Technischer Bericht der Exkursion Frutigen als ... - Pro Holz Schweiz
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Erhaltungs- und<br />
Interventionszentrum EIZ<br />
<strong>Frutigen</strong><br />
Im Rahmen <strong>der</strong> NEAT entsteht an <strong>der</strong><br />
Lötschberglinie ein neuer Basistunnel,<br />
<strong>der</strong> über eine Länge von 36 km von<br />
<strong>Frutigen</strong> im Berner Oberland nach Raron<br />
im Wallis führt. Für Betrieb und Unterhalt<br />
dieses Tunnels ist ein<br />
Infrastrukturzentrum geplant, das einen<br />
Werkhof sowie einen regionalen<br />
Feuerwehrstützpunkt umfasst.<br />
Das Areal des Betriebszentrums liegt in<br />
unmittelbarerer Nachbarschaft zum<br />
Bahnhof <strong>Frutigen</strong>. Entlang <strong>der</strong> Ostseite<br />
des Gleisraums entstehen zwei Hallen,<br />
dazwischen liegen gross dimensionierte<br />
Freiflächen. Trotz unterschiedlicher<br />
Nutzungen werden die beiden Gebäude<br />
<strong>als</strong> einheitliche Volumen konzipiert:<br />
Breite und Höhe sind identisch, nur die<br />
Länge variiert.<br />
Traggerippe<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Bauaufgabe<br />
besteht darin, dass die Anlage bereits für<br />
den Ausbau des Tunnels genutzt wird.<br />
Das ursprüngliche Konzept <strong>der</strong> Betreiber<br />
sah daher vor, Teile <strong>der</strong> Halle nach einer<br />
Nutzungszeit von nur einem Jahr<br />
abzubrechen und an neuer Stelle wie<strong>der</strong><br />
aufzubauen. Um ein einfaches Umstellen<br />
<strong>der</strong> Bin<strong>der</strong> zu ermöglichen, wurde im<br />
Architekturwettbewerb ein Bock<br />
entwickelt, bei dem ein Bin<strong>der</strong> auf vier<br />
A-förmig angeordneten Stielen liegt und<br />
so ohne weitere Aussteifungen und ohne<br />
Dachverband autonom stehen kann. Im<br />
ausgeführten <strong>Pro</strong>jekt kann dieser<br />
Teilabbruch durch organisatorische<br />
Massnahmen umgangen werden, die<br />
Grundidee <strong>der</strong> Statik wird aber<br />
beibehalten und die fachwerkartige<br />
Struktur erinnert nun an weitere<br />
Infrastrukturbauten wie Brücken o<strong>der</strong><br />
Galerien, die in einer Bergregion zum<br />
vertrauten Inventar einer Bahnlinie<br />
gehören.<br />
In beiden Hallen kommen Deckenkrane<br />
zum Einsatz. Die dadurch vorgegebene<br />
Raumhöhe lässt anstelle einer<br />
Oblichtkonstruktion eine wirtschaftlich<br />
interessante Seitenlichthalle zu. Als<br />
Folge davon verschwindet die<br />
<strong>Holz</strong>konstruktion nicht hinter einer<br />
geschlossenen Fassade, son<strong>der</strong>n wird<br />
von einer einschichtigen, transparenten<br />
Fassadenschicht aus Polycarbonatplatten<br />
umhüllt. Die einzelnen Paneele laufen<br />
dabei über die gesamte Höhe <strong>der</strong><br />
Fassade und sind scheinbar fugenlos – in<br />
einer Nut-Kamm-Montagetechnik –<br />
aneinan<strong>der</strong> gefügt. Dadurch kommt <strong>der</strong><br />
<strong>Holz</strong>bau auch von aussen zur Geltung,<br />
die Gebäudestatik bestimmt die Ästhetik<br />
des gesamten Bauwerks.<br />
GSA-Rahmenecke<br />
Die Bin<strong>der</strong>böcke mit einer Spannweite<br />
von 21.16 m und einem Bin<strong>der</strong>abstand<br />
von 7.80 m bestehen aus zwei<br />
aneinan<strong>der</strong> gestellten Rahmen. Zu<br />
unterscheiden sind zwei Bin<strong>der</strong>typen.<br />
Der Vollrahmen mit beidseitigem<br />
<strong>Holz</strong>stiel, sowie <strong>der</strong> einseitig<br />
aufgelagerte Halbrahmen. Die<br />
Abmessungen <strong>der</strong> Rahmen sind durch<br />
das gefor<strong>der</strong>te Lichtraumprofil gegeben.<br />
