsobjekt und Modellsystem der Entwicklungsbiologie und<br />

anderer Forschungsbereiche in den Blickpunkt. Interessante Aspekte der Biologie<br />

von Tribolium, wie das Vorhandensein einer sehr großen Zahl von Geruchsrezepto-<br />

ren (Engsontia et al., 2008), die Differenzierung seiner Kutikula (Arakane et al., 2005)<br />

und die Kontrolle seiner ökonomischen Bedeutung als Getreideschädling (Handler<br />

und Beeman, 2003) werden ebenso erforscht, wie insektentypische Aspekte der<br />

133


II. 1. Einleitung<br />

Entwicklung. Dabei sind ganz besonders Prozesse interessant, die in Drosophila<br />

nicht oder nur unzureichend untersucht werden können. So sind z.B. die Mechanis-<br />

men der Segmentierung in Tribolium aufschlussreich, da sich dieser im Vergleich zur<br />

Langkeimentwicklung Drosophilas nach dem als anzestral angesehenen Kurzkeim-<br />

modus entwickelt (Krause, 1939; Sander, 1976; Davis und Patel, 2002). Andere<br />

Aspekte der Tpaufliegenentwicklung, wie die Kopfentwicklung (Jürgens et al., 1986)<br />

oder die Verpuppung, zeigen sehr abgeleitete Merkmale und werden deshalb mitt-<br />

lerweile ebenfalls in Tribolium untersucht (Bate und Martinez Arias, 1993; Konopova<br />

und Jindra, 2007; 2008; Parthasarathy et al., 2008a; Parthasarathy et al., 2008b;<br />

Posnien et al., 2009; Posnien und Bucher, 2009). Noch deutlicher wird die Notwen-<br />

digkeit eines konkurrenzfähigen Insektenmodells beispielsweise im Fall der embryo-<br />

nalen Beinentwicklung: Drosophila-Larven sind apod, d.h. sie bilden keine Beine aus,<br />

deren Entwicklung untersucht werden könnte (Bate und Martinez Arias, 1993). Die<br />

Larven von Tribolium allerdings haben Beine und eignen sich somit auch hier als<br />

alternatives Forschungsobjekt (Prpic et al., 2001; Beermann et al., 2001).<br />

1.2. Die Limitierungen des “candidate gene approach”<br />

134<br />

Die Analyse der Segmentierung und der Embryonalentwicklung von Tribolium,<br />

und anderer Forschungsbereiche, wie z.B. der Oogenese, basierten bisher in der<br />

Regel auf einem Kandidaten-Gen-basierten Ansatz. Dabei wurden und werden<br />

Tribolium-Orthologe zu Genen, die meist aus Drosophila bekannt sind, auf ihre<br />

konservierte oder divergierte Funktion hin untersucht. Dieser Ansatz war vor allem<br />

für die Untersuchung der Tribolium-Segmentierung sehr erfolgreich (Brown und<br />

Denell, 1996; Schröder et al., 2008). Auch die Ausweitung dieser Herangehensweise<br />

auf andere Insektenarten, wie Nasonia vitripennis, Gryllus bimaculatus oder Onco-<br />

peltus fasciatus (Denell und Shippy, 2001; Beukeboom und Desplan, 2003; Mito und<br />

Noji, 2006; Peel, 2008; Rosenberg et al., 2009), führte und führt immer noch zu<br />

weiteren Einblicken dieser Richtung der EvoDevo-Forschung. So erfolgreich dieser<br />

Weg auch ist, und gerade für vergleichende Studien zur Evolution einzelner Gen-<br />

funktionen auch bleiben wird, ihm sind in einigen Bereichen Grenzen gesetzt.<br />

Vor allem für die im vorangegangenen erwähnten aktuellen Forschungsrichtun-<br />

gen, deren Ziele in Drosophila nicht oder nur unzureichend erreicht werden können,<br />

ist der Kandidaten-Gen-Ansatz der letzten Jahre nicht geeignet. Die Untersuchung<br />

solcher Prozesse kann eben nicht auf eine Vielzahl bekannter Drosophila-Gene


II. 1. Einleitung<br />

zurückgreifen. Bereits erwähnt wurden die Kopfentwicklung und die Entwicklung der<br />

larvalen Beine, es lassen sich aber weitere Beispiele finden. So z.B. die Entwicklung<br />

adulter Muskulatur, über die in Drosophila nur wenig bekannt ist (Roy und VijayRag-<br />

havan, 1999). Um solche Prozesse in Tribolium zu untersuchen, benötigt man neue<br />

funktionelle Ansätze, um einen Zugang zu den molekulargenetischen Grundlagen zu<br />

bekommen.<br />

Aber nicht nur bei diesen neuen Forschungsrichtungen kommt der Kandidaten-<br />

genansatz an Grenzen. Auch sehr gut bekannte Prozesse, wie die frühe Embryonal-<br />

entwicklung, sind nicht abschließend durch diese Herangehensweise aufzuklären. Im<br />

ersten Kapitel dieser Arbeit wurde unter anderem deutlich, dass in Tribolium Fakto-<br />

ren an der Etablierung der frühen antero-posterioren Achse beteiligt sein müssen, die<br />

in Drosophila keine Rolle spielen, oder zumindest nicht in diesem Zusammenhang<br />

bekannt sind. So ist beispielsweise noch unklar, wie der Symmetriebruch vermittelt<br />

wird, der zur Ausbildung der embryonalen AP-Achse führt, oder - ein speziellerer Fall<br />

- welche Faktoren die frühe Expression des anterioren Faktors ORTHODENTICLE-1<br />

regulieren. Auch in Zusammenhang mit der Ausbildung der dorso-ventralen Achse<br />

sind einige frühe Mechanismen noch unbekannt. Dabei ist beispielsweise nicht klar,<br />

wie genau in Tribolium die ursprüngliche dorso-ventrale Asymmetrie unter Beteili-<br />

gung des EGF-Signalwegs initiiert, oder wie der an diesem Prozess beteiligte TOLL-<br />

Rezeptor in der weiteren Folge aktiviert wird (Moussian und Roth, 2005; Nunes da<br />

Fonseca et al., 2008; Fonseca et al., 2009).<br />

Auch um diese und ähnliche Fragen zu klären, ist also die unvoreingenommene<br />

Suche nach relevanten Faktoren in Tribolium nötig. Dass es prinzipiell möglich ist,<br />

solche Faktoren zu finden, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit, wo durch alter-<br />

native Ansätze Gene identifiziert wurden, die an der Tribolium-Embryonalentwicklung<br />

beteiligt sind, in Drosophila aber keine feststellbare Rolle erfüllen. Dies gilt beispiels-<br />

weise für den CAUDAL-Repressor mex-3 oder das ungewöhnliche Gap-Gen mille-<br />

pattes (Savard et al., 2006a; Schoppmeier et al., 2009).<br />

Eine letzte Schwäche des Kandidatengenansatzes ist seine Beschränkung auf<br />

bereits bekannte Prozesse. Da dabei Faktoren untersucht werden, die bereits aus<br />

Drosophila (oder auch einer anderen Art) mit einer spezifischen Rolle bekannt sind,<br />

ist es unwahrscheinlich, vollkommen neue und unerwartete Genfunktionen oder<br />

Funktionszusammenhänge zu entdecken. Dies ist nur durch das systematische,<br />

unvoreingenommene Herangehen mittels “forward genetics“ möglich.<br />

135


II. 1. Einleitung<br />

1.3. RNAi-Screens als Alternative zu klassischen genetischen<br />

136<br />

Ansätzen<br />

Seit den genetischen Drosophila-Screens nach embryonal-letalen Phänotypen<br />

der 80er Jahre (zusammengefasst in (Nüsslein-Volhard, 1994) sind solche geneti-<br />

schen Screens in großem Maßstab aus der Entwicklungsbiologie nicht wegzudenken<br />

(Patton und Zon, 2001; Jorgensen und Mango, 2002; St Johnston, 2002; Kile und<br />

Hilton, 2005). Seit einigen Jahren besteht durch RNAi eine Alternative zu diesem<br />

Ansatz, die ebenfalls in genomweitem Maßstab ihre Anwendung findet. In vivo RNAi-<br />

Screens zur Analyse von Genfunktionen wurden vor allem in C. elegans durchge-<br />

führt. Dort wurden Phänotypen der Embryonalentwicklung ebenso wie spätere Pro-<br />

zesse untersucht (Fraser et al., 2000; Gönczy et al., 2000; Sönnichsen et al., 2005).<br />

In Drosophila wurden wegen der fehlenden systemischen RNAi zunächst nur RNAi-<br />

Screens in Zellkultur durchgeführt, um beispielsweise bestimmte Signalwege zu<br />

analysieren, oder neue Genfunktionen für die Zellvitalität oder -morphologie zu<br />

entdecken (Kiger et al., 2003; Boutros et al., 2004; Baeg et al., 2005; DasGupta et<br />

al., 2005). Durch embryonale Injektion von dsRNAs wurde dann ein sehr arbeitsauf-<br />

wändiger Weg beschritten um embryonale RNAi-Phänotypen zu erzeugen (Koizumi<br />

et al., 2007), bis durch die Verfügbarkeit von genomweiten Kollektionen transgener<br />

RNAi-Konstrukte (Dietzl et al., 2007) auch in Drosophila die Möglichkeit entstand in<br />

vivo RNAi-Screens durchzuführen (Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010). Diese<br />

Kollektion repräsentiert allerdings nur 88 % der Drosophila-Gene und die meisten<br />

produzierten Phänotypen scheinen nur hypomorphen Charakter zu haben (Dietzl et<br />

al., 2007).<br />

Durch die Verfügbarkeit des Tribolium-Genoms (Tribolium Genome Sequencing<br />

Consortium, 2008) ist es nun auch in Tribolium möglich, ein groß angelegtes Scree-<br />

ning-Projekt zu verwirklichen und damit die effektive RNAi-Maschinerie dieser Käfer-<br />

art auszunutzen (Bucher et al., 2002; Tomoyasu et al., 2008).<br />

Gerade in Tribolium kommen dabei einige Vorteile von RNAi-Screens im Ver-<br />

gleich zu genetischen Screens zum Tragen. Zunächst ist ein RNAi-Screen im Hin-<br />

blick auf Stammhaltung weniger aufwändig als genetische Screens. Es müssen<br />

keine mutanten Linien auf Dauer gehalten werden, was in Tribolium wegen des<br />

Mangels an Balancer-Chromosomen ein kompliziertes Unterfangen darstellt. Die<br />

Ergebnisse können in einer Datenbank dauerhaft aufbewahrt und der Öffentlichkeit<br />

zur Verfügung gestellt werden


II. 1. Einleitung<br />

Im Vergleich zur Verwendung der transgenen RNAi-Konstrukte in Drosophila<br />

(Dietzl et al., 2007) sind in Tribolium nicht einmal Kreuzungen im Vorfeld nötig, was<br />

die Durchführung zusätzlich vereinfacht.<br />

Nachdem optimierte dsRNAs für jedes annotierte Gen etabliert worden sind,<br />

können auf dieser Grundlage durchgeführte Screens oder Teile davon jederzeit<br />

wiederholt werden. Außerdem können weitere Screens mit anderen Fragestellungen<br />

ebenfalls unter Verwendung dieser dsRNA-Kollektion durchgeführt werden.<br />

Durch die hohe Penetranz der Tribolium-RNAi (Bucher et al., 2002) ist ein RNAi-<br />

Screen auch bei der Auswertung der Phänotypen effizienter. Während aufgrund der<br />

Kreuzungsschemata bei einem klassischen genetischen Screen für embryonale,<br />

zygotische Genfunktionen beispielsweise nur 1/4 der vorhandenen Larven homozy-<br />

got für die Mutation sind (St Johnston, 2002), können in iBeetle im Bestfall nahezu<br />

100 % der Tiere einen Phänotyp zeigen.<br />

Außerdem ermöglicht RNAi die Analyse von Genfunktionen in verschiedenen<br />

Stadien, was wiederum die Effizienz erhöht. Ein gemeinsames Problem aller<br />

Screenansätze ist nämlich, dass bei Pleiotropie, die häufig bei Entwicklungsgenen<br />

auftritt (Miklos und Rubin, 1996), nur der früheste Phänotyp detektiert werden kann<br />

(St Johnston, 2002). Während man versucht diese Schwierigkeit in genetischen<br />

Screens durch die Verwendung klonaler Methoden zu lösen, kann systemische RNAi<br />

einfach in späteren Stadien eingesetzt werden, um somit beispielsweise auch die<br />

Analyse der Prozesse während der Metamorphose systemisch im gesamten Orga-<br />

nismus durchzuführen.<br />

Der systemische Effekt der RNAi erlaubt zudem bei der Untersuchung embryona-<br />

ler Prozesse sowohl die maternalen als auch die zygotischen Anteile einer Genfunk-<br />

tion auszuschalten und so einen vollständigen Funktionsverlust zu erreichen. In<br />

klassischen Drosophila-Screens, die entweder die zygotische oder über klonale<br />

Methoden die maternale Genfunktion untersuchen (Nüsslein-Volhard und Wie-<br />

schaus, 1980; Schüpbach und Wieschaus, 1986), kann es vorkommen, dass der<br />

zygotische Verlust einer Genaktivität durch das Vorhandensein des maternalen<br />

Proteins ganz oder teilweise ausgeglichen wird, wie zum Beispiel im Fall des posteri-<br />

oren CAUDAL-Gradienten (Macdonald und Struhl, 1986).<br />

RNAi führt in der Regel nicht zu gleich starken Defekten in allen untersuchten<br />

Tieren, d.h. als Ergebnis eines Experiments ist in der Regel eine phänotypische<br />

137


II. 1. Einleitung<br />

Serie zu beobachten. Dieses parallele Auftreten von starken und schwächeren<br />

Defekten kann die Detektion von zusätzlichen funktionellen Aspekten ermöglichen.<br />

138<br />

Ein großer Vorteil von RNAi-Screens ist schließlich der Aspekt der reversen Ge-<br />

netik. Das Gen, das einen interessanten Phänotyp verursacht, muss nicht aufwändig<br />

identifiziert, keine Mutation lokalisiert werden. Die Identität der injizierten bzw. ver-<br />

wendeten dsRNAs ist von vornherein bekannt, so dass das betroffene Gen unmittel-<br />

bar weiter untersucht werden kann. Durch die Synthese der benutzten dsRNAs auf<br />

Basis von Expressions- und genomischen Daten verliert auch die Unsicherheit über<br />

die Saturierung des Screens an Bedeutung. Während bei genetischen Screens<br />

wegen der Ungleichverteilung der induzierten Mutationen nur schwer eine definitive<br />

Aussage über die Saturierung gemacht werden kann (Pollock und Larkin, 2004), ist<br />

der begrenzende Faktor von RNAi-Screens vor allem die Qualität der Genomannota-<br />

tion.<br />

Ein RNAi-Screen in Tribolium bietet also beste Vorraussetzungen, um die Ein-<br />

schränkungen des Kandidaten-Gen-Ansatzes zu überwinden und Tribolium als<br />

Modellsystem voranzubringen.


1.4. iBeetle – ein genomweiter RNAi-Screen<br />

II. 1. Einleitung<br />

Wie im vorangegangenen Text bereits erläutert, steht die Forschung in Tribolium<br />

an einem Punkt, an dem die funktionelle Datenbasis aus Drosophila nicht mehr<br />

ausreicht, um Prozesse abschließend aufzuklären und neuen Fragestellungen<br />

nachzugehen. Um diese Einschränkung zu überwinden haben sich mehrere<br />

deutsche Tribolium-Labore unter der Leitung der Sprecher Gregor Bucher<br />

(Göttingen) und Martin Klingler (<strong>Erlangen</strong>) zusammengeschlossen, um einen<br />

genomweiten RNAi-Screen für entwicklungsrelevante Gene zu verwirklichen – den<br />

iBeetle-Screen. Das Konzept und die Ziele dieses Großprojekts, möchte ich im<br />

Folgenden kurz vorstellen.<br />

1.4.1. Das iBeetle Konzept<br />

Im Rahmen des iBeetle-Screens sollen alle Tribolium-Gene durch RNAi auf ihre<br />

Funktion in unterschiedlichen Entwicklungsprozessen untersucht werden. Dabei<br />

verfolgt iBeetle drei übergeordnete Ziele:<br />

1. Es soll eine Basis für funktionelle Studien in neuen Forschungsbereichen ge-<br />

schaffen werden. Für die Analyse von Prozessen, die in Drosophila nicht oder<br />

nur unzureichend bearbeitet wurden, sollen Kandidatengene gefunden wer-<br />

den. Dies trifft für Prozesse zu, die beispielsweise in Drosophila nicht unter-<br />

sucht werden können (z.B. die Entwicklung larvaler Beine, die Entwicklung<br />

von Stinkdrüsen) oder aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht effektiv un-<br />

tersucht werden können (Metamorphose, Kopfentwicklung, die somatische<br />

Stammzellnische im Ovar).<br />

2. Es sollen neue wichtige Entwicklungsgene gefunden werden, die entweder<br />

spezifisch für die Käferentwicklung sind, oder die in Drosophila ihre Funktion<br />

verloren haben, aus technischen Gründen bisher nicht untersucht werden<br />

konnten, oder eventuell sogar nicht mehr vorhanden sind. Solche Kandidaten-<br />

gene werden helfen, Fragen zu beantworten, die trotz intensiver Bearbeitung<br />

in Tribolium und Drosophila noch ungeklärt sind. Beispiele hierfür sind etwa<br />

fehlende Faktoren der antero-posterioren Achsendetermination oder die Seg-<br />

mentierungsmechanismen der posterioren Wachstumszone.<br />

3. Tribolium soll als zweites Modellsystem für genomweite Studien der Insekten-<br />

biologie etabliert werden. Wenn iBeetle durchgeführt worden ist, können die<br />

dabei etablierten Prinzipien für andere Screens mit unterschiedlichen spezifi-<br />

139


II. 1. Einleitung<br />

140<br />

schen Fragestellungen eingesetzt werden. Die Ergebnisse von iBeetle können<br />

auch benutzt werden um bestimmte Klassen von Genen einem solch spezifi-<br />

schen Screen zu unterziehen. Mit iBeetle soll daher auch gezeigt werden,<br />

dass RNAi-Screens in Tribolium für unterschiedliche Prozesse gut durchführ-<br />

bar sind, was Wissenschaftler später auch für Fragestellungen in anderen Ar-<br />

ten nutzen können, in denen diese Themen nicht genomweit oder nur tech-<br />

nisch aufwändig durchzuführen sind.<br />

Um diese Ziele möglichst schnell und effektiv zu erreichen, bietet sich in Triboli-<br />

um die Anwendung der effizienten RNA-Interferenz-Methoden an. iBeetle soll dabei<br />

auf möglichst breiter Ebene von dauerhaftem Nutzen sein und mehrere unterschied-<br />

liche Entwicklungsprozesse umfassen (s. 1.4.3). Dabei wird man sich auf zwei we-<br />

sentliche Entwicklungsstadien - Embryogenese und Metamorphose – konzentrieren,<br />

um alle Tribolium-Gene sowohl auf ihre Funktion in embryonalen Entwicklungspro-<br />

zessen, als auch in postembryonalen Vorgängen während der Metamorphose zu<br />

untersuchen.<br />

Um dieses aufwändige Projekt zu realisieren, haben sich nahezu alle deutschen<br />

Tribolium-Arbeitsgruppen zu einer von der DFG geförderten Forschergruppe zu-<br />

sammengeschlossen. In zwei dreijährigen Förderperioden sollen insgesamt 14<br />

Doktoranden, ein Postdoktorand und zwei technische Angestellte an iBeetle mitarbei-<br />

ten, wobei die erste Phase mit 6 Doktoranden bereits während der Niederschrift<br />

dieser Arbeit genehmigt wurde.<br />

Die Arbeitsgruppenleiter des iBeetle-Konsortiums sind mit jeweils einem eigenen<br />

Projekt an iBeetle beteiligt (1.4.3) und werden anhand der Screenergebnisse einen<br />

bestimmten Entwicklungsprozess untersuchen. Hierbei bedient sich iBeetle eines<br />

neuartigen Konzepts, das sowohl für alle beteiligten Wissenschaftler als auch für das<br />

Gesamtprojekt den schnellstmöglichen Erfolg sichern soll. In der Anfangszeit der<br />

Förderperiode führen zunächst alle beteiligten Doktoranden und der Postdoktorand<br />

gemeinsam die Screen-Arbeit an den beiden Screening-Centern Göttingen und<br />

<strong>Erlangen</strong> durch. Nach Analyse aller zu untersuchenden Gene (in der ersten Förder-<br />

periode ca. 6000) werden die Doktoranden sowie der Postdoktorand in den Arbeits-<br />

gruppen der beteiligten Wissenschaftler aus dem Screen erhaltene Kandidatengene<br />

für den jeweiligen im Forschungsinteresse der Gruppe liegenden Aspekt auswählen<br />

und diese weiter analysieren. So kann der Erfolg des iBeetle-Screens bereits am


II. 1. Einleitung<br />

Ende der ersten Förderperiode durch seinen Einfluss auf die aktuelle Forschung der<br />

beteiligten Arbeitsgruppen gezeigt werden.<br />

Die dafür benötigten doppelsträngigen RNAs werden auf der Basis verbesserter<br />

Genmodelle durch eine PCR-basierte Strategie von der Arbeitsgruppe um Frank<br />

Buchholz am MPI in Dresden hergestellt. Die Methodik, die dort für siRNAs zum<br />

Einsatz in Säugerzellkultur entwickelt wurde, wurde für diese Zwecke angepasst<br />

(Kittler et al., 2005; Kittler et al., 2007). Die Genmodelle für die RNA-Synthesen<br />

werden durch Kombination bereits vorhandener und neu zu erstellender cDNA-<br />

Sequenzen sowie der vorhandenen Genmodelle der Genomannotation<br />

(http://beetlebase.org/) in Zusammenarbeit mit Mario Stanke und Burkhard Morgens-<br />

tern (Abt. f. Bioinformatik, Göttingen) generiert. Diese Kollektion von dsRNAs (iBeet-<br />

le-Library) wird kommerziell zu erwerben sein und wird so die schnelle Durchführung<br />

weiterer Screenprojekte mit spezifischen Fragestellungen ermöglichen.<br />

Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Bioinformatik in Göttingen wird<br />

eine Online-Datenbank für iBeetle entwickelt (iBeetle-Base). Sie soll den Screenern<br />

während der Screening-Phase die direkte Eingabe der Beobachtungen erlauben und<br />

diese durch Vorgabe von Textbausteinen standardisieren. Nach Abschluss des<br />

Screens soll iBeetle-Base öffentlichen Zugriff auf die Ergebnisse ermöglichen und<br />

langfristig eine Genfunktions-zentrierte Datenbank und wichtige Tribolium-Ressource<br />

werden.<br />

1.4.2. „Enhancer trap“-Stämme erlauben die Detektion zusätzlicher<br />

Phänotypen<br />

Um im Verlauf des iBeetle-Screens embryonale und postembryonale Prozesse<br />

zu untersuchen, sollem zwei unterschiedliche RNAi-Methoden zur Anwendung<br />

kommen: Injektionen in weibliche Puppen (parentale RNAi) zur Analyse embryonaler<br />

Defekte in den Nachkommen der injizierten Tiere und Injektionen in weibliche Larven<br />

(larvale RNAi) zur Auswertung von Metamorphose- und Oogenese-Defekten in den<br />

injizierten Tieren selbst.<br />

Für beide Injektionen wird man sich die zusätzliche Information gewebespezifi-<br />

scher GFP-Expression (eines grün-fluoreszierendes Proteins) in „Enhancer-trap“-<br />

Stämmen zu Nutze machen (Abb. 25). Beide verwendeten Stämme tragen als Trans-<br />

formationsmarker ein eGFP-Gen unter der Kontrolle eines 3xP3 Promotors (Horn<br />

und Wimmer, 2000; Lorenzen et al., 2003), der zur Expression des Markers in den<br />

141


II. 1. Einleitung<br />

Augen und im zentralen Nervensystem führt. Die Detektion der Expression wird<br />

durch die Verwendung eines genetischen Hintergrundes mit einer Mutation des<br />

vermillion-Gens vereinfacht, die zu einem Verlust der Augenpigmentierung führt<br />

(Lorenzen et al., 2002). Diese Marker-Expression erlaubt die einfache Feststellung<br />

von Defekten der Augenentwicklung in embryonalen und vor allem in pupalen Sta-<br />

dien. Je nach Integrationsort kann dieses Konstrukt außerdem von benachbarten<br />

endogenen Enhancern aktiviert werden und zu gewebespezifischer Expression<br />

führen.<br />

142<br />

Die pupalen Injektionen werden mit dem Stamm pig19 durchgeführt. Dieser trägt<br />

eine Insertion des Enhancer-Trap-Konstrukts in einem aktin-Gen, was zu eGFP-<br />

Expression im Großteil der Körpermuskulatur der schlupfreifen Larve führt (Lorenzen<br />

et al., 2003; Lorenzen et al., 2007). Ventrale, laterale und dorsale Muskulatur in<br />

Thorax und Abdomen sind ebenso wie die Muskulatur des Kopfes deutlich zu erken-<br />

nen (Abb. 25), und erlauben die Detektion von globalen Defekten dieser Muskel-<br />

gruppen. Auch die Muskulatur der larvalen Beine ist deutlich erkennbar und wird ein<br />

Schwerpunkt der Auswertung sein (Abb. 25, 1.4.3).<br />

Diesem genetischen Hintergrund soll für die Durchführung von iBeetle noch ein<br />

rot-fluoreszierender Marker im gesamten zentralen Nervensystem hinzugefügt wer-<br />

den, der die Detektion von neuralen Defekten erlauben soll.<br />

Für die larvalen Injektionen wird ein Stamm verwendet, der eine nicht lokalisierte<br />

Insertion eines minos-3xP3-eGFP Konstrukts trägt (Pavlopoulos et al., 2004), die zur<br />

GFP-Expression in Teilen der sich entwickelnden Muskulatur des dritten Thorakal-<br />

segments pupaler Stadien führt (mD17, Abb. 25). Dieses metathorakale Muster<br />

entwickelt sich in der Präpuppe und Puppe und bleibt auch in jungen adulten Käfern<br />

noch sichtbar bevor es dann zurückgeht. Die Enhancer-trap-Expression erlaubt somit<br />

die Analyse von Defekten während der Entwicklung der thorakalen adulten Muskula-<br />

tur. Für den iBeetle-Screen soll diesem Stamm noch ein Konstrukt hinzugefügt<br />

werden, das eine Y-chromosomale Insertion eines dominanten Augenpigmentmar-<br />

kers trägt (Lorenzen, nicht veröffentlicht) und so durch die vorhandene Augenfärbung<br />

eine einfache Unterscheidung von männlichen und weiblichen Larven zulässt.


Abb. 25: Für iBeetle verwendete Käferstämme<br />

II. 1. Einleitung<br />

Gezeigt sind Fluoreszenzaufnahmen der eGFP-Expression in dem für die pupalen Injektionen<br />

verwendeten pig19-Stamm (A - E) und dem md17-Stamm, der für larvale Injektionen<br />

verwendet wird (F, G).<br />

Die somatische Muskulatur in Kopf, Thorax und Abdomen einer frisch geschlüpften pig19-<br />

Larve ist in lateraler (A), dorsaler (D) und ventraler Ansicht (E) gut zu erkennen.<br />

Kurz vor dem Schlupf sind vor allem Details der Beinmuskulatur einer noch in der Eihülle<br />

befindlichen Larve in lateraler Ansicht nur schwer zu erkennen (B). Wird die Eihülle durch<br />

mechanische Belastung zum Platzen gebracht, können auch die coxale Muskulatur (cm), die<br />

femorale (fm) und die tibio-tarsale Muskulatur gut ausgewertet werden (C).<br />

In dorsaler Ansicht ist die eGFP-exprimierende metathorakale Muskulatur einer mD17-Puppe<br />

deutlich erkennbar (Pfeilspitze in G), während in ventraler Ansicht vor allem die als Transformationsmarker<br />

dienende Augenexpression sichtbar ist (Pfeilspitze in F).<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />

143


II. 1. Einleitung<br />

1.4.3. Die iBeetle-Einzelprojekte und ihre Themen<br />

144<br />

Alle beteiligten Wissenschaftler haben ein eigenes, aus einer wissenschaftlichen<br />

Fragestellung resultierendes Interesse an der Durchführung des iBeetle-Screens.<br />

Diese einzelnen Projekte definieren einerseits die Detailanalysen von neuen Kandi-<br />

datengenen nach Abschluss der Screeningphase und bestimmen andererseits vor<br />

allem die im Rahmen von iBeetle zu screenenden Prozesse und Merkmale. Nicht alle<br />

Einzelprojekte werden bereits in der ersten Förderungsphase von iBeetle im Detail<br />

bearbeitet. Trotzdem werden natürlich in der Screeningphase der ersten Periode<br />

auch die für diese Projekte wichtigen Merkmale analysiert. Die Themen der Einzel-<br />

projekte lassen sich grob in embryonale und postembryonale Prozesse einordnen.<br />

Embryonalentwicklung:<br />

Zwei Arbeitsgruppen interessieren sich für Prozesse der embryonalen<br />

Kopfentwicklung, die wegen der abgeleiteten Morphologie des internalisierten Kopfes<br />

(Jürgens et al., 1986) in Drosophila nur schwer zu analysieren ist. Gregor Buchers<br />

(Göttingen) Projekt fokussiert sich dabei auf die Entwicklung eines neu postulierten<br />

Kompartiments am anterioren Ende des sich entwickelnden Embryos, des „Anterior<br />

Medium Tissue“ (Bucher, nicht veröffentlicht). Ernst Wimmer (Göttingen) konzentriert<br />

sich in iBeetle auf das genetische Netzwerk, das die Entwicklung des Interkalaren<br />

Segments steuert, und dessen evolutionäre Anpassungen innerhalb der Arthropoden<br />

(Damen et al., 1998; Abzhanov und Kaufman, 1999). Beide Projekte sind vor allem<br />

an Veränderungen des larvalen Kopfborstenmusters interessiert, die Rückschlüsse<br />

auf Veränderungen der Kopfsegmente zulassen. Auch andere morphologische<br />

Veränderungen des larvalen Kopfes könnten von Interesse sein und werden deshalb<br />

ebenfalls dokumentiert.<br />

Siegfried Roth (Köln) und Martin Klingler (<strong>Erlangen</strong>) interessieren sich vor allem<br />

für die Ausbildung der embryonalen Achsen. Siegfried Roth legt dabei seinen<br />

Schwerpunkt auf frühe Prozesse der dorso-ventralen Achsendetermination und die<br />

Aufrechterhaltung dieser Polarität in der posterioren Wachstumszone (Handel et al.,<br />

2005; Nunes da Fonseca et al., 2008), während Martin Klinglers Fokus auf der<br />

Ausbildung der antero-posterioren Achse liegt (Rosenberg et al., 2009). Die Detekti-<br />

on von früh embryonal-letalen Defekten und von charakteristischen Kutikula-<br />

Phänotypen weisen in beiden Fällen auf potentielle Kandidatengene hin. Während


II. 1. Einleitung<br />

von der Morphologie der Kutikula auf einen wahrscheinlichen antero-posterioren oder<br />

dorso-ventralen Phänotyp geschlossen werden kann, müssen früh-embryonale<br />

Defekte (in deren Folge keine Kutikula mehr gebildet wird) zunächst genauer analy-<br />

siert werden um diese Entscheidung treffen zu können. Ein weiteres Projekt Siegfried<br />

Roths beschäftigt sich mit der Entwicklung der extraembryonalen Membranen, deren<br />

Defekte beispielsweise zu invertierten larvalen Kutikulas führen können (van der Zee<br />

et al., 2005; Panfilio, 2008).<br />

Martin Klingler interessiert sich außerdem für die Segmentierung und die Muster-<br />

bildung während der Keimstreifstreckung (Brown und Denell, 1996), wobei Phänoty-<br />

pen mit Deletionen und Transformationen von Segmenten ähnlich denen der Triboli-<br />

um-Gap-Gene im Fokus stehen (z.B. Bucher und Klingler, 2004; Cerny et al., 2005).<br />

Die Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur soll im Rahmen des Projekts von<br />

Manfred Frasch (<strong>Erlangen</strong>) untersucht werden, der einerseits diesen Prozess in<br />

Tribolium entschlüsseln möchte, und andererseits hofft, neue interessante Kandida-<br />

tengene der Muskelentwicklung für die Analyse in Drosophila zu finden (Frasch und<br />

Nguyen, 1999; Ciglar und Furlong, 2009). Somit sind nicht nur Veränderungen der<br />

GFP-markierten Beinmuskulatur, sondern auch globale Defekte der übrigen Musku-<br />

latur von Interesse.<br />

Entwicklung adulter Strukturen<br />

Gregor Bucher interessiert sich außer für die embryonale Entwicklung anteriorer<br />

Kopfstrukturen, auch für ihre Umgestaltung während der Metamorphose. Hierbei sind<br />

potentielle Kandidatengene von besonderem Interesse für die Evolution phänotypi-<br />

scher Divergenz innerhalb der Insekten (Moczek, 2007). Die Grundlage der morpho-<br />

logischen Vielfalt und der Anpassungen von Kopfstrukturen unterschiedlicher Taxa<br />

kann so untersucht werden.<br />

Michael Schoppmeier (<strong>Erlangen</strong>) untersucht die Entwicklung und Funktion des<br />

telotroph-meroistischen Tribolium-Ovars (Trauner und Büning, 2007). dsRNAs die zu<br />

reduzierter Eiproduktion führen, sind für dieses Projekt potentiell interessant. Tritt der<br />

Effekt nach larvaler Injektion auf, könnte auch die Entwicklung des Ovars betroffen<br />

sein, pupale Injektionen sollten dagegen zu Defekten der Oogenese führen (Trauner<br />

und Büning, 2007). Dabei ist besonders die Untersuchung somatischer Stammzellen<br />

der Follikelzellpopulation und die Differenzierung der Follikelzellen von Interesse<br />

(Horne-Badovinac und Bilder, 2005; Kirilly und Xie, 2007). Erstere, da sie in Dro-<br />

145


II. 1. Einleitung<br />

sophila wegen technischer Schwierigkeiten nicht gut zugänglich sind. Deutliche<br />

Veränderungen der Ovar-Morphologie (in der Regel eine Verkleinerung aufgrund des<br />

Verlusts einzelner oder mehrerer Zellpopulationen) werden im Screen erkannt wer-<br />

den, ihre exakte Einordnung muss in einer nachträglichen Analyse erfolgen.<br />

Projekte der zweiten Phase<br />

146<br />

In der zweiten Phase werden weitere Projekte hinzukommen, die sich mit der<br />

Entwicklung adulter Strukturen beschäftigen. So wird Hanh Thi Nguyen (<strong>Erlangen</strong>)<br />

die Entwicklung adulter Muskulatur untersuchen. Wegen der synzytialen Natur der<br />

Muskelzellen ist dies ein Prozess, der in Drosophila nur schwer durch klonale Analy-<br />

sen zu verwirklichen ist. Dies ist jedoch für viele Faktoren notwendig, da viele Ent-<br />

wicklungs-Mutanten wegen Funktionen während der Embryogenese schon früh zu<br />

Letalität führen. Durch RNAi sollten die Mechanismen in Tribolium aber gut zu unter-<br />

suchen sein. Defekte der Muskulatur werden durch die Markergenexpression in der<br />

metathorakalen Muskulatur pupaler Stadien des md17-Stammes detektiert (Abb. 25).<br />

Ernst Wimmer (Göttingen) wird sich in der zweiten Phase von iBeetle mit der<br />

Entwicklung und Funktion der Stinkdrüsen beschäftigen. Drüsen zur Produktion von<br />

Sekreten zur Feindabwehr oder der Kontrolle von Bakterien oder Pilzen finden sich<br />

häufig in Käferarten, aber selten in Dipteren und nicht in Drosophila (Francke und<br />

Dettner, 2005). Die abdominalen Stinkdrüsen sind in den adulten Tieren sichtbar.<br />

Wenn sie aufgrund von Fehlfunktion melanisieren, sind auch die thorakalen Drüsen<br />

leicht zu erkennen (Beeman et al., 1996).<br />

Ein weiterer embryonaler Prozess soll in der zweiten Phase von iBeetle im Rah-<br />

men eines Projekts von Reinhard Schröder (Rostock) untersucht werden. Dabei<br />

stehen die Mechanismen der embryonalen Achsenelongation und die Funktionswei-<br />

se der posterioren Wachstumszone im Fokus. Hier werden vor allem Kutikulaphäno-<br />

typen mit posterioren Verkürzungen ein Hinweis auf potentielle Kandidatengene sein,<br />

die im Hinblick auf die Entstehung und Verwirklichung der unterschiedlichen Emb-<br />

ryogenesetypen (Lang- und Kurzkeim) der Insekten von besonderem Interesse sind.<br />

Weitere interessante Prozesse<br />

Einige wichtige Entwicklungsprozesse werden innerhalb des iBeetle-Konsortium<br />

von keiner spezifischen Arbeitsgruppe untersucht, werden aber wegen ihrer Bedeu-<br />

tung für die Tribolium-Entwicklung im Rahmen des Screens trotzdem analysiert.<br />

Diese zusätzlichen Themenschwerpunkte erfordern dabei keine weiteren Auswer-


II. 1. Einleitung<br />

tungen sondern werden im Rahmen der anderen Untersuchungen mit gescreent. Zu<br />

nennen sind hier die Steuerung der Metamorphose, die Entwicklung der adulten<br />

Beine und anderer Extremitäten (v.a. der Flügel) und die Entwicklung der larvalen<br />

Beine.<br />

Somit ergeben sich insgesamt 18 unterschiedliche Prozesse, die im Rahmen von<br />

iBeetle untersucht werden: Etablierung der antero-posterioren und dorso-ventralen<br />

Achse, Entwicklung extraembryonaler Membranen, Segmentierung, Achsen Elonga-<br />

tion und Wachstumszonenfunktion, embryonale Beinentwicklung, embryonale Kopf-<br />

entwicklung, Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur, Muskelentwicklung, Spezifi-<br />

zierung des Interkalaren Segments, Oogenese, Ovariogenese, Metamorphose-<br />

Kontrolle, Entwicklung des adulten Kopfs, der adulten Beine und anderer adulter<br />

Extremitäten, Stink-Drüsen Biologie, Entwicklung der adulten Thoraxmuskulatur.<br />

147


II. 1. Einleitung<br />

1.5. Ziele des zweiten Kapitels dieser Arbeit<br />

148<br />

Im Rahmen der Weiterentwicklung von Tribolium als Modellsystem der Insekten-<br />

biologie stoßen die beteiligten Wissenschaftler immer häufiger auf Fragen, die durch<br />

die Untersuchung von Orthologen zu Drosophila Genen nicht mehr zu beantworten<br />

sind. Um diese Einschränkungen zu überwinden, haben deutsche Tribolium-<br />

Wissenschaftler die Idee eines genomweiten RNAi-Screens entwickelt, der auf<br />

möglichst breiter Ebene die Funktion aller Tribolium-Gene für unterschiedliche Ent-<br />

wicklungsprozesse untersuchen soll.<br />

Ziel dieser Arbeit war, die Durchführbarkeit eines solchen RNAi-Screens zu prü-<br />

fen, ein mögliches Prozedere zu entwickeln und dieses im Rahmen eines Pilot-<br />

Screens zu testen. Dabei sollte geklärt werden, ob das Vorhaben mit der angestreb-<br />

ten thematischen Breite innerhalb der personellen und zeitlichen Rahmenbedingun-<br />

gen durchführbar ist.<br />

Zu diesem Zweck mussten die einzelnen Arbeitsschritte und Auswertungsmetho-<br />

den entwickelt bzw. angepasst werden. Hierbei sollte untersucht werden, ob die<br />

Verwendung der ausgewählten Marker-Expressions-Stämme („Enhancer-traps“)<br />

möglich und sinnvoll ist, und ob für alle zu untersuchenden Prozesse geeignete<br />

Analysemethoden gefunden werden können. Eine wichtige Frage war dabei, ob<br />

diese Methoden und die Durchführung zweier unabhängiger Injektionen im Groß-<br />

Maßstab realisierbar sind, um somit die Analyse embryonaler und postembryonaler<br />

Prozesse zu erlauben.<br />

Auf Basis dieser Vorarbeiten sollte ein Protokoll für die Durchführung des iBeetle-<br />

Screens entworfen werden, das die Durchführung mit mehreren Personen gleichzei-<br />

tig erlaubt. Dabei war es wichtig zu klären, ob die Untersuchung aller Tribolium-Gene<br />

mit dem angestrebten Personalaufwand in der vorgebenen Zeitspanne erreichbar ist.<br />

Schließlich sollte durch die Überprüfung dieses Protokolls im Rahmen eines Pi-<br />

lotscreens gezeigt werden, dass alle Analysemethoden geeignet sind, die zu unter-<br />

suchenden Defekte verlässlich zu detektieren. Mögliche Schwierigkeiten und Prob-<br />

leme könnten so im Vorfeld des Hauptscreens erkannt und gelöst werden. Die De-<br />

tektion neuer, bisher unbekannter Genfunktionen unterstreicht dabei die Effektivität<br />

der erarbeiteten Methodik.


2. Ergebnisse<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

2.1. Wie kann ein genomweiter RNAi-Screen verwirklicht werden?<br />

Die Durchführung eines genomweiten Projekts mit den Dimensionen des iBeetle-<br />

Screens erfordert eine sehr ausführliche und sorgfältige Planung, die sicherstellt,<br />

dass alle gesetzten Ziele auch in der angestrebten Zeitspanne erreichbar sind. Das<br />

iBeetle-Konzept sieht vor, dass während des Screens 18 unterschiedliche Ent-<br />

wicklungs-Prozesse untersucht werden sollen (s. 1.4.3).<br />

Für die Planung der praktischen Durchführung im Rahmen der hier vorliegenden<br />

Arbeit ergaben sich daraus drei grundsätzliche Fragestellungen:<br />

1. Ist die Analyse der zu untersuchenden Prozesse im Rahmen eines RNAi-<br />

Screens möglich?<br />

2. Wie können die dafür nötigen Untersuchungen durchgeführt und miteinander<br />

verknüpft werden?<br />

3. Ist die Durchführung in einem sinnvollen zeitlichen, personellen und finanziel-<br />

len Rahmen realisierbar?<br />

Zur Beantwortung dieser Fragen musste also zunächst eine Methodik entwickelt<br />

werden, die die Analyse der 18 Prozesse auf effiziente Art und Weise erlaubt, um<br />

diese dann im Praxistest auf den Prüfstand zu stellen. Dabei sollen zwar möglichst<br />

alle Prozesse untersucht werden, es stellt sich jedoch immer die Frage der Wirt-<br />

schaftlichkeit. Einzelne Untersuchungen sollen einfach und schnell durchführbar sein<br />

und idealerweise in einem Schritt mehrere Aspekte untersuchen. Einzelne Prozesse<br />

können nur untersucht werden, wenn ihre Analyse nicht zu aufwändig ist und so die<br />

Durchführung des Screens erschwert.<br />

2.1.1. Die Analyse vieler unterschiedlicher Prozesse erfordert zwei<br />

parallele Screen-Ansätze und exakt definierte Zeitintervalle<br />

Bereits während der Entwicklungsphase wurde klar, dass zur Durchführung von<br />

iBeetle zumindest zwei voneinander unabhängige dsRNA-Injektionen nötig würden:<br />

die Injektion von dsRNA in weibliche Puppen, zur Analyse embryonaler Effekte in<br />

den Nachkommen der injizierten Tiere (Bucher et al., 2002) und larvale Injektionen<br />

zur Untersuchung von postembryonalen Prozessen in den injizierten Tiere selbst<br />

(Tomoyasu und Denell, 2004). Durch die pupalen Injektionen sollen diverse embryo-<br />

149


II. 2. Ergebnisse<br />

nale Musterbildungsprozesse (Achsenbildung, Segmentierung, Kopf- und Beinent-<br />

wicklung usw.) anhand von Kutikulapräparationen, die Entwicklung der Muskulatur in<br />

lebenden Embryonen sowie die Eiproduktion und eventuelle Oogenese-Defekte<br />

untersucht werden. Nach den larvalen Injektionen hingegen liegt das Augenmerk auf<br />

der Untersuchung von unterschiedlichen Prozessen während der Metamorphose, der<br />

Entwicklung des Ovars sowie der Stinkdrüsen.<br />

150<br />

Es ist nicht möglich diese beiden Komplexe zur Vereinfachung des Screens<br />

durch einen einzigen Ansatz abzudecken. Pupale Injektion eignet sich zwar sehr gut<br />

zur Analyse der Embryonalentwicklung in den Nachkommen der injizierten Tiere, die<br />

Dauer des RNAi-Effekts (Bucher et al., 2002) reicht aber sicher nicht aus, um auch<br />

einen Effekt auf die Metamorphose der Nachkommen zu entfalten. Außerdem ver-<br />

hindern Defekte während der Embryogenese die Auswertung möglicher Effekte auf<br />

spätere Prozesse. Um Vorgänge während der Metamorphose zu untersuchen muss<br />

also larval injiziert werden. Diese Injektionen eignen sich wiederum nicht für die<br />

zusätzliche Analyse der Embryonalentwicklung. Der zeitliche Abstand zwischen<br />

Injektion und der Geschlechtsreife der injizierten Tiere ist hier zu groß um noch RNA-<br />

Interferenz optimaler Effizienz zu induzieren.<br />

Um eine ökonomische Durchführung des Screens zu gewährleisten, muss die<br />

Anzahl der Injektionen pro Gen auf diese beiden beschränkt werden, wobei aber<br />

dennoch alle relevanten Prozesse untersucht werden sollen. Somit ist es nötig aus<br />

einer Injektion möglichst viel Information zu erhalten, also mehrere Analysen mit den<br />

gleichen Tieren durchzuführen. Ebenso muss vorsichtig abgewogen werden, ob der<br />

praktische Aufwand der Analyse eines Prozesses vertretbar ist und in sinnvollem<br />

Verhältnis zum Nutzen, also dem erwarteten Kenntnisgewinn steht.<br />

Auf dieser Grundlage habe ich zunächst ein Konzept für die Durchführung des<br />

Screens erstellt (Abb. 26). Hierfür wurden beide Injektionen mit den darauf folgenden<br />

Auswertungen als voneinander unabhängige Experimente betrachtet. Um die Analy-<br />

se aller zu untersuchenden Prozesse zu erlauben, müssen während des pupalen<br />

Screen-Teils zumindest vier, und in der Folge der larvalen Injektionen fünf Auswer-<br />

tungsschritte erfolgen (eine genauere Beschreibung dieser Schritte folgt). Diese<br />

umfassen im pupalen Screenteil die Begutachtung der injizierten Tiere (Kontrolle des<br />

Injektionserfolgs und potentielle Metamorphosedefekte), die Anfertigung von Kutiku-<br />

lapräparaten und Präparaten der larvalen Muskulatur (embryonale Defekte) und die<br />

Auswertung der Legeleistung (Defekte der Oogenese). Nach den larvalen Injektionen


II. 2. Ergebnisse<br />

werden Defekte die während der Metamorphose auftreten in pupalen und adulten<br />

Stadien kontrolliert und der korrekte Ablauf der Metamorphose (Kontrolle der Imagi-<br />

nalhäutung) untersucht. Zudem werden die Legeleistung (Defekte der Ovarent-<br />

wicklung) und schließlich die thorakalen und abdominalen Stinkdrüsen überprüft.<br />

Abb. 26: Überblick über den iBeetle-Screening Ablauf<br />

Gezeigt ist der schematische Ablauf der pupalen (oben) und der larvalen Injektionen im<br />

Rahmen von iBeetle (rote Kästen) und die zu den einzelnen Zeitpunkten (- dX -) detektierbaren<br />

Phänotypen (grüne Kästen). Potentielle Metamorphose-Phänotypen beziehen sich im<br />

pupalen Screen-Teil auf Defekte der Metamorphosekontrolle. Im larvalen Screen-Teil hingegen<br />

bedeuten Metamorphose-Phänotypen I Defekte der Morpho- und Organogenese sowie<br />

Defekte der Metamorphose-Kontrolle, Metamorphosephänotypen II wiederum nur Defekte<br />

der Metamorphosekontrolle. Auch die morphologischen Phänotypen im larvalen Screen-Teil<br />

beziehen sich auf Defekte der Prozesse die während der Metamorphose ablaufen. Embryonale<br />

Phänotypen werden anhand von Kutikulapräparaten analysiert und umfassen Defekte<br />

der Achsendetermination, der Segmentierung, der Kopf- und der Beinentwicklung. Embryonale<br />

Muskelphänotypen werden mit Hilfe des Muskel-Enhancer-Traps untersucht. Oogenese-<br />

und Ovariogenese werden anhand der Ovarmorphologie von Tieren mit schlechter<br />

Legeleistung klassifiziert. Die Defekte der Stinkdrüsen sind schließlich durch eine einfache<br />

äußere Inspektion der Tiere erkennbar.<br />

!!: Weibchen, "": Männchen, d: Tag, pig19: Stamm mit Enhancertrap der larvalen Muskulatur, SB:<br />

San Bernardino-Stamm, mD17: Stamm mit Enhancertrap der pupalen und jung-adulten thorakalen<br />

