MOTORRAD CLASSIC 01 02/2016
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1+2/2<strong>01</strong>6<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Kaufberatung<br />
Ducati<br />
Pantah-<br />
Modelle<br />
Worauf ist zu<br />
achten?<br />
Aerodynamik<br />
BMW R 100 RS<br />
Leistung<br />
Kawasaki Z 900<br />
Fahrwerk<br />
Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
WAS<br />
MACHT<br />
SCHNELL?<br />
Das große Thema vor 40 Jahren<br />
30 Jahre Supersport<br />
SUZUKI<br />
GSX-R 750<br />
YAMAHA<br />
FZ 750<br />
Schöngeist<br />
HOFFMANN<br />
GOUVERNEUR<br />
MP 250-2<br />
Honda CB 750 Four:<br />
Rettung aus dem Container<br />
Herzensbrecher<br />
HONDA<br />
DREAM 50<br />
UND<br />
DREAM 50R<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />
BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 € . Italien 7,50 €<br />
Eigenbau-Renner<br />
HÜTTLIN-<br />
KAWASAKI<br />
H1 500
4<br />
INHALT I<br />
1+2/2<strong>01</strong>6<br />
Vor 40 Jahren kam die BMW R 100 RS. Und warf<br />
die Frage auf, ob ausgefeilte Aero dynamik<br />
tatsächlich schneller macht als schiere Leistung<br />
oder ein sportliches Fahrwerk<br />
70<br />
86<br />
Mit der Pantah und<br />
deren Zahnriemen-<br />
V2 setzte Fabio<br />
Taglioni den Grundstein<br />
für Ducatis<br />
Zukunft. Wir verraten<br />
die Stärken<br />
und Schwächen<br />
des Mittelklasse-<br />
Sportlers<br />
Die Hoffmann Gouverneur war ein Schöngeist, dessen<br />
Ästhetik sich die Technik unterordnen musste<br />
MOTORRÄDER IN<br />
DIESER AUSGABE:<br />
Black Douglas Sterling 44<br />
BMW R 100 RS 4<br />
Ducati Pantah 86<br />
Harley-Davidson Fat Boy 38<br />
Hoffmann Gouverneur 70<br />
Honda CB 750 Four 96<br />
Honda Dream 50/50 R 20<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500 104<br />
Kawasaki Z 900 4<br />
Moto Guzzi 850 Le Mans 4<br />
Suzuki GS 1000 S 78<br />
Suzuki GS 1000 L 78<br />
Suzuki GSX-R 750 30<br />
Yamaha FZ 750 30<br />
104<br />
Ewald Hüttlin hatte Anfang der 1970er-Jahre seine eigenen Ideen, um<br />
aus Kawasakis Serien-H1 eine erfolgreiche Rennmaschine zu machen<br />
2 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6<br />
Titelfotos: Bilski, Hartmann, markus-jahn.com, Rivas, Siemer;<br />
Inhaltfotos: Bilski, Dargegen, Hartmann, markus-jahn.com, Pompe, Rivas, Schmieder, Siemer
Kaufberatung<br />
Worauf ist zu<br />
achten?<br />
BMW R 100 RS<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Kawasaki Z 900<br />
Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
20<br />
AUF ACHSE<br />
4 Groß angesagt: Die Big Bikes von 1976<br />
Die revolutionäre BMW R 100 RS trifft<br />
nach 40 Jahren wieder auf Kawasaki<br />
Z 900 und die Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
70 Hoffmann Gouverneur<br />
250er-Boxer mit ungewöhnlicher Technik<br />
30<br />
44<br />
96<br />
38<br />
84<br />
IM STUDIO<br />
20 Honda Dream 50 und Dream 50 R<br />
Zwei kleine Schmuckstücke im Stil der<br />
Rennmaschinen der frühen 1960er-Jahre<br />
SZENE<br />
30 Die ersten Supersportler sind 30!<br />
Suzuki GSX-R 750 und Yamaha FZ 750<br />
38 Harley-Davidson Fat Boy<br />
Der erste Cruiser stampfte vor einem<br />
Vierteljahrhundert ins Rampenlicht<br />
44 Black Douglas Sterling<br />
Neue 250er, mit Starr-Rahmen und<br />
Vorkriegs-Optik perfekt auf alt getrimmt<br />
48 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
84 Schrott oder Gesamtkunstwerk?<br />
Unkaputtbare BMW R 25<br />
96 Leser restaurieren selbst<br />
Wiederbelebung einer Honda CB 750 Four<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
28 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 3/1981<br />
UNTER DER LUPE<br />
86 Ducati Pantah 500/600/650<br />
Alle Stärken und Schwächen im Detail<br />
SERVICE<br />
1<strong>02</strong> Ausprobiert<br />
Retro-Polish von Ambassador-Chemie<br />
NACHGEDRUCKT<br />
78 Suzuki GS 1000 S und GS 1000 L<br />
Sportler und Chopper mit gleicher Basis<br />
MARKT<br />
62 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />
SPORT<br />
103 DHM-Nachrichten<br />
104 Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
Eigenbau-Renner mit feinster Technik<br />
RUBRIKEN<br />
54 Kleinanzeigen-Markt<br />
68 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
EDIT0RIAL<br />
GSX-R mit H-<br />
Kennzeichen!<br />
Da hat mich Autor Fred Siemer doch<br />
ziemlich geschockt, aber es ist die<br />
Wahrheit: Die ersten Supersportler werden<br />
30 Jahre alt. Und können nun mit<br />
H-Kennzeichen bewegt werden! Ist das<br />
nicht furchtbar? Zieht uns das nicht in der<br />
eh schon kargen Winterzeit mal so richtig<br />
runter? Tatsache ist, wir werden alle nicht<br />
jünger, aber es hilft ja auch nichts, wenn<br />
man sich darob grämt. Also weg mit der<br />
Jammerei, rein in die Garage und den<br />
Schätzchen erst einmal zärtlich über den<br />
Tank streicheln. Oder sich gar ans Werk<br />
machen und die längst schon neu einzuspeichenden<br />
Räder ausbauen und vorbereiten.<br />
Jetzt, wenn der Winter Einzug hält,<br />
beginnt die Schrauberzeit. Da wird wieder<br />
zerlegt, gereinigt, Ersatzteile werden<br />
besorgt, zusammengebaut, lackiert, poliert,<br />
ausprobiert. Meine GSX-R 750, die<br />
nie ein H-Kennzeichen bekommen wird,<br />
braucht ebenfalls ein wenig Pflege. Projekte<br />
stehen, Gott sei Dank, genügend bei<br />
mir rum.<br />
Und in den Pausen oder an entspannten<br />
Winterabenden, so hoffe ich, kann<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic ärgste Entzugserscheinungen<br />
lindern. Die Titelgeschichte<br />
beispielsweise über die 40 Jahre alten Big-<br />
Bikes und die Frage, was damals schnell<br />
machte. 40 Jahre? Da hatte ich noch nicht<br />
einmal einen Lappen. Nur ein klappriges<br />
Peugeot Mofa. War schneller als Laufen<br />
und besser als Treten. Geile Zeit, Schock<br />
verdaut.<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
Michael Pfeiffer<br />
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Ducati<br />
Pantah-<br />
Modelle<br />
Aerodynamik<br />
WAS<br />
MACHT<br />
SCHNELL?<br />
Das große Thema vor 40 Jahren<br />
Leistung<br />
Fahrwerk<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 3
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
Wenn’s schnell<br />
Die alte Streitfrage, was wirklich schnell macht, bewegt Biker seit<br />
Generationen: hohe Leistung, gute Aerodynamik oder brillantes<br />
Fahrwerk? Wir checken anhand von drei schnellen Bikes aus dem<br />
Jahr 1976, welches Konzept vor 40 Jahren wirklich punkten konnte.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Arturo Rivas, Schmieder (1), Archiv<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
macht<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 5
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
BMW<br />
R 100 RS<br />
Was hat es seit Anbeginn<br />
der Motorisierung<br />
nicht schon<br />
für Diskussionen<br />
und Streits gegeben um die Grundsatzfrage,<br />
wer mit welchem Konzept wohl schneller<br />
und dem anderen das Rücklicht zu zeigen<br />
imstande sei. Unzählige Stammtisch-<br />
Debatten mögen darüber zu derart überhitzten<br />
Gemütern geführt haben, dass<br />
selbst reichlich georderter Getränkenachschub<br />
kaum noch für die notwendige<br />
Kühlung sorgen konnte. Dabei ist die Frage<br />
einerseits ebenso müßig wie gleichermaßen<br />
hochinteressant.<br />
Doch was heißt eigentlich schnell?<br />
Topspeed auf der Geraden? In kürzester<br />
Zeit eine kurvige Hausstrecke oder einen<br />
Renn kurs absolvieren? Oder einfach<br />
schnell (und ohne allzu viele lästige Pausen<br />
und Tankstopps) auf der Autobahn von A<br />
nach B kommen? In der Summe aller Eigenschaften<br />
liegt die Wahrheit, muss sich<br />
wohl das Entwickler-Team bei BMW gedacht<br />
haben, als es sich daran machte,<br />
Nach folger für die /6-Baureihe zu entwickeln.<br />
Neben dem Basis-Modell R 100/7<br />
und der R 90 S-Nachfolgerin R 100 S schuf<br />
die Design-Mannschaft um den längst<br />
legendären Hans A. Muth eine revolutionäre<br />
dritte Variante: die R 100 RS. Sie sollte<br />
als erstes Serienmotorrad mit Vollverkleidung<br />
(von BMW „Integral Cockpit“ genannt)<br />
in die Geschichte eingehen und wurde<br />
unter ganz besonderen Gesichtspunkten<br />
entwickelt. „Die R 100 RS repräsentierte die<br />
Mensch/Maschine-Philosophie, ein Beitrag<br />
von BMW als Gegenstück zur fernöst lichen<br />
Thematik mit Fokus auf Power, Technik,<br />
Styling und niedrigem Preis“, so Muth zum<br />
Anspruch der RS.<br />
Wichtig war die „Integrierung des Piloten<br />
in die Maschine“. Versuche im Windkanal<br />
bei Pininfarina in Italien erbrachten<br />
wichtige Werte und Erkenntnisse, wobei<br />
nicht die absolute Minimierung des Luftwiderstands<br />
(wie bei einem Rennmotorrad)<br />
im Vordergrund stand, sondern der<br />
Wind- und Wetterschutz des Fahrers, hilfreich,<br />
um lange Strecken sehr schnell und<br />
ermüdungsfrei zurückzulegen. Das zeigt<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Im Windkanal der italienischen Design-Firma Pininfarina (Alfa,<br />
Ferrari, uvm.) wurde die RS-Verkleidung getestet und optimiert<br />
Die RS-Schale bot mehr Abtrieb, besseren<br />
Windschutz und weniger Wirbel<br />
Schnell dank<br />
Aerodynamik<br />
Die BMW R 100 RS nimmt für sich in Anspruch,<br />
das erste Motorrad mit serienmäßiger, rahmenfester<br />
Vollverkleidung zu sein. Entwickelt und<br />
optimiert wurde die nur 9,5 Kilogramm schwere,<br />
mehrteilige Kunststoffschale im Windkanal der<br />
berühmten Designschmiede Pininfarina in Turin.<br />
Dabei hatte der damalige BMW-Styling-Chef Hans<br />
A. Muth nicht die Minimierung des Luftwiderstands<br />
im Sinn, sondern die Optimierung der Einheit<br />
Mensch/Maschine. Und damit den Fokus auf<br />
maximalen Komfort für den Fahrer. Integrierte<br />
Spoiler sollen den Abtrieb erhöhen, somit die<br />
Stabilität bei hohem<br />
Tempo verbessern. Der cw-<br />
Wert (Luftwiderstandsbeiwert)<br />
ist mit sitzendem<br />
(0,61) und liegendem<br />
Fahrer (0,59) fast identisch,<br />
weshalb auch die Höchstgeschwindigkeiten<br />
(189,5<br />
BMW-Designer Hans<br />
A. Muth gilt als Vater<br />
des RS-Konzepts<br />
bzw. 193,5 km/h) kaum unterschiedlich sind. Die<br />
große Stirnfläche der Verkleidung verhindert bessere<br />
Werte, doch ermöglicht die BMW auf langen<br />
Strecken ermüdungsfrei hohe Reiseschnitte.<br />
Der BMW-Kardan sorgt auch in der R 100<br />
RS für den allseits bekannten Fahrstuhleffekt<br />
beim Gasgeben bzw. -wegnehmen<br />
RS-Kommandostand: schmale Lenkerstummel,<br />
üppiges Cockpit mit Voltmeter und Zeituhr,<br />
eng anliegende, billig wirkende Spiegel<br />
Doppelscheibenbremse mit gelochten<br />
260-Millimeter-Scheiben und ATE-Sätteln:<br />
Die bessere Brembo-Anlage kam erst 1981
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
„Die Mensch/Maschine-Philosophie<br />
steht für die Integrierung<br />
des Piloten in die Maschine“<br />
auch der Vergleich der vor allem im Automobilbereich<br />
allseits gern zitierten cw-<br />
Werte (Luftwider standsbeiwert). Dieser<br />
beträgt 0,61 mit sitzendem und 0,59 mit<br />
liegendem Fahrer. Was zeigt, dass der<br />
Fahrer nahe zu perfekt hinter der Verkleidung<br />
verschwindet, ein normal Gewachsener<br />
also praktisch komplett windgeschützt<br />
im Sattel der RS sitzt.<br />
Dass diese Tatsache nicht unbedingt<br />
für die ultimative Höchstgeschwindigkeit<br />
sorgt, hat <strong>MOTORRAD</strong> einst nachgeprüft<br />
und belegt, indem Messungen mit<br />
demontierter Vollverkleidung durchgeführt<br />
wurden. Weil die Verkleidung zwar<br />
recht gut schützt, dabei jedoch eine große<br />
Stirn fläche bietet, fallen die ermittelten<br />
Werte für die Höchstgeschwindigkeit ernüchternd<br />
aus. Topspeed mit/ohne Verkleidung<br />
sitzend: 189,5/193,5 km/h bzw.<br />
liegend 193,5/207 km/h. Nicht zu vergessen<br />
sei dabei aber auch der Effekt des integrierten<br />
Spoilers, der bei hohem Tempo<br />
mehr Anpressdruck auf die Straße, somit<br />
bessere Geradeauslaufstabilität garantieren<br />
soll.<br />
Bei der Präsentation der neuen BMW-<br />
Modelle auf der IFMA in Köln 1976 sorgte<br />
der Auftritt der RS für Aufsehen. Schon<br />
bald herrschte derart große Nachfrage<br />
nach dem 70 PS starken Topmodell, dass<br />
Kunden Lieferfristen von drei Monaten<br />
erdulden mussten. Die neue Tausender-<br />
Generation des Boxers kann nun stolze 94<br />
(R 90: 90) Millimeter Bohrung aufweisen<br />
und kommt so auf satte 980 cm³ Hubraum.<br />
Stattliche 40er-Bing-Vergaser und<br />
die von 9 auf 9,5:1 erhöhte Verdichtung<br />
schrauben die Leistung der beiden Edel-<br />
Modelle R 100 S und R 100 RS auf 65 bzw.<br />
70 PS. Wobei dem Boxer der RS dabei gar<br />
7250 Umdrehungen zugemutet werden.<br />
Minimale Modifikationen an der Luftfilterhutze<br />
und vergrößerte Krümmerquerschnitte<br />
erlauben ihm dabei besseres Einund<br />
Ausatmen. Verbesserungen am bislang<br />
meist unter lautstarkem Krachen zu<br />
schaltenden Getriebe sollen für mehr<br />
Ruhe sorgen, diverse Verstärkungen und<br />
Versteifungen am Rahmen für mehr<br />
Fahrstabilität. Gegen Lenkerschlagen soll<br />
der bei der RS serienmäßige Lenkungsdämpfer<br />
helfen.<br />
Die Ausfahrt wird zeigen, ob das alles<br />
Sinn und vor allem schnell macht. Beide<br />
Benzinhähne öffnen, den schwergängigen<br />
Choke betätigen, den Starterknopf<br />
drücken – unter satten Schmatzgeräuschen<br />
schüttelt sich der Boxer zum Leben,<br />
will trotz voll gezogenem Choke mit<br />
Gasstößen am Leben gehalten werden.<br />
Die 230 Kilogramm vollgetankt sind de<br />
facto ein guter Wert, fühlen sich beim<br />
Rangieren aber nach mehr an. Mal sehen,<br />
wie sich’s fährt. Die RS von Georg Godde<br />
trägt die originale Höcker-Einzelsitzbank<br />
(die Doppelsitzbank der 100 S war optional<br />
zu haben). Die Lenkerstummel sind<br />
nicht zu tief platziert, die Fußrasten, das<br />
fällt sofort auf, eher weit vorn und wenig<br />
sportlich positioniert – die Sitzhaltung<br />
wirkt eigenartig. Der Boxer braucht wenig<br />
8 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
IM DETAIL: BMW R 100 RS<br />
(1976 – 1984)<br />
Preis 1977: 11210 Mark<br />
Daten (Typ R 100 RS)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-<br />
Viertakt-Boxermotor, eine untenliegende<br />
Nockenwelle, zwei Ventile<br />
pro Zylinder, über Kipphebel betätigt,<br />
Hubraum 980 cm³, Leistung 51 kW<br />
(70 PS) bei 7250/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-<br />
Trockenkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Ø 36<br />
mm, Zweiarmschwinge, zwei Federbeine,<br />
Drahtspeichenräder mit Leichtmetallfelgen,<br />
Reifen 3.25 H 19 vorn,<br />
4.00 H 18 hinten, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Ø 260 mm, Einkolben-<br />
Schwenksattel, Trommelbremse hinten,<br />
Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand<br />
1465 mm, Gewicht vollgetankt 230 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
193 km/h<br />
Technik<br />
Der in seinen Grundzügen auf den<br />
Motoren der /5-Modelle basierende<br />
Boxermotor mit seinem unveränderten<br />
Hub von 70,6 Millimetern wurde<br />
auf rekordverdächtige 94 Millimeter<br />
aufgebohrt, um den Liter<br />
Hubraum voll zu machen. Die gleitgelagerte<br />
Kurbelwelle muss jedoch<br />
noch immer auf ein drittes, mittleres<br />
Lager verzichten. Und weil auch der<br />
Ventiltrieb noch immer über lange<br />
Stoßstangen und Kipphebel erfolgt,<br />
sind den Höchstdrehzahlen nach wie<br />
vor Grenzen gesetzt. Höhere Verdichtung<br />
(9,5 statt 9,0:1) und 40er- statt<br />
32er- Bing-Gleichdruckvergaser sorgen<br />
für die mit 70 PS um zehn PS höhere<br />
Leistung der RS im Unterschied<br />
zur Basis-R 100/7. Allen Tausendern<br />
gemein ist das neue Kurbelgehäuse-<br />
Entlüftungssystem, das den Ölverbrauch<br />
senken soll. Um das Fahrverhalten<br />
zu verbessern, versteifte<br />
man den Rahmen der R 100-Baureihe.<br />
Größere Knotenbleche im<br />
Lenkkopfbereich, ein Querverbindungsrohr<br />
unter dem Lenkkopf<br />
und stärkere Knotenbleche<br />
an der Schwinge sorgen für<br />
mehr Stabilität. Schon ab Modelljahr<br />
1978 gab es die zuvor optionalen<br />
Gussräder serienmäßig, dazu hinten<br />
eine Scheiben- anstelle der Trommelbremse.<br />
Für 1981 wurde die RS drastisch<br />
überarbeitet: erweiterter Ölkreislauf,<br />
modifizierter Ansaugtrakt (Plattenluftfilter),<br />
modifizierte Kipphebel,<br />
stärkere Pleuel, um 30 % verringerte<br />
Schwungmasse, Leichtmetallzylinder<br />
mit Nikasilbeschichtung und kontaktlose<br />
Transistorzündung. Dazu löste<br />
vorn eine Brembo-Festsattelbremse<br />
die ATE-Schwenksattelbremse ab.<br />
Kauf-Check<br />
Bei der R 100 RS gelten die bei Boxern<br />
üblichen Checkpunkte: Motor<br />
und Antrieb auf Undichtigkeit prüfen.<br />
Ölnebel ist noch okay, tropft es bereits,<br />
besteht Handlungsbedarf. Etwa<br />
bei einem defekten<br />
Wellendichtring, erkennbar<br />
am Tropfen<br />
aus dem Entlüftungsschlitz<br />
zwischen Motor<br />
und Getriebe.<br />
Die in Einzelfällen<br />
anfangs zu Brüchen neigenden<br />
Kipphebel des hoch drehenden RS-Boxers<br />
wurden ab Mitte 1977 (Fgst.-Nr:<br />
6084533) von 7 auf 11 mm verstärkt.<br />
Klären sollte man auch, ob Boxer mit<br />
hoher Laufleistung im Zuge einer<br />
eventuellen Überholung bereits auf<br />
bleifreies Benzin umgerüstet wurden<br />
(neue Ventilsitze). Erlischt die Batteriekontrolllampe<br />
auch bei höheren<br />
Drehzahlen nicht, haben wohl die Vibrationen<br />
der Lichtmaschine den Garaus<br />
gemacht. Steht die RS aufgebockt<br />
auf beiden Reifen, hat der schwächliche<br />
Hauptständer nachgegeben – ein<br />
verstärktes Originalteil schafft Abhilfe.<br />
Markt<br />
Von der ersten Serie der R 100 RS<br />
wurden zwischen 1977 und 1984 stolze<br />
33 648 Stück gebaut. Das Angebot<br />
an Gebrauchten ist heute dennoch<br />
relativ bescheiden, zugelassen sind<br />
laut KBA nur noch 927 Stück.<br />
Angeboten werden RS-Modelle mit<br />
hoher Laufleistung ab etwa 3000<br />
Euro, gute Exemplare mit mittlerer<br />
Laufleistung gibt’s ab etwa 4500 Euro,<br />
für Top-Exemplare werden zwischen<br />
5000 und 8000 Euro verlangt.<br />
Spezialisten<br />
Siebenrock GmbH<br />
Telefon 070 24/46 88-10,<br />
www.siebenrock.com<br />
WÜDO<br />
Telefon <strong>02</strong> 31/4 77 77 70,<br />
www.wuedo.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.boxer-forum.de<br />
www.2-ventiler.de<br />
Historie<br />
1976:Die R 100/7 stellt die mit 60 PS<br />
zehn PS schwächere, dafür 15 Kilogramm<br />
leichtere Basis-Version der<br />
neuen Tausender-Baureihe dar. Einstiegspreis<br />
damals: 8590 Mark<br />
Der Boxermotor glänzt noch immer mit simplem<br />
Aufbau und Wartungsfreundlichkeit,<br />
kommt aber in der Einliter-Version mit satten<br />
94 Millimetern Bohrung an seine Grenzen<br />
1978:Die zuvor optional angebotenen<br />
Gussräder sind nun Serie, statt<br />
Trommel- gibt’s nun eine Scheibenbremse<br />
hinten und auf Wunsch eine<br />
Doppelsitzbank (ohne Aufpreis).
