FernUni Perspektive Nr. 53 | Herbst 2015
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<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong> Seite 9<br />
Mobilitätslösungen<br />
Per App den Schulweg sicher und nachhaltig umgestalten<br />
Den Schulweg sicher, nachhaltig<br />
und gesund gestalten: Das Lehrgebiet<br />
Kooperative Systeme der Fern-<br />
Universität in Hagen hat in Kooperation<br />
mit der Stadt Venedig eine App<br />
für Tablets entwickelt, mit deren Hilfe<br />
Grundschülerinnen und Grundschüler<br />
ihren Schulweg umgestalten<br />
können. Die Mädchen und Jungen<br />
dokumentieren mit Hilfe der<br />
App ihren Schulweg, identifizieren<br />
gefährliche und schöne Wegpunkte<br />
und entwerfen in Form eines digitalen<br />
Comics eine Vision für einen<br />
besseren Schulweg.<br />
„An mehreren Schulen in Mestre,<br />
dem Festland von Venedig, kam<br />
die App zum Einsatz und trug dazu<br />
bei, dass Schülerinnen und Schüler<br />
ihr Mobilitätsverhalten reflektierten<br />
und neue Verantwortung für ihren<br />
Schulweg übernahmen“, sagt Projektleiter<br />
Dr. Till Schümmer. Der Informatiker<br />
ist Akademischer Rat im<br />
Lehrgebiet von Prof. Dr. Jörg M.<br />
Haake, das für drei Jahre als Partner<br />
am europäischen Projekt PUMAS<br />
(Planning Sustainable Regional-Urban<br />
Mobility in the Alpine Space)<br />
beteiligt war. Das Forschungsprojekt<br />
an der Schnittstelle zwischen<br />
Informatik und Stadtplanung hatte<br />
das Ziel, nachhaltige Mobilitätslösungen<br />
für den Alpenraum zu entwickeln.<br />
In Turin ging es um Güterlieferungen<br />
im historischen Stadtkern,<br />
in München wurde ein kombinierter<br />
Routenplaner für Rad- und<br />
Dr. Till Schümmer konzipierte die Schulweg-App gemeinsam<br />
mit der Stadt Venedig.<br />
öffentlichen Verkehr entwickelt. In<br />
in Venedig standen mit Beteiligung<br />
der <strong>FernUni</strong>versität sichere und gesundheitsförderliche<br />
Schulwege auf<br />
dem Stundenplan.<br />
Schulweg gemeinsam sicherer<br />
und gesünder konzipiert<br />
„Mit Hilfe unserer App wird ein Bewusstsein<br />
für eine gesunde Verkehrsbewegung<br />
zur Schule geschaffen“,<br />
erklärt Dr. Till Schümmer. „50<br />
Prozent der beteiligten Schülerinnen<br />
und Schüler kamen mit dem<br />
Auto zur Schule, obwohl sie in der<br />
Nähe wohnen. Das ist bedenklich.“<br />
Insgesamt ein halbes Jahr stand das<br />
Thema „Schulweg“ auf dem Stundenplan<br />
an sechs Grundschulen in<br />
Venedig. Eingebettet in vielfältige<br />
andere Aktivitäten reflektierten die<br />
Schülerinnen und Schüler mit ihren<br />
Eltern und begleitet von ihren Lehrerinnen<br />
und Lehrern ihren Schulweg.<br />
Gemeinsam wurden Änderungen<br />
im Hinblick auf Sicherheit, Gesundheit<br />
und Nachhaltigkeit konzipiert.<br />
Mit Hilfe der von der <strong>FernUni</strong>versität<br />
entwickelten App wird der Schulweg<br />
am Tablet auf eine elektronische<br />
Landkarte gezeichnet. Kinder<br />
und Eltern machen sich als Comic-<br />
Helden auf den Weg zur Schule –<br />
im Bus, auf dem Rad, im Auto, zu<br />
Fuß oder per Boot. Fotos, Sprechblasen<br />
und Wünsche füllen den Comic<br />
mit Leben. So entstehen digitale Geschichten<br />
und Ideen für die Umge-<br />
In Venedig hat der<br />
Einsatz der App zur<br />
Umgestaltung der<br />
Schulumgebungen<br />
beigetragen:<br />
Die Zugänge zu<br />
den Schulen<br />
wurden farbenfroh<br />
gestaltet.<br />
staltung des Schulweges, wie zum<br />
Beispiel die Ausweitung von Grünflächen<br />
oder die farbenfrohe Gestaltung<br />
der Schuleingänge. „Über<br />
den Comic gelingt es, den Schulweg<br />
aus der <strong>Perspektive</strong> der Kinder<br />
zu sehen“, erklärt Schümmer. „Das<br />
ist der Hauptmehrwert für Stadtplanerinnen<br />
und Stadtplaner. Wenn sie<br />
diese Sicht zu ihrer machen, ist ein<br />
großer Schritt auf dem Weg zur kinderfreundlichen<br />
Stadt geschafft.“<br />
Von den Erfahrungen in Venedig<br />
können nicht nur die Planerinnen<br />
und Planer vor Ort profitieren. Für<br />
PUMAS wurde eine Community für<br />
den Wissensaustausch über nachhaltige<br />
Mobilitätslösungen geschaffen.<br />
Die <strong>FernUni</strong>versität entwickelte<br />
die Kooperations-Infrastruktur und<br />
identifizierte Barrieren und Motivatoren<br />
zum Wissensaustausch in der<br />
öffentlichen Verwaltung. „In der<br />
täglichen Praxis behindern Freigabeund<br />
Abstimmungsprozesse den Wissensaustausch“,<br />
fasst Schümmer zusammen.<br />
Seien diese Barrieren aber<br />