Muskulatur<br />

151


II. 2. Ergebnisse<br />

152<br />

Im nächsten Schritt wurden die für die Injektionen und Analysen notwendigen<br />

Methoden für die Durchführung im Großmaßstab getestet und angepasst. Dabei<br />

wurde beispielsweise der Ablauf der Injektionen etabliert und verschiedene Präpara-<br />

tionsmethoden für Kutikula- und Muskelpräparate zur Analyse der Embryonalent-<br />

wicklung miteinander verglichen. Die Auswertung der adulten und pupalen Morpho-<br />

logie wurden auf ihre Durchführbarkeit getestet. Hierbei mussten auch die zur Ver-<br />

wendung kommenden Käferstämme auf ihre Eignung hin geprüft und die Auswer-<br />

tungsschritte auf die Analyse der jeweiligen „Enhancer trap“-Expression ausgerichtet<br />

werden. Von besonderer Wichtigkeit war außerdem die Bestimmung eines sinnvollen<br />

zeitlichen Ablaufs und der nötigen und optimalen Inkubationszeiten.<br />

Durch diese Tests und Vorversuche konnte ich ein detailliertes Protokoll zur<br />

Durchführung der Injektionen und der nachfolgenden Auswertungsschritte erstellen<br />

(siehe folgenden Text und 4.2). Es ermöglicht die Analyse aller zu untersuchenden<br />

Prozesse mit zwei Injektionen pro Gen innerhalb weniger Wochen. Bei der Durchfüh-<br />

rung des Pilot-Screens (2.2, 2.3) wurde dieses Protokoll getestet und erwies sich als<br />

praktikabel und effizient.<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Arbeitsschritte des Screenablaufs vorge-<br />

stellt, erläutert und auf wichtige Prinzipien des Screening-Ablaufs hingewiesen. Im<br />

Anschluss daran werde ich die praktische Umsetzung dieses Protokolls im tatsächli-<br />

chen Screening-Betrieb darlegen (2.1.2). Schließlich werden die Ergebnisse der<br />

Durchführung des Pilotscreens, also dem Praxistest der Methodik, präsentiert (2.2<br />

und 2.3).<br />

Die vorgestellten Arbeitsschritte gelten für die Durchführung des Pilot- und des<br />

Hauptscreens (sofern nicht anders angegeben) und sollen einen Überblick über den<br />

Ablauf und die nötigen Arbeiten vermitteln. Eine Beschreibung der genauen methodi-<br />

schen Durchführung findet sich im Abschnitt „Material und Methoden“ (4.2). Bei<br />

jedem Arbeitsschritt werden Beobachtungen, Befunde und Ergebnisse protokolliert<br />

und gegebenenfalls dokumentiert. Für die Auswertungen werden vor allem ein Prä-<br />

parationsbinokular (für einige Arbeitsschritte mit Fluoreszenzlampe) und ein Fluores-<br />

zenzmikroskop benötigt. Tiere die einen interessanten Phänotyp zeigen, werden<br />

zumindest teilweise fixiert und archiviert. Im Rahmen des iBeetle-Screens wird die<br />

<strong>Dokument</strong>ation direkt in eine Online-Datenbank (iBeetle-Base) eingetragen, die


II. 2. Ergebnisse<br />

durch vorgefertigte Textbausteine bzw. Auswahlmenüs die Vergleichbarkeit der<br />

Ergebnisse der unterschiedlichen am Screen beteiligten Personen gewährleistet.<br />

Pupale Injektionen:<br />

Injektion, Tag 0:<br />

Pro dsRNA werden acht weibliche Puppen des pig19-Stamms (s. 1.3; Lorenzen<br />

et al., 2003) injiziert, und diese dann mit vier adulten Männchen verpaart. Die Zugabe<br />

adulter Männchen stellt kein Problem in Hinsicht auf Kannibalismus dar (nicht ge-<br />

zeigt; (Sokoloff, 1972). Die Tiere werden in einem Multiwellsystem gehalten, das für<br />

die Haltung von Tribolium-Mutanten entwickelt wurde (Berghammer et al., 1999a).<br />

Die Injektion von acht Puppen ist wegen der sehr guten Überlebensquoten der<br />

pupalen RNAi ausreichend um später genügend Embryonen zur Auswertung zu<br />

erhalten.<br />

Pupale Analyse, Tag 3:<br />

Der Erfolg der Injektionen wird kontrolliert. Nachdem zum Zeitpunkt der Injektion<br />

schon der Großteil des ca. 5,5 Tage dauernden Puppenstadiums vorüber ist (bei<br />

30°C; (Sokoloff, 1972), sind nun die überlebenden Tiere bereits geschlüpft. Es be-<br />

steht die Möglichkeit, dass manche Injektionen bereits während des Puppenstadiums<br />

zum Tod der injizierten Tiere führen, wobei die Ursache eine essentielle, allgemeine<br />

Genfunktion oder eine Rolle für die Metamorphose sein könnte. Diese Unterschei-<br />

dung ist in aller Regel nicht anhand der Morphologie zu treffen, weswegen diese<br />

Effekte nur als potentieller Defekt der Metamorphose festgehalten werden können.<br />

Erste Ablage, Tag 9:<br />

Der Beginn der Eiablage unterliegt individueller Variabilität, erfolgt bei 30 °C aber<br />

in der Regel vier Tage nach Schlupf (Sokoloff, 1972). Die Tiere hatten also ausrei-<br />

chend Zeit die Imaginalhäutung zu durchlaufen und geschlechtsreif zu werden,<br />

keines der bereits abgelegten Eier wird aber die Embryonalentwicklung vollständig<br />

durchlaufen haben. So werden keine bereits geschlüpften Larven beim Absieben<br />

verloren. Alle innerhalb der ersten Lebenstage abgelegten Eier werden in der ersten<br />

Ablage aufgefangen und durch Kutikulapräparate ausgewertet (Tag 13). Die Eier<br />

werden in geeigneten Sieben (s. 4.2.2; Berghammer et al., 1999a) noch vier Tage<br />

153


II. 2. Ergebnisse<br />

bei 30°C inkubiert, um sicherzustellen, dass allen Embryonen genug Zeit gegeben<br />

wird, sich bis zur Schlupfreife zu entwickeln und eine Kutikula auszubilden.<br />

Zweite Ablage, Tag 11:<br />

154<br />

Nach zwei Tagen ist die Eimenge ausreichend um die Auswertung der Muskula-<br />

tur zu erlauben und der Entwicklungsabstand der Embryonen innerhalb der Ablage<br />

dennoch nicht zu groß. Diese Eier werden wiederum bei 30°C inkubiert, und nach<br />

drei Tagen anhand der Enhancer-trap-Expression auf Defekte der Muskulatur unter-<br />

sucht (Tag 14).<br />

Die Eimenge der Gelege wird im Vergleich zu Gelegen uninjizierter Tiere bzw.<br />

der Gelege untereinander abgeschätzt und festgehalten. Dabei muss die Zahl der<br />

lebenden Tiere pro Well mit beachtet werden. Im Fall reduzierter Eizahl werden die<br />

Ovare von vier der injizierten Tiere präpariert und das Ergebnis dokumentiert. Wäh-<br />

rend des Pilot-Screens wurden die Ovare für eine spätere <strong>Dokument</strong>ation am Fluo-<br />

reszenzmikroskop fixiert und gefärbt.<br />

Kutikulapräparate, Tag 13:<br />

Die Embryonalentwicklung der ersten Ablage (ca. 3,5 Tage; Sokoloff, 1972), soll-<br />

te abgeschlossen sein. Die an Tag 9 verwendeten Siebe erlauben geschlüpften<br />

Larven durch das Sieb zu kriechen, wo sie aufgefangen werden. Die relative Menge<br />

der geschlüpften Larven wird festgehalten, die zurückbleibenden Eier mit nicht-<br />

geschlüpften Embryonen als Kutikulapräparate eingebettet und über Nacht inkubiert<br />

(Bucher et al., 2002). Es verbleiben nur embryonal letale Phänotypen im Präparat,<br />

wodurch die Auswertung vereinfacht wird. Die Präparation erlaubt die genaue Analy-<br />

se kutikulärer Strukturen durch Fluoreszenz- oder Dunkelfeldmikroskopie und die<br />

Lagerung der Präparate bis zur Auswertung oder der Reanalyse einzelner Aspekte.<br />

Die Auswertung der Präparate richtet ihr Augenmerk auf diverse embryonale Pro-<br />

zesse. Eine hohe Zahl an Eiern ohne Kutikula zeigt Effekte auf die Befruchtung oder<br />

früh-embryonale Letalität an, die in Zusammenhang mit der frühen Achsenbildung<br />

stehen könnte. Die Morphologie der Kutikula gibt unter anderem Hinweise auf Defek-<br />

te während der Achsenbildung, der Entwicklung der extraembryonalen Membranen,<br />

der Segmentierung, der Kopfentwicklung und der Beinentwicklung (s. 1.3).


Muskelpräparate, Tag 14:<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Nach drei Tagen bei 30 °C ist der Großteil der Larven der zweitägigen zweiten<br />

Ablage frisch geschlüpft oder kurz vor dem Schlupf. In diesem Fall werden ge-<br />

schlüpfte und nicht geschlüpfte Larven eingebettet und das Muster der pig19-<br />

Enhancer-Trap-Expression in der Muskulatur der Larven analysiert. Subtilere Mus-<br />

keldefekte, z.B. der Beinmuskulatur sind möglicherweise nicht letal, weswegen alle<br />

Tiere untersucht werden. Hierbei ist wichtig, nicht zu viel von der 72-stündigen Inku-<br />

bation abzuweichen, da sich die Expression des Muskel-Enhancer-Traps der pig19-<br />

Linie erst spät in der Embryonalentwicklung ausbildet, sich dieses Muster aber in<br />

toten Embryonen schnell auflöst. Eine zu frühe oder zu späte Präparation erlaubt<br />

also keine sinnvolle Auswertung mehr. Eine Abweichung von 12 Stunden erwies sich<br />

hierbei bereits als zu groß.<br />

Die Analyse der Enhancer-Trap-markierten Muskulatur erlaubt die Erfassung von<br />

Defekten der Körper- oder der Beinmuskulatur, die protokolliert und dokumentiert<br />

werden. Außerdem ist bei diesen Präparaten, im Gegensatz zur Kutikulapräparation,<br />

bei der alle nicht-kutikulären Gewebe aufgelöst werden, die Unterscheidung zwi-<br />

schen unbefruchteten bzw. unentwickelten Embryonen und embryonaler Letalität in<br />

Keimstreifstadien möglich. Durch Fluoreszenz- oder Nomarski-Mikroskopie frischer<br />

Präparate kann embryonales Gewebe noch vor der Sezernierung von Kutikula er-<br />

kannt, und somit starke Defekte der Achsenbildung oder der Segmentierung detek-<br />

tiert werden.<br />

Während des iBeetle-Screens soll ein zusätzlicher Fluoreszenzmarker des Ner-<br />

vensystems die Detektion neuronaler Phänotypen erlauben.<br />

Larvale Injektionen:<br />

Injektion, Tag 0:<br />

Während des Pilot-Screens wurden 16 bzw. 20 Larven im sechsten (vorletzten)<br />

Larvenstadium des mD17-Stammes (Sokoloff, 1972; Pavlopoulos et al., 2004) inji-<br />

ziert. Im iBeetle-Screen wird ein zusätzlicher Y-Chromosom-gekoppelter Augenmar-<br />

ker die Geschlechtertrennung der Larven erlauben, weswegen dann die Injektion von<br />

8 - 10 weiblichen Larven ausreichend sein wird.<br />

155


II. 2. Ergebnisse<br />

1999a)<br />

156<br />

Auch die Larven werden in ein Multiwellsystem transferiert (Berghammer et al.,<br />

Analyse der pupalen Morphologie und Verpaarung, Tag 11:<br />

Die injizierten Tiere befinden sich jetzt im pupalen Stadium. Die Zahl der überle-<br />

benden und toten Tiere wird dokumentiert. Eine hohe Zahl toter Larven weist entwe-<br />

der auf eine allgemein wichtige Genfunktion oder möglicherweise auf einen Defekt<br />

der Larvalhäutung hin, was aber nicht eindeutig unterscheidbar ist. Das Auftreten von<br />

lebenden L7-Larven, größeren Larvenstadien oder kleineren Puppenstadien weist<br />

auf eine Funktion in der Metamorphosekontrolle hin, ebenso wie das Vorhandensein<br />

toter Präpuppen oder unvollständig verpuppter Tiere.<br />

Die Morphologie der Puppen und das Enhancer-Trap-Muster im dritten Thorakal-<br />

segment wird auf Defekte untersucht um Phänotypen der Kopfentwicklung, der<br />

Extremitätenentwicklung, der Entwicklung der thorakalen Muskulatur und der sonsti-<br />

gen Puppenmorphologie zu detektieren. Für die sinnvolle Auswertung des Muskel-<br />

musters ist der richtige Zeitpunkt wichtig, da das Muster sich erst im Laufe des<br />

Puppenstadiums entwickelt. In frisch geschlüpften Imagines ist das Muster durch die<br />

vorerst noch helle Kutikula zwar gut sichtbar, die Motilität der Käfer und das enge<br />

Zeitfenster bis zur vollständigen Färbung der Kutikula machen aber die Analyse der<br />

Puppenstadien einfacher und deutlich schneller.<br />

Die Tiere werden wiederum mit Männchen des SB- bzw. des black-Stamms ver-<br />

paart, diesmal aber als Einzelverpaarungen mit jeweils zwei Männchen. Dies erleich-<br />

tert später die zeitsparende Identifizierung einzelner Weibchen mit verminderter<br />

Legeleistung, was bei der pupalen Injektion wegen der Notwendigkeit möglichst<br />

großer Gelege mehrerer Weibchen nicht möglich ist.<br />

Kontrolle der pupal-adult-Häutung, Start der Eiablage (Tag 20 - 23)<br />

Falls eine hohe Zahl an injizierten Tieren während der Imaginalhäutung stirbt,<br />

was auf Fehler der Metamorphose-Kontrolle hinweist, werden diese analysiert und<br />

dokumentiert. Außerdem wird eine Eiablage der nun geschlechtsreifen Tiere für die<br />

spätere Auswertung begonnen. Diese Synchronisierung der Ablagen ist nötig, um<br />

den späteren quantitativen Vergleich zu erlauben.<br />

Dieser Arbeitsschritt kann nach ca. 20 bis 23 Tagen stattfinden, da hier kein ex-<br />

akter Zeitabstand zum vorherigen Arbeitsschritt nötig ist.


II. 2. Ergebnisse<br />

Analyse der Adultmorphologie und eventueller Ovariogenesedefekte (Tag 23 – 26)<br />

Die Morphologie der adulten Tiere wird untersucht und somit Defekte der Kopf,<br />

Extremitäten- und Kutikulaentwicklung detektiert. Diese traten entweder spät wäh-<br />

rend der Metamorphose auf und/oder waren zu subtil um bei der Analyse der Pup-<br />

penmorphologie erkannt zu werden. Zusätzlich können eventuell auftretende Verhal-<br />

tensauffälligkeiten z.B. der Fortbewegung zu diesem Zeitpunkt festgestellt werden.<br />

Wiederum wird die Eimenge im Vergleich zu Gelegen uninjizierter Tiere abge-<br />

schätzt. Die Eiablage soll in diesem Fall drei Tage andauern, um eine ausreichende<br />

Eimenge der Einzelverpaarungen sicherzustellen und eventuelle Schwankungen zu<br />

Beginn der Ablage zu nivellieren. Im Fall reduzierter Legeleistung bei mehreren<br />

Gelegen einer Injektion werden die betroffenen Tiere auf ihren Ovarphänotyp hin<br />

untersucht. Potentielle Phänotypen werden dokumentiert, wobei diese nun auf De-<br />

fekte der Entwicklung des Ovars selbst hinweisen können. Wieder wurden die Ovare<br />

während des Pilot-Screens für eine spätere <strong>Dokument</strong>ation am Fluoreszenzmikro-<br />

skop fixiert und gefärbt.<br />

Analyse der Stinkdrüsen (6 – 8 Wochen nach Injektion)<br />

Die adulten Tiere werden auf das Vorhandensein melanotischer bzw. das Fehlen<br />

von Stinkdrüsen hin untersucht. Gefundene Phänotypen werden dokumentiert. Hier<br />

muss der Zeitabstand ausreichend lange gewählt werden, damit sich Defekte der<br />

Stinkdrüsen gut erkennbar manifestieren können.<br />

Der hier dargestellte Ablauf ermöglicht die Untersuchung embryonaler und post-<br />

embryonaler Prozesse mit nur zwei Injektionen pro dsRNA innerhalb weniger Wo-<br />

chen und berücksichtigt die für die jeweiligen Analysen notwendigen Zeitabstände.<br />

Die Durchführung aller Arbeitsschritte die jeweils im Rahmen des Screeningteils mit<br />

larvaler bzw. mit pupaler Injektionen nötig sind, nenne ich im folgenden Text einen<br />

Durchgang des larvalen bzw. des pupalen Screens.<br />

2.1.2. Arbeitsteilung und unterschiedliche Arbeitspläne erlauben opti-<br />

male Ressourcennutzung und hohen Durchsatz<br />

Die im vorigen Abschnitt vorgestellten Arbeitsschritte der larvalen und pupalen In-<br />

jektionen des iBeetle-Screens müssen im tatsächlichen Screening-Betrieb insgesamt<br />

tausende Male ablaufen. Um dies zu ermöglichen ist es nötig diese Abläufe mög-<br />

157


II. 2. Ergebnisse<br />

lichst effektiv zu gestalten und sinnvolle Arbeitsteilung zu realisieren. Die Injektionen<br />

und die darauf folgenden Auswertungen sollen in jeder der beiden Phasen des<br />

iBeetle-Screens von je vier Doktoranden bzw. Postdocs an den Screening-Centern<br />

Göttingen und <strong>Erlangen</strong> durchgeführt werden. Außerdem werden die Screener von je<br />

einer/einem technischen Assistenten und studentischen Hilfskräften unterstützt. Die<br />

Arbeitsschritte dieser vier Screener müssen an den Screening-Centern so koordiniert<br />

werden, dass: 1. während der Arbeit die höchstmöglichen Qualitätsstandards erreicht<br />

werden. 2. möglichst viele Gene gescreent werden können, und 3. die Infrastruktur<br />

der Screening-Center möglichst gut genutzt wird.<br />

158<br />

Die Grundlagen für das Erreichen dieser Ziele stellen die im vorherigen Abschnitt<br />

beschriebenen Arbeitsabläufe dar. Wie diese in die Praxis umgesetzt werden kön-<br />

nen, wurde durch Vorexperimente getestet und während der Durchführung des Pilot-<br />

Screens verfeinert.<br />

Um den Screenern eine möglichst hohe Routine für die Durchführung der Injekti-<br />

onen und vor allem der Auswertungen und damit für das Erkennen und die Interpre-<br />

tation interessanter Phänotypen zu ermöglichen, ist es sinnvoll, dass jeder Screener<br />

nur pupale oder larvale Injektionen mit den nachfolgenden Auswertungen durchführt.<br />

Die Zahl der in einem Durchgang injizierbaren dsRNAs wird dabei sowohl durch den<br />

Zeitaufwand der Injektion selbst, als auch durch die nötige Zeit nachfolgender Ar-<br />

beitsschritte begrenzt, da einige Auswertungen nicht auf mehrere Tage aufgeteilt<br />

werden können. Die begrenzenden Schritte des pupalen Screens sind die Injektion<br />

und die Auswertung der Lebendpräparate auf Muskeldefekte, die des larvalen<br />

Screens vor allem die Injektion und die Begutachtung der pupalen Morphologie.<br />

Anhand des in Vorexperimenten und dem Pilotscreen ermittelten Zeitaufwands der<br />

einzelnen Arbeitsschritte (s. Anhang) konnten Zeitpläne für die Durchführung des<br />

iBeetle-Screens erstellt werden (Abb. 27, Abb. 28, Abb. 29). Hierbei muss zunächst<br />

beachtet werden, dass sich die einzelnen Arbeitsschritte aufeinanderfolgender<br />

Durchgänge eines Screeners nicht überschneiden und trotzdem einen kontinuierli-<br />

chen Arbeitsablauf erlauben. Außerdem muss vermieden werden dass sich die<br />

Auswertungsphasen der beiden Screener die jeweils am pupalen oder larvalen<br />

Screen arbeiten überlappen. Die Auswertungen im Rahmen des pupalen Screens<br />

finden vor allem am Fluoreszenzmikroskop, die des larvalen Screens am hochver-<br />

größernden Fluoreszenz-Stereomikroskop statt. Beides sind Geräte, die an den


II. 2. Ergebnisse<br />

Screening-Centern nicht für jeden Screener exklusiv zur Verfügung gestellt werden<br />

können und deren Nutzung deshalb gut koordiniert sein muss.<br />

Im Rahmen des pupalen Screens soll ein Screener 30 dsRNAs innerhalb eines<br />

Durchgangs analysieren. Dies wird möglich, indem vorbereitende Arbeiten für die<br />

Injektion, sowie die Anfertigung eines Teils der Kutikula- und Muskelpräparate durch<br />

die/den technischen Assistenten am jeweiligen Screening-Center übernommen<br />

werden. Innerhalb eines fünfwöchigen Blocks können so fünf Durchgänge durchge-<br />

führt werden (Abb. 27). Ein Screener kann also durchschnittlich 30 Genfunktionen<br />

pro Woche analysieren. Der absolute Zeitaufwand eines Durchgangs und damit auch<br />

die durchschnittliche wöchentliche Arbeitsbelastung des Screeners beträgt dabei<br />

27,25 h. Da bei allen Arbeitschritten bis auf die Auswertung der Kutikulapräparate<br />

bestimmte Zeitintervalle eingehalten werden müssen, erstreckt sich die geplante<br />

Arbeitszeit auch auf Wochenenden, wobei aber pro Woche dennoch durchschnittlich<br />

2,2 Tage ohne geplante Screening-Zeit bleiben.<br />

Um vor allem die Nutzung des Fluoreszenzmikroskops zu koordinieren, arbeiten<br />

die beiden Screener des pupalen Screen-Teils eines Screening-Center zwar nach<br />

dem gleichen Arbeitsplan, allerdings zeitlich um zwei Wochen zueinander versetzt.<br />

Dadurch benötigt beispielsweise Screener 1 das Fluoreszenzmikroskop für die<br />

Auswertung der Muskelpräparate an den Tagen, die für die Injektionen von Screener<br />

2 vorgesehen sind.<br />

Abb. 27: Arbeitsplan für pupale Injektionen und darauf folgende Auswertungen<br />

Die Arbeitsschritte des pupalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan dargestellt. Arbeitsschritte,<br />

die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören sind in der gleichen Farbe<br />

hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern angegeben, der erste<br />

Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus. Innerhalb eines fünfwöchigen<br />

Blocks können fünf Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte vorheriger oder<br />

nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Die Auswertung der Kutikulapräparate (hellblau)<br />

ist nicht an einen bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Durchgangs gebunden, weshalb<br />

diese Arbeitschritte keinem einzelnen Durchgang zugeordnet sind. Die letzte Kutikula-<br />

Analyse ist aus Gründen der überlappenden Gerätenutzung zweier Screener zeitlich in den<br />

nachfolgenden Block verschoben.<br />

d: Tag, h: Stunden.<br />

159


II. 2. Ergebnisse<br />

160


II. 2. Ergebnisse<br />

Die Planung des larvalen Screening-Teils erlaubt während eines Durchgangs die<br />

Analyse von 23 dsRNAs. In einem sechswöchigen Block können acht Durchgänge<br />

realisiert werden, wobei der kontinuierliche Arbeitsablauf es nötig macht, dass einige<br />

letzte Analysen eines Blocks noch während der Arbeiten am darauf folgenden<br />

sechswöchigen Block durchgeführt werden. Somit kann ein Screener im larvalen<br />

Screen-Teil ebenfalls ca. 30 Gene pro Woche analysieren. Der Arbeitsaufwand eines<br />

Durchgangs beträgt 21,5 h, womit sich die durchschnittliche Screeningzeit auf 28,6 h<br />

pro Woche summiert.<br />

Um die Nutzung des hochvergrößernden Fluoreszenz-Stereomikroskops zu ko-<br />

ordinieren müssen hier für die beiden Screener des larvalen Teils an einem Scree-<br />

ning-Center unterschiedliche Arbeitspläne aufgestellt werden (Abb. 28, Abb. 29).<br />

Screener 1 beginnt dabei seine sechswöchigen Blöcke jeweils erst in der dritten<br />

Screening-Woche des zweiten Screeners. In beiden Fällen ist wiederum Wochen-<br />

endarbeit nötig, wobei diese während des zweiten Arbeitsplans nicht vollständig<br />

durch freie Tage unter der Woche ausgeglichen werden kann. Allerdings gibt es hier<br />

mehr kurze Arbeitstage und der larvale Screen-Teil bietet aufgrund einiger flexibler<br />

Zeitintervalle, die Möglichkeit persönliche Anpassungen vorzunehmen. Nichtsdesto-<br />

trotz sollten die Screener des larvalen Teils in einem sinnvollen Intervall (z.B. 12<br />

Wochen) die Arbeitspläne untereinander wechseln.<br />

Abb. 28: Arbeitsplan 1 für larvale Injektionen und darauffolgende Auswertungen<br />

Die Arbeitsschritte des ersten Screeners des larvalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan<br />

dargestellt. Arbeitsschritte, die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören<br />

sind in der gleichen Farbe hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern<br />

angegeben, der erste Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus.<br />

Innerhalb eines sechswöchigen Blocks können acht Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte<br />

vorheriger oder nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Um einen kontinuierlichen<br />

Ablauf zu gewährleisten werden einige Arbeitsschritte des ersten Blocks noch nach<br />

Beginn des darauf folgenden durchgeführt. Die Analyse der Stinkdrüsen (hellblau) aus<br />

mehreren Durchgängen findet gesammelt statt.<br />

d: Tag, h: Stunden.<br />

161


II. 2. Ergebnisse<br />

162


II. 2. Ergebnisse<br />

163


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 29: Arbeitsplan 2 für larvale Injektionen und darauf folgende Auswertungen<br />

Die Arbeitsschritte des zweiten Screeners des larvalen Screen-Teils sind in einem Wochenplan<br />

dargestellt. Arbeitsschritte, die zu einem Durchgang des Screening-Ablaufs gehören<br />

sind in der gleichen Farbe hervorgehoben. Die erwartete Bearbeitungszeit ist in Klammern<br />

angegeben, der erste Durchgang (braun) weist zudem die Screen-Tage nach 2.1.1 aus.<br />

Innerhalb eines sechswöchigen Blocks können acht Durchgänge ausgeführt werden. Arbeitschritte<br />

vorheriger oder nachfolgender Blöcke sind in grau ergänzt. Um einen kontinuierlichen<br />

Ablauf zu gewährleisten werden einige Arbeitsschritte des ersten Blocks noch nach<br />

Beginn des darauf folgenden durchgeführt. Die Analyse der Stinkdrüsen (hellblau) aus<br />

mehreren Durchgängen findet gesammelt statt. Die Schlupfkontrollen in den Woche 5, 6 und<br />

7 könnten je nach persönlicher Preferenz an jeweils einem Tag durchgeführt werden, was<br />

aber einen sehr langen Arbeitstag mit den jeweiligen folgenden Eizahl-Adult-Kontrollen nach<br />

sich zöge.<br />

d: Tag, h: Stunden.<br />

2.2. Das Screening-Schema ermöglicht die Identifizierung<br />

164<br />

interessanter Phänotypen mit hoher Sensitivität<br />

Für den Test des Screening-Ablaufs und den Nachweis über den Erfolg der Me-<br />

thode wurden im Rahmen eines Pilotscreens insgesamt 112 dsRNAs injiziert. Die<br />

Durchführung des Großteils der pupalen Injektionen und der darauf folgenden Aus-<br />

wertungen hat Nikolaus Koniszewski (<strong>Universität</strong> Göttingen) unter meiner Anleitung<br />

übernommen, die larvalen Injektionen und deren Auswertung hab ich selbst durchge-<br />

führt. 82 der 112 dsRNAs wurden auf Grundlage von Fragmenten aus einer embryo-<br />

nalen cDNA-Bank (zur Verfügung gestellt von R. Schröder; Wolff et al., 1995) herge-<br />

stellt (s. 4.1). Die restlichen 30 dsRNAs waren gegen eine Auswahl Gene gerichtet,<br />

deren Ausfallphänotyp bereits bekannt war (Tab. 8). Diese wurden als Positiv-<br />

Kontrollen zufällig und für die Screener nicht erkennbar den Fragmenten unbekann-<br />

ter Funktion hinzugefügt. Im Folgenden möchte ich die Ergebnisse dieses Pilot-<br />

Screens darstellen.


Tab. 8: Verwendete Positivkontrollen<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Gen Quelle RNA # Erwarteter Phänotyp<br />

methoprenetolerant<br />

(Konopova und Jindra, 2007) 12 L Metamorphose-Block II<br />

broad-complex (Konopova und Jindra, 2008) 37 L Metamorphose-Block II<br />

chitinase-5 (Zhu et al., 2008) 111 L Metamorphose-Block III<br />

chitinase-7 (Zhu et al., 2008) 97 L Adulte Extremitäten (Flügel), Kutikula<br />

hedgehog pers. Mitteil., G. Bucher 23 L Pupale Extremitäten<br />

(Farzana und Brown, 2008) P starker Musterbildungsdefekt<br />

sex-combs-reduced (Tomoyasu et al., 2005) 13 L Pupale Extremitäten<br />

(Curtis et al., 2001) P Segmentierung<br />

(Suzuki et al., 2009) 42 L Pupale Extremitäten/Metamorphosedistal-less<br />

Block I<br />

(Beermann et al., 2001) P Beindefekt<br />

ultra-bithorax (Tomoyasu et al., 2005) 66 L Pupale Extremitäten<br />

(Lewis et al., 2000) P Segmentierung<br />

spineless (Shippy et al., 2009) 86 L Pupaler/Adulter Kopfdefekt<br />

(Toegel et al., 2009) P Kopfdefekt<br />

female-sterile1/Yb pers. Mitteil., R. Rübsam 24 L Oogenese<br />

pers. Mitteil., R. Rübsam P Oogenese, frühembryonal letal<br />

piwi pers. Mitteil., J. Trauner 98 L Oogenese<br />

pers. Mitteil., J. Trauner P Oogenese<br />

wnt-less (Bolognesi et al., 2008b) 28 P starker Musterbildungsdefekt<br />

short-gastrulation (van der Zee et al., 2006) 68 P starker Musterbildungsdefekt<br />

(Nunes da Fonseca et al., P<br />

toll<br />

2008) 92 starker Musterbildungsdefekt<br />

even-skipped (Choe et al., 2006) 74 P starker Musterbildungsdefekt<br />

orthodenticle (Kotkamp et al., 2010) 50 P früh-embryonal letal<br />

caudal (Copf et al., 2004) 84 P Meso-embryonal letal<br />

pumilio diese Arbeit, Kap. 1 77 P Segmentierung, Bein-/Kopfdefekt<br />

(Schoppmeier und Schröder, 103 P<br />

torso-like<br />

2005)<br />

Segmentierung<br />

brain-tumor diese Arbeit, Kap. 1 17 P Segmentierung<br />

six3 (Posnien et al., 2009) 83 P Kopfdefekt<br />

knirps (Cerny et al., 2008) 115 P Kopfdefekt<br />

labial (Posnien und Bucher, 2009) 105 P Kopfdefekt<br />

empty-spiracles (Schinko et al., 2008) 34 P Kopfdefekt<br />

twist pers. Mitteil., S. Roth 46 P genereller Muskeldefekt<br />

mirror pers. Mitteil., M. Schoppmeier 60 P Oogenese<br />

cactus pers. Mitteil., S. Roth 62 P Adult letal<br />

mef-2 pers. Mitteil., C. Schaub 75 P Adult letal<br />

par-1 pers. Mitteil., M. Schoppmeier 91 P Adult letal<br />

org-1 pers. Mitteil., C. Schaub 113 P Adult letal<br />

Aufstellung der für den Pilot-Screen verwendeten Positivkontrollen und ihrer erwarteten Phänotypen<br />

im Rahmen der larvalen (L) oder pupalen (Injektionen). Nur bei zwei dieser Injektionen wurde kein<br />

Phänotyp festgestellt (rot markiert), in einem Fall trat ein deutlich stärkerer Phänotyp auf (emptyspiracles,<br />

grau), in zwei Fällen waren die Phänotypen oder Teile davon nur mit niedriger Penetranz<br />

feststellbar (distal-less, labial, dunkelgrün). Siehe Text für weitere Informationen.<br />

165


II. 2. Ergebnisse<br />

Ergebnisse der Positiv-Kontroll-Injektionen<br />

166<br />

Für einen Teil der 30 als Positiv-Kontrollen verwendeten Gene war bereits be-<br />

kannt, dass sowohl larvale als auch pupale RNAi zu einem detektierbaren Defekt<br />

führt. So sollten durch die Positiv-Kontroll-dsRNAs 37 überprüfbare Phänotypen<br />

produziert werden. Diese erwarteten Phänotypen umfassen Defekte in diversen<br />

embryonalen und postembryonalen Prozessen. So erfüllen einige der Gene Aufga-<br />

ben für die Segmentierung, die frühe Embryonalentwicklung, die Kopfentwicklung,<br />

die Entwicklung der Extremitäten, für das Mesoderm, die Metamorphosekontrolle, die<br />

Oogenese und auch allgemeine, essentielle Aufgaben für das Überleben der injizier-<br />

ten Tiere (Tab. 8).<br />

Die Auswertung der im Rahmen des Screening gemachten Beobachtungen er-<br />

gab, dass nach nahezu jeder dieser 37 Injektionen mit erwarteten Phänotypen (pupal<br />

und/oder larval) Defekte detektiert wurden. Allein in zwei Fällen, der pupalen Injekti-<br />

on von spineless und piwi, konnte kein Effekt festgestellt werden.<br />

Im Falle von spineless (Shippy et al., 2009; Toegel et al., 2009), wurde die Trans-<br />

formation der larvalen Antennen zu Bein-ähnlichen Strukturen übersehen, obwohl sie<br />

in den Präparaten vorhanden war. Die gleiche Transformation in Puppen bzw. adul-<br />

ten Tieren nach larvaler RNAi wurde hingegen festgehalten. Dies ist also schlicht als<br />

Fehler zu werten, wie sie bei einem solchen Prozedere zwangsläufig auftreten.<br />

piwi-RNAi führte zwar nach larvaler, nicht aber nach pupaler RNA-Injektion zu<br />

Sterilität und deutlichen Defekten des Ovars. Wahrscheinlich ist dies auf den Zeit-<br />

punkt der Injektion zurückzuführen. piwi-dsRNA-Injektion in junge Puppen stört zwar<br />

die Oogenese, für die Injektionen des Pilot-Screens wurden aber Tiere im letzen<br />

Drittel der Puppenentwicklung (Schachtner, unveröffentlicht) verwendet, wo piwi-<br />

RNAi möglicherweise keinen Effekt mehr hat (Trauner, 2009) und persönl. Mitteil.).<br />

In den meisten Fällen war die Penetranz der Phänotypen mit über 80 % relativ<br />

hoch (nicht gezeigt), und somit der Effekt leicht und zweifelsfrei detektierbar. Die<br />

pupale Injektion von labial-dsRNA allerdings führte nur in ca. 30 % der präparierten<br />

Kutikulae zu den erwarteten Veränderungen des Musters der Kopfborsten (Posnien<br />

und Bucher, 2009). Dieser Phänotyp ist sehr subtil, weswegen die schwachen Defek-<br />

te einer phänotypischen Serie im Rahmen des Screenings übersehen worden sein<br />

könnten und somit die schwächere Penetranz erklären.<br />

Nach larvaler Injektion von distalless-dsRNA wurden die typischen Veränderun-<br />

gen der Extremitäten (Suzuki et al., 2009) in allen untersuchten Puppen festgestellt,


II. 2. Ergebnisse<br />

eine verlängerte Larvalphase, wie sie ebenfalls nach larvaler RNAi beschrieben<br />

wurde (Suzuki et al., 2009), konnte aber nur bei 4 von 9 Tieren beobachtet werden.<br />

Diese Beispiele machen deutlich, dass die Sensitivität des iBeetle-Screens massiv<br />

von den definierten Schwellenwerten für die Mindest-Frequenz eines auftretenden<br />

Phänotyps abhängen wird.<br />

Vier der Positiv-Kontroll-Injektionen führten zu stärkeren Defekten als den bisher<br />

beschriebenen. Nach pupaler empty-spiracles(ems)-RNAi fanden sich in den Präpa-<br />

raten statt Larven mit subtilen Defekten der Antennen (Schinko et al., 2008), nur<br />

unbefruchtete oder wenig entwickelte Eier. In Anbetracht der normalerweise schwa-<br />

chen Defekte nach pupaler ems-RNAi (Schinko et al., 2008), muss davon ausgegan-<br />

gen werden, dass es sich in diesem Fall um ein Artefakt handelt. Möglicherweise war<br />

hier eine Kontamination der Positiv-Kontroll-RNA vorhanden, oder suboptimale<br />

Bedingungen innerhalb des betroffenen Wells (Verschmutzung etc.) störten die<br />

Verpaarung der Tiere.<br />

distal-less und sex-combs-reduced-pRNAi führte neben den veröffentlichten<br />

Phänotypen (Curtis et al., 2001; Suzuki et al., 2009) auch zu schwer zu interpretier-<br />

baren Kutikularesten. Diese zusätzlichen Phänotypen könnten natürlicherweise<br />

sporadisch auftretenden Abberationen darstellen. Solche Defekte finden sich zu<br />

einem gewissen Anteil in jeder Präparation. Angesichts weiterer, durch die RNAi<br />

hervorgerufener Defekte, könnten diese möglicherweise ebenfalls als spezifische<br />

Effekte gewertet werden.<br />

Im letzten Fall, pupaler RNAi gegen orthodenticle, führte die Injektion zu einer<br />

höheren Penetranz des stärksten Phänotyps als bisher beschrieben. Kotkamp zeigt,<br />

dass nach otd-RNAi 70 % der Embryonen keine Kutikula mehr sezernieren können<br />

(Kotkamp et al., 2010). Hier war dies sogar bei 100 % der Fall, wobei in vielen emb-<br />

ryonales Gewebe nachweisbar war. Scheinbar handelte es sich hierbei also um eine<br />

äußerst effiziente Injektion.<br />

Interessanterweise führten sechs der Positiv-Kontroll-Gene im Rahmen des<br />

postembryonalen Screen-Teils zu bisher unbekannten Phänotypen (Abb. 38). Dies<br />

illustriert, dass wahrscheinlich viele der in der Embryonalentwicklung untersuchten<br />

Gene weitere Funktionen während der Metamorphose wahrnehmen.<br />

Die eingesetzten Positiv-Kontrollen konnten also nahezu vollständig erkannt wer-<br />

den und zeigen somit, dass durch das iBeetle-Prozedere das effektive Hervorrufen<br />

167


II. 2. Ergebnisse<br />

von RNAi-Effekten in unterschiedlichen Enwicklungsstadien und die Detektion inte-<br />

ressanter Phänotypen mit hoher Sensitivität möglich sein wird.<br />

Ergebnisse der dsRNAs unbekannter Funktion<br />

168<br />

Außer den 30 dsRNAs der Positiv-Kontroll-Gene wurden im Rahmen des iBeetle-<br />

Pilot-Screens 82 dsRNAs von zufällig aus einer embryonalen cDNA-Bank (Wolff et<br />

al., 1995) amplifizierten Fragmenten synthetisiert und injiziert (s. 4.1). Es wurden<br />

Fragmente mit einer Größe von ca. 450 bis 2000 bp verwendet und zunächst se-<br />

quenziert. Doppelt vorhandene Fragmente, Fragmente ohne eindeutige Überein-<br />

stimmung zu Sequenzen des Tribolium-Genoms und ribosomale (bis auf zwei) oder<br />

mitochondriale Klone wurden verworfen. Die meisten der verwendeten cDNAs ließen<br />

sich durch BLAST-Suchen automatisch annotierten, konservierten Tribolium-Genen<br />

zuordnen, aber auch noch nicht annotierte Sequenzen (RNAs # 9, 57) und solche<br />

ohne klare Homologien (RNAs # 14, 15, 27, 30, 63, 71, 85) waren darunter. Eine<br />

vollständige Liste der injizierten Fragmente findet sich im Anhang.<br />

Der Großteil der Injektionen dieser zufällig gewählten dsRNAs führte zu detek-<br />

tierbaren Veränderungen im Rahmen des Pilot-Screens (Abb. 30). Nur 39 % der<br />

injizierten dsRNAs hatten weder nach pupaler noch nach larvaler Injektion einen<br />

feststellbaren Effekt, die korrespondierenden Gene spielen also scheinbar keine<br />

wesentliche, entwicklungsrelevante Rolle. 33 % führten aber zu Störungen der unter-<br />

suchten embryonalen oder postembryonalen Entwicklungsprozesse (Abb. 30). Hier-<br />

bei hatten ungefähr ein Drittel dieser Fragmente sowohl Einfluss auf embryonale als<br />

auch postembryonale Prozesse, was wiederum illustriert, dass viele Entwicklungsge-<br />

ne mehrere Aufgaben erfüllen (Miklos und Rubin, 1996).<br />

Fast ein Drittel aller Fragmente führte außerdem zu aus iBeetle-Sicht unspezifi-<br />

scher Letalität der injizierten Tiere (Abb. 30). Als solche unspezifische Letalität be-<br />

zeichne ich hier den Tod der injizierten Tiere während später larvaler Stadien nach<br />

larvaler Injektion oder als junge adulte Tiere nach pupaler Injektion ohne erkennba-<br />

ren, interessanten Phänotyp. Fragmente die diesen Effekt hervorrufen, repräsentie-<br />

ren vermutlich „house keeping“-Gene oder Gene die für Prozesse wichtig sind, die<br />

nicht im Fokus von iBeetle stehen. Der größte Teil dieser Gene (68 %) führt erwar-<br />

tungsgemäß sowohl nach larvaler als auch nach pupaler Injektion zum Tod. In diese<br />

Gruppe fallen beispielsweise auch die beiden injizierten Fragmente ribosomaler<br />

Gene, was bestätigt, dass hier von allgemein essentiellen Genfunktionen ausgegan-


II. 2. Ergebnisse<br />

gen werden kann. Eventuelle zusätzliche Funktionen für Musterbildungsprozesse<br />

während der Entwicklung sind in diesen Fällen nicht detektierbar.<br />

Zusätzlich zu dieser unspezifischen Letalität tritt auch bei dem größten Teil der<br />

Injektionen mit spezifischen Phänotypen embryonale oder spätere Letalität auf, so<br />

dass insgesamt 55 % der Injektionen zu Letalität führten. Dies scheint im Vergleich<br />

zu anderen Studien ein recht hoher Wert für eine zufällige Auswahl an Genen zu<br />

sein. Bei Drosophila geht man beispielsweise davon aus, dass ungefähr ein Drittel<br />

aller Gene zur Letalität mutieren können (Miklos und Rubin, 1996). Eine mögliche<br />

Erklärung dafür könnte beispielsweise die Verwendung einer embryonalen cDNA-<br />

Bank sein, in der wahrscheinlich entwicklungsrelevante Gene überrepräsentiert sind<br />

(weitere mögliche Erklärungen s. 3.2.3).<br />

Abb. 30: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens<br />

Darstellung der Verteilung festgestellter Effekte nach larvaler und pupaler Injektion von zu 82<br />

zufällig ausgewählten Genfragmenten korrespondierenden dsRNAs. Ein großer Teil der<br />

Injektionen führte zu keinen detektierbaren Defekten (grau). Der Funktionsverlust von jeweils<br />

ungefähr einem Drittel der Gene führte zum Tod der injizierten Tiere bald nach der Injektion<br />

ohne interessanten Phänotyp (rot) oder zu distinkten Defekten in den untersuchten Entwicklungsprozessen<br />

(grün). Letztere stellen also interessante Befunde im Sinne der Zielsetzung<br />

des iBeetle-Screens dar. Ein großer Teil der dsRNAs führte sowohl nach larvaler als auch<br />

nach pupaler Injektion zu spezifischen Phänotypen (dunkelgrün) oder unspezifischer Letalität<br />

(dunkelrot). Sieben Injektionen führten in einem Screen-Teil zu unspezifischer Letalität und<br />

im anderen Teil zu spezifischen Phänotypen und wurden deshalb doppelt gezählt.<br />

169


II. 2. Ergebnisse<br />

2.3. Es konnten für nahezu alle Prozesse neue Kandidatengene<br />

170<br />

identifiziert werden<br />

Insgesamt wurden durch RNAi gegen ungefähr ein Drittel der zufällig ausgewähl-<br />

ten Gene spezifische Ausfall-Phänotypen hervorgerufen. Für die meisten der in<br />

iBeetle untersuchten Prozesse konnten so bereits im Rahmen des Pilot-Screens<br />

neue Kandidatengene gefunden werden (Abb. 31 - Abb. 37).<br />

Betrachtet man pupale und larvale Injektionen getrennt, führte jeweils die Hälfte<br />

der 82 dsRNAs nicht zu beobachtbaren Veränderungen, ein Viertel führte bald nach<br />

der Injektion zum Tod der injizierten Tiere (Abb. 31, Abb. 32). 16 % der pupalen<br />

Injektionen und 18 % der larvalen Injektionen induzierten Defekte morphologischer<br />

Strukturen oder der Entwicklung selbst, die auf eine Rolle der korrespondierenden<br />

Gene in Musterbildungsprozessen hinweist. Diese Phänotypen sind von besonderem<br />

Interesse für iBeetle und werden im Folgenden präsentiert.