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
Moto Guzzi<br />
850 Le Mans<br />
Gas, schüttelt kaum und lässt sich beim<br />
Bummeln notfalls bereits ab 2000/min mit<br />
Bedacht beschleunigen. Gasaufreißen geht<br />
ab 2500 bis 3000/min, spätestens ab 3500/<br />
min liefert der Boxer auch den erwarteten<br />
satten Schub eines Einliter-Zweizylinders.<br />
Im Bereich um 5000/min sind leichte Vibrationen<br />
an Händen und Füßen zu spüren,<br />
aber nicht lästig, dafür jedoch deutlich an<br />
den Zerrbildern in den Rückspiegeln abzulesen.<br />
Das Auskosten des Drehzahl-Limits soll<br />
dem betagten Boxer heute erspart bleiben.<br />
Muss auch nicht sein, wer sich zwischen<br />
3500 und 6500 Touren bewegt, ist<br />
allemal flott unterwegs. Gangwechsel<br />
sollten dabei allerdings noch immer behutsam<br />
erfolgen, die Schaltstufen mit Zeit<br />
und Sorgfalt eingelegt werden. Besonders<br />
beim Runterschalten vom Dritten in den<br />
Zweiten scheint etwas Zwischengas angeraten.<br />
Für Kandidaten, die Schaltzeiten in<br />
Zehntelsekunden messen, ist die RS nicht<br />
geeignet. Das berüchtigte Krachen des Getriebes<br />
weist die RS kaum noch auf, auch<br />
wenn alle Geräusche von Motor, Getriebe<br />
und Kardan durch den Resonanzraum,<br />
den die große Verkleidung darstellt, verstärkt<br />
zu werden scheinen. Diese übertönt<br />
auch der Fahrtwind kaum, der ist nämlich<br />
schlichtweg kaum zu hören und zu spüren.<br />
Zugegeben, ein wenig ragt die Stirnpartie<br />
des Helms doch über die Kante der Verkleidung<br />
hinaus, verursacht jedoch keine<br />
Verwirbelungen oder Dröhngeräusche.<br />
So ließen sich wohl tatsächlich stundenlanges<br />
Autobahn-Düsen ertragen und<br />
hohe Reiseschnitte erzielen, auch dank<br />
des großen 24-Liter-Tanks.<br />
Schon bei Tempo 150 macht sich der<br />
stabilisierende Effekt des Verkleidungsspoilers<br />
bemerkbar – die RS liegt tatsächlich<br />
stur und nahezu unbeirrbar. Selbst<br />
mutwillig eingeleitete Wackelei ignoriert<br />
die RS fast mürrisch. Unwillig gibt sie sich<br />
allerdings auch in schnellen Wechselkurven,<br />
wobei die schmale Bereifung hier eigentlich<br />
beste Voraussetzungen böte. Der<br />
schmale, stark gekröpfte Lenker bietet<br />
wenig Hebelwirkung, die zwischen Verkleidungsschale<br />
und Tank eingeklemm-<br />
10 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Schnelles<br />
Fahrwerk<br />
Die höchste Leistung nützt nichts, wenn sie nicht<br />
umsetzbar, nicht auf die Straße zu bringen ist. Nicht<br />
zuletzt diese Weisheit muss wohl hinter dem Bestreben<br />
des damaligen Moto Guzzi-Chefkonstrukteurs<br />
Lino Tonti gesteckt haben, der seine Erfahrungen<br />
auch aus dem Rennsport beziehen<br />
konnte. Er schuf mit der Konstruktion<br />
des noch heute berühmten<br />
und unter dem Namen Tonti-Rahmen<br />
bekannten Chassis die Voraussetzung<br />
für schnelle Runden auf<br />
und abseits der Rennstrecke. Dieser<br />
vorwiegend in Dreiecksverbänden<br />
aus soliden, runden Stahlrohren<br />
zusammen- geschweißte Rahmen<br />
sorgt für die kompakten Ausmaße<br />
und den niedrigen Schwerpunkt der<br />
Guzzi-Bikes, indem er den V2 eng<br />
umschließt. Und er ermöglicht dem<br />
Fahrer, die Leistung des Motors<br />
voll auszuschöpfen. Niedriges Gesamtgewicht,<br />
höchste Präzision in<br />
schnellen Kurven und tadellose Geradeauslaufstabilität<br />
machen aus<br />
den leistungs mäßig scheinbar unterlegenen<br />
Italo-Bikes pfeilschnelle<br />
Renner. Die ersten Exemplare mit<br />
Tonti-Rahmen wurden bereits 1971<br />
gesichtet. In Gestalt der V7 Special.<br />
In der Le Mans kam das legendäre<br />
Chassis erstmals in größeren Stückzahlen<br />
zum Einsatz. Der geniale<br />
Konstrukteur Tonti verstarb übrigens<br />
im Juni 20<strong>02</strong>.<br />
Der geniale Moto<br />
Guzzi-Konstrukteur<br />
Lino Tonti<br />
Schlank und eng anliegend umschließt<br />
der stabile Rahmen aus Rundrohren den<br />
mächtigen V2-Motor<br />
Es kann so einfach sein: Vorwiegend aus Dreiecksverbänden<br />
bestehend bürgt der Tonti-Rahmen für höchste Stabilität<br />
Vom Feinsten: filigrane Gussräder, Integralbremse<br />
mit Brembo-Sätteln, herrlich<br />
tönende Lafranconi-Auspufftüten<br />
Nur für zarte Fingerchen: winzige Lenkerschalter-Einheit.<br />
Als Originalteil kaum noch<br />
zu bekommen und längst sündhaft teuer<br />
Der Lenkungsdämpfer muss da sitzen (l.),<br />
das davor angebrachte Zündschloss nicht.<br />
Immerhin mit schützender Abdeckung...
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
ten Knie verursachen ein etwas unbehagliches,<br />
eingeengtes Fahrgefühl. Dass der<br />
Kardan mit seinem bekannten Fahrstuhleffekt<br />
aufwartet, an den man sich gewöhnen<br />
und den Fahrstil anpassen muss, versteht<br />
sich von selbst. Auch die einst gerühmten<br />
Bremsen präsentieren sich aus<br />
heutiger Sicht allenfalls als passable Stopper.<br />
Sie verlangen nach Handkraft, wirken<br />
etwas stumpf, verzögern jedoch recht<br />
wirkungsvoll. Nicht weniger, aber auch<br />
nicht mehr. Es bleibt ein Fahreindruck,<br />
wie ihn BMW wohl auch im Sinn hatte, als<br />
sie die RS als Reise-Sport-Motorrad bezeichneten<br />
– mit Akzent auf Reise. Das R<br />
100-Topmodell fasziniert auf seine eigene<br />
Weise, der Boxer liefert mehr Schmackes<br />
denn je, und hinter der Vollschale sitzt<br />
man fast so gut geschützt wie im Auto.<br />
Das gilt für die Moto Guzzi Le Mans,<br />
welche die Fahrwerks-Fahne in dieser<br />
Runde hochhält, so gar nicht. Mit ihren<br />
Rennsport-Genen steht sie für Fahrerlebnis<br />
pur, ohne Schnörkel oder Rücksicht auf<br />
„Der kannst<br />
du in voller<br />
Fahrt an<br />
den Lenker<br />
treten – da<br />
wackelt<br />
nichts“<br />
Komfort. Leicht und stabil gleich schnell.<br />
Geht die Gleichung auf? Natürlich funktioniert<br />
auch dies nicht völlig ohne motorische<br />
Qualitäten. Mit 70 PS spielt die<br />
Le Mans in der 1976er-Liga gut mit, setzt<br />
jedoch keine Bestwerte. Doch anders als<br />
bei manch leistungsstärkerem Bike lässt<br />
sich die Power stets auf die Straße bringen,<br />
in flotte Fahrweise umsetzen und somit<br />
den Konkurrenten Paroli bieten. So<br />
zumindest der Plan der Italiener. Schon<br />
früh schaffen die Rennsport-Aktivitäten<br />
der Firma aus Mandello del Lario die<br />
Voraussetzungen für schnelle Serienfahrzeuge<br />
mit stabilen Fahrwerken. Spätestens<br />
mit dem Eintritt des genialen Konstrukteurs<br />
Lino Tonti beginnt die direkte Vorgeschichte<br />
zur Entstehung der Le Mans.<br />
Tonti begann 1969 Hand an die Motoren<br />
zu legen, siegfähige Rennmotorräder sollten<br />
so entstehen. Auch den 757-cm³-<br />
Motor der V7 Special entwickelte er, den<br />
Vorläufer, aus dem später durch Vergrößerung<br />
des Hubs der 844-cm³-Motor<br />
der Le Mans entstehen sollte. Bekannter<br />
jedoch ist der Italiener durch die Entwicklung<br />
des legendären Rahmens geworden,<br />
der erstmals in der V7 Special verbaut<br />
wurde. Diesen konstruierte er ganz eng<br />
um den V2 herum, montierte die Lichtmaschine<br />
auf den vorderen Kurbelwellenstumpf,<br />
um Bauhöhe zu sparen und den<br />
Schwerpunkt abzusenken. Zur besseren<br />
Demontage legte Tonti den linken Unterzug<br />
demontierbar aus. Die aus dicken<br />
Rundrohren vorwiegend in Dreiecksverbänden<br />
zusammengeschweißte Konstruktion<br />
erwies sich als unerhört stabil.<br />
Beim Bol d’Or in Le Mans 1972 war die<br />
V7 mit dem 850er-Motor an den Start gegangen<br />
und hatte nach Getriebeproblemen<br />
in einer wilden Aufholjagd eine schnellste<br />
Runde nach der anderen hingelegt. Im<br />
Freudentaumel nach Rennende beschloss<br />
man, die 850er künftig Le Mans zu nennen.<br />
Im November 1975 wurde die Serienversion<br />
vorgestellt, im Frühjahr 1976 ging sie<br />
in Produktion. Entgegen manch anders<br />
lautender Angaben liefen insgesamt 6200<br />
Exemplare vom Band (erste Serie 1975/<br />
1976: Rahmen-Nummern VE 11111 – VE<br />
13040, zweite Serie 1977/1978: VE 13041<br />
– VE 17311).<br />
Unser Fotobike stammt aus der ersten<br />
Serie und gehört Frank Schleicher, einem<br />
Guzzi-Fan durch und durch. 53 Guzzis<br />
12 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
IM DETAIL: MOTO GUZZI LE MANS<br />
(1976 – 1978)<br />
Preis 1976: 10560 Mark<br />
Daten (Typ Le Mans)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-<br />
Viertakt-90-Grad-V-Motor, eine untenliegende<br />
Nockenwelle, zwei Ventile<br />
pro Zylinder, über Stoßstangen und<br />
Kipphebel betätigt, Hubraum 844 cm³,<br />
Leistung 51 kW (70 PS) bei 7000/min<br />
Kraftübertragung: Zweischeiben-<br />
Trockenkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Ø 35<br />
mm, Zweiarmschwinge, zwei Federbeine,<br />
Leichtmetall-Gussräder, Reifen<br />
3.50 H 18 vorn, 4.00 H 18 hinten,<br />
Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300<br />
mm, Scheibenbremse hinten, Ø 242<br />
mm, Integralbremssystem<br />
Maße und Gewichte:Radstand<br />
1490 mm, Gewicht vollgetankt 225 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
203 km/h<br />
Technik<br />
Für den Einsatz in der Le Mans wurde<br />
der ursprünglich aus der V7 Special<br />
von 1969 stammende Motor mit 757<br />
cm³ mittels Vergrößerung des Hubs<br />
von 70 auf 78 Millimeter (bei nach<br />
wie vor 83 Millimeter Bohrung) auf<br />
844 cm³ gebracht. Versteifungsrippen<br />
und stärkere Wandungen bei Motorund<br />
Kardangehäuse waren notwendig,<br />
um der auf nun 70 PS gestiegenen<br />
Leistung gewachsen zu sein.<br />
Nahezu unverändert blieben der<br />
Ventiltrieb mit untenliegender, zentraler<br />
Nockenwelle, Alu-Stoßstangen und<br />
geschmiedeten, nadelgelagerten Kipphebeln.<br />
Geänderte Steuerzeiten sowie<br />
größere Ventile und Kanäle sorgten<br />
jedoch für eine bessere Füllung und<br />
verhalfen den einst unten herum als<br />
schwachbrüstig geltenden V7-Motoren<br />
zu fülligerem Drehmomentverlauf.<br />
Die früheren 30er- mussten zwei 36er-<br />
Dellorto-Vergasern mit offenen Ansaugtrichtern<br />
weichen. Auch der bereits<br />
seit der V7 Sport verbaute Rahmen<br />
mit der genialen Konstruk tion<br />
aus Dreiecksverbänden und praktischem,<br />
abschraubbarem linken Unterzug<br />
kam in der Le Mans zum Einsatz,<br />
ebenso wie die bereits von der 750 S3<br />
bekannte Integralbremse, bei der<br />
mittels Fußpedal der linke Sattel der<br />
Doppelscheibe vorn und die hintere<br />
Scheibenbremse aktiviert werden. Der<br />
Handhebel wirkt nur auf den Sattel<br />
vorne rechts. Ein technisches Highlight<br />
stellt auch die Gabel dar: In den<br />
Gabelholmen arbeiten geschlossene<br />
Dämpfer-Kartuschen – das verbleibende<br />
Gabelöl dient lediglich der Schmierung<br />
der Gleitrohre und der Feder.<br />
Kauf-Check<br />
Die gute Nachricht zuerst: Stets sorgfältig<br />
warm gefahrene Le Mans-Exemplare<br />
machen zumindest motorseitig<br />
keine großen Probleme und gelten als<br />
robust und langlebig. Wer die Chance<br />
hat, die Kompression zu prüfen: Unter<br />
sieben Bar sollte sie keinesfalls liegen.<br />
Für alle anderen: Qualmen aus dem<br />
Auspuff deutet auf verschlissene<br />
Kolben/Zylinder beziehungsweise verschlissene<br />
Ventilschaftdichtungen hin.<br />
Leichtes Klackern des Ventiltriebs hingegen<br />
darf nicht nur, sondern sollte<br />
sogar sein. Manche Besitzer meinen<br />
es nämlich zu gut und stellen das<br />
Spiel zu eng ein, was Schäden förmlich<br />
provoziert. Motor/Getriebe und<br />
Kardan sollten auf Undichtigkeiten<br />
überprüft werden, wenn‘s unter der<br />
Getriebeglocke tropft, sind die Simmerringe<br />
fällig. Verdächtige Geräusche ermittelt<br />
man gut, indem man im Stand<br />
den fünften Gang einlegt und beim<br />
Hin- und Herschieben auf verdächtige<br />
Knack- oder Schabgeräusche achtet.<br />
Knackt bei der Probefahrt beim plötzlichen<br />
Gaswechsel etwas aus dem Antrieb,<br />
könnte das Kreuzgelenk hinüber<br />
sein. Wer Wert auf Originalzustand<br />
legt, sollte auf die Unversehrtheit der<br />
Lenkerschalter, der Sitzbank und der<br />
kleinen Lampenverkleidung<br />
(aus ABS – Nachbauten häufig<br />
aus GFK) achten, Ersatz<br />
ist schwierig zu bekommen<br />
und sehr teuer. Der Umbau<br />
auf Koni-Federbeine ist<br />
bei der Moto Guzzi Le<br />
Mans übrigens beliebt<br />
und sinnvoll.<br />
fahrfähige Baustellen. Fahrbereite<br />
Exemplare in ordentlichem Zustand<br />
liegen meist zwischen 6000 und<br />
10 000 Euro, für Top-Exemplare sind<br />
durchaus um die 15 000 Euro fällig.<br />
Spezialisten<br />
Moto Guzzi Bäcker GmbH<br />
Telefon <strong>02</strong>5 54/6475,<br />
www.motoguzzi-baecker.de<br />
Stein-Dinse GmbH<br />
Telefon 0531/12 33 00-0,<br />
www.stein-dinse.com<br />
Historie<br />
1975:Die 750 S3 bot bereits Le<br />
Mans-Technik wie Tonti-Rahmen und<br />
Integralbremse. Nur 998 Stück wurden<br />
gebaut, was die schöne Vorgängerin<br />
zur begehrten Rarität macht.<br />
Markt<br />
Wer eine gute, originale<br />
Le Mans der ersten Baureihe<br />
sucht, braucht Geduld (laut KBA<br />
zugelassen: 483 Fahrzeuge) und<br />
sollte einige Tausender flüssig haben.<br />
Unter 5000 Euro gibt es nämlich<br />
höchstens verbastelte, meist nicht<br />
Das Grundkonzept des<br />
logisch aufgebauten,<br />
grundsoliden V2 wird<br />
über viele Modelle<br />
hinweg beibehalten<br />
1978:Die Nachfolgerin mit der zweiteiligen<br />
Verkleidung, bei der das Oberteil<br />
mitschwenkte, erfreute sich nicht<br />
der ganz großen Beliebtheit. Immerhin<br />
7476 Exemplare wurden gebaut.
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
Kawasaki<br />
Z 900<br />
besitzt er insgesamt, die Le Mans hat er<br />
20<strong>02</strong> gekauft und aus ihrem umgebauten<br />
Zustand (Vollverkleidung, Sportfußrasten<br />
etc.) in den Originalzustand zurück versetzt.<br />
Am Motor hat er außer einer Inspektion<br />
nichts gemacht, eine Überholung<br />
war und ist auch heute nicht notwendig.<br />
Wie gesund der V2 ist, tut er nach der<br />
charakteristischen Startprozedur lautstark<br />
kund: Die beiden 36er-Dellorto-Vergaser<br />
müssen per Tupfer geflutet werden,<br />
zwei kurze Drehbewegungen am Gasgriff<br />
aktivieren die Beschleunigerpumpen, und<br />
auf Knopfdruck wirft sich der mächtige<br />
Anlasser ins Zeug, um den dicken V2 in<br />
Gang zu setzen. Von kernigem Bollern<br />
des Motors zu sprechen, wäre noch<br />
stark untertrieben – der Sound beschert<br />
jedem Zweiradfan eine Gänsehaut. Klar,<br />
es sind die Lafranconi-Töpfe montiert<br />
„und auch eingetragen“, so Frank. Die waren<br />
übrigens beim Kauf recht angegammelt<br />
und mussten vom akribischen Entwicklungs-Ingenieur<br />
erst instand gesetzt<br />
werden. Eine lange Warmlaufphase<br />
braucht es nicht, am besten ein paar Gasstöße<br />
verabreichen, bis der Motor einen<br />
stabilen Leerlauf hat, dann gemächlich<br />
losfahren und behutsam warmfahren.<br />
Hohe Drehzahlen sind eh nicht nötig,<br />
erstaunlich kultiviert und ruckelfrei setzt<br />
sich die Guzzi in Bewegung, läuft ab 2000/<br />
min rund und nimmt sauber Gas an. Bis<br />
4000/min geht es bereits gut genug voran,<br />
um im Alltagsbetrieb mitzuschwimmen,<br />
ab 4000 bis 4500/min schiebt der V2 dann<br />
aber mächtig an, notfalls bis über 7000/<br />
min. Die Gangwechsel erfordern einen<br />
entschlossenen Tritt, funktionieren aber<br />
trocken und exakt. Lange Schaltpausen<br />
sind nicht notwendig, und so kann man<br />
dank der großen Schwungmasse den<br />
Drehzahlüberschuss mitnehmen und den<br />
gummizugartigen Katapult-Effekt nach<br />
dem Einkuppeln genießen. Herrlich. Um<br />
den umgekehrten Effekt des hohen<br />
Bremsmoments beim Runterschalten zu<br />
vermeiden hilft ein wenig Zwischengas,<br />
auch um den Gang sauberer einrasten zu<br />
lassen. Allzu häufiges Schalten ist jedoch<br />
dank des breiten nutzbaren Drehzahl-<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Schnell<br />
durch<br />
Leistung<br />
Bei der Beantwortung der Frage, was schnell<br />
macht, setzt Kawasaki anno 1976 auf das älteste<br />
und einfachste Rezept: Schiere Motorleistung soll<br />
es richten. Mit 81 PS bietet der 900er-Vier zylinder<br />
noch mal zwei PS mehr als die legen däre<br />
Vorgängerin Z1 und den damals höchsten Wert<br />
unter den Großserienbikes.<br />
Dass die Pferde vollzählig versammelt sind und<br />
gut im Futter stehen, belegen die einst im Test<br />
gemessenen Werte für Beschleunigung und<br />
Topspeed: Sogar mit zwei Personen werden über<br />
200 km/h erreicht, den Sprint von 0 auf 100 km/h<br />
schafft die Z 900 in sagenhaften 3,5 Sekunden.<br />
Dass reine Höchstleistung nur über hohe Drehzahlen<br />
und zu Lasten des üppigen Drehmoments<br />
im unteren und mittleren Bereich zu erzielen ist,<br />
nimmt man hier in Kauf.<br />
Den satten Bums eines Einliter-Zweizylinders kann<br />
die Kawasaki nicht bieten, und wer die hohe<br />
Leistung ständig abruft, muss mit strammen<br />
Spritverbräuchen von locker über zehn Litern/100<br />
Kilometer rechnen.<br />
Wer kräftig am Kabel der bärenstarken 900er zieht,<br />
bringt den Hinterreifen zum Qualmen oder das Vorderrad<br />
zum Steigen. Das galt schon für die Z1 (s. Bild)<br />
Die markante Heckansicht der Z 900 wird<br />
noch immer geprägt von den vier (nun<br />
gedämpfter klingenden) Endrohren<br />
Der typische Entenbürzel und das ovale Rücklicht<br />
ziehen sich als Stilmittel von der ersten<br />
Z1 bis zur Nachfolgerin Z 1000 durch<br />
Erlaubt ist, was Sicherheit bringt: Die<br />
nachträglich gelochte Doppelscheibe<br />
bremst nun auch bei Nässe verlässlicher
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
bands gar nicht nötig, weshalb sich der<br />
Fahrer ganz auf die saubere Linienwahl<br />
konzentrieren kann, welche von der<br />
Guzzi auch niemals infrage gestellt wird.<br />
Die gewählte Linie wird immer sauber<br />
verfolgt, auch bei hohem Tempo gibt es<br />
kein Wackeln, keine Unruhe, einfach tadellose<br />
Fahrstabilität. Oder wie es Frank ein<br />
wenig überspitzt formuliert: „Der kannst<br />
du in voller Fahrt an den Lenker treten –<br />
da wackelt nichts“. Stimmt.<br />
Und auch seine lobenden Worte über<br />
die Integralbremse – die Guzzi ist übrigens<br />
das erste Serienmotorrad mit solch<br />
einer Anlage – kann jeder nachvollziehen,<br />
der sich darauf eingeschossen hat. Per<br />
Fußpedal werden die hintere Bremse und<br />
gleichzeitig die linke vordere Bremszange<br />
betätigt, was eine gute Bremsbalance und<br />
eine beeindruckende Gesamtverzögerung<br />
zur Folge hat. Angenehmer Nebeneffekt:<br />
Der Fahrer hat die rechte Hand komplett<br />
frei zum kräfteraubenden Zwischengasgeben<br />
am schwergängigen Gasgriff vor<br />
„Gerade die<br />
Z 900 macht<br />
die Tatsache<br />
bewusst,<br />
dass Motorradfahren<br />
Charaktersache<br />
ist“<br />
dem Runterschalten. Dass man eher auf<br />
als im Motorrad sitzt (jedoch keineswegs<br />
entkoppelt) und insgesamt wenig Komfort<br />
genießt, sondern eher lang gestreckt über<br />
den schmalen Lenkerstummeln kauert,<br />
nimmt man kaum wahr, geschweige denn<br />
stört es einen bei der Fahrt. Wer die Le<br />
Mans steuert, ist ganz und gar im Fahrmodus,<br />
auf die Maschine und die Linie<br />
konzentriert und wird eins mit dem Gefährt.<br />
Wenn es zur Sache geht, macht die<br />
Guzzi ein paar fehlende PS mit ihrem<br />
Fahrwerk sicher mehr als wett. Jederzeit.<br />
Viel Leistung, mäßiges Fahrwerk? Das<br />
klingt nach den Vorwürfen, denen sich die<br />
Kawasaki Z1 von Beginn an ausgesetzt<br />
sah, als sie 1972 vorgestellt wurde und die<br />
ersten Testfahrer verunsicherte. Der Vierzylinder<br />
bot mit 79 PS Leistung im Überfluss,<br />
trieb jedoch so manchem Heißsporn<br />
mit zeitweise wild rührendem Fahrwerk<br />
die Schweißperlen auf die Stirn. Schnell<br />
war sie von Beginn an, im Sprint von null<br />
auf Hundert und in der Höchstgeschwindigkeit.<br />
Nur traute sich nicht jeder, Letztere<br />
auszuprobieren. Das sollte sich mit der<br />
überarbeiteten 900er, die sich fortan Z 900<br />
nannte, ab 1976 ändern. Zwar legte Kawa<br />
auch noch ein Schippchen Leistung drauf<br />
und hob diese auf 81 PS an, vor allem jedoch<br />
erfuhr das Fahrwerk wichtige Modifikationen.<br />
Dem Motor genügten einige<br />
Änderungen am Luftfilterkasten und Ansaugtrakt<br />
sowie andere Vergaser (vorher<br />
28er-, nun 26er-Mikunis). Für mehr Stabilität<br />
sollten Rahmenrohre mit von 1,8 auf<br />
2,3 mm angehobener Wandstärke sorgen.<br />
Ob diese Maßnahmen ausreichen, der<br />
900er das früher berüchtigte Aufschaukeln<br />
auszutreiben, bleibt abzuwarten. Sicher ist,<br />
dass die Kawa mit 256 Kilo nach wie vor<br />
kein Leichtgewicht darstellt. Wie sich dies<br />
beim Fahren bemerkbar macht? Mal sehen.<br />
Günter Deisenhofer, Besitzer unseres<br />
Fotobikes, übergibt mir seine Z. Er hat sie<br />
2007 gekauft, damals noch in originalem<br />
Braun und mäßigem Zustand, ließ sie<br />
technisch durchchecken und fahrbereit<br />
machen und in das ebenfalls originale<br />
Grün umlackieren. Seither hat der Chemie-Ingenieur<br />
nahezu problemlose 30 000<br />
Kilometer absolviert. Der bereits warme<br />
Vierzylinder springt auf Knopfdruck an,<br />
sein dezentes Grummeln wirkt vertraut<br />
und begeistert immer wieder. Etwas verhaltener<br />
als das Z1-Knurren klingt es<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
IM DETAIL: KAWASAKI Z 900<br />
(1976 – 1977)<br />
Preis 1976: 8500 Mark<br />
Daten (Typ Z 900A4)<br />
Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-<br />
Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende<br />
Nockenwellen, zwei Ventile<br />
pro Zylinder, über Tassenstößel betätigt,<br />
Hubraum 903 cm³, Leistung<br />
60 kW (81 PS) bei 8000/min, max.<br />
Drehmoment 74 Nm bei 7500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-<br />
Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Ø 36<br />
mm, Zweiarmschwinge, zwei Federbeine,<br />
Drahtspeichenräder, Reifen<br />
3.25 H 19 vorn, 4.00 H 18 hinten, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Ø 296 mm,<br />
Einkolben-Schwimmsattel, Simplex-<br />
Trommelbremse hinten, Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1490 mm, Gewicht vollgetankt 256 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
217 km/h<br />
Technik<br />
Der Vierzylinder, der in seiner Urform<br />
schon 1972 in der Vorgängerin Z1 das<br />
Licht der Zweiradwelt erblickte, erfreute<br />
stets mit Drehfreude und<br />
stolzer Höchstleistung bei gleichzeitig<br />
beachtlicher Standfestigkeit.<br />
Der nicht gänzlich vibrationsfreie<br />
Motor mit sechsfach rollengelagerter<br />
Kurbelwelle erfuhr für das Modelljahr<br />
1976 im Zuge der Änderung der<br />
Modellbezeichnung in Z 900 diverse<br />
technische Änderungen und eine<br />
Steigerung der Leistung auf nun<br />
81 PS. Die Ansaugwege wurden<br />
modifiziert, die Ansaugstutzen trichterförmig<br />
gestaltet, um eine leistungsfördernde,<br />
höhere Strömungsgeschwindigkeit<br />
zu erzielen. Das Luftfilterelement<br />
wurde vergrößert, der<br />
Vergaserdurchlass hingegen verkleinert.<br />
Zum Einsatz kommen nun 26er-<br />
(zuvor 28er-) Mikuni-Rundschieber-<br />
Vergaser. Auch die Dämpfereinsätze in<br />
den Auspuffrohren mussten geändert<br />
werden, um die Geräuschentwicklung<br />
zu senken. Wichtiger noch erschienen<br />
die Änderungen an Fahrwerk<br />
und Bremsen: Vorn verzögert nun<br />
eine angemessene Doppelscheibenanlage,<br />
die Wandstärke der Rahmenrohre<br />
wuchs von 1,8 auf 2,3 Millimeter.<br />
Geblieben sind die schwach gedämpfte<br />
Gabel und die überforderten Federbeine,<br />
die meist bald gegen Koni<br />
Exemplare getauscht wurden. Ebenfalls<br />
empfiehlt sich angesichts des<br />
lausigen Lichts die Umrüstung des<br />
Schein werfers (40/45 Watt) auf H4-<br />
Licht.<br />
Kauf-Check<br />
Vibrationen waren und sind ein Thema<br />
bei den Z-Modellen – durchgebrannte<br />
Glühbirnen sind daher ebenso verbreitet,<br />
wie sich der Check der Elektrik<br />
insgesamt empfiehlt. Spröde gewordene<br />
Kabelbäume, oxidierte Steckverbindungen<br />
sind nicht selten und<br />
sollten unter die Lupe genommen<br />
werden. Auch Regler und Gleichrichter<br />
können Probleme machen, die Batterie<br />
wird bei Defekten dieser Art entweder<br />
nicht geladen oder zum Kochen<br />
gebracht. Die hübsche, aber rostanfällige<br />
Vier-in-vier-Auspuffanlage<br />
sollte genau untersucht<br />
werden. Ersatz ist schwer aufzutreiben<br />
und richtig teuer.<br />
Ins Geld geht auch eine Motorrevision,<br />
deshalb Finger weg von Exemplaren<br />
mit im Leerlauf dumpf rumpelnden<br />
Motoren – die verpresste Kurbelwelle<br />
muss aufwendig und teuer<br />
zerlegt werden. Blauer Qualm<br />
aus dem Auspuff im Schiebebetrieb<br />
beziehungsweise beim scharfen Beschleunigen<br />
deutet auf verschlissene,<br />
undichte Ventilschäfte oder verschlissene<br />
Kolbenringe hin. Ein Ölverbrauch<br />
bis zu einem Liter auf 1000 Kilometer<br />
gilt als noch vertretbar.<br />
Markt<br />
Die Beliebtheit der Z-Modelle ist<br />
ungebrochen, die Nachfrage konstant<br />
hoch. Die Wertsteigerung darf<br />
somit noch immer als garantiert<br />
gelten. Z 900-Exemplare (zugelassen<br />
laut KBA: 527 Stück) im Originalzustand<br />
kosten daher (ähnlich wie<br />
die etwas beliebtere Z1) meist mindestens<br />
4000 Euro (fahrbereit), über<br />
7000 Euro (guter Zustand) bis deutlich<br />
über 10 000 Euro (Topzustand).<br />
Der Vierzylinder mit zwei obenliegenden<br />
Nockenwellen ist drehfreudig, stark, sogar<br />
langlebig und eine echte Augenweide<br />
Spezialisten<br />
Roland Lenden<br />
Telefon 0 61 71/5 54 11,<br />
www.lenden.de<br />
Z-Service Frank Bach<br />
Telefon 0 65 71/14 83 70,<br />
www.zclassicservice.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.z-club-germany.de<br />
www.kawasaki-z-classiker.de<br />
Historie<br />
1972:Die Kawasaki 900 Z1 sorgt mit<br />
ihrem 79 PS starken Vierzylinder und<br />
der Vier-in-vier-Auspuffanlage für Aufsehen<br />
– und das zum erschwinglichen<br />
Preis von 7200 Mark.<br />
1977:Durch die Vergrößerung der<br />
Bohrung um vier Millimeter steigt der<br />
Hubraum auf 1<strong>01</strong>5 cm³, die Leistung<br />
auf 85 PS. Hinten löst eine Scheibendie<br />
Trommelbremse ab.
