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HANS PETER WOLLSEIFER<br />

KREISHANDWERKSMEISTER<br />

D<br />

ank <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerreform<br />

soll die Steuerbelastung<br />

für Kapital- und für Personengesellschaften<br />

auf unter 30 Prozent<br />

sinken. Tritt die Reform zum 1. Januar<br />

2008 in Kraft, wer<strong>de</strong>n allerdings nur<br />

wenige Handwerksunternehmen in<br />

Nordrhein-Westfalen spürbar entlastet.<br />

Zwei Punkte sind <strong>de</strong>r Kreishandwerkerschaft<br />

bei <strong>de</strong>r Reform ein Dorn<br />

im Auge: Der Aufbau von Eigenkapital<br />

wird künftig zwar stärker belohnt als<br />

bisher, lässt sich aber im Unternehmensalltag<br />

weiterhin nur sehr schwer realisieren.<br />

Zum an<strong>de</strong>ren erweist sich die Reform<br />

als ausgemachtes Bürokratiemonster.<br />

Der Verwaltungsaufwand erhöht sich<br />

erheblich, weil die Möglichkeit zur Abschreibung<br />

geringfügiger Wirtschaftsgüter<br />

reduziert wer<strong>de</strong>n soll. Seit <strong>de</strong>n 60er Jahren<br />

konnten Unternehmen Investitionen<br />

bis zu einer Höhe von 800 Mark, später<br />

dann bis zu 410 Euro, sofort abschreiben.<br />

Statt <strong>de</strong>n Abschreibungsbetrag – wie<br />

längst überfällig – zu erhöhen,<br />

können ab 1. Januar 2008 nur<br />

noch Güter bis zu einem Wert von 150<br />

Euro direkt abgeschrieben wer<strong>de</strong>n. Alle<br />

Anschaffungen zwischen 150 und 1000<br />

Euro müssen über fünf Jahre abgesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n – dabei bleibt längst nicht je<strong>de</strong>s<br />

Werkzeug und je<strong>de</strong>r Computer für fünf<br />

Jahre im Betrieb. Der Mehraufwand für<br />

die Betriebe ist enorm, die Gesetzesän<strong>de</strong>rung<br />

gleicht einem Beschäftigungsprogramm<br />

für Steuerberater und<br />

Finanzbeamte. Kleine Mittelständler<br />

kann dieses Bürokratiemonster ernsthaft<br />

gefähr<strong>de</strong>n – schwächt es doch auch die<br />

Möglichkeit, Eigenkapital zu bil<strong>de</strong>n.<br />

Die Eigenkapitalquote ist in vielen<br />

kleinen und mittleren Handwerksunternehmen<br />

seit Jahren<br />

niedrig. Die Unternehmenssteuerreform<br />

belohnt aber nur solche Personenunternehmen,<br />

die in <strong>de</strong>r Lage sind, nachhaltig<br />

Eigenkapital aufzubauen. Hintergrund<br />

ist die so genannte Thesaurierungsrücklage.<br />

Nur wenn Gewinne aus laufen<strong>de</strong>n<br />

Einkünften thesauriert (einbehalten)<br />

wer<strong>de</strong>n, gilt künftig für sie ein ermäßigter<br />

Steuersatz von 29,77 Prozent statt <strong>de</strong>s<br />

Editorial<br />

Meister-Brief<br />

Spitzensteuersatzes. Der Haken: In einem<br />

schlechten Jahr muss zwangsweise zuerst<br />

Geld aus <strong>de</strong>r Thesaurierungsrücklage<br />

genommen wer<strong>de</strong>n, statt bereits versteuertes<br />

Kapital aufzulösen. Dann wer<strong>de</strong>n<br />

zusätzlich 25 Prozent Abgeltungssteuer<br />

fällig – <strong>de</strong>r Unternehmer zahlt mehr als<br />

nach <strong>de</strong>m regulären Einkommenssteuertarif.<br />

Die Thesaurierung lohnt sich nur<br />

für Unternehmen, <strong>de</strong>ren Rücklage lange<br />

unangetastet bleiben kann. Das ist für<br />

die meisten Firmen nicht möglich. Die<br />

Möglichkeit zur Eigenkapitalbildung wird<br />

also auch nicht gestärkt. Für viele Handwerksbetriebe<br />

erweist sich die Steuererleichterung<br />

somit als Mogelpackung.<br />

Die Kreishandwerkerschaft hat sich<br />

mit <strong>de</strong>n genannten Be<strong>de</strong>nken<br />

an zahlreiche Politiker gewandt.<br />

Lei<strong>de</strong>r hat ein Großteil <strong>de</strong>r Volksvertreter<br />

sich nicht zurückgemel<strong>de</strong>t. NRW-Europaminister<br />

Michael Breuer (CDU) schrieb,<br />

dass die Reform „trotz aller Kritik“ die<br />

Wettbewerbsfähigkeit stärken wer<strong>de</strong>.<br />

Helga Kühn-Mengel (SPD) betonte, dass<br />

die Wertgrenze für die Sofortabschreibung<br />

geringwertiger Wirtschaftsgüter<br />

immerhin von ursprünglich geplanten 100<br />

Euro auf 150 Euro angehoben wor<strong>de</strong>n<br />

sei. Willi Zylajew (CDU) äußerte sich<br />

ebenfalls optimistisch – Optimismus<br />

zählt in <strong>de</strong>r Politik eben zum Geschäft.<br />

Blühen<strong>de</strong> Landschaften, wie von<br />

<strong>de</strong>r Politik erhofft, wird die Reform<br />

allerdings nicht hervorbringen.<br />

Profi tieren wer<strong>de</strong>n Kapitalgesellschaften<br />

mit viel Eigenkapital und wenig Verbindlichkeiten<br />

sowie ertragreiche Personenunternehmen,<br />

die ihre Gewinne aus laufen<strong>de</strong>n<br />

Einkünften dauerhaft einbehalten<br />

können. Am Großteil <strong>de</strong>s Mittelstands<br />

wird <strong>de</strong>r Aufschwung mal wie<strong>de</strong>r vorbeiziehen.<br />

Was sich im Detail durch die<br />

Reform än<strong>de</strong>rt, stellen wir ausführlich in<br />

<strong>de</strong>r nächsten Meisterbrief-Ausgabe vor.<br />

Den Optimismus sollte sich <strong>de</strong>r Mittelstand<br />

trotz einer Reform, die mehr<br />

verspricht als sie halten kann, nicht<br />

nehmen lassen. Immerhin in dieser<br />

Hinsicht können wir uns ein Beispiel<br />

an unseren Politikern nehmen.<br />

In diesem Sinn eine gute Zeit,<br />

3

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