Abb. 31: Zusammenfassung der Ergebnisse durch pupale Injektionen<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Darstellung der Verteilung der nach pupaler RNAi festgestellten Phänotypen. Die Hälfte der<br />

Injektionen (51 %, grau) führte nicht zu detektierbaren Effekten, ein Viertel (26 %, rot) führte<br />

zum Tod oder zu schwerer Unterernährung der Tiere innerhalb der ersten 10 Tage nach der<br />

Imaginalhäutung. 7 % führten zu früher embryonaler Letalität oder Nicht-Befruchtung, ein<br />

innerhalb des Screens nicht unterscheidbarer Effekt. In dieser Gruppe können sich also<br />

Faktoren befinden die für die frühe Embryogenese, oder den komplexen Ablauf der Paarung,<br />

Befruchtung und Eiaktivierung wichtig sind. Klare Enwicklungsgene finden sich aber in den<br />

restlichen Kategorien (grüner Kasten, 16 % insgesamt). Meso-embryonal letal bedeutet den<br />

Tod der Embryonen nach der Kompaktion von embryonalem Gewebe zur Embryonalanlage<br />

bzw. dem Keimrudiment, gemischt embryonal bedeutet eine Mischung aus früh-embryonaler<br />

Letalität und späteren Defekten. Bilden die Embryonen Kutikula aus, lassen aber keine<br />

deutliche Segmentierung erkennen, werden sie als starker Musterbildungsdefekt kategorisiert.<br />

Ist die Larve segmentiert, die Segmentierung aber gestört, liegt ein Segmentierungsphänotyp<br />

vor, gleiches gilt für Borstenmuster-, Kopf- oder Beinphänotypen. Ein Oogenesedefekt<br />

liegt vor, wenn trotz reduzierter Legeleistung keine deutlichen Veränderungen am Ovar<br />

erkennbar sind, also ein subtiler Phänotyp vermutet wird. Ovaratrophie allerdings bedeutet<br />

massive Störungen des Ovars, die zu einer Verkleinerung führen. Zwei der Injektionen<br />

führten zu mehreren Defekten, wodurch hier nach 40 Injektionen 42 Phänotypen detektiert<br />

wurden.<br />

Eine Auflistung der Phänotyp-Kategorien findet sich auch im Anhang.<br />

171


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 32: Zusammenfassung der Ergebnisse durch larvale Injektionen<br />

Darstellung der Verteilung der nach larvaler RNAi festgestellten Phänotypen. Die Hälfte der<br />

Injektionen (48 %, grau) führte nicht zu detektierbaren Effekten, ein Viertel (25 %, rot) führte<br />

zum Tod der Tiere während larvaler Stadien. 7 % führten zum Tod der Tiere in adulten<br />

Stadien, möglicherweise in der Folge subtiler Defekte während der Metamorphose, die nicht<br />

bestimmt werden können. Defekte der Metamorphosekontrolle sind in drei Kategorien<br />

unterteilt: I) verlängerte Larven-Phase II) fehlerhafte Verpuppung III) fehlerhafte Imaginalhäutung.<br />

Defekte der thorakalen Muskulatur werden durch Analyse der metathorakalen GFP-<br />

Expression des md17-Stammes detektiert. Störungen bei der Bildung der Extremitäten oder<br />

des Kopfes werden entweder bereits in pupalen Stadien, oder später bei den adulten Tieren<br />

festgestellt. Defekte der Stinkdrüsen bedeuten ihre Melanisierung oder ihr Fehlen. Ein<br />

Oogenesedefekt liegt vor, wenn trotz reduzierter Legeleistung keine deutlichen Veränderungen<br />

am Ovar erkennbar sind, also ein subtiler Phänotyp vermutet wird. Ovaratrophie allerdings<br />

bedeutet massive Störungen des Ovars, die zu einer Verkleinerung führen. Das<br />

Vorhandensein dunkel gefärbter Gewebe in Puppenstadien wird als möglicherweise nekrotisches<br />

Gewebe festgehalten und alle Defekte die nicht in die vorgegeben Kategorien eingeordnet<br />

werden können, werden unter „Andere“ gesammelt. Somit wurden in 18 % aller<br />

Injektionen für iBeetle interessante Phänotypen detektiert (grüner Kasten). Hier wurden in<br />

drei Fällen mehrere Phänotypen detektiert, so dass nach 42 Injektionen 46 Phänotypen<br />

detektiert wurden.<br />

Eine Auflistung der Phänotyp-Kategorien findet sich auch im Anhang.<br />

172


2.3.1. Defekte der Ovario- oder Oogenese<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Prozesse der frühen Embryonalentwicklung sind bei Insekten, wie bei vielen an-<br />

deren Tiergruppen abhängig von Faktoren, die während der Oogenese im Ei depo-<br />

niert werden (Heming, 2003). Die Oogenese und das Ovar sind also nicht nur im<br />

Sinne der Fortpflanzung wesentlich für die Entwicklung, es werden auch die geneti-<br />

schen Vorraussetzungen der Embryogenese geschaffen. Das Ovar von Tribolium<br />

gehört dem telotroph-meroistischem Typus an, wo im Gegensatz zu polytroph-<br />

meroistischen Ovaren wie bei Drosophila, Nährzellen zur Versorgung des Embryos<br />

in einem Tropharium verbleiben und nicht mit der wachsenden Oozyte in einem<br />

Follikel gruppiert sind (Büning, 1994; Trauner und Büning, 2007). Im Gegensatz zur<br />

Situation bei Drosophila ist über die Oogenese und die Entwicklung des Ovars bei<br />

Tribolium noch wenig bekannt, iBeetle wird hier also helfen einen noch wenig er-<br />

forschten Prozess zu verstehen.<br />

Sechs pupale und vier larvale Injektionen des Pilot-Screens führten zu Defekten<br />

der Oogenese oder der Ovarentwicklung selbst (Abb. 33, Abb. 34). Zeigten die<br />

injizierten Tiere eine reduzierte Eiproduktion wurden die Ovare präpariert, fixiert und<br />

am Fluoreszenzmikroskop analysiert.<br />

Während des iBeetle-Screens werden die Ovare nur bei niedriger Vergrößerung<br />

auf ihre Morphologie hin untersucht. Dies ist ausreichend um eine Einordnung in eine<br />

von drei Kategorien zu erlauben. Zeigen die Ovare einen sogenannten „held egg“-<br />

Phänotyp (Abb. 33, B) wird dies nicht als spezifischer Effekt dokumentiert. In einem<br />

solchen Fall ist die vermeintlich verminderte Eiproduktion offenbar auf Störungen der<br />

Eiablage zurückzuführen, einem komplexen Prozess, in dem sich Veränderungen auf<br />

vielen Ebenen auswirken können (Sisodia und Singh, 2005) und der nicht im Fokus<br />

von iBeetle steht. Ein solcher Phänotyp trat nach sieben der larvalen und sechs der<br />

pupalen Injektionen auf, wobei nur eine dsRNA (# 82) den Effekt in beiden Injektio-<br />

nen zeigte. Schon die Häufigkeit weist darauf hin, dass diese gestörte Oviposition<br />

vielfältige Ursachen haben kann. Außerdem zeigt sie die Bedeutung der morphologi-<br />

schen Analyse der Ovare für die Sensitivität der Detektion potentieller Oogenese-<br />

oder Ovariogenese-Kandidatengene. Mehr als die Hälfte der Injektionen, die zu<br />

verminderter Legeleistung führten, konnten so als unspezifisch bzw. uninteressant<br />

erkannt werden.<br />

173


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 33: Defekte der Oogenese nach pupaler Injektion<br />

Kernfärbungen der Ovare von pupal injizierten Tieren (B - G) im Vergleich mit einem Wildtyp-<br />

Ovar (A). Gezeigt sind ganze (A - D, G) oder halbe Ovare (E, F).<br />

A Zwei Halbovare aus je sechs Ovariolen bilden das Tribolium Ovar. Eine Ovariole besteht<br />

aus dem die Nährzellen enthaltenden Tropharium (T) und dem Vitellarium (V) mit wachsenden<br />

Oozyten unterschiedlicher Entwicklungsstadien.<br />

B Beispiel eines „held egg“-Phänotyps (pumilio-RNAi). Im lateralen Ovidukt eines Halbovars<br />

befinden sich mindestens fünf reife Oozyten (*), der zweite laterale Ovidukt ist aufgerissen<br />

und die Oozyten gingen verloren.<br />

C Phänotyp nach Injektion der dsRNA eines automatisch vorhergesagten Gens. Die Oozyten<br />

akkumulieren innerhalb der Ovariolen (Pfeilspitze).<br />

D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to X-box binding protein 1 (ein Transkriptionsfaktor).<br />

Es sind keine reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze).<br />

E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to ubiquitin conjugating enzyme E2I. Die<br />

Zahl der Follikelzellen eines Follikels ist reduziert und ihre Kerne scheinen vergrößert (E’’) im<br />

Vergleich zum Wildtyp (E’, gleicher Masstab wie E’’). Es sind wenige späte Oozytenstadien<br />

zu sehen. Dieser Phänotyp wurde als Oogenesedefekt kategorisiert, die morphologischen<br />

Veränderungen aber erst am Mikroskop erkannt.<br />

F Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to Dynein light chain 90F. Es sind keine<br />

reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze) und die Tropharien scheinen kleiner. Diese RNA<br />

führte auch im larvalen Screen zu Ovar- und weiteren Phänotypen (Abb. 34 B, Abb. 36 D)<br />

G Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to SET (ein Cyclin-bindendes Protein). Es<br />

sind keine reifenden Oozyten sichtbar (Pfeilspitze).<br />

Der Größenstandard weißt 100 !m aus.<br />

174


II. 2. Ergebnisse<br />

Liegt kein „held egg“-Phänotyp vor, weist das Ovar aber erkennbare morphologi-<br />

sche Defekte auf, die zu einer Verkleinerung führen, wird der Effekt als Ovaratrophie<br />

bezeichnet (z.B. Abb. 33 D o. Abb. 34). Dies wird für die Mehrzahl der beobachtba-<br />

ren Ovar-Phänotypen der Fall sein. Sowohl das Fehlen von reifenden Oozyten nach<br />

pupaler Injektion (Abb. 33 D, F, G) als auch starke Defekte in der Folge gestörter<br />

Prozesse bei der Ovarentwicklung nach larvaler Injektion (Abb. 34) führen zu einer<br />

erkennbaren Verkleinerung des Ovars. Für unerfahrene Screener sind die einzelnen<br />

Aspekte der Ovarmorphologie bei geringer Vergrößerung nur schwer zu erkennen,<br />

weshalb diese Kategorie der Ovaratrophie relativ breit aufgefasst werden muss.<br />

Nahezu alle interessanten Phänotypen werden also dort eingeordnet werden. Für die<br />

Auswahl besonders interessanter Kandidatengene ist die nachträgliche Analyse und<br />

der Vergleich der Phänotypen dieser Kategorie nötig. Hohe Priorität erhalten dabei<br />

beispielsweise dsRNAs die sowohl nach larvaler als auch nach pupaler Injektion zu<br />

vergleichbaren Effekten führen. Die Wiederholung vielversprechender Injektionen<br />

wird dann helfen die Zahl der im Verlauf des Projekts detailliert zu bearbeitenden<br />

Gene weiter einzugrenzen.<br />

Ist weder ein morphologischer Defekt noch ein „held egg“-Phänotyp zu beobach-<br />

ten, obwohl eine reduzierte Eiproduktion vorliegt, wird ein Oogenese-Defekt fest-<br />

gehalten (z.B. ähnliche Effekte wie in Abb. 33 E). Diese Effekte sollen nicht als<br />

Wildtyp kategorisiert werden, da die Auswertung bei niedriger Vergrößerung dies<br />

nicht zweifelsfrei zulässt. Auch diese Ovare ohne erkennbare morphologische Defek-<br />

te werden dokumentiert, um eine nachträgliche Beurteilung zu ermöglichen. Die hier<br />

zu vermutenden subtilen Störungen der Eiproduktion sind möglicherweise bei einer<br />

Evaluation durch einen Experten charakterisierbar. Auch morphologische Verände-<br />

rungen, die nicht zu einer Verkleinerung des Ovars führen, wurden im Rahmen des<br />

Pilot-Screens dieser Kategorie hinzugefügt (z.B. Abb. 33 C).<br />

Erwartungsgemäß führten die larvalen Injektionen im Wesentlichen zu morpholo-<br />

gisch stärker gestörten Phänotypen (vgl. Abb. 33 C - G mit Abb. 34 B - D), was die<br />

mögliche Beteiligung dieser Kandidaten des larvalen Screens an der Entwicklung<br />

des Ovars selbst illustriert. Diese wurden im Pilotscreen gemeinsam mit schwäche-<br />

ren Phänotypen des pupalen Screen-Teils in die Kategorie „Ovaratrophie“ eingeord-<br />

net. Im Rahmen des Hauptscreens empfiehlt es sich möglicherweise diese Kategori-<br />

sierung zur Erhöhung der Auflösung noch auszuweiten, indem die „Ovaratrophie“-<br />

Kategorie geteilt wird. Dies würde erlauben stärkere von schwächeren Phänotypen<br />

175


II. 2. Ergebnisse<br />

zu trennen. So könnten beispielsweise nur noch starke Defekte, die vermutlich in<br />

Zusammenhang mit der Ovarentwicklung stehen, als „Ovaratrophie“ („small ovary“)<br />

bezeichnet werden. Alle übrigen Fälle morphologischer Veränderungen (z.B. das<br />

Fehlen reifer Follikel) würden dann als Oogenese-Defekte kategorisiert. Fälle ohne<br />

morphologische Veränderungen könnten „potentielle Oogenese-Defekte“ genannt<br />

werden. Die Abwesenheit von erkennbaren morphologischen Defekten sollte nach<br />

wie vor nicht zu einer Kategorisierung als Wildtyp führen, und für die Auswertung<br />

durch Fachleute dokumentiert werden.<br />

176<br />

In einigen Fällen ist bei der Präparation der Ovare feststellbar, dass die betroffe-<br />

nen Tiere keinerlei Fettkörper enthalten und das Abdomen wie ausgetrocknet wirkt.<br />

Diese Tiere sind offensichtlich nicht oder mangelernährt (kachektisch) und sterben<br />

meist im weiteren Verlauf. Die Ovare solcher Käfer zeigen ebenfalls keine entwi-<br />

ckelnden Oozyten, was höchstwahrscheinlich eine Folge der Mangelernährung ist. In<br />

Drosophila wurde gezeigt, dass Mangelernährung sogar zu Apoptose in der Keim-<br />

bahn führt (Mazzalupo und Cooley, 2006). Die Injektionen, die zu diesen Effekten<br />

führen werden deshalb als „letal/kachektisch“ und nicht als Oogenese-Phänotyp<br />

gewertet.<br />

Nur eines der hier als Oogenese-relevant gefundenen Gene ist in Flybase<br />

(http://flybase.org/) bereits mit einem Effekt auf die Fertilität von Drosophila Weib-<br />

chen annotiert (lethal (3) 87Df, RNA-# 20, Abb. 34 B), für ein weiteres wurde eine<br />

Expression in bestimmten dorsalen Follikelzellen beschrieben (X-box binding protein<br />

1, RNA-# 41, Abb. 33 D; (Souid et al., 2007). Außerdem wurden mit dem Gen zur<br />

RNA mit der Nummer 3 einem in den automatischen Annotationen der Genom-<br />

Projekte von Tribolium und Drosophila (Adams et al., 2000; Tribolium Genome<br />

Sequencing Consortium, 2008) vorhergesagten Gen unbekannter Funktion und<br />

Homologie, und dem Gen zu Nummer 85, für das kein Drosophila-Homolog identifi-<br />

ziert werden konnte, bisher unbekannte Faktoren mit einer Funktion verknüpft. Hier<br />

zeigt sich also bereits die Fähigkeit iBeetles zur Identifikation neuer wichtiger Fakto-<br />

ren.<br />

Interessanterweise führten vier der sechs dsRNAs, die nach pupaler Injektion De-<br />

fekte der Oogenese hervorriefen (RNA-Nummern 41, 55, 90, 117) nach larvaler<br />

Injektion zu larvaler Letalität. So könnten die beobachteten Ovar-Phänotypen auch<br />

eine sekundäre Folge von allgemein reduzierter Fitness darstellen, die nach pupaler<br />

Injektion weniger stark zu Tage tritt. Die Berücksichtigung der Ergebnisse beider


II. 2. Ergebnisse<br />

Screen-Teile ist hier also bei der Auswahl interessanter Kandidatengene von großer<br />

Bedeutung. So sollten im Falle der Oogenese nur Gene mit höchster Priorität weiter<br />

untersucht werden, die in keinem der beiden Screenteile mit Letalität assoziiert sind.<br />

Im Umkehrschluss ist das Auftreten von Letalität im jeweils anderen Screen-Teil bei<br />

allen Phänotypen ein Hinweis auf einen möglicherweise sekundären Effekt und somit<br />

ein Argument gegen eine detaillierte Analyse.<br />

Abb. 34: Defekte der Ovariogenese bzw. der Oogenese nach larvaler Injektion<br />

Kernfärbungen der Ovare von larval injizierten Tieren (B - D) im Vergleich mit einem Wildtyp-<br />

Ovar (A bzw. E). Gezeigt sind halbe Ovare.<br />

A Ein Halbovar eines Wildtyp-Weibchens, der laterale Ovidukt ist teilweise abgeschnitten.<br />

B Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to lethal (3) 87Df (unbekannte Funktion).<br />

Die Tropharien sind sehr klein, es sind keine wachsenden Oozyten erkennbar.<br />

C Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar dynein light chain 90F. Die Struktur des<br />

Ovars ist vollkommen verändert, es sind keine Ovariolen zu erkennen. Diese RNA führte<br />

auch im pupalen Screen zu Oogenesedefekten und nach larvaler RNAi zu weiteren Phänotypen<br />

(Abb. 33 F, Abb. 36 D)<br />

D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem unbekannten Gen ohne deutliches Drosophila-Homolog.<br />

Die Tropharien sind sehr klein, es sind keine wachsenden Oozyten erkennbar.<br />

Bei der automatischen Annotation des Tribolium-Genoms wurde ein großes Intron<br />

als intergenisch missinterpretiert und das Gen in zwei Genmodelle getrennt.<br />

E Größenvergleich der RNAi-Halbovare mit dem Wildtyp im gleichen Maßstab.<br />

Der Größenstandard in A - D weist 100 !m aus.<br />

177


II. 2. Ergebnisse<br />

2.3.2. Defekte während der Embryonalentwicklung<br />

178<br />

Ein Hauptfokus des iBeetle-Screens liegt auf der Analyse der embryonalen Mus-<br />

terbildung, wobei mehrere Prozesse untersucht werden sollen. Einerseits will man für<br />

Zusammenhänge, die bereits seit längerem bearbeitet werden, offene Fragen klären<br />

und Lücken schließen, andererseits soll ein funktioneller Zugang zu noch neuen<br />

Forschungsgebieten ermöglicht werden. So sind beispielsweise trotz einiger Fort-<br />

schritte vor allem die frühen Ereignisse der Achsendeterminierung noch weitgehend<br />

unbekannt (diese Arbeit, Fonseca et al., 2009; Rosenberg et al., 2009), und auch zur<br />

Funktionsweise der posterioren Wachstumszone, also der abdominalen Segmentie-<br />

rung, der Entwicklung des Kopfes und der Beinentwicklung bleiben viele Fragen<br />

bisher unbeantwortet (Schröder et al., 2008). Noch vollkommen unbearbeitet ist die<br />

Entwicklung der larvalen Beinmuskulatur.<br />

Im Rahmen des Pilot-Screens konnten bereits einige neue Kandidatengene im<br />

Zusammenhang mit der Embryonalentwicklung gefunden werden. Allein sechs<br />

Injektionen führten zu früher embryonaler Letalität, oder Fehlern bei der Befruchtung<br />

(dsRNAs mit den Nummern 8, 39, 78, 82, 89, 118). Diese Effekte, also der Tod des<br />

Embryos vor der Keimrudimentbildung und das vollständige Ausbleiben von Embry-<br />

onalentwicklung sind im Rahmen des Screens bisher nicht unterscheidbar. Mögli-<br />

cherweise lässt sich durch einige zusätzliche Vorversuche und eine genauere Analy-<br />

se des Dotters im Falle solcher Phänotypen die Unterscheidung im Rahmen des<br />

Hauptscreens noch verbessern, um dann auch schwere Defekte in sehr frühen<br />

Stadien der Embryogenese zu detektieren. Diese könnten allerdings auch durch<br />

allgemeine Funktionen für die Embryogenese hervorgerufen werden, weswegen<br />

diese Gruppe von Phänotypen wahrscheinlich keine Priorität bei weiteren Auswer-<br />

tungen erfahren wird. Leichter zu identifizieren, und möglicherweise ein deutlicherer<br />

Hinweis auf eine wichtige Funktion sind Defekte, die erst nach der Keimrudimentbil-<br />

dung zum Tod führen. Eines der injizierten dsRNA-Fragmente führte zu solcher<br />

Letalität in etwas späteren Stadien (meso-embryonal letal, RNA-# 101, similar to HIF<br />

Prolyl Hydroxylase), so dass embryonales Gewebe, aber keine Kutikula ausgebildet<br />

wurde. Zu ähnlichen Ergebnisse führten die Injektionen zu similar to Osiris 19 und<br />

similar to ras (RNA-# 47 und 49). In diesen beiden Fällen fanden sich leere Eier und<br />

unterschiedlich stark betroffene Reste embryonalen Gewebes nur zu jeweils weniger<br />

als 50 %. Diese unterschiedlichen Kategorien embryonaler Letalität zusammenge-<br />

nommen führten diese Injektionen aber jeweils bei ca. 2/3 der Nachkommen zu


II. 2. Ergebnisse<br />

embryonaler Letalität. Hier muss also während des Screens darauf geachtet werden,<br />

dass Letalität zu unterschiedlichen Stadien zusammengenommen eine durchaus zu<br />

beachtende Penetranz ergeben kann, und deshalb als Phänotyp festgehalten wer-<br />

den muss.<br />

Diese früh gestörten Phänotypen weisen wahrscheinlich auf eine Beteiligung der<br />

Gene an der Achsenbildung oder an frühen Prozessen der Segmentierung hin. Alle<br />

bisher beschriebenen embryonal letalen Phänotypen wurden nicht durch Aufnahmen<br />

dokumentiert, und finden sich deshalb nicht in Abb. 35.<br />

Dort sind weitere embryonale Phänotypen dargestellt, deren Defekte allerdings<br />

nicht so stark waren, dass sie die Bildung von Kutikula verhinderten. Unterschiedli-<br />

che Prozesse sind hierbei betroffen. Es finden sich Defekte der Kopfentwicklung<br />

(Abb. 35 B, C) der Beinentwicklung (D) und des Borstenmusters (H) auf. Solche<br />

Veränderungen des Borstenmusters können in Drosophila und mit Sicherheit auch in<br />

Tribolium als Indikator für Störungen innerhalb des Ektoderms, z.B. der planaren<br />

Zellpolarität interpretiert werden (Lawrence et al., 2004; Payre, 2004). Außerdem<br />

traten noch ein starker Musterbildungsdefekt, bei dem nur Kutikulareste zurückblie-<br />

ben (Abb. 35 F), und ein Defekt der anterioren Segmentierung auf, der allerdings nur<br />

in ca. 30 % der Larven beobachtet wurde.<br />

Besonders interessant innerhalb dieser embryonalen Phänotypen sind die Er-<br />

gebnisse der Injektion der RNA-# 9. Diese RNA entspricht einem Gen, das erstens<br />

keine Homologien zu bekannten Genen aufweist und zweitens nicht in der automati-<br />

schen Annotation des Tribolium-Genoms entdeckt wurde. Dieses Gen zeigt sich<br />

zudem pleitrop, da es einen Defekt innerhalb des Kopfes (Abb. 35 C), der Beine<br />

(Abb. 35 D) und in den Stinkdrüsen der adulten Käfer zeigt (Abb. 37 B). Hier wird<br />

also demonstriert, dass das Vorgehen im iBeetle-Screen die Detektion interessanter<br />

Gene erlaubt, die trotz des sequenzierten Genoms bisher nicht entdeckt wurden.<br />

Außerdem konnten hier bereits Phänotypen diverser Prozesse detektiert werden,<br />

was wiederum die Effektivität des Screens zeigt. Es wurden allerdings keine spezifi-<br />

schen Defekte der Muskelentwicklung detektiert. Einerseits könnte dies auf die noch<br />

neue Methodik und damit in Zusammenhang stehende Schwierigkeiten zu Beginn<br />

des Pilot-Screens zurückzuführen sein, andererseits aber auch schlicht durch die<br />

niedrige Zahl an gescreenten Genen bedingt sein. Die Detektion der Positiv-Kontrolle<br />

twist zeigte aber, dass Effekte auf die Muskelentwicklung prinzipiell erkannt werden<br />

können.<br />

179


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 35: Morphologisch feststellbare Defekte der Embryonalentwicklung nach pupaler<br />

Injektion<br />

Gezeigt sind Aufnahmen der Kutikula-Autofluoreszenz von Larven nach parentaler RNAi (B -<br />

F, H) im Vergleich zum wildtypischen Phänotyp (A, G).<br />

A laterale Ansicht des Kopfes einer Wildtyp-L1-Larve.<br />

B Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to nuclear fallout (Mikrotubuli-bindendes<br />

Protein, wichtig unter anderem für adulte sensorische Vorläuferzellen in Drosopila (Abdelilah-<br />

Seyfried et al., 2000). Laterale Ansicht des Kopfes. Die distale Borste der Antenne fehlt<br />

(Pfeilspitze).<br />

C Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem nicht annotierten Gen ohne bekannte<br />

Homologe. Laterale Ansicht des Kopfes. Das Borstenmuster des Kopfes ist gestört (Pfeilspitze).<br />

D Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einem nicht annotierten Gen ohne bekannte<br />

Homologe. Optischer Schnitt durch Kopf und Thorax. Die Kutikula der Antennen und zweier<br />

Beine ist nach innen eingestülpt.<br />

E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to translin (DNA-bindendes Protein). Ventrale<br />

Ansicht. Anteriore Segmente fehlen, nur ein thorakales Segment (die Pfeilspitze zeigt auf<br />

ein Bein) und das Abdomen sind erkennbar.<br />

F Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu einer vorhergesagten mRNA (Ähnlichkeit zu Protein-Tyrosin-Phosphatasen).<br />

Nur noch ein undefinierbarer Rest Kutikula und ein Stück Darm<br />

sind erkennbar.<br />

G Dorsale Ansciht einer Wildtyp-L1-Larve.<br />

E Phänotyp nach Injektion der dsRNA zu similar to glucorunyltransferase-I (wichtig für<br />

Proteoglykan-Biosynthese). Dorsale Ansicht. Das Borsten-Muster der abdominalen Segmente<br />

ist gestört (Pfeilspitze).<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />

T1: erstes thorakales Segment, A1: erstes abdominales Segment, A8: achtes abdominales Segment<br />

180


2.3.3. Defekte postembryonaler Prozesse<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Der zweite Haupt-Fokus des iBeetle-Screens liegt auf Musterbildungsprozessen<br />

während der Metamorphose, die durch larvale RNA-Injektionen untersucht werden<br />

sollen. Dieser Themenkomplex, bei dem vor allem die Entwicklung des Kopfes, der<br />

Extremitäten und der thorakalen Muskulatur von Interesse ist, ist noch weitgehend<br />

unbearbeitet. Hier werden also in besonderem Maße neue Forschungsrichtungen<br />

unterstützt.<br />

Auch die larvalen Injektionen führten zu einigen unterschiedlichen Phänotypen.<br />

Zunächst trat beispielsweise nach sechs Injektionen der Tod der injizierten Tiere in<br />

adulten Stadien auf (RNA-# 10, 20, 25, 55, 82, 89). Da diese Letalität erst deutlich<br />

nach der Injektion auftritt, ist dies wohl nicht auf essentielle Funktionen der Gene<br />

zurückzuführen, sondern auf eine spezifische Beteiligung an physiologischen Vor-<br />

gängen der adulten Tiere, die beispielsweise mit der Nahrungsaufnahme, dem<br />

adulten Stoffwechsel oder neurologischen Prozessen zusammenhängen könnten.<br />

Eine der RNAs dieser Gruppe könnte ein Beispiel sein, das die Schwächen eines<br />

großangelegten Screenings verdeutlicht. Die Injektion der dsRNA zu similar to calci-<br />

neurin-B (RNA-# 10) führte im Rahmen des Pilot-Screens zu erwähnter adulter<br />

Letalität. Der Tod von drei von sieben Puppen, und die verspätete Verpuppung von<br />

vier von 16 Larven flossen dabei wegen der geringen Penetranz nicht in die Katego-<br />

risierung des Phänotyps ein. In Drosophila zeigen Mutanten des calcineurin-B-Gens<br />

Störungen der Metamorphose, die zum Tod in larvalen oder pupalen Stadien führen<br />

(Sullivan und Rubin, 2002), also den wenig penetranten Phänotypen im Screen<br />

entsprechen. Außerdem entwickeln „Escaper“ der Drosophila-Mutanten Defekte der<br />

indirekten Flugmuskulatur (Gajewski et al., 2003). Dieser Phänotyp war in unserem<br />

Screen nicht nachweisbar, möglicherweise weil in diesem Fall die RNA-<br />

Konzentration nicht ausreichend war, um Defekte zu induzieren. Natürlich ist auch<br />

denkbar, dass calcineurin-B keine konservierte Funktion in Tribolium hat, dennoch<br />

verdeutlicht dieser Zusammenhang, dass die Sensitivität eines solchen Screens<br />

zwangsläufig begrenzt ist und nicht alle Faktoren mit interessanten Funktionen<br />

detektiert werden können.<br />

Zum Tod der injizierten Tiere in etwas früheren Stadien führen Faktoren, die mit<br />

der Kontrolle des Ablaufs der Metamorphose interferieren. Die RNA mit der Nummer<br />

51 führte zur Verlängerung der Larven-Phase, die RNAs 36 und 64 verhinderten die<br />

Puppenhäutung (Abb. 36 M) und RNA 88 führte zum Tod der Puppen. Zwischen<br />

181


II. 2. Ergebnisse<br />

diesen Phänotypen könnte möglicherweise ein Zusammenhang bestehen: drei dieser<br />

vier RNAs scheinen zu essentiellen „house-keeping“-Genen zu korrespondieren. Die<br />

Recherche der besten Drosophila-BLAST-Ergebnisse in „Fly base“ ergab einen<br />

Kalium-Kanal (RNA-# 51), ein Protein mit einer Rolle für den Atmungsketten-<br />

Komplex IV (RNA-# 36) und einen Elektronentransporter der oxidativen Phosphory-<br />

lierung (RNA-# 88). Im vierten Fall gab es keine Information in „Fly base“. Außerdem<br />

führten mindestens drei der vier RNAs nach pupaler Injektion zu adulter Letalität oder<br />

Kachexie, im vierten Fall wurde dies fälschlicherweise nicht getestet. Diese Situation<br />

legt nun den Schluss nahe, dass hier möglicherweise dsRNAs Stoffwechsel-<br />

relevanter Gene im Falle einer wenig effizienten larvalen RNA-Interferenz oder durch<br />

teilweise Redundanz erst in späteren Stadien zum Tod der Tiere führen. Möglicher-<br />

weise akkumulieren durch die RNAi hervorgerufene Imbalancen, bis sie schließlich<br />

zum Tod der injizierten Tiere führen und somit den Eindruck eines spezifischen<br />

Defekts der Metamorphose erwecken. Diese Situation kann bei der Suche nach<br />

Kandidaten-Genen für die Metamorphose-Kontrolle durch die Berücksichtigung der<br />

Phänotypen nach pupaler Injektion entschärft werden, indem hierbei Kandidaten<br />

priorisiert werden, die nach pupaler RNAi nicht zu Letalität führen. Die RNAs # 36, 51<br />

und 64 führten nach pupaler Injektion zu adulter Letalität/Kachexie. Es zeigt sich also<br />

der große Wert der beiden unabhängigen Injektionen für die Analyse der Screen-<br />

Ergebnisse.<br />

182<br />

Im Laufe der Metamorphose traten auch Defekte einzelner morphogenetischer<br />

Prozesse auf. So kam es zu einigen Defekten der Flügelentwicklung, der Kopf- und<br />

der Beinentwicklung sowie zu Veränderungen der Stinkdrüsen und der Kutikula (Abb.<br />

36, Abb. 37). Hervorzuheben ist dabei die Pleiotropie von similar to Dynein light<br />

chain 90F (RNA-# 70) dessen larvale Injektion zu Veränderungen der Antennen<br />

(nicht zu erkennen in Abb. 36 D), der pupalen (Abb. 36 D) und der adulten Flügel (n.<br />

gezeigt) führt und das sich zudem sowohl nach larvaler als auch pupaler Injektion auf<br />

die Morphologie des Ovars auswirkt (Abb. 33, Abb. 34). Dieses Gen scheint also in<br />

diversen Prozessen eine wichtige Rolle zu spielen, ohne eine „house keeping“-<br />

Funktion zu erfüllen. Ähnlich scheint die Situation in Drosophila zu sein, wo diese<br />

Dynein-Untereinheit ebenfalls verzichtbar für die grundsätzlichen Funktionen von<br />

Dynein zu sein scheint, aber beispielsweise während der Spermatogenese wichtig ist<br />

(Li et al., 2004; Mische et al., 2008). Es ist also denkbar, dass similar to Dynein light


II. 2. Ergebnisse<br />

chain 90F nur für bestimmte Dynein-Funktionen in unterschiedlichen Entwicklungs-<br />

prozessen benötigt wird.<br />

Eine weitere RNA (# 76) führte außerdem zu Defekten der thorakalen Muskulatur<br />

(Abb. 36 L). Diese wurden problemlos durch die pupale Analyse des Enhancer-Trap-<br />

Musters detektiert, wenngleich bei der weiteren Verfolgung der Tiere auffiel, dass der<br />

Effekt in jungen adulten Stadien noch deutlicher zum Ausdruck kam. Die Auswertung<br />

dieses Stadiums ist aber im Screenablauf nicht praktikabel (schwierigere Zeitplanung<br />

wegen engem Zeitfenster, komplizierte Auswertung wegen Beweglichkeit der Tiere,<br />

deutliche Verschlechterung der Auswertbarkeit pupal-letaler Phänotypen), dennoch<br />

sollten solche Phänotypen, wenn möglich, im Screenablauf ausgesondert und weiter<br />

beobachtet werde. Das korrespondierende Homolog dieses Gens in Drosophila spielt<br />

eine Rolle für hedgehog-Signalling und für die asymmetrische Teilung von Neu-<br />

roblasten (Jia et al., 2009; Sousa-Nunes et al., 2009), ist bisher aber nicht in Zu-<br />

sammenhang mit Muskelentwicklung gebracht worden.<br />

Abschließend sei noch ein interessanter Effekt erwähnt, der vermutlich nicht mit<br />

den Vorgängen während der Metamorphose in Zusammenhang steht: die Injektion<br />

der RNA zu similar to heterogeneous nuclear ribonucleoprotein U-like 1 (RNA-# 39)<br />

führt zum Verlust der GFP-Expression in den Augen und des Thorax der injizierten<br />

Tiere, während die schwache Expression innerhalb des zentralen Nervensystems<br />

erhalten bleibt (Abb. 36 I, J). Die Tiere haben keine weiteren Auffälligkeiten, ob die<br />

Muskulatur des Thorax vorhanden ist oder fehlt ist unklar. Ihre Nachkommen zeigen<br />

wieder das normale Enhancer-Trap-Muster. similar to heterogeneous nuclear ribo-<br />

nucleoprotein U-like 1 scheint also nötig für die GFP-Expression in den Augen und<br />

dem Thorax zu sein, dabei aber nicht mit anderen Prozessen während der Metamor-<br />

phose zu interferieren. Die pupale Injektion dieser RNA führt allerdings zu früher<br />

embryonaler Letalität oder Fehlern bei der Befruchtung.<br />

183


II. 2. Ergebnisse<br />

184


Abb. 36: Defekte in larvalen oder pupalen Stadien<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Gezeigt sind Aufnahmen unterschiedlicher larvaler RNA-Injektionen (B - E, G, H, J, L, M) im<br />

Vergleich zum Wildtyp-Phänotyp (A, F, I, K). I-M: Fluoreszenzaufnahmen der GFP-<br />

Expression.<br />

A Ventrale Ansicht einer Wildtyp-Puppe.<br />

B Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to rac-RNA (# 8). Die<br />

Flügelspitzen (Pfeil) sind nach außen gewölbt.<br />

C Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von dsRNA zu einem vorhergesagten<br />

Protein (# 3). Die Flügel sind deutlich reduziert (Pfeile), möglicherweise fehlen die Elytren.<br />

Auch die Morphologie der Beine ist gestört.<br />

D Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to dynein light chain 90F-<br />

RNA (# 70). Die Flügel sind verkürzt (Pfeile), die Antennen irregulär (Pfeilspitze).<br />

E Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to glucuronyltransferase I-<br />

RNA (# 40). Die Elytren sind verändert und reduziert (Pfeile).<br />

F Dorsale Ansicht einer Wildtyp-Puppe.<br />

G Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to flavoprotein beta petide-<br />

RNA (# 88). Eine ungewöhnliche Schwarzfärbung ist festzustellen. Die injizierten Tiere<br />

sterben als Puppen<br />

H Dorsale Ansicht einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to ras-RNA (# 49). Entlang<br />

der dorsalen Mittellinie sind dunkle, möglicherweise nekrotische Areale zu beobachten<br />

(Pfeil).<br />

I Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe in ventraler Ansicht. GFP-Expression in den<br />

Augen und dem Thorax (Pfeile) ist deutlich sichtbar.<br />

J Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to heterogeneous<br />

nuclear ribonucleoprotein U-like 1-RNA (# 39) in ventraler Ansicht. GFP-Expression in den<br />

Augen und dem Thorax ist nicht mehr sichtbar, die noch vorhandene schwache Expression<br />

innerhalb des Zentral-Nerven-Systems (Pfeilspitze) zeigt aber das Vorhandensein des<br />

Enhancer-Konstrukts.<br />

K Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe in dorsaler Ansicht. In einem Hemisegment<br />

des dritten Thorakalsegments sind zwei diagonale und drei longitudinale (Pfeile, Vergrößerung<br />

in K’) Muskeln zu erkennen.<br />

L Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler Injektion von similar to AGAP002501-<br />

RNA (# 76, vermutlich die regulatorische Untereinheit 2 der Proteinphosphatase 4) in dorsaler<br />

Ansicht. Nur zwei der drei longitudinalen Muskeln pro Hemisegment im dritten thorakalen<br />

Segment sind vorhanden (Pfeile, Vergrößerung in L’). In jungen adulten Käfern sind diese<br />

Defekte noch deutlicher (nicht gezeigt).<br />

M Laterale Ansicht eines Tiers nach larvaler Injektion von similar to GA21389-RNA (# 36).<br />

Ein Metamorphose-Block liegt vor, die Tiere versterben im gezeigten präpupalen Stadium.<br />

Unter der larvalen Kutikula sind Merkmale pupaler Stadien, wie die Komplexaugen und die<br />

thorakale Muskulatur anhand der GFP-Expression erkennbar.<br />

Anterior ist in allen Abbildungen links.<br />

185


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 37: In adulten Tieren auftretende Effekte<br />

A Ventrale Ansicht eines Wildtyp-Käfers. Kopf und die ersten beiden thorakalen Segmente<br />

sind erkennbar.<br />

B Ventrale Ansicht eines Käfers nach larvaler Injektion der dsRNA zu einem bisher unbekannten<br />

Gen ohne deutliche Homologe. Im Thorax erscheinen dunkle Flecken, deren Lage<br />

mit der Lage der prothorakalen Stinkdrüsen (Sokoloff, 1972) korrespondiert. Der Effekt war in<br />

zwei von fünf Tieren zu beobachten, war allerdings in einem der Tiere nur transient.<br />

C Ein Bein des dritten thorakalen Segments eines Wildtyp-Käfers.<br />

D Das Bein eines adulten Käfers nach larvaler Injektion von similar to thioredoxin-like-dsRNA<br />

(# 78). Vor allem Tarsus (schwarze Linie) aber auch Tibia sind verkürzt.<br />

E Der Vergleich eines Wildtyp-Käfers (oben) mit einem Käfer nach larvaler similar to Histone<br />

H3.3B-dsRNA-Injektion (#89, unten). Das RNAi-Tier zeigt eine dunklere Färbung der Kutikula.<br />

Außerdem war diese Injektion mit erhöhter adulter Letalität assoziiert.<br />

186


2.3.4. Bisher unbekannte Phänotypen der Positiv-Kontrollen<br />

II. 2. Ergebnisse<br />

Da in der Vergangenheit der Großteil der entwicklungsbiologisch arbeitenden<br />

Tribolium-Laboren an embryologischen Fragestellungen interessiert waren, haben<br />

die meisten der verwendeten Positiv-Kontrollen bekannte Aufgaben innerhalb der<br />

Embryonalentwicklung (Tab. 8). Für einige dieser Gene konnten im Rahmen der<br />

larvalen Injektionen des Pilot-Screens neue Funktionen für die Adult-Entwicklung<br />

festgestellt werden (Abb. 38). Auch dies zeigt wiederum die Pleiotropie vieler Ent-<br />

wicklungsgene, und die Effektivität mit der solche mehrfachen Funktionen innerhalb<br />

des iBeetle-Screens durch die beiden unabhängigen Injektionen erkannt werden<br />

können.<br />

Besonders interessant ist hierbei der Effekt der ultrabithorax-RNAi. Hier sugge-<br />

riert das Vorhandensein der Metathorax-typischen Muskulatur eine Transformation<br />

des ersten und zweiten abdominalen Segments hin zu einer Identität ähnlich dem<br />

dritten thorakalen Segment (Abb. 38 K). Dies steht im Widerspruch zu bereits veröf-<br />

fentlichten Daten. Tomoyasu zeigte anhand ektopischer Mesonotae und Elytren im<br />

dritten thorakalen und ersten abdominalen Segment eine Transformation hin zu einer<br />

Identität ähnlich des zweiten thorakalen Segments (Tomoyasu et al., 2005), was für<br />

das Vorhandensein von Elytren statt membranöser Flügel im Metathorax auch in<br />

meinen Injektionen bestätigt wurde. Hier scheint sich also der Verlust von<br />

ULTRABITHORAX in unterschiedlicher Weise auf das Ekto- und das Mesoderm<br />

auszuwirken.<br />

187


II. 2. Ergebnisse<br />

Abb. 38: Bisher unbekannte Phänotypen der Positvkontrollen<br />

A Laterale Ansicht einer Wildtyp-Puppe in einer Fluoreszenzaufnahme, das Komplexauge ist<br />

weiß umrandet.<br />

B und C Laterale Ansicht von Puppen nach larvaler Injektion von brain-tumor- (B) oder six-3dsRNA<br />

(C) in Fluoreszenzaufnahmen. Die Zahl der Ommatidien ist reduziert, und ihre<br />

Anordnung gestört.<br />

A - C zeigen Puppen gleichen Entwicklungsalters, ventral ist unten.<br />

D Ventrale Ansicht einer Wildtyp-Puppe. Die Flügelspitzen (Pfeile) liegen nahe beisammen.<br />

E Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler mirror-RNAi. Die Puppe ist deutlich verbreitert,<br />

so dass die Flügelspitzen nicht mehr benachbart zueinander liegen.<br />

F Ventrale Ansicht einer Puppe nach larvaler wnt-less-RNAi. Die Flügel fehlen (*) und die<br />

Beine sind verändert.<br />

G Laterale Ansicht einer Wildtyp-Präpuppe in einer Fluoreszenaufnahme. Die thorakale<br />

Muskulatur ist anhand der GFP-Expression bereits erkennbar (Pfeilspitze).<br />

H Laterale Ansicht eines Tieres nach larvaler pumilio-RNA-Injektion in einer Fluoreszenaufnahme.<br />

Die Puppenhäutung konnte nicht vollendet werden, das Tier ähnelt einer Präpupe<br />

und zeigt die sich entwickelnde thorakale Muskulatur (Pfeilspitze). Die Entwicklung ist arretiert,<br />

und die Tiere sterben in diesem Zwischenstadium.<br />

I Larvale knirps-RNAi führt zu einem identischen Phänotyp wie in H zu sehen, hier gezeigt in<br />

einer lateralen Auflichtaufnahme.<br />

J Dorsale Fluoreszenzaufnahme einer Wildtyp-Puppe. Die Pfeilspitzen markieren das erste<br />

und zweite abdominale Segment.<br />

K Dorsale Fluoreszenzaufnahme einer Puppe nach larvaler ultra-bithorax-RNAi. Im ersten<br />

und zweiten abdominalen Segment sind ektopische GFP-positive Gewebe erkennbar (Pfeilspitzen),<br />

ähnlich denen im dritten thorakalen Segment.<br />

188


3. Diskussion<br />

II. 3. Diskussion<br />

3.1. Ein genomweiter RNAi-Screen in Tribolium ist technisch<br />

möglich<br />

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit habe ich bisher die Planung, Durchführung und<br />

Auswertung eines Pilotscreens für ein genomweites Tribolium-RNAi-Screen Projekt<br />

beschrieben. Diese Arbeiten stellen die Grundlage für die technische Durchführung<br />

dieses Großprojekts und den Beweis seiner Machbarkeit dar. Im Folgenden möchte<br />

ich zusammenfassen, inwieweit damit gezeigt werden konnte, dass sich die Methodik<br />

technisch und bezüglich der zu erwartenden Ergebnisse zur Durchführung eines<br />

genomweiten Projektes eignet, und mögliche kritische Punkte aufzeigen.<br />

3.1.1. Sowohl pupale als auch larvale RNAi sind im Screenmaßstab<br />

durchführbar<br />

Im Rahmen des Pilot-Screens haben, wie auch für den Hauptscreen geplant,<br />

zwei Screener jeweils Larven bzw. Puppen mit dsRNAs injiziert und die darauf fol-<br />

genden Analysen durchgeführt. In beiden Fällen sind je vier Auswertungsschritte<br />

nötig, um alle zu untersuchenden Prozesse abzudecken (Abb. 26). Dabei wird durch<br />

die pupale Injektion auch in den Nachkommen der injizierten Tiere RNA-Interferenz<br />

ausgelöst, was die Analyse der Embryonalentwicklung erlaubt (Bucher et al., 2002).<br />

Durch die larvale Injektion soll der Einfluss der zu screenenden dsRNAs auf die<br />

Metamorphose untersucht werden (Tomoyasu und Denell, 2004; Konopova und<br />

Jindra, 2007). Die personelle Trennung beider Screen-Teile ermöglicht den Scree-<br />

nern eine optimale Einarbeitung und die nötige Routine für die teilweise anspruchs-<br />

vollen Arbeiten und Auswertungen. Die Screener müssen dabei einerseits in der<br />

Lage sein, die Injektionen so effektiv wie möglich durchzuführen, und anderseits die<br />

Morphologie der schlupfreifen Larven bzw. der Puppen und adulten Käfer genau<br />

kennen und interessante Phänotypen sicher von natürlich auftretenden Defekten<br />

unterscheiden können.<br />

Um den iBeetle-Screen genomweit durchzuführen, müssen während der ersten<br />

Phase des Projekts (drei Jahre) 6000 Gene analysiert werden. An jedem der beiden<br />

Screening-Zentren (Göttingen und <strong>Erlangen</strong>) werden zwei Screener den larvalen und<br />

zwei Screener den pupalen Teil des Screens durchführen. Dabei soll nur während<br />

189


II. 3. Diskussion<br />

des ersten Jahres aktiv gescreent werden, so dass den Doktoranden Gelegenheit<br />

gegeben werden kann, in den folgenden beiden Jahren erste Kandidaten-Gene der<br />

für sie speziell interessanten Prozesse zu analysieren. Somit muss ein Screener<br />

innerhalb eines Jahres 1500 Gene analysieren. Die vorgestellten Arbeitspläne (Abb.<br />

27, Abb. 28, Abb. 29) und die Methodik (2.1.1) erlauben diesen hohen Durchsatz.<br />

190<br />

Der Pilot-Screen machte deutlich, dass sowohl die pupale als auch die larvale<br />

dsRNA-Injektion (Bucher et al., 2002; Tomoyasu und Denell, 2004) geeignet sind,<br />

auch in großem Maßstab durchgeführt zu werden. Die Methoden sind gut routinisier-<br />

bar, schnell zu erlernen und ohne großen apparativen Aufwand anzuwenden. Die<br />

Injektionen mittels einfacher 1D-Mikromanipulatoren und fein ausgezogener Glaska-<br />

pillaren unter Verwendung mehrerer Kapillarhalter zur Vermeidung von Kreuzkonta-<br />

minationen (s. 4.2.2) erwies sich als praktikable Lösung. Die Größenselektion durch<br />

verschiedene Siebgrößen und die Kryoanästhesie der zu injizierenden Tiere erlau-<br />

ben dabei auch die einfache Durchführung larvaler Injektionen (4.2.3).<br />

Es zeigte sich, dass in beiden Fällen wenige injizierte Tiere ausreichen, um die<br />

nötigen Auswertungen durchzuführen. Im Durchschnitt überleben 86 % der Larven<br />

und 78 % der Puppen die Prozedur (nicht gezeigt), sofern kein spezifischer RNAi-<br />

Effekt zum Tod führt. So stehen meist acht von zehn Larven oder sechs von acht<br />

Puppen zur weiteren Analyse zur Verfügung. Da beide Screener im Rahmen des<br />

Pilot-Screens nicht die Gelegenheit hatten, Routine in dem Unfang zu entwickeln,<br />

wie das im Hauptscreen der Fall sein wird, kann davon ausgegangen werden, dass<br />

diese Quoten in iBeetle noch verbessert werden können. Die Zahl der überlebenden<br />

Tiere ist ausreichend, um sowohl während des pupalen Screenteils die nötige Menge<br />

an Nachkommen für die embryonalen Analysen zu erhalten, als auch während des<br />

larvalen Screens morphologische Veränderungen der Tiere festzustellen. Dies wird<br />

durch die meist hohen Penetranzen der Tribolium-RNAi-Phänotypen möglich (z.B.<br />

Bucher et al., 2002; Konopova und Jindra, 2007). Auch innerhalb des Pilotscreens<br />

waren die Effekte der Injektionen meist in 60 bis 100 % der untersuchten Tiere<br />

beobachtbar (Anhang 6 bzw. nicht gezeigt). Dies gilt sowohl für die larvalen als auch<br />

für die pupalen Injektionen und für die zufällig ausgewählten Fragmente unbekannter<br />

Funktion ebenso wie für die Positiv-Kontrollen. Nur einige wenige der neu gefunde-<br />

nen embryonalen Phänotypen (RNAs # 9, 11, 40) zeigten eine geringere Penetranz<br />

(30 - 50 %). Dies ist aber offensichtlich kein prinzipielles Problem bei embryonalen<br />

Phänotypen, da die als Positiv-Kontrollen verwendeten embryonalen Entwicklungs-


II. 3. Diskussion<br />

gene mit hoher Penetranz zu Defekten der Embryonalentwicklung führten (nicht<br />

gezeigt).<br />

Sowohl larvale als auch pupale Injektionen sind für die effektive Realisierung des<br />

RNAi-Screens notwendig, da aus technischen Gründen nicht alle zu untersuchenden<br />

Prozesse durch eine einzige Injektion abgedeckt werden können. Um Defekte der<br />

Entwicklung adulter Strukturen während der Metamorphose auszulösen muss larval<br />

injiziert werden (Tomoyasu und Denell, 2004). Da aber der RNAi-Effekt mit der Zeit<br />

nachlässt (Bucher et al., 2002), können zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife der<br />

injizierten Tiere nicht mit bestmöglicher Effizienz embryonale Phänotypen induziert<br />

werden. Somit sind zusätzliche pupale Injektionen nötig. Diese beiden Injektionen<br />

gemeinsam sind jedoch ausreichend, um Phänotypen in allen zu untersuchenden<br />

Prozessen zu detektieren (s. Ergebnisse). Für 16 der insgesamt 18 zu screenenden<br />

Prozesse (s. 1.3) konnte während des Prescreens entweder durch Positiv-Kontrollen<br />

oder unbekannte Fragmente gezeigt werden, dass das Screeningschema die Detek-<br />

tion entsprechender Phänotypen erlaubt.<br />

Während der Planungsphase des Screens wurde der Nutzen der larvalen Injekti-<br />

onen diskutiert. Die Detektion einer Reihe bisher unbekannter Phänotypen während<br />

der Metamorphose, die teilweise sogar durch Injektionen von für embryonale Phäno-<br />

typen beschriebenen Positiv-Kontrollen herrührten, macht nun aber den Wert der<br />

larvalen Injektionen deutlich. Auch das Auftreten von starken Veränderungen der<br />