AUF ACHSE I<br />
BMW R 100 RS I Kawasaki Z 900 I Moto Guzzi 850 Le Mans<br />
MEINUNGEN<br />
Foto: Schmieder<br />
Georg<br />
Godde<br />
Besitzer der<br />
BMW R 100 RS<br />
Die RS habe ich 2<strong>01</strong>0<br />
in der Nähe von Saarbrücken<br />
gekauft, eine<br />
nur leicht patinerte,<br />
weitestgehend originale<br />
und gut gewartete<br />
Maschine aus dem ersten Baujahr 76/77.<br />
Der Windschutz ist perfekt, und als Langstreckentourer<br />
mit großem Fahrspaß-Potenzial<br />
auf der Landstraße ist sie auch heute noch ein<br />
tolles Motorrad mit völlig ausreichender Leistung<br />
und ordentlichem Drehmoment ab 2000/<br />
min. Das Design ist für mich ein Meilenstein im<br />
Motorraddesign und hat bis heute nichts von<br />
seiner eleganten Strahlkraft verloren.<br />
Frank<br />
Schleicher<br />
Besitzer der Moto<br />
Guzzi Le Mans<br />
Schon der Name impliziert<br />
einen Hauch<br />
von Rennstrecke.<br />
Aber auch von Ausdauer<br />
(im Sinne des<br />
24-Stunden-Rennens).<br />
Und das trifft den Charakter dieses Motorrads<br />
ziemlich genau: Diese Guzzi ist ein schnelles<br />
Langstreckenmotorrad. Da kann sie ihr stabiles<br />
Fahrwerk, den Druck bei mittleren Drehzahlen<br />
sowie die sehr angenehme Integralbremse voll<br />
zur Geltung bringen. Und das bei hoher Zuverlässigkeit<br />
und Langlebigkeit. Kombiniert mit<br />
umwerfender Optik und Akustik die beste Basis<br />
für eine lange Liebesbeziehung.<br />
Günter<br />
Deisenhofer<br />
Besitzer der<br />
Kawasaki Z 900<br />
Die Z 900 ist für mich<br />
noch immer eines der<br />
schönsten klassischen<br />
Motorräder, vor allem in<br />
der grünen Lackierung<br />
des 1976er-Modells.<br />
Auch Aussehen und Sound der Vier-in-vier-Anlage<br />
sind berauschend. Ich genieße es, mit ihr zu<br />
Clubtreffen zu fahren oder Ausfahrten zu zweit<br />
zu machen – die Z taugt für alle Tage, selbst für<br />
lange Urlaubstouren mit Gepäck. Außerdem hat<br />
sie mich noch nie im Stich gelassen und verbraucht<br />
auch mit ihren inzwischen 78 000 Kilometern<br />
kein Öl. Mein Urteil kann nur lauten:<br />
schön, schnell und zuverlässig.<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
schon, aber wenn Frankensteins Tochter,<br />
wie <strong>MOTORRAD</strong>-Kollege Schermer sie<br />
damals im ersten Test genannt hat, erst<br />
mal von der Kette gelassen wird, dürfte<br />
sie schon zeigen, wo der Z-Hammer hängt.<br />
Und auch wenn sie zunächst noch so sehr<br />
das harmlose Alltagsbike zum Dahinbummeln<br />
gibt, gleichmäßig und ruckfrei<br />
hochdreht – wenn die Drehzahl die<br />
6000er-Zone erklimmt, macht die Kawa<br />
ernst. Blitzschnell dreht sie hoch, die<br />
8000er-Marke der Höchstleistung huscht<br />
vorbei und man hat alle Hände voll zu<br />
tun, bei spätestens 9000/min zu schalten<br />
und möglichst das Gas zuzu drehen, um<br />
dem zornigen Vortrieb erst mal Einhalt zu<br />
gebieten. Eben noch sitzt man entspannt<br />
und aufrecht hinterm hohen, breiten<br />
Lenker, im nächsten Moment erwacht die<br />
Furie zum Leben. Die Z 900 kann nämlich<br />
beides – lammfrommes Alltagsbike zum<br />
Brötchenholen und wildgewordenes<br />
Sprint monster.<br />
Schnell ist sie zweifellos, doch braucht<br />
sie Drehzahlen. Und zumindest hier und<br />
heute offenbart sie auch kein Aufschaukeln<br />
oder Wackeln. Etwas trocken, fast<br />
stuckrig verrichtet die Gabel ihre Arbeit,<br />
die Original-Federbeine hinten haben<br />
längst Konis Platz gemacht, die erwiesenermaßen<br />
gut funktionieren. Angesichts<br />
ihres hohen Gewichts fällt die Z sogar<br />
leicht füßig in Schräglage und lässt sich<br />
gut dirigieren – ein Bike für alle Lebenslagen,<br />
sogar für den Urlaub zu zweit, findet<br />
Günter. Wollte man es jetzt aber ausfahren<br />
und sich mit BMW und Guzzi anlegen,<br />
so fehlte der Kawa doch die letzte<br />
Präzision und die letzte Mühelosigkeit,<br />
auch die eher stumpf wirkende Doppelscheibe<br />
müsste sich Kritik gefallen lassen<br />
und sich die Unterstützung der erstaunlich<br />
gut verzögernden hinteren Trommelbremse<br />
sichern. Um die volle Leistung der<br />
Kawa umzusetzen, bedarf es noch immer<br />
eines beherzten Fahrers. Denn wie hieß es<br />
doch einst in einem Test bericht: „Gerade<br />
die Z 900 macht die Tatsache bewusst,<br />
dass Motorradfahren Charaktersache ist.“<br />
Da sind sich dann auch die Stammtische<br />
wieder einig.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 19
IM STUDIO I<br />
Honda Dream 50/Dream 50 R<br />
TRAUM<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
HAFT<br />
SCHÖN<br />
Zum 50-jährigen Firmenjubiläum machte Honda 1998<br />
Liebhabern klassischer Formen ein ganz besonderes<br />
Geschenk: die bezaubernde Dream 50 im Stil des CR<br />
110-Werksrenners von 1961. Noch verführerischer geriet<br />
die limitierte 50er-Rennmaschine von 2004.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Jacek Bilski<br />
www.motorrad-classic.de
IM STUDIO I<br />
Honda Dream 50/Dream 50 R<br />
Links: die Schokoladenseite<br />
mit dem beein druckenden<br />
dohc- Zylinder kopf. Eine<br />
kurze Kette und Zahnräder<br />
treiben die beiden Nockenwellen<br />
an. Darunter: Cockpit<br />
mit Zündschlüssel sowie<br />
Lenkerarmaturen mit<br />
Blinker schalter. Oben:<br />
Scheibenbremse auch hinten<br />
22 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
E<br />
gal ob Ducatisti, Engländer-Fan oder<br />
Freund japanischer Maschinen – bei<br />
einer Honda Dream 50 lassen sogar<br />
eingefleischte Marken-Fetischisten<br />
alle Hemmschwellen fallen. Das kleine Viertakt-<br />
Rennerle mit der großen Ausstrahlung trifft einfach<br />
jeden Lieb haber klassischer Formen mitten ins Herz.<br />
Das von Bernd Soffa schlug jedenfalls sofort<br />
schneller, als er das rot-silberne Schmuckstück Ende<br />
1997 erstmals auf einem Foto erblickte. Die Dream 50<br />
hatte Honda eigens zum 50-jährigen Gründungs-Jubiläum<br />
der Motor Company aufgelegt. Soffa war sofort<br />
klar, dass er diese Replika im Stil des 50er-Werksrenners<br />
von 1961, der Honda CR 110, haben musste.<br />
Und so setzte der gelernte Kaufmann alle Hebel in<br />
Be wegung, um einige dieser Traum-Maschinchen ins<br />
Schwäbische zu holen, da auch einige Freunde und<br />
Bekannte dessen Begeisterung teilten. Über den<br />
offiziellen Importeur war die kleine Honda jedoch<br />
nicht zu bekommen. Weshalb sich Soffa der Sache<br />
eben selbst annehmen musste. „Das war ein enormer<br />
bürokratischer Aufwand“, erinnert sich der gebürtige<br />
Thüringer noch heute mit Grausen an den Papierkram<br />
mit Japan, Zoll und deutschen Behörden.<br />
Der jedoch alle Mühen wert war, wie das Leuchten<br />
in seinen Augen verrät. Aufgewachsen in der<br />
Rennstadt Schleiz, hatte sich der Wahl-Schwabe schon<br />
früh mit dem Motorsport-Bazillus infiziert. Bereits mit<br />
16 Jahren fuhr er eine 125er-Jawa. Nach Beendigung<br />
seiner Ausbildung verließ er 1959 die DDR, „um die<br />
große weite Welt zu erkunden“. Die fand er zunächst<br />
in Köln, wo er sich bei Ford den ersten Lohn in West-
IM STUDIO I<br />
Honda Dream 50/Dream 50 R<br />
mark verdiente. Und sofort in ein Motorrad investierte.<br />
Zuerst in eine Hercules K 1<strong>02</strong>, anschließend in eine<br />
175er-Ducati, mit der er regelmäßig den Nürburgring<br />
ansteuerte, um dort am Wochenende seine Runden<br />
auf der Nordschleife zu drehen.<br />
Im Jahr 1961 startete Soffa dann erstmals bei<br />
den damals populären Tagesrennen, die vor allem in<br />
Holland, Belgien, Frankreich, Spanien und – vereinzelt<br />
– auch Deutschland ausgetragen wurden. „Das<br />
waren damals lukrative Veranstaltungen, weil wir<br />
Starter neben Spesen auch Preisgelder bekamen, und<br />
zwar bis zum dritten Platz“, erinnert sich der heute<br />
74- Jährige an seine motorsportlichen Anfänge in der<br />
50er- und 125er-Klasse. Eine prägende Zeit, mit Rennmaschinen<br />
wie der Honda CR 110, die Bernd Soffas<br />
Begeisterung für die Dream 50 erklärt.<br />
Grand Prix-Stil der frühen 1960er-Jahre<br />
Mit dieser Viertakt-50er hat Honda eine bildschöne<br />
Replika auf die schmalen Räder gestellt, die den Stil<br />
der Grand Prix-Rennmaschinen der frühen 60er-<br />
Jahre perfekt in die Neuzeit transportiert. Trotz Beleuchtungseinrichtungen<br />
und Scheiben- statt Trommelbremsen<br />
fährt bei der Dream 50 der Geist der CR<br />
110 immer mit. Mit ihrem roten Rahmen, dem langen,<br />
schmalen Tank und dem über der Hinterachse platzierten<br />
Höckersitz strahlt das filigrane Maschinchen<br />
eine beeindruckend authentische Ästhetik aus, die<br />
selbst viele teurere und größere Motorräder in den<br />
Schatten stellt. Und wie beim Vorbild steht im<br />
Zentrum dieses Kunstwerks ein markanter Vierventil-<br />
Single mit einem wuchtigen dohc-Zylinderkopf.
Oben: Der „Dry Clutch Sticker Kit“<br />
gaukelt eine Trockenkupplung vor.<br />
Heute ist dieser Aufkleber-Satz<br />
sehr gesucht! Rechts: Beide Traum-<br />
Typen machen eine schlanke Figur.<br />
Darunter: Im Alu-Behälter hinterm<br />
offenen Trichter mündet der<br />
Schlauch der Motorentlüftung
IM STUDIO I<br />
Honda Dream 50/Dream 50 R<br />
Single-Dasein: Die Dream<br />
50 R besitzt nur einen<br />
Drehzahlmesser – der<br />
reicht dafür bis 18 000<br />
Touren! Typisch R: einstellbare<br />
Federbasis an der<br />
Gabel und der einsame<br />
Killschalter links<br />
Trotz des technischen Aufwands waren bei der<br />
1998 von einigen Parallel-Importeuren für 7990 Mark<br />
angebotenen Dream 50 aber nicht mehr als 5,6 PS bei<br />
10 500/min drin. Ein bescheidenes Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis also, das die kleine Honda jedoch oft davor<br />
geschützt haben dürfte, in falsche Hände zu gelangen.<br />
Sie war stets ein Fall für echte Liebhaber –<br />
wie Bernd Soffa: „Die Dream 50 hat mir schon immer<br />
gefallen. Sie wirkt auf mich ungemein harmonisch.<br />
Das Design ist absolut gelungen, der Spirit der alten<br />
Rennmaschinen kommt voll rüber. Außerdem habe<br />
ich ein Faible für so kleine Maschinen, nicht zuletzt<br />
wegen meiner eigenen Rennsport-Vergangenheit.“<br />
So musste der ehemalige Racer natürlich unbedingt<br />
mitbieten, als Honda Deutschland 2004 einige<br />
wenige der limitierten Dream 50 R offerierte – zunächst<br />
ohne exakte Preisangabe. Als Soffa die rare<br />
Rennversion schließlich bei einem Vertragshändler<br />
abholen konnte, wechselten rund 5500 Euro den Besitzer.<br />
Gut angelegtes Geld. Nicht, weil die R-Variante<br />
heute teurer gehandelt wird. Sondern wegen der von<br />
Hondas Racing-Abteilung HRC deutlich angeschärften<br />
Technik. Die Dream 50 R basiert zwar auf dem<br />
sieben Jahre zuvor präsentierten Jubiläumsmodell,<br />
weist aber einige tiefgreifende Änderungen auf.<br />
Schärfere Nockenwellen, strammere Ventilfedern, ein<br />
höher verdichtender Kolben, die erleichterte Kurbelwelle<br />
sowie eine ebenfalls schlankere Lichtmaschine<br />
verhelfen dem Motor zusammen mit dem über einen<br />
offenen Trichter ansaugenden Vergaser mit 20er-<br />
Querschnitt zu sieben PS bei 13 500 Touren. Mit sechs<br />
enger gestuften Gängen statt deren fünf beim Straßenmodell<br />
bringt der winzige Vierventiler zudem die<br />
Leistung besser auf die Straße.<br />
Das gewährleisten ebenso die straffer abgestimmte<br />
Showa-Gabel und satter dämpfende Federbeine,<br />
jeweils mit einstellbarer Federbasis. Die Auspuffanlage<br />
der R trägt einen Lack in Schwarzmatt, dazu sind<br />
Krümmer und Schalldämpfer hier einteilig ausgeführt.<br />
Weiterhin verzichtet die Dream 50 R auf Seitendeckel<br />
und Kickstarter, auch spart der vordere<br />
Kotflügel aus poliertem Aluminium im Vergleich zum<br />
stählernen des Straßenmodells ein paar Gramm ein.<br />
Beim Schiebestart hat Soffa trotz Jockey-Figur mit<br />
den 78 Kilogramm jedenfalls keine Probleme, wenn<br />
er mit seiner zweiten, modifizierten Dream 50 R bei<br />
ausgewählten Renn- und Demonstrationsläufen antritt.<br />
Sein Sportgerät dreht dank Änderungen am<br />
Vergaser und einem Zwei-in-eins-Auspuff willig bis<br />
15 500 Touren – ganz schön viel für knapp zehn PS!<br />
Ebenfalls ganz schön viel hat man ihm schon für<br />
eine seiner kleinen Hondas geboten. Allerdings vergeblich,<br />
eine Trennung von seinen Traum-Maschinen<br />
kommt für Bernd Soffa nicht infrage. Selbst dann<br />
nicht, wenn bei Kaufinteressenten auch in Sachen<br />
Preis alle Hemmschwellen fallen sollten. ◻<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Schön, schöner, Dream 50 – Bernd Soffa war<br />
Hondas Traum-Maschinen vom ersten Augenblick<br />
an verfallen. Weil sie den Geist der alten<br />
Renner perfekt in die Gegenwart transportieren<br />
Honda Dream 50/R*<br />
MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-<br />
Viertaktmotor, vier Ventile pro Zylinder,<br />
Bohrung 40 mm, Hub 39,6 mm, 49 cm³,<br />
Verdichtung 10:1 (11,7:1), 5,6 PS bei<br />
10 500/min (7 PS bei 13 500/min),<br />
Schiebervergaser, Ø 16 mm (20 mm),<br />
Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe<br />
(Sechsganggetriebe), Kettenantrieb<br />
FAHRWERK: Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, unten offen, Telegabel, Ø 27 mm,<br />
Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen,<br />
Scheibenbremse vorn, Ø 240 mm, Scheibenbremse<br />
hinten, Ø 190 mm, Gewicht<br />
vollgetankt 88 kg (78 kg), Tankinhalt 6,2 l<br />
* Werte in Klammern: Honda Dream 50 R
<strong>MOTORRAD</strong> 3/1981<br />
Weniger Gewicht, weniger Benzinverbrauch<br />
– Yamaha spielt bei der Markteinführung der<br />
neuen XJ 550 die Öko-Karte. Und zwar in Gestalt<br />
eines „YICS“ genannten Systems, das nicht nur<br />
im Brennraum für Wirbel sorgen soll.<br />
Die Yamaha XJ 550 wog schlanke 204<br />
Kilogramm und war 1981 für 6168 Mark zu haben<br />
Leicht-Athlet<br />
Nachdem Kawasaki der erfolgreichen Z 500 zum Modelljahr<br />
1981 ein Schnapsglas mehr Hubraum spendiert hatte, schickte<br />
auch Yamaha die brandneue XJ 550 mit dem „krummen“ Hubraum<br />
ins Rennen um Marktanteile in der Mittelklasse. Beim ersten Test<br />
unter winterlichen Bedingungen spielte für Autor Rainer H. Brinks<br />
der damals noch ungewöhnliche Hubraumzuschlag jedoch nur eine<br />
untergeordnete Rolle, zumal der tatsächliche Hubraum „nur“ 529<br />
cm³ betrug. Stattdessen widmete er sich gleich zu Beginn des Tests<br />
ausführlich dem YICS (Yamaha Induction Control System), mit dem<br />
die XJ 550 als erste Yamaha auf Kundenfang ging. Dabei handelt<br />
es sich um ein wartungsfreies System, das im Prinzip nur aus einem<br />
zusätzlichen (Neben-)Einlasskanal in alle vier Zylinder besteht, der<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1981 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
Für Motorradfahrer begann das Jahr 1981<br />
mit einer erfreulichen Nachricht. Nicht<br />
nur wegen der neuen Yamaha XJ 550, die<br />
die Mittelklasse um eine weitere attraktive<br />
Alternative bereicherte, sondern<br />
wegen der deutlichen Reduzierung der<br />
Versicherungsprämien in der Klasse bis<br />
50 PS, die dadurch viel populärer wurde.<br />
20. Januar Auf der weltpolitischen<br />
Bühne gibt Ronald Reagan bei der<br />
Amtseinführung seine offizielle Premiere<br />
als 40. Präsident der USA. Zur gleichen<br />
Zeit werden in Teheran nach 444 Tagen<br />
Geiselhaft die 52 inhaftierten Angehörigen<br />
der US-Botschaft nach Zahlung eines<br />
Lösegelds freigelassen.<br />
30. März John Hinckley schießt in<br />
Washington auf Ronald Reagan, der mit<br />
leichten Verletzungen davonkommt.<br />
12. April<br />
Jungfernflug des NASA-Space Shuttles.<br />
Nach dem Start in Cape Canaveral landet<br />
die „Columbia“ zwei Tage später auf<br />
einem Salzsee in Kalifornien.<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
aufgrund seiner Anordnung das einströmende<br />
Gemisch besser verwirbelt und somit für eine<br />
effektivere Verbrennung sorgen soll. Mit einem<br />
Schnittverbrauch von 5,4 Litern Super erwies<br />
sich die XJ 550 tatsächlich als genügsam.<br />
Weshalb trotz des nur 15,2 Liter fassenden<br />
Tanks ein beachtlicher Aktionsradius möglich<br />
war. Mit vollem Spritbehälter brachte die neue<br />
Yamaha nur 204 Kilogramm auf die Waage und<br />
war damit 1981 die leichteste Vierzylindermaschine<br />
auf dem deutschen Markt. Und das,<br />
obwohl ihr MOTOR KONSTRUKTIV ENG MIT<br />
DER XJ 650 VERWANDT WAR. Wie die<br />
größere, im Jahr zuvor gestartete Schwester<br />
kennzeichnete auch die 550er ein schmal<br />
bauender Reihen-Vierzylinder, weil Anlasser und<br />
Lichtmaschine hinter der Zylinderbank positioniert<br />
wurden. Kompakter als bei der 27 Kilo<br />
schwereren Kardan-Schwester waren bei der<br />
XJ 550 außerdem Lenker, Sitzbank und die<br />
Fußrasten angeordnet. Dank des kürzeren Tanks<br />
sitzt man auf ihr aufrechter und bequemer, wie<br />
der Autor anerkennend bemerkte. Viel Lob<br />
zollte er auch dem für den deutschen Markt<br />
mittels zahmerer Steuerzeiten von 56 auf 50 PS<br />
bei 9000/min gedrosselten Motor. Der lieferte<br />
im Test sein höchstes Drehmoment bei 7500<br />
Touren und überzeugte Brinks zudem mit<br />
seinem „günstigen Drehmomentverlauf für<br />
einen Vierzylinder dieser Größe“ und der<br />
willigen Drehfreude bis zum Beginn des roten<br />
Bereichs bei 10 000/min.<br />
Die enge Verwandtschaft zur 650er<br />
beschränkte sich nicht nur auf den Antrieb,<br />
sondern zeigte sich auch beim Fahrgestell. Mit<br />
kürzerem Radstand und Nachlauf wurde der<br />
Doppelschleifenrahmen zwar auf mehr Handlichkeit<br />
getrimmt, dank der straff gedämpften<br />
Gabel und Federbeine der 650er attestierte der<br />
Tester aber auch der ausge sprochen leichtfüßigen<br />
550er einen „stabilen Geradeauslauf“.<br />
Zumindest im Neuzustand. Bei der 550er kamen<br />
aus Kostengründen nämlich nur billige Kunststoffbuchsen<br />
als Schwingen lagerung zum<br />
Einsatz. Weniger Geiz legte Yamaha bei den<br />
Stoppern an den Tag, denn die Doppelscheibenbremse<br />
vorn war identisch mit jener der 650er.<br />
Im Gegensatz zur großen Schwester besaß die 550er jedoch ein gut<br />
abgestuftes und exakt sowie „über extrem kurze Wege“ schaltbares<br />
Sechsgang getriebe. Trotz winterlicher Kälte rannte die getestete<br />
XJ 550 lang liegend mit beachtlichen 182 km/h durch die Lichtschranke,<br />
das Landstraßen-Limit war nach 5,7 Sekunden erreicht.<br />
Was Brinks ebenso gefiel wie die ruhig und exakt anzeigenden<br />
Reklame<br />
Schon ein wenig skurril, diese Anzeige von Suzuki. Denn<br />
einem Händler, der sich nur hinterm wärmenden Ofen versteckt,<br />
hätten die Kunden einfach die kalte Schulter gezeigt.<br />
Instrumente sowie die perfekt bedienbaren Lenkerarmaturen. Den<br />
insgesamt sehr positiven Eindruck der Neuerscheinung konnten<br />
selbst die „spürbaren Vibrationen“ nicht wirklich erschüttern.<br />
Weshalb der Autor am Ende nicht anders konnte, als der XJ 550 eine<br />
glänzende Zukunft zu bescheinigen: „Bis jetzt hatte Yamaha in der<br />
Mittelklasse nichts Zugkräftiges zu bieten. Aber jetzt.“<br />
◻<br />
6. Oktober Ermordung des ägyptischen<br />
Staatspräsidenten und Friedens-<br />
84<br />
82 80 68<br />
nobelpreisträgers Anwar as-Sadat bei<br />
82<br />
13. Mai Attentat auf Papst Johannes<br />
Paul II. auf dem Petersplatz von Rom.<br />
Der Türke Mehmet Ali Agca schießt dem<br />
Papst in den Unterleib, fügt ihm dadurch<br />
lebensgefährliche Verletzungen zu.<br />
25. August Der US-Seuchenschutz<br />
berichtet erstmals über eine Immunschwächekrankheit<br />
namens AIDS.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
einer Militärparade in Kairo.<br />
13. Dezember Ministerpräsident<br />
und Parteichef General Wojciech<br />
Jaruzelski verhängt das Kriegsrecht über<br />
Polen und verbietet die Solidarnosc.<br />
Musik Eine kleine Silberscheibe<br />
digitalisiert den Musikmarkt: Die ersten<br />
CD-Player kommen in den Handel. Deren<br />
hervorragende Tonqualität verhilft der<br />
Compact Disc rasch zum Durchbruch.<br />
Das erfolgreichste Album erscheint noch<br />
auf Vinyl: „Die Hitparade der Schlümpfe“<br />
steht insgesamt elf Wochen auf Platz eins.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 29
SZENE I<br />
30 Jahre Supersportler<br />
Und jetzt mit<br />
H-Kennzeic<br />
Nichts kommt von ungefähr,<br />
alles hat eine Vorgeschichte.<br />
Sogar Motorräder,<br />
und erst recht jene<br />
beiden Topmodelle, die der 1984er-IFMA<br />
ihre bis heute gültige Bedeutung verliehen.<br />
Zwei 750er, Suzuki GSX-R und Yamaha<br />
FZ, so radikal gedacht wie selten zuvor<br />
und so heiß diskutiert wie zuletzt Hondas<br />
CB 750. Beide kamen im Folgejahr auf den<br />
Markt, beide waren, auf durchaus unterschiedliche<br />
Weise, eine Verbeugung vor<br />
den Kunden: Okay, wir haben verstanden,<br />
ihr wollt jetzt wirklich Sport, ihr wollt<br />
wirklich neue Ideen, ihr wollt echt Hightech.<br />
Und beide waren Resultate einer<br />
handfesten Absatzkrise: Nach satten zwei<br />
Jahrzehnten hatte sich der Motorradboom<br />
in Nordamerika und Europa festgefahren,<br />
die Leute kauften nicht mehr blind, was in<br />
Fernost vom Band fiel, sie glaubten nicht<br />
mehr jeden Werbespruch.<br />
Genau bis in die Hochglanzprospekte<br />
reichte damals der Sportsgeist vieler japa-<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
hen...<br />
Zum 100. Geburtstag des Motorrads vor 30<br />
Jahren kamen die schönsten Geschenke aus<br />
Japan: Suzukis GSX-R 750, aber auch Yamahas<br />
FZ 750 definierten das Thema Sport ziemlich<br />
neu – und traten eine Entwicklungslawine los.<br />
Von Fred Siemer; Fotos: Hartmann, Archiv<br />
nischer Maschinen, vor allem der Flaggschiffe:<br />
Wer CB, GPZ, GSX oder FJ, allesamt<br />
mit fetten 1100ern bestückt, nämlich<br />
auf dem Nürburgring oder auch nur bei<br />
einer schnellen Landstraßenrunde ernsthaft<br />
prüfte, der trat schnell die Flucht zum<br />