erstmal überwunden, zahle sich der<br />
Austausch aus. „Die Rückmeldungen<br />
der Städte zeigen: Die entstandenen<br />
neuen Kontakte sind wahnsinnig<br />
wertvoll.“<br />
Der Schulweg<br />
wird am Tablet<br />
auf eine<br />
elektronische<br />
Landkarte<br />
gezeichnet.<br />
Kinder und Eltern<br />
machen sich als<br />
Comic-Helden<br />
auf den Weg<br />
zur Schule.<br />
PATONGO als Basis<br />
Als Basistechnologie kam das System<br />
PATONGO (Patterns and Tools for<br />
Non Governmental Organizations)<br />
zum Einsatz. Dieses wurde zwischen<br />
2009 und 2012 vom Lehrgebiet Kooperative<br />
Systeme entwickelt und<br />
seitdem in unterschiedlichen Organisationen<br />
eingesetzt: zum Beispiel<br />
unter dem Namen „geistreich.<br />
de“ als kirchliches Kommunikationsportal<br />
der Evangelischen Kirche<br />
in Deutschland oder im bundesweiten<br />
Projekt „Campus vor Ort“. Das<br />
Internetportal PATONGO kann flexibel<br />
an die Bedürfnisse der Organisationen<br />
angepasst werden. Es zeichnet<br />
sich einerseits durch Arbeitsräume<br />
für Beteiligungsprozesse aus, in<br />
denen gemeinsam Konzepte erarbeitet<br />
werden. Andererseits erleichtert<br />
eine semantische Komponente<br />
das Finden inhaltlich passender Projekte<br />
und Kooperationspartner.<br />
„Wir wollen PATONGO weiter für<br />
den Markt öffnen und damit neue<br />
Gelegenheiten zur Zusammenarbeit<br />
und Vernetzung bieten“, blickt Till<br />
Schümmer in die Zukunft. Im Frühjahr<br />
2013 erfolgte bereits die Ausgründung<br />
der Firma PATONGO UG<br />
(haftungsbeschränkt). Dr.-Ing. Martin<br />
Mühlpfordt, bislang ebenfalls<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter im<br />
Lehrgebiet von Prof. Haake, wechselt<br />
nun ganz in die Firma wechseln.<br />
Auch eine Verbreitung der App zur<br />
Umgestaltung des Schulwegs ist<br />
denkbar. Verkehrsplanerinnen im<br />
Wiener Umland haben Interesse an<br />
der Arbeit mit der App in Schulen bekundet.<br />
An deutschen Schulen wäre<br />
ein Einsatz ebenfalls denkbar.<br />
In Venedig hat der Einsatz der App<br />
zur Umgestaltung der Schulumgebungen<br />
beigetragen: Die Zugänge<br />
zu den Schulen wurden in einem<br />
ersten Schritt farbenfroh gestaltet.<br />
„Es hat darüber hinaus einen signifikanten<br />
Wechsel zum Fahrrad- und<br />
Fußverkehr gegeben“, sagt Schümmer.<br />
„Das Bewusstsein ist dort geschaffen,<br />
jetzt muss sich die Beteiligungskultur<br />
für das Thema Schulweg<br />
nachhaltig etablieren.“ can<br />
Freundesgesellschaft<br />
Promotionsunterstützung<br />
ELFI und FIT<br />
Fördermittel schneller finden<br />
Oft sind im Rahmen eines Dissertationsvorhabens<br />
empirische Studien,<br />
Untersuchungen, Feldstudien, Befragungen,<br />
Archivaufenthalte etc.<br />
erforderlich, die nicht durch Fördermittel<br />
abgedeckt werden.<br />
Die Gesellschaft der Freunde der<br />
<strong>FernUni</strong>versität e.V. versucht, diese<br />
Lücke zu schließen. Alle Doktorandinnen<br />
und Doktoranden der Fern-<br />
Universität in Hagen, die finanzielle<br />
Unterstützung für die Durchführung<br />
von Vorhaben im Rahmen eines<br />
Promotionsprojekts benötigen,<br />
können bis zu 1.250 Euro pro Antrag<br />
erhalten. Anträge sind bis zum<br />
15. November möglich. Proe<br />
Weitere Informationen sind zu<br />
finden unter<br />
www.fernuni-hagen.de/per<strong>53</strong>-09<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
müssen sich durch den<br />
Rückgang öffentlicher Forschungsförderungsgelder<br />
verstärkt um<br />
Drittmittel bemühen. Aus der unübersehbaren<br />
Menge an Informationen<br />
gezielt die passende Fördermöglichkeit<br />
herauszufiltern ist<br />
jedoch überaus zeit- und arbeitsintensiv.<br />
Daher informierte die Abteilung<br />
Forschung und Internationale<br />
Angelegenheiten der <strong>FernUni</strong>versität<br />
in Hagen Interessierte aus<br />
den Fakultäten über Möglichkeiten,<br />
schnell, komfortabel und zielgerichtet<br />
Informationen über geeignete<br />
Drittmittelgeber, passende Förderprogramme<br />
und Ausschreibungen<br />
zu suchen.<br />
Insbesondere ging es um Recherchen<br />
mit den Förder-Datenbanken<br />
ELFI (ELektronische ForschungsförderInformationen)<br />
und FIT (Informationsdienst<br />
Forschung, Internationales,<br />
Transfer – FIT für die Wissenschaft).<br />
Zu diesen Datenbanken besteht<br />
über die <strong>FernUni</strong> Zugang. Da<br />
Rückfragen<br />
sabine.haake@fernuni-hagen.de<br />
(zu ELFI)<br />
inga.brandes@fernuni-hagen.de<br />
(zu FIT).