Ovarmorphologie (Abb. 34), die auf Defekte der Ovariogenese hindeuten und so<br />

nicht durch pupale Injektionen erzeugbar sind, unterstützt dies. Zudem zeigte sich<br />

ein großer Wert der beiden voneinander unabhängigen Injektionen für die Auswahl<br />

von Kandidatengenen zur weiteren, detaillierten Untersuchung (s. 3.2.5). Da der<br />

Hauptfokus der meisten beteiligten Arbeitsgruppen und damit auch des iBeetle-<br />

Screens auf der Untersuchung embryonaler Prozesse liegt, stand der Verzicht auf<br />

die pupalen Injektionen zu keinem Zeitpunkt zur Debatte.<br />

3.1.2. Die Auswertungen erlauben die Analyse der zu untersuchenden<br />

Prozesse mit hoher Sensitivität<br />

Während der Vorbereitung und Durchführung des Pilotscreens wurden auch die<br />

Auswertungsschritte der Injektionen entwickelt, bzw. bestehende Methoden entspre-<br />

chend angepasst. Dabei musste sichergestellt werden, dass das volle Spektrum der<br />

zu untersuchenden Prozesse in möglichst wenigen Arbeitsschritten möglichst effektiv<br />

191


II. 3. Diskussion<br />

analysiert werden kann. Die in 2.1.1 und 4.2 beschriebenen Methoden erwiesen sich<br />

hierbei als hinreichend und notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei sind sie<br />

sensitiv genug, um trotz des hohen Durchsatzes nicht zu viele interessante Phänoty-<br />

pen zu verpassen. Im Rahmen des Pilot-Screens wurde nur eine der 30 Positiv-<br />

Kontrollen übersehen, nämlich die Transformation der Antenne zu beinähnlichen<br />

Strukturen nach spine-less-RNAi (Shippy et al., 2009; Toegel et al., 2009). Einige<br />

andere subtile, teilweise noch subtilere Phänotypen sind aber im Laufe des Screens<br />

erkannt worden, wie z.B. das Fehlen des distalen Teils der Antenne nach RNAi # 43,<br />

Veränderungen des Kopf-Borstenmusters nach labial-RNAi (Posnien und Bucher,<br />

2009) oder auch den adulten Phänotyp der spine-less-Transformation (Shippy et al.,<br />

2009). Wenn man den möglicherweise aufgrund des Injektionszeitpunkts ausgeblie-<br />

benen Ovarphänotyp nach pupaler piwi-Injektion (s. 2.2) mit einbezieht, ergibt sich<br />

eine Falsch-Negativ-Rate von 6,6 %. Mit einem solchen Anteil falsch negativer<br />

Ergebnisse muss gerechnet werden, er liegt in ähnlichen Bereichen oder sogar<br />

besser als bei anderen RNAi-Screens (Fraser et al., 2000; Sönnichsen et al., 2005;<br />

Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010).<br />

192<br />

Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Analysen geeignet sind, um<br />

Phänotypen mit hoher Sensitivität zu erkennen. Um aussagekräftige Daten über die<br />

Sensitivität jedes einzelnen Auswertungsschrittes bezüglich bestimmter Gruppen von<br />

Phänotypen zu erhalten, ist die Zahl der im Pilot-Screen bearbeiteten Injektionen<br />

aber nicht ausreichend. Darüber wird der Hauptscreen Aufschluss geben. Insgesamt<br />

kann festgehalten werden, dass alle Auswertungsschritte bereits während des Pilot-<br />

Screens erfolgreich eingesetzt wurden und somit prinzipiell geeignet sind, um neue<br />

Phänotypen zu detektieren.<br />

So wurden nach pupaler Injektion sowohl in der ersten, als auch in der zweiten<br />

Ablage Effekte der Injektionen festgestellt. Die Kutikula-Präparationen der ersten<br />

Ablage führten zur Detektion der embryonalen Phänotypen in Abb. 35. Die Auswer-<br />

tung der Lebendpräparate der zweiten Ablage ermöglichte die Detektion von drei<br />

dsRNAs, die zum Tod der Embryonen noch vor der Sekretion von Kutikula führten,<br />

und somit in den Kutikula-Präparaten der ersten Ablage nicht von unbefruchteten<br />

Eiern unterschieden werden konnten (Abb. 31). Zudem konnten durch die Analyse<br />

der Eimenge in der zweiten Ablage Defekte der Oogenese festgestellt werden (Abb.<br />

33). Leider konnten in den Lebendpräparaten keine neuen, an der Muskelentwick-<br />

lung beteiligten Gene gefunden werden. Die erfolgreiche Detektion des twist-


II. 3. Diskussion<br />

Ausfallphänotyps (einer Positiv-Kontrolle) zeigt aber, dass dies prinzipiell möglich ist.<br />

Vermutlich war die Anzahl der untersuchten Gene zu gering, um hier ein neues<br />

Kandidaten-Gen zu finden. Auch in einem Drosophila-RNAi-Screen für Muskelphäno-<br />

typen führten beispielsweise nur ca. 1,8 % der Linien zu morphologisch erkennbaren<br />

Muskeldefekten (Schnorrer et al., 2010).<br />

Auch nach larvaler Injektion konnten einige interessante Phänotypen detektiert<br />

werden (Abb. 36, Abb. 37). Diese wurden nicht nur bei der Analyse der pupalen,<br />

sondern auch der adulten Stadien gefunden. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass<br />

subtile Defekte, wie die Verkürzung distaler Beinsegmente (Abb. 37), nur bei der<br />

Untersuchung der adulten Morphologie festgestellt werden können. Auch die Aus-<br />

wertung der Legeleistung und der Stink-Drüsen nach larvaler dsRNA-Injektion erwie-<br />

sen sich als erfolgreich und sinnvoll durchführbar (Abb. 34, Abb. 37).<br />

Die Analyse der Legeleistung wurde während des Pilot-Screens in Form von Ein-<br />

zelverpaarungen durchgeführt, um die maximale Sensitivität zu erreichen. Im Rah-<br />

men des Hauptscreens sollten nur Injektionen, die bei mindestens der Hälfte der<br />

injizierten Tiere zu verminderter Legeleistung führen, auf ihren Ovarphänotyp hin<br />

kontrolliert werden. Während des Pilot-Screens wurden allerdings alle Tiere mit<br />

verminderter Legeleistung präpariert. Dabei wurde deutlich, dass durch die Einzel-<br />

verpaarungen vermutlich keine wesentliche Steigerung der Sensitivität erreicht wird.<br />

In elf larvalen Injektionen wurde eine verminderte Legeleistung in mindestens der<br />

Hälfte der Einzelverpaarungen festgestellt (vier möglicherweise „interessante“, fünf<br />

unspezifische „held-egg“-Phänotypen). In zwei Fällen (ein interessanter, ein „held-<br />

egg“-Phänotyp) trat die verminderte Legeleistung bei der Hälfte der überlebenden<br />

Tiere auf, bei den restlichen Injektionen bei allen verbleibenden Tieren. Das heißt,<br />

diese wären höchstwahrscheinlich alle ebenso in einer „Gruppenverpaarung“ erkannt<br />

worden. Bei den restlichen Injektionen traten in 26 Fällen bei maximal einem Drittel<br />

der Einzelverpaarungen verminderte Legeleistung auf. Diese Fälle würden also nicht<br />

auf ihren Ovarphänotyp hin untersucht werden und sie zeigten tatsächlich auch<br />

durchwegs keine interessanten Phänotypen. Möglicherweisen würden im Rahmen<br />

des Hauptscreens etwas mehr dieser unauffälligen Reduktionen auf ihren Ovarphä-<br />

notyp untersucht werden, wenn die Tiere in Gruppenverpaarungen gehalten werden,<br />

dies steht aber sicherlich in keinem Verhältnis zum zusätzlichen Mehraufwand der<br />

Einzelverpaarungen von ca. 2,5 bis 4 h pro Injektionsdurchgang. Somit bin ich der<br />

193


II. 3. Diskussion<br />

Meinung, dass der Einsatz der Einzelverpaarungen im Hauptscreen nicht notwendig<br />

oder sinnvoll ist.<br />

3.1.3. iBeetle ist mit den vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingun-<br />

194<br />

gen realisierbar<br />

Die nötige Gesamtzahl an Injektionen ist durch die vorgestellten Arbeitspläne und<br />

die Verschachtelung der Arbeitsabläufe mit den für iBeetle vorgesehenen personel-<br />

len Mitteln durchführbar. Wie in 2.1.2 beschrieben, können die Screener - mit Unter-<br />

stützung einer/eines technischen Mitarbeiter/in im pupalen Screen-Teil - im Durch-<br />

schnitt 30 Gene pro Woche analysieren. Durch den geplanten Einsatz eines<br />

Postdocs und sieben Doktoranden kann das Screening-Ziel von 6000 Genen in der<br />

ersten Phase in ca. 50 Wochen erreicht werden. Diese Planung verlangt einen<br />

durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsaufwand von ungefähr 28 Stunden, wobei<br />

von den Screenern eine flexible Zeitplanung verlangt werden muss, da die teilweise<br />

unveränderbaren Zeitabstände der Arbeitsschritte auch Arbeit an Wochenenden<br />

erfordern. Dies wird aber zum größten Teil durch freie Tage unter der Woche wieder<br />

ausgeglichen. Durch die Architektur aus im Prinzip abgeschlossenen Blöcken lässt<br />

sich der Screening-Ablauf alle fünf bzw. acht Wochen unterbrechen, um z.B. Ur-<br />

laubsplanungen gerecht zu werden. Die Anwesenheit weiterer Screener, eines<br />

technischen Mitarbeiters und mehrerer PIs an den Screening Centern erlaubt die<br />

Kompensation für Ausfälle wegen Krankheit, und Absprachen zur Übernahme von<br />

einzelnen kurzen Arbeitstagen bzw. -schritten. Auch innerhalb der Arbeitsabläufe<br />

sind einige Arbeitsschritte verschiebbar, so kann beispielsweise die Auswertung der<br />

Kutikulapräparate flexibel gehandhabt werden und der Zeitpunkt einiger Arbeits-<br />

schritte des larvalen Screens innerhalb gewisser Rahmenbedingungen verschoben<br />

werden.<br />

Die hier vorgestellten Techniken, Auswertungen und Arbeitsabläufe sind also ge-<br />

eignet einen genomweiten RNAi-Screen in Tribolium mit einer breiten Zielsetzung, in<br />

ausreichender Sensitivität durchzuführen.


II. 3. Diskussion<br />

3.2. Der Pilotscreen illustriert die Chancen und Risiken des<br />

Hauptscreens<br />

3.2.1. Technische Verbesserungen könnten die Effizienz des Haupt-<br />

screens noch erhöhen<br />

Die Durchführung des Pilotscreens zeigte, dass ein genomweiter RNAi-Screen in<br />

Tribolium realisierbar und vielversprechend ist. Nichtsdestotrotz zeigte er auch einige<br />

Punkte auf, die möglicherweise bis zum Beginn des iBeetle-Screens noch verbessert<br />

werden sollten, bzw. denen erhöhte Beachtung zukommen sollte.<br />

Beispielsweise erwies sich die Detektion von früh-embryonal-letalen Defekten als<br />

noch nicht ausgereift. So war es im Verlauf des Pilotscreens nicht möglich, Embryo-<br />

nen, deren Entwicklung noch vor der Bildung eines Keimrudiments zum Erliegen<br />

kam, von nicht entwickelten oder nicht befruchteten Eiern zu unterscheiden. Mögli-<br />

cherweise könnte diese Diskriminierung durch die Zugabe eines fluoreszenten DNA-<br />

Farbstoffs (z.B. Hoechst 33342) und/oder eines fluoreszenten Phalloidins deutlich<br />

verbessert werden. Da ein Teil der Embryonen in den hier zur Debatte stehenden<br />

Lebend-Präparaten durch mechanischen Druck aus der Eihülle befreit werden,<br />

könnten die verwendeten Farbstoffe das embryonale Gewebe erreichen. Hierbei<br />

muss aber noch getestet werden, ob die Diffusion der Moleküle in dem viskosen<br />

Einbettungsmedium (Voltalef-Öl) ausreichend ist. Alternativ könnten andere viskose<br />

Einbettungsmedien getestet werden, wobei sich eine 50 %ige Glycerolverdünnung<br />

bereits als weniger gut geeignet erwies, da diese häufiger zu Schäden des GFP-<br />

positiven Gewebes führte. Einen weiteren Hinweis auf initiierte Embryonalentwick-<br />

lung könnte der beginnende Abbau des Dotters liefern (Petavy, 1986), inwieweit dies<br />

aber ohne weitergehende Analysen feststellbar ist, bliebe zu testen. Gleiches gilt für<br />

die Analyse des im Hauptscreen zusätzlich zu Verfügung stehenden Fluoreszenz-<br />

markers innerhalb des Zentralnervensystems, der möglicherweise die Detektion<br />

differenzierten Gewebes erlaubt.<br />

Ein weiterer Punkt, der vor Beginn des Hauptscreens möglicherweise noch<br />

verbessert werden sollte, ist die Durchführung der Injektionen. Die fehlende Routine<br />

der Screener des Pilot-Screens, und die noch nicht perfektionierte Technik kommen<br />

in dem Befund zum Ausdruck, dass einige der als Negativ-Kontrollen durchgeführten<br />

Injektionen zur Letalität der injizierten Tiere führten (drei von zwölf im pupalen und<br />

sechs von sechzehn im larvalen Screen-Teil). Diese Kontroll-Injektionen wurden<br />

195


II. 3. Diskussion<br />

jeweils zu Beginn und am Ende eines Injektionstages durchgeführt, und sollten im<br />

Hauptscreen beibehalten werden. Dadurch wird den Screenern eine kurze tägliche<br />

Einarbeitung ermöglicht und der nachlassenden Konzentration am Ende eines Injek-<br />

tionstages Rechnung getragen, ohne die tatsächlichen RNA-Injektionen zu beein-<br />

trächtigen. Möglicherweise sollten zudem für beide Injektionen im Hauptscreen<br />

einige Faktoren standardisiert werden, wie beispielsweise die Menge der injizierten<br />

dsRNA, die maximale Stärke der verwendeten Nadel und die Injektionsstelle. Außer-<br />

dem sollte im Falle des larvalen Screens überprüft werden, ob die Dauer der Kryoa-<br />

nästhesie und die Menge des dabei entstehenden Kondenswassers einen Einfluss<br />

auf die Überlebensrate hat.<br />

196<br />

Vor dem Beginn des Hauptscreens sollte außerdem das Auftreten von Entwick-<br />

lungsdefekten in den verwendeteten Stämmen überprüft werden. Die Stämme, die im<br />

Hauptscreen zur Verwendung kommen, entsprechen genetisch nicht exakt den im<br />

Pilotscreen verwendeteten, da zusätzliche Marker eingekreutzt und männliche Käfer<br />

anderer Stämme zur Verpaarung genutzt werden. Innerhalb der Tribolium-<br />

„Community“ gilt trotz fehlender Studien als anerkannt, dass sich verschiedene<br />

Labor-Stämme in der Art und Häufigkeit der natürlich autretenden Entwicklungsde-<br />

fekte unterscheiden können. Um diesen genetischen Hintergrund der zu verwenden-<br />

den Stämme zu bestimmen und genetische Prävalenzen, also einen für bestimmte<br />

Phänotypen sensitivierten genetischen Hintergrund (St Johnston, 2002), auszu-<br />

schließen, sollten sowohl Test-Kutikulapräparationen von nicht-injizierten, als auch<br />

von mit Kontroll-RNAs injizierten Tieren ausgewertet werden.<br />

3.2.2. Der Pilot-Screen zeigt kritische Aspekte der Screen-<br />

Durchführung auf<br />

Abgesehen von den genannten technischen Aspekten, die einige wenige weitere<br />

Vorarbeiten empfehlen, wurden im Laufe des Pilotscreens einige Punkte deutlich,<br />

deren Beachtung bei der Durchführung des Hauptscreens eine wesentliche Rolle<br />

spielt, und die ich deshalb hier aufgreifen möchte.<br />

Die Grundlage für den Erfolg des iBeetle-Projekts ist die professionelle Herstel-<br />

lung der verwendeten dsRNAs. Dabei muss durch strengste Sorgfalt und effektives<br />

Qualitätsmanagement eine gleich bleibende Qualität und Konzentration der RNAs<br />

gewährleistet und Kreuzkontaminationen unbedingt vermieden werden. Durch die


II. 3. Diskussion<br />

Verwendung der gleichen Promotoren für die RNA-Synthese und die vorherige<br />

Amplifikation der Matrizen erlangt der letzte Punkt besondere Bedeutung.<br />

Eine Beobachtung während der Durchführung des Pilot-Screens verdeutlicht die<br />

Wichtigkeit dieser Qualitätskontrollen. Die dort verwendeten dsRNAs wurden auf<br />

Basis von PCR-Produkten hergestellt, die Amplifikate der Inserts zufällig gewählter<br />

Klone einer embryonalen cDNA-Bank repräsentierten (4.1). Sieben dieser dsRNAs<br />

konnten nicht in die Auswertung einbezogen werden. In diesen Fällen führte eine<br />

Verunreinigung mit einem hunchback-Fragment unbekannter Herkunft zu hunch-<br />

back-spezifischen Phänotypen. Erst bei genauer Analyse der Sequenzierungen der<br />

als Matrizen für die dsRNA-Synthesen dienenden PCR-Produkte konnte die Konta-<br />

minations-Sequenz als zusätzliches Signal knapp über dem Hintergrundrauschen<br />

nachgewiesen werden. Das detektierte Fragment trug einen 120 bp-Abschnitt der<br />

hunchback-kodierenden Sequenz, der keinem der veröffentlichten oder in unserem<br />

Labor bekannten Tribolium-hb-Klone entsprach, und somit keine Kontamination aus<br />

unserem Labor darstellt. Außerdem kann eine Kreuzkontamination mit Fragmenten<br />

innerhalb des Pilotscreens ausgeschlossen werden, da das besagte Fragment nicht<br />

auf dem für die cDNA-Bank verwendeten Vektor basiert und hunchback nicht als<br />

Positiv-Kontrolle verwendet wurde.<br />

Vermutlich ist die Kontamination auf eine Verunreinigung des verwendeten<br />

cDNA-Bank-Phagen-Lysats mit einer sehr geringen Konzentration des unbekannten<br />

hb-Fragments zurückzuführen. Bei der Prozessierung der zufälligen Auswahl der<br />

Phagen-Klone wurde dann wahrscheinlich die in einem kleinen Teil der Proben<br />

enthaltenen DNA-Verunreinigung mitamplifiziert. Für diese Erklärung spricht, dass<br />

die cDNA-Bank Anfang der 90er Jahre im Rahmen von Arbeiten zu Tribolium-<br />

hunchback von Schröder hergestellt wurde (Wolff et al., 1995).<br />

Diese Befunde zeigen, dass durch die Verwendung von Amplifikationsschritten<br />

und wegen der effizienten RNAi-Maschinerie in Tribolium schon kleine Verunreini-<br />

gungen zu unerwünschten Effekten führen können, und somit die Qualitätskontrolle<br />

der dsRNA-herstellung besondere Aufmerksamkeit verdient.<br />

Sind die zu injizierenden ds-RNAs in der notwendigen Qualität vorhanden, sind<br />

auch bei der Durchführung der Screen-Arbeit einige übergeordnete Themen zu<br />

beachten. Zunächst ist es für das Gelingen des Screens und die Validität der erhal-<br />

tenen Ergebnisse sehr wichtig, dass die Ergebnisse der einzelnen Screener absolut<br />

vergleichbar sind. Hierzu muss sicher gestellt sein, dass einerseits alle Screener<br />

197


II. 3. Diskussion<br />

nach den gleichen Methoden und denselben Arbeitsplänen vorgehen, und anderer-<br />

seits die Bedingungen an den beiden Screening-Centern (einschließlich Temperatur<br />

und Luftfeuchtigkeit) möglichst exakt angeglichen werden.<br />

198<br />

Um dies zu gewährleisten, ist die Einarbeitung der Screener von zentraler Be-<br />

deutung. Dabei sind sicherlich die Durchführung der Injektionen und die Auswertung<br />

und <strong>Dokument</strong>ation der Ergebnisse die wichtigsten Aspekte. Aber auch die Präpara-<br />

tion der Ovare, die Prozessierung der injizierten Tiere und die Vermeidung von<br />

Kreuzkontaminationen muss mit gleich bleibender Sorgfalt erfolgen. Bei der geringen<br />

Zahl an Tieren mit denen in diesem Screen gearbeitet wird, kann der Verlust oder die<br />

Verschleppung weniger Tiere bei Absiebe- oder Transferschritten durchaus Ergeb-<br />

nisse verändern. Als eine Möglichkeit der Qualitätskontrolle der praktischen Durch-<br />

führung sollte neben Puffer-Injektionen am Beginn und am Ende jedes Injektionstags<br />

auch die Verwendung von zufällig eingestreuten Positiv-Kontrollen erwogen werden.<br />

Für die Gewährleistung hoher Qualität der Screeningergebnisse ist außerdem die<br />

regelmäßige Kommunikation der Screener äußerst wichtig. Dies soll über Telefon-<br />

konferenzen und einen iBeetle-Blog realisiert werden. Durch diesen engen Kontakt<br />

kann schnell auf unvorhergesehene Schwierigkeiten reagiert werden und der<br />

Screen-Ablauf im gegenseitigen Austausch in Frage gestellt und optimiert werden.<br />

Wichtige Punkte sind dabei speziell zu Beginn des iBeetle-Screens die Durchführung<br />

und Zahl der Injektionen, der Erfolg der Auswertungen und die sinnvolle Definition<br />

der Phänotyp-Kategorien. Der Grundstein dieser Kommunikation und des techni-<br />

schen Trainings soll zu Beginn des iBeetle-Screens im Rahmen eines ca. einwöchi-<br />

gen Kurses gelegt werden. Dieses „kick-off Meeting“ sollte auch genutzt werden um<br />

die Motivation der Studenten und ihre Verantwortung für das gesamte iBeetle-Projekt<br />

sowie das Gemeinschaftsgefühl des iBeetle-Teams zu stärken (Peterson, 2007). Die<br />

anspruchsvolle Screening-Arbeit erfordert hohen persönlichen Einsatz, der nur durch<br />

positive Identifikation mit dem Gesamt-Projekt und dem beteiligten Team gewährleis-<br />

tet werden kann.<br />

3.2.3. Der Pilot-Screen macht die Effektivität eines RNAi-Screens deut-<br />

lich<br />

Der Pilot-Screen zeigte nicht nur, dass die Methodik durchführbar ist und dabei<br />

geeignet Phänotypen zu detektieren, er macht außerdem die hohe Effektivität eines<br />

RNAi-Screens in Tribolium deutlich. So konnten in wenigstens 17 der larvalen und in


II. 3. Diskussion<br />

12 der pupalen Injektionen interessante neue Phänotypen gefunden werden. Diese<br />

stellen potentielle Kandidatengene für 12 der insgesamt 18 in iBeetle untersuchten<br />

Entwicklungsprozesse dar. Außerdem konnten im Rahmen des larvalen Screen-Teils<br />

sogar für 6 der verwendeten Positiv-Kontrollen bisher nicht beschriebene Effekte<br />

beobachtet werden.<br />

Dabei ist besonders wichtig, dass hier Kandidatengene gefunden werden kön-<br />

nen, deren Beteiligung an bestimmten Prozessen nicht durch den bisher verfolgten,<br />

auf Orthologie und Homologie basierenden Kandidatengenansatz aufgedeckt werden<br />

konnte. So fanden sich nämlich außer Genen, für deren Drosophila-Homologe be-<br />

reits Funktionen beschrieben waren (z.B. Dynein-light chain 90F, RNA# 70, Abb. 33,<br />

Abb. 34, Abb. 36), beispielsweise auch solche, deren Drosophila-Homologen bisher<br />

keine Funktion zugeordnet war (z.B. RNA# 3, ein vorhergesagtes Protein homolog zu<br />

CG12975, Abb. 33, Abb. 36). Solche Gene haben entweder ihre Funktion im Laufe<br />

der Evolution verändert, oder sie wurden in den bisherigen Drosophila-Screens und<br />

Studien nicht detektiert. In jedem Fall können durch solche Befunde also auch Pro-<br />

jekte in anderen Insektenarten, einschließlich Drosophila, unterstützt werden.<br />

Besonders interessant sind außerdem Gene, für die bisher kein Drosophila-<br />

Homolog annotiert wurde. Hinter diesen könnten sich Faktoren verbergen, die mögli-<br />

cherweise spezifische Innovationen innerhalb der Käfer darstellen, oder aber an-<br />

zestrale Insektengene, die während der Drosophila-Evolution verloren gingen. Auch<br />

für dieses Szenario fand sich ein Beispiel (RNA# 85, Abb. 34).<br />

Eine letzte interessante Gruppe sind schließlich Gene, die nicht in den Daten-<br />

banken annotiert sind. Diese wurden möglicherweise aufgrund einer ungewöhnlichen<br />

Struktur oder wegen Lücken in der Genomsequenz, nicht von den automatischen<br />

Genom-Annotations-Projekten in Tribolium und Drosophila erkannt und zusätzlich<br />

nicht von bisherigen funktionellen Studien erfasst. Auch ein Beispiel dieser Gruppe<br />

wurde im Rahmen des Pilot-Screens detektiert (RNA# 9, Abb. 35, Abb. 37) Solche<br />

Gene zeigen deutlich den Nutzen eines cDNA-basierten Ansatzes wie dem hier<br />

verfolgten, der es auch ermöglicht Gene zu detektieren, die „in silico“ nicht gefunden<br />

werden könnten. Ein Beispiel für einen ähnlichen Fall ist das polycistronische mille-<br />

pattes-Gen, das durch einen cDNA-in-situ-Hybridisierungs-Screen entdeckt wurde<br />

und aufgrund seiner ungewöhnlichen Struktur höchstwahrscheinlich nicht von einer<br />

Annotations-Pipeline erkannt worden wäre (Savard et al., 2006a). Zudem ist dies ein<br />

Beispiel für unterschiedliche Gen-Funktionen innerhalb der Insekten, da mille-pattes<br />

199


II. 3. Diskussion<br />

in Tribolium, nicht aber in Drosophila für die Segmentierung benötigt wird (Galindo et<br />

al., 2007).<br />

200<br />

Vor allem die beiden letzten Gen-Gruppen zeigen, dass iBeetle in der Lage sein<br />

wird wichtige Entwicklungsgene zu identifizieren, die nicht bereits in den zahlreichen<br />

Drosophila-Screens entdeckt wurden, und demonstrieren damit den großen Nutzen,<br />

den iBeetle für die Insekten-Entwicklungsbiologie haben wird.<br />

Trotz seiner insgesamt hohen Effizienz gibt es eine Einschränkung, die iBeetle<br />

mit vielen anderen Screens teilt, nämlich das Prinzip der Detektion des frühesten<br />

Phänotyps (St Johnston, 2002). Das bedeutet, dass beispielsweise letale Defekte der<br />

Embryonalentwicklung in genetischen Screens die Beobachtung späterer Phänoty-<br />

pen verhindern. In iBeetle wird dieser Effekt abgeschwächt, indem durch die pupalen<br />

und larvalen Injektionen zwei Screens kombiniert werden. Nichtsdestotrotz können<br />

Fragmente, deren larvale Injektion zu Letalität während der Metamorphose oder<br />

früher führt, nicht mehr auf ihre Rolle für die Funktion der Stinkdrüsen untersucht<br />

werden, was im Sinne der ökonomischen Durchführung des Screens akzeptiert<br />

werden muss. Ein ähnliches Problem tritt auch im pupalen Screenteil auf. Führt die<br />

Injektion zum Tod der injizierten Tiere, ist also ein essentielles, ein „house keeping“-<br />

Gen betroffen, oder ruft die RNAi einen Oogenese-Defekt hervor, so können keine<br />

Embryonen zur Auswertung gesammelt werden. Im Rahmen des Pilot-Screens<br />

führten 20 Injektionen zu Letalität, sechs zu einem Ovarphänotyp und fünf zu einem<br />

Eiablagehemmungsphänotyp („held egg“) und konnten somit nicht auf ihren embryo-<br />

nalen Phänotyp hin überprüft werden. Diese Einschränkung könnte nur durch zusätz-<br />

liche embryonale Injektionen (Brown et al., 1999b) vollständig umgangen werden,<br />

was wegen des sehr hohen Aufwands im Rahmen von iBeetle nicht möglich ist.<br />

Während der Planungsphase wurde der Einsatz von adulten dsRNA-Injektionen<br />

als Alternative diskutiert, die möglicherweise weniger häufig zu reduzierter Legeleis-<br />

tung der injizierten Tiere führt (van der Zee et al., 2006). Obwohl dies möglicherweise<br />

z.B. die Zahl der „held egg“-Phänotypen reduzieren würde, wurde diese Alternative<br />

aus mehreren Gründen als nicht sinnvoll verworfen: 1. RNAi gegen essentielle Gene<br />

führt vermutlich auch nach adulter Injektion zu Letalität. 2. Adulte RNAi führt im<br />

Allgemeinen zu schwächeren embryonalen Phänotypen (nicht gezeigt, Erfahrungen<br />

der Labore Klingler, Schoppmeier). 3. Adulte RNAi führt erst mehrere Tage nach<br />

Injektion zu den maximalen RNAi-Effekten und scheint weniger lange anzuhalten als<br />

pupale RNAi. Dabei ist fraglich, ob der Zeitpunkt der maximalen Effizienz für unter-


II. 3. Diskussion<br />

schiedliche Gene vergleichbar ist, und somit ein standardisiertes Screening-Protokoll<br />

möglich ist. 4. Die Tribolium-Community hat jahrelange Erfahrung mit pupaler, nicht<br />

aber mit adulter RNAi.<br />

Somit muss auch im pupalen Screen diese Einschränkung der Effektivität zu-<br />

gunsten der Gesamt-Performance in Kauf genommen werden.<br />

3.2.4. Der Pilot-Screen suggeriert eine hohe Zahl an Tribolium-Genen<br />

deren Verlust zu Letalität in unterschiedlichen Stadien führt<br />

Wie bereits erwähnt, konnten bereits im Laufe des Prescreens etliche neue Phä-<br />

notypen detektiert werden. Unter Berücksichtigung der Injektionen, die bald nach der<br />

Injektion zur Letalität der injizierten Tiere ohne interessante Phänotypen führten,<br />

zogen insgesamt 55 % der Injektionen Letalität in unterschiedlichen Entwicklungs-<br />

stadien nach sich. 33 % führten dabei zu für den Screen interessanten Phänotypen.<br />

Dies ist zunächst erfreulich, da dies zeigt, dass iBeetle mit hoher Effizienz Phänoty-<br />

pen erzeugen wird. Allerdings scheint dieser Wert im Verhältnis zu Studien in ande-<br />

ren Arten sehr hoch zu sein. So geht man beispielsweise davon aus, dass nur ca. ein<br />

Drittel aller Drosophila-Gene zu Letalität mutieren kann (Nüsslein-Volhard, 1994;<br />

Miklos und Rubin, 1996).<br />

Prinzipiell ist durchaus denkbar, dass zwischen Tribolium und Drosophila Unter-<br />

schiede in der Zahl der essentiellen Loci bestehen. So wäre es möglich, dass in<br />

Drosophila ein höherer Redundanz-Level die Zahl an zu Letalität mutierbaren Genen<br />

im Vergleich zu Tribolium reduziert, und somit die Diskrepanz dieser Zahlen auf<br />

tatsächliche biologische Unterschiede beider Arten hinweisen.<br />

Man muss allerdings davon ausgehen, dass die hier verglichenen Zahlen vermut-<br />

lich durch diverse Umstände beeinflusst werden, und die Diskrepanz in Wirklichkeit<br />

weniger ausgeprägt ist. So fokussierten die klassischen Drosophila-Screens der<br />

Vergangenheit beispielsweise entweder auf zygotische oder maternale Genfunktio-<br />

nen (Gans et al., 1975; Nüsslein-Volhard und Wieschaus, 1980; Nüsslein-Volhard et<br />

al., 1987; Schüpbach und Wieschaus, 1989; St Johnston und Nüsslein-Volhard,<br />

1992), während parentale RNAi in Tribolium beides gleichermaßen betrifft (Schinko<br />

et al., 2008). Außerdem werden in iBeetle innerhalb eines genomweiten Screens<br />

mehrere sowohl embryonale als auch post-embryonale Prozesse untersucht, wobei<br />

Screens in Drosophila häufig auf einen bestimmten Entwicklungsprozess (z.B. Gao<br />

et al., 1999) und oft einen genomischen Bereich fokussierten (z.B. Lewis et al.,<br />

201


II. 3. Diskussion<br />

1980). Bei der Kalkulation der Gesamtzahl letaler Gene in Drosophila mussten also<br />

mehrere Arbeiten ausgewertet und die Ergebnisse insgesamt extrapoliert werden<br />

(Miklos und Rubin, 1996), während der iBeetle-Screen ein direkteres und somit<br />

möglicherweise realistischeres Bild liefern wird. Zudem muss davon ausgegangen<br />

werden, dass die klassischen Drosophila-Mutagenese-Screens nicht vollständig<br />

saturiert waren (Pollock und Larkin, 2004), und somit auch die Kalkulationen der<br />

essentiellen Loci nicht akkurat sind. Die Schätzungen der Zahl der Drosophila-Loci,<br />

die zu Letalität führen können, könnten also zu niedrig sein und zumindest einen Teil<br />

der Differenz erklären.<br />

202<br />

Als mögliche Erklärung aus anderer Sicht ist denkbar, dass die Zahl der zu Letali-<br />

tät führenden Injektionen des Pilot-Screens nicht repräsentativ für den iBeetle-<br />

Hauptscreen ist und somit der eigentliche Anteil niedriger läge. Zunächst ist offen-<br />

sichtlich, dass die Stichprobe der 82 zufällig gewählten Klone zu klein ist, um eine<br />

statistisch signifikante Aussage über alle Tribolium-Gene zu machen. Vor allem aber<br />

könnte die Verwendung einer embryonalen cDNA-Bank zur Überrepräsentierung von<br />

wichtigen Entwicklungsgenen und damit zu einem erhöhten Anteil an letalen Injektio-<br />

nen geführt haben. Auch die schon in 3.2.1 erwähnten, noch nicht perfektionierten<br />

Injektionen könnten diese Anzahl beeinflussen, und in einigen Fällen den Grund für<br />

den Tod der injizierten Tiere darstellen. Allerdings ist dies nur in maximal 8 % der<br />

Injektionen denkbar, da die restlichen Fragmente (20 %) in beiden unabhängigen<br />

Injektionen zum Tod führten (Abb. 30) und somit höchstwahrscheinlich als spezifi-<br />

scher Effekt der RNAi und nicht als Schwäche der Methode zu werten sind. Auch<br />

ohne Injektion und ohne ersichtlichen Grund kommt es hin und wieder zum Tod<br />

einzelner Käferpopulationen (J.Trauner, persönl. Mitteilung), eine Problematik, mit<br />

der während des iBeetle-Screens gerechnet werden muss.<br />

Eine letzte Möglichkeit, die zu einer Erhöhung der Zahl letaler Injektionen in Tri-<br />

bolium führen könnte, ist das Auftreten von „Off-target effects“ der injizierten RNAs.<br />

Solche sind in Tribolium zwar bisher nicht beschrieben worden, es ist aber denkbar,<br />

dass sie häufiger vorkommen, aber wegen der relativen Seltenheit von Genen mit<br />

starken frühembryonalen Phänotypen übersehen wurden. Der RNAi-Mechanismus<br />

basiert auf siRNAs mit einer Länge von 21 Nukleotiden (Meister und Tuschl, 2004).<br />

Es ist möglich, dass solche kurze, zufällig zu anderen Genen identische Abschnitte in<br />

einigen dsRNA-Fragmenten vorkommen. Dabei ist anzunehmen, dass der Effekt<br />

solcher kurzer Abschnitte im Vergleich zur langen Gesamt-dsRNA nicht in der Lage


II. 3. Diskussion<br />

ist, einen spezifischen Phänotyp zu überdecken. Verursacht der Verlust des eigentli-<br />

chen Zielgens aber keinen sichtbaren Defekt, wäre es möglich, dass sich die „off<br />

target“-Sequenz auswirkt. In Drosophila RNAi-Screens wurden solche „off target“-<br />

Effekte tatsächlich beschrieben (Ma et al., 2006), es ist somit wahrscheinlich, dass<br />

sie auch in Tribolium auftreten. Um diese Möglichkeit bei der Auswahl von Kandida-<br />

tengenen mit interessanten Phänotypen auszuschließen, sieht die Planung des<br />

iBeetle-Projekts vor, dass für alle Teilprojekte zunächst eine Anzahl an potentiellen<br />

Kandidaten mit nicht überlappenden RNA-Fragmenten auf die Spezifität des Phäno-<br />

typs hin überprüft wird. Sollten „off target“-Effekte auftreten, wird gegebenenfalls<br />

versucht, das eigentlich für den Phänotyp verantwortliche Gen zu identifizieren.<br />

Dieses Vorgehen wird somit auch erlauben, das Auftreten solcher „off target“-Effekte<br />

in Tribolium zu quantifizieren.<br />

Zusammenfassend wird klar, dass der iBeetle-Pilot-Screen die Effektivität eines<br />

Tribolium-RNAi-Screen deutlich macht, obgleich die Zahl an bisher erhaltenen letalen<br />

Effekten möglicherweise etwas höher liegt, als im Hauptscreen zu erwarten.<br />

3.2.5. Die Auswertung und Kategorisierung der Phänotypen ist von<br />

größter Bedeutung für den Erfolg des Screens<br />

Es liegt auf der Hand, dass neben einer effizienten Durchführung die Auswertung<br />

der Experimente und der gesammelten Daten den kritischen Punkt für den Erfolg und<br />

die Nutzbarkeit eines Screen-Projekts darstellt. Dabei kommt es vor allem darauf an<br />

eine Balance zwischen Sensitivität und der Rate an falsch-positiven Ergebnissen zu<br />

finden.<br />

Der erste Schritt im iBeetle-Screening-Ablauf, der diese Balance beeinflusst, ist<br />

die Auswertung der Präparate im Rahmen der experimentellen Analysen. Hier ist es<br />

wichtig, dass den Screenern klare Vorgaben an die Hand gegeben werden, welche<br />

Aspekte bei der Auswertung zu beachten sind und wie ein stereotypes Vorgehen<br />

eingehalten werden kann um die höchstmögliche Effizienz und Sensitivität zu errei-<br />

chen. Hierfür sollen die Screener in einem Einführungslehrgang geschult werden,<br />

und außerdem sollen detaillierte Screening-Tafeln der zu untersuchenden Strukturen<br />

entworfen werden, die auch ein bestimmtes Vorgehen bei der Auswertung der Prä-<br />

parate vorgeben (s. 4.2). Um bereits an diesem Punkt die Zahl an falsch positiven<br />

Ergebnissen zu reduzieren, ist es nötig, bei den Screenern ein Bewusstsein für die<br />

Art und die Häufigkeit natürlich auftretender Entwicklungsdefekte zu schaffen. Dieser<br />

203


II. 3. Diskussion<br />

phänotypische Hintergrund sollte vor Beginn des Screens sorgsam für die verwende-<br />

ten Stämme beschrieben und den Screenern zugänglich gemacht werden.<br />

204<br />

Die wichtigste Stellschraube für die Balance zwischen sensitiver Phänotypdetek-<br />

tion und der Falsch-positiv-Rate ist die Kategorisierung der beobachteten Defekte<br />

und die Definition dieser Kategorien. Fasst man die Grenzen der Kategorien sehr<br />

weit, wird man selbst schwach penetrante Phänotypen detektieren, aber auch etliche<br />

unspezifisch auftretende Defekte fälschlicherweise als potentiell interessant festhal-<br />

ten. Im Rahmen des Pilotscreens wurden durch die Auswertung der Positiv-<br />

Kontrollen und der unbekannten Fragmente solche Definitionen erarbeitet, die ich als<br />

Grundlage für den iBeetle-Hauptscreen empfehle. Die genauen Beschreibungen<br />

finden sich im Anhang. Für die meisten Kategorien halte ich eine Grenze von 50 %<br />

der untersuchten Tiere für sinnvoll. Tritt ein Defekt mit einer niedrigeren Frequenz<br />

auf, so gilt dieser zunächst als nicht signifikant. Allerdings empfehle ich, für jede<br />

Injektion auch die Möglichkeit einzuräumen, einen weniger penetranten Phänotyp<br />

anzugeben, der zwischen 25 und 50% der Tiere betrifft. Dies ermöglicht die Daten-<br />

bank auch nach weniger penetranten Phänotypen zu durchsuchen und stellt so die<br />

höchstmögliche Effizienz sicher. Außerdem erlaubt es die Detektion von Phänotypen,<br />

die von anderen Effekten, beispielsweise von Letalität, überdeckt werden. So führte<br />

beispielsweise die larvale Injektion eines Fragments mit Homologie zu dem Dro-<br />

sophila TGF-!-Rezeptor thickveins (RNA# 19) zu einer verlängerten Larvenphase in<br />

nur 37 % der Tiere, während die Injektion aufgrund der Zahl früh verstorbener Larven<br />

als larval letal gewertet wurde. Zudem kann dieser zusätzliche Phänotyp auch eine<br />

Hilfe bei der Priorisierung potentieller Kandidatengene sein, indem beispielsweise ein<br />

Phänotyp, der mit einer leichten Erhöhung der Letalität einhergeht, eine niedrigere<br />

Priorität erhalten würde, als einer, bei dem das nicht der Fall ist.<br />

Bei der Entscheidung über die Priorität eines potentiellen Kandidatengens, und<br />

damit der Frage nach der Wahrscheinlichkeit mit der ein beobachteter Defekt spezi-<br />

fisch ist, ist der Vergleich der Ergebnisse der beiden unabhängigen Injektionen eine<br />

unschätzbare Hilfe. Aufgrund des methodischen Aufwands des iBeetle-Screens ist<br />

es nicht möglich, echte Replikate im gleichen Umfang durchzuführen, wie sie in Zell-<br />

Kultur-Screens üblich sind (Zhang und Heyse, 2009). Dennoch wird die gleiche<br />

dsRNA während des Prescreens zweimal injiziert, und die Information dieser beiden<br />

Injektionen steht zur Beurteilung des betreffenden Gens zur Verfügung. So kann<br />

beispielsweise vermutet werden, dass ein wenig auffälliger Ovar-Phänotyp im pupa-


II. 3. Diskussion<br />

len Screen, dessen dsRNA nach larvaler Injektion zu Letalität führt, nur auf reduzier-<br />

te Fitness der injizierten Tiere zurückzuführen sein könnte (s. 2.3.1) und somit eher<br />

als unspezifisch zu werten ist.<br />

Neben der Ausbildung und Anleitung der Screener ist für alle im letzten Abschnitt<br />

behandelten Punkte vor allem die Gestaltung der Datenbank iBeetlebase von grund-<br />

legender Bedeutung. Diese erfüllt für iBeetle einen doppelten Zweck. Einerseits<br />

erlaubt sie die direkte Protokollierung der Beobachtungen während des Screen-<br />

Ablaufs, andererseits ermöglicht sie den langfristigen Zugang zu den Daten und<br />

Ergebnissen des Screens, und soll dabei zu einer Genfunktions-orientierten Triboli-<br />

um Datenbank wachsen.<br />

In Zusammenhang mit dem ersten Punkt ist es notwendig, dass die Datenbank<br />

zu jedem Arbeitschritt während des Screens die Möglichkeit bietet Beobachtungen<br />

festzuhalten, auch wenn diese nicht direkt ergebnisrelevant sind. So ist es für den<br />

Screener beispielsweise wichtig einzugeben, wie viele Tiere die Injektion überlebten,<br />

auch wenn dies kein auffälliger Wert ist, da diese Information für spätere Auswertun-<br />

gen wie beispielsweise der Bestimmung der Eimenge wichtig ist. Die Zahl der noch<br />

im Screen verbleibenden, bzw. der verstorbenen Tiere ist eine Information, deren<br />

redundante Angabe zu Beginn jedes neuen Auswertungsschritts die Orientierung<br />

erleichtert. Es sollte auch zu jedem Arbeitsschritt die Möglichkeit bestehen, digitale<br />

Fotografien zur <strong>Dokument</strong>ation unvorhergesehener Beobachtungen einzufügen.<br />

Bei den Auswertungsschritten ist geplant, die Beschreibung festgestellter Phäno-<br />

typen über Auswahlmenüs zu organisieren, um die Nomenklatur möglichst einheitlich<br />

und vergleichbar zu halten. Diese Auswahlmenüs müssen sehr detailliert entworfen<br />

werden, um möglichst viele Eventualitäten abzudecken, und sie müssen die Be-<br />

schreibung mehrerer unabhängiger Phänotypen erlauben. Sie sollten zudem freie<br />

Felder zur <strong>Dokument</strong>ation unvorhergesehener Effekte vorsehen und für jeden Phä-<br />

notyp die Angabe der beobachteten Frequenz fordern. Somit kann die Datenbank die<br />

Kategorisierung des Phänotyps aufgrund der Auswahlmenüs und der eingegeben<br />

Frequenz automatisch vornehmen. Hier sollten ein oder mehrere Hauptphänotypen<br />

und ein oder mehrere weniger penetrante Phänotypen als Ergebnis jeder Injektion<br />

ermittelt werden. Um die Unvoreingenommenheit der Screener zu gewährleisten,<br />

sollten die Sequenzen oder Annotationen der injizierten RNAs während des Scree-<br />

nings nicht einsehbar, nach Abschluss des Screening-Durchgangs, also nach der<br />

Eingabe aller relevanten Beobachtungen, aber abrufbar sein.<br />

205


II. 3. Diskussion<br />

3.2.6. iBeetle hat sehr gute Chancen, seine Ziele zu erreichen<br />

206<br />

Ein genomweiter RNAi-Screen ist der effektivste Weg, um Tribolium als Modell-<br />

system der modernen Entwicklungsbiologie weiter zu entwickeln. iBeetle als umfas-<br />

sender genomweiter Ansatz ist nötig, um die Einschränkungen zu überwinden, die<br />

dem bisher verfolgten, auf Homologie zu Drosophila beruhenden, Kandidatengenan-<br />

satz innewohnen. Dabei wird dies nicht nur der Tribolium-Forschung, sondern auch<br />

Arbeiten an allen anderen Insekten und Arthropoden von Nutzen sein, wenn neben<br />

den Drosophila-Daten eine weitere Quelle umfassender funktioneller Informationen<br />

zur Verfügung steht.<br />

iBeetle nimmt im Vergleich zu anderen großen Screen-Projekten eine ganz be-<br />

sondere Stellung ein. Bisher wurden genomweite in-vivo RNA-Intereferenz-Screens<br />

der Entwicklung vor allem in C. elegans durchgeführt (Fraser et al., 2000; Gönczy et<br />

al., 2000; Sönnichsen et al., 2005) und können erst seit kurzem durch die Verfügbar-<br />

keit von transgenen RNAi-Bibliotheken (Dietzl et al., 2007) auch in Drosophila reali-<br />

siert werden (Neely et al., 2010; Schnorrer et al., 2010). Dort wurden bis dato nur<br />

Studien in Zell-Kultur durchgeführt (Kiger et al., 2003; Boutros et al., 2004; Friedman<br />

und Perrimon, 2006). iBeetle ist also Teil einer sehr aktuellen Entwicklung der Insek-<br />

ten-Forschung. Einzigartig ist iBeetle aber vor allem durch seinen umfassenden<br />

Ansatz. Zum einen werden die Experimente nicht auf genomische Bereiche oder<br />

Gengruppen eingeschränkt, sondern umfassen das gesamte Genom. Zum anderen<br />

werden zwei wesentliche Entwicklungsprozesse, die Embryonalentwicklung und die<br />

Metamorphose untersucht. Dies erlaubt eine Breite der untersuchten Fragestellun-<br />

gen, wie sie auch in genetischen Screens bisher nicht möglich war. Zudem werden<br />

sowohl zygotische als auch maternale Effekte auf die Embryonalentwicklung detek-<br />

tiert. Genetische Screen-Projekte der Embryonalentwicklung in Drosophila fokussier-<br />

ten beispielsweise auf zygotische oder maternale Genfunktionen (Nüsslein-Volhard<br />

und Wieschaus, 1980; Schüpbach und Wieschaus, 1986), oder konzentrierten sich<br />

nur auf spezielle Fragestellungen (Collins und Cohen, 2005). Solche spezifischen<br />

Screening-Projekte herrschen auch in anderen Modellorganismen wie dem Zebra-<br />

fisch oder der Maus vor (Sun et al., 2004; Rubio-Aliaga et al., 2007).<br />

Im Vergleich zu genetischen Screen-Projekten (Maderspacher et al., 1998; Trau-<br />

ner et al., 2009), ist die Verwendung von RNA-Interferenz in Tribolium deutlich bes-<br />

ser geeignet, um ein solches genomweites Vorhaben zu realisieren. Vor allem einige<br />

praktische Faktoren spielen dabei eine grundlegende Rolle. So erfordert ein RNAi-


II. 3. Diskussion<br />

Screen keine teure, dauerhafte und arbeitsintensive Stammhaltung der Linien mit<br />

interessanten Phänotypen, was noch schwerer wiegt, da diese Stammhaltung in<br />

Tribolium wegen des Mangels an Balancer-Chromosomen äußerst aufwändig ist<br />

(Berghammer et al., 1999a). Ebenfalls nicht nötig ist die sehr zeitintensive Identifizie-<br />

rung der betroffenen Gene. In einem RNAi-Screen als einer Methode der reversen<br />

Genetik (Adams und Sekelsky, 2002) ist das Zielgen der injizierten dsRNA bereits<br />

zum Zeitpunkt des Screens bekannt. Schließlich kommt der Frage der Saturierung<br />

nur mehr eine untergeordnete Rolle zu, da diese nun leichter zu bestimmen und zu<br />

beeinflussen ist, als das bei klassischen genetischen Screens der Fall war (Pollock<br />

und Larkin, 2004). Die Kombination aus cDNA-basierter und Genom-Annotations-<br />

basierter Genauswahl sollte dazu führen, dass nahezu alle Tribolium-Gene für iBeet-<br />

le verfügbar sind.<br />

Obwohl der Pilot-Screen von dieser Saturierung natürlich weit entfernt ist, konn-<br />

ten dennoch weitere Vorteile bereits bei dessen Durchführung illustriert werden. So<br />

erlaubt beispielsweise die larvale Injektion von dsRNA die Analyse von Entwick-<br />

lungsprozessen während der Metamorphose, ohne von einer eventuellen embryona-<br />

len Funktion der untersuchten Gene verhindert zu werden, was in klassischen gene-<br />

tischen Screens ein Problem darstellt (St Johnston, 2002). Bereits im Pilot-Screen<br />

führten beispielsweise die RNAs #8 und 78 (similar to rac, similar to thioredoxin-like<br />

protein, Abb. 36, Abb. 37) nach larvaler Injektion zu Defekten der pupalen Flügel<br />

bzw. der adulten Beine, nach pupaler Injektion aber zu frühembryonaler Letalität. Ein<br />

weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang stellen die neu gefundenen Metamor-<br />

phose-Phänotypen der für embryonale Funktionen bekannten Positiv-Kontrollen dar<br />

(Abb. 38).<br />

Während des Pilot-Screens wurde zudem deutlich, dass eine relativ kleine Zahl<br />

injizierter Tiere ausreicht, um die Screen-Ziele zu erreichen. Auch dieser Punkt ist ein<br />

Vorteil eines RNAi- gegenüber einem genetischen Screen. Durch die hohe Penet-<br />

ranz der RNAi genügen wenige Tiere zur Auswertung. In klassischen genetischen<br />

Screens ergibt sich hingegen schon aus den nötigen Kreuzungen, dass nur 1/3 bis<br />

1/4 der untersuchten Tiere die Mutation homozygot tragen (St Johnston, 2002).<br />

Unter Ausnutzung dieser Vorteile sollen durch iBeetle drei übergeordnete Ziele<br />

erreicht werden. Erstens sollen durch die Detektion interessanter Genfunktionen in<br />

Tribolium die Grundlagen für neue und bisher in Drosophila vernachlässigte For-<br />

schungsrichtungen gelegt werden. Zweitens sollen Kandidatengene für wichtige<br />

207


II. 3. Diskussion<br />

Prozesse der Insektenembryologie entdeckt werden, die in Drosophila keine oder<br />

andere Funktionen erfüllen, bzw. die bisher nicht erkannt wurden. Diese sind beson-<br />

ders interessant in Zusammenhängen mit Prozessen, die trotz intensiver Forschung<br />

in Tribolium noch Fragen offen lassen. Drittens soll Tribolium schließlich als Screen-<br />

fähiges Modellsystem etabliert werden, dessen Möglichkeiten für zukünftige Frage-<br />

stellungen und Arbeitsgruppen, die andere Insektenarten untersuchen, benutzt<br />

werden können.<br />

208<br />

Auf dem Weg zum Erreichen des dritten Ziels wurde durch die Etablierung und<br />

Durchführung des Pilot-Screens bereits ein großer Schritt getan. Es konnten Vorge-<br />

hensweisen entwickelt und getestet werden, deren Prinzipien sich an andere Frage-<br />

stellungen und Zielsetzungen anpassen lassen. Nachdem dann im Rahmen von<br />

iBeetle eine genomweite Bibliothek von dsRNAs etabliert worden ist, und die Durch-<br />

führung des Screens auch im großen Maßstab erfolgreich war, werden auch in<br />

Tribolium spezifische biologische Fragestellungen genomweit und funktionell unter-<br />

sucht werden können.<br />

Der Pilot-Screen konnte zudem zeigen, dass iBeetle zumindest in der Lage sein<br />

kann, auch die beiden ersten Ziele zu erreichen. Es konnten bereits Gene identifiziert<br />

werden, für die bisher keine Funktion in Drosophila beschrieben wurde und die<br />

deshalb als neue Gene von besonderem Interesse sind. Auch für Prozesse, die in<br />

iBeetle erstmalig systematisch untersucht werden sollen oder, die bisher nur wenig<br />

bearbeitet wurden, konnten potentielle Kandidatengene identifiziert werden.<br />

Somit habe ich keinen Zweifel daran, dass das iBeetle-Konsortium seine Ziele er-<br />

reichen wird. Ich bin überzeugt davon, dass iBeetle die Entwicklung Triboliums zu<br />

einem wichtigen Modellsystem weiter vorantreiben wird und durch die öffentlich<br />

verfügbare Datenbank iBeetle-Base einen weitreichenden und nachhaltigen Nutzen<br />

für die Insekten-Biologie haben wird.


