zett-Magazin August / September
Magazin für Stadtkultur, Schlachthof / Lagerhaus
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Schlachthof / Lagerhaus
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THE<br />
MA 6<br />
F o t o : TILL VIELROSE<br />
I N T E R V I E W : A R N E H E L M S<br />
AUF SUPEN REIMT SICH PUPEN<br />
Deutschsprachige Musik scheint wieder im Kommen zu sein. Im Juni waren zum ersten Mal<br />
die kompletten Top 10 der Albumcharts auf Deutsch. Aber warum die Amtssprache pflegen,<br />
wenn man sich der heimischen Mundart widmen kann? De Fofftig Penns aus Bremen-Nord<br />
machen feinsten ›Dialektro‹, wie sie es selbst nennen – Elektro-HipHop auf Plattdeutsch.<br />
2013 vertraten sie Bremen beim Bundesvision Songcontest, erreichten einen respektablen<br />
siebten Platz und zeigten: Man kann auch außerhalb Norddeutschlands mit Platt punkten.<br />
Wir haben mit Malte ›Malde‹ Battefeld, Jakob ›Jaykopp‹ Köhler und Torben ›Torbo‹ Otten<br />
geschnackt und herausgefunden: Auf Platt rappt es sich einfach besser.<br />
Wie habt ihr euch als Band gefunden?<br />
Jaykopp: Torbo und ich haben uns im Bremen-Norder Freizi kennengelernt,<br />
unsere damaligen Bands haben sich einen Proberaum geteilt.<br />
Torbo hat Punk gemacht, ich Metal. Übers Sprayen haben wir dann<br />
schnell zum HipHop gefunden. Malde haben wir über ein Rap-Forum<br />
kennengelernt.<br />
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, dass Plattdeutsch die<br />
ideale Sprache für eure Texte ist?<br />
Torbo: Auf Platt reimt sich viel mehr als auf Hochdeutsch. Zum<br />
Beispiel supen und pupen. Hochdeutsch: saufen und pupsen. Verstehste?<br />
Und man braucht den Mund beim Sprechen nicht so weit aufzumachen.<br />
Das ist besonders für Double-Time-Passagen interessant.<br />
Malde: Platt ist auch die einzige Sprache, in der ich nicht nuschel.<br />
Seid ihr selber mit Platt aufgewachsen oder wie seid ihr mit<br />
der Sprache in Berührung gekommen?<br />
Jaykopp: Als Bremen-Norder lebste quasi automatisch mit einem<br />
Bein im Dorf. Lemwerder, Schwanewede, Platjenwerbe und wie sie<br />
alle heißen. Die Grenze zwischen Stadt und Land ist da sehr relativ.<br />
Torbo: An Platt ist man im Bremen-Nord-und-Umzu unserer Kindheit<br />
nicht vorbeigekommen. Selbst manche Lehrer sprachen Platt,<br />
insbesondere im Plattdeutschunterricht.<br />
Wie sieht es außerhalb der Musik aus? Schnackt ihr da noch<br />
Platt?<br />
Torbo: Jo, na klor, aber nur mit denen, die es ebenfalls sprechen.<br />
Um zu vermeiden, dass man wunderliche Monologe führt. Das kann<br />
man später immer noch machen.<br />
Bekommt ihr Hilfe beim Texten?<br />
Malde: Das ginge gar nicht. Omi muss man immer erst alle Punchlines,<br />
Wortspiele und Slangausdrücke erklären, was voll abnervt.<br />
Aber sie weigert sich auch partout, mal in der Juice zu blättern.<br />
Habt ihr eine Mission, seht ihr euch als Verfechter einer sterbenden<br />
Sprache?<br />
Jaykopp: Platt hat in der Tat diesen spirituellen Aspekt. Etwas, das<br />
einem in einer hektischen Welt Halt gibt. An das man glauben<br />
kann. Und ähnlich wie bei Religionen gibt es Leute, die behaupten,<br />
es gäbe Plattdeutsch überhaupt gar nicht. Unsinn!<br />
Torbo: Verfechten, sterben, dies, das. Hauptsache, wir kommen<br />
ins Fernsehen.<br />
Viele sagen, Platt sei nur ein Dialekt. Seht ihr das anders?<br />
Malde: Als studierter Linguist sage ich mal: Kann man so und so<br />
sehen, am Ende bleibt es Definitionssache. Natürlich ist Platt eine<br />
Sprache und zwar eine mit verschiedenen Dialekten. Aber am<br />
Ende des Tages kommt man damit nicht in allen Bereichen gleichweit.<br />
Kleiner Vergleich: Dorfkrug – sehr weit. HipHop-Battle –<br />
in der Vorrunde ausgeschieden.<br />
Der Bundesvision Songcontest 2013 hat euch einer breiteren<br />
Masse bekannt gemacht. War das nur der erste Schritt einer<br />
steilen Karriere? Wie sieht eure Zukunft aus?<br />
Torbo: Hoffentlich kommt bald der zweite Schritt. Besser als letzter<br />
Platz beim Eurovision Song Contest können wir allemal. Wir bringen<br />
uns hiermit offiziell ins Gespräch für den Vorentscheid 2016.<br />
War das für euch auch eine Plattform, das Bewusstsein für Platt<br />
zu stärken und die Sprache wieder in den Fokus zu rücken?<br />
Jaykopp: Whoa, das ist zu kompliziert gedacht. Erst mal waren wir<br />
sehr überrascht, dass es überhaupt ein Publikum für unsere Performancekunst<br />
gab. Man darf nicht vergessen, dass alles als großer Jux<br />
anfing. Wir waren zu keinem Zeitpunkt mit Karriereplanung beschäftigt<br />
und somit auch nicht damit, was das alles anrichten könnte.<br />
Malde: An dieser Stelle ein dickes Sorry an alle, denen es nicht<br />
gefällt.