Zubehörlieferanten oder gar zum Fahrwerksbauer<br />
an. Fritz W. Egli, Colin Seeley,<br />
Les Harris, die Gebrüder Rickman, Roland<br />
Eckert, Bimota und wie sie alle heißen –<br />
erst die Spezialisten schufen Rohrgeflechte,<br />
die mit der gebotenen Leistung japanischer<br />
Vierzylinder fertig wurden und<br />
auch Mehr-PS durch ordentliches Tuning<br />
noch wegsteckten. Wieso? Weil diese Leute<br />
genau das taten, was die großen Her steller<br />
nur propagierten: Sie schickten ihre Fahrwerke<br />
in echte, harte Rennen und boten<br />
sie erst danach zum Kauf an.<br />
Die Rahmen im Straßenrennsport besaßen<br />
nur noch wenig bis gar keine Ähnlichkeit<br />
mit der weit ausholenden stählernen<br />
Doppelschleife. Zunehmend folgten<br />
sie der simplen Logik, Steuerkopf und<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 31
SZENE I<br />
30 Jahre Supersportler<br />
1985:<br />
Suzuki GSX-R 750<br />
So sahen Siegermaschinen aus, und so schaffen<br />
sie ihr Traumgewicht: Ganze 10,7 Kilo wiegt der<br />
Alu-Rahmen, der Motor bringt es auf 64, die Vierin-eins-Auspuffanlage<br />
auf 7,8. Davon hatten die<br />
Fans lange geträumt. Viel zu lange<br />
Die GSX-R 400 nahm Design und Rahmen der 750er vorweg. Schon<br />
Anfang 1984 ging sie in Japan sehr erfolgreich auf Kundenfang<br />
Ende 1983 präsentierte Tuningpapst Pops Yoshimura seine straßentaugliche<br />
GSX 8<strong>02</strong> R, als Renner auch mit 750 cm³ im Angebot
Schwingenlagerung möglichst direkt mittels<br />
einer leichten, dennoch steifen Konstruktion<br />
zu verbinden. Die einen – Bimota<br />
etwa bereits seit den späten 70er-Jahren in<br />
der SB 1 – taten dies mit einer eleganten<br />
Gitterrohrstruktur aus geraden Stahlrohren,<br />
andere – zum Beispiel Kawasaki<br />
um 1982 beim erfolgreichen 1000er-Langstreckenrenner<br />
– mit einer hinten flach<br />
gehaltenen Doppelschleife aus Rechteck-<br />
Aluminiumrohren. In der Straßen-WM<br />
zählte, ganz klar, das Maximum: Die größte<br />
Steifigkeit versprachen richtig ausgewachsene<br />
Profile, und deshalb setzte sich<br />
Yamahas YZR 500 – sie verhalf Kenny<br />
Roberts 1983 zum Vizetitel und Eddy Lawson<br />
ein Jahr später zum Titel – deutlich<br />
von der zuvor dominanten Honda NS 500<br />
ab: Während Letztere noch eine Alu-Doppelschleife<br />
trug, formten bei der Yamaha<br />
mächtige Alu-Profile einen ultra-verwindungssteifen<br />
Brückenrahmen, welcher<br />
den Motor in sanftem Schwung umfing.<br />
Aluminium galt als Hightech-Material,<br />
rund um seine Verarbeitung woben sich<br />
ausgewachsene Märchen. Materialspannungen<br />
konnten beim Schweißen entstehen,<br />
und genau dort würden vor allem<br />
Trieb werksschwingungen das ideale Feld<br />
für ihr zerstörerisches Werk finden. So<br />
orakelte der Stammtisch, unterstützt von<br />
konservativen Ingenieuren, die eine Zukunft<br />
höchstens im stählernen Brückenrahmen<br />
und im mittragenden Motor sahen.<br />
So was trug Kawasakis GPZ 900 von 1984,<br />
hinten dran immerhin ein Alu-Heck. Die<br />
wog vollgetankt 257 Kilogramm. Sonst<br />
war sie prima. Auf jeden Fall ehrlicher als<br />
Hondas damalige Vorzeigesportlerin, die<br />
248 Kilo schwere VF 750 F, um deren<br />
V4-Motor sich zwar silbrig schimmerndes<br />
Rechteckrohr schmiegte, aber das war<br />
nur lackierter Stahl. Die Honda musste<br />
das Anschauungsmaterial abgeben für die<br />
ab 1984 auf 750 cm³ begrenzte US-amerikanische<br />
Superbike-Serie. Besagte Meisterschaft<br />
und der in Europa und Japan popu-<br />
läre, ab 1984 ebenfalls Hubraum- limitierte<br />
Langstreckensport machten die Rennerei<br />
mit halbwegs seriennahen Motorrädern<br />
übrigens immer beliebter – und setzten<br />
die Hersteller richtig unter Druck. Jeder<br />
wollte siegträchtiges Gerät vorzeigen, jeder<br />
musste es 1984 neu erfinden.<br />
Suzuki hatte sich bis dahin nicht<br />
schlecht geschlagen, Wes Cooley fuhr mit<br />
seiner GS 1000 in der Frühphase der US-<br />
Superbike-Meisterschaft sogar zu zwei<br />
Titeln. Der Motorblock bildete dann später<br />
die Basis des legendären Langstreckenrenners<br />
XR 41, und dieses Motorrad lieferte<br />
bereits 1983 eine Vorschau auf die geplante<br />
GSX-R. Zunächst mal besaß es einen<br />
Doppelschleifenrahmen aus Alu minium-<br />
Rechteckrohr, der jenem des späteren Serienmotorrads<br />
stark ähnelte. Und zweitens<br />
veränderte Suzuki den Motorblock<br />
des 1000ers, um die Ölkapazität deutlich<br />
zu erhöhen. Eine vergrößerte Ölpumpe<br />
jagte den Schmierstoff besonders rasch<br />
durchs Motorinnere – und erhöhte somit<br />
die Kühlleistung. 1983 reichte dieses Paket<br />
für den Titel in der Langstrecken-WM. Selbigen<br />
schnappte sich im ersten 750-cm³-<br />
Jahr zwar Hondas RVF, aber weil die bereits<br />
feststehenden Weltmeister beim Bol d‘Or<br />
einen rabenschwarzen Tag erwischten,<br />
reichte es dort für die aus der XR 41 entwickelte<br />
750er-Suzuki zum prestigeträchtigen<br />
Doppelsieg. Das geschah am Sonntag,<br />
dem 16. September.<br />
Vier Tage später eröffnete die IFMA in<br />
Köln, alle Welt erblickte die GSX-R – und<br />
kniete nieder. Sie hatten es wirklich getan<br />
und ein Superbike mit Straßenzulassung<br />
gebaut. Die Neue wirkte ihren erfolgreichen<br />
Entwicklungsträgern wie aus dem<br />
Gesicht geschnitten, und wer ein gutes Gedächtnis<br />
besaß, dem fiel Pops Yoshimura<br />
ein: Der Startuner hatte sich seit einiger<br />
Zeit Suzuki zugewendet, arbeitete eng mit<br />
der Entwicklungsabteilung zusammen<br />
und hatte Ende 1983 ein Motorrad mit<br />
Alu-Rahmen und stark verändertem GSX<br />
750-Motor angeboten. Auch als echter<br />
Renner zu haben. Name? GSX 750 R.<br />
Über 30 Jahre schaffen Distanz, Ohnmachtsanfälle<br />
löst die GSX-R 750 schon<br />
lange nicht mehr aus. Aber Respekt. Vor<br />
der Konsequenz, mit der Chefingenieur<br />
Etsuo Yokouchi seine Leute auf die Vorgaben<br />
einschwören konnte: 200 Kilogramm<br />
fahrfertig und 100 PS überschrieben sein<br />
Lastenheft. Diese Anforderungen durchdringen<br />
jedes Bauteil, von der Vorderradfelge<br />
über die Schlepphebel der Ventilsteuerung<br />
bis zur hinteren Achsaufnahme.<br />
Vier Tage nach<br />
dem Bol d‘Or sah<br />
die GSX-R das<br />
Licht der Welt<br />
Es gibt nichts, was augenfällig leichter<br />
aus- oder gar ganz wegfallen könnte. Mit<br />
einer zierlichen 400er für den japanischen<br />
Markt hatte Suzuki Anfang 1984 vorgelegt,<br />
eine Klasse höher zog man jetzt nochmals<br />
an, und genau diese Zuspitzung erklärt<br />
den umwerfenden Erfolg der GSX-R:<br />
Ausgerechnet in jener Hubraumliga, in<br />
der auf den Rennstrecken nun die Musik<br />
spielte, stellte Suzuki einen solchen Fanartikel<br />
hin. Und anders als heikle Zweitakter<br />
konnte dieses Superbike die Verbindung<br />
zum Rennzirkus auf durchaus<br />
alltagstaugliche Weise knüpfen.<br />
Um ausreichende Alltagstauglichkeit<br />
mussten Yokouchi und seine Leute wirklich<br />
kämpfen. Beim Rahmen konnten sie<br />
nicht nur auf Erfahrungen mit der GSX-R<br />
400, sondern vor allem mit der 1983 in Japan<br />
eingeführten RG 250 Gamma zurückgreifen<br />
– beim ersten Serienfahrwerk aus<br />
Leichtmetall hatte Yokouchi ebenfalls die<br />
Oberaufsicht ausgeübt. Bestimmt hat er<br />
sich vor und nach Serienanlauf intensiv<br />
mit dessen Dauerbelastbarkeit beschäftigt.<br />
Deshalb wurden dann bei der GSX-R<br />
Pionierarbeit leistete Suzuki 1983 mit der RG 250 Gamma. Sie<br />
trägt als erstes Großserienmotorrad einen Aluminium-Rahmen<br />
Sichtbar direkter als die GSX-R verknüpft 1985 die RG 500 Gamma<br />
Lenkkopf und Schwingenlager. Ihr Alu-Rahmen wiegt 9,2 Kilo
SZENE I<br />
30 Jahre Supersportler<br />
1985:<br />
Yamaha FZ 750<br />
Der Rennsport gab die Richtung vor<br />
Mit diesem Leichtmetall-Chassis trat die werksunterstützte<br />
Kawasaki KR 1000 ab 1982 in der Endurance-WM an<br />
Als ab 1985 in vielen Serien das 750er-Hubraumlimit<br />
galt, holte die RVF 750 für Honda jede Menge Titel ab
So geht modern: Der weit<br />
nach vorn geneigte Motor<br />
(Gewicht 68,5 kg) ermöglicht<br />
gerade Ansaugwege<br />
und sorgt für eine günstige<br />
Schwerpunktlage – die FZ<br />
ist über raschend handlich<br />
Schwungvoll umrundet der hinten flach gehaltene Rahmen die Vergaserbatterie<br />
und das große Luftfiltergehäuse. Er wiegt – weil stählern – leider satte 20 Kilo<br />
750 nicht nur das Steuerkopfrohr mitsamt<br />
einigen Rohransätzen, sondern auch die<br />
Rahmenteile im Bereich der Schwingenlagerung<br />
gegossen. Das vermied komplizierte<br />
und vor allem spannungsträchtige<br />
Schweißarbeiten. Zum Motor: 100 PS aus<br />
750 cm³ Hubraum zu holen, galt Anfang<br />
der 80er-Jahre bereits als leichte Aufgabe.<br />
Schwieriger war, ein derart potentes Triebwerk<br />
standfest (geschafft) und umgänglich<br />
(beinahe geschafft) zu machen. Anders als<br />
die 400er sollte die 750er aus Gewichtsgründen<br />
keine Wasserkühlung bekommen.<br />
Also erhielt sie eine zweite Ölpumpe,<br />
damit ihre strammen 5,5 Liter Öl möglichst<br />
fix durchs Triebwerk rauschen und<br />
dabei ordentlich Wärme aufnehmen. Kanäle<br />
knapp über den Brennräumen, heftiges<br />
Anspritzen der Kolbenböden, großer<br />
Ölkühler – nichts wurde ausgelassen, um<br />
die Öltemperatur auch bei hohen Dauerbelastungen<br />
im Rahmen zu halten. Ergebnis?<br />
Während der Vorgängermotor aus<br />
der GSX 750 bei anhaltendem Tempo 200<br />
sein Schmiermittel auf 160 Grad aufheizt,<br />
lässt es die R-Variante bei 120 Grad bewenden.<br />
Mit diesem Techno-Trick mogelte sich<br />
die GSX-R noch einige Jahre höchst erfolgreich<br />
durch ihr Serien-Dasein, erst 1992<br />
trug sie dick auf und bekam auch einen<br />
Wassermantel. Den besaß der zweite<br />
84er-IFMA-Star von Anfang an, dennoch<br />
war ihm nur kurzer Ruhm beschieden.<br />
Undank ist der Welten Lohn, davon kann<br />
Yamahas FZ 750 wahrlich ein Lied singen.<br />
Sowohl Fahrwerkslayout als auch Triebwerk<br />
waren nämlich deutlich zukunftsträchtiger<br />
als bei der Suzuki. Gewicht und<br />
Styling jedoch entsprachen nicht den Anforderungen<br />
der Zeit. Bei 241 Kilo blieb<br />
die Waage stehen, als <strong>MOTORRAD</strong> den<br />
Sportler zum Test bat. Sportler? Hatten die<br />
nicht neuerdings 40 Kilo weniger Speck?<br />
Am Fahrgestell der Suzi besteht nur der<br />
Seitenständer aus Stahl, bei der FZ ist nur<br />
die Schwinge aus Aluminium. Sogar einen<br />
Hauptständer schleppt sie mit sich herum.<br />
Aber: Die Vierkant-Hauptrohre des Doppelschleifenrahmens<br />
streben, von der Seite<br />
betrachtet und ähnlich wie bei der 1983<br />
vorgestellten FJ 1100, direkt vom Steuerkopf<br />
zur Schwingenlagerung. Von oben<br />
gesehen wiederum laden sie sehr breit aus<br />
und umfassen das für damalige Verhältnisse<br />
riesige, über dem Zylinderkopf thronende<br />
Luftfiltergehäuse. So macht man das.<br />
Bis heute. Darunter versorgen Gleichdruckvergaser<br />
den – natürlich wasser gekühlten<br />
– Motor mit Frischgas. Sie tun es im Fallstrom,<br />
besser, leistungsgerechter, gieriger<br />
geht nicht. Bis heute.<br />
Mehr noch. Den Gaswechsel übernehmen<br />
fünf Ventile, drei für den Ein-, zwei<br />
für den Auslass. Geschickt hatte Yamaha<br />
weit vor der IFMA von diesem Arrangement<br />
berichtet, seither tobten die Diskussionen.<br />
Flugs kamen neben der ganzen<br />
Alu-Kiste noch freie Ventilquerschnitte,<br />
Öffnungszeiten, Spülverluste, zu beschleunigende<br />
Massen auf die Tagesordnung –<br />
selten ging‘s am Stammtisch so sehr ans<br />
Eingemachte. Als ab Februar 1985 die ersten<br />
Testberichte erschienen, feierten alle<br />
Yamaha-Freunde ein Fest, denn der Vierzylinder<br />
überzeugte mit einer Geschmeidigkeit,<br />
die locker ins Reich der 1000er<br />
hineinragte. Wunderbarer Antritt ab<br />
2000/min. Aber dann eine nie erlebte zornige<br />
Drehfreude bis weit über 11 000/min,<br />
wie gemalt, die Leistungskurve. Das erste<br />
Aufeinandertreffen mit der GSX-R offen<br />
Auch dank Alu-Brückenrahmen war<br />
Yamahas YZR 500 1984 uneinholbar<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 35
SZENE I<br />
30 Jahre Supersportler<br />
barte die motorische Überlegenheit der FZ<br />
ganz klar. Trotz Mehrgewichts fast gleich<br />
gute Beschleunigung, viel besserer Durchzug,<br />
weniger Verbrauch, selber Topspeed.<br />
Sofern sich der Suzuki-Pilot aufgrund<br />
heftiger Pendelneigung seines etwas zu<br />
filigranen Alu-Geflechts überhaupt traute,<br />
den Hahn bis 230 km/h offen zu lassen.<br />
Und während der Fünfventiler stets zivilisierte<br />
Gelassenheit offenbart, kann der<br />
Vierventiler nicht verhehlen, dass er sich<br />
anstrengen muss. Nur mithilfe von Flachschiebervergasern<br />
kommt er auf seine gemessenen<br />
99 PS (Yamaha: 1<strong>02</strong>), liefert bei<br />
rennmäßiger Charakteristik bis 9000 Touren<br />
deutlich weniger Leistung ab. Doch von<br />
wegen Spiel, Satz und Sieg für Yamaha.<br />
Die FZ gewann Tests, die GSX-R machte<br />
Kasse.<br />
Natürlich stand dieser verbissene Zweikampf<br />
stets unter besonders aufmerksamer<br />
Beobachtung. Honda hatte für die<br />
Saison 1985 ebenfalls eine neue 750er<br />
angekündigt, sogar den Namen und erste<br />
Eck daten preisgegeben. Das Schlachtengetümmel<br />
der beiden größten Verfolger<br />
sowie einiger Ärger mit vorangegangenen<br />
V4-Triebwerken bewogen den Weltmarktführer<br />
zum Abwarten. Keine VFR auf der<br />
IFMA. Aber dennoch ein wenig Alu, den<br />
Rahmen der Zweitakt-Dreizylinder-Rakete<br />
NS 400 nämlich. Das wird ja beim Jubeln<br />
rund um die GSX-R regelmäßig vergessen:<br />
Supersportler entstanden vor 30 Jahren<br />
auf mehreren Baustellen. Die neuen Viertakter<br />
lehnten sich an die Superbike-<br />
Serien an, aber wer GP-Feeling anbieten<br />
wollte, der tat es zwangsläufig im Zweitakt.<br />
Als 400er durfte die NS in Japan auf<br />
Verkaufserfolg hoffen, Honda befand, das<br />
müsse auch weltweit genügen. Umgedreht<br />
wie bei Freddie Spencers Sieger maschine<br />
besitzt der Motor einen stehenden und<br />
zwei liegende Zylinder, aber just so wie der<br />
130-PS-Renner überzeugt auch die 72 PS<br />
starke Serien-NS mit guter Fahrbarkeit<br />
und herrlichem Handling. Suzuki schenkte<br />
wenig später den halben Liter ein, der<br />
drehschiebergesteuerte Square Four in<br />
der RG 500 drückte 95 PS, das ganze Ding<br />
wog auch dank Alu-Brücke nur 181 Kilo.<br />
Macht 1,9 Kilo pro PS, noch mal 0,1 weniger<br />
als bei der GSX-R. Yamaha übrigens<br />
war bereits Anfang 1984 mit der RD 500<br />
vorgeprescht. Deren 88 PS starker V4<br />
steckte allerdings in einer stählernen<br />
Doppelschleife aus Rechteckrohren, ähn-<br />
Der Brückenrahmen aus Alu-Profilen setzt sich durch<br />
1986: Suzuki GSX-R 1100<br />
Sie konnten es<br />
natürlich nicht<br />
lassen: Suzuki<br />
übertrug das<br />
erfolgreiche GSX-<br />
R-Konzept in die<br />
große Hubraumklasse.<br />
Allerdings<br />
wog die 1100er<br />
deutlich mehr als<br />
ihre Schwester<br />
1986: Honda VFR 750<br />
Das Konzept<br />
des Alu-Brückenrahmens<br />
war<br />
im erfolgreichen<br />
Werksrenner<br />
längst erprobt,<br />
auch deshalb<br />
überzeugte die<br />
Honda VFR 750<br />
aus dem Stand<br />
und lange Zeit<br />
1987: Yamaha FZR 1000<br />
Im Jahr ihres Debüts<br />
schwächelte<br />
die große Sport-<br />
Yamaha noch,<br />
aber 1989, mit<br />
reinem Brückenrahmen<br />
und bärigem<br />
Motor<br />
wurde sie endgültig<br />
zur Ikone
lich jener der FZ. Außer im Technologiefixierten<br />
Japan, da gab‘s Alu. Die ganze<br />
technische Hybris konnte natürlich das<br />
nahende Ende des Zweitakters nicht verhindern,<br />
umso verständlicher, dass diese<br />
drei Supersportler als letzte ihrer Art<br />
längst Kultstatus erlangt haben.<br />
Zurück zu den Viertaktern: Ungeachtet<br />
der Neuschöpfungen von Suzuki und<br />
Yamaha gingen auch 1985 die wichtigsten<br />
Superbike-Titel an Honda. Wie im Vorjahr<br />
schnappte sich Fred Merkel auf der RVF<br />
750 die Krone bei der AMA Superbike<br />
Championship, wie gehabt wurden Igoa/<br />
Coudray Endurance-Weltmeister, und<br />
ebenso selbstverständlich fuhr Joey Dunlop<br />
seinen vierten Formula TT-Titel für Honda<br />
ein. 125 bis 130 PS stemmte das ursprünglich<br />
mal aus der VF 750 entwickelte, aber<br />
unter anderem mit zahnradgetriebenen<br />
Nockenwellen radikalisierte V4-Triebwerk,<br />
trocken wog die RVF unter 160 Kilo. Dementsprechend<br />
machte sich leise Enttäuschung<br />
breit, als mit zwölfmonatiger Verspätung<br />
Ende 1985 die vollgetankt 230 Kilo<br />
schwere VFR 750 F erschien. Hierzulande<br />
nur in Weiß oder Blau. Ohne jede Kriegsbemalung<br />
setzte sie sich als Gentleman-<br />
Sportler von der grellen Konkurrenz ab.<br />
Doch tatsächlich bringen wie bei der RVF<br />
die berühmten Zahnradkaskaden insgesamt<br />
vier Nocken wellen in Schwung, an<br />
den Rändern der dezenten Vollverkleidung<br />
lugen die Rechteckprofile des unten<br />
offenen und seitlich am Motor vorbeigeführten<br />
Alu-Rahmens hervor. Nur vom<br />
Feinsten und bestens arrangiert, daraus<br />
konnte nur ein überlegener Sieg im MO-<br />
TORRAD-Vergleichstest resultieren.<br />
Auf den Rennstrecken jedoch drohte<br />
Ungemach, der Langstreckentitel ging<br />
1987 erstmals an die GSX-R, in der AMA-<br />
Serie rückten die Suzukis näher. Für die<br />
neu ins Leben gerufene Superbike-WM<br />
verlangte Soichiro Honda eine echte Siegmaschine,<br />
dumm nur, dass zur Homologation<br />
eine 1000er-Serie vorausgesetzt<br />
wurde. Rennen fahren mit der VFR? Ging<br />
nicht wirklich, also baute HRC (Honda Racing<br />
Corporation) einen Racer in Kleinserie<br />
(von 1988 bis 1992 insgesamt 4784<br />
Stück), der mit der RVF viel mehr zu tun<br />
hatte als mit der VFR. Und wohl deshalb<br />
von allen nicht VFR 750 R genannt wird,<br />
sondern nach dem Honda-Werkscode<br />
RC 30. Eine Universalwaffe, die aus dem<br />
Stand Superbike-WM (unter Fred Merkel),<br />
Formula TT (Carl Fogarty) und AMA-Serie<br />
(Bubba Shobert) gewann, 1989 dann auch<br />
wieder die Endurance-WM (Alex Vieira),<br />
und die endgültig zweierlei bewies: Die<br />
Diätspezialisten von Suzuki waren super,<br />
und die Yamaha-Techniker hatten recht.<br />
Zu a: Trotz Alu-Tank, Magnesium-Ventildeckeln<br />
und Titan-Pleueln wog eine RC 30<br />
vollgetankt sieben Kilo mehr als die GSX-R,<br />
nämlich 208. Zu b: Selbstverständlich besaß<br />
sie Wasserkühlung und geradlinige<br />
Ansaugwege, einen den Motor außen umfassenden<br />
Alu-Rahmen sowieso.<br />
Wie nicht anders zu erwarten, tobte<br />
der technische Glaubenskrieg bald nach<br />
Erscheinen der GSX-R und FZ 750 auch in<br />
der großen Hubraumklasse. Fast eins zu<br />
eins adaptierte Suzuki 1986 das 750er-<br />
Konzept in der GSX-R 1100. Yamaha erwies<br />
sich als lernfähig und hängte im Jahr<br />
darauf den Vierzylinder-Fünfventiler der<br />
FZR 1000 gleich in einen seitlich weit ausladenden<br />
Alu-Brückenrahmen, der allerdings<br />
stählerne Unterzüge besaß und nicht<br />
wirklich überzeugte. Den Kampf auf der<br />
Waage gewann die GSX-R nur noch knapp,<br />
mit 230 zu 234 Kilo. Wieder hielt sich<br />
Honda zunächst vornehm zurück. Dann<br />
Die Honda RC 30<br />
bündelte alles,<br />
was 1988 gut und<br />
richtig war<br />
kam die CBR 1000, siegte in Vergleichstests,<br />
darf aber mit ihren 262 Kilo in dieser<br />
Geschichte nicht mitspielen. Im Schlepptau<br />
hatte sie jedoch eine 600er, die trotz<br />
Stahlrahmens nur 2<strong>01</strong> Kilo wog, mit ihren<br />
Klassenkameraden Katz und Maus spielte<br />
und – so viel wurde bald klar – ein neues<br />
Segment aufmachte. Die darf in drei<br />
Jahren H-Kennzeichen tragen und kriegt<br />
dann ihre große Classic-Geschichte.<br />
Nachsatz: 1989 ließ Yamaha die blöden<br />
Unterzüge an der FZR 1000 weg und den<br />
Motor mittragen. Jetzt hieß es beim Gewicht<br />
247 (GSX-R) zu 236 Kilo. Endlich,<br />
nach all den Jahren.<br />
◻<br />
1988: Honda VFR 750 R<br />
Zusammenfassung: Weil die Superbike-WM mindestens 1000 gebaute Einheiten verlangte, legte Honda die VFR 750 R auf,<br />
genannt RC 30. Sie vereinte den Suzuki-Leichtbau mit der Performance moderner Fahrwerks- und Motorentechnik
SZENE I<br />
25 Jahre Harley-Davidson Fat Boy<br />
Dick im<br />
Geschäft<br />
Im Jahr 1990 brachte Harley-Davidson mit der Fat Boy<br />
eine wahre Stil-Ikone. Das Urmeter aller Cruiser machte<br />
Furore – zuerst in Hollywood, danach weltweit.<br />
Text: Heinrich Prinz; Fotos: markus-jahn.com<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
SZENE I<br />
25 Jahre Harley-Davidson Fat Boy<br />
Schlicht und ergreifend:<br />
ausladender<br />
Lenker, Tacho und<br />
Zündschloss zwischen<br />
den Tankdeckeln<br />
positioniert<br />
Ein Terminator T-800 fackelt<br />
nicht lange, wenn es um<br />
Essenzielles geht: „Ich will<br />
deine Kleidung, deine Stiefel<br />
– und dein Motorrad.“ Natürlich bekommt<br />
er, was er verlangt, sonst gibt’s<br />
ordentlich was auf die Mütze. Die Rolle<br />
des wenig zimperlichen Androiden im<br />
1991er-Action-Spektakel „Terminator 2 –<br />
Judgment Day“ ist für immer untrennbar<br />
mit Muskelmann Arnold Schwarzenegger<br />
verbunden. Genauso wie die Harley-Davidson,<br />
nach der er im Film verlangt. Es ist<br />
nicht irgendeine. Sondern die Fat Boy.<br />
Sie gehört zur Softail-Baureihe, die<br />
sich längst etabliert hatte, als der T-800<br />
sich der Fat Boy ermächtigte. Blicken wir<br />
in den Rückspiegel: Schon 1984 nimmt<br />
die erste Softail, die FXST, Asphalt unter<br />
die Räder. Ihre Modellbezeichnung ist ein<br />
Wortspiel, das sich von ihrer speziellen Art<br />
der Hinterradführung ableitet. Der puristische<br />
Starrrahmen-Look mit den unterm<br />
Motor und Getriebe versteckten Federbeinen<br />
kommt hervorragend in der Szene an,<br />
zumal sich der neue „Evolution“-Leichtmetall-V2<br />