So ist die Abmessung im Bereich <strong>der</strong><br />
Rahmenecke auf 1.20 m (Stiel) und 1.40<br />
m (Riegel) beschränkt. Zu den<br />
beschränkten Abmessungen kommt eine<br />
grosse Belastung <strong>der</strong> Bin<strong>der</strong>konstruktion<br />
(ca. 6.70 kN/m 2 davon ca. 3.20 kN/m 2<br />
aus <strong>der</strong> Extensivbegrünung).<br />
Durch die Wahl <strong>der</strong> Rahmenkonstruktion<br />
(statisch unbestimmtes System) kann<br />
<strong>der</strong> Biegemomentverlauf beeinflusst<br />
werden. Die Rahmen können sowohl<br />
durch die unterschiedlichen<br />
Abmessungen im Riegl und Stiel, <strong>als</strong>
auch durch eine Vorspannung optimiert<br />
werden. Durch diese Massnahme konnte<br />
das Biegemoment <strong>der</strong> Rahmenecke von<br />
Md=940 kNm auf Md=770 kNm<br />
verkleinert werden. Demgegenüber steht<br />
die Vergrösserung des Feldmoments von<br />
Md=1150 kNm auf Md=1420 kNm. Das<br />
Resultat ist ein Riegel, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Rahmenecke (trotz Anschluss) die<br />
gleichen Abmessungen wie in Feldmitte<br />
aufweist.<br />
Vorpannung<br />
Neben <strong>der</strong> Umlagerung <strong>der</strong><br />
Beanspruchung war <strong>der</strong> Einsatz<br />
hochwertigem BSH (GL 36k), sowie <strong>der</strong><br />
Einsatz eines leistungsstarken<br />
Verbindungsmittel (GSA) nötig. Dadurch<br />
war eine effiziente Herstellung <strong>der</strong> Bin<strong>der</strong><br />
möglich, den trotz beschränkter<br />
Bin<strong>der</strong>abmessungen konnte mit einer<br />
Bin<strong>der</strong>breite von 220 mm (Vollrahmen)<br />
bzw. 240 mm (Halbrahmen) gearbeitet<br />
werden.<br />
Montage<br />
GSA Technologie Die Montage des Haupttragwerkes, <strong>der</strong><br />
In Zusammenarbeit mit <strong>Pro</strong>fessor Ernst<br />
Gehri, <strong>der</strong> Firma ASTORit AG Einsiedeln<br />
und <strong>der</strong> neuen <strong>Holz</strong>bau AG Lungern<br />
wurde das GS-Ankersystem entwickelt.<br />
GSA steht für Gewinde-Stangen-Anker.<br />
Es handelt sich dabei um eine kraft- und<br />
formschlüssiges Verbindungssystem im<br />
Ingenieurholzbau, welches sich durch<br />
hohes Tragverhalten und Steifigkeit,<br />
sowie durch ein duktiles Verhalten<br />
auszeichnet. Die Verbindung besteht aus<br />
drei Komponenten (BSH, GS-Anker und<br />
GSA Harz), welches durch eine Vielzahl<br />
gezielter Versuche aufeinan<strong>der</strong><br />
abgestimmt wurde.<br />
Neben <strong>der</strong> im EIZ angewendeten<br />
steckbare Montageverbindung wurde in<br />
Lungern Untersuchungen im Bereich<br />
Fachwerk (Fachwerkknoten,<br />
Auflagerknoten) sowie <strong>Holz</strong>sortierung<br />
(Lamellen T26) vorgenommen.<br />
Wand- und Dachelemente dauerten pro<br />
Halle ca. 2 Wochen. Mit einem grossen<br />
Pneukran sowie zwei Hebebühnen<br />
wurden die Bin<strong>der</strong> aufgerichtet. Die<br />
Haupttragwerke wurden auf dem Boden<br />
in <strong>der</strong> Halle komplett montiert und<br />
verschraubt. Der Pneukran hob die<br />
einzelnen Böcke an. Danach wurden die<br />
in Schräglage gebrachten Böcke auf<br />
einer Seite mit dem Auflagerschuh<br />
verdübelt und auf <strong>der</strong><br />
gegenüberliegenden Seite mit einem<br />
Hydraulischen Zuggerät unter<br />
Vorspannung mit dem zweiten<br />
Auflagerschuh verdübelt. Nachdem <strong>der</strong><br />
Randbock sowie zwei weitere Böcke<br />
aufgestellt waren, wurde mit den<br />
Dachelementen begonnen. Parallel hob<br />
<strong>der</strong> Kran die Böcke an ihren Platz und<br />
danach wie<strong>der</strong> Dachelemente auf das<br />
montierte Haupttragwerk zu hieven.