4. Material und Methoden<br />

II. 4. Material und Methoden<br />

4.1. Synthese doppelsträngiger RNA komplementär zu zufällig<br />

gewählten cDNA Klonen<br />

Die im Pilot-Screen verwendeten dsRNAs wurden auf Basis von amplifizierten<br />

cDNA-Fragmenten einer embryonalen Lamda-Phagen cDNA-Bank synthetisiert, die<br />

ursprünglich von R.Schröder erstellt wurde (Wolff et al., 1995). Diese wurde im<br />

wesentlichen wie in der Herstellerangabe des Uni-ZAP XR Vector Kits (Stratagene,<br />

La Jolla, CA) und in Sambrook and Russel (2001) beschrieben, unter Verwendung<br />

der dort angegebenen Medien und Reagenzien eingesetzt. Der Titer der amplifizier-<br />

ten Phagen betrug 4,9 x 10 7 pfu/ml. Das Äquivalent von 50 pfu wurde mit 200 !l XL1-<br />

blue MRF E. coli (Stratagene) in 3 ml NZY-top-Agar auf 12 x 12 cm LB-Agar-Platten<br />

ausplattiert, um klar voneinander abgegrenzte Plaques zu erhalten.<br />

Einzelne Plaques wurden mit Hilfe einer sterilen Pipettenspitze in einen 20 !l<br />

PCR-Ansatz überführt. Durch Verwendung eines T7-Promotor-spezifischen und<br />

eines T3-Promotor-spezifischen Primers, der zusätzlich eine T7-Promotor-Sequenz<br />

trägt, wurden die Matrizen für die dsRNA-Synthese hergestellt. Dabei wurde die<br />

peqGOLD Taq-Polymerase und Reagientien von Peqlab (<strong>Erlangen</strong>) verwendet.<br />

Tab. 9: PCR zur Synthese der Matrize für die dsRNA-Synthese<br />

Primer Annealingtemperatur<br />

Zyklen Elongation<br />

T7 5´-TAATACGACTCACTATAGG-3´ 40 °C 5 2 min<br />

T3-T7 5´-TAATACGACTCACTATAGG<br />

AATTAACCCTCACTAAAGGG-3´<br />

55 °C 30 2 min<br />

Die PCR-Reaktionen mit einem Insert zwischen 450 und 2000 bp wurden aufge-<br />

reinigt (Roche High Pure PCR cleanup Micro Kit) und in 10 !l eluiert. Die Konzentra-<br />

tion wurde durch Gelelektrophorese bestimmt (i.d.R. zwischen 50 und 100 ng/!l) ca.<br />

150 ng jeder Probe zur Sequenzierung eingeschickt (Seqlab, Göttingen) und ca. 250<br />

ng zur RNA-Synthese mit Hilfe des MEGAScript T7 Kits von Ambion verwendet.<br />

Dabei wurde ein Viertel der vom Hersteller empfohlenen Menge an Enzym und<br />

Nukleotiden im halben empfohlenen Volumen eingesetzt. Die RNA wurde in 10 !l<br />

Injektionspuffer (1,4 mM NaCl, 0,07 mM Na2HPO4, 0,03 mM KH2PO4, 4 mM KCL; 4%<br />

209


II. 4. Material und Methoden<br />

Phenolrot, Sigma) gelöst und per Spektrophotometrie die Konzentration bestimmt<br />

(typischerweise zwischen 3 und 4 !g/!l). Die RNA wurde auf ca. 1 !g/!l verdünnt<br />

(Injektionspuffer mit 4% Phenolrot, Sigma), wobei für die Berechnung 5 % der ge-<br />

messenen Konzentration abgezogen wurden, um trotz eventueller Messfehler die<br />

ausreichende Konzentration zu erhalten.<br />

Abb. 39: Zusammenfassung der Sequenzierungsergebnisse der Matrizen zur dsRNA-<br />

Synthese<br />

Das Diagramm zeigt das Ergebnis der Matrizen-Synthese für die dsRNA-Synthese. Von 227<br />

durchgeführten PCRs zeigten 179 eine Insertgröße zwischen 450 und 2000 bp. Davon<br />

erwiesen sich nach der Sequenzierung 18 % als nicht auswerbar, weil sie entweder, wahrscheinlich<br />

wegen zu geringer Konzentration, nicht sequenzierbar waren, das Sequenzierergebnis<br />

nicht eindeutig ausgewertet werden konnte, sie Doppelsignale zeigten, oder einen<br />

Mikrosatelliten enthielten. 14 % konnten als ribosomale, 11 % als mitochondriale Gene<br />

identifiziert werden. Die restlichen 58 % representierten weitere annotierte und nicht annotierte<br />

Transkriptionseinheiten des Tribolium-Genoms. Insgesamt 11 % der Fragmente fanden<br />

sich mehrfach, die Hälfte davon ribosomale und mitochondriale Gene.<br />

Die erhaltenen Sequenzen sind auf einer CD die dieser Arbeit beiliegt gespeichert.<br />

4.2. Detaillierte Durchführungsanweisung zum iBeetle Screening<br />

210<br />

Schema<br />

Im Folgenden werde ich, in detaillierterer Form als an dieser Stelle üblich, auf die<br />

Durchführung der Injektionen und Auswertungen im Rahmen des iBeetle-Pilot-<br />

Screens eingehen. Diese Aufstellung kann so als Durchführungsanweisung für<br />

iBeetle genutzt werden.


II. 4. Material und Methoden<br />

Bei Arbeitsschritten die im Pilotscreen auf andere Art und Weise durchgeführt<br />

wurden, als es im Hauptscreen geplant oder angezeigt ist, sind die Varianten deutlich<br />

mit (H) für Haupt- und (P) für Pilotscreen gekennzeichnet.<br />

Bei Detektion eines Phänotyps werden höchstens fünf digitale Aufnahmen zur<br />

<strong>Dokument</strong>ation festgehalten, in begründeten Ausnahmen (z.B. mehrere unabhängige<br />

Defekte) eventuell auch mehr.<br />

Inkubationen finden bei 32°C, ca. 60 % Luftfeuchtigkeit und Dauerlicht statt, In-<br />

jektionen bei 23 °C.<br />

4.2.1. Verwendete Stämme<br />

Im Pilotscreen wurden für den pupalen Screenteil weibliche Tiere des pig19-<br />

Stamms verwendet (Lorenzen et al., 2003). Dieser trägt einen eGFP-enhancer trap<br />

in der Nähe eines actin-Gens (Lorenzen et al., 2007). Die Expression des Enhancer-<br />

Traps im Großteil der somatischen Muskulatur der Tribolium-L1 Larve erlaubt die<br />

Analyse embryonaler Muskeltypen am Fluoreszenzmikroskop.<br />

Im Rahmen des larvalen Screenteils wurden Tiere des mD17-Stammes<br />

(Pavlopoulos et al., 2004) injiziert. Der Enhancer-Trap eines minos-eGFP-Konstrukts<br />

unbekannter Integrationsstelle führt zur Expression in der Thoraxmuskulatur adulter<br />

Tiere (Pavlopoulos et al., 2004). Es stellte sich jedoch heraus, dass diese nur in<br />

jugendlichen Tieren feststellbar, dort aber wegen der sich differenzierenden Kutikula<br />

nur innerhalb eines kurzen Zeitfensters nach der Ecdysis durch äußere Inspektion<br />

detektierbar ist. Die Expression in den sich entwickelnden Muskeln in pupalen Sta-<br />

dien eignet sich hingegen zur Auswertung an einem Fluoreszenz-Stereomikroskop,<br />

wobei erst ältere Puppen ab ca. 70 % des Puppenstadiums (bereits sklerotisierende<br />

Mandibeln, Schachtner, nicht veröffentlicht) das volle Muster zeigen.<br />

Für den Hauptscreen wird der pig19-Stamm um ein Konstrukt ergänzt werden,<br />

das dsRedexpress-Expression im zentralen Nervensystem hervorruft (Bucher, nicht<br />

veröffentlicht) und der mD17-Stamm wird einen dominanten Augenmarker auf dem<br />

Y-Chromosom tragen (Lorenzen et al., nicht veröffentlicht), der die Unterscheidung<br />

von männlichen und weiblichen Larven erlaubt.<br />

Zur Verpaarung der Tiere werden während des Haupt-Screens Männchen des<br />

black Stammes zur Verwendung kommen (Sokoloff et al., 1960), während im Vor-<br />

screen der San-Bernardino(SB)-Stamm (Klingler, nicht publiziert) benutzt wurde. In<br />

ersterem Stamm dient eine dunklere Kutikulafärbung, im zweiten die dunkle Augen-<br />

211


II. 4. Material und Methoden<br />

pigmentierung zur Unterscheidung von injizierten Weibchen und nicht inzierten<br />

Männchen im weiteren Screeningverlauf.<br />

4.2.2. Pupale Injektion und darauf folgende Auswertungen<br />

1) Bereitstellung von männlichen Tieren zur Verpaarung<br />

212<br />

(H) Wöchentlich sollten black-Puppen nach Geschlecht sortiert und z.B. in Ein-<br />

heiten von ca. 50 Tieren aufbewahrt werden, damit immer männliche Tiere zum<br />

Verpaaren verfügbar sind, und bei Kontamination mit Weibchen nur ein kleine Menge<br />

verworfen werden muss. Eine Kontamination mit Weibchen lässt sich nach 3 Wo-<br />

chen am Vorhandensein von Larven erkennen. Dies sollte von studentischen oder<br />

technischen Assistenten durchgeführt werden.<br />

(P) Ca. 3 Wochen vor der Injektion wurden SB-Puppen nach Geschlecht sortiert.<br />

Der zeitliche Abstand erlaubt die Kontrolle auf Kontamination durch Weibchen an-<br />

hand An- oder Abwesenheit von Larven.<br />

2) Sortieren der Puppen zur Injektion<br />

Männliche und weibliche Puppen werden am effektivsten an einem Stereomikro-<br />

skop mit Durchlichteinrichtung unter Verwendung einer zum Saug-Greifer umgebau-<br />

ten Aquariumspumpe sortiert und Weibchen im injektionsfähigen Alter (ca. 75 – 90 %<br />

der Puppenentwicklung abgeschlossen) gesammelt. Bei einer Stammhaltung bei ca.<br />

23 °C und einer dreitägigen Eiablage zur Etablierung einer Population sind in einer<br />

Population mit ca. 50 % adulten Tieren, wiederum ca. 50 % der weiblichen Puppen<br />

im richtigen Alter für die Injektion. Die restlichen weiblichen Puppen können für<br />

Injektionen späterer Injektionstage herangezogen werden.<br />

3) Injektion (Tag 0)<br />

8 weibliche Puppen pro Gen (ca. 4!l 1 !g/!l RNA pro Gen) werden auf einem<br />

Objektträger (OT) fixiert, und wie von Bucher beschrieben injiziert (Bucher et al.,<br />

2002; Bucher und Klingler, 2004). 1 zusätzliche Puppe wird aufgeklebt um für even-<br />

tuelle Schwierigkeiten zu kompensieren und gegebenenfalls nach der Injektion<br />

wieder entfernt. Als Orientierung für die richtige Lumenweite der Kapillarspitze dient<br />

der Übergang vom distalen, dunklen zum proximalen hellen Bereich der Urogomphi<br />

der Puppe.


II. 4. Material und Methoden<br />

Bei der Injektion werden zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen drei Nadel-<br />

halter verwendet. Nach einer Injektion wird der verwendete Nadelhalter in Wasser<br />

eingelegt (sinnvollerweise während der nächsten Injektion), dann kurz in 70% EtOH<br />

gespült, und getrocknet. Vor der Wiederverwendung wird mit Druckluft nachgetrock-<br />

net. So wird ständig ein Nadelhalter benutzt, einer ist in Wasser eingelegt und einer<br />

trocknet.<br />

! Besonderheiten beim Verlauf der Injektion werden festgehalten.<br />

Nach der Injektion werden die Puppen in ca. 10 g doppelt-griffigem Mehl in einer<br />

Petrischale (9 cm, rund) bis zum Schlupf inkubiert, vier adulte Männchen werden<br />

zugegeben (H: black, P: SB).<br />

4) Pupale Analyse und Umsetzen (Tag 3)<br />

OT werden entfernt, Käfer und Mehl werden per Trichter in ein Blocksystem<br />

(Berghammer et al., 1999a) transferiert. Nicht geschlüpfte Puppen werden bei Auffäl-<br />

ligkeiten (z.B. erhöhter Letalität) auf Phänotypen untersucht.<br />

! Festhalten der Schlupfrate.<br />

! Gegebenenfalls Festhalten von Auffälligkeiten/Phänotypen.<br />

5) Erste Ablage (Tag 9)<br />

Ablage zum Nachreifen für Kutikulapräparate. Die Eier werden in einem doppel-<br />

ten Reifungsblock mit Auffangblöckchen inkubiert (300 !m Maschenweite erlaubt<br />

Durchschlüpfen der Larven), geschlüpfte Larven werden in Speiseöl aufgefangen.<br />

! Festhalten der Eimenge (0: keine Eier, -: reduzierte Eimenge, +: durchschnitt-<br />

liche Eimenge, ++: hohe Eimenge). Als Orientierung dienen Kontrollablagen von<br />

einem bis acht uninjizierten Tieren (H: eine zu erstellende Abbildung von Beispielge-<br />

legen von einem bis acht Tieren) und der Vergleich der Gelege untereinander.<br />

6) Zweite Ablage (Tag 11)<br />

Ablage zum Nachreifen für Lebendpräparate. Die Eier werden in einem einfachen<br />

Reifungsblock inkubiert. Der Reifungsblock (100 !m Maschenweite) steht auf Mehl,<br />

das durch die Maschen in den Block gelangt und Kannibalismus verhindern soll.<br />

! Festhalten der Eimenge (0, -, +, ++)<br />

213


II. 4. Material und Methoden<br />

214<br />

Empfehlung: Die <strong>Dokument</strong>ation des (mit Beschriftung versehenen) Reifungs-<br />

blocks mit einer einfachen Digitalkamera dient als Sicherheit und erlaubt im Notfall<br />

die nachträgliche Kontrolle der Ablagemenge.<br />

Bei deutlich verminderter Legeleistung werden pro betreffenden Ansatz 4 Weib-<br />

chen auf das Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getestet<br />

(Ovarpräparation).<br />

egg“)<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation potentieller Oogenese-Phänotypen (kein „held<br />

Ovarpräparation (Rechtshänder): Käfer mit linker Dumont-Pinzette fest an T2<br />

greifen, dabei öffnen sich die Elytren. Mit rechter Pinzette an den letzten beiden<br />

Abdominalsegmenten fassen und halten. Mit linker Pinzette loslassen und den Käfer<br />

dann nach dorsal klappen, bis die ventrale Epidermis und Kutikula aufreißt. Nun mit<br />

links anterior festhalten (z.B. mit geöffneter Pinzette von dorsal auf beiden Seiten so<br />

lateral wie möglich im Bereich des Thorax bzw. des anterioren Abdomens den Käfer<br />

auf die Unterlage drücken) und mit rechts in einer flüssigen Bewegung die letzten<br />

beiden Abdominalsegmente wegziehen. Dabei sollte im Idealfall das vollständige<br />

Ovar mit aus der Karkasse gezogen werden. Dies erfordert Übung!<br />

7) Kutikulapräparate herstellen (Tag 13)<br />

! Menge der geschlüpften Larven festhalten (0, -, +, ++)<br />

Verbleibende Eier in flaches (0,7 cm) Blöckchen (180 !m) transferieren. Vorsicht,<br />

um die Orientierung zu behalten muss zweimal umgeschüttet werden! Die Eier 2 x 3<br />

min in 50% Klorix dechorionisieren, dabei durch auf und ab Bewegen aus der Flüs-<br />

sigkeit heraus möglichst viel Mehl wegwaschen. Danach mit Wasser aus einer<br />

Spritzflasche spülen, dabei am besten von unten Kontakt zur Beckenkante halten,<br />

damit das Wasser abläuft und sich nicht im „Well“ sammelt („Überlaufgefahr“).<br />

An einem Stereomikroskop mit ausreichend Arbeitsabstand mit einem Pinsel die<br />

Eier aus dem „Well“ in ca. 70 !l Hoyers Medium/Milchsäure (1:1) übertragen. Vorher<br />

das „Well“ auf ein Tuch trockentupfen und zur Orientierung markieren. Ca. 2/3 der<br />

Eier eines Geleges als Quetschpräparat. Dabei mit einem stumpfen Gegenstand an<br />

mehreren Stellen vorsichtig Druck auf das Deckglas ausüben, bis die Eihüllen auf-<br />

platzen. 1/3 ungequetscht auf dem gleichen OT einbetten.


II. 4. Material und Methoden<br />

Bei sehr wenigen Eiern wird ein Quetschpräparat hergestellt, wenn viele schlupf-<br />

reife Larven sichtbar sind. Bei vielen scheinbar unentwickelten Eiern wird nicht<br />

gequetscht. Die Präparate werden über Nacht bei 60°C inkubiert.<br />

8) Auswertung der Kutikulapräparate<br />

Die Auswertung der Präparate am Fluoreszenz-Mikroskop erfolgt zu unterschied-<br />

lichen Zeitpunkten. Verwendet wird ein YFP-Filter und eine Dunkelfeldeinstellung des<br />

Mikroskops. Die Präparate werden zunächst unter Verwendung eines 10fach Objek-<br />

tivs in horizontalen Linien „gescannt“. Dabei wird auf deutliche Veränderungen der<br />

Morphologie und die Zahl an nicht-entwickelten Embryonen geachtet. Hierfür emp-<br />

fiehlt sich die Dunkelfeldeinstellung. Anhand des Dotters sind dann nicht entwickelte<br />

Eier gut von leeren Eihüllen (Larve geschlüpft) zu unterscheiden. Defekte werden bei<br />

höherer Vergrößerung (20fach - 40fach Objektiv) analysiert und charakterisiert, um<br />

dann ihre Häufigkeit zu bestimmen. Werden keine deutlichen Veränderungen festge-<br />

stellt, werden ca. 25 % der Larven, mindestens aber fünf Tiere, im Detail (20fach -<br />

40fach Objektiv) auf subtile Veränderungen der Morphologie (va. Kopfborstenmuster,<br />

Mundwerkzeuge, Beine) untersucht.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Veränderungen der Eiform und -größe.<br />

! Festhalten des Anteils nicht-entwickelter Eier.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Veränderungen, also embry-<br />

onaler Phänotypen, und deren Häufigkeit.<br />

(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />

Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />

9) Lebendpräparate herstellen und auswerten (Tag 14)<br />

Nach 72-stündiger Inkubation Embryonen und geschlüpfte Larven umschütten<br />

und dechorionisieren wie in Schritt 7 beschrieben. Mit einem Pinsel je die Hälfte der<br />

Eier und Larven eines Geleges in je einen Tropfen Voltaleföl (10s) auf einem Objekt-<br />

träger überführen, und die eine Hälfte als Quetschpräparat (siehe Schritt 7) die<br />

andere Hälfte ungequetscht einbetten. Bei wenigen Eiern/Tieren zunächst nicht<br />

quetschen, gegebenenfalls nach einer ersten Inspektion noch quetschen.<br />

Die Auswertung am Fluzoreszenz-Mikroskop muss am gleichen Tag durchgeführt<br />

werden. Zur Analyse eines Injektionsblocks von 30 Injektionen muss der Screener<br />

215


II. 4. Material und Methoden<br />

bei der Herstellung der Präparate von einem technischen Mitarbeiter unterstützt<br />

werden.<br />

216<br />

Das Vorgehen bei der Auswertung entspricht der in Schritt 8 angegebenen, au-<br />

ßer der Verwendung eines GFP-Filters. Die Muskulatur, im speziellen die Muskulatur<br />

der Beine wird dabei inspiziert. Bei einer erhöhten Zahl nicht zur Schlupfreife entwi-<br />

ckelter Eier wird durch die Verwendung von DIC-Optik entschieden, ob embryonales<br />

Gewebe nachweisbar ist.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Veränderungen der Eiform und -größe.<br />

! Festhalten früh- und mesoembryonaler Defekte und ihrer Häufikeit.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Muskulatur.<br />

(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />

Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />

Die Verwendung von Hoechst 33342 oder TRITC-markiertem Phalloidin im<br />

Einbettungsmedium könnte die Sensitivität der Analyse früh-embryonaler<br />

Phänotypen verbessern (noch zu testen).<br />

Durch die zusätzliche Verwendung eines RFP-Filters kann im Hauptscreen ein<br />

Defekt des zentralen Nervensystems detektiert werden. Der dafür nötige zusätzliche<br />

Zeitaufwand muss dabei in Betracht gezogen werden.<br />

4.2.3. Larvale Injektion und darauf folgende Auswertungen<br />

Bei Detektion eines Phänotyps werden höchstens fünf digitale Aufnahmen zur<br />

<strong>Dokument</strong>ation festgehalten, in begründeten Ausnahmen (z.B. mehrere unabhängige<br />

Defekte) eventuell auch mehr.<br />

1) Bereitstellung von männlichen Tieren zur Verpaarung<br />

Siehe Punkt 1) bei 4.2.2.<br />

2) Sammeln der Larven zur Injektion<br />

Eine Mischung älterer Larvenstadien mit 700 !m, 600 !m und 500 !m sieben,<br />

das 700 !m-Sieb mit Puppen und Präpuppen entfernen. Nach " h Inkubation haben<br />

sich die Larven der anderen Siebe ausreichend gut getrennt. Larven im letzten<br />

Larvenstadium bleiben im 600 !m Sieb zurück, Larven im 500 !m Sieb sind zu


II. 4. Material und Methoden<br />

injizieren (angenommenes L5- und L6-Stadium). Möglicherweise könnte durch Ver-<br />

wendung eines 650 !m-Siebs die Trennung von L5 und L6 noch verbessert werden.<br />

4.2.1).<br />

(H) Die Larven werden nach Geschlecht sortiert (Y-chromosomaler Marker, s.<br />

3) Injektion (Tag 0)<br />

Injektion von 20 Larven (P) bzw. 10 weiblichen Larven (H) pro Gen. Die Larven<br />

werden in einer Petrischale auf Eis kryoanästhesiert. Je 5 werden mit einem feuchten<br />

Pinsel in eine kalte Metallinjektionsplatte (gefräste Vertiefungen für die Larven; auf<br />

einem kaltem Alublock, siehe Anhang) überführt, injiziert und das pro Gen zweimal<br />

wiederholt. Injiziert wird in der Regel lateroventral zwischen das fünfte und sechste<br />

Abdominalsegment, was nicht immer möglich ist. Als Orientierung für die richtige<br />

Lumenweite der Kapillarspitze dient der Übergang vom distalen, dunklen zum proxi-<br />

malen hellen Bereich der Beinkrallen der L6-Larve.<br />

Es wird injiziert bis die Larve vollständig gestreckt ist. Nach der Injektion werden<br />

die Larven in eine Glaspetrischale auf RT überführt wo sie während der Injektion der<br />

nächsten dsRNA trocknen. Es werden wie in Schritt 3) bei 4.2.2 drei Nadelhalter<br />

verwendet und ebenso mit drei Metall-Injektionsplatten verfahren.<br />

! Besonderheiten beim Verlauf der Injektion festhalten.<br />

4) Analyse der pupalen Morphologie und Verpaarung (Tag 11)<br />

Die Tiere werden abgesiebt und in einen Inspektionsblock (1,5 cm Höhe) über-<br />

führt (zweimaliges Umschütten nötig, wegen der Orientierung!). Die Auswertung<br />

erfolgt an einem Fluoreszenz-Stereomikroskop. Die Tiere werden zunächst nach<br />

Geschlecht getrennt, und die Weibchen von ventral und dorsal auf Auffälligkeiten<br />

untersucht. Beides in Auf- oder Durchlicht und im UV-Licht unter Verwendung eines<br />

GFP-Filters. Es empfiehlt sich die zu untersuchenden Tiere aufzureihen und einem<br />

stereotypen Vorgehen zu folgen (von posterior nach anterior etc.).<br />

(H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientierung der<br />

Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.<br />

! Festhalten der Anzahl toter Larven<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Metamorphosekontrolle<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Defekte<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der thorakalen Muskulatur<br />

217


II. 4. Material und Methoden<br />

218<br />

Tiere mit Defekten der Thoraxmuskulatur sollen wenn möglich bis zu Ecdysis<br />

weiter beobachtet (separate Haltung) und gegebenenfalls erneut dokumentiert wer-<br />

den.<br />

Beispielhafte Exemplare interessanter Phänotypen werden in 75% EtOH 25%<br />

Glycerin („strump hapely“; (Lawrence et al., 1986) konserviert. Phänotypen die die<br />

Ecdysis möglicherweise durchlaufen können werden zunächst weiter prozessiert.<br />

5) Verpaarung<br />

(P) 8 der injizierten weiblichen Puppen (sofern vorhanden) werden jeweils einzeln<br />

mit zwei adulten SB-Männchen verpaart.<br />

(H) Die überlebenden Tiere werden mit 4 adulten black-Männchen verpaart.<br />

6) Kontrolle der Ecdysis, Start der Eiablage (Tag 20 – 23)<br />

Dieser Schritt muss in ausreichendem zeitlichen Abstand zur Ecdysis stattfinden,<br />

lässt aber ein relative großes Zeitfenster zu.<br />

(P) Bei erhöhter Letalität im Puppenstadium oder Auffälligkeiten bei der Ecdysis,<br />

Analyse einzelner Tiere am Stereomikroskop.<br />

(H) Bei erhöhter Letalität im Puppenstadium oder Auffälligkeiten bei der Ecdysis,<br />

Analyse im Inspektionsblock (1,5 cm Höhe) am Stereomikroskop.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation von Defekten der Metamorphosekontrolle (falls<br />

bei 4) kein Phänotyp beschrieben wurde).<br />

7) Kontrolle der adulten Morphologie und Kontrolle der Eimenge (Tag 23 – 26)<br />

Dieser Schritt findet drei Tage nach 6) statt.<br />

Ablage absieben, Kontrolle der Eimenge.<br />

! Festhalten der Eimenge (0, -, +, ++)<br />

Empfehlung: Die <strong>Dokument</strong>ation des (mit Beschriftung versehenen) Reifungs-<br />

blocks mit einer einfachen Digitalkamera dient als Sicherheit und erlaubt im Notfall<br />

die nachträgliche Kontrolle der Ablagemenge.<br />

Zunächst Kontrolle der Adultmorphologie, dann Kontrolle der Ovarmorphologie.<br />

Weibliche Käfer werden einzeln aus dem Inspektionsblock (H) oder aus der Ein-<br />

zelverpaarung (P) entnommen, durch CO2-Begasung betäubt und ihre Morphologie<br />

untersucht. (H) Die zu screenenden morphologischen Aspekte sollen zur Orientie-<br />

rung der Screener auf einer „Screening-Tafel“ zusammengefasst sein.


! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation morphologischer Defekte<br />

! Festhalten deutlich auffälliger Verhaltensabnormalien<br />

II. 4. Material und Methoden<br />

Beispielhafte Exemplare interessanter Phänotypen werden in 75% EtOH 25%<br />

Glycerin („strump hapely“,(Lawrence et al., 1986) konserviert.<br />

(H) Bei deutlich verminderter Legeleistung werden pro betreffenden Ansatz 4<br />

Weibchen auf das Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getes-<br />

tet (Ovarpräparation). Zumindest ein Tier sollte für die Kontrolle der Stink-Drüsen<br />

zurückbehalten werden.<br />

(P) Bei deutlich verminderter Legeleistung in der Mehrheit der Verpaarungen ei-<br />

ner Injektion werden die betreffenden Verpaarungen (maximal 4 Weibchen) auf das<br />

Vorhandensein eines unspezifischen „held-egg“-Phänotyps getestet (Ovarpräparati-<br />

on).<br />

Die Ovarpräparation wird wie in 4) beschrieben durchgeführt, es soll aber bei der<br />

Präparation auf das Vorhandensein der abdominalen Stinkdrüsen geachtet werden.<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation potentieller Oogenese- und Ovariogenese-<br />

Phänotypen (kein „held egg“)<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation eventueller Stinkdrüsendefekte.<br />

8) Kontrolle der Stinkdrüsen (6 – 8 Wochen nach Injektion)<br />

Weibliche Käfer werden aus dem Inspektionsblock (H) bzw. aus der Einzelver-<br />

paarung (P) entnommen, durch CO2-Begasung betäubt und auf das Vorhandensein<br />

von Defekten der Stinkdrüsen untersucht. Durch Andrücken des Tieres auf die Unter-<br />

lage spreizen sich die Elytren und das Abdomen wird gestreckt, so dass die abdomi-<br />

nalen Stinkdrüsen gut durch die dünne dorsale Kutikula erkennbar sind (Empfehlung:<br />

Verwendung einer „zweizinkigen Holzgabel“, die genug Druck aufbaut, ohne das Tier<br />

zu verletzen).<br />

! Festhalten der Anzahl toter Käfer<br />

! Festhalten und <strong>Dokument</strong>ation eventueller Stinkdrüsendefekte.<br />

219


Allgemeine Diskussion<br />

Allgemeine Diskussion<br />

In den beiden Kapiteln der vorangegangenen Arbeit wurden unterschiedliche An-<br />

sätze zur Untersuchung von Entwicklungsprozessen in Tribolium castaneum verfolgt.<br />

Beide Herangehensweisen nutzten dabei die Verfügbarkeit systemischer RNAi-<br />

Anwendungen in Tribolium, um Genfunktionen zu analysieren. Die Möglichkeit durch<br />

einfache Injektion von doppelsträngiger RNA die Expression eines beliebigen Prote-<br />

ins zu jeder Zeit und in praktisch jedem Gewebe zu reduzieren, ist einer der Haupt-<br />

vorteile von Tribolium als Insekten-Modellsystem und ermöglichte den Großteil der<br />

Tribolium-Studien der letzten zehn Jahre.<br />

Im ersten Kapitel dieser Arbeit wurde vor allem die sehr gut etablierte parentale<br />

RNAi genutzt (Bucher et al., 2002), um die Funktion von nanos und pumilio für die<br />

Embryonalentwicklung in Tribolium zu untersuchen. Dabei konnte ich zeigen, dass<br />

beide Gene eine Rolle für die Entwicklung abdominaler Segmente spielen und offen-<br />

bar mit dem terminalen System interagieren. Außerdem wurde ein Einfluss auf die<br />

Entwicklung von Kopfsegmenten festgestellt. Diese Befunde zeigen, dass die Rolle<br />

von nanos und pumilio in Tribolium nicht direkt mit ihren Aufgaben für die frühe<br />

blastodermale Regionalisierung in Drosophila vergleichbar ist (Nüsslein-Volhard et<br />

al., 1987). Zudem konnte ich zeigen, dass beide Gene nicht, wie bisher vermutet<br />

(Schröder, 2003), für die posteriore Repression der ORTHODENTICLE-1-Expression<br />

verantwortlich sind.<br />

Diese Ergebnisse verdeutlichen zwei wichtige Schwierigkeiten der vergleichen-<br />

den Entwicklungsbiologie in Tribolium. Erstens werden trotz großer Gemeinsamkei-<br />

ten zunehmend Unterschiede zwischen der Embryonalentwicklung von Drosophila<br />

und Tribolium deutlich. Gene wie nanos und pumilio sind zwar an ähnlichen Prozes-<br />

sen wie in Drosophila beteiligt, ihre Rolle ist jedoch weniger fundamental und in<br />

diesem Fall erfüllte sich die Hoffnung nicht, durch die Untersuchung dieser Kandida-<br />

tengene eine zentrale posteriore Determinante in Tribolium aufzudecken. Andere<br />

Gene, wie z.B. knirps oder hairy spielen in Tribolium sogar eine deutlich geringere<br />

Rolle als in Drosophila (Aranda et al., 2008; Cerny et al., 2008) und mittlerweile<br />

wurden auch Beispiele für Faktoren gefunden, die wiederum in Drosophila keine zu<br />

Tribolium vergleichbare Funktion erfüllen, wie z.B. mille-pattes oder mex-3 (Savard et<br />

al., 2006a; Schoppmeier et al., 2009).<br />

221


Allgemeine Diskussion<br />

222<br />

Zweitens zeigten die Arbeiten an nanos und pumilio Lücken auf, die momentan<br />

nicht durch eventuelle Funktionen bereits aus Drosophila bekannter Faktoren erklärt<br />

werden können. So bleibt beispielsweise unklar, wie die Expression von OTD-1<br />

reguliert wird. Die anterioren Defekte nach nanos/pumilio-RNAi legen außerdem die<br />

Beteiligung eines bisher unbekannten anterioren Faktors nahe. Solche Lücken<br />

offenbaren sich auch in anderen Zusammenhängen, wie beispielsweise der Regula-<br />

tion des CAUDAL-Repressors mex-3 (Schoppmeier et al., 2009).<br />

In diesem Kapitel wurden also etablierte Methoden verwendet um die Funktion<br />

zweier aus Drosophila bekannter Faktoren in Tribolium zu untersuchen. Dabei zeig-<br />

ten sich anhand der Ergebnisse die Schwächen dieses auf Kandidaten-Genen aus<br />

Drosophila basierten Ansatzes.<br />

Im zweiten Kapitel wurden sowohl parentale als auch larvale RNAi (Tomoyasu<br />

und Denell, 2004) verwendet, um ein Vorgehen zu entwickeln, das die Limitierungen<br />

dieses Kandidaten-Gen-Ansatzes überwinden kann. Dabei konnte ein Protokoll für<br />

den genomweiten Einsatz pupaler und larvaler RNAi entworfen und in einem Pilot-<br />

screen getestet werden, das im Rahmen des geplanten iBeetle-Projekts die Analyse<br />

aller Tribolium-Gene auf ihre Funktion in embryonalen und postembryonalen Ent-<br />

wicklungsprozessen ermöglichen wird.<br />

Durch dieses Vorgehen wird es möglich sein Gene zu identifizieren, die eine Rol-<br />

le für die Embryonalentwicklung Triboliums spielen, in diesem Zusammenhang aber<br />

nicht aus Drosophila bekannt sind. So könnten solche Gene beispielsweise durch<br />

technische Schwierigkeiten wie unvollständige Saturation oder dem Vorhandensein<br />

von maternaler und zygotischer Aktivität in genetischen Screens unentdeckt geblie-<br />

ben sein. Oder sie haben ihre Funktion in Drosophila verloren bzw. dort oder in<br />

Tribolium ihre Funktion verändert und sind somit nur aus anderen Zusammenhängen<br />

bekannt. Schließlich könnten solche Faktoren auch im Laufe der Fliegen-Evolution<br />

verlorengegangen sein, aber trotzdem anzestrale Gene darstellen, die somit in<br />

Tribolium untersucht werden könnten. Diese Annahme wird durch den Befund ge-<br />

stützt, dass die Genomsequenz von Tribolium einer langsamer verlaufenden evoluti-<br />

onären Veränderung unterlag als die von Drosophila und sich viele Vertebraten-<br />

Gene finden lassen zu denen ein Tribolium- aber kein Drosophila-Ortholog existiert<br />

(Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008).<br />

Somit wird iBeetle mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidatengene liefern, die auch<br />

bei der Aufklärung der noch offenen Fragen über die blastodermale Musterbildung


Allgemeine Diskussion<br />

und Achsendetermination helfen können. Zudem werden Kandidatengene für neue<br />

Forschungsrichtungen gefunden werden und die Beschränkungen des Drosophila-<br />

basierten Kandidaten-Gen-Ansatzes durch die Schaffung einer breiten funktionellen<br />

Tribolium-Datenbasis in mehreren Bereichen überwunden werden.<br />

Beide in der vorliegenden Arbeit präsentierten Projekte haben ihren Beitrag zur<br />

Weiterentwicklung Triboliums als Modellsystem geleistet und stellen auf unterschied-<br />

liche Art und Weise einen Anknüpfungspunkt für zukünftige Forschungprojekte dar.<br />

223


Anhang<br />

1. Sequenzen<br />

1.1. nanos (TC030446)<br />

Putative Proteinsequenz<br />

Anhang<br />

MSFNNYNKTPKCYDSPTLRNQQFSNVLRSIENVQPPPPSPSFYQNQPIKFQNQQFSQDVENYQRPKI<br />

CTLCWKNCETPEVFQSHTVKAEDGRVTCPILRRHICDICGATGDYAHTRRHCPNFVQNEEVIRPKPKY<br />

KVLSNGKTTKFINH<br />

Fragment für dsRNA-Injektionen<br />

CCCCAAAATGTTACGACTCCCCAACGCTCCGAAATCAACAGTTTTCCAACGTTTTACGAAGCATC<br />

GAAAATGTTCAACCACCACCACCATCCCCCAGTTTCTATCAAAACCAAGCAATAAAATTTCAAAAT<br />

CAACAATTTTCGCAAGATGTTGAAAGTTATCAACGACCGAAAATCTGCACTCTGTGCTGGAAAAAC<br />

TGTGAAACGCCTGAAGTATTTCAATCGCATACTGTAAAAGCCGAAGATGGGAGAGTTACTTGTCC<br />

GATTTTAAGACGGCATATTTGCGATATATGTGGGGCTACGGGCGATTATGCCCACACTCGACGCC<br />

ACTGCCCCAATTTTGTGCAAAACGAAGAAGTGATTCGACCCAAACCAAAATACAAGGTTTTGTCCA<br />

ACGGGAAAACGACCAAATTTATCAACCACAAGTAATTTATTGCATTGTTTATTCGATACGCACTTTA<br />

TAATCCGTTTTGTGAATTTATTCAATAAACTTTTTACACACAAAAATTCAGCCTCGTTTATTAAAACT<br />

ATCAATCTCGTCAAAAAAAAAAATAATAAGAAAACCGAATGGAAATCTTTTTCTTTTAATGTAAGAG<br />

CTGAGACTGTGGGTGTAAAGGGACGGGTTAAGCTGAGTGAAATAAAACGAGCTTTGTTGTAGTTT<br />

TATTTATAATGGCGGTCGCTTAACATTGTGAACTAACACTTATATTATTATAAAAGTAAATGGTACC<br />

TATTTACATTAGTTATAAAAACTTAAATAATTGACTAACTCGAGAAAATAGGGAATTATCATGTTATA<br />

TACAATGTAATTTGG<br />

1.2. pumilio (TC005073)<br />

Putative Proteinsequenz<br />

MMLQLVMFSKDNQTQNFHLSDQSSCVGLLETTNHDKWKYPVNSKVGTPPNSMSYIGASSTMPGLYD<br />

LGQNKSIPSEHLVYMSNQIPGGMHMHPQYLQQPLTPQMQMRQGPIAPAAKKLWGLEAKDAKSLALN<br />

HLNHEQVWRDSTWAAPEHAVSASLAMGRRGGFVGGDTGSILSPRGSDNGGLGVKMVEYVLGGSPT<br />

NKDNIGLEPRMRALHLVDDKDKDKPQSPKEEVNGQAVQNGQVSEDEKGFNRTPGSRQPSPAEEELT<br />

KNGISLDPTVVVMKPQEQLPPHLQHHHLPPHLAPHLGVTLTESVNQQFDHFEQPPPAPYDQQPHQY<br />

PPPPPQQHQVDSAVLQQQQHNFDVQAPAALLDPLDYRQTPTCLKMLPKRYINVHQWLGPVCPKDLK<br />

AQLQLFRSQQTQAATPSGAAQLQLLQQQQQYLAQQQQQAAFPQPPYVLNHQQEPSYLITAGVPQYY<br />

GVGPWVYPAPANLIQQGASNGARRPLTPNGTAEAQQQVQPQVPGGYIVPYYDQNTPILMAQGAAMR<br />

NGTPMRLVSPAPVLVQPQANRQTPAGASLYSSTPQSLYGANVNTSVNGGTLGGVAQGVGSGLFPPL<br />

HAAPPSAPFGSSSLGNIGSSATTTSLHTGLGLNTTSSGRRDSFDRNTSAFSPSLDYRQKWPTSYNIGS<br />

SPSPLTGSLTPPPSAPLQLGGLMTSRVLSAAPGAEAKYRNSVAAGLTTNAMFGSTNSLFTKINSSLST<br />

VPSSLDKGQQGRSRLLEDFRNNRYPNLQLRDLANHIVEFSQDQHGSRFIQQKLERASATEKQMVFNE<br />

ILSAAYNLMTDVFGNYVIQKFFEFGTAEQKTTLAQKVRGHVLPLALQMYGCRVIQKALESIPPEQQQEI<br />

VRELDGHVLKCVKDQNGNHVVQKCIECVDPNALQFIIQSFSGQVYTLSTHPYGCRVIQRILEHCTPEQ<br />

TAPILAELHQHTDQLIQDQFGNYVIQHVLEHGKPEDKSQLISSVRGKVLALSQHKFASNVVEKCVTHAT<br />

RAERALLIEEVCGFNDNALHVMMKDQYANYVVQKMIDVSEPTQRKVLMHKIRPHLNSLRKYTYGKHII<br />

AKLEKYFMKTPGSMGSIGGELGPIGPPTNGVL<br />

Fragment für dsRNA-Injektionen<br />

CAATCACATCGTGGAGTTCTCGCAGGACCAGCACGGGTCGCGGTTTATCCAACAGAAGTTAGAA<br />

CGGGCTTCGGCGACCGAAAAACAGATGGTTTTTAATGAAATTTTATCGGCAGCTTATAATCTTATG<br />

ACTGACGTCTTCGGCAATTATGTTATACAAAAATTCTTCGAATTCGGGACCGCTGAACAGAAGAC<br />

GACGTTGGCGCAGAAAGTCAGAGGTCACGTGCTTCCATTAGCTCTACAAATGTATGGTTGTCGG<br />

GTCATTCAAAAGGCTCTCGAATCGATTCCGCCTGAACAACAGCAAGAAATTGTGAGAGAATTGGA<br />

CGGGCATGTTTTGAAGTGCGTCAAGGACCAAAACGGAAATCATGTGGTCCAAAAGTGCATCGAAT<br />

GTGTCGACCCCAACGCCTTGCAGTTTATTATTCAGTCATTCTCGGGGCAAGTGTACACGTTATCG<br />

225


Anhang<br />

ACCCATCCGTACGGCTGCCGGGTCATTCAACGCATTTTAGAGCATTGCACACCTGAGCAGACTG<br />

CTCCAATTTTAGCCGAATTGCACCAACACACCGATCAGTTGATCCAGGATCAGTTTGGAAACTAT<br />

GTCATCCAGCATGTGTTGGAACACGGAAAGCCCGAAGATAAGAGTCAGCTGATTAGCAGCGTGA<br />

GAGGGAAAGTTTTAGCTTTAAGTCAGCATAAATTCGCCAGTAACGTCGTCGAGAAGTGCGTCACT<br />

CACGCGACCCGGGCCGAGAGGGCGCTACTAATCGAGGAAGTGTGTGGATTTAACGACAATGCTC<br />

TCCATGTCATGATGAAAGATCAGTATGCGAATTACGTGGTTCAAAAAATGATAGACGTGAGTGAG<br />

CCAACACAGCGAAAGGTGTTGATGCATAAAATCAGGCCTCATCTTA<br />

1.3. brain-tumor (TC008260)<br />

Putative Proteinsequenz<br />

MASPTPSIESLPRANSIGSFGDQADYLSLSPLEDSPLSVSGSSPPVSDSVDRDSDPSELHCQQCREP<br />

VADPKLLACFHTFCNPCLEKNKLICPRCNSESIEGILNSLLFSSDSTTDSFHPTVRCTGCKTKKLDAVA<br />

RCVDCANYLCPNCVMAHQFMHCFEGHRVVNLNEIKDESKNGLISNSTITNGENKNTVCPRHKGELLK<br />

YFCRTCSIPICKECLNLEHPAGIHEYEHISEAAPKQVEAIQHAVQEAKTKATDIRNILKNVEHVSSRLQV<br />

QYHKAQNEINDTFMFYRSMLEERKQELLKELESVFSAKQISLGVATQKGQETVEQIYKTCEFVERLNK<br />

CATIVEILMIRKLLDTKLQGLLSYNIDQSVQSACELEFVSNYQAIQVGVRNTFGYVRSNSEAVVGPSKQ<br />

PPIARPTGGSSSSGSSVNGSSGSLNGGIHCPFTISGSSQSTSPFESNIISKRFSSANSLGPFSTTIGDLN<br />

LNGINPYEKWSNGGTDTMFQNGSSDPYSLTSTGHTDPMLDLTSKLMSTAIFPPKSQIKRQKMIYHCKF<br />

GEFGVMEGQFTEPSGVAVNAQNDIIVADTNNHRIQIFDKEGRFKFQFGECGKRDGQLLYPNRVAVVR<br />

TSGDIIVTERSPTHQIQIYNQYGQFVRKFGANILQHPRGVTVDNKGRIVVVECKVMRVIIFDQTGTVLQK<br />

FGCSKHLEFPNGVVVNDKQEIFISDNRAHCVKVFSYEGVYLRQIGGEGITNYPIGVGINANGEILIADNH<br />

NNFNLTIFTQDGQLVSALESKVKHAQCFDVALMDDGSVVLASKDYRLYIYRYVQVPPIGL*<br />

Fragment für dsRNA-Injektionen<br />

GCAAGTTCGGCGAGTTTGGCGTGATGGAAGGCCAGTTTACTGAGCCGAGCGGTGTTGCGGTCAA<br />

CGCTCAAAACGACATCATCGTCGCCGACACGAACAATCATCGAATCCAGATCTTTGACAAAGAGG<br />

GCCGCTTCAAGTTCCAATTCGGCGAGTGCGGGAAACGCGACGGCCAGCTCCTGTATCCGAATCG<br />

CGTCGCTGTCGTGCGTACCTCAGGCGATATCATCGTCACGGAGCGTTCGCCCACGCACCAGATC<br />

CAAATCTACAACCAATACGGACAGTTTGTGCGAAAGTTCGGCGCCAACATCCTGCAGCATCCGC<br />

GCGGCGTCACCGTCGACAACAAAGGCCACATCGTCGTCGTCGAGTGCAAAGTGATGCGTGTGAT<br />

CATTTTCGACCAAACCGGGACCGTGCTGCAAAAATTCGGCTGTTCTAAGCACTTGGAGTTCCCGA<br />

ACGGTGTCGTCGTCAACGACAAGCAGGAGATTTTCATCAGCGATAATCGTGCTCACTGCGTCAAG<br />

GTGTTCAGTTACGAGGGTGTTTATCTGCGACAAATCGGAGGCGAAGGCATCACCAACTATCCGAT<br />

TGGTGTCGGTATCAATGCCAATGGCGAGATTCTGATCGCCGATAACCACAACAACTTCAACTTGA<br />

CCATCTTCACCCAAGACGGACAGTTGGTGTCCGCGTTAGAGAGCAAAGTGAAGCACGCCCAATG<br />

TTTC<br />

226


1.4. Potentielle Nanos-Response-Elemente<br />

Abb. 40: Sequenzvergleich veröffentlichter und potentieller NRE<br />

Anhang<br />

cDNA-Sequenzen aus den 3’-UTR-Bereichen (gt, Kr, tll, fkh) oder den putativen 3’-UTR-<br />