rasch den Ruf großer Zuverlässigkeit<br />
und Standfestigkeit erarbeitet.<br />
Tatsächlich bedeutet der Evolution-Twin<br />
einen großen Qualitätssprung im Vergleich<br />
zum Shovelhead-Vorgänger. So<br />
legte die FXST den Grundstein zu einer<br />
neuen, erfolgreichen und gern kopierten<br />
Harley-Baureihe, die sich von Beginn an<br />
auch in der Custom-Szene einer großen<br />
Beliebtheit erfreut.<br />
Diesem Softail-Urmodell folgen viele<br />
klassisch gestylte Typen. Für 1989 kreiert<br />
das Stylingteam um Chefdesigner und<br />
Gründerenkel Willie G. Davidson jedoch<br />
etwas vollkommen Neues. Das zwar unverkennbar<br />
aus Milwaukee kommt, mit<br />
seinen reduzierten Formen aber ein wenig<br />
futuristischer und wie aus dem Vollen<br />
geschnitzt wirkt. Das gilt insbesondere für<br />
die Räder, bei denen es sich – völlig gegen<br />
den von Aerodynamik und Leichtbau geprägten<br />
Zeitgeist – um zwei massive, an<br />
Front und Heck mit dicken 130er-Dunlops<br />
besohlte 16-Zoll-Scheiben handelt. Inspiriert<br />
vom Drag Race glänzen sie so silbergrau<br />
wie der Motor und der ganze Rest<br />
der Maschine. Selbst der Rahmen trägt<br />
dieses „Fine Silver Metallic“, reizvoll kontrastierend<br />
mit ein paar wohldosierten<br />
orangefarbenen Akzenten.<br />
Die Fat Boy sieht nicht nur schwer aus,<br />
mit 298 Kilo ist sie es auch. Alles, was nach<br />
Metall aussieht, besteht auch wirklich daraus.<br />
Etwa die Standrohrabdeckungen an<br />
der im Stil der Electra Glide gestalteten<br />
Gabel und deren Verkleidung hinterm<br />
nudeltopfgroßen Scheinwerfer. Den massigen<br />
Eindruck betonen darüber hinaus<br />
der ausladende Lenker, ein breiter Sattel<br />
und die großen Trittbretter. Kein Wunder,<br />
dass einem von Harleys Marketing-Mannen<br />
beim Anblick der Wuchtbrumme<br />
spontan der Name „Fat Boy“ einfällt. Willie<br />
G. testet sein „Heavy Duty“-Bike und dessen<br />
Wirkung auf die Massen bei einem<br />
Ausflug nach Daytona. Dort sind die Bike<br />
Week-Besucher begeistert, und so wird<br />
die Maschine im August 1989 als offizielles<br />
Modell für den Jahrgang 1990 präsentiert.<br />
In jenem Jahr rollen 4400 Fat Boy aus<br />
dem Werk in York, Pennsylvania. Deutsche<br />
Kunden müssen für eine Fat Boy<br />
26 950 Mark auf den Tresen legen.<br />
Auch in Hollywood hat diese Harley<br />
Eindruck hinterlassen. Der Deal für den<br />
zweiten Terminator-Streifen ist nur Formsache.<br />
Aber stilprägend. Nicht, weil die<br />
Fat Boy das Schwarzeneggersche Macho-<br />
Image so trefflich unterstreicht. Sondern,<br />
weil sie weltweit zum Vorbild einer völlig<br />
neuen Motorradgattung namens Cruiser<br />
avanciert. Nachdem Arnies wilder Ritt<br />
über die Leinwände geflimmert ist, setzt<br />
überall ein regelrechter Run auf das inzwischen<br />
konventionell lackierte Bike<br />
ein. In den 1990er-Jahren führt die Kult-<br />
Harley mit schöner Regelmäßigkeit die<br />
Hitliste der meistverkauften Milwaukee-<br />
Irons an. Weshalb Harley fortan dem Fat<br />
Boy-Look treu bleibt. Seit dem Jahr 2000<br />
rollen Fat Boys mit neuem, steiferem<br />
Rahmen und dem ersten Twin Cam-Motor<br />
mit je zwei Nocken- und Ausgleichswellen<br />
vom Band. Später kommen ABS,<br />
ein Sechsganggetriebe und das aktive<br />
Auspuffsystem hinzu, während Hubraum<br />
und Leistung stetig zulegen, aktuell auf<br />
18<strong>01</strong> cm 3 und 92 PS.<br />
Keines der Nachfolgemodelle kommt<br />
jedoch an die Geradlinigkeit des komplett<br />
in Silber getünchten Fat Boy-Urmodells<br />
von 1990 heran, in der Szene auch als<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
DATEN<br />
Schwermetall: Die verchromten Hüllrohre<br />
an der Gabel hat die Fat Boy<br />
von der Electra Glide übernommen<br />
Stilbildend: Fette Vorderreifen auf<br />
massiven Scheibenrädern sah man<br />
später auch bei japanischen Cruisern<br />
Harley-Davidson<br />
Fat Boy (Mod. 1990)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-<br />
V-Motor, Zylinderwinkel 45 Grad, eine unten<br />
liegende Nockenwelle, zwei Ventile pro<br />
Zylinder, über Stoßstangen und Kipphebel<br />
be tätigt, hydraulischer Ventilspielausgleich,<br />
Bohrung x Hub 88,8 x 108 mm, Hubraum<br />
1338 cm³, Verdichtung 8,5:1, Leistung 45 PS<br />
bei 4800/min, max. 83 Nm bei 2800/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe, Zahnriemen<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Rohrrahmen<br />
aus Stahl, Telegabel vorn, Ø 42 mm, Dreieckschwinge<br />
mit zwei untenliegenden Federbeinen,<br />
Alu-Scheibenräder, Reifen vorn und<br />
hinten MT90B16 oder 130/90-16, Scheibenbremse<br />
vorn und hinten, Ø 292 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1588 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 298 kg, Tankinhalt 15,9 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: 148 km/h<br />
Die Fat Boy wurde zum<br />
Vorbild einer völlig<br />
neuen Motorradgattung<br />
– dem Cruiser<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 41
SZENE I<br />
25 Jahre Harley-Davidson Fat Boy<br />
Neue Emissionsbestimmungen<br />
drückten die Leistung<br />
des Evo-<br />
Twins speziell bei<br />
der ersten Fat Boy<br />
auf magere 45 PS<br />
„Grey Ghost“ bekannt. Noch heute erfreut<br />
so eine 1990er mit ihrem gusseisernen<br />
Charme. Sie lebt und bebt nicht nur im<br />
Leerlauf. Schließlich ist ihr 1338 cm 3 großer<br />
45-Grad-V2 starr mit dem Rahmen<br />
verbunden, und wenn bei 4800/min 45<br />
Pferde galoppieren, legen die dicken Kolben<br />
beachtliche 17,3 Meter pro Sekunde<br />
zurück. Zeitgenössische Japan-Modelle<br />
leisten locker mehr als das Doppelte – und<br />
wiegen dabei gute 80 Kilo weniger!<br />
Egal, 148 km/h mussten damals reichen.<br />
Dafür schüttelt die Fat Boy bereits<br />
bei 2000/min locker 83 Newtonmeter aus<br />
dem Ärmel. <strong>MOTORRAD</strong>-Redakteur Werner<br />
Enzmann attestierte ihr in Ausgabe<br />
22/1989 zudem ein „erstaunlich gutes<br />
Handling“ und, passend zur unübersehbaren<br />
Körperfülle, eine ausgesprochen entschleunigende<br />
Wirkung: „Sie zeigt dem<br />
Fahrer, dass man Zeit nicht gewinnt, indem<br />
man ihr hinterher rennt, sondern indem<br />
man sie sich nimmt.“ Apropos nehmen:<br />
Wer sich heute für eine 1990er-Fat Boy interessiert,<br />
braucht Geduld. Und ein dickes<br />
Portemonnaie.<br />
Vor allem, wenn es so ein schönes<br />
Exemplar im Originalzustand sein soll<br />
wie unser Fotomodell, das uns die Harley<br />
Factory Frankfurt zur Verfügung gestellt<br />
hat. Dafür muss man zwischen 15 000 und<br />
17 000 Euro lockermachen. Und lange suchen,<br />
da nahezu alle Maschinen von ihren<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Willkommen im Club!<br />
Das <strong>MOTORRAD</strong> Classic-Testpaket für nur 11,20 €:<br />
3 Ausgaben <strong>MOTORRAD</strong> Classic frei Haus<br />
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+ Clubmitgliedschaft für 3 Monate<br />
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IHRE VORTEILE: p 3 x <strong>MOTORRAD</strong> Classic pünktlich<br />
frei Haus p 35 % Preisvorteil gegenüber Kioskpreis p BALLISTOL Pflegeset<br />
gratis dazu p Gratis-Ausgabe zusätzlich bei Bankeinzug p automatisch<br />
Mitglied im <strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN-Club p voller Zugriff auf exklusive Inhalte<br />
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Mitgliedsnummer:<br />
Max Mustermann<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 2 3<br />
2<strong>01</strong>5<br />
Besitzern mehr oder minder stark modifiziert<br />
wurden. Die gute Nachricht: Etliche<br />
Umbauten sind reversibel, viele Originalteile<br />
außerdem immer noch problemlos<br />
verfügbar. Wo wir schon bei Originalen<br />
sind: Jene Harley, die 1991 zu Filmruhm<br />
gelangte, kann man im Arnold Schwarzenegger-Museum<br />
im österreichischen<br />
Thal besichtigen. Terminator-Fans reisen<br />
natürlich ganz stilecht an, relaxt und<br />
machomäßig – auf einer Fat Boy! ◻<br />
Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 7<strong>01</strong>62 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 93<strong>02</strong>. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid,<br />
Norbert Lehmann. Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp<br />
(Vorsitz), Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
Ja, ich möchte <strong>MOTORRAD</strong> Classic im Probeabo testen Bestell-Nr. 1332745<br />
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(A: 12,50 €; CH: 21,10 SFr.*) zu. Gratis dazu erhalte ich das BALLISTOL Pflegeset. Außerdem werde ich für<br />
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Hefte wünsche, sage ich sofort nach Erhalt der 2. Ausgabe ab. Andernfalls erhalte ich das Magazin weiterhin<br />
bis zur jederzeit mög lichen Kün digung frei Haus zum Jahresvorzugspreis von nur 53,50 € (A: 60,– €;<br />
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KG Verlagsgesellschaft mit Ihren Titeln künftig auch per Telefon und E-Mail über weitere interessante Medienangebote informieren. Dieses<br />
Ein verständnis kann ich jederzeit per E-Mail an widerruf@dpv.de widerrufen.<br />
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wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungs datum, die Erstattung des belasteten<br />
Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
Ich bezahle per Rechnung<br />
Verlagsgarantie: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist beginnt an dem Tag, an<br />
dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von Art. 246a § 1<br />
Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die Bestellung zu<br />
widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten an: <strong>MOTORRAD</strong> Classic<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> Classic Aboservice · 7<strong>01</strong>38 Stuttgart Bitte Bestell-Nr. angeben
SZENE I<br />
Black Douglas Sterling<br />
Meine<br />
neue Alte<br />
Wer mit seiner Alten nicht mehr zufrieden ist, strebt nach einer Neuen.<br />
Doch die soll alt aussehen, ganz alt. Unmöglich? Keineswegs. Der Hersteller<br />
Black Douglas produziert neue Bikes im Look der 1920er-Jahre.<br />
Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich; Fotos: Remi Dargegen<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6<br />
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Das Typenschild verrät das Baujahr,<br />
der kleine Tacho reicht bis<br />
zu optimistischen 120 Meilen/h<br />
Schirmherrschaft inklusive: Das<br />
Utensil entlarvt den britischen<br />
Entwickler der Italienerin<br />
Die Trapezgabel versteckt sich<br />
hinter den antik wirkenden<br />
Scheinwerfer und Hupe<br />
Wer eine Sammlung<br />
von 35 Motorrädern<br />
besitzt, sollte glücklich<br />
und zufrieden<br />
sein und für jeden Bedarf ein Bike sein<br />
Eigen nennen. Sollte man meinen. Aber<br />
es kann auch den einfachen Wunsch nach<br />
einem 36. Motorrad wecken, einem ganz<br />
anderen Bike, das nicht stark, nicht schnell,<br />
nicht mal perfekt sein muss, sondern einfach<br />
nur den Kick und die Emo tionen vermitteln<br />
soll, die keines der anderen Zweiräder<br />
vermitteln kann. Und seien dies,<br />
wie im Falle des italienischen Unternehmers<br />
Fabio Cardoni, solche Kaliber wie<br />
KTM 1290 Super Duke, MV Agusta 1098<br />
Brutale oder Norton Commando.<br />
Geld spielte erst mal keine Rolle, das<br />
Unternehmen erwirtschaftet mit der Herstellung<br />
von industriellem Gartenbau<br />
Zubehör genug davon. Hilfe bei der Erfüllung<br />
seines Wunsches versprach sich<br />
Cardoni von einem Bekannten in England<br />
namens Benny Thomas, der dort unter<br />
dem Firmennamen Boneshaker Choppers<br />
hochkarätige Custombikes nach Kundenwünschen<br />
baut. Die Vorgabe lautete<br />
schlicht: Bau mir drei Motorräder, die toll<br />
aussehen und schon bei Bummeltempo<br />
ein einzigartiges Fahrgefühl vermitteln.<br />
Retro-Bikes erregen Aufsehen<br />
Benny baute, und heraus kamen drei ganz<br />
unterschiedliche Konzepte: Die Mark 1<br />
Sterling rollte im Vintage-Flat Tank-Styling<br />
daher und wurde von einem Nachbau<br />
des 125er-Honda-Einzylinders angetrieben.<br />
Nett, aber irgendwie nicht harmonisch<br />
in ihren Proportionen. Version zwei<br />
überraschte im Stil eines Trial-Motorrads<br />
der 1960er-Jahre, angetrieben von einem<br />
in Lizenz in China (von Zongshen) nachgebauten<br />
Honda-Motor mit 230 cm³. Dieser<br />
sorgt auch im dritten, hier gezeigten<br />
Retro-Klassiker für Vortrieb.<br />
Cardoni wollte die Bikes in Italien<br />
haben, um sie ausgiebig zu fahren und zu<br />
testen, welche ihm am meisten Spaß bringen<br />
würde. Den hatte er durchaus mit allen<br />
dreien, den allermeisten Spaß vermittelte<br />
jedoch die dritte Version, und weil er<br />
ständig von begeisterten Motorradfahrern<br />
angesprochen wurde, wo man solch ein<br />
Bike kaufen könne, kam der Geschäftsmann<br />
ins Grübeln. Warum nicht eine Kleinserie<br />
auflegen und das Bike in Serie produzieren?<br />
Fünf Prototypen mit unterschiedlicher<br />
Rahmendimensionierung später<br />
standen die Maße für das Chassis fest.<br />
Auf Hinterradfederung verzichtete man<br />
großzügig, auf nicht standesgemäße Verwendung<br />
von Kunststoffteilen erst recht.<br />
Zur authentischen Ausstattung gehören<br />
auch solche Dinge wie der große Scheinwerfer,<br />
der früher mal als Blech-Fischdose<br />
gedient haben könnte, eine standesgemäße<br />
Hupe und ein Schirmhalter nebst<br />
dazu passendem Schirm. Englische Konstrukteure<br />
denken an so etwas.<br />
Nach drei Jahren Tüfteln, Verbessern<br />
und Perfektionieren war man schließlich<br />
im März 2<strong>01</strong>5 so weit, die Homologationsprüfung<br />
beim deutschen TÜV zu riskieren.<br />
Der strengen deutschen Prüfung unterzog<br />
man sich bewusst, um Kritikern<br />
sowie eventuellen Vorwürfen der Marke<br />
„lieblos zusammengedengelte Retro-Kiste“<br />
den Wind aus den Segeln zu nehmen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 45
SZENE I<br />
Black Douglas Sterling<br />
Nach erfolgreicher Abnahme steht die<br />
250er nun mit zwei Jahren Garantie für<br />
9200 Euro zum Kauf bereit, eine bereits<br />
geplante 125er soll gar für „nur“ 8550<br />
Euro angeboten werden. Im Vergleich<br />
zu manch überteuerter Custombike-Konkurrenz<br />
durchaus okay, die anvisierte<br />
Produktion von 100 Exemplaren pro Jahr<br />
könnte realistisch sein.<br />
Die ersten 15 Bikes wurden bereits<br />
ausgeliefert, allesamt Unikate, denn angesichts<br />
von über 20 Lackvarianten und<br />
einer riesigen Auswahl an Lenkern, Tanks<br />
(das lang gestreckte, eckige Spritbehältnis<br />
bunkert nur neun Liter Benzin) und Anbauteilen<br />
dürfte sich kaum je ein Bike<br />
wieder holen. Schön ist sie ja zweifellos,<br />
die zum Großteil glänzend schwarz pulverbeschichtete<br />
Sterling. Hebel und Federn<br />
sind vernickelt.<br />
Wie viel Spaß macht sie denn nun<br />
beim Fahren? Das Platznehmen auf dem<br />
860 Millimeter hohen, handgemachten<br />
Ledersattel verlangt nach nicht allzu kurzen<br />
Haxen. Die Zündung einschalten (ein<br />
Griff nach links hinter das Bein), per E-<br />
Starter wird der Euro-3-konforme Vergasermotor<br />
zum Leben erweckt. Wer lieber<br />
standesgemäß kicken will – bitteschön.<br />
Abschalten und genießen<br />
Der gut 14 PS starke Single reißt erwartungsgemäß<br />
keine Bäume aus, aber darum<br />
ging es von Anfang an nicht. Stattdessen<br />
blubbert das Motörchen wohlig<br />
vor sich hin, am breiten Lenker hat der<br />
Fahrer die Black Douglas gut und bequem<br />
im Griff, ja sogar die Springergabel vorn<br />
vermittelt ausreichend Komfort. Das starre<br />
Heck kann in dieser Hinsicht nichts bieten.<br />
Die beiden kümmerlichen Trommelbremsen<br />
liefern auch mehr schlecht als<br />
recht so etwas wie Verzögerung, also<br />
besser vorausschauend fahren, das tolle<br />
Handling (trotz riesiger 21-Zoll-Räder) des<br />
trocken unter 100 Kilogramm leichten<br />
Schein- Oldies genießen und einfach abschalten<br />
und entspannen.<br />
Genau das war ja auch die ursprüngliche<br />
Intention von Fabio Cardoni. Manchmal<br />
ist halt doch erst das 36. Motorrad das<br />
richtige.<br />
◻<br />
Die Räumlichkeiten der Black Douglas-<br />
Schmiede üben sich angesichts der<br />
Stückzahlen noch in Bescheidenheit<br />
Manchmal braucht es ein „altes“ Motorrad<br />
um den Fahrspaß ganz neu zu erleben<br />
DATEN<br />
Black Douglas Sterling<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
eine obenliegende, kettengetriebene<br />
Nockenwelle, Kipphebel, zwei Ventile, Bohrung<br />
x Hub 67 x 65 mm, Verdichtung 8,7:1,<br />
Hubraum 229 cm³, Leistung 14,3 PS bei<br />
6000/min, E- und Kickstarter, Euro 3<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Stahlrohrrahmen, mittragender<br />
Motor, Trapezgabel mit Alotech-Dämpfer<br />
vorn, starre Hinterradführung, Speichenräder,<br />
Reifen vorn und hinten 3.00 x 21,<br />
180-mm-Trommelbremse vorn,<br />
170-mm-Trommelbremse hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand<br />
1500 mm, Leergewicht mit Öl,<br />
ohne Benzin 98 kg, Tankinhalt<br />
9 Liter<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit<br />
117 km/h<br />
Preis ohne MwSt.: 9200 Euro<br />
www.theblackdouglas.co.uk<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
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Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 7<strong>01</strong>62 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 93<strong>02</strong>. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid, Norbert Lehmann.<br />
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Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
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SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Die Tacho-Runduhr mit integrierter<br />
LCD-Multianzeige muss als Cockpit<br />
reichen. Serienmäßig<br />
tritt die<br />
Scrambler als Zweisitzer<br />
mit Gussrädern<br />
an (u.)<br />
Fotos: BMW<br />
Ungezähmt und wild<br />
Für alle, die es „pur und ursprünglich“ mögen, hat BMW jetzt<br />
sein viel gelobtes Modell R nineT in einen Scrambler verwandelt.<br />
Wildes Design ab Werk, für Fans des luftgekühlten Boxers.<br />
Das Schwestermodell der R nineT<br />
Roadster hat wie diese den von der<br />
letzten luftgekühlten R 1200 GS stammenden<br />
Boxer mit ebenfalls 110 PS, erfüllt aber<br />
dennoch die neue Euro 4-Abgasnorm. Beim<br />
Drehmoment hat der neu abgestimmte<br />
Boxer drei Newtonmeter verloren, was sicher<br />
verschmerzbar ist. Gänzlich neu ist das<br />
Fahrwerk der Scrambler mit herkömmlicher<br />
Telegabel unter Gummifaltenbälgen statt<br />
USD-Gabel und dem auf 19 Zoll angewachsenen<br />
Vorderrad. Die Kreuz speichenräder<br />
stammen ebenfalls von der letzten luftgekühlten<br />
GS und passen perfekt zum leichten<br />
Gelände-Look der Scrambler. Sie wird es nur<br />
gegen Aufpreis geben. Wer Wert auf maximal<br />
verwegenen Look legt, kann gleich<br />
noch grobstollige Metzeler Karoo-Reifen dazubestellen.<br />
Serienmäßig dagegen ist die<br />
Scrambler-typisch hoch gelegte Zwei-in-einsin-zwei-Auspuffanlage<br />
aus Edelstahl von<br />
Akrapovic. Eine Akustikklappe im Innern<br />
sorgt für passenden, kernigen Sound. Ebenfalls<br />
kernig-rustikal muten die grob gezahnten<br />
Fußrasten an, die Zinken verhindern ein<br />
Abrutschen der Stiefel beim Offroad-Einsatz.<br />
ABS ist selbstverständlich, einzig eine (aufpreispflichtige)<br />
Traktions kontrolle bietet<br />
BMW zusätzlich noch an. Der Preis der<br />
Scrambler steht noch nicht fest, wird aber<br />
unter den 15 000 Euro des Roadster-Modells<br />
liegen. In den Handel kommt sie erst im<br />
zweiten Halbjahr 2<strong>01</strong>6.<br />
Fotos: HB-Werbung<br />
AWO-und NSU-<br />
Kalender<br />
An die in der früheren DDR sehr<br />
beliebte AWO 425, deren Produktion<br />
vor 65 Jahren startete, erinnert ein<br />
Kalender der Chemnitzer HB-Werbung<br />
und Verlag GmbH. Historische Fotos<br />
präsentieren die 250er-Viertaktmaschine<br />
in ihren verschiedenen Ausführungen<br />
sowohl für den Straßenals<br />
auch den Rennbetrieb. Ähnlich ist<br />
ein Kalender über die Serien- und<br />
Rennmotorräder von NSU aus den<br />
50er-Jahren konzipiert. Hier sind auch<br />
Mopeds und Roller der Neckarsulmer<br />
Marke sowie die Weltrekordmaschinen<br />
von Wilhelm Herz und Hermann-Paul Müller zu sehen.<br />
Beide Kalender gibt’s im A3-Format für jeweils 15 Euro. Weitere<br />
Infos: Telefon 03 71/5 61 60-0 oder www.top-speed.info<br />
48 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6<br />
Foto: Loistl/Fischer<br />
Klassiker an der Wand<br />
Mit Hilfe des Wandkalenders „Faszination Enduroklassik“<br />
können Liebhaber des klassischen Motorrad-Geländesports<br />
ein Jahr lang in Erinnerungen schwelgen. Die farbenprächtigen<br />
Kalenderblätter im Format DIN-A3 zeigen zwölf<br />
Motive mit spektakulären Szenen aus verschiedenen Klassik-<br />
Wettbewerben der abgelaufenen Saison. Gedruckt wurde der<br />
auf 150 Stück limitierte Kalender mit Spiralbindung auf hochwertigem<br />
Papier. Er kostet<br />
14,95 Euro, zuzüglich<br />
fünf Euro Versandkosten.<br />
Bestellbar nur direkt<br />
unter www.enduroklassik.de
Über 40 Mopeds,<br />
frisiert oder original<br />
belassen, sind bei<br />
der Ausstellung zu<br />
bewundern<br />
Halbstarke auf zwei Rädern<br />
Fotos: Auto-und-Uhrenmuseum Schramberg<br />
<strong>CLASSIC</strong> IN BREMEN<br />
Vom 5. bis 7. Februar 2<strong>01</strong>6 dreht sich in den Bremer<br />
Messehallen wieder alles um unser liebstes<br />
Hobby. In Bremen haben Motorräder traditionell<br />
einen hohen Stellenwert, alleine 3000 Quadratmeter<br />
Ausstellungsfläche belegen Zweirad-Klassiker.<br />
Dazu gibt es eine Sonderschau zu den japanischen<br />
Anfängen in Halle eins. Auch <strong>MOTORRAD</strong> Classic<br />