Diese Montagetechnik hatte den Vorteil,<br />
dass <strong>der</strong> Pneukran nur 3 mal seinen<br />
Standort zu wechseln hatte und danach<br />
die komplette Halle inklusive Dach stand.<br />
Die Fassadenriegel wurden danach mit<br />
den Hebebühnen konventionell an ihren<br />
Standort gehoben und mit Schrauben<br />
und Gewindestangen befestigt<br />
Die Kombination aus bewährten und<br />
innovativen Elementen vermittelt ein<br />
Bild, das dem Eigenverständnis einer<br />
Bahngesellschaft von internationaler<br />
Bedeutung entspricht: Zuverlässigkeit<br />
und regionale Verwurzelung auf <strong>der</strong><br />
einen, Glaubwürdigkeit und<br />
Innovationskraft auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite.<br />
Die hinter <strong>der</strong> Fassade sichtbar bleibende<br />
<strong>Holz</strong>konstruktion sowie die extensive<br />
Dachbegrünung sind zudem die<br />
sichtbaren Elemente des ökologischen<br />
Gedankens, welcher den Gebäuden des<br />
EIZ und mithin <strong>der</strong> gesamten NEAT zu<br />
Grunde liegt.<br />
Totalunternehmung<br />
TU: ARGE Bahntechnik Lötschberg<br />
<strong>Pro</strong>jektleitung TU: Techdata AG, <strong>Pro</strong>jekt-<br />
und Baumanagement, Bern<br />
Ingenieurgemeinschaft Frutigland<br />
Gesamtleitung: Kissling + Zbinden AG,<br />
Spiez<br />
Architektur: Müller & Truniger, dipl.<br />
Architekten ETH / SIA, Zürich<br />
Tragwerkplanungen<br />
Hochbauten: Moor Hauser + Partner AG,<br />
Bern<br />
<strong>Holz</strong>bau: n’H, Lungern<br />
Personenunterführung: Bächtold AG,<br />
Bern<br />
Umgebung: Kissling + Zbinden AG, Spiez<br />
Bauleitung<br />
Hochbauten: Allenbach + Trachsel AG,<br />
<strong>Frutigen</strong><br />
<strong>Holz</strong>bau<br />
Primärtragwerk: n’H, Lungern<br />
Dach- Wandelemente in <strong>Holz</strong> + Montage<br />
<strong>Holz</strong>konstruktion:<br />
Brawand Zimmerei AG, Grindelwald<br />
<strong>Holz</strong>bau ARGE <strong>Frutigen</strong> bestehend aus:<br />
Allenbach <strong>Holz</strong>-+Trockenbau AG,<br />
<strong>Frutigen</strong>, (Admin)<br />
Bärtschi Bau AG <strong>Frutigen</strong>, (Bauleitung)<br />
Brügger <strong>Holz</strong>bau GmbH, <strong>Frutigen</strong><br />
Lauener <strong>Holz</strong>bau, <strong>Frutigen</strong><br />
<strong>Holz</strong>bau Steiner AG, Kan<strong>der</strong>steg<br />
Samuel Steiner <strong>Holz</strong>bau, <strong>Frutigen</strong><br />
Zurbrügger <strong>Holz</strong>bau AG, Reichenbach