Bereichen (kni, cic) einiger Tribolium Gene wurden mit bekannten NRE verglichen. Fett<br />

gedruckt sind zwischen den bereits veröffentlichten NRE konservierte Nukleotide. Farbig<br />

hervorgehoben sind Nukleotide die als wesentlich für die Bindung in vitro oder die Funktion<br />

in vivo beschrieben wurden. grün: wichtig für Funktion (Curtis et al., 1997), türkis: wichtig für<br />

PUM-Bindung, rot: wichtig für Funktion (Sonoda und Wharton, 1999), orange: wichtig für<br />

NOS-Bindung (Sonoda und Wharton, 1999), blau: wichtig für PUM-Bindung (Murata und<br />

Wharton, 1995). In violett sind die Nukleotide hervorgehoben (nur beispielhaft in der Musca-<br />

Sequenz), die in einem Screen nach PUM-bindenden RNAs als Konsensus-Sequenz identifiziert<br />

wurden (Gerber et al., 2006). Diese Sequenz stellt die von Puf-Proteinen gebundene<br />

„Core“-Sequenz dar, wie sie in Kristallisationsexperimenten mit einem menschlichen PUM-<br />

Homolog bestimmt (Wang et al., 2002) und im wesentlichen für ein C. elegans-Protein<br />

bestätigt wurden.<br />

1 : (Wharton und Struhl, 1991) 2 : (Patel et al., 2001) 3 : (Wolff et al., 1995) 4 : (Schröder, 2003);<br />

227


Anhang<br />

2. Ergänzende Ergebnisse zu nanos/pumilio pRNAi<br />

2.5. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente I<br />

Tab. 10: Verteilung der Phänotypen nach nanos- und pumilio-RNAi<br />

Phänotyp Wildtyp schwach stark unspezifisch unklar<br />

dsRNA total n % n % n % n % n %<br />

nanos 179 81 45,3 51 28,5 41 22,9 4 2,2 2 1,1<br />

pumilio 65 4 6,2 35 (9) 53,8 18 27,7 0 0,0 8 12,3<br />

nanos + pumilio 60 0 0,0 9 (9) 15,0 48 80,0 3 5,0 0 0,0<br />

dsred (Kontrolle) 295 275 93,2 0 0 0 0,0 19 6,4 1 0,3<br />

Ergebnisse der phänotypischen Auswertung einzelner RNAi Experimente. Die geringere<br />

Gesamtzahl nach pum oder nos/pum Injektionen ist auf reduzierte Eiproduktion zurückzuführen.<br />

“schwach”: Larven mit reduzierter Zahl an Abdominalsegmenten, oder (selten)<br />

Veränderungen der Mundwerkzeuge (Kopfdefekte ohne Abdominaldefekte nur nach nos<br />

RNAi, in 6 von 51 Fällen). „stark“: Larven mit anterioren und posterioren Defekten. In<br />

Klammern steht die Zahl derjenigen Larven der Kategorie “schwach” bei denen ein<br />

anteriorer Phänotyp nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, weshalb sie als<br />

“schwach” statt “stark” gewertet werden mussten. “Unspezifisch” sind natürlicherweise<br />

auftretende Defekte, “unklar” Larven die wegen Präparationsartefakten nicht auswertbar<br />

waren.<br />

2.6. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente II<br />

Tab. 11: Ausprägung der Kopfdefekte nach nanos- und pumilio-RNAi<br />

Phänotyp - schwach intermediär stark<br />

dsRNA total n % n % n % n %<br />

nanos 92 45 48,9 27 29,4 17 18,5 3 3,3<br />

pumilio 44 26 59,1 15 34,1 3 6,8 0 0,0<br />

nanos + pumilio 48 0 0,0 2 4,2 17 35,4 29 60,4<br />

Ergebnisse der phänotypischen Auswertung einzelner RNAi Experimente. „schwach“: Es<br />

treten nur Transformationen auf. „intermediär“: Es treten Transformationen und in einzelnen<br />

Segmenten auch Deletionen auf. „stark“: Es treten Deletionen im mandibulären und<br />

antennalen Segment auf, selten gepaart mit Transformationen. Die Transformationen<br />

nach pum oder nos/pum RNAi sind in der Regel partielle Transformationen von Mandibeln<br />

zu möglicherweise maxillärem Schicksal, nach nos RNAi partielle Transformationen<br />

der Labialpalpen zu beinähnlichen Strukturen.<br />

228


2.7. Phänotypische Auswertung der RNAi-Experimente III<br />

Abb. 41: Verteilung der abdominalen Phänotypen nach pRNAi<br />

Anhang<br />

Es wird deutlich, dass sowohl in Folge der Einzel- als auch der Doppel-RNAi mit nanos und<br />

pumilio der Großteil der Larven noch 5 – 7 abdominale Segmente ausbildet. Gezählt wurden<br />

Larven mit unregelmäßiger abdominaler Segmentierung und klar bestimmbarer Zahl der<br />

abdominalen Semente. Die Verteilung ist repräsentativ für typische Injektionen. Basis der<br />

Grafik sind die Zahlen in Tab. 12.<br />

Tab. 12: Abdominale Phänotypen nach nos/pum-pRNAi<br />

A8 A7 A6 A5 A4 A3 keine Summe<br />

nos RNAi 4 17 30 20 7 7 1 86<br />

pum RNAi 1 12 19 10 1 43<br />

nos+pum<br />

RNAi<br />

1 2 16 14 2 35<br />

Ergebnisse der Auswertung larvaler Phänotypen nach pRNAi. Angegeben ist<br />

das posteriorste, noch ausgebildete abdominale Segment zweifelsfrei analysierbarer<br />

larvaler Kutikulas als Ergebnis representativer RNA Injektionen.<br />

Terminale Strukturen wurden nicht einbezogen.<br />

229


Anhang<br />

3. Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitschritte<br />

Tab. 13: Zeitaufwand der iBeetle-Arbeitsschritte<br />

Arbeitsschritt Zeitaufwand pro dsRNA Zeitaufwand für 30/23 dsRNAs<br />

pupaler Screen<br />

Injektion (inkl. Vorbereitung) 19,5 min 9 h 45 min<br />

Injektion 11 min 5 h 30 min<br />

Vorbereitung (Puppen sortieren,<br />

Aufkleben etc.)<br />

230<br />

8,5 min 4 h 15 min<br />

Transfer 2,5 min 1 h 15 min<br />

Sieben - 40 min<br />

Kutikula-Präparate anfertigen 6 min 3 h<br />

Kutikula-Präparate auswerten 12 min 6 h<br />

Muskel-Präparate anfertigen 6,5 min 3 h 15 min<br />

Muskel-Präparate auswerten 9 min 4 h 30 min<br />

Präparation potentieller Ovar-<br />

Phänotypen<br />

larvaler Screen<br />

3 min 1 h 30 min<br />

Injektion 15 min 5 h 45 min<br />

Pupale Analyse 18 min 6 h 54 min<br />

Schlupfkontrolle 4,5 min 1 h 44 min<br />

Adulte Analyse 12 min 4 h 35 min<br />

Stinkdrüsenkontrolle 4 min 1 h 32 min<br />

Die angegebenen Zeiten sind Durchschnittswerte, die während der Durchführung des Pilot-<br />

Screens ermittelt wurden. Diese wurden in der zweiten Spalte für 30 (pupaler Screenteil)<br />

bzw. 23 (larvaler Screenteil) Injektionen/Gene/dsRNAs extrapoliert.


4. Alublöcke für larvale Injektionen<br />

Abb. 42: Maße der für die larvalen Injektionen verwendeten Aluminiumblöcke<br />

Anhang<br />

A Injektionsplatte. Die Larven werden in fünf 1 mm breite und 10 mm lange Vertiefungen<br />

(Tiefe: 1 mm) platziert und dort injiziert.<br />

B Dieser Block wird gekühlt in einem Zeiss Stereomikroskop platziert und hält die Temperatur<br />

ausreichend für die Injektion einer dsRNA. Auf Eis kann der Block in wenigen Minuten<br />

wieder gekühlt werden.<br />

231


Anhang<br />

5. Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Pilot-Screens<br />

Tab. 14: Zusammenfassung der Ergebnisse des iBeetle Vorscreens<br />

Pupale Injektion Larvale Injektion<br />

Adult letal/kachektisch 21 Larval letal 21<br />

früh-embryonal letal/nicht befruchtet 6 Adult letal 6<br />

Meso-embryonal letal 1 Metamorphose Block I 1<br />

gemischt embryonal letal 2 Metamorphose Block II 2<br />

starker Musterbildungsdefekt 1 Metamorphose Block III 1<br />

Segmentierung 1 Pupaler Flügeldefekt 4<br />

Borstenmusterdefekt 1 Pupaler Kopfdefekt 1<br />

Kopfdefekt 2 Defekt der Thoraxmuskulatur 1<br />

Beindefekt 1 Adulter Flügeldefekt 1<br />

232<br />

Adulter Beindefekt 1<br />

Stinkdrüsendefekt 1<br />

Oogenesedefekt 1 Oogenesedefekt 1<br />

Ovaratrophie 5 Ovaratrophie 3<br />

Nekrotisches Gewebe 1<br />

Andere 1<br />

Kein Phänotyp 42 Kein Phänotyp 40<br />

! 42 Phänotypen in 42 Injektionen ! 46 Phänotypen in 40 Injektionen


233<br />

6. Liste der im Pilot-Screen injizierten Fragmente<br />

Seq. #<br />

Insert<br />

(bp)<br />

RNA<br />

# Gen (NCBI o. GLEAN) Acc. # (NCBI) GLEAN #<br />

bester D.m. Hit<br />

(Acc.#, BlastX) protein e-value<br />

Phänotyp pupale<br />

Injektion (Penetranz)<br />

a21 1400 1 similar to Exportin 1 XM_968740 12162 NP_723391 embargoed 2,00E-11 adult lethal (100 %)<br />

a31 800 2<br />

similar to eukaryotic<br />

translation initiation factor<br />

3, subunit 12 XM_968233 7178 NP_611604 CG10306 1,00E-65 - -<br />

124 550 3 similar to predicted protein XM_962797 3920 NP_649293 CG12975 5,00E-22 oogenesis<br />

a15 1350 5<br />

113 800 6<br />

similar to AGAP005116-<br />

PA (coiled-coiled domain<br />

containing?) XM_970351 8842 NP_726051 CG30390 5,00E-83 - -<br />

similar to kynurenine<br />

aminotransferase XM_961781 11119 (w. gap) NP_650121<br />

CG6950,<br />

isoform B<br />

1,00E-<br />

106 - -<br />

29 800 7 GLEAN_08250 - 8250 NP_608350 CG12531 1,10 - -<br />

a16 550 8 similar to rac XM_962956 7747 (w. gap) NP_647718 CG15877 2,00E-10<br />

33 630 9<br />

gene without clear<br />

homologs<br />

no NCBI<br />

annotation no GLEAN<br />

early embryonic<br />

lethal/not fertilized<br />

(100 %)<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001983639 3,60 legs, head (30/90 %)<br />

Phänotyp larvale<br />

Inj.(Penetranz) Beschreibung<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

pupal appendages<br />

(wings; 80 %)<br />

pupal appendages<br />

(wings; 80 %)<br />

stink glands (40<br />

%)<br />

106 850 10 similar to calcineurin B XM_970177 7534 NP_524874 calcineurin B2 1,00E-88 - adult lethal (66 %)<br />

a30 850 11 similar to translin<br />

no NCBI<br />

annotation 9885 NP_610591 translin 8,00E-66 segmentation (30 %) -<br />

eggs accumulating in<br />

ovarioles/elytra membranous?<br />

membranous deleted?,<br />

antennae shortened, legs sticky<br />

outer rim of elytra slightly bent<br />

upwards<br />

several show one or more legs<br />

or/and antennae tilted inside<br />

the body; most of them and<br />

some others show diff.<br />

misshapings of the hindgut;<br />

alterations of gena triplet: closer<br />

to each other and closer to the<br />

vertex triplet, the bell row<br />

seems to be reduced/prothoracic<br />

stink glands<br />

seem melanotic, but in one it<br />

was gone after co2 anaesth<br />

and pressure; both SPM had no<br />

offspring<br />

anterior defects, ranging from<br />

deletion of some thoracic or<br />

head segments to deletion of<br />

head and thorax and "cuticle<br />

balls",; not dev is increased<br />

Anhang


234<br />

134 900 14<br />

similar to D123 (cdc123)<br />

gene product XM_962202 4132<br />

a25 750 15 hypothetical LOC658140 XM_971179<br />

142 700 16<br />

a07 750 18<br />

06107<br />

(partial?)<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001660790<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

2,00E-32 - -<br />

XP_001911083 3,20 - oogenesis (50 %)<br />

similar to smt3 CG4494<br />

(prot bind, ap patterning)<br />

ribosomal protein L7e<br />

XM_965688 3790 NP_477411 smt3<br />

ribosomal<br />

6,00E-39 adult lethal (100 %)<br />

XM_969254 2951 NP_523531 protein L7 1,00E-51 adult lethal (100 %)<br />

46 1700 19 similar to thickveins XM_965585 6474 NP_787990<br />

82 550 20<br />

a23 1400 21<br />

51 1600 22<br />

thickveins,<br />

isoform C 9,00E-82 starved (100 %)<br />

similar to lethal (3) 87Df<br />

CG7620 XM_962830 12336 NP_524942 lethal (3) 87Df 1,00E-06 -<br />

similar to CG15786<br />

(unknown function) XM_967940 15490 ACQ57830 IP21342p 3,00E-54 - -<br />

similar to CG14435<br />

(protein binding; zinc ion<br />

binding) XM_965538 11545 (partial) NP_572359 CG14435 1,00E-48 - -<br />

larval lethal (90<br />

%)<br />

larval lethal (90<br />

%)<br />

larval lethal<br />

(metamorph.<br />

block I below<br />

50%)<br />

small ovary, adult<br />

lethal (1 of 1/75<br />

%)<br />

30 1500 25<br />

similar to CG17593<br />

(coiled-coil domain<br />

containing 47) XM_963528 5820 NP_608786 CG17593 2,00E-98 - adult lethal (75 %)<br />

larval lethal (100<br />

111 1250 26 similar to Bmsqd-2 XM_971104 928 CAA44504 hrp40.2 2,00E-78 adult lethal (100 %) %)<br />

118 450 27<br />

a26 1400 30<br />

a13 1450 31<br />

GLEAN_8888 (low<br />

similarity to mammalian<br />

dedicator of cytokinesis 3)<br />

no NCBI<br />

annotation 8888<br />

similar to putative<br />

accessory gland protein XM_971100 4988<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001493405<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

0,84 - -<br />

ABG01786 3,00E-06 - -<br />

similar to CG10222<br />

(nucleotide binding, fct<br />

unknown) XM_970185 2915 NP_648641 CG10222 5,00E-47 adult lethal (100 %)<br />

128 550 32 similar to growl CG14648 XM_961388 12407 (w. gap) NP_730830 growl, isoform B 0,007 - -<br />

22 900 33<br />

similar to Cuticular protein<br />

66D XM_001816297 8767 NP_729400<br />

cuticular protein<br />

66D 5,00E-08 - -<br />

larval lethal (78<br />

%)<br />

1 held egg, 2 WT? (scope: WT)<br />

no Pupation, even at 12 dai; 7<br />

died early, 1 as late larva;<br />

larvae have through shining<br />

cuticles; larval epidermal GFP<br />

expr seems to be reduced<br />

very small ovary<br />

Anhang


235<br />

112 500 35<br />

139 1100 36<br />

123 900 38<br />

88 1800 39<br />

62 1300 40<br />

138 800 41<br />

similar to CG14959 (chitin<br />

binding) XM_967188 9887 (w. gaps) NP_995986<br />

CG14959,<br />

isoform C 4,00E-40 - -<br />

similar to GA21389<br />

(copper binding,<br />

cytochrom c oxidase<br />

assembly?) XM_964262 12108 NP_608884 CG8885 1,00E-85 starved (100 %)<br />

similar to succinate<br />

dehydrogenase XM_967320 992 (w. gap) NP_650047 CG6666 3,00E-27 starved (100 %)<br />

similar to heterogeneous<br />

nuclear ribonucleoprotein<br />

U-like 1 XM_962401 3021 ABV82195 GH01011p 2,00E-06<br />

metamorphosis<br />

block II (100 %)<br />

larval lethal (90<br />

%)<br />

early embryonic<br />

lethal/not fertilized<br />

(100 %) other (100 %)<br />

similar to glucuronyltransferase<br />

I XM_969551 7027 NP_726910 GlcAT-I 2,00E-38 bristle pattern (50 %)<br />

similar to X box binding<br />

protein-1 XM_968587 12878 AAL13348 GH09250p 0.002<br />

67 1700 43 similar to nuclear fallout XM_969969 3516 NP_001034006<br />

a03 450 44<br />

66 1600 45<br />

127 700 47<br />

83 1500 48<br />

GLEAN (low similarity to<br />

CG12531, amino acid<br />

transmembrane<br />

transporter)<br />

similar to Protein<br />

phosphatase XM_968453<br />

adult lethal, small<br />

ovary (60/75 %)<br />

nuclear fallout,<br />

isoform F 7,00E-40 head (30 %) -<br />

no NCBI<br />

annotation 8250 NP_608350 CG12531 0.57 - -<br />

5366<br />

(incomplete?) NP_476805 microtubule star<br />

similar to AGAP012549<br />

(osiris 19) XM_964122 12822 AAT94470 RE01054p 2,00E-28<br />

similar to ADP ribosylation<br />

factor 79F XM_963294 12647 NP_476955<br />

5,00E-<br />

164 adult lethal (100 %)<br />

mixed embryonic<br />

lethal (30 + 30 %) -<br />

ADP ribosylation<br />

factor 79F 2,00E-99 adult lethal (100 %)<br />

91 1600 49 similar to RAS XM_963733 14613 NP_730950 rheb, isoform A 9,00E-56<br />

47 1600 51<br />

78 1700 53<br />

114 650 55<br />

similar to AGAP006173-<br />

PA XM_962354 12411 NP_610165 CG10465 5,00E-43<br />

mixed embryonic<br />

lethal (20 + 40 %)<br />

adult lethal/starved (87<br />

%)<br />

similar to smooth muscle<br />

caldesmon XM_967986 6147 (w gap) NP_648781 CG12301<br />

ubiquitin<br />

1,00E-18 adult lethal (100 %)<br />

similar to ubiquitin-<br />

conjugating<br />

conjugating enzyme E2I XM_966712 15328 NP_477414 enzyme 10 9,00E-60 small ovary (100 %)<br />

pupal appendages<br />

(wings; 90 %)<br />

larval lethal (68<br />

%)<br />

larval lethal (94<br />

%)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

necrotic<br />

processes (90 %)<br />

metamorphosis<br />

block I (90 %)<br />

larval lethal (89<br />

%)<br />

adult lethal (100<br />

%)<br />

larvae fail to pupate and die as<br />

prepupa w pupal features<br />

(muscle, eyes)<br />

gfp is downreg everywhere<br />

apart from the brain<br />

bristle arrangment defects<br />

dorsal/pupal lethal, elytrae<br />

misshaped, look like burst in<br />

strong phenotypes<br />

3xsmall ovaries without growing<br />

Oozytes<br />

antenna bristle missing, some<br />

with vertex and gena<br />

abnormalties<br />

necrotic (?) processes at the<br />

dorsal midline (heart?)<br />

delayed pupation (18 dai still 3<br />

larvae alive)? Died as L7 (21<br />

dai all dead) without pupal<br />

features<br />

Anhang


236<br />

77 1500 57<br />

gene without homologs<br />

(UTR?)<br />

no NCBI<br />

annotation no GLEAN no BLAST-X hit - - - -<br />

54 1300 58 similar to gp150 protein XM_963069 1743 AAM11421 SD01674p 8,00E-07 - -<br />

73 900 59<br />

similar to growth<br />

hormone-inducible<br />

transmembrane protein,<br />

transcript variant 2 XM_971009 13110 NP_572681 CG2076 1,00E-70 - -<br />

44 450 61<br />

similar to CG32479<br />

(ubiquitin thiolesterase) XM_967104 45 NP_728554<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001689324<br />

CG32479 2,00E-39 - -<br />

a32 600 63 similar to mCG129107 XM_969313 5738 (partial) (Anopheles) 1,00E-09 - -<br />

98 1600 64<br />

similar to GA20229 (Sof1?<br />

snorna assoc. prot?) XM_969695 707 NP_648767 CG7275 2,00E-91 starved (100 %)<br />

40 1600 65 similar to tetraspanin 97e XM_963485 4558 NP_524524 tetraspanin 97E 1,00E-67 - -<br />

metamorphosis<br />

block II (90 %)<br />

similar to signal peptidase<br />

spase 18/21-<br />

larval lethal (100<br />

103 700 67 18 kDa subunit<br />

similar to apolipophorin-III<br />

XM_961787 179 NP_649676 subunit 8,00E-81 adult lethal (100 %) %)<br />

a08 650 69<br />

isoform 2<br />

XM_970691 15373 NP_001097539 Ank2, isoform K 0.30 - -<br />

95 600 70<br />

68 1400 71<br />

72 600 72<br />

similar to AGAP001229<br />

(similar to Dynein light<br />

chain 90F) XM_968380 9745 NP_477356<br />

similar to pentatricopeptide<br />

repeat domain 2 (evtl<br />

mitochondrial RNA<br />

binding) XM_961818 9300<br />

dynein light<br />

chain 90F 8,00E-44 small ovary (100 %)<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001946785<br />

(Acyrthosiphon) 6,00E-74 - -<br />

similar to CG5112 (fatty<br />

acid amide hydrolase<br />

activity; carbon-nitrogen<br />

ligase activity) XM_962350 5582 NP_651400 CG5112 3,00E-27 adult lethal (80 %) -<br />

pupal appendages(wings),<br />

pupal<br />

head; adult wings;<br />

small ovary<br />

(60/100/40 %)<br />

7 died early, 21dai: 3 are dying<br />

as early prepupae, rest died at<br />

this stage or as L7; 24 dai still 2<br />

praepupae alive --> prepupal<br />

block! animals finally died<br />

wings shortened, strange<br />

antennae/deranged wings, not<br />

properly closed elytra/ovaries<br />

very reduced/without germ<br />

cells?<br />

Anhang


237<br />

102 1400 73<br />

24 1700 76<br />

17 850 78<br />

105 1100 79<br />

similar to MGC89587<br />

protein (unknown<br />

function) XM_965319 12928 NP_610851 CG12765 3,00E-08 - -<br />

similar to AGAP002501-<br />

PA (evtl Protein<br />

phosphatase 4 regulatory<br />

subunit 2-related protein) XM_001807941 8382 NP_727427<br />

similar to thioredoxin-like<br />

protein XM_962894 15376<br />

none because<br />

of bad seq rct<br />

similar to lipid storage<br />

droplets surface-binding<br />

protein 1 XM_971027 8057 NP_732904<br />

protein<br />

phosphatase 4<br />

regulatory<br />

subunit 2related<br />

protein,<br />

isoform A 8,00E-46 -<br />

lipid storage<br />

droplet-1 2,00E-15 adult lethal (100 %)<br />

pupal musculature<br />

(100 %)<br />

early embryonic<br />

lethal/not fertilized<br />

(100 %) adult legs (66 %)<br />

35 480 80 hypothetical LOC660532 XM_971256 2718 no BLAST-X hit - - -<br />

a05 450 82<br />

similar to putative<br />

nucleoside diphosphate<br />

kinase<br />

57 1300 85 GLEAN_12525+12526<br />

XM_962410 2492 NP_476761<br />

no NCBI<br />

annotation 12525+12526<br />

a01 650 87 ATP-citrate synthase XM_001808289 15096 NP_001137674<br />

2 550 88<br />

similar to electrontransfer-flavoprotein<br />

beta<br />

polypeptide XM_965164.2| 8707<br />

31 900 89 similar to Histone H3.3B XM_970796 5398 NP_038576<br />

131 1000 90 similar to SET XM_001812881<br />

abnormal wing<br />

discs 7,00E-30<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

XP_001949547 2,00E-11 -<br />

ATP citrate<br />

lyase, isoform C 2,00E-47 -<br />

none because<br />

of bad seq rct -<br />

early embryonic<br />

histone cluster<br />

lethal/not fertilized<br />

1, H3f 4,00E-67 (100 %)<br />

12877 (w.<br />

gaps) NP_650438 Set 1,00E-48 small ovary (100 %)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

early embryonic<br />

lethal/not fertilized (70<br />

%) adult lethal (75 %)<br />

37 1600 93 similar to cyclophilin XM_966143.1 12378 NP_611113 CG7747 1,00E-94 - -<br />

42 1100 94<br />

56 1000 95<br />

similar to xpa-binding<br />

protein 1 XM_961556 15364 (w. gap) NP_569872 CG3704 9,00E-40 adult lethal (100 %)<br />

GLEAN_13466<br />

(hypothetical protein)<br />

a29 1800 96 similar to Arc-p34 XM_001809897<br />

no NCBI<br />

annotation 13466 NP_725169 CG30051 2,00E-38 - -<br />

6545 (6546<br />

partial) NP_610033 Arc-p34<br />

2,00E-<br />

136 adult lethal (100 %)<br />

small ovary (75<br />

%)<br />

larval lethal (95<br />

%)<br />

metamorphosis<br />

block III (100 %)<br />

adult lethal,<br />

cuticle (60/100 %)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

larval lethal (96<br />

%)<br />

1 of the longitud is missing; 6 of<br />

the pupae did not completely<br />

hatch from the larval cuticle<br />

distal claws are shortened<br />

30 % did develop embryonic<br />

tissue<br />

4x very small, deg ovaries<br />

50% died with black head<br />

slightly darker color, bit irregular<br />

surface of elytra<br />

1x no growing Oozytes, 1x just<br />

4 ovarioles at one, no at the<br />

other half-ovary, 2x deg<br />

Oozytes in oviduct<br />

Anhang


238<br />

43 1000 99 similar to Rab-protein 1 XM_970057 09965 (partial) NP_732610 Rab-protein 1 5,00E-41 adult lethal (100 %)<br />

ribosomal protein L31e<br />

ribosomal<br />

protein L31,<br />

a06 400 100<br />

XM_969233 8311 NP_610503 isoform B 2,00E-42 adult lethal (100 %)<br />

9 1800 101<br />

similar to HIF prolyl<br />

hydroxylase XM_963205<br />

none because<br />

of bad seq rct mid embryonic lethal<br />

80 500 102 similar to AGAP001220 XM_965249 2298 NP_651664 Sirt7 0.005 - -<br />

21 1100 104 similar to CG10264 XM_967867 13404 NP_650518 CG10264 4,00E-57 - -<br />

a28 650 106<br />

prob. in mitochondrial<br />

genome, unknown gene<br />

63 600 107 GLEAN_01054<br />

no NCBI<br />

annotation 4368<br />

no NCBI<br />

annotation<br />

1054 (w. gap)<br />

16006 (partial) NP_524526<br />

none, best<br />

BLAST-X hit:<br />

CAM36311<br />

(Thermobia) 3,00E-12 - -<br />

spatzle, isoform<br />

A 1,00E-04 - -<br />

a10 750 108 similar to apolipoprotein D XM_965938 15563 NP_523727 glial lazarillo 2,00E-10 - -<br />

a04 450 110<br />

glucose-6-phosphate<br />

dehydrogenase<br />

XM_969003 13648 AAB02801<br />

a11 1100 112 similar to GLT8D3 protein XM_964705 12364 (w. gap) NP_001097911 CG9996<br />

28 1700 116<br />

135 1050 117<br />

a22 1700 118<br />

a02 350 119<br />

1 650 120<br />

similar to CG33936 (zinkfinger)<br />

XM_970938 4368 NP_001027161<br />

glucose-6phosphate1dehydrogenase<br />

2,00E-53 - -<br />

1,00E-<br />

102 - -<br />

CG33936,<br />

isoform B 3,00E-49 - -<br />

PREDICTED: Tribolium<br />

castaneum hypothetical<br />

LOC661204 XM_001813911 7458 NP_001097122 lemming 3,00E-41 small ovary (100 %)<br />

Tribolium castaneum Rabprotein<br />

14 NM_001160311 13891 (w gap) NP_788057<br />

Rab-protein 14,<br />

isoform C<br />

3,00E-<br />

103<br />

early embryonic<br />

lethal/not fertilized (95<br />

%) -<br />

similar to CG6770<br />

(involved in oxidative<br />

stress; DNA-binding<br />

nuclear protein p8?) XM_961771 6610 NP_609539 CG6770 2,00E-24 - -<br />

PREDICTED: Tribolium<br />

castaneum misc_RNA XR_043115 182 NP_572576<br />

lethal (1)<br />

G0232, isoform<br />

A 1,00E-05<br />

strong patterning<br />

defect (50 %) -<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

larval lethal (70<br />

%; 40%<br />

metamorphosis<br />

block I)<br />

larval lethal (100<br />

%)<br />

metamorph block I, most (70%)<br />

died as late L7 without pupal<br />

features, but ca. 40% of them<br />

very late (ca. 30 dai) until then<br />

they were not able to walk, but<br />

trembled with their legs.<br />

1/2 very small (other half prep<br />

fail), 3x no growing Oozytes,<br />

deg egg-material in oviduct<br />

cuticle balls w. gut, weaker<br />

phenotypes prob. background<br />

Anhang


Anhang<br />

7. Definition der im Pilot-Screen zu dokumentierenden Phänoty-<br />

pen<br />

Angegeben sind sowohl die im Pilot-Screen angesetzten Definitionen (P), als auch<br />

die für den Hauptscreen vorgeschlagenen (H), sofern sich diese unterscheiden.<br />

Phänotypkategorie Definition<br />

larval letal > 50 % der injizierten Tiere sterben in larvalen Stadien<br />

Metamorphose Block I<br />

(Eintritt in die Metamorphose)<br />

Metamorphose Block II<br />

(Verpuppung)<br />

Metamorphose Block III<br />

(Ecdysis)<br />

(H) > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten durchlaufen<br />

zusätzliche oder verlängerte Larvenstadien<br />

(P) > 50 % der Tiere durchlaufen zusätzliche oder verlängerte<br />

Larvenstadien<br />

> 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />

Präpuppe oder unvollstänige Puppe<br />

> 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />

Puppe oder durchlaufen eine unvollständige Ecdysis<br />

vorzeitige Metamorphose > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten treten frühzeitig<br />

in die Metamorphose ein und führen zu deutlich kleineren<br />

Puppen oder Adulten<br />

adult letal/kachektisch > 50 % der Tiere, die die Injektion überlebten sterben als<br />

Adulte oder zeigen „leere“ Abdomina<br />

Oogenese > 50 % der analysierten Tiere einer Injektion mit reduzierter<br />

Eimenge zeigen ein verkleinertes Ovar<br />

(P) larvaler Screen-Teil: > 50 % der Einzelverpaarungen<br />

zeigen reduzierte Eiproduktion und davon > 50 % keinen „held<br />

egg“-Phänotyp<br />

Ovaratrophie > 50 % der analysierten Tiere einer Injektion mit reduzierter<br />

früh embryonal letal / nicht<br />

entwickelt / unbefruchtet<br />

Eimenge zeigen keinen „held egg“-Phänotyp<br />

(P) larvaler Screen-Teil: > 50 % der Einzelverpaarungen<br />

zeigen reduzierte Eiproduktion und davon > 50 % ein verklei-<br />

nertes Ovar<br />

min. 50 % der Eier zeigen keine Kutikula und kein embryona-<br />

les Gewebe<br />

meso-embryonal letal min. 50 % der Eier zeigen keine Kutikula aber embryonales<br />

Gewebe<br />

239


Anhang<br />

gemischt embryonal letal von min 50% der Eier zeigt ein Teil keine Kutikula und kein<br />

240<br />

embryonales Gewebe, ein Teil keine Kutikula aber embryona-<br />

les Gewebe und evtl. ein weiterer Teil Kutikulareste, keine<br />

Kategorie erreicht aber für sich genommen > 50 %<br />

Eiform oder Eigröße min. 50 % der Eier zeigen Veränderungen der Eiform oder der<br />

Eigröße<br />

Allgemeiner Muskeldefekt min. 50 % der Larven/Embryonen zeigen Defekte von Teilen<br />

oder der gesamten Rumpfmuskulatur aber keinen Defekt der<br />

Kutikula<br />

Beinmuskulaturdefekt min. 50 % der Larven/Embryonen zeigen Defekte der Bein-<br />

muskulatur bzw. der thorakalen oder ventralen abdominalen<br />

Muskulatur<br />

Segmentierungsdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />

Veränderungen der Segmentzahl, -anordnung oder der<br />

Segmentgrenzen<br />

Borstenmusterdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />

Veränderungen der Borstenanordnung des Rumpfes<br />

starker Musterbildungsdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Eier (Kutikulae) enthalten<br />

Reste von Kutikula ohne oder nur mit rudimentären Anzeichen<br />

von Segmentierung<br />

larvaler Kopfdefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />

Veränderungen der Kopfkapsel, der Kopfborsten oder der<br />

Mundwerkzeuge<br />

larvaler Beindefekt min. 30 % (P) bzw. 50 % (H) der Larven (Kutikulae) zeigen<br />

Veränderungen der Beine<br />

pupaler Kopfdefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der pupalen Kopfmorphologie<br />

pupaler Flügeldefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der pupalen Flügel<br />

Defekt pupaler Beine > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der pupalen Beine<br />

pupaler Torsodefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der pupalen Morphologie an Thorax oder<br />

Abdomen


Anhang<br />

Defekt der Thoraxmuskulatur > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der GFP-positiven Thoraxmuskulatur<br />

adulter Flügeldefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der verpuppten Tiere zeigen<br />

Veränderungen der adulten Flügel<br />

(H) ... zeigten aber zuvor keine Flügeldefekte in pupalen<br />

Stadien<br />

Adulter Beindefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />

Veränderungen der adulten Beine<br />

(H) ... zeigten aber zuvor keine Beindefekte in pupalen Sta-<br />

dien<br />

Adulter Kopfdefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />

Veränderungen der adulten Kopfmorphologie<br />

(H) ... zeigten aber zuvor keine Kopfdefekte in pupalen Sta-<br />

dien<br />

Adulter Torsodefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />

Veränderungen der adulten Morphologie an Thorax oder<br />

Abdomen<br />

(H) ... zeigten aber zuvor keine solchen Defekte in pupalen<br />

Stadien<br />

nekrotisches Gewebe > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />

dunkle, möglicherweise abgestorbene Gewebebereiche<br />

Dieser Befund könnte auch auf verfrühte Kutikula-<br />

Melanisierung in einzelnen Arealen hinweisen.<br />

Stinkdrüsendefekt > 25 % (P) bzw. > 50 % (H) der überlebenden Tiere zeigen<br />

Veränderungen der Stinkdrüsen<br />

anderer Defekt > 25 % der Tiere zeigen einen anderen interessanten Phäno-<br />

typ<br />

241


Literatur<br />

Literatur<br />

Abdel-Latief, M., 2007. A family of chemoreceptors in Tribolium castaneum (Tenebrionidae:<br />

Coleoptera). PLoS One. 2, e1319.<br />

Abdel-Latief, M., Garbe, L. A., Koch, M. und Ruther, J., 2008. An epoxide hydrolase involved<br />

in the biosynthesis of an insect sex attractant and its use to localize the production site.<br />

Proc Natl Acad Sci U S A. 105, 8914-9.<br />

Abdelilah-Seyfried, S., Chan, Y. M., Zeng, C., Justice, N. J., Younger-Shepherd, S., Sharp,<br />

L. E., Barbel, S., Meadows, S. A., Jan, L. Y. und Jan, Y. N., 2000. A gain-of-function<br />

screen for genes that affect the development of the Drosophila adult external sensory<br />

organ. Genetics. 155, 733-52.<br />

Abubakar, M. S., Abdurahman, E. M. und Haruna, A. K., 2000. The repellant and antifeedant<br />

properties of Cyperus articulatus against Tribolium casteneum Hbst. Phytother Res. 14,<br />

281-3.<br />

Abzhanov, A. und Kaufman, T. C., 1999. Homeotic genes and the arthropod head: expression<br />

patterns of the labial, proboscipedia, and Deformed genes in crustaceans and insects.<br />

Proc Natl Acad Sci U S A. 96, 10224-9.<br />

Adams, M. D., Celniker, S. E., Holt, R. A. et al., 2000. The genome sequence of Drosophila<br />

melanogaster. Science. 287, 2185-95.<br />

Adams, M. D. und Sekelsky, J. J., 2002. From sequence to phenotype: reverse genetics in<br />

Drosophila melanogaster. Nat Rev Genet. 3, 189-98.<br />

Agee, S. J., Lyons, D. C. und Weisblat, D. A., 2006. Maternal expression of a NANOS<br />

homolog is required for early development of the leech Helobdella robusta. Dev Biol.<br />

298, 1-11.<br />

Alexandrea, M. K., Alina, T., Belinda, J. N., Bernard, M. D. und Sandie, M. D., 2010. Identifying<br />

the germline in an equally cleaving mollusc: Vasa and Nanos expression during<br />

embryonic and larval development of the vetigastropod Haliotis asinina. Journal of Experimental<br />

Zoology Part B: Molecular and Developmental Evolution. 314/B, n/a.<br />

Altschul, S. F., Madden, T. L., Schaffer, A. A., Zhang, J., Zhang, Z., Miller, W. und Lipman,<br />

D. J., 1997. Gapped BLAST and PSI-BLAST: a new generation of protein database<br />

search programs. Nucleic Acids Res. 25, 3389-402.<br />

Anderson, D. T., The development of hemimetabolous insects. In: Counce, S. J. and Waddington,<br />

C. H., Eds.), Developmental Systems: Insects, Vol. 1. Academic Press, London,<br />

New York, 1972a.<br />

Anderson, D. T., The development of holometabolous insects. In: Counce, S. J. and Waddington,<br />

C. H., Eds.), Developmental Systems: Insects, Vol. 1. Academic Press, London,<br />

New York, 1972b.<br />

Andreev, D., Kreitman, M., Phillips, T. W., Beeman, R. W. und ffrench-Constant, R. H., 1999.<br />

Multiple origins of cyclodiene insecticide resistance in Tribolium castaneum (Coleoptera:<br />

Tenebrionidae). J Mol Evol. 48, 615-24.<br />

Angelini, D. R. und Jockusch, E. L., 2008. Relationships among pest flour beetles of the<br />

genus Tribolium (Tenebrionidae) inferred from multiple molecular markers. Mol Phylogenet<br />

Evol. 46, 127-41.<br />

Aoki, Y., Nakamura, S., Ishikawa, Y. und Tanaka, M., 2009. Expression and syntenic analyses<br />

of four nanos genes in medaka. Zoolog Sci. 26, 112-8.<br />

Arakane, Y., Muthukrishnan, S., Kramer, K. J., Specht, C. A., Tomoyasu, Y., Lorenzen, M.<br />

D., Kanost, M. und Beeman, R. W., 2005. The Tribolium chitin synthase genes TcCHS1<br />

and TcCHS2 are specialized for synthesis of epidermal cuticle and midgut peritrophic<br />

matrix. Insect Mol Biol. 14, 453-63.<br />

Arakane, Y., Specht, C. A., Kramer, K. J., Muthukrishnan, S. und Beeman, R. W., 2008.<br />

Chitin synthases are required for survival, fecundity and egg hatch in the red flour beetle,<br />

Tribolium castaneum. Insect Biochem Mol Biol. 38, 959-62.<br />

242


Literatur<br />

Arama, E., Dickman, D., Kimchie, Z., Shearn, A. und Lev, Z., 2000. Mutations in the betapropeller<br />

domain of the Drosophila brain tumor (brat) protein induce neoplasm in the larval<br />

brain. Oncogene. 19, 3706-16.<br />

Aranda, M., Marques-Souza, H., Bayer, T. und Tautz, D., 2008. The role of the segmentation<br />

gene hairy in Tribolium. Dev Genes Evol. 218, 465-77.<br />

Arrizabalaga, G. und Lehmann, R., 1999. A selective screen reveals discrete functional<br />

domains in Drosophila Nanos. Genetics. 153, 1825-38.<br />

Asaoka, M., Sano, H., Obara, Y. und Kobayashi, S., 1998. Maternal Nanos regulates zygotic<br />

gene expression in germline progenitors of Drosophila melanogaster. Mech Dev. 78,<br />

153-8.<br />

Asaoka-Taguchi, M., Yamada, M., Nakamura, A., Hanyu, K. und Kobayashi, S., 1999.<br />

Maternal Pumilio acts together with Nanos in germline development in Drosophila embryos.<br />

Nat Cell Biol. 1, 431-7.<br />

Baeg, G. H., Zhou, R. und Perrimon, N., 2005. Genome-wide RNAi analysis of JAK/STAT<br />

signaling components in Drosophila. Genes Dev. 19, 1861-70.<br />

Baker, N. E., 1988. Localization of transcripts from the wingless gene in whole Drosophila<br />

embryos. Development. 103, 289-98.<br />

Barker, D. D., Wang, C., Moore, J., Dickinson, L. K. und Lehmann, R., 1992. Pumilio is<br />

essential for function but not for distribution of the Drosophila abdominal determinant<br />

Nanos. Genes Dev. 6, 2312-26.<br />

Bate, M. und Martinez Arias, A., 1993. The development of Drosophila melanogaster, Vols. 1<br />

and 2. The development of Drosophila melanogaster, Vols. 1 and 2. ix+812p.(vol. 2).<br />

Bäumer, D., Die Rolle von Tc-Spalt in der Entwicklung von Tribolium castaneum, Diplomarbeit,<br />

Abt. f. Entwicklungsbiologie, <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

Beeman, R. W., 1987. A homeotic gene-cluster in the red flour beetle. Nature. 327, 247-249.<br />

Beeman, R. W. und Brown, S. J., 1999. RAPD-based genetic linkage maps of Tribolium<br />

castaneum. Genetics. 153, 333-8.<br />

Beeman, R. W., Stuart, J. J., Haas, M. S. und Denell, R. E., 1989. Genetic analysis of the<br />

homeotic gene complex (HOM-C) in the beetle Tribolium castaneum. Dev Biol. 133, 196-<br />

209.<br />

Beeman, R. W., Stuart, J. J., Haas, M. S. und Friesen, K. S., 1996. Chromosome extraction<br />

and revision of linkage group 2 in Tribolium castaneum. J Hered. 87, 224-32.<br />

Beermann, A., Jay, D. G., Beeman, R. W., Hülskamp, M., Tautz, D. und Jurgens, G., 2001.<br />

The Short antennae gene of Tribolium is required for limb development and encodes the<br />

orthologue of the Drosophila Distal-less protein. Development. 128, 287-97.<br />

Beermann, A., Aranda, M. und Schröder, R., 2004. The Sp8 zinc-finger transcription factor is<br />

involved in allometric growth of the limbs in the beetle Tribolium castaneum. Development.<br />

131, 733-42.<br />

Bennett, R. L., Brown, S. J. und Denell, R. E., 1999. Molecular and genetic analysis of the<br />

Tribolium Ultrabithorax ortholog, Ultrathorax. Dev Genes Evol. 209, 608-19.<br />

Berghammer, A., Keimbahntransformation mit universellem Marker und neue homöotische<br />

Gene in Tribolium castaneum., Dissertation, Fakultät Biologie, Ludwig-Maximilians-<br />

<strong>Universität</strong><br />

Berghammer, A., Bucher, G., Maderspacher, F. und Klingler, M., 1999a. A system to efficiently<br />

maintain embryonic lethal mutations in the flour beetle Tribolium castaneum. Dev<br />

Genes Evol. 209, 382-9.<br />

Berghammer, A. J., Klingler, M. und Wimmer, E. A., 1999b. A universal marker for transgenic<br />

insects. Nature. 402, 370-1.<br />

Bergsten, S. E. und Gavis, E. R., 1999. Role for mRNA localization in translational activation<br />

but not spatial restriction of nanos RNA. Development. 126, 659-69.<br />

Bergsten, S. E., Huang, T., Chatterjee, S. und Gavis, E. R., 2001. Recognition and longrange<br />

interactions of a minimal nanos RNA localization signal element. Development.<br />

128, 427-35.<br />

Berleth, T., Burri, M., Thoma, G., Bopp, D., Richstein, S., Frigerio, G., Noll, M. und Nüsslein-<br />

Volhard, C., 1988. The role of localization of bicoid RNA in organizing the anterior pattern<br />

of the Drosophila embryo. EMBO J. 7, 1749-56.<br />

243


Literatur<br />

Bernstein, D., Hook, B., Hajarnavis, A., Opperman, L. und Wickens, M., 2005. Binding<br />

specificity and mRNA targets of a C-elegans PUF protein, FBF-1. Rna-a Publication of<br />

the Rna Society. 11, 447-458.<br />

Betschinger, J., Mechtler, K. und Knoblich, J. A., 2006. Asymmetric segregation of the tumor<br />

suppressor brat regulates self-renewal in Drosophila neural stem cells. Cell. 124, 1241-<br />

53.<br />

Beukeboom, L. und Desplan, C., 2003. Nasonia. Curr Biol. 13, R860.<br />

Bhat, K. M., 1999. The posterior determinant gene nanos is required for the maintenance of<br />

the adult germline stem cells during Drosophila oogenesis. Genetics. 151, 1479-92.<br />

Biedermann, K., Dandachi, N., Trattner, M., Vogl, G., Doppelmayr, H., More, E., Staudach,<br />

A., Dietze, O. und Hauser-Kronberger, C., 2004. Comparison of real-time PCR signalamplified<br />

in situ hybridization and conventional PCR for detection and quantification of<br />

human papillomavirus in archival cervical cancer tissue. J Clin Microbiol. 42, 3758-65.<br />

Bolognesi, R., Beermann, A., Farzana, L., Wittkopp, N., Lutz, R., Balavoine, G., Brown, S. J.<br />

und Schröder, R., 2008a. Tribolium Wnts: evidence for a larger repertoire in insects with<br />

overlapping expression patterns that suggest multiple redundant functions in embryogenesis.<br />

Dev Genes Evol. 218, 193-202.<br />

Bolognesi, R., Farzana, L., Fischer, T. D. und Brown, S. J., 2008b. Multiple Wnt genes are<br />

required for segmentation in the short-germ embryo of Tribolium castaneum. Curr Biol.<br />