ist diesmal mit von der Partie. Sie finden uns zusammen<br />
mit classic-analytics, den Experten für<br />
Marktbeobachtung, in Halle 6 am Stand 6B<strong>01</strong>.<br />
„Halbstark auf zwei Rädern – 50erle &<br />
Rock’n’Roll“ heißt die neue Sonderausstellung<br />
des Auto- und Uhrenmuseums<br />
in Schramberg vom 18. November 2<strong>01</strong>5<br />
bis 1. Mai 2<strong>01</strong>6. Deutschland war in den<br />
1950er-Jahren ein Land der Gegensätze<br />
zwischen Kriegstrümmern und Wirtschaftswunder.<br />
Zwischen Nierentischen und Spitzendecken<br />
entdeckte die Jugend in Westdeutschland<br />
ihre Vorliebe für Rock’n’Roll,<br />
amerikanische Filme und Verhaltensweisen.<br />
Schnell wurde den aufmüpfigen Jugendlichen<br />
die Bezeichnung „Halbstarke“ verpasst.<br />
Eine neue Zweiradklasse mit MOtor<br />
und PEDalen (Moped) wurde 1953 eingeführt.<br />
Stabiler und gefälliger als ein Fahrrad<br />
Eine Honda Monkey, 24 Karat vergoldet,<br />
ließ einst ein Scheich anfertigen<br />
mit Hilfsmotor und preiswerter als ein<br />
„richtiges“ Motorrad. Eben „halbstark“,<br />
so wie die Jugendlichen, die das Moped<br />
bald als ihr Lieblingsspielzeug entdeckten.<br />
In den Siebzigern schließlich gab sich eine<br />
ganze Generation von Jugendlichen dem<br />
Geschwindigkeitsrausch hin. Die technische<br />
Veränderung der Maschine wurde im<br />
Volksmund kurz „frisieren“ genannt.<br />
In der neuen Sonderausstellung führt das<br />
Auto- und Uhrenmuseum mit über 40<br />
Mopeds aus drei Jahrzehnten zurück zum<br />
Beginn der Massenmotorisierung der 50er<br />
bis in die 70er-Jahre und stellt die Jugend<br />
und ihre Mopeds dabei in den Mittelpunkt.<br />
www.auto-und-uhrenwelt.de<br />
Eine NSU Quickly Cavallino verströmte<br />
ab 1957 italienisches Flair<br />
EIN HERZ FÜR BOXER<br />
Dem Wunsch vieler Freunde der bayerischen<br />
Traditionsmarke entsprechend wird es in der<br />
Saison 2<strong>01</strong>6 den BMW-Markencup mit den<br />
klassischen Zweiventil-Boxermodellen geben.<br />
Wie aus dem Basis-Reglement ersichtlich,<br />
sind zwei Hubraumklassen ausgeschrieben:<br />
Boxer Cup Klasse 1, über 800 cm³, fahrtwindgekühlte<br />
Boxer-Motoren ab 1969 bis Mj.<br />
1983, (mit Serienkurbelwelle, 70,06 mm Hub<br />
und max. 1070 cm³); Klasse 2 bis 800 cm³,<br />
bis Mj. 1985. Damit<br />
wird den Liebhabern<br />
der einzig verbliebenen<br />
deutschen Motorradmarke<br />
eine<br />
Spielwiese geboten,<br />
sich rennsportmäßig<br />
zu engagieren. Vorgesehen<br />
sind acht<br />
Rennveranstaltungen<br />
mit mindestens zwei<br />
Trainingsläufen am<br />
Samstag und zwei<br />
Rennen am Sonntag<br />
im Rahmen der Klassik<br />
Trophy. www.<br />
klassik-motor<br />
sport.com<br />
Foto: klassik-motorsport<br />
TERMINE<br />
JANUAR<br />
23./24.1.: OLDTEMA Oldtimer- und Teilemarkt<br />
auf dem Messegelände; 99094 Erfurt,<br />
Tel. 0361/653499, www.oldtema.de<br />
FEBRUAR<br />
5.-7.2.: Bremen Classic Motorshow auf<br />
dem Messegelände; 28209 Bremen, Tel.<br />
0421/3505525, www.classicmotorshow.de<br />
MÄRZ<br />
17.-20.3.: RETRO <strong>CLASSIC</strong>S; Messe Stuttgart,<br />
7<strong>01</strong>92 Stuttgart, Tel. 0711/18560-2663,<br />
www.retro-classics.de<br />
APRIL<br />
1.-3.4.: VETERAMA am Hockenheimring;<br />
68754 Hockenheim, Tel. 0 62 03/1 35 07,<br />
www.veterama.de<br />
6.-10.4.: 28. Techno-Classica Essen<br />
auf dem Messegelände; 45131 Essen,<br />
Tel. <strong>02</strong>407/173 00, www.siha.de<br />
MAI<br />
7.5.: 21. Internationale Weinrallye für<br />
Motorräder bis Bj. 58; 76829 Landau,<br />
www.ac-maikammer.de<br />
7./8.5.: 5. Brazzeltag – Das Museum lebt,<br />
am Technik Museum; 67346 Speyer,<br />
Tel. 0 62 32/67 08 68, www.brazzeltag.de<br />
7./8.5.: Technorama, Oldtimer- & Teilemarkt;<br />
Messegelände Ulm, 89073 Ulm,<br />
Tel. 0 731/18 96 80, www.technorama.de<br />
JUNI<br />
3.-5.6.: 9. Klassikwelt Bodensee auf dem<br />
Messegelände; 88046 Friedrichshafen,<br />
Tel. 0 75 41/7 08-3 65,<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
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prämierte den Bullet 1000 mit der<br />
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Sportbikes. Das Ergebnis: ein kompakter Helm, perfekt ausbalanciert,<br />
leicht und mit sinnvollen Details, die dem Fahrer mehr Bewegungsfreiheit<br />
und einen optimalen Blickwinkel bieten.<br />
Die Details:<br />
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• durchdachtes Be- und Entlüftungssystem<br />
• HydraDry®-Ausstattung<br />
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Visier mit Prolock®<br />
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Windabweiser<br />
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schon auf dem Papier schnell<br />
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HC 1 ist ein Geschenk, das glücklich macht. Der<br />
radiale Geberzylinder verbessert die Performance<br />
eines Motorrads spürbar. Druckpunktwandern<br />
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Kupplung (12 mm Mineralöl, 13 mm Mineralöl +<br />
DOT, 16 mm DOT) erhältlich<br />
Empfohlener Verkaufspreis: 309,95 Euro<br />
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Touratech Aktuell<br />
Vielseitiger Begleiter:<br />
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Ein vollwertiger Freizeitrucksack<br />
speziell für Motorradfahrer: Das ist<br />
der ZEGApack von TOURATECH.<br />
Getragen als Rucksack bieten<br />
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und 14 Liter<br />
Stauraum reichlich Platz. Reflektorflächen<br />
und eine leuchtend gelbe<br />
Regenhaube sorgen für zusätzliche<br />
Sicherheit. Das für Motorradfahrer<br />
optimierte Deuter-Airstripes-Tragesystem<br />
kann vollständig „verschwinden“.<br />
Derart befreit von flatternden<br />
Gurten und Bändern kann der<br />
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auf jedem ZEGA-oder BMW-Adventure<br />
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Preis: 99,90 Euro<br />
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Multitalent:<br />
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die leicht erreichbar sein sollen, z.B. Regenjacken, Werkzeug oder<br />
ähnliches. Durch die eingearbeiteten Gurte lässt sich der Inhalt sicher<br />
befestigen, das Volumen kann durch einen Reißverschluss verdoppelt<br />
werden. Eine Seitentasche und ein kleines Gepäcknetz machen die<br />
Tasche zum Multitalent. Sie lässt sich universal auf Alu-Koffern montieren<br />
und passt außerdem auf viele Gepäckbrücken diverser Enduros.<br />
Maße: (B x T x H): 35 x 18 x 15/25 cm.<br />
Preis: 99,90 Euro<br />
Erhältlich unter www.touratech.de<br />
Nicht nur für Rallye-Fans:<br />
AVENTURO Carbon<br />
jetzt im offiziellen Dakar TM -Design<br />
Bald geht sie wieder los: Die Dakar-Rally, die vom 2. bis 16. Januar<br />
2<strong>01</strong>6 durch Argentinien und Bolivien führt.<br />
Passend dazu gibt es jetzt den AVENTURO Carbon-Helm von<br />
Touratech in offiziell lizenziertem DakarTM-Design – ein Hingucker<br />
nicht nur für Rallye-Fans!<br />
Der AVENTURO Carbon ist speziell für die Ansprüche echter<br />
Entdecker entwickelt. Reale Fernreise-<br />
Erfahrungen bilden die Basis<br />
für die Kombination von<br />
Offroad-Genen mit<br />
absoluter Straßentauglichkeit.<br />
Dadurch<br />
ist der Helm luftig im<br />
Gelände, aerodynamisch<br />
auf der Straße und<br />
äußerst anpassungsfähig<br />
im gemischten Einsatz.<br />
Erhältlich in sechs Größen<br />
von XS bis XXL unter<br />
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Preis: 549,00 Euro<br />
Touratech Adventure:<br />
Der Rucksack für<br />
Motorradfahrer<br />
In Zusammenarbeit mit dem Rucksackspezialisten DEUTER hat<br />
Touratech einen Rucksack entwickelt, der nahezu alle Anforderungen<br />
von Abenteuerreisenden erfüllt. Die<br />
spezielle Form, eine innovative Ausstattung<br />
und das erstklassige Deuter-<br />
Airstripes-Trägersystem garantieren<br />
einen perfekten Sitz. Das Hängenbleiben<br />
an den Protektoren der<br />
Motorradjacke gehört mit dem<br />
Touratech Adventure-Rucksack<br />
ein für allemal der Vergangenheit<br />
an. Egal, ob auf dem<br />
Motorrad, dem Fahrrad, beim<br />
Wandern oder in der Stadt<br />
– der Touratech Adventure-<br />
Rucksack ist immer der<br />
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BMW-Motorrädern vorkommen, sind eine<br />
recht seltene Spezies und erfordern spezielles<br />
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Cruz Tools beinhaltet alles, was der BMW-Fahrer<br />
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Rolltasche. Das hochwertige Werkzeugset wird<br />
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Linien und hochwertigste Ausführung auszeichnet. Die Steppungen<br />
auf den Schulterpartien sowie die dezenten, abgesetzten Biesen an<br />
Kragen und Arm-Unterseiten in Kombination mit dem feinen Rindsnappaleder<br />
machen diese Jacke zum absoluten Hingucker. Wo immer<br />
du auftauchst, mit ELIOTT kannst du dich sehen lassen. ELIOTT ist<br />
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Köln<br />
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Karte: Claudia Werel<br />
Kassel<br />
Frankfurt<br />
Nürnberg<br />
Stuttgart<br />
Tübingen<br />
München<br />
Am Technik Museum 1<br />
E-Mail: speyer@technik-museum.de<br />
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Mi – Fr 10.00 – 12.00 & 14.00 – 17.00 Uhr<br />
Sa, So und Feiertag 10.00 – 17.00 Uhr<br />
Gruppen nach Vereinbarung<br />
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Kinder 6-9 Jahre: 3,- € · Kinder 10 – 14: 5,50 €<br />
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Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> Classic veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen<br />
mit den Experten von classic-analytics<br />
erstellt haben. In dieser Ausgabe haben<br />
wir über 450 Modelle der Baujahre 1970<br />
bis 1990 unter die Lupe genommen. Um<br />
ein noch besseres Gefühl für den Klassiker-Markt<br />
zu vermitteln, geben wir darüber<br />
hinaus die ehemaligen Neupreise des<br />
letzten Modelljahres in D-Mark an.<br />
Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />
Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />
Originalzustand befinden und nur<br />
kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Verbrauchte Kräder mit deutlichen<br />
Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit<br />
bekommen dagegen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Sie stellen eine brauchbare<br />
Restaurierungsbasis dar.<br />
Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
auch mal deutlich überschritten werden<br />
können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />
oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />
einen entsprechenden Nachlass.<br />
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eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />
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Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
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354/Sport 7610 1979-84 28/38 3900 1300 R 65 9850* 1985-93 20/27 3000 900<br />
500 Quattro 5995 1974-80 32/44 5900 1600 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3400 1000<br />
650 Tornado 6295 1968-75 33/45 7500 2200 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4100 1500<br />
650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 4600 1500 R 75/5 4996 1969-73 37/50 6200 2300<br />
750 Sei 9820 1973-77 55/75 10 900 4000 R 75/6 7110 1973-76 37/50 6100 2200<br />
900 Sei 10 500 1978-89 59/80 9900 3800 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5300 1800<br />
BIMOTA<br />
K 75 13 350 1986-96 55/75 3200 800<br />
KB 1 24 130 1978-82 63/85 13 500 5900 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3400 900<br />
YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 13 900 6000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 5500 1800<br />
YB 6 34 980 1988-89 103/140 11 500 3800 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5700 1900<br />
BMW<br />
R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 4600 1600<br />
R 45 7690 1978-85 20/27 2800 800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3300 1000<br />
R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 1900 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 4400 1400<br />
R 60/5 3996 1969-73 30/40 5800 2000 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 4000 1300<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: September 2<strong>01</strong>5<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
R 90/6 7110 1973-76 44/60 6500 2400<br />
R 90 S 9130 1973-76 49/67 9500 3300<br />
R 100/7 8590 1976-78 44/60 4000 1400<br />
R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4100 1500<br />
R 100 S 10 190 1976-78 48/65 4800 1600<br />
R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6000 2000<br />
R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 5300 1800<br />
R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 4300 1600<br />
R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 5100 1800<br />
R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5800 1900<br />
R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 5300 1900<br />
K 100 15 900 1983-90 66/90 3200 900<br />
K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3600 1000<br />
K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 3500 1000<br />
K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 3700 1000<br />
K 1 21 000 1988-93 74/100 5600 2100<br />
BSA<br />
B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />
A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 6100 2600<br />
A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 6500 2800<br />
Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 9400 4300<br />
CAGIVA<br />
SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />
T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />
Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />
Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />
Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />
DUCATI<br />
250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4500 2200<br />
350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5500 2700<br />
350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7500 3000<br />
350 GTV 6<strong>02</strong>0 1975-80 17/24 3300 1100<br />
450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7100 3500<br />
500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 3600 1200<br />
500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 4600 1900<br />
600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 5200 2000<br />
750 F1 18 499 1985-87 59/80 14 200 7000<br />
750 Paso 13 990 1986-90 54/73 4000 1400<br />
750 GT 6495 1971-74 44/60 16 000 7000<br />
750 S 8000 1972-74 47/64 19 200 8800<br />
750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 45 000 20 000<br />
750 SS (eckig) 11 580 1975-77 50/68 30 000 12 500<br />
851 S 29 990 1988-89 75/1<strong>02</strong> 6200 2800<br />
860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 7200 2500<br />
900 SS 12 <strong>02</strong>8 1975-82 53/72 26 000 12 000<br />
Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 8500 4200<br />
Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 8800 4300<br />
900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11 500 5600<br />
900 S2 12 361 1983-84 48/65 8500 4200<br />
906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3400 1000<br />
1000 Hailwoood Repl. 15 990 1985-86 56/76 11 100 5400<br />
1000 S2 15 990 1985-86 56/76 10 500 5200<br />
ENFIELD INDIA<br />
Bullet 350 4990* 1955 13/17 4100 1500<br />
GILERA<br />
500 Saturno 11 500 1988-91 28/38 7200 2100<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
XL 883 Sportster 12 190 1986-95 37/50 5700 2100<br />
XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10 500 4800<br />
XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />
XLCR 1000 11 980 1977-78 44/60 15 700 8200<br />
XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16 700 8800<br />
XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />
FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12 800 7100<br />
FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12 300 6900<br />
FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12 300 6900<br />
XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />
FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12 300 6800<br />
FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 11 000 5000<br />
FXE/R 1340 Super Glide 21 180 1982-94 33/45 11 000 4900<br />
FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11 300 5300<br />
FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13 300 7300<br />
FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13 300 7300<br />
HERCULES<br />
K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2000 800<br />
HONDA<br />
CB 125 2098 1970-76 10/13 2200 600<br />
CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 1900 400<br />
CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 300<br />
XL 125 2658 1976-79 10/13 1800 400<br />
CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />
XL 185 S 3708 1979-82 12/16 1800 500<br />
CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />
MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1400 300<br />
XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1600 400<br />
CB 250 3048 1968-73 22/30 3100 1100<br />
CB 250 N 4840 1978-84 13/17 1400 400<br />
CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1600 500<br />
CB 250 T 3878 1977-78 20/27 1500 400<br />
CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2000 600<br />
CL 250 3<strong>01</strong>7 1968-72 22/30 3900 1100<br />
CL 250 S 4328 1982-84 13/17 2500 800<br />
CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1200 400<br />
NX 250 7080 1988-94 19/26 1700 500<br />
XL 250 3818 1974-78 15/20 2200 700<br />
XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1800 600<br />
XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1500 500<br />
CB 350 3548 1968-74 26/36 3600 1200<br />
CB 350 F 4298 1972-74 25/34 3500 1200<br />
XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1700 500<br />
CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 2200 600<br />
CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3000 1000<br />
CB 400 N 5148 1978-83 32/43 1600 400<br />
CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 1900 500<br />
CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />
NS 400 R 10 128 1984-86 53/72 5600 2200<br />
CB 450 4248 1965-74 33/45 4600 1500<br />
CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1300 300<br />
CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1300 300<br />
CL 450 4248 1968-72 32/43 5400 1800<br />
CB 500 F 6328 1972-77 35/48 3600 1200<br />
CB 500 T 5<strong>01</strong>8 1975-77 31/42 3000 1000<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 63
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
CX 500 6753 1978-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2000 500<br />
CX 500 C 6753 1980-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 4700 1600<br />
FT 500 4699 1982-84 20/27 1800 400<br />
GL 500 7873 1982-85 37/50 2800 700<br />
VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 1600 400<br />
VT 500 E 7900 1983-88 37/50 1900 500<br />
VT 500 C 7793 1983-88 37/50 1900 500<br />
XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1800 500<br />
XL 500 S 5370 1979-82 20/27 2200 600<br />
XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2000 500<br />
CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 3600 1200<br />
CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 1800 500<br />
CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 2100 700<br />
XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />
XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />
XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />
XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />
VT 600 C Shadow 9930 1988 30/41 3600 1300<br />
CB 650 6972 1979-83 46/63 2100 600<br />
CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 2100 600<br />
CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 2200 600<br />
CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2600 600<br />
CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2400 600<br />
CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5800 2000<br />
GL 650 8814 1983-85 48/65 3400 800<br />
NTV 650 10 145 1988-98 44/60 1900 500<br />
NX 650 Dominator 9395 1988 33/45 2200 800<br />
XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3900 1100<br />
CB 750 7368 1969-78 46/63 11 800 5600<br />
CB 750 C 8613 1980-83 57/77 2500 800<br />
CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5500 1500<br />
CB 750 K 8613 1978-84 57/77 3200 800<br />
CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 3500 1100<br />
CBX 750 F 10 138 1984-86 67/91 2600 700<br />
VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2200 600<br />
VF 750 C 9173 1982-84 60/82 2600 700<br />
VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2400 600<br />
VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3000 800<br />
VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3000 800<br />
VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18 600 12 300<br />
VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />
XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />
CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 3900 1300<br />
CB 900 F2 11 573 1981-84 70/95 4500 1300<br />
CBR 1000 F 16 495 1987-<strong>02</strong> 74/100 3100 1000<br />
CBX 11 262 1978-81 74/100 8000 3500<br />
CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 7500 3300<br />
GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 6000 3300<br />
VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 3800 800<br />
VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />
