06.12.2012 Aufrufe

Peer Pasternack „Demokratische Erneuerung“

Peer Pasternack „Demokratische Erneuerung“

Peer Pasternack „Demokratische Erneuerung“

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

oder auch "politisch-moralischen" Integrität 8 bzw., in funktionaler Perspektive, der Eignung<br />

für den öffentlichen Dienst.<br />

Kein anderer Teilprozeß des Universitätsumbaus hatte solch aufmerksame öffentliche<br />

Beachtung gefunden, war derart internen Kontroversen ausgesetzt und zum entscheidenden<br />

Maßstab für die Gesamtbewertung der Umgestaltung geraten wie die Integritätsüberprüfungen.<br />

Die Gründe dafür lagen einerseits in ihren politischen Implikationen und den z.T. existentiellen<br />

Auswirkungen auf die einzelnen Betroffenen; andererseits interessierten die Vorgänge<br />

einen Teil der Öffentlichkeit vor dem Hintergrund der Erwartung, der demokratische<br />

Rechtsstaat habe nachzuholen, was die friedlichen Revolutionäre wegen Unverhältnismäßigkeit<br />

des Aufwands unterlassen hatten: mehr als nur ein Politbüro zu stürzen und sich nun auch<br />

dessen funktionselitären Unterbaus zu widmen.<br />

Der herausgehobenen Stellung der Integritätsüberprüfungen wird hier durch die Ausführlichkeit<br />

der Behandlung entsprochen. Damit machen wir uns indessen nicht zum Sklaven einer<br />

u.U. unangemessenen Bedeutungszuweisung durch Akteure und Beobachter; vielmehr<br />

erfordert dies der Ansatz unserer Untersuchung: Wo ein Teilprozeß des Personalumbaus so<br />

zentrale Bewertung erfuhr, darf auch erwartet werden, daß er mit der dementsprechenden<br />

Sorgfalt vorbereitet und vorangetrieben wurde: er mithin in herausgehobenem Maße zuläßt,<br />

die demokratische Qualität des in Rede stehenden Gesamtvorganges zu indizieren.<br />

Beide herausgehobenen Teilvorgänge des Personalumbaus – die (Neu-)Besetzungen der<br />

Entscheidungspositionen und die Integritätsüberprüfungen – werden in den Mittelpunkt unserer<br />

Fallstudien zur Humboldt- und Leipziger Universität gerückt. Mit den Integritätsüberprüfungen<br />

inhaltlich und funktional eng verbunden waren die Abwicklungen, weshalb auch diese<br />

ausführlichere Bearbeitung erfahren.<br />

Eine Leerstelle indes muß bleiben: Zweifelsohne ebenfalls von Interesse wäre es, die Evaluierungen<br />

des ostdeutschen Personals auf fachliche Eignung hin systematisch zu untersuchen.<br />

Dies stößt jedoch an die Grenzen des Quellenzugangs: Zahlreiche Quellen sind (noch)<br />

nicht zugänglich oder unterliegen – aufgrund schutzwürdiger Interessen von Personen – anhaltender<br />

Vertraulichkeit; diesbezügliches Zahlenmaterial ist so unzureichend veröffentlicht<br />

und auch kaum zu recherchieren, daß sich verallgemeinernde Aussagen daraus nicht ableiten<br />

lassen.<br />

Die hier zu leistende Untersuchung beantwortet, wie jede Analyse, weniger Fragen, als sie<br />

offenläßt. Darunter sind zahlreiche, die durchaus berechtigtes Interesse beanspruchen dürfen,<br />

in vorliegender Arbeit indessen den Rahmen der Untersuchung sprengen würden. Einige der<br />

Fragen und Anliegen, die im folgenden nicht unser Gegenstand sind und sein können, seien<br />

explizit erwähnt, um prophylaktisch Einwänden zu begegnen, die manchem naheliegend<br />

scheinen könnten:<br />

8 Wir verzichten auf eine ethisch informierte Erörterung, was unter "Integrität" verstanden werden könnte,<br />

und verwenden den Begriff lediglich als Code, der in den Prozessen diskurs- und handlungssteuernde Wirkungen<br />

entfaltete.<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!