18, 1624-9.<br />

Boutros, M., Kiger, A. A., Armknecht, S., Kerr, K., Hild, M., Koch, B., Haas, S. A., Paro, R.<br />

und Perrimon, N., 2004. Genome-wide RNAi analysis of growth and viability in Drosophila<br />

cells. Science. 303, 832-5.<br />

Brechbiel, J. L. und Gavis, E. R., 2008. Spatial regulation of nanos is required for its function<br />

in dendrite morphogenesis. Curr Biol. 18, 745-50.<br />

Bronner, G. und Jäckle, H., 1991. Control and function of terminal gap gene activity in the<br />

posterior pole region of the Drosophila embryo. Mech Dev. 35, 205-11.<br />

Brown, S., DeCamillis, M., Gonzalez-Charneco, K., Denell, M., Beeman, R., Nie, W. und<br />

Denell, R., 2000. Implications of the Tribolium Deformed mutant phenotype for the evolution<br />

of Hox gene function. Proc Natl Acad Sci U S A. 97, 4510-4.<br />

Brown, S., Fellers, J., Shippy, T., Denell, R., Stauber, M. und Schmidt-Ott, U., 2001. A<br />

strategy for mapping bicoid on the phylogenetic tree. Curr Biol. 11, R43-4.<br />

Brown, S., Holtzman, S., Kaufman, T. und Denell, R., 1999a. Characterization of the Tribolium<br />

Deformed ortholog and its ability to directly regulate Deformed target genes in the<br />

rescue of a Drosophila Deformed null mutant. Dev Genes Evol. 209, 389-98.<br />

Brown, S. J. und Denell, R. E., 1996. Segmentation and dorsoventral patterning in Tribolium.<br />

Seminars in Cell & Developmental Biology. 7, 553-560.<br />

Brown, S. J., Henry, J. K., Black, W. C. und Denell, R. E., 1990. Molecular genetic manipulation<br />

of the Red Flour Beetle - Genome organization and cloning of a ribosomal-protein<br />

gene. Insect Biochemistry. 20, 185-&.<br />

Brown, S. J., Hilgenfeld, R. B. und Denell, R. E., 1994a. The beetle Tribolium castaneum has<br />

a fushi tarazu homolog expressed in stripes during segmentation. Proc Natl Acad Sci U<br />

S A. 91, 12922-6.<br />

Brown, S. J., Mahaffey, J. P., Lorenzen, M. D., Denell, R. E. und Mahaffey, J. W., 1999b.<br />

Using RNAi to investigate orthologous homeotic gene function during development of<br />

distantly related insects. Evol Dev. 1, 11-5.<br />

Brown, S. J., Parrish, J. K., Beeman, R. W. und Denell, R. E., 1997. Molecular characterization<br />

and embryonic expression of the even-skipped ortholog of Tribolium castaneum.<br />

Mech Dev. 61, 165-73.<br />

Brown, S. J., Parrish, J. K., Denell, R. E. und Beeman, R. W., 1994b. Genetic control of early<br />

embryogenesis in the red flour beetle, Tribolium castaneum. Am Zool. 34, 343-52.<br />

Brown, S. J., Patel, N. H. und Denell, R. E., 1994c. Embryonic expression of the single<br />

Tribolium engrailed homolog. Dev Genet. 15, 7-18.<br />

Bucher, G., Farzana, L., Brown, S. J. und Klingler, M., 2005. Anterior localization of maternal<br />

mRNAs in a short germ insect lacking bicoid. Evol Dev. 7, 142-9.<br />

244


Literatur<br />

Bucher, G. und Klingler, M., 2004. Divergent segmentation mechanism in the short germ<br />

insect Tribolium revealed by giant expression and function. Development. 131, 1729-40.<br />

Bucher, G., Scholten, J. und Klingler, M., 2002. Parental RNAi in Tribolium (Coleoptera).<br />

Curr Biol. 12, R85-6.<br />

Buck, L. und Axel, R., 1991. A novel multigene family may encode odorant receptors: a<br />

molecular basis for odor recognition. Cell. 65, 175-87.<br />

Büning, J., 1994. The insect ovary: ultrastructure, previtellogenic growth and evolution.<br />

Chapman and Hall, London.<br />

Büning, J., The ovariole: structure, type, and phylogeny. In: Harrison FW, L. M., (Ed.), Microscopic<br />

anatomy of invertebrates. Insecta., Vol. 11C. Wiley, New York, 1998, pp. 957-<br />

993.<br />

Butt, F. H., 1949. Embryology of the Milkweed Bug, Oncopeltus fasciatus (Hemitptera).<br />

Agriculture Experiment Station Memoir, Cornell University. 283.<br />

Cao, Q. P., Padmanabhan, K. und Richter, J. D., 2010. Pumilio 2 controls translation by<br />

competing with eIF4E for 7-methyl guanosine cap recognition. Rna-a Publication of the<br />

Rna Society. 16, 221-227.<br />

Carroll, S. B., Laughon, A. und Thalley, B. S., 1988. Expression, function, and regulation of<br />

the hairy segmentation protein in the Drosophila embryo. Genes Dev. 2, 883-90.<br />

Casares, F. und Sanchez-Herrero, E., 1995. Regulation of the infraabdominal regions of the<br />

bithorax complex of Drosophila by gap genes. Development. 121, 1855-66.<br />

Cerny, A. C., Regulation von Segmentierungs- und Hox-Genen durch Gap-Gene im Kurzkeim-Embryo<br />

von Tribolium castaneum, Abt. f. Entwicklungsiologie, <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<br />

<strong>Universität</strong><br />

Cerny, A. C., Bucher, G., Schröder, R. und Klingler, M., 2005. Breakdown of abdominal<br />

patterning in the Tribolium Kruppel mutant jaws. Development. 132, 5353-63.<br />

Cerny, A. C., Grossmann, D., Bucher, G. und Klingler, M., 2008. The Tribolium ortholog of<br />

knirps and knirps-related is crucial for head segmentation but plays a minor role during<br />

abdominal patterning. Dev Biol. 321, 284-94.<br />

Chagnovich, D. und Lehmann, R., 2001. Poly(A)-independent regulation of maternal hunchback<br />

translation in the Drosophila embryo. Proc Natl Acad Sci U S A. 98, 11359-64.<br />

Chang, C. C., Huang, T. Y., Cook, C. E., Lin, G. W., Shih, C. L. und Chen, R. P., 2009.<br />

Developmental expression of Apnanos during oogenesis and embryogenesis in the<br />

parthenogenetic pea aphid Acyrthosiphon pisum. Int J Dev Biol. 53, 169-76.<br />

Chang, C. C., Lee, W. C., Cook, C. E., Lin, G. W. und Chang, T., 2006. Germ-plasm specification<br />

and germline development in the parthenogenetic pea aphid Acyrthosiphon pisum:<br />

Vasa and Nanos as markers. Int J Dev Biol. 50, 413-21.<br />

Chapman, R. F., 1998. The insects: Structure and function, 4th edition. The insects: Structure<br />

and function, 4th edition. xvii+770p.<br />

Chen, G., Handel, K. und Roth, S., 2000. The maternal NF-kappaB/dorsal gradient of Tribolium<br />

castaneum: dynamics of early dorsoventral patterning in a short-germ beetle. Development.<br />

127, 5145-56.<br />

Cheong, C. G. und Hall, T. M., 2006. Engineering RNA sequence specificity of Pumilio<br />

repeats. Proc Natl Acad Sci U S A. 103, 13635-9.<br />

Cho, P. F., Gamberi, C., Cho-Park, Y. A., Cho-Park, I. B., Lasko, P. und Sonenberg, N.,<br />

2006. Cap-dependent translational inhibition establishes two opposing morphogen gradients<br />

in Drosophila embryos. Curr Biol. 16, 2035-41.<br />

Choe, C. P. und Brown, S. J., 2007. Evolutionary flexibility of pair-rule patterning revealed by<br />

functional analysis of secondary pair-rule genes, paired and sloppy-paired in the shortgerm<br />

insect, Tribolium castaneum. Dev Biol. 302, 281-94.<br />

Choe, C. P. und Brown, S. J., 2009. Genetic regulation of engrailed and wingless in Tribolium<br />

segmentation and the evolution of pair-rule segmentation. Dev Biol. 325, 482-91.<br />

Choe, C. P., Miller, S. C. und Brown, S. J., 2006. A pair-rule gene circuit defines segments<br />

sequentially in the short-germ insect Tribolium castaneum. Proc Natl Acad Sci U S A.<br />

103, 6560-4.<br />

245


Literatur<br />

Ciglar, L. und Furlong, E. E. M., 2009. Conservation and divergence in developmental<br />

networks: a view from Drosophila myogenesis. Current Opinion in Cell Biology. 21, 754-<br />

760.<br />

Cinnamon, E., Gur-Wahnon, D., Helman, A., St Johnston, D., Jimenez, G. und Paroush, Z.,<br />

2004. Capicua integrates input from two maternal systems in Drosophila terminal patterning.<br />

EMBO J. 23, 4571-82.<br />

Collins, R. T. und Cohen, S. M., 2005. A genetic screen in Drosophila for identifying novel<br />

components of the hedgehog signaling pathway. Genetics. 170, 173-84.<br />

Copf, T., Schröder, R. und Averof, M., 2004. Ancestral role of caudal genes in axis elongation<br />

and segmentation. Proc Natl Acad Sci U S A. 101, 17711-5.<br />

Counce, S. J., The causal analysis of insect embryogenesis. In: Counce, S. J. and Waddington,<br />

C. H., Eds.), Developmental Systems: Insects, Vol. 2. Academic Press, London,<br />

New York, 1973.<br />

Crittenden, S. L., Bernstein, D. S., Bachorik, J. L., Thompson, B. E., Gallegos, M., Petcherski,<br />

A. G., Moulder, G., Barstead, R., Wickens, M. und Kimble, J., 2002. A conserved<br />

RNA-binding protein controls germline stem cells in Caenorhabditis elegans. Nature.<br />

417, 660-3.<br />

Curtis, C. D., Brisson, J. A., DeCamillis, M. A., Shippy, T. D., Brown, S. J. und Denell, R. E.,<br />

2001. Molecular characterization of Cephalothorax, the Tribolium ortholog of Sex combs<br />

reduced. Genesis. 30, 12-20.<br />

Curtis, D., Apfeld, J. und Lehmann, R., 1995. nanos is an evolutionarily conserved organizer<br />

of anterior-posterior polarity. Development. 121, 1899-910.<br />

Curtis, D., Treiber, D. K., Tao, F., Zamore, P. D., Williamson, J. R. und Lehmann, R., 1997. A<br />

CCHC metal-binding domain in Nanos is essential for translational regulation. EMBO J.<br />

16, 834-43.<br />

D'Errico, I., Gadaleta, G. und Saccone, C., 2004. Pseudogenes in metazoa: origin and<br />

features. Brief Funct Genomic Proteomic. 3, 157-67.<br />

Dahanukar, A., Walker, J. A. und Wharton, R. P., 1999. Smaug, a novel RNA-binding protein<br />

that operates a translational switch in Drosophila. Mol Cell. 4, 209-18.<br />

Dahanukar, A. und Wharton, R. P., 1996. The Nanos gradient in Drosophila embryos is<br />

generated by translational regulation. Genes Dev. 10, 2610-20.<br />

Damen, W. G., Hausdorf, M., Seyfarth, E. A. und Tautz, D., 1998. A conserved mode of head<br />

segmentation in arthropods revealed by the expression pattern of Hox genes in a spider.<br />

Proc Natl Acad Sci U S A. 95, 10665-70.<br />

DasGupta, R., Kaykas, A., Moon, R. T. und Perrimon, N., 2005. Functional genomic analysis<br />

of the Wnt-wingless signaling pathway. Science. 308, 826-33.<br />

Davis, G. K. und Patel, N. H., 2002. Short, long, and beyond: molecular and embryological<br />

approaches to insect segmentation. Annu Rev Entomol. 47, 669-99.<br />

Dearden, P. K., 2006. Germ cell development in the Honeybee (Apis mellifera); vasa and<br />

nanos expression. BMC Dev Biol. 6, 6.<br />

Dearden, P. K., Wilson, M. J., Sablan, L., Osborne, P. W., Havler, M., McNaughton, E.,<br />

Kimura, K., Milshina, N. V., Hasselmann, M., Gempe, T., Schioett, M., Brown, S. J., Elsik,<br />

C. G., Holland, P. W., Kadowaki, T. und Beye, M., 2006. Patterns of conservation<br />

and change in honey bee developmental genes. Genome Res. 16, 1376-84.<br />

Denell, R., 2008. Establishment of tribolium as a genetic model system and its early contributions<br />

to evo-devo. Genetics. 180, 1779-86.<br />

Denell, R. und Shippy, T., 2001. Comparative insect developmental genetics: phenotypes<br />

without mutants. Bioessays. 23, 379-82.<br />

Deng, Y., Singer, R. H. und Gu, W., 2008. Translation of ASH1 mRNA is repressed by<br />

Puf6p-Fun12p/eIF5B interaction and released by CK2 phosphorylation. Genes Dev. 22,<br />

1037-50.<br />

Deshpande, G., Calhoun, G., Jinks, T. M., Polydorides, A. D. und Schedl, P., 2005. Nanos<br />

downregulates transcription and modulates CTD phosphorylation in the soma of early<br />

Drosophila embryos. Mech Dev. 122, 645-57.<br />

246


Literatur<br />

Deshpande, G., Calhoun, G., Yanowitz, J. L. und Schedl, P. D., 1999. Novel functions of<br />

nanos in downregulating mitosis and transcription during the development of the Drosophila<br />

germline. Cell. 99, 271-81.<br />

Dettner, K., 2003. Lehrbuch der Entomologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.<br />

Dietzl, G., Chen, D., Schnorrer, F., Su, K. C., Barinova, Y., Fellner, M., Gasser, B., Kinsey,<br />

K., Oppel, S., Scheiblauer, S., Couto, A., Marra, V., Keleman, K. und Dickson, B. J.,<br />

2007. A genome-wide transgenic RNAi library for conditional gene inactivation in Drosophila.<br />

Nature. 448, 151-6.<br />

Dill, K. K. und Seaver, E. C., 2008. Vasa and nanos are coexpressed in somatic and germ<br />

line tissue from early embryonic cleavage stages through adulthood in the polychaete<br />

Capitella sp. I. Dev Genes Evol. 218, 453-63.<br />

DiNardo, S., Kuner, J. M., Theis, J. und O'Farrell, P. H., 1985. Development of embryonic<br />

pattern in D. melanogaster as revealed by accumulation of the nuclear engrailed protein.<br />

Cell. 43, 59-69.<br />

DiNardo, S. und O'Farrell, P. H., 1987. Establishment and refinement of segmental pattern in<br />

the Drosophila embryo: spatial control of engrailed expression by pair-rule genes. Genes<br />

Dev. 1, 1212-25.<br />

Draper, B. W., McCallum, C. M. und Moens, C. B., 2007. nanos1 is required to maintain<br />

oocyte production in adult zebrafish. Dev Biol. 305, 589-98.<br />

Driever, W. und Nüsslein-Volhard, C., 1988a. A gradient of bicoid protein in Drosophila<br />

embryos. Cell. 54, 83-93.<br />

Driever, W. und Nüsslein-Volhard, C., 1988b. The bicoid protein determines position in the<br />

Drosophila embryo in a concentration-dependent manner. Cell. 54, 95-104.<br />

Driever, W. und Nüsslein-Volhard, C., 1989. The bicoid protein is a positive regulator of<br />

hunchback transcription in the early Drosophila embryo. Nature. 337, 138-43.<br />

Droll, D., Archer, S., Fenn, K., Delhi, P., Matthews, K. und Clayton, C., 2010. The trypanosome<br />

Pumilio-domain protein PUF7 associates with a nuclear cyclophilin and is involved<br />

in ribosomal RNA maturation. FEBS Lett.<br />

Dubnau, J., Chiang, A. S., Grady, L., Barditch, J., Gossweiler, S., McNeil, J., Smith, P.,<br />

Buldoc, F., Scott, R., Certa, U., Broger, C. und Tully, T., 2003. The staufen/pumilio<br />

pathway is involved in Drosophila long-term memory. Curr Biol. 13, 286-96.<br />

Dubnau, J. und Struhl, G., 1996. RNA recognition and translational regulation by a homeodomain<br />

protein. Nature. 379, 694-9.<br />

Duffy, J. B., Kania, M. A. und Gergen, J. P., 1991. Expression and function of the Drosophila<br />

gene runt in early stages of neural development. Development. 113, 1223-30.<br />

Eckert, C., Aranda, M., Wolff, C. und Tautz, D., 2004. Separable stripe enhancer elements<br />

for the pair-rule gene hairy in the beetle Tribolium. EMBO Rep. 5, 638-42.<br />

Edwards, T. A., Pyle, S. E., Wharton, R. P. und Aggarwal, A. K., 2001. Structure of Pumilio<br />

reveals similarity between RNA and peptide binding motifs. Cell. 105, 281-9.<br />

Eldon, E. D. und Pirrotta, V., 1991. Interactions of the Drosophila gap gene giant with maternal<br />

and zygotic pattern-forming genes. Development. 111, 367-78.<br />

Engsontia, P., Sanderson, A. P., Cobb, M., Walden, K. K., Robertson, H. M. und Brown, S.,<br />

2008. The red flour beetle's large nose: an expanded odorant receptor gene family in<br />

Tribolium castaneum. Insect Biochem Mol Biol. 38, 387-97.<br />

Enslee, E. C. und Riddiford, L. M., 1981. Blastokinesis in embryos of the bug, Pyrrhocoris<br />

apterus. A light and electron microscopic study 1. Normal blastokinesis. J Embryol Exp<br />

Morphol. 61, 35-49.<br />

Ephrussi, A., Dickinson, L. K. und Lehmann, R., 1991. Oskar organizes the germ plasm and<br />

directs localization of the posterior determinant nanos. Cell. 66, 37-50.<br />

Extavour, C. G., Pang, K., Matus, D. Q. und Martindale, M. Q., 2005. vasa and nanos expression<br />

patterns in a sea anemone and the evolution of bilaterian germ cell specification<br />

mechanisms. Evol Dev. 7, 201-15.<br />

Farzana, L. und Brown, S. J., 2008. Hedgehog signaling pathway function conserved in<br />

Tribolium segmentation. Dev Genes Evol. 218, 181-92.<br />

247


Literatur<br />

Falciani, F., Hausdorf, B., Schröder, R., Akam, M., Tautz, D., Denell, R. und Brown, S., 1996.<br />

Class 3 Hox genes in insects and the origin of zen. Proc Natl Acad Sci U S A. 93, 8479-<br />

84.<br />

Finkelstein, R. und Perrimon, N., 1990. The orthodenticle gene is regulated by bicoid and<br />

torso and specifies Drosophila head development. Nature. 346, 485-8.<br />

Fire, A., Xu, S., Montgomery, M. K., Kostas, S. A., Driver, S. E. und Mello, C. C., 1998.<br />

Potent and specific genetic interference by double-stranded RNA in Caenorhabditis elegans.<br />

Nature. 391, 806-11.<br />

Fleig, R. und Sander, K., 1986. Embryogenesis of the honeybee Apis melliferra L (Hymenoptera,<br />

Apidae) - an SEM Study. International Journal of Insect Morphology & Embryology.<br />

15, 449-462.<br />

Foe, V. E. und Alberts, B. M., 1983. Studies of nuclear and cytoplasmic behaviour during the<br />

5 mitotic cycles that precede gastrulation in Drosophila embryogenesis. Journal of Cell<br />

Science. 61, 31-70.<br />

Fonseca, R. N., Lynch, J. A. und Roth, S., 2009. Evolution of axis formation: mRNA localization,<br />

regulatory circuits and posterior specification in non-model arthropods. Curr Opin<br />

Genet Dev. 19, 404-11.<br />

Forbes, A. und Lehmann, R., 1998. Nanos and Pumilio have critical roles in the development<br />

and function of Drosophila germline stem cells. Development. 125, 679-90.<br />

Forrest, K. M. und Gavis, E. R., 2003. Live imaging of endogenous RNA reveals a diffusion<br />

and entrapment mechanism for nanos mRNA localization in Drosophila. Curr Biol. 13,<br />

1159-68.<br />

Francischini, C. W. und Quaggio, R. B., 2009. Molecular characterization of Arabidopsis<br />

thaliana PUF proteins--binding specificity and target candidates. FEBS J. 276, 5456-70.<br />

Francke, W. und Dettner, K., Chemical signalling in beetles. Chemistry of Pheromones and<br />

Other Semiochemicals Ii, Vol. 240. Springer-Verlag Berlin, Berlin, 2005, pp. 85-166.<br />

Frasch, M., Hoey, T., Rushlow, C., Doyle, H. und Levine, M., 1987. Characterization and<br />

localization of the even-skipped protein of Drosophila. EMBO J. 6, 749-59.<br />

Frasch, M. und Levine, M., 1987. Complementary patterns of even-skipped and fushi tarazu<br />

expression involve their differential regulation by a common set of segmentation genes<br />

in Drosophila. Genes Dev. 1, 981-95.<br />

Frasch, M. und Nguyen, H. T., 1999. Genetic control of mesoderm patterning and differentiation<br />

during Drosophila embryogenesis. Advances in Developmental Biochemistry, Vol 5,<br />

1999. 5, 1-47.<br />

Fraser, A. G., Kamath, R. S., Zipperlen, P., Martinez-Campos, M., Sohrmann, M. und Ahringer,<br />

J., 2000. Functional genomic analysis of C. elegans chromosome I by systematic<br />

RNA interference. Nature. 408, 325-30.<br />

Friedman, A. und Perrimon, N., 2006. A functional RNAi screen for regulators of receptor<br />

tyrosine kinase and ERK signalling. Nature. 444, 230-4.<br />

Frigerio, G., Burri, M., Bopp, D., Baumgartner, S. und Noll, M., 1986. Structure of the segmentation<br />

gene paired and the Drosophila PRD gene set as part of a gene network. Cell.<br />

47, 735-46.<br />

Fujioka, M., Emi-Sarker, Y., Yusibova, G. L., Goto, T. und Jaynes, J. B., 1999. Analysis of an<br />

even-skipped rescue transgene reveals both composite and discrete neuronal and early<br />

blastoderm enhancers, and multi-stripe positioning by gap gene repressor gradients.<br />

Development. 126, 2527-38.<br />

Furriols, M. und Casanova, J., 2003. In and out of Torso RTK signalling. EMBO J. 22, 1947-<br />

52.<br />

Gabbrielli, G., 1957. [Synergism of action between antibiotics & essential oils; synergic action<br />

of penicillin & essence of Pinus pumilio on Streptococcus pyogenes & Staphylococcus<br />

aureus.]. Gazz Med Ital. 116, 588-91.<br />

Gajewski, K., Wang, J., Molkentin, J. D., Chen, E. H., Olson, E. N. und Schulz, R. A., 2003.<br />

Requirement of the calcineurin subunit gene canB2 for indirect flight muscle formation in<br />

Drosophila. Proc Natl Acad Sci U S A. 100, 1040-5.<br />

248


Literatur<br />

Galindo, M. I., Pueyo, J. I., Fouix, S., Bishop, S. A. und Couso, J. P., 2007. Peptides encoded<br />

by short ORFs control development and define a new eukaryotic gene family. PLoS<br />

Biol. 5, e106.<br />

Gamberi, C., Peterson, D. S., He, L. und Gottlieb, E., 2002. An anterior function for the<br />

Drosophila posterior determinant Pumilio. Development. 129, 2699-710.<br />

Gans, M., Audit, C. und Masson, M., 1975. Isolation and characterization of sex-linked<br />

female-sterile mutants in Drosophila melanogaster. Genetics. 81, 683-704.<br />

Gao, F. B., Brenman, J. E., Jan, L. Y. und Jan, Y. N., 1999. Genes regulating dendritic<br />

outgrowth, branching, and routing in Drosophila. Genes Dev. 13, 2549-61.<br />

Garcia-Fernandez, J., 2005. The genesis and evolution of homeobox gene clusters. Nat Rev<br />

Genet. 6, 881-92.<br />

Gaul, U., Seifert, E., Schuh, R. und Jäckle, H., 1987. Analysis of Kruppel protein distribution<br />

during early Drosophila development reveals posttranscriptional regulation. Cell. 50,<br />

639-47.<br />

Gavis, E. R. und Lehmann, R., 1992. Localization of nanos RNA controls embryonic polarity.<br />

Cell. 71, 301-13.<br />

Gavis, E. R. und Lehmann, R., 1994. Translational regulation of nanos by RNA localization.<br />

Nature. 369, 315-8.<br />

Gerber, A. P., Luschnig, S., Krasnow, M. A., Brown, P. O. und Herschlag, D., 2006. Genome-wide<br />

identification of mRNAs associated with the translational regulator PUMILIO in<br />

Drosophila melanogaster. Proc Natl Acad Sci U S A. 103, 4487-92.<br />

Gergen, J. P. und Butler, B. A., 1988. Isolation of the Drosophila segmentation gene runt and<br />

analysis of its expression during embryogenesis. Genes Dev. 2, 1179-93.<br />

Gilboa, L. und Lehmann, R., 2004. Repression of primordial germ cell differentiation parallels<br />

germ line stem cell maintenance. Curr Biol. 14, 981-6.<br />

Goldstrohm, A. C., Hook, B. A., Seay, D. J. und Wickens, M., 2006. PUF proteins bind Pop2p<br />

to regulate messenger RNAs. Nat Struct Mol Biol. 13, 533-9.<br />

Goldstrohm, A. C., Seay, D. J., Hook, B. A. und Wickens, M., 2007. PUF protein-mediated<br />

deadenylation is catalyzed by Ccr4p. J Biol Chem. 282, 109-14.<br />

Goltsev, Y., Hsiong, W., Lanzaro, G. und Levine, M., 2004. Different combinations of gap<br />

repressors for common stripes in Anopheles and Drosophila embryos. Dev Biol. 275,<br />

435-46.<br />

Gönczy, P., Echeverri, C., Oegema, K. et al., 2000. Functional genomic analysis of cell<br />

division in C. elegans using RNAi of genes on chromosome III. Nature. 408, 331-6.<br />

Gonzalez-Gaitan, M., Rothe, M., Wimmer, E. A., Taubert, H. und Jäckle, H., 1994. Redundant<br />

functions of the genes knirps and knirps-related for the establishment of anterior<br />

Drosophila head structures. Proc Natl Acad Sci U S A. 91, 8567-71.<br />

Gonzalez-Reyes, A., Elliott, H. und St Johnston, D., 1995. Polarization of both major body<br />

axes in Drosophila by gurken-torpedo signalling. Nature. 375, 654-8.<br />

Govind, S. und Steward, R., 1991. Dorsoventral pattern formation in Drosophila: signal<br />

transduction and nuclear targeting. Trends Genet. 7, 119-25.<br />

Grünfelder, C., Vom frisch abgelegten Ei zum Blastoderm: Untersuchungen zur Feinstruktur<br />

der frühen<br />

Embryogenese des Reismehlkäfers Tribolium confusum, PhD, Biology Department, Albert-<br />

Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

Gupta, Y. K., Lee, T. H., Edwards, T. A., Escalante, C. R., Kadyrova, L. Y., Wharton, R. P.<br />

und Aggarwal, A. K., 2009. Co-occupancy of two Pumilio molecules on a single hunchback<br />

NRE. RNA. 15, 1029-35.<br />

Gupta, Y. K., Nair, D. T., Wharton, R. P. und Aggarwal, A. K., 2008. Structures of human<br />

Pumilio with noncognate RNAs reveal molecular mechanisms for binding promiscuity.<br />

Structure. 16, 549-57.<br />

Gutjahr, T., Frei, E. und Noll, M., 1993. Complex regulation of early paired expression: initial<br />

activation by gap genes and pattern modulation by pair-rule genes. Development. 117,<br />

609-23.<br />

249


Literatur<br />

Gutjahr, T., Vanario-Alonso, C. E., Pick, L. und Noll, M., 1994. Multiple regulatory elements<br />

direct the complex expression pattern of the Drosophila segmentation gene paired.<br />

Mech Dev. 48, 119-28.<br />

Handberg-Thorsager, M. und Salo, E., 2007. The planarian nanos-like gene Smednos is<br />

expressed in germline and eye precursor cells during development and regeneration.<br />

Dev Genes Evol. 217, 403-11.<br />

Handel, K., Basal, A., Fan, X. und Roth, S., 2005. Tribolium castaneum twist: gastrulation<br />

and mesoderm formation in a short-germ beetle. Dev Genes Evol. 215, 13-31.<br />

Handel, K., Grunfelder, C. G., Roth, S. und Sander, K., 2000. Tribolium embryogenesis: a<br />

SEM study of cell shapes and movements from blastoderm to serosal closure. Dev Genes<br />

Evol. 210, 167-79.<br />

Handler, A. M. und Beeman, R. W., 2003. United States Department of Agriculture - Agricultural<br />

Research Service: advances in the molecular genetic analysis of insects and their<br />

application to pest management. Pest Management Science. 59, 728-735.<br />

Hankins, G. R., Analysis of a Drosophilia neuroblastoma gene, Thesis (Ph D ), University of<br />

Virginia<br />

Hansen, D., Wilson-Berry, L., Dang, T. und Schedl, T., 2004. Control of the proliferation<br />

versus meiotic development decision in the C. elegans germline through regulation of<br />

GLD-1 protein accumulation. Development. 131, 93-104.<br />

Haraguchi, S., Tsuda, M., Kitajima, S., Sasaoka, Y., Nomura-Kitabayashid, A., Kurokawa, K.<br />

und Saga, Y., 2003. nanos1: a mouse nanos gene expressed in the central nervous system<br />

is dispensable for normal development. Mech Dev. 120, 721-31.<br />

Harding, K. und Levine, M., 1988. Gap genes define the limits of antennapedia and bithorax<br />

gene expression during early development in Drosophila. EMBO J. 7, 205-14.<br />

Harding, K., Rushlow, C., Doyle, H. J., Hoey, T. und Levine, M., 1986. Cross-regulatory<br />

interactions among pair-rule genes in Drosophila. Science. 233, 953-9.<br />

Hartenstein, V., 1993. Atlas of Drosophila development. Atlas of Drosophila development.<br />

v+57p.<br />

Hartmann, C., Taubert, H., Jäckle, H. und Pankratz, M. J., 1994. A two-step mode of stripe<br />

formation in the Drosophila blastoderm requires interactions among primary pair rule genes.<br />

Mech Dev. 45, 3-13.<br />

Hashimoto, Y., Kondo, T. und Kageyama, Y., 2008. Lilliputians get into the limelight: novel<br />

class of small peptide genes in morphogenesis. Dev Growth Differ. 50 Suppl 1, S269-76.<br />

Hayashi, Y., Hayashi, M. und Kobayashi, S., 2004. Nanos suppresses somatic cell fate in<br />

Drosophila germ line. Proc Natl Acad Sci U S A. 101, 10338-42.<br />

Heming, B. S., 2003. Insect Development and Evolution. Cornell University Press, Ithaca.<br />

Ho, K., Dunin-Borkowski, O. M. und Akam, M., 1997. Cellularization in locust embryos occurs<br />

before blastoderm formation. Development. 124, 2761-8.<br />

Hoek, M., Zanders, T. und Cross, G. A., 2002a. Trypanosoma brucei expression-siteassociated-gene-8<br />

protein interacts with a Pumilio family protein. Mol Biochem Parasitol.<br />

120, 269-83.<br />

Hoek, M., Zanders, T. und Cross, G. A. M., 2002b. Trypanosoma brucei expression-siteassociated-gene-8<br />

protein interacts with a Pumilio family protein. Molecular and Biochemical<br />

Parasitology. 120, 269-283.<br />

Holen, T., Amarzguioui, M., Wiiger, M. T., Babaie, E. und Prydz, H., 2002. Positional effects<br />

of short interfering RNAs targeting the human coagulation trigger Tissue Factor. Nucleic<br />

Acids Res. 30, 1757-66.<br />

Honeybee Genome Sequencing Consortium, 2006. Insights into social insects from the<br />

genome of the honeybee Apis mellifera. Nature. 443, 931-49.<br />

Horn, C. und Wimmer, E. A., 2000. A versatile vector set for animal transgenesis. Dev Genes<br />

Evol. 210, 630-7.<br />

Horne-Badovinac, S. und Bilder, D., 2005. Mass transit: epithelial morphogenesis in the<br />

Drosophila egg chamber. Dev Dyn. 232, 559-74.<br />

Hughes, C. L. und Kaufman, T. C., 2002. Hox genes and the evolution of the arthropod body<br />

plan. Evol Dev. 4, 459-99.<br />

250


Literatur<br />

Hülskamp, M., Pfeifle, C. und Tautz, D., 1990. A morphogenetic gradient of hunchback<br />

protein organizes the expression of the gap genes Kruppel and knirps in the early Drosophila<br />

embryo. Nature. 346, 577-80.<br />

Hülskamp, M., Schröder, C., Pfeifle, C., Jäckle, H. und Tautz, D., 1989. Posterior segmentation<br />

of the Drosophila embryo in the absence of a maternal posterior organizer gene. Nature.<br />

338, 629-32.<br />

Hülskamp, M. und Tautz, D., 1991. Gap genes and gradients--the logic behind the gaps.<br />

Bioessays. 13, 261-8.<br />

Ingham, P. und Gergen, P., 1988. INTERACTIONS BETWEEN THE PAIR-RULE GENES<br />

RUNT, HAIRY, EVEN-SKIPPED AND FUSHI-TARAZU AND THE ESTABLISHMENT OF<br />

PERIODIC PATTERN IN THE DROSOPHILA EMBRYO. Development. 104, 51-60.<br />

Ingham, P. W., Baker, N. E. und Martinez-Arias, A., 1988. Regulation of segment polarity<br />

genes in the Drosophila blastoderm by fushi tarazu and even skipped. Nature. 331, 73-5.<br />

Ingham, P. W. und Martinez-Arias, A., 1986. The correct activation of Antennapedia and<br />

bithorax complex genes requires the fushi tarazu gene. Nature. 324, 592-7.<br />

Ip, Y. T., Park, R. E., Kosman, D., Yazdanbakhsh, K. und Levine, M., 1992. dorsal-twist<br />

interactions establish snail expression in the presumptive mesoderm of the Drosophila<br />

embryo. Genes Dev. 6, 1518-30.<br />

Irish, V., Lehmann, R. und Akam, M., 1989a. The Drosophila posterior-group gene nanos<br />

functions by repressing hunchback activity. Nature. 338, 646-8.<br />

Irish, V. F., Martinez-Arias, A. und Akam, M., 1989b. Spatial regulation of the Antennapedia<br />

and Ultrabithorax homeotic genes during Drosophila early development. EMBO J. 8,<br />

1527-37.<br />

Jack, T. und McGinnis, W., 1990. Establishment of the Deformed expression stripe requires<br />

the combinatorial action of coordinate, gap and pair-rule proteins. EMBO J. 9, 1187-98.<br />

Jain, R. A. und Gavis, E. R., 2008. The Drosophila hnRNP M homolog Rumpelstiltskin<br />

regulates nanos mRNA localization. Development. 135, 973-82.<br />

Jaruzelska, J., Kotecki, M., Kusz, K., Spik, A., Firpo, M. und Reijo Pera, R. A., 2003. Conservation<br />

of a Pumilio-Nanos complex from Drosophila germ plasm to human germ cells.<br />

Dev Genes Evol. 213, 120-6.<br />

Jia, H., Liu, Y., Yan, W. und Jia, J., 2009. PP4 and PP2A regulate Hedgehog signaling by<br />

controlling Smo and Ci phosphorylation. Development. 136, 307-16.<br />

Jimenez, G., Guichet, A., Ephrussi, A. und Casanova, J., 2000. Relief of gene repression by<br />

torso RTK signaling: role of capicua in Drosophila terminal and dorsoventral patterning.<br />

Genes Dev. 14, 224-31.<br />

Jorgensen, E. M. und Mango, S. E., 2002. The art and design of genetic screens: Caenorhabditis<br />

elegans. Nature Reviews Genetics. 3, 356-369.<br />

Juhn, J., Marinotti, O., Calvo, E. und James, A. A., 2008. Gene structure and expression of<br />

nanos (nos) and oskar (osk) orthologues of the vector mosquito, Culex quinquefasciatus.<br />

Insect Mol Biol. 17, 545-52.<br />

Jürgens, G., Lehmann, R., Schardin, M. und Nüsslein-Volhard, C., 1986. Segmental organization<br />

of the head in the embryo of Drosophila melanogaster - a blastoderm fate map of<br />

the cuticle structures of the larval head. Wilhelm Roux's Archives of Developmental Biology.<br />

195, 359-377.<br />

Kadyrova, L. Y., Habara, Y., Lee, T. H. und Wharton, R. P., 2007. Translational control of<br />

maternal Cyclin B mRNA by Nanos in the Drosophila germline. Development. 134, 1519-<br />

27.<br />

Kang, D., Pilon, M. und Weisblat, D. A., 2002. Maternal and zygotic expression of a nanosclass<br />

gene in the leech Helobdella robusta: primordial germ cells arise from segmental<br />

mesoderm. Dev Biol. 245, 28-41.<br />

Kaye, J. A., Rose, N. C., Goldsworthy, B., Goga, A. und L'Etoile, N. D., 2009. A 3'UTR<br />

pumilio-binding element directs translational activation in olfactory sensory neurons.<br />

Neuron. 61, 57-70.<br />

Kennerdell, J. R. und Carthew, R. W., 1998. Use of dsRNA-mediated genetic interference to<br />

demonstrate that frizzled and frizzled 2 act in the wingless pathway. Cell. 95, 1017-26.<br />

251


Literatur<br />

Kiger, A. A., Baum, B., Jones, S., Jones, M. R., Coulson, A., Echeverri, C. und Perrimon, N.,<br />

2003. A functional genomic analysis of cell morphology using RNA interference. J Biol.<br />

2, 27.<br />

Kile, B. T. und Hilton, D. J., 2005. The art and design of genetic screens: Mouse. Nature<br />

Reviews Genetics. 6, 557-567.<br />

Kim, H. S., Murphy, T., Xia, J., Caragea, D., Park, Y., Beeman, R. W., Lorenzen, M. D.,<br />

Butcher, S., Manak, J. R. und Brown, S. J., 2010a. BeetleBase in 2010: revisions to provide<br />

comprehensive genomic information for Tribolium castaneum. Nucleic Acids Res.<br />

38, D437-42.<br />

Kim, J. Y., Lee, Y. C. und Kim, C., 2010b. Direct inhibition of Pumilo activity by Bam and<br />

Bgcn in Drosophila germ line stem cell differentiation. J Biol Chem. 285, 4741-6.<br />

Kim, Y., Coppey, M., Grossman, R., Ajuria, L., Jimenez, G., Paroush, Z. und Shvartsman, S.<br />

Y., 2010c. MAPK substrate competition integrates patterning signals in the Drosophila<br />

embryo. Curr Biol. 20, 446-51.<br />

Kirilly, D. und Xie, T., 2007. The Drosophila ovary: an active stem cell community. Cell<br />

Research. 17, 15-25.<br />

Kittler, R., Heninger, A. K., Franke, K., Habermann, B. und Buchholz, F., 2005. Production of<br />

endoribonuclease-prepared short interfering RNAs for gene silencing in mammalian<br />

cells. Nat Methods. 2, 779-84.<br />

Kittler, R., Surendranath, V., Heninger, A. K. et al., 2007. Genome-wide resources of endoribonuclease-prepared<br />

short interfering RNAs for specific loss-of-function studies. Nat Methods.<br />

4, 337-44.<br />

Klingler, M., 2004. Tribolium. Curr Biol. 14, R639-40.<br />

Klingler, M., Erdelyi, M., Szabad, J. und Nüsslein-Volhard, C., 1988. Function of torso in<br />

determining the terminal anlagen of the Drosophila embryo. Nature. 335, 275-7.<br />

Klingler, M. und Gergen, J. P., 1993. Regulation of runt transcription by Drosophila segmentation<br />

genes. Mech Dev. 43, 3-19.<br />

Klingler, M., Soong, J., Butler, B. und Gergen, J. P., 1996. Disperse versus compact elements<br />

for the regulation of runt stripes in Drosophila. Dev Biol. 177, 73-84.<br />

Klingler, M. und Tautz, D., Formation of embryonic axes and blastodermal pattern in Drosophila.<br />

In: Russo, E., Cove, D., Edgar, L., Jaenisch, R. and Salamini, F., Eds.), Development:<br />

Genetics, Epigenetics and Environmental Regulation. Springer Verlag, Heidelberg,<br />

1999.<br />

Kobayashi, S., Yamada, M., Asaoka, M. und Kitamura, T., 1996. Essential role of the posterior<br />

morphogen nanos for germline development in Drosophila. Nature. 380, 708-11.<br />

Koizumi, K., Higashida, H., Yoo, S., Islam, M. S., Ivanov, A. I., Guo, V., Pozzi, P., Yu, S. H.,<br />

Rovescalli, A. C., Tang, D. und Nirenberg, M., 2007. RNA interference screen to identify<br />

genes required for Drosophila embryonic nervous system development. Proc Natl Acad<br />

Sci U S A. 104, 5626-31.<br />

Koniszewski, N., Untersuchung des terminalen Systems bei Tribolium castaneum, Developmental<br />

Biology Unit, <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

Konopova, B. und Jindra, M., 2007. Juvenile hormone resistance gene Methoprene-tolerant<br />

controls entry into metamorphosis in the beetle Tribolium castaneum. Proc Natl Acad Sci<br />

U S A. 104, 10488-93.<br />

Konopova, B. und Jindra, M., 2008. Broad-Complex acts downstream of Met in juvenile<br />

hormone signaling to coordinate primitive holometabolan metamorphosis. Development.<br />

135, 559-68.<br />

Koprunner, M., Thisse, C., Thisse, B. und Raz, E., 2001. A zebrafish nanos-related gene is<br />

essential for the development of primordial germ cells. Genes Dev. 15, 2877-85.<br />

Kotkamp, K., Klingler, M. und Schoppmeier, M., 2010. Apparent role of Tribolium orthodenticle<br />

in anterior blastoderm patterning primarily reflects a novel function in<br />

dorso-ventral axis formation. accepted in Development.<br />

Kraemer, B., Crittenden, S., Gallegos, M., Moulder, G., Barstead, R., Kimble, J. und Wickens,<br />

M., 1999. NANOS-3 and FBF proteins physically interact to control the spermoocyte<br />

switch in Caenorhabditis elegans. Curr Biol. 9, 1009-18.<br />

Krause, G., 1939. Die Eitypen der Insekten. Biol Zentmlbi. 59, 495-536.<br />

252


Literatur<br />

Kraut, R. und Levine, M., 1991a. Mutually repressive interactions between the gap genes<br />

giant and Kruppel define middle body regions of the Drosophila embryo. Development.<br />

111, 611-21.<br />

Kraut, R. und Levine, M., 1991b. Spatial regulation of the gap gene giant during Drosophila<br />

development. Development. 111, 601-9.<br />

Kuo, M. W., Wang, S. H., Chang, J. C., Chang, C. H., Huang, L. J., Lin, H. H., Yu, A. L., Li,<br />

W. H. und Yu, J., 2009. A novel puf-A gene predicted from evolutionary analysis is involved<br />

in the development of eyes and primordial germ-cells. PLoS One. 4, e4980.<br />

Kurzik-Dumke, U., Phannavong, B., Gundacker, D. und Gateff, E., 1992. Genetic, cytogenetic<br />

and developmental analysis of the Drosophila melanogaster tumor suppressor gene<br />

lethal(2)tumorous imaginal discs (1(2)tid). Differentiation. 51, 91-104.<br />

Kusz, K. M., Tomczyk, L., Sajek, M., Spik, A., Latos-Bielenska, A., Jedrzejczak, P., Pawelczyk,<br />

L. und Jaruzelska, J., 2009. The highly conserved NANOS2 protein: testis-specific<br />

expression and significance for the human male reproduction. Mol Hum Reprod. 15,<br />

165-71.<br />

Lall, S., Ludwig, M. Z. und Patel, N. H., 2003. Nanos plays a conserved role in axial patterning<br />

outside of the Diptera. Curr Biol. 13, 224-9.<br />

Langeland, J. A., Attai, S. F., Vorwerk, K. und Carroll, S. B., 1994. Positioning adjacent pairrule<br />

stripes in the posterior Drosophila embryo. Development. 120, 2945-55.<br />

Lawrence, P. A., Casal, J. und Struhl, G., 2004. Cell interactions and planar polarity in the<br />

abdominal epidermis of Drosophila. Development. 131, 4651-64.<br />

Lawrence, P. A., Johnston, P., Macdonald, P. und Struhl, G., 1987. Borders of parasegments<br />

in Drosophila embryos are delimited by the fushi tarazu and even-skipped genes. Nature.<br />

328, 440-2.<br />

Lawrence, P. A., Johnston, P. und Morata, G., 1986. Methods Of Marking Cells Roberts, D.<br />

B. (Ed.). Practical Approach Series: Drosophila. Xix+295p. Irl Press Ltd.: Oxford, England;<br />

Irl Press Inc.: Washington, D.C., USA. Illus. 229-242.<br />

Lawrence, P. A. und Morata, G., 1994. Homeobox genes: their function in Drosophila segmentation<br />

and pattern formation. Cell. 78, 181-9.<br />

Lawrence, P. A. und Struhl, G., 1996. Morphogens, compartments, and pattern: lessons from<br />

drosophila? Cell. 85, 951-61.<br />

Lee, C. Y., Wilkinson, B. D., Siegrist, S. E., Wharton, R. P. und Doe, C. Q., 2006. Brat is a<br />

Miranda cargo protein that promotes neuronal differentiation and inhibits neuroblast selfrenewal.<br />

Dev Cell. 10, 441-9.<br />

Lee, J. Y., Lim, J. M., Kim, D. K., Zheng, Y. H., Moon, S., Han, B. K., Song, K. D., Kim, H.<br />

und Han, J. Y., 2008. Identification and gene expression profiling of the Pum1 and Pum2<br />

members of the Pumilio family in the chicken. Mol Reprod Dev. 75, 184-90.<br />

Lehmann, R. und Nüsslein-Volhard, C., 1987. Involvement of the pumilio gene in the transport<br />

of an abdominal signal in the Drosophila embryo. Nature. 329, 167-170.<br />

Lehmann, R. und Nüsslein-Volhard, C., 1991. The maternal gene nanos has a central role in<br />

posterior pattern formation of the Drosophila embryo. Development. 112, 679-91.<br />

Lemke, S. und Schmidt-Ott, U., 2009. Evidence for a composite anterior determinant in the<br />

hover fly Episyrphus balteatus (Syrphidae), a cyclorrhaphan fly with an anterodorsal serosa<br />

anlage. Development. 136, 117-27.<br />

Lewis, E. B., 1978. A gene complex controlling segmentation in Drosophila. Nature. 276,<br />

565-70.<br />

Lewis, R. A., Wakimoto, B. T., Denell, R. E. und Kaufman, T. C., 1980. Genetic Analysis of<br />

the Antennapedia Gene Complex (Ant-C) and Adjacent Chromosomal Regions of<br />

DROSOPHILA MELANOGASTER. II. Polytene Chromosome Segments 84A-84B1,2.<br />

Genetics. 95, 383-397.<br />

Li, M. G., Serr, M., Newman, E. A. und Hays, T. S., 2004. The Drosophila tctex-1 light chain<br />

is dispensable for essential cytoplasmic dynein functions but is required during spermatid<br />

differentiation. Molecular Biology of the Cell. 15, 3005-3014.<br />

Li, Y. B., Brown, S. J., Hausdorf, B., Tautz, D., Denell, R. E. und Finkelstein, R., 1996. Two<br />

orthodenticle-related genes in the short-germ beetle Tribolium castaneum. Development<br />

Genes and Evolution. 206, 35-45.<br />

253


Literatur<br />

Lin, H. und Spradling, A. C., 1997. A novel group of pumilio mutations affects the asymmetric<br />

division of germline stem cells in the Drosophila ovary. Development. 124, 2463-76.<br />

Liu, P. Z. und Kaufman, T. C., 2004. hunchback is required for suppression of abdominal<br />

identity, and for proper germband growth and segmentation in the intermediate germband<br />

insect Oncopeltus fasciatus. Development. 131, 1515-27.<br />

Lopez-Schier, H., 2003. The polarisation of the anteroposterior axis in Drosophila. Bioessays.<br />

25, 781-91.<br />

Lorenzen, M. D., Berghammer, A. J., Brown, S. J., Denell, R. E., Klingler, M. und Beeman, R.<br />

W., 2003. piggyBac-mediated germline transformation in the beetle Tribolium castaneum.<br />

Insect Mol Biol. 12, 433-40.<br />

Lorenzen, M. D., Brown, S. J., Denell, R. E. und Beeman, R. W., 2002. Cloning and characterization<br />

of the Tribolium castaneum eye-color genes encoding tryptophan oxygenase<br />

and kynurenine 3-monooxygenase. Genetics. 160, 225-34.<br />

Lorenzen, M. D., Doyungan, Z., Savard, J., Snow, K., Crumly, L. R., Shippy, T. D., Stuart, J.<br />