CB 1100 F 11 643 1982-85 74/100 5200 1800<br />
CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 7300 2500<br />
GL 1100 Gold Wing 11 327 1980-83 61/83 5400 2900<br />
VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: September 2<strong>01</strong>5<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />
GL 1200 18 978 1984-87 69/94 6900 3100<br />
GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />
JAWA<br />
250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />
250 California 2190 1969-74 12/16 3000 1000<br />
350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2200 500<br />
350 California 2790 1969-74 17/23 3300 1100<br />
KAWASAKI<br />
KH 125 2798 1977-81 7/10 1100 400<br />
KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />
KMX 200 5490 1988-90 13/17 1500 400<br />
Z 200 2900 1977-79 13/17 1500 400<br />
250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3500 1300<br />
EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />
GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />
KL 250 3530 1977-84 13/17 1200 300<br />
KLR 250 6060 1984-92 13/17 1500 500<br />
Z 250/A 4480 1978-83 20/27 2200 700<br />
Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />
Z 250 Ltd 3980 1980-83 13/17 1600 400<br />
GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />
350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 4300 1500<br />
KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />
GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />
Z 400 4<strong>02</strong>0 1974-79 20/27 2500 700<br />
Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />
Z 440 5110 1980-84 20/27 2300 700<br />
Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 2200 700<br />
Ltd 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />
500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />
GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />
GPZ 550 7940 1981-90 48/65 1900 600<br />
Z 500 6218 1979-80 37/50 2300 800<br />
Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 1800 500<br />
Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />
GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />
GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />
KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />
ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />
KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />
Z 650/F 7000 1976-83 50/67 2300 800<br />
Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2400 900<br />
750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3000<br />
GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2600 800<br />
GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2200 600<br />
GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2400 700<br />
VN 750 10 690 1986-90 48/65 3300 1000<br />
Z 750 6500 1976-79 38/51 5000 1800<br />
Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 4500 1600<br />
Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 2400 600<br />
Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 2600 600<br />
Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1800<br />
ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2600 800<br />
900 Z1 8500 1972-75 60/82 8500 2400<br />
GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3300 900<br />
GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3100 700<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2900 700<br />
Z 1000 9100 1977-79 63/85 7200 2400<br />
Z 1 R 9800 1978-80 66/90 4700 1800<br />
Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 5800 1900<br />
Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3900 1400<br />
Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 4800 1500<br />
Z 1000 R k. a.* 1983 74/100 6100 1800<br />
Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 900<br />
ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 3100 900<br />
ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2900 800<br />
GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3200 800<br />
Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />
Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />
VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />
LAVERDA<br />
500 6860 1976-80 33/45 7000 2900<br />
500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />
750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />
750 SF 6800 1971-73 45/61 9500 4000<br />
750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />
750 SFC 10 500 1971-78 55/75 28 000 9700<br />
1000/3C 9600 1973-75 57/78 6500 2500<br />
1000 3CL 9995 1976-80 57/78 6800 2600<br />
1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 7500 3000<br />
1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 9000 3500<br />
1000 SFC 16 970 1985 70/95 9100 3500<br />
1200 TS 11 748 1978-82 63/86 7000 3600<br />
MOTO GUZZI<br />
V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />
Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />
V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1500<br />
V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3700 1500<br />
V 65/II 7888 1981-87 37/50 3600 1600<br />
V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 5900 2900<br />
V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9500 3500<br />
750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />
850 LeMans 10 560 1976-78 52/70 8500 4000<br />
850 LeMans II 11 350 1979-80 54/74 6300 3000<br />
850 LeMans III 12 220 1981-84 56/76 5800 2700<br />
850 T 7160 1974-75 42/57 6000 2500<br />
850 T3 9200 1975-80 43/59 5000 2000<br />
850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 5800 2400<br />
850 T4 10 550 1980-83 43/59 4200 1600<br />
850 T5 10 550 1983-88 49/67 4400 1700<br />
V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />
V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10 400 5200<br />
V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 5000 1800<br />
1000 California II 13 490 1981-87 49/67 6500 2500<br />
1000 California III 14 880 1987-92 49/67 4500 1600<br />
1000 SP 11 850 1978-84 45/61 5800 2400<br />
1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />
1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />
1000 G5 10 400 1978-85 45/61 5000 1900<br />
1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />
1000 LeMans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />
1000 LeMans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
MOTO MORINI<br />
125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />
250 T 3960 1977-80 13/17 2600 1100<br />
250 J 4995 1980-85 17/23 2800 1200<br />
3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />
3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />
Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />
500 T/S 7040 1978-81 30/41 5500 2200<br />
500 Sei 7985 1982-85 30/41 7000 3000<br />
MV AGUSTA<br />
125 Sport 3135 1975-77 9/12 4500 2000<br />
350/Sport 5252 1970-79 20/27 6500 2500<br />
750 GT 14 250 1970-75 56/76 43 500 28 600<br />
750 S 14 250 1970-75 56/76 47 000 30 200<br />
750 SS 16 500 1975-77 56/76 46 300 29 800<br />
800 S America 15 384 1977-80 60/82 35 300 19 200<br />
900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38 100 23 500<br />
Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 75 000 50 000<br />
GP 1100 32 400 1979-82 88/119 70 000 0<br />
MZ<br />
ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />
TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 400<br />
ETS 150 1598 1969-73 9/12 2300 700<br />
ETZ 150 k. a.** 1985-91 9/12 1100 200<br />
ES 250/2 3<strong>01</strong>5 1967-73 14/19 2300 900<br />
ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />
TS 250 2490 1973-76 14/19 1800 600<br />
TS 250/1 2490 1976-81 13/17 1700 500<br />
ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1500 500<br />
NORTON<br />
Commando 750 5900 1967-74 44/60 8000 3900<br />
Commando 850 6800 1973-77 37/51 7500 3600<br />
SUZUKI<br />
GP 125 3031 1978-81 7/10 1300 400<br />
GT 125 20 870 1974-78 10/13 1900 700<br />
RV 125 3522 1977-81 6/8 1600 500<br />
GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />
GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />
DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />
GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />
GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 1600 500<br />
GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />
RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 900<br />
RGV 250 9590 1988-93 43/58 4200 1100<br />
TS 250 4461 1972-81 13/17 1600 600<br />
TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />
SP 370 4590 1978-80 20/27 2000 700<br />
GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />
DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />
GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />
GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 700<br />
GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />
GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />
GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />
DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />
GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 65
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
GS 500 E 6850 1988 34/46 2000 800<br />
GT 500 4870 1976-77 28/38 2900 1300<br />
RG 500 12 184 1984-89 70/95 11 500 3200<br />
GS 550 E 7<strong>01</strong>1 1977-84 36/49 2200 800<br />
GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 1900 500<br />
GSX 550 6999 1982-88 37/50 1900 500<br />
GT 550 5420 1972-77 35/48 3000 1100<br />
DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />
GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />
GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2200 500<br />
LS 650 Savage 7590 1986 20/27 2400 700<br />
DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />
VS 750 11 250 1986-91 37/50 2700 900<br />
GS 750 7190 1976-80 46/63 2600 900<br />
GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />
GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />
GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />
GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 3900 1700<br />
GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 3400 1100<br />
GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />
GT 750 6900 1972-76 51/70 5700 2000<br />
GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 800<br />
GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3300 1200<br />
GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1100<br />
GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 5000 2000<br />
GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 4500 1700<br />
GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 2500 600<br />
GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />
GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />
VS 1400 15 030 1987-03 49/67 6000 3000<br />
RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 8500 3500<br />
TRIUMPH<br />
Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />
Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />
Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />
Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />
YAMAHA<br />
DT 125 E 3120 1973-81 7/10 1600 600<br />
RD 125 2585 1974-76 13/17 1200 400<br />
RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />
DT 175 MX 3483 1977-80 11/15 1400 400<br />
RD 200 3523 1975-80 13/17 1400 400<br />
DS 7 3245 1971-73 22/30 2100 600<br />
DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />
DT 250 MX 4283 1977-80 12/16 2000 700<br />
RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />
SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />
RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />
TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />
TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />
XS 250 4193 1978-80 13/17 1500 400<br />
XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />
RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />
RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2900 800<br />
RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />
XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />
XS 360 3952 1976-78 20/27 1500 500<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: September 2<strong>01</strong>5<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 3500 1000<br />
RD 400 4640 1976-80 32/43 2400 800<br />
XS 400 4868 1978-82 20/27 1600 500<br />
XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1600 500<br />
XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />
RD 500 12 070 1984-89 65/88 9500 3400<br />
SR 500 6160 1978-99 20/27 3000 800<br />
XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />
XT 500 6610 1976-90 20/27 4400 1600<br />
XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />
XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />
XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 500<br />
XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />
XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />
FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />
SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />
XJ 600 8900 1984-91 53/73 3200 1100<br />
XT 600 8<strong>02</strong>5 1984-90 33/45 1900 400<br />
XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />
XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />
XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4200 1900<br />
XS 650 6505 1975-83 37/50 3100 900<br />
XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3000 900<br />
FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2400 500<br />
FZX 750 Fazer 11 325 1987-89 69/94 2400 700<br />
FZR 750 R OW-<strong>01</strong> 37 100 1987-90 74/100 13 700 9200<br />
TX 750 5995 1972-74 46/63 4000 1200<br />
XS 750 7318 1976-80 54/74 3500 1100<br />
XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />
XTZ 750 Super Ténéré 11 980 1987-96 51/69 2800 1000<br />
XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />
XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 1700 700<br />
XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />
XS 850 7915 1980-82 58/79 3500 1100<br />
XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />
XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />
TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />
FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />
XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />
XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />
XS 1100 10 498 1978-83 70/95 5000 1800<br />
XS 1.1 Sport 11 178 1981-83 70/95 4500 1600<br />
FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />
FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />
V-Max k. a.** 1984-<strong>02</strong> 107/145 4900 2000<br />
XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 5800 2500<br />
XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />
ZÜNDAPP<br />
KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2700 1000<br />
KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3000 1100<br />
VORSCHAU<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Klassiker vor 1970<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
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schlecht<br />
66 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
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LESERBRIEFE<br />
Der selbst gebaute Halter von Frank Lutz<br />
Michael Elisats Magni machte viele Probleme<br />
Colani kommt nicht immer gut an<br />
Die VT 500 von Jürgen Berger<br />
KONTAKT<br />
Foto: Berger<br />
Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />
Name und Wohnort an.<br />
Fragen und Post an die Redaktion:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> Classic,<br />
Stichwort Leserbriefe, 7<strong>01</strong>62 Stuttgart,<br />
Fax 07 11/1 82-17 81<br />
E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />
Foto: Reinwald<br />
Foto: Lutz<br />
Foto: Wolf<br />
Gut gemischt<br />
Zwei Leser haben noch einige wertvolle<br />
Tipps zur Vergaser-Thematik.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 12/2<strong>01</strong>5<br />
Liebe <strong>MOTORRAD</strong> Classic-Redaktion, ein<br />
großes Lob für diesen gut recherchierten<br />
und kompetenten Artikel. Einen kleinen,<br />
aber gemeinen Fehler hätte ich noch<br />
zu ergänzen, nämlich falsch verlegte<br />
oder verstopfte Belüftungsschläuche der<br />
Schwimmerkammer(n). Oft bleiben sie ja<br />
beim Abbauen der Vergaser ungeprüft an<br />
der Maschine. Ist ein Schlauch verstopft,<br />
kann in der Schwimmerkammer bei laufendem<br />
Motor kein Druckausgleich erfolgen,<br />
es entsteht Unterdruck durch das<br />
angesaugte Benzin. Da sich der Druck im<br />
Schwimmer aber nicht ändert, schließt er<br />
früher und bleibt länger geschlossen als<br />
eigentlich eingestellt. So kommt es zur<br />
Gemischabmagerung, besonders bei hohen<br />
Drehzahlen. Wird der heiße Motor<br />
abgestellt, entsteht durch die Erwärmung<br />
in der Schwimmerkammer ein Überdruck,<br />
der nicht entweichen kann, und der<br />
Schwimmer schließt verspätet. Benzin<br />
kann dann in den Ansaugtrakt laufen<br />
und zu Warmstartproblemen führen. Zur<br />
Dichtigkeitsüberprüfung am Ansaugtrakt<br />
(das sollte man ja laut Berufsgenossenschaft<br />
nicht mit brennbaren Materialien<br />
machen) eignet sich auch hervorragend ein<br />
kleiner Brenner mit Propangas (natürlich<br />
nicht anzünden!). Der gleiche Effekt wie<br />
mit Startpilot oder Bremsenreiniger, aber<br />
besser dosierbar und ohne Verschmutzung<br />
des Motors. Die Arbeit an den ausgebauten<br />
Vergasern kann man sich mit<br />
einer Halterung erleichtern (siehe Foto).<br />
Ich habe sie mit wenigen Handgriffen aus<br />
Aluprofilen und ausrangierten Ansaugstutzen<br />
gebaut. Sie ist in jedem Winkel<br />
arretierbar und gut zur Dichtigkeitsüberprüfung<br />
oder zur Kontrolle des Schwimmerstands<br />
geeignet. Ein Reservekanister<br />
mit Benzinhahn übernimmt dann die Rolle<br />
des Tanks. Viele Grüße<br />
Frank Lutz, Sand<br />
Sehr geehrte Redaktion, auch diesmal<br />
wieder ein fundierter Beitrag von Herrn<br />
Schoch für Besitzer älterer Fahrzeuge,<br />
speziell mit Keihin-Vergasern bei japanischen<br />
Motorrädern. Dazu ein Nachtrag<br />
aus meiner Erfahrung mit GPZ 900 R, einem<br />
Umbau einer ER 5 und anderen Kawasakis:<br />
Die Düsennadeln haben am zylindrischen<br />
Ende, also „oben“, eine Buchstaben-/Zahlenkennung<br />
eingraviert. Diese<br />
gilt es beim Nachkauf unbedingt zu beachten.<br />
Die Oberflächen der verschiedenen<br />
Nadeln sind auch qualitativ unterschiedlich<br />
geschliffen. Bei gleicher Länge<br />
ergeben sich Unterschiede im Durchmesser<br />
im Bereich des konischen Schliffs bis<br />
zu 15 Hundertstel beim Übergang in den<br />
zylindrischen Teil. Das ist so nicht ohne<br />
Weiteres sichtbar. Den genannten Unterschied<br />
habe ich bei Vergleichsmessungen<br />
mit der Mikroschraube im Abstand von<br />
jeweils fünf Millimetern herausgefunden.<br />
Zum Schieber: Da dieser mit Membran<br />
mit zirka 130 Euro zu Buche schlägt, lohnt<br />
eventuell eine Reparatur. Die Pressung<br />
von Schieber, Membran und Bördelung<br />
kann minimal Luft haben. Diese radiale<br />
Bewegung ist allerdings kaum zu spüren,<br />
wenn man die beiden Teile gegeneinander<br />
verdreht. Sie führt aber dazu, dass<br />
ein Vierzylindermotor im Stand mit drei<br />
Zylindern schlecht läuft. Gibt man richtig<br />
Gas, laufen jedoch alle vier Zylinder<br />
scheinbar „normal“. Abhilfe: Den Schieber<br />
mit so einem Defekt mit der Nadelseite,<br />
aber ohne Nadel, auf ein Stück Holz<br />
auflegen und die Bördelung mit einem<br />
geeigneten Werkzeug und vorsichtigen<br />
Hammerschlägen nachsetzen, beispielsweise<br />
mit einer 13er- oder Dreiachtel-<br />
Nuss. Fazit: Bei einem Defekt an der<br />
Membran muss es nicht immer ein sichtbarer<br />
Riss sein! Noch ein Tipp: Immer die<br />
Membran im Benzinhahn auf Aushärtung,<br />
Risse und Beweglichkeit kontrollieren.<br />
Auch diese Membran leidet im Laufe des<br />
langen Lebens eines japanischen Motorrads.<br />
Freundliche Schraubergrüße<br />
Joachim Schulz, Berlin<br />
Magni-Mangel<br />
Leser Elisat hatte mit seiner Magni<br />
MH2 nicht so viel Freude wie wir.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 11/2<strong>01</strong>5<br />
Liebe Classic-Freunde, zu Ihrem Artikel<br />
über die Magni-Honda MH2 kann ich aus<br />
eigener Erfahrung etwas beisteuern. Wer<br />
sich damals auf einer CB 900 F Bol d’Or<br />
durch die Gegend bewegte, musste sich<br />
mit schlagendem Lenker bei 80 km/h und<br />
schwammigem Fahrverhalten mit Pendeln<br />
der ganzen Fuhre in schnellen Kurven<br />
wegen des unpräzisen Fahrwerks<br />
herumschlagen. Auch Nadellager in der<br />
Schwingenlagerung, Konis, Gabelstabi<br />
und andere Lenkkopflager brachten nicht<br />
viel. Da kam der MH2-Kit gerade recht.<br />
Also den Motor, der wirklich Klasse ist,<br />
und andere notwendige Teile in das neue<br />
Fahrwerk verpflanzt, schon konnte dem<br />
Kurvenglück und stabilem Fahrverhalten<br />
nichts mehr im Wege stehen. Dachte man.<br />
In Wirklichkeit war das Fahrverhalten<br />
noch schlechter als mit der Serien-Honda.<br />
Nicht nur bei mir, sondern auch bei meinem<br />
Freund, der mit seiner MH2 Zuvis bestreiten<br />
wollte. Nach langem Hin und Her<br />
mit dem Importeur Schneider und Hansen<br />
erreichte mich dann ein Päckchen mit<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6<br />
www.motorrad-classic.de
vier Knotenblechen und einem Stück<br />
Präzisionsrohr, die nachträglich noch hart<br />
einzulöten seien. Auch längere Standrohre<br />
wurden empfohlen, damit man nicht<br />
dauernd mit der schönen, aber sauschweren<br />
Termignoni-Auspuffanlage aufsetzt.<br />
War aber trotzdem unbefriedigend, besonders<br />
die Forcella Italia-Gabel taugte<br />
eigentlich nichts. Eine nach kurzer Zeit<br />
undichte Tanknaht war dabei eher nebensächlich.<br />
Ich habe schließlich die Gabel<br />
von der Bol d’Or F2 (SC 09), CBX-Federbeine<br />
und die Originalauspuffanlage<br />
montiert. Ab da hatte ich dann mit dem<br />
Motorrad viel Freude. Rückblickend aber<br />
waren die geweckten Erwartungen und<br />
die tatsächlichen Ergebnisse schon eine<br />
Zumutung. Von daher gibt es zum Thema<br />
MH2 wenig Verklärendes zu sagen.<br />
Michael Elisat, Braunschweig<br />
Scheußlichkeiten<br />
Thomas Weise graust sich vor Colanis<br />
Verschalung der Hercules Wankel.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 11/2<strong>01</strong>5<br />
Beim Lesen Eures wundervollen Berichts<br />
über die Hercules Wankel bin ich beim<br />
Aufschlagen der Seite 84 fast vom Stuhl<br />
gekippt. Obwohl ich in den 1970er-Jahren<br />
regelmäßiger Leser von Das <strong>MOTORRAD</strong><br />
war, ist mir diese Verkleidung aus dem<br />
Hause Colani bisher doch irgendwie entgangen.<br />
Von all den unpraktischen<br />
Scheußlichkeiten, die das Labor dieses<br />
Künstlers verlassen haben, muss diese<br />
dann wohl die bizarrste sein. Aber auch<br />
sonst hat das Motorrad ja einiges mitgemacht.<br />
Sehr interessant fand ich übrigens<br />
die Bemerkung, dass das Kühlgebläse<br />
wohl gar nicht erforderlich war. Ein paar<br />
schöne Kühlrippen anstelle dieses Topfes<br />
hätten der Maschine optisch sicher sehr<br />
gut getan. Herzliche Grüße<br />
Thomas Weise, Bremen<br />
Crosser im Osten<br />
Detlev Klaus hofft auf eine Story über<br />
die starken ostdeutschen Stollenreiter.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 10/2<strong>01</strong>5<br />
Werte Motorradfreunde, mit Freude habe<br />
ich Eure Geschichte über die deutschen<br />
Spitzencrosser der 80er-Jahre gelesen und<br />
eigentlich gehofft, dass da noch ein zweiter<br />
Teil folgt. Ich melde mich hier aus dem<br />
tiefen Osten, und der hatte in den 80er-<br />
Jahren auch Spitzencrosser! Immerhin ist<br />
ja bis zur Wiedervereinigung der einzige<br />
deutsche Weltmeister aus dem Osten gekommen.<br />
Das war Paul Friedrichs, der in<br />
den 60ern drei Mal den 500er-Titel gewann.<br />
Aber zurück zu den 80er-Jahren.<br />
Bei mir, im Nachbarort Fürstlich Drehna,<br />
www.motorrad-classic.de<br />
gibt es einen Motor sportclub mit einer<br />
schönen Motocross-Strecke. Die Rennen<br />
,,Rund um den Mühlberg“ finden bis zur<br />
Gegenwart immer noch statt. Für den<br />
ortsansässigen Verein fuhr Altmeister<br />
Ernst Wolff einige Titel ein, in den 80er-<br />
Jahren war dessen Sohn Torsten ebenfalls<br />
sehr erfolgreich, außerdem fährt zur Zeit<br />
der Enkel Toni noch Rennen. Zu den Gegnern<br />
von Ernst Wolff zählten damals Hoppe,<br />
Schadenberg, Frohn & Co. Vielleicht<br />
bringt Ihr ja noch einen zweiten Teil zu<br />
diesem Thema. Das wäre dann auch interessant<br />
zu lesen. Aber auch ohne werde<br />
ich Eure Zeitschrift weiter lesen. Danke!<br />
Detlev Klaus, Crinitz<br />
Trial and Error<br />
Unserem Mitarbeiter ist bei der Goodwood-Story<br />
ein Fehler unterlaufen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 9/2<strong>01</strong>5<br />
Hallo! Eure Classic wird immer gründlich<br />
gelesen und bereitet interessante Lesestunden.<br />
Als ehemaliger Le Mans 1-Besitzer<br />
(heute Guzzi 1200 Sport-Gespann)<br />
war die Le Mans-Story natürlich eine interessante<br />
Auffrischung. Besonders gefiel<br />
mir der Kommentar von Michael Pfeiffer.<br />
Aber auf Seite 104/105 habt Ihr Euch<br />
einen Schnitzer erlaubt: Der als Greg<br />
Hancock abgebildete Champ ist nämlich<br />
Dougie Lampkin (siebenfacher Trial-Weltmeister)!<br />
Besten Gruß<br />
Maarten Mager, Norwegen<br />
Anmerkung der Redaktion: Leser Maarten<br />
Mager hat natürlich recht. Auf der<br />
Trial-Maschine sitzt tatsächlich Douglas<br />
Martin „Dougie“ Lampkin, der seine sieben<br />
Titel zwischen 1997 und 2003 gewann.<br />
Honda-Projekt<br />
Leser Jürgen Berger hat seine Honda<br />
VT 500 C umgebaut.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic allgemein<br />
Hallo, zuerst möchte ich mich für Eure<br />
hervorragende Zeitschrift bedanken, die<br />
ich immer mit großem Interesse lese. Ich<br />
möchte auch mein kleines Projekt vorstellen,<br />
eine umgebaute VT 500 C. Nach dem<br />
Kauf vor einem Jahr und einer Überführungsfahrt<br />
in einem 2CV begann ich mit<br />
der technischen Instandsetzung. Die Gabel<br />
wurde mit Wirth-Federn überholt und<br />
ein anderer Lenker mit neuen Armaturen<br />
verbaut, da die Spiegelhalterungen und<br />
die Bremspumpe der Neigung des Hochlenkers<br />
angepasst waren und so nicht zu<br />
verwenden waren. Eine neue Lampe und<br />
neue Spiegel wurden ebenfalls montiert,<br />
die Sitzbank komplett überarbeitet und<br />
neu bezogen. Hinten wurden Ikons verbaut,<br />
außerdem ein Chromschutzblech<br />
mit neuem Rücklicht. Es gab noch andere<br />
Fußrasten und Blinker. Ein Vergaser wurde<br />
von mir repariert, da der Chokezylinder<br />
festkorrodiert war. Der Motor läuft<br />
bestens und startet immer spontan.<br />
Jürgen Berger, per E-Mail<br />
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Hoffmann Gouverneur MP 250-2<br />
70 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Pünktlich zur IFMA<br />
1951 erschienen<br />
Prospekte, zu sehen<br />
ist ein Prototyp der<br />
Gouverneur<br />
In Schönheit<br />
gestorben<br />
Eigentlich sollte sie ab 1952 die Motorradschar<br />
des Jakob Oswald Hoffmann in die Zukunft führen.<br />
Doch dafür hätte selbst ein(e) Gouverneur<br />
glücklichere Begleitumstände gebraucht.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 71
AUF ACHSE I<br />
Hoffmann Gouverneur MP 250-2<br />
Direkt hinter<br />
dem normalerweise<br />
ver hüllten<br />
Bing-Vergaser<br />
taucht der<br />
Ansaug kanal ab<br />
Aus dem Gehäuse<br />
strömt<br />
das Gemisch<br />
durch hinten<br />
in die Zylinder<br />
integrierte<br />
Ansaugkanäle<br />
Optisch überzeugt das glattflächige<br />
Küchen-Triebwerk. Über dem<br />
Schalthebel der Leerlauffinder<br />
Wenige Stunden, immerhin,<br />
verwöhnt<br />
noch mal fast sommerliche<br />
Wärme,<br />
streift weiches Licht über abgeerntete<br />
Felder und zart verfärbtes Laub. Goldener<br />
Oktober, und die Hoffmann Gouverneur<br />
nutzt diese Chance mit berechnendem<br />
Geschick: Fröhlich lässt sie ihren Zweizylinder<br />
tönen und sanft den Sattel<br />
schwingen, wohl wissend, dass ihr Fahrer<br />
nicht schnell, sondern genussvoll unterwegs<br />
sein möchte. Ein Mal noch draußen<br />
spielen, heute, wer würde sich da in schnöden<br />
Vergleichen von Leistungs daten oder<br />
Zulassungszahlen ergehen? Nein, nein,<br />
das schwarze Motorrad hier, das ist doch<br />
wunderbar. Sieht wirklich toll aus, erfreut<br />
mit ungewöhnlicher Technik und problemloser<br />
Handhabung.<br />
Na gut, ein Leistungswunder ist er<br />
nicht, dieser kleine, glattflächige Boxer in<br />
seinem Stahlblech-Pressrahmen. Kommt<br />
nur zögernd aus dem Keller, dreht aber<br />
danach willig hoch, nimmt dem einzelnen<br />
Bing-Vergaser ruckfrei sein Gemisch ab,<br />
dreht noch höher – irgendwo in weiter Ferne<br />
wird er mal vierzehn Komma irgendwas<br />
PS abgeben. Aber will man ihn dazu<br />
zwingen? Heute? Das angeblockte Kettengetriebe<br />
hält vier Gangstufen parat, mit<br />
etwas Gefühl für den richtigen Zeitpunkt<br />
allesamt rauf wie runter einfach zu ertasten,<br />
also kann man den Boxer bei mittleren<br />
Drehzahlen munter schnurren lassen.<br />
Die vordere Simplex-Trommelbremse lässt<br />
sich wirkungsvoll von ihrem hinteren<br />
Pendant unterstützen, alles funktioniert<br />
ohne großen Kraftaufwand. Prima. Fast von<br />
selbst und mit hinreichender Genauigkeit<br />
legt sich das niedrige Kraftrad in Kurven<br />
und durcheilt sie mit überraschend guter<br />
Stabilität. Was die mit zwei Federn pro<br />
Holm sowie viel dämpfendem Fett gefüllte<br />
Gabel und die ungedämpften Federbeine<br />
an Straßenunebenheiten nicht<br />
schlucken, das schluckt eben der gummigefederte<br />
Sattel. Motorradfahren kann so<br />
einfach sein.<br />
Aber Motorräder auch: Beim abendlichen<br />
Rotwein dämmert langsam die Erkenntnis,<br />
dass der frühherbstliche Tagesausflug<br />
auf einer BMW R 25/3 oder DKW<br />
RT 250 ähnlich nett verlaufen wäre. Genau<br />
dieser ehedem heikle Punkt macht<br />
heute einen Teil der Gouverneur-Faszination<br />
aus. Hoffmanns Boxer ist nicht besser,<br />
sondern anders. Und, anders als genannte<br />
Konkurrenzmodelle, weder vernünftig<br />
noch preisbewusst. Nie. Der ist Metall<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
gewordener Übermut. Oder Dummheit?<br />
Egal, etwas ganz Besonderes jedenfalls,<br />
ein zweirädriges Zeitdokument, schillernd<br />
wie nur wenige andere.<br />
Auf der IFMA im Oktober 1951 feierte<br />
die Gouverneur Premiere, ihre Produktion<br />
startete jedoch erst ausgangs des folgenden<br />
Jahres, der Verkauf Anfang 1953. Will<br />
sagen: Die ersten Planungen fielen in eine<br />
Zeit, als der deutsche Kraftradmarkt jedes<br />
Angebot aufnahm, und die ersten Kundenauslieferungen<br />
in die Morgendämmerung<br />
der deutschen Motorradkrise. Schwierig<br />
genug. Doch der Hersteller fügte weitere<br />
Lasten hinzu. Seit 1948 erst bauten die<br />
Hoffmann-Werke in Lintorf nahe Düsseldorf<br />
Krafträder, und zwar einerseits in<br />
Manier klassischer Konfektionäre – eigene<br />
Fahrgestelle bestückte man mit Motoren<br />
von Sachs, Villiers und hauptsächlich<br />
Konstruktionszeichnung<br />
des<br />
ersten Motors mit<br />
aufgepresster<br />
Schwungscheibe.<br />
Das Gemisch muss<br />
auf dem Weg zum<br />
Einlassventil fast<br />
durch eine Spitzkehre<br />
hindurch<br />
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AUF ACHSE I<br />
Hoffmann Gouverneur MP 250-2<br />
DATEN<br />
Hoffmann<br />
Gouverneur MP 250-2<br />
Motor: längs eingebauter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor,<br />
eine untenliegende Nockenwelle,<br />
je zwei über Stoßstangen und Kipphebel<br />
betätigte Ventile pro Brennraum,<br />
Bohrung x Hub 58 x 47 mm, Verdichtung 7:1,<br />
Hubraum 248 cm³, Leistung 15 PS bei 5700/<br />
min<br />
Kraftübertragung: Zweischeiben-Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: geschlossener Stahlblech-Pressrahmen<br />
mit Unterzügen, fettgefüllte Telegabel<br />
vorn, Geradwegaufhängung mit zwei<br />
ungedämpften Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder<br />
mit Stahlfelgen, Reifen vorn<br />
und hinten 3.25-19, 180-mm-Simplex-<br />
Trommelbremse vorn und hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1350 mm,<br />
Trockengewicht 150 kg, Tankinhalt 16 l<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit<br />
zirka 110 km/h<br />
Info: Eine schöne und informative Website<br />
pflegen einige Hoffmann-Freunde unter:<br />
www.hoffmann-oldtimer.de<br />
ILO. Andererseits hatte Firmenchef Jakob<br />
Oswald Hoffmann 1949 bereits die Lizenz<br />
zum Nachbau der italienischen Vespa ergattert<br />
und profitierte vom Rollerboom.<br />
Schon bald verkaufte er davon genauso<br />
viel, wenn nicht mehr als von seinen<br />
Motorrädern. Jährlich über 10 000 Stück,<br />
1953 gar über 15 000. Nicht schlecht, und<br />
offenbar Grund genug für eigenen Übermut<br />
und fremde Neidereien.<br />
Hoffmann wollte das von 98 bis 200<br />
cm³ reichende Modellprogramm unbedingt<br />
mit einer Eigenkonstruktion krönen.<br />
Aus diesem Grund verpflichtete er den<br />
bekannten Konstrukteur Richard Küchen.<br />
Der hatte schon vor dem Krieg unter anderem<br />
mit den Zündapp KS- und K-Modellen<br />
von sich reden gemacht. Allerdings<br />
neigte Küchen zu technischen Alleingängen,<br />
die den Qualitäten seiner Konstruktionen<br />
nicht immer dienten. Kettengetriebe<br />
ist ja noch okay. Aber diese fast schon<br />
sektiererische Neigung zu glatten Flächen<br />
... Manche behaupten, er habe von<br />
außen nach innen konstruiert, doch davon<br />
später. Das Topmodell von Hoffmann<br />
sollte, da wurde man sich schnell einig,<br />
einen Viertelliter Hubraum besitzen. In<br />
dieser Klasse trafen sich alle renommierten<br />
Hersteller, hier wurden schon richtige<br />
Die Gouverneur ist Kunst. Dem<br />
ästhetischen Zeitgeist mehr verpflichtet<br />
als Zweiradtraditionen<br />
Motorräder verkauft, und zwar dank günstiger<br />
Führerscheinregelung massenhaft.<br />
Das Segment darüber überließ man einstweilen<br />
den Etablierten von BMW, Horex<br />
und Zündapp. Bis hierhin scheint das Kalkül<br />
recht logisch, doch was die Herren<br />
Küchen und Hoffmann bewog, sich auf<br />
einen Boxermotor festzulegen, wird immer<br />
ihr Geheimnis bleiben.<br />
Mag sein, dass Küchen über alte Weggefährten<br />
davon erfahren hatte, dass auch<br />
Zündapp seit 1949 an einem solchen<br />
Motor arbeitete, und er es den Bayern nun<br />
zeigen wollte. Mag sein, dass eine derart<br />
aufwendige und in dieser Hubraumklasse<br />
exklusive Konstruktion Hoffmanns Eitelkeit<br />
schmeichelte. Fakt ist, dass Zündapp<br />
das Projekt zwar 1953 auf der IFMA präsentierte,<br />
aber kurz darauf stoppte, weil<br />
man es niemals zu marktgerechten Prei-<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
DIE HOFFMANN-WERKE<br />
Ein Wirtschaftskrimi?<br />
Der 1896 in Düsseldorf geborene Jakob Oswald<br />
Hoffmann lernte Kaufmann, versuchte sich in jungen<br />
Jahren zweimal im Tabakhandel und scheiterte.<br />
Dann gründete er 1932 in Köln eine Fahrrad-Verkaufsgesellschaft,<br />
mit der er im Jahr darauf wieder<br />
in Konkurs ging. Doch parallel hatte er sich Anfang<br />
1933 bereits in die Solinger Fahrradfabrik eingekauft<br />
– und hier beginnen die eher dubiosen Seiten<br />
seines Schaffens: Dem Firmengründer und Mitbesitzer<br />
wurde die Prokura entzogen, Hoffmann konnte<br />
schalten und walten. Ab 1939 wurde die Firma –<br />
wie so viele andere auch – auf Kriegsproduktion<br />
getrimmt, sie fertigte nun Granaten, Minen, Zünder,<br />
erhielt 1942 den Exklusiv-Auftrag, eine Stielgranate<br />
zu entwickeln. Die Auftraggeber scheinen zufrieden<br />
gewesen zu sein, Hoffmann wurde von Hitler persönlich<br />
das Kriegsverdienstkreuz erster Klasse verliehen.<br />
Und er wollte die Nazis weiter zufriedenstellen:<br />
Jüdische Zwangsarbeiter wurden bei ihm so<br />
schlecht behandelt, dass örtliche Behörden mehrmals<br />
mahnten. Weshalb Hoffmann – der seit 1943<br />
Alleininhaber der Werke war – die Kontrollen unterbinden<br />
ließ.<br />
Trotz dieser Vorgeschichte drängte er gleich nach<br />
dem Krieg ungeniert wieder ins Geschäftsleben:<br />
Hoffmann erwarb in Lintorf ein Gelände nebst Hallen<br />
von den Mannesmann Röhrenwerken, zog – mit<br />
Hilfe eines Hamburger Kaufmanns – eine Produktion<br />
auf, stellte 60 Leute ein und baute schon 1945<br />
wieder Fahrräder. Drei Jahre später dann das erste<br />
Kraftrad, im Jahr darauf die ersten Lizenz-Vespas.<br />
Über 60 000 Roller verkaufte Hoffmann bis 1954,<br />
damit stieg er zu nationaler Größe auf, und dieser<br />
Erfolg weckte die deutsche Konkurrenz. Heinkel,<br />
NSU und Zündapp brachten mindestens ebenbürtige<br />
Roller. Hoffmann reagierte und verbesserte sein<br />
Lizenzprodukt. Eigenmächtig, und das gab Ende<br />
1953 Ärger mit Piaggio. Man trennte sich 1954 im<br />
Streit. Es kam noch schlimmer: Dem Trend zum<br />
Kleinwagen wollte Hoffmann mit einer weiteren Lizenzfertigung<br />
genügen<br />
und knüpfte Kontakte zu<br />
Iso. Die Italiener lehnten<br />
ab, in Lintorf entstand die<br />
Hoffmann-Kabine. Darin werkelte der modifizierte<br />
Gouverneur-Motor, doch der Rest sah so sehr nach<br />
Isetta aus, dass Hoffmann vom Erfinder sowie dem<br />
– inzwischen feststehenden – deutschen Lizenznehmer<br />
BMW im November 1954 vor den Kadi gezerrt<br />
wurde.<br />
Des Dramas letzter Akt vollzog sich dann unter<br />
Regie der Rheinisch-Westfälischen Bank aus Düsseldorf.<br />
Die freilich aus der vorübergehend von den<br />
Alliierten zerschlagenen Deutschen Bank hervorgegangen<br />
war und bald schon wieder in ihr aufgehen<br />
würde. Der Spiegel berichtete im Januar 1955 über<br />
die spektakuläre Hoffmann-Pleite und zitierte<br />
Bankdirektor Walter Karklinat: „Das ist der größte<br />
und hässlichste Zusammenbruch, den ich in den<br />
letzten zwanzig Jahren erlebt habe.“ Jemandem,<br />
der so einen Satz nach Nazi-Herrschaft und<br />
Zwangs-Enteignungen jüdischer Betriebe über die<br />
Lippen kriegt, sollte man niemals trauen, und tatsächlich<br />
verstrickte sich die Bank in jede Menge<br />
Widersprüche. Seit 1953 schon war sie tief in die<br />
Firmeninterna von Hoffmann eingeweiht, hatte ihm<br />
für die Produktion des Kleinwagens einen Halbe-<br />
Millionen-Kredit in Aussicht gestellt. Und wollte<br />
Ende 1954 plötzlich nichts mehr davon wissen.<br />
Merkwürdig. Nicht zuletzt deshalb, weil die Deutsche<br />
Bank damals direkt oder im Auftrag ihrer Kunden<br />
die Mehrheit der Stimmrechte bei BMW besaß.<br />
Hoffmann beantragte noch im November 1954 die<br />
Insolvenz. Seine mittlerweile über 900 Beschäftigten<br />
besetzten aus Protest gegen ihre Kündigung<br />
das Werk. Letztlich vergebens. Danach entstanden<br />
aus den Beständen noch einige Roller und Motorräder.<br />
Sie wurden verramscht. Die bereits gebauten<br />
Kabinenautos mussten vernichtet werden. Jakob<br />
Oswald Hoffmann konnte sein Werk halten, die<br />
Villa rettete er, indem er sie – bei lebenslangem<br />
Wohnrecht freilich – der katholischen Kirche vermachte.<br />
Seine Wendung zum Christentum hinderte<br />
ihn nicht, nach einem Intermezzo als Kfz-Zulieferer<br />
bald wieder Kriegsgerät zu produzieren. Er starb<br />
1971.<br />
sen hätte produzieren können. Da war es<br />
für Hoffmann längst zu spät: 1953 kosteten<br />
eine BMW R 25/3 oder eine NSU Max<br />
rund 2000, eine weniger temperamentvolle<br />
Gouverneur aber über 2300 Mark.<br />
Die aufgrund der schwierigen Gouverneur-Entwicklung<br />
1952 eilig nachgeschobene<br />
Einzylinder-Hoffmann mit 250er-<br />
ILO-Motor gab es immer noch, und zwar<br />
für 1850, andere Zweitakter lagen ähnlich.<br />
Ach ja, die konzeptionell durchaus<br />
vergleichbare BMW R 51/2 kam damals<br />
so um die 3000, und damit dürften die<br />
Bayern deutlich mehr verdient haben als<br />
die Rheinländer an ihrer Gouverneur. Von<br />
den Kosten her macht es nämlich keinen<br />
Unterschied, ob man in einen Zylinder ein<br />
großes oder ein kleines Loch bohrt.<br />
Aber wir schweifen ab ins kaufmännisch<br />
Banale. Dabei ist die Gouverneur<br />
Bei Hoffmann ging<br />
es zunächst steil<br />
bergauf: Bereits<br />
1947 mussten die<br />
Firmengebäude<br />
erweitert werden,<br />
Fahrräder<br />
entstanden nun<br />
in Fließbandproduktion.<br />
1950 wurde eine<br />
große neue Montagehalle<br />
gebaut. Die<br />
Mitarbeiterzahl stieg<br />
von 63 im Jahr 1945<br />
auf über 940 im Jahr<br />
1954, zur Zeit der<br />
Firmenpleite<br />
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AUF ACHSE I<br />
Hoffmann Gouverneur MP 250-2<br />
Der Drehknopf vor dem<br />
Zündschloss reguliert<br />
die Leuchtweite<br />
Premium: Der Wellenantrieb gehört<br />
eben zum längs verbauten Boxer<br />
Sehr wirkungsvoll sorgt sich<br />
das Gummielement um den<br />
Federungskomfort des Sitzes<br />
Mit der Gouverneur sollte<br />
dieses Emblem so richtig<br />
bekannt werden<br />
doch Kunst. Nicht nur irgendwie, sondern<br />
in jeder Hinsicht. Dem ästhetischen Zeitgeist<br />
mehr verpflichtet als gewohnten<br />
Zweiradtraditionen. Gewollt, gestaltet. Ein<br />
klarer gezeichnetes unverkleidetes Motorrad<br />
dürfte es bis dahin kaum gegeben<br />
haben, und deshalb bemerkte der zeitgenössische<br />
Tester Wolfgang Müller in der<br />
Frankfurter Neuen Presse denn auch:<br />
„Das Äußere dieses Motorrades ist so elegant<br />
wie ein Abendanzug.“ Optisch bestimmend<br />
wirken die großen Seitenflächen<br />
des Blech-Pressrahmens. Sie formen<br />
nicht nur den Kasten für Batterie und<br />
Luftpumpe, sondern erhalten als Teil dieses<br />
Kastens eine tragende Rolle. Er nimmt<br />
nämlich hinten direkt die Beine der Geradwegfederung<br />
auf; außerdem verdeckt er<br />
die Welle des Hinterradantriebs. An den<br />
Kasten ist das angeschraubt, was man<br />
Hinterradschutzblech nennen könnte.<br />
Oder auch Rahmenheck, denn bei Bedarf<br />
schultert das elegant geformte, ungefähr<br />
mittig zwecks leichteren Radausbaus geteilte<br />
Blech einen Soziussitz sowie einen<br />
Gepäckträger. Der aufgeschraubte Träger<br />
des über ein in seiner Härte verstellbares<br />
Gummi-Federelement abgestützten Fahrersitzes<br />
schließt besagten Kasten nach<br />
oben ab. Weitere Ausstattungsfeinheiten:<br />
verschließbares Werkzeugfach im Tank,<br />
einstellbarer Reibungsdämpfer für die<br />
Lenkung, Leerlauffinder links am Triebwerksgehäuse,<br />
serienmäßige Seitenwagenanschlüsse<br />
und Leuchtweitenregulierung<br />
des Scheinwerfers. Jawohl, das ist Oberklasse,<br />
und mehr davon gab‘s bei den<br />
Viertellitern nirgendwo.<br />
Gehobenen Ansprüchen sollte natürlich<br />
auch das Triebwerk genügen. Lästige<br />
Vibrationen verweist der Boxer ganz nonchalant<br />
in die schnöde Einzylinderwelt,<br />
und dennoch kann er diese nicht so einfach<br />
verlassen. Viele Singles, namentlich<br />
die seit 1952 käufliche NSU Max, gingen<br />
nämlich besser, selbst eine 250er-BMW<br />
kommt energischer unten raus und die<br />
Zweitakter sowieso. Merke: In den 50ern<br />
tobte bereits der Leistungsdruck, doch oh<br />
weh, ganze elf PS entlockte Küchen seinem<br />
kopfgesteuerten Kurzhuber. Er war<br />
selber schuld, die Glattflächigkeit... Ansaugkanäle<br />
müssen ihm ein Gräuel gewesen<br />
sein, just wie bei seiner Vorkriegs-<br />
Zündapp K 800 führen sie auch bei der<br />
Gouverneur durchs Gehäuse, dann eingegossen<br />
in die Hinterseite der Leichtmetallzylinder<br />
empor zum Einlassventil. Dabei<br />
hätte der verkapselte Vergaser allein schon<br />
genügt, um das Gemisch aufzuheizen. Zu<br />
76