J., Brown, S. J. und Beeman, R. W., 2005. Genetic linkage maps of the red flour beetle,<br />

Tribolium castaneum, based on bacterial artificial chromosomes and expressed sequence<br />

tags. Genetics. 170, 741-7.<br />

Lorenzen, M. D., Kimzey, T., Shippy, T. D., Brown, S. J., Denell, R. E. und Beeman, R. W.,<br />

2007. piggyBac-based insertional mutagenesis in Tribolium castaneum using donor/helper<br />

hybrids. Insect Mol Biol. 16, 265-75.<br />

Lynch, J. A., Olesnicky, E. C. und Desplan, C., 2006. Regulation and function of tailless in<br />

the long germ wasp Nasonia vitripennis. Dev Genes Evol. 216, 493-8.<br />

Ma, Y., Creanga, A., Lum, L. und Beachy, P. A., 2006. Prevalence of off-target effects in<br />

Drosophila RNA interference screens. Nature. 443, 359-63.<br />

MacArthur, H., Bubunenko, M., Houston, D. W. und King, M. L., 1999. Xcat2 RNA is a<br />

translationally sequestered germ plasm component in Xenopus. Mech Dev. 84, 75-88.<br />

Macdonald, P. M., 1992. The Drosophila pumilio gene: an unusually long transcription unit<br />

and an unusual protein. Development. 114, 221-32.<br />

Macdonald, P. M., Ingham, P. und Struhl, G., 1986. Isolation, structure, and expression of<br />

even-skipped: a second pair-rule gene of Drosophila containing a homeo box. Cell. 47,<br />

721-34.<br />

Macdonald, P. M. und Struhl, G., 1986. A molecular gradient in early Drosophila embryos<br />

and its role in specifying the body pattern. Nature. 324, 537-45.<br />

Maderspacher, F., Bucher, G. und Klingler, M., 1998. Pair-rule and gap gene mutants in the<br />

flour beetle Tribolium castaneum. Dev Genes Evol. 208, 558-68.<br />

Manoukian, A. S. und Krause, H. M., 1992. Concentration-dependent activities of the evenskipped<br />

protein in Drosophila embryos. Genes Dev. 6, 1740-51.<br />

Margolis, J. S., Borowsky, M. L., Steingrimsson, E., Shim, C. W., Lengyel, J. A. und Posakony,<br />

J. W., 1995. Posterior stripe expression of hunchback is driven from two promoters<br />

by a common enhancer element. Development. 121, 3067-77.<br />

Marques-Souza, H., Aranda, M. und Tautz, D., 2008. Delimiting the conserved features of<br />

hunchback function for the trunk organization of insects. Development. 135, 881-8.<br />

Martinez-Arias, A., Baker, N. E. und Ingham, P. W., 1988. Role of segment polarity genes in<br />

the definition and maintenance of cell states in the Drosophila embryo. Development.<br />

103, 157-70.<br />

Martinez-Arias, A. und Lawrence, P. A., 1985. Parasegments and compartments in the<br />

Drosophila embryo. Nature. 313, 639-42.<br />

Masuda, N., Ohnishi, T., Kawamoto, S., Monden, M. und Okubo, K., 1999. Analysis of<br />

chemical modification of RNA from formalin-fixed samples and optimization of molecular<br />

biology applications for such samples. Nucleic Acids Res. 27, 4436-43.<br />

Mazzalupo, S. und Cooley, L., 2006. Illuminating the role of caspases during Drosophila<br />

oogenesis. Cell Death Differ. 13, 1950-9.<br />

McGregor, A. P., Pechmann, M., Schwager, E. E. und Damen, W. G., 2009. An ancestral<br />

regulatory network for posterior development in arthropods. Commun Integr Biol. 2, 174-<br />

6.<br />

254


Literatur<br />

Mee, C. J., Pym, E. C., Moffat, K. G. und Baines, R. A., 2004. Regulation of neuronal excitability<br />

through pumilio-dependent control of a sodium channel gene. J Neurosci. 24, 8695-<br />

703.<br />

Meister, G. und Tuschl, T., 2004. Mechanisms of gene silencing by double-stranded RNA.<br />

Nature. 431, 343-9.<br />

Menon, K. P., Andrews, S., Murthy, M., Gavis, E. R. und Zinn, K., 2009. The translational<br />

repressors Nanos and Pumilio have divergent effects on presynaptic terminal growth<br />

and postsynaptic glutamate receptor subunit composition. J Neurosci. 29, 5558-72.<br />

Menon, K. P., Sanyal, S., Habara, Y., Sanchez, R., Wharton, R. P., Ramaswami, M. und<br />

Zinn, K., 2004. The translational repressor Pumilio regulates presynaptic morphology<br />

and controls postsynaptic accumulation of translation factor eIF-4E. Neuron. 44, 663-76.<br />

Miklos, G. L. und Rubin, G. M., 1996. The role of the genome project in determining gene<br />

function: insights from model organisms. Cell. 86, 521-9.<br />

Miller, S. C., Brown, S. J. und Tomoyasu, Y., 2008. Larval RNAi in Drosophila? Dev Genes<br />

Evol. 218, 505-10.<br />

Mische, S., He, Y., Ma, L., Li, M., Serr, M. und Hays, T. S., 2008. Dynein light intermediate<br />

chain: an essential subunit that contributes to spindle checkpoint inactivation. Mol Biol<br />

Cell. 19, 4918-29.<br />

Missios, S., Davidson, H. C., Linder, D., Mortimer, L., Okobi, A. O. und Doctor, J. S., 2000.<br />

Characterization of cuticular proteins in the red flour beetle, Tribolium castaneum. Insect<br />

Biochem Mol Biol. 30, 47-56.<br />

Mito, T. und Noji, S., 2006. Evolution of developmental systems underlying segmented body<br />

plans of bilaterian animals: insights from studies of segmentation in a cricket. Paleontological<br />

Research. 10, 337-344.<br />

Mochizuki, K., Sano, H., Kobayashi, S., Nishimiya-Fujisawa, C. und Fujisawa, T., 2000.<br />

Expression and evolutionary conservation of nanos-related genes in Hydra. Dev Genes<br />

Evol. 210, 591-602.<br />

Moczek, A. P., 2007. Pupal remodeling and the evolution and development of alternative<br />

male morphologies in horned beetles. BMC Evolutionary Biology. 7, Article No.: 151.<br />

Moore, F. L., Jaruzelska, J., Fox, M. S., Urano, J., Firpo, M. T., Turek, P. J., Dorfman, D. M.<br />

und Pera, R. A., 2003. Human Pumilio-2 is expressed in embryonic stem cells and germ<br />

cells and interacts with DAZ (Deleted in AZoospermia) and DAZ-like proteins. Proc Natl<br />

Acad Sci U S A. 100, 538-43.<br />

Morgan, T. H., 1911. The Origin of Five Mutations in Eye Color in Drosophila and Their<br />

Modes of Inheritance. Science. 33, 534-537.<br />

Morgan, T. H., 1915. Localization of the Hereditary Material in the Germ Cells. Proc Natl<br />

Acad Sci U S A. 1, 420-9.<br />

Morris, K., Lorenzen, M. D., Hiromasa, Y., Tomich, J. M., Oppert, C., Elpidina, E. N., Vinokurov,<br />

K., Jurat-Fuentes, J. L., Fabrick, J. und Oppert, B., 2009. Tribolium castaneum larval<br />

gut transcriptome and proteome: A resource for the study of the coleopteran gut. J<br />

Proteome Res. 8, 3889-98.<br />

Mosquera, L., Forristall, C., Zhou, Y. und King, M. L., 1993. A mRNA localized to the vegetal<br />

cortex of Xenopus oocytes encodes a protein with a nanos-like zinc finger domain. Development.<br />

117, 377-86.<br />

Moussian, B. und Roth, S., 2005. Dorsoventral axis formation in the Drosophila embryo-shaping<br />

and transducing a morphogen gradient. Curr Biol. 15, R887-99.<br />

Muller, H. J., 1927. Artificial Transmutation of the Gene. Science. 66, 84-87.<br />

Muraro, N. I., Weston, A. J., Gerber, A. P., Luschnig, S., Moffat, K. G. und Baines, R. A.,<br />

2008. Pumilio binds para mRNA and requires Nanos and Brat to regulate sodium current<br />

in Drosophila motoneurons. J Neurosci. 28, 2099-109.<br />

Murata, Y. und Wharton, R. P., 1995. Binding of pumilio to maternal hunchback mRNA is<br />

required for posterior patterning in Drosophila embryos. Cell. 80, 747-56.<br />

Nagy, L. M. und Carroll, S., 1994. Conservation of wingless patterning functions in the shortgerm<br />

embryos of Tribolium castaneum. Nature. 367, 460-3.<br />

Nakahata, S., Katsu, Y., Mita, K., Inoue, K., Nagahama, Y. und Yamashita, M., 2001. Biochemical<br />

identification of Xenopus Pumilio as a sequence-specific cyclin B1 mRNA-<br />

255


Literatur<br />

binding protein that physically interacts with a Nanos homolog, Xcat-2, and a cytoplasmic<br />

polyadenylation element-binding protein. J Biol Chem. 276, 20945-53.<br />

Nakahata, S., Kotani, T., Mita, K., Kawasaki, T., Katsu, Y., Nagahama, Y. und Yamashita,<br />

M., 2003. Involvement of Xenopus Pumilio in the translational regulation that is specific<br />

to cyclin B1 mRNA during oocyte maturation. Mech Dev. 120, 865-80.<br />

Nakao, H., Matsumoto, T., Oba, Y., Niimi, T. und Yaginuma, T., 2008. Germ cell specification<br />

and early embryonic patterning in Bombyx mori as revealed by nanos orthologues. Evol<br />

Dev. 10, 546-54.<br />

Nauber, U., Pankratz, M. J., Kienlin, A., Seifert, E., Klemm, U. und Jäckle, H., 1988. Abdominal<br />

segmentation of the Drosophila embryo requires a hormone receptor-like protein encoded<br />

by the gap gene knirps. Nature. 336, 489-92.<br />

Neely, G. G., Kuba, K., Cammarato, A. et al., 2010. A global in vivo Drosophila RNAi screen<br />

identifies NOT3 as a conserved regulator of heart function. Cell. 141, 142-53.<br />

Nie, W., Stronach, B., Panganiban, G., Shippy, T., Brown, S. und Denell, R., 2001. Molecular<br />

characterization of Tclabial and the 3' end of the Tribolium homeotic complex. Dev Genes<br />

Evol. 211, 244-51.<br />

Niessing, D., Rivera-Pomar, R., La Rosee, A., Hader, T., Schock, F., Purnell, B. A. und<br />

Jäckle, H., 1997. A cascade of transcriptional control leading to axis determination in<br />

Drosophila. J Cell Physiol. 173, 162-7.<br />

Nilson, L. A. und Schupbach, T., 1998. Localized requirements for windbeutel and pipe<br />

reveal a dorsoventral prepattern within the follicular epithelium of the Drosophila ovary.<br />

Cell. 93, 253-62.<br />

Nolde, M. J., Saka, N., Reinert, K. L. und Slack, F. J., 2007. The Caenorhabditis elegans<br />

pumilio homolog, puf-9, is required for the 3'UTR-mediated repression of the let-7 microRNA<br />

target gene, hbl-1. Dev Biol. 305, 551-63.<br />

Nunes da Fonseca, R., von Levetzow, C., Kalscheuer, P., Basal, A., van der Zee, M. und<br />

Roth, S., 2008. Self-regulatory circuits in dorsoventral axis formation of the short-germ<br />

beetle Tribolium castaneum. Dev Cell. 14, 605-15.<br />

Nüsslein-Volhard, C., 1994. Of flies and fishes. Science. 266, 572-4.<br />

Nüsslein-Volhard, C., Frohnhofer, H. G. und Lehmann, R., 1987. Determination of anteroposterior<br />

polarity in Drosophila. Science. 238, 1675-81.<br />

Nüsslein-Volhard, C. und Wieschaus, E., 1980. Mutations affecting segment number and<br />

polarity in Drosophila. Nature. 287, 795-801.<br />

Olesnicky, E. C. und Desplan, C., 2007. Distinct mechanisms for mRNA localization during<br />

embryonic axis specification in the wasp Nasonia. Dev Biol. 306, 134-42.<br />

Olivas, W. und Parker, R., 2000. The Puf3 protein is a transcript-specific regulator of mRNA<br />

degradation in yeast. EMBO J. 19, 6602-11.<br />

Orlando, V., 2000. Mapping chromosomal proteins in vivo by formaldehyde-crosslinkedchromatin<br />

immunoprecipitation. Trends in Biochemical Sciences. 25, 99-104.<br />

Oro, A. E., Ong, E. S., Margolis, J. S., Posakony, J. W., McKeown, M. und Evans, R. M.,<br />

1988. The Drosophila gene knirps-related is a member of the steroid-receptor gene superfamily.<br />

Nature. 336, 493-6.<br />

Panfilio, K. A., 2008. Extraembryonic development in insects and the acrobatics of blastokinesis.<br />

Dev Biol. 313, 471-91.<br />

Pankratz, M. J. und Jäckle, H., 1990. Making stripes in the Drosophila embryo. Trends<br />

Genet. 6, 287-92.<br />

Parisi, M. und Lin, H., 1999. The Drosophila pumilio gene encodes two functional protein<br />

isoforms that play multiple roles in germline development, gonadogenesis, oogenesis<br />

and embryogenesis. Genetics. 153, 235-50.<br />

Park, Y., Aikins, J., Wang, L. J., Beeman, R. W., Oppert, B., Lord, J. C., Brown, S. J., Lorenzen,<br />

M. D., Richards, S., Weinstock, G. M. und Gibbs, R. A., 2008. Analysis of transcriptome<br />

data in the red flour beetle, Tribolium castaneum. Insect Biochem Mol Biol. 38,<br />

380-6.<br />

Paroush, Z., Wainwright, S. M. und Ish-Horowicz, D., 1997. Torso signalling regulates<br />

terminal patterning in Drosophila by antagonising Groucho-mediated repression. Development.<br />

124, 3827-34.<br />

256


Literatur<br />

Parthasarathy, R., Tan, A., Bai, H. und Palli, S. R., 2008a. Transcription factor broad<br />

suppresses precocious development of adult structures during larval-pupal metamorphosis<br />

in the red flour beetle, Tribolium castaneum. Mech Dev. 125, 299-313.<br />

Parthasarathy, R., Tan, A. und Palli, S. R., 2008b. bHLH-PAS family transcription factor<br />

methoprene-tolerant plays a key role in JH action in preventing the premature development<br />

of adult structures during larval-pupal metamorphosis. Mech Dev. 125, 601-16.<br />

Patel, N. H., Condron, B. G. und Zinn, K., 1994. Pair-rule expression patterns of evenskipped<br />

are found in both short- and long-germ beetles. Nature. 367, 429-34.<br />

Patel, N. H., Hayward, D. C., Lall, S., Pirkl, N. R., DiPietro, D. und Ball, E. E., 2001. Grasshopper<br />

hunchback expression reveals conserved and novel aspects of axis formation<br />

and segmentation. Development. 128, 3459-72.<br />

Patel, N. H., Kornberg, T. B. und Goodman, C. S., 1989. Expression of engrailed during<br />

segmentation in grasshopper and crayfish. Development. 107, 201-12.<br />

Patton, E. E. und Zon, L. I., 2001. The art and design of genetic screens: Zebrafish. Nature<br />

Reviews Genetics. 2, 956-966.<br />

Pavlopoulos, A., Berghammer, A. J., Averof, M. und Klingler, M., 2004. Efficient transformation<br />

of the beetle Tribolium castaneum using the Minos transposable element: quantitative<br />

and qualitative analysis of genomic integration events. Genetics. 167, 737-46.<br />

Payre, F., 2004. Genetic control of epidermis differentiation in Drosophila. Int J Dev Biol. 48,<br />

207-15.<br />

Peel, A. D., 2008. The evolution of developmental gene networks: lessons from comparative<br />

studies on holometabolous insects. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci. 363, 1539-47.<br />

Peel, A. D., Chipman, A. D. und Akam, M., 2005. Arthropod segmentation: beyond the<br />

Drosophila paradigm. Nat Rev Genet. 6, 905-16.<br />

Peri, F., Technau, M. und Roth, S., 2002. Mechanisms of Gurken-dependent pipe regulation<br />

and the robustness of dorsoventral patterning in Drosophila. Development. 129, 2965-<br />

75.<br />

Petavy, G., 1986. Contribution Of The Vitellophags To Yolk Digestion And Cytophagocytosis<br />

During Embryogenesis Of The Migratory Locust, Locusta-Migratoria L (Orthoptera, Acrididae).<br />

International Journal of Insect Morphology & Embryology. 15, 343-361.<br />

Peterson, T. M., 2007. Motivation: How to increase project team performance. Project Management<br />

Journal. 38, 60-69.<br />

Pilon, M. und Weisblat, D. A., 1997. A nanos homolog in leech. Development. 124, 1771-80.<br />

Pique, M., Lopez, J. M., Foissac, S., Guigo, R. und Mendez, R., 2008. A combinatorial code<br />

for CPE-mediated translational control. Cell. 132, 434-48.<br />

Pollock, D. D. und Larkin, J. C., 2004. Estimating the degree of saturation in mutant screens.<br />

Genetics. 168, 489-502.<br />

Posnien, N., Bashasab, F. und Bucher, G., 2009. The insect upper lip (labrum) is a nonsegmental<br />

appendage-like structure. Evol Dev. 11, 480-8.<br />

Posnien, N. und Bucher, G., 2009. Formation of the insect head involves lateral contribution<br />

of the intercalary segment, which depends on Tc-labial function. Dev Biol.<br />

Prpic, N. M., Wigand, B., Damen, W. G. und Klingler, M., 2001. Expression of dachshund in<br />

wild-type and Distal-less mutant Tribolium corroborates serial homologies in insect appendages.<br />

Dev Genes Evol. 211, 467-77.<br />

Pultz, M. A., Westendorf, L., Gale, S. D., Hawkins, K., Lynch, J., Pitt, J. N., Reeves, N. L.,<br />

Yao, J. C., Small, S., Desplan, C. und Leaf, D. S., 2005. A major role for zygotic hunchback<br />

in patterning the Nasonia embryo. Development. 132, 3705-15.<br />

Rabinowitz, J. S., Chan, X. Y., Kingsley, E. P., Duan, Y. und Lambert, J. D., 2008. Nanos is<br />

required in somatic blast cell lineages in the posterior of a mollusk embryo. Curr Biol. 18,<br />

331-6.<br />

Rana, T. M., 2007. Illuminating the silence: understanding the structure and function of small<br />

RNAs. Nat Rev Mol Cell Biol. 8, 23-36.<br />

Reinitz, J. und Sharp, D. H., 1995. Mechanism of eve stripe formation. Mech Dev. 49, 133-<br />

58.<br />

257


Literatur<br />

Riddiford, L. M., Hiruma, K., Zhou, X. und Nelson, C. A., 2003. Insights into the molecular<br />

basis of the hormonal control of molting and metamorphosis from Manduca sexta and<br />

Drosophila melanogaster. Insect Biochem Mol Biol. 33, 1327-38.<br />

Riechmann, V. und Ephrussi, A., 2001. Axis formation during Drosophila oogenesis. Curr<br />

Opin Genet Dev. 11, 374-83.<br />

Riley, G. R., Jorgensen, E. M., Baker, R. K. und Garber, R. L., 1991. Positive and negative<br />

control of the Antennapedia promoter P2. Dev Suppl. 1, 177-85.<br />

Riley, P. D., Carroll, S. B. und Scott, M. P., 1987. The expression and regulation of Sex<br />

combs reduced protein in Drosophila embryos. Genes Dev. 1, 716-30.<br />

Rivera-Pomar, R. und Jäckle, H., 1996. From gradients to stripes in Drosophila embryogenesis:<br />

filling in the gaps. Trends Genet. 12, 478-83.<br />

Rivera-Pomar, R., Lu, X., Perrimon, N., Taubert, H. und Jäckle, H., 1995. Activation of<br />

posterior gap gene expression in the Drosophila blastoderm. Nature. 376, 253-6.<br />

Rivera-Pomar, R., Niessing, D., Schmidt-Ott, U., Gehring, W. J. und Jäckle, H., 1996. RNA<br />

binding and translational suppression by bicoid. Nature. 379, 746-9.<br />

Rogers, B. T. und Kaufman, T. C., 1997. Structure of the insect head in ontogeny and phylogeny:<br />

a view from Drosophila. Int Rev Cytol. 174, 1-84.<br />

Rosenberg, M. I., Lynch, J. A. und Desplan, C., 2009. Heads and tails: evolution of anteroposterior<br />

patterning in insects. Biochim Biophys Acta. 1789, 333-42.<br />

Roth, S., 2003. The origin of dorsoventral polarity in Drosophila. Philos Trans R Soc Lond B<br />

Biol Sci. 358, 1317-29; discussion 1329.<br />

Roth, S. und Hartenstein, V., 2008. Development of Tribolium castaneum. Dev Genes Evol.<br />

218, 115-8.<br />

Roth, S. und Lynch, J. A., 2009. Symmetry breaking during Drosophila oogenesis. Cold<br />

Spring Harb Perspect Biol. 1, a001891.<br />

Roth, S., Neuman-Silberberg, F. S., Barcelo, G. und Schupbach, T., 1995. cornichon and the<br />

EGF receptor signaling process are necessary for both anterior-posterior and dorsalventral<br />

pattern formation in Drosophila. Cell. 81, 967-78.<br />

Roth, S., Stein, D. und Nüsslein-Volhard, C., 1989. A gradient of nuclear localization of the<br />

dorsal protein determines dorsoventral pattern in the Drosophila embryo. Cell. 59, 1189-<br />

202.<br />

Roy, S. und VijayRaghavan, K., 1999. Muscle pattern diversification in Drosophila: the story<br />

of imaginal myogenesis. Bioessays. 21, 486-98.<br />

Rubio-Aliaga, I., Soewarto, D., Wagner, S., Klaften, M., Fuchs, H., Kalaydjiev, S., Busch, D.<br />

H., Klempt, M., Rathkolb, B., Wolf, E., Abe, K., Zeiser, S., Przemeck, G. K., Beckers, J.<br />

und de Angelis, M. H., 2007. A genetic screen for modifiers of the delta1-dependent<br />

notch signaling function in the mouse. Genetics. 175, 1451-63.<br />

Rusch, J. und Levine, M., 1996. Threshold responses to the dorsal regulatory gradient and<br />

the subdivision of primary tissue territories in the Drosophila embryo. Curr Opin Genet<br />

Dev. 6, 416-23.<br />

Sada, A., Suzuki, A., Suzuki, H. und Saga, Y., 2009. The RNA-Binding Protein NANOS2 Is<br />

Required to Maintain Murine Spermatogonial Stem Cells. Science. 325, 1394-1398.<br />

Saint-Georges, Y., Garcia, M., Delaveau, T., Jourdren, L., Le Crom, S., Lemoine, S., Tanty,<br />

V., Devaux, F. und Jacq, C., 2008. Yeast mitochondrial biogenesis: a role for the PUF<br />

RNA-binding protein Puf3p in mRNA localization. PLoS One. 3, e2293.<br />

Salvetti, A., Rossi, L., Lena, A., Batistoni, R., Deri, P., Rainaldi, G., Locci, M. T., Evangelista,<br />

M. und Gremigni, V., 2005. DjPum, a homologue of Drosophila Pumilio, is essential to<br />

planarian stem cell maintenance. Development. 132, 1863-74.<br />

Sambrook, J. und Russell, D., 2001. Molecular cloning a laboratory manual. Cold Spring<br />

Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor, New York.<br />

Sander, K., 1976. Specification of the basic body pattern in insect embryogenesis. Advances<br />

in Insect Physiology. 12.<br />

Sander, K., 1983. The Evolution Of Patterning Mechanisms Gleanings From Insect Embryogenesis<br />

And Spermatogenesis. Goodwin, B. C., N. Holder and C. C. Wylie (Ed.). British<br />

Society for Developmental Biology Symposium, Vol. 6. Development and Evolution;<br />

258


Literatur<br />

Sussex, England, March 31-Apr. 2, 1982. X+437p. Cambridge University Press: New<br />

York, N.Y., USA; Cambridge, England. Illus. P137-160.<br />

Sander, K., 1996. Pattern formation in insect embryogenesis: The evolution of concepts and<br />

mechanisms. International Journal of Insect Morphology & Embryology. 25, 349-367.<br />

Sanson, B., 2001. Generating patterns from fields of cells. Examples from Drosophila segmentation.<br />

EMBO Rep. 2, 1083-8.<br />

Sato, K., Hayashi, Y., Ninomiya, Y., Shigenobu, S., Arita, K., Mukai, M. und Kobayashi, S.,<br />

2007. Maternal Nanos represses hid/skl-dependent apoptosis to maintain the germ line<br />

in Drosophila embryos. Proc Natl Acad Sci U S A. 104, 7455-60.<br />

Sato, K., Shibata, N., Orii, H., Amikura, R., Sakurai, T., Agata, K., Kobayashi, S. und Watanabe,<br />

K., 2006. Identification and origin of the germline stem cells as revealed by the<br />

expression of nanos-related gene in planarians. Dev Growth Differ. 48, 615-28.<br />

Savard, J., Marques-Souza, H., Aranda, M. und Tautz, D., 2006a. A segmentation gene in<br />

tribolium produces a polycistronic mRNA that codes for multiple conserved peptides.<br />

Cell. 126, 559-69.<br />

Savard, J., Tautz, D., Richards, S., Weinstock, G. M., Gibbs, R. A., Werren, J. H., Tettelin, H.<br />

und Lercher, M. J., 2006b. Phylogenomic analysis reveals bees and wasps (Hymenoptera)<br />

at the base of the radiation of Holometabolous insects. Genome Res. 16, 1334-8.<br />

Schaner, C. E., Deshpande, G., Schedl, P. D. und Kelly, W. G., 2003. A conserved chromatin<br />

architecture marks and maintains the restricted germ cell lineage in worms and flies.<br />

Dev Cell. 5, 747-57.<br />

Schinko, J. B., Kreuzer, N., Offen, N., Posnien, N., Wimmer, E. A. und Bucher, G., 2008.<br />

Divergent functions of orthodenticle, empty spiracles and buttonhead in early head patterning<br />

of the beetle Tribolium castaneum (Coleoptera). Dev Biol. 317, 600-13.<br />

Schmitt, C., Die Funktion von nanos und pumilio für die posteriore Musterbildung des Kurzkeiminsekts<br />

Tribolium castaneum, Abteilung f. Entwicklungsbiologie, <strong>Friedrich</strong>-<br />

<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

Schnorrer, F., Schonbauer, C., Langer, C. C., Dietzl, G., Novatchkova, M., Schernhuber, K.,<br />

Fellner, M., Azaryan, A., Radolf, M., Stark, A., Keleman, K. und Dickson, B. J., 2010.<br />

Systematic genetic analysis of muscle morphogenesis and function in Drosophila. Nature.<br />

464, 287-91.<br />

Schoppmeier, M., Fischer, S., Schmitt-Engel, C., Lohr, U. und Klingler, M., 2009. An Ancient<br />

Anterior Patterning System Promotes Caudal Repression and Head Formation in Ecdysozoa.<br />

Curr Biol. 19, 1-5.<br />

Schoppmeier, M. und Schröder, R., 2005. Maternal torso signaling controls body axis elongation<br />

in a short germ insect. Curr Biol. 15, 2131-6.<br />

Schröder, R., 2003. The genes orthodenticle and hunchback substitute for bicoid in the<br />

beetle Tribolium. Nature. 422, 621-5.<br />

Schröder, R., 2006. vasa mRNA accumulates at the posterior pole during blastoderm formation<br />

in the flour beetle Tribolium castaneum. Dev Genes Evol. 216, 277-83.<br />

Schröder, R., Beermann, A., Wittkopp, N. und Lutz, R., 2008. From development to biodiversity--Tribolium<br />

castaneum, an insect model organism for short germband development.<br />

Dev Genes Evol. 218, 119-26.<br />

Schröder, R., Eckert, C., Wolff, C. und Tautz, D., 2000. Conserved and divergent aspects of<br />

terminal patterning in the beetle Tribolium castaneum. Proc Natl Acad Sci U S A. 97,<br />

6591-6.<br />

Schulz, C., Schröder, R., Hausdorf, B., Wolff, C. und Tautz, D., 1998. A caudal homologue in<br />

the short germ band beetle Tribolium shows similarities to both, the Drosophila and the<br />

vertebrate caudal expression patterns. Dev Genes Evol. 208, 283-9.<br />

Schulz, C. und Tautz, D., 1994. Autonomous concentration-dependent activation and repression<br />

of Kruppel by hunchback in the Drosophila embryo. Development. 120, 3043-9.<br />

Schulz, C. und Tautz, D., 1995. Zygotic caudal regulation by hunchback and its role in<br />

abdominal segment formation of the Drosophila embryo. Development. 121, 1023-8.<br />

Schüpbach, T. und Wieschaus, E., 1986. Germline autonomy of maternal-effect mutations<br />

altering the embryonic body pattern of Drosophila. Dev Biol. 113, 443-8.<br />

259


Literatur<br />

Schüpbach, T. und Wieschaus, E., 1989. Female sterile mutations on the second chromosome<br />

of Drosophila melanogaster. I. Maternal effect mutations. Genetics. 121, 101-17.<br />

Schweers, B. A., Walters, K. J. und Stern, M., 2002. The Drosophila melanogaster translational<br />

repressor pumilio regulates neuronal excitability. Genetics. 161, 1177-85.<br />

Sen, J., Goltz, J. S., Stevens, L. und Stein, D., 1998. Spatially restricted expression of pipe in<br />

the Drosophila egg chamber defines embryonic dorsal-ventral polarity. Cell. 95, 471-81.<br />

Shippy, T. D., Brown, S. J. und Denell, R. E., 1998. Molecular characterization of the Tribolium<br />

abdominal-A ortholog and implications for the products of the Drosophila gene. Dev<br />

Genes Evol. 207, 446-52.<br />

Shippy, T. D., Guo, J., Brown, S. J., Beeman, R. W. und Denell, R. E., 2000. Analysis of<br />

maxillopedia expression pattern and larval cuticular phenotype in wild-type and mutant<br />

tribolium. Genetics. 155, 721-31.<br />

Shippy, T. D., Ronshaugen, M., Cande, J., He, J., Beeman, R. W., Levine, M., Brown, S. J.<br />

und Denell, R. E., 2008. Analysis of the Tribolium homeotic complex: insights into mechanisms<br />

constraining insect Hox clusters. Dev Genes Evol. 218, 127-39.<br />

Shippy, T. D., Yeager, S. J. und Denell, R. E., 2009. The Tribolium spineless ortholog specifies<br />

both larval and adult antennal identity. Dev Genes Evol. 219, 45-51.<br />

Simpson-Brose, M., Treisman, J. und Desplan, C., 1994. Synergy between the hunchback<br />

and bicoid morphogens is required for anterior patterning in Drosophila. Cell. 78, 855-65.<br />

Sisodia, S. und Singh, B. N., 2005. Behaviour genetics of Drosophila: Non-sexual behaviour.<br />

Journal of Genetics. 84, 195-216.<br />

Slack, F. J. und Ruvkun, G., 1998. A novel repeat domain that is often associated with RING<br />

finger and B-box motifs. Trends Biochem Sci. 23, 474-5.<br />

Slack, J. M., Holland, P. W. und Graham, C. F., 1993. The zootype and the phylotypic stage.<br />

Nature. 361, 490-2.<br />

Smibert, C. A., Lie, Y. S., Shillinglaw, W., Henzel, W. J. und Macdonald, P. M., 1999. Smaug,<br />

a novel and conserved protein, contributes to repression of nanos mRNA translation in<br />

vitro. RNA. 5, 1535-47.<br />

Smibert, C. A., Wilson, J. E., Kerr, K. und Macdonald, P. M., 1996. smaug protein represses<br />

translation of unlocalized nanos mRNA in the Drosophila embryo. Genes Dev. 10, 2600-<br />

9.<br />

Sokoloff, A., 1972. The Biology of Tribolium. With special emphasis on genetic aspects.<br />

Oxford University Press, Oxford.<br />

Sokoloff, A., Slatis, H. M. und Stanley, J., 1960. The black mutation in Tribolium castaneum.<br />

Jour Heredity. 51, 131-135.<br />

Sommer, R. J. und Tautz, D., 1993. Involvement of an orthologue of the Drosophila pair-rule<br />

gene hairy in segment formation of the short germ-band embryo of Tribolium (Coleoptera).<br />

Nature. 361, 448-50.<br />

Sommer, R. J. und Tautz, D., 1994. Expression patterns of twist and snail in Tribolium<br />

(Coleoptera) suggest a homologous formation of mesoderm in long and short germ band<br />

insects. Dev Genet. 15, 32-7.<br />

Sönnichsen, B., Koski, L. B., Walsh, A. et al., 2005. Full-genome RNAi profiling of early<br />

embryogenesis in Caenorhabditis elegans. Nature. 434, 462-9.<br />

Sonoda, J. und Wharton, R. P., 1999. Recruitment of Nanos to hunchback mRNA by Pumilio.<br />

Genes Dev. 13, 2704-12.<br />

Sonoda, J. und Wharton, R. P., 2001. Drosophila Brain Tumor is a translational repressor.<br />

Genes Dev. 15, 762-73.<br />

Souid, S., Lepesant, J. A. und Yanicostas, C., 2007. The xbp-1 gene is essential for development<br />

in Drosophila. Development Genes and Evolution. 217, 159-167.<br />

Sousa-Nunes, R., Chia, W. und Somers, W. G., 2009. Protein phosphatase 4 mediates<br />

localization of the Miranda complex during Drosophila neuroblast asymmetric divisions.<br />

Genes Dev. 23, 359-72.<br />

Souza, G. M., da Silva, A. M. und Kuspa, A., 1999. Starvation promotes Dictyostelium<br />

development by relieving PufA inhibition of PKA translation through the YakA kinase<br />

pathway. Development. 126, 3263-3274.<br />

260


Literatur<br />

Spassov, D. S. und Jurecic, R., 2002. Cloning and comparative sequence analysis of PUM1<br />

and PUM2 genes, human members of the Pumilio family of RNA-binding proteins. Gene.<br />

299, 195-204.<br />

Sprenger, F., Stevens, L. M. und Nüsslein-Volhard, C., 1989. The Drosophila gene torso<br />

encodes a putative receptor tyrosine kinase. Nature. 338, 478-83.<br />

St Johnston, D., 2002. The art and design of genetic screens: Drosophila melanogaster. Nat<br />

Rev Genet. 3, 176-88.<br />

St Johnston, D., Driever, W., Berleth, T., Richstein, S. und Nüsslein-Volhard, C., 1989.<br />

Multiple steps in the localization of bicoid RNA to the anterior pole of the Drosophila oocyte.<br />

Development. 107 Suppl, 13-9.<br />

St Johnston, D. und Nüsslein-Volhard, C., 1992. The origin of pattern and polarity in the<br />

Drosophila embryo. Cell. 68, 201-19.<br />

Stauber, M., Jäckle, H. und Schmidt-Ott, U., 1999. The anterior determinant bicoid of Drosophila<br />

is a derived Hox class 3 gene. Proc Natl Acad Sci U S A. 96, 3786-9.<br />

Struhl, G., 1989. Differing strategies for organizing anterior and posterior body pattern in<br />

Drosophila embryos. Nature. 338, 741-4.<br />

Struhl, G., Struhl, K. und Macdonald, P. M., 1989. The gradient morphogen bicoid is a<br />

concentration-dependent transcriptional activator. Cell. 57, 1259-73.<br />

Stuart, J. J., Brown, S. J., Beeman, R. W. und Denell, R. E., 1991. A deficiency of the homeotic<br />

complex of the beetle Tribolium. Nature. 350, 72-4.<br />

Subramaniam, K. und Seydoux, G., 1999. nos-1 and nos-2, two genes related to Drosophila<br />

nanos, regulate primordial germ cell development and survival in Caenorhabditis elegans.<br />

Development. 126, 4861-71.<br />

Sullivan, K. M. und Rubin, G. M., 2002. The Ca(2+)-calmodulin-activated protein phosphatase<br />

calcineurin negatively regulates EGF receptor signaling in Drosophila development.<br />

Genetics. 161, 183-93.<br />

Sullivan, S. M., Ashburner, M. und Hawley, R. S., 2000. Drosophila Protocols. Cold Spring<br />

Harbor Laboratory Press, Cold Spring Harbor, NY.<br />

Sulston, I. A. und Anderson, K. V., 1996. Embryonic patterning mutants of Tribolium castaneum.<br />

Development. 122, 805-14.<br />

Sun, Z., Amsterdam, A., Pazour, G. J., Cole, D. G., Miller, M. S. und Hopkins, N., 2004. A<br />

genetic screen in zebrafish identifies cilia genes as a principal cause of cystic kidney.<br />

Development. 131, 4085-93.<br />

Suzuki, Y., Squires, D. C. und Riddiford, L. M., 2009. Larval leg integrity is maintained by<br />

Distal-less and is required for proper timing of metamorphosis in the flour beetle, Tribolium<br />

castaneum. Dev Biol. 326, 60-7.<br />

Szakmary, A., Cox, D. N., Wang, Z. und Lin, H., 2005. Regulatory relationship among piwi,<br />

pumilio, and bag-of-marbles in Drosophila germline stem cell self-renewal and differentiation.<br />

Curr Biol. 15, 171-8.<br />

Tautz, D., 1988. Regulation of the Drosophila segmentation gene hunchback by two maternal<br />

morphogenetic centres. Nature. 332, 281-4.<br />

Tautz, D. und Pfeifle, C., 1989. A non-radioactive in situ hybridization method for the localization<br />

of specific RNAs in Drosophila embryos reveals translational control of the segmentation<br />

gene hunchback. Chromosoma. 98, 81-5.<br />

Tautz, D. und Schmid, K. J., 1998. From genes to individuals: developmental genes and the<br />

generation of the phenotype. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci. 353, 231-40.<br />

Tautz, D. und Sommer, R. J., 1995. Evolution of segmentation genes in insects. Trends<br />

Genet. 11, 23-7.<br />

Taylor, J. und Adler, P. N., 2008. Cell rearrangement and cell division during the tissue level<br />

morphogenesis of evaginating Drosophila imaginal discs. Dev Biol. 313, 739-51.<br />

Toegel, J. P., Wimmer, E. A. und Prpic, N. M., 2009. Loss of spineless function transforms<br />

the Tribolium antenna into a thoracic leg with pretarsal, tibiotarsal, and femoral identity.<br />

Dev Genes Evol. 219, 53-8.<br />

Tomoyasu, Y. und Denell, R. E., 2004. Larval RNAi in Tribolium (Coleoptera) for analyzing<br />

adult development. Dev Genes Evol. 214, 575-8.<br />

261


Literatur<br />

Tomoyasu, Y., Miller, S. C., Tomita, S., Schoppmeier, M., Grossmann, D. und Bucher, G.,<br />

2008. Exploring systemic RNA interference in insects: a genome-wide survey for RNAi<br />

genes in Tribolium. Genome Biol. 9, R10.<br />

Tomoyasu, Y., Wheeler, S. R. und Denell, R. E., 2005. Ultrabithorax is required for membranous<br />

wing identity in the beetle Tribolium castaneum. Nature. 433, 643-7.<br />

Torras, R. und Gonzalez-Crespo, S., 2005. Posterior expression of nanos orthologs during<br />

embryonic and larval development of the anthozoan Nematostella vectensis. Int J Dev<br />

Biol. 49, 895-9.<br />

Torras, R., Yanze, N., Schmid, V. und Gonzalez-Crespo, S., 2004. nanos expression at the<br />

embryonic posterior pole and the medusa phase in the hydrozoan Podocoryne carnea.<br />

Evol Dev. 6, 362-71.<br />

Trauner, J., Analyse der Oogenese und Insertionsmutagenese in Tribolium castaneum,<br />

Dissertation, Developmental Biology, <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong><br />

Trauner, J. und Büning, J., 2007. Germ-cell cluster formation in the telotrophic meroistic<br />

ovary of Tribolium castaneum (Coleoptera, Polyphaga, Tenebrionidae) and its implication<br />

on insect phylogeny. Dev Genes Evol. 217, 13-27.<br />

Trauner, J., Schinko, J., Lorenzen, M. D., Shippy, T. D., Wimmer, E. A., Beeman, R. W.,<br />

Klingler, M., Bucher, G. und Brown, S. J., 2009. Large-scale insertional mutagenesis of a<br />

coleopteran stored grain pest, the red flour beetle Tribolium castaneum, identifies<br />

embryonic lethal mutations and enhancer traps. BMC Biol. 7, 73.<br />

Tribolium Genome Sequencing Consortium, 2008. The genome of the model beetle and pest<br />

Tribolium castaneum. Nature. 452, 949-55.<br />

Tsuda, M., Sasaoka, Y., Kiso, M., Abe, K., Haraguchi, S., Kobayashi, S. und Saga, Y., 2003.<br />

Conserved role of nanos proteins in germ cell development. Science. 301, 1239-41.<br />

Turner, F. R. und Mahowald, A. P., 1977. Scanning electron microscopy of Drosophila<br />

melanogaster embryogenesis. II. Gastrulation and segmentation. Dev Biol. 57, 403-16.<br />

van der Zee, M., Berns, N. und Roth, S., 2005. Distinct functions of the Tribolium zerknullt<br />

genes in serosa specification and dorsal closure. Curr Biol. 15, 624-36.<br />

van der Zee, M., Stockhammer, O., von Levetzow, C., Nunes da Fonseca, R. und Roth, S.,<br />

2006. Sog/Chordin is required for ventral-to-dorsal Dpp/BMP transport and head formation<br />

in a short germ insect. Proc Natl Acad Sci U S A. 103, 16307-12.<br />

van Eeden, F. und St Johnston, D., 1999. The polarisation of the anterior-posterior and<br />

dorsal-ventral axes during Drosophila oogenesis. Curr Opin Genet Dev. 9, 396-404.<br />

Verrotti, A. C. und Wharton, R. P., 2000. Nanos interacts with cup in the female germline of<br />

Drosophila. Development. 127, 5225-32.<br />

Walser, C. B., Battu, G., Hoier, E. F. und Hajnal, A., 2006. Distinct roles of the Pumilio and<br />

FBF translational repressors during C. elegans vulval development. Development. 133,<br />

3461-71.<br />

Wang, C., Dickinson, L. K. und Lehmann, R., 1994. Genetics of nanos localization in Drosophila.<br />

Dev Dyn. 199, 103-15.<br />

Wang, C. und Lehmann, R., 1991. Nanos is the localized posterior determinant in Drosophila.<br />

Cell. 66, 637-47.<br />

Wang, X., McLachlan, J., Zamore, P. D. und Hall, T. M., 2002. Modular recognition of RNA<br />

by a human pumilio-homology domain. Cell. 110, 501-12.<br />

Wang, X., Zamore, P. D. und Hall, T. M., 2001. Crystal structure of a Pumilio homology<br />

domain. Mol Cell. 7, 855-65.<br />

Wang, Y., Zayas, R. M., Guo, T. und Newmark, P. A., 2007. nanos function is essential for<br />

development and regeneration of planarian germ cells. Proc Natl Acad Sci U S A. 104,<br />

5901-6.<br />

Wang, Y. M., Opperman, L., Wickens, M. und Hall, T. M. T., 2009. Structural basis for specific<br />

recognition of multiple mRNA targets by a PUF regulatory protein. Proceedings of the<br />

National Academy of Sciences of the United States of America. 106, 20186-20191.<br />

Wang, Z. und Lin, H., 2004. Nanos maintains germline stem cell self-renewal by preventing<br />

differentiation. Science. 303, 2016-9.<br />

262


Literatur<br />

Warchalewski, J. R., Pradzynska, A., Gralik, J. und Nawrot, J., 2000. The effect of gamma<br />

and microwave irradiation of wheat grain on development parameters of some stored<br />

grain pests. Nahrung. 44, 411-4.<br />

Waterhouse, P. M., Wang, M. B. und Lough, T., 2001. Gene silencing as an adaptive defence<br />

against viruses. Nature. 411, 834-42.<br />

Weigel, D., Jurgens, G., Klingler, M. und Jäckle, H., 1990. Two gap genes mediate maternal<br />

terminal pattern information in Drosophila. Science. 248, 495-8.<br />

Weil, T. T., Forrest, K. M. und Gavis, E. R., 2006. Localization of bicoid mRNA in late oocytes<br />

is maintained by continual active transport. Dev Cell. 11, 251-62.<br />

Wharton, R. P., Sonoda, J., Lee, T., Patterson, M. und Murata, Y., 1998. The Pumilio RNAbinding<br />

domain is also a translational regulator. Mol Cell. 1, 863-72.<br />

Wharton, R. P. und Struhl, G., 1989. Structure of the Drosophila BicaudalD protein and its<br />

role in localizing the the posterior determinant nanos. Cell. 59, 881-92.<br />

Wharton, R. P. und Struhl, G., 1991. RNA regulatory elements mediate control of Drosophila<br />

body pattern by the posterior morphogen nanos. Cell. 67, 955-67.<br />

Wheeler, W. M., 1893. A Contribution to Insect Embryology. Journal of Morphology. 8, 160.<br />

White, E. K., Moore-Jarrett, T. und Ruley, H. E., 2001. PUM2, a novel murine puf protein,<br />

and its consensus RNA-binding site. RNA. 7, 1855-66.<br />

White, R. A. und Lehmann, R., 1986. A gap gene, hunchback, regulates the spatial expression<br />

of Ultrabithorax. Cell. 47, 311-21.<br />

Wickens, M., Bernstein, D. S., Kimble, J. und Parker, R., 2002. A PUF family portrait: 3'UTR<br />

regulation as a way of life. Trends Genet. 18, 150-7.<br />

Wilkinson, D. G., 1998. In situ hybridization a practical approach. Oxford University Press,<br />

Oxford.<br />

Wolff, C., Sommer, R., Schröder, R., Glaser, G. und Tautz, D., 1995. Conserved and divergent<br />

expression aspects of the Drosophila segmentation gene hunchback in the short<br />

germ band embryo of the flour beetle Tribolium. Development. 121, 4227-36.<br />

Woodhouse, E., Hersperger, E. und Shearn, A., 1998. Growth, metastasis, and invasiveness<br />

of Drosophila tumors caused by mutations in specific tumor suppressor genes. Dev Genes<br />

Evol. 207, 542-50.<br />

Wreden, C., Verrotti, A. C., Schisa, J. A., Lieberfarb, M. E. und Strickland, S., 1997. Nanos<br />

and pumilio establish embryonic polarity in Drosophila by promoting posterior deadenylation<br />

of hunchback mRNA. Development. 124, 3015-23.<br />

Wright, T. R., Bewley, G. C. und Sherald, A. F., 1976. The genetics of dopa decarboxylase in<br />

Drosophila melanogaster. II. Isolation and characterization of dopa-decarboxylasedeficient<br />

mutants and their relationship to the alpha-methyl-dopa-hypersensitive mutants.<br />

Genetics. 84, 287-310.<br />

Xu, E. Y., Chang, R., Salmon, N. A. und Reijo Pera, R. A., 2007. A gene trap mutation of a<br />

murine homolog of the Drosophila stem cell factor Pumilio results in smaller testes but<br />

does not affect litter size or fertility. Mol Reprod Dev. 74, 912-21.<br />

Yang, X., Zarinkamar, N., Bao, R. und <strong>Friedrich</strong>, M., 2009. Probing the Drosophila retinal<br />

determination gene network in Tribolium (I): The early retinal genes dachshund, eyes<br />

absent and sine oculis. Dev Biol. 333, 202-14.<br />

Ye, B., Petritsch, C., Clark, I. E., Gavis, E. R., Jan, L. Y. und Jan, Y. N., 2004. Nanos and<br />

Pumilio are essential for dendrite morphogenesis in Drosophila peripheral neurons. Curr<br />

Biol. 14, 314-21.<br />

Zaessinger, S., Busseau, I. und Simonelig, M., 2006. Oskar allows nanos mRNA translation<br />

in Drosophila embryos by preventing its deadenylation by Smaug/CCR4. Development.<br />

133, 4573-83.<br />

Zamore, P. D., Williamson, J. R. und Lehmann, R., 1997. The Pumilio protein binds RNA<br />

through a conserved domain that defines a new class of RNA-binding proteins. RNA. 3,<br />

1421-33.<br />

Zhang, B., Gallegos, M., Puoti, A., Durkin, E., Fields, S., Kimble, J. und Wickens, M. P.,<br />

1997. A conserved RNA-binding protein that regulates sexual fates in the C. elegans<br />

hermaphrodite germ line. Nature. 390, 477-84.<br />

263


Literatur<br />

Zhang, X. D. und Heyse, J. F., 2009. Determination of sample size in genome-scale RNAi<br />

screens. Bioinformatics. 25, 841-844.<br />

Zhu, Q., Arakane, Y., Beeman, R. W., Kramer, K. J. und Muthukrishnan, S., 2008. Functional<br />

specialization among insect chitinase family genes revealed by RNA interference. Proc<br />

Natl Acad Sci U S A. 105, 6650-5.<br />

Zissler, D., 1992. From egg to pole cells: ultrastructural aspects of early cleavage and germ<br />

cell determination in insects. Microsc Res Tech. 22, 49-74.<br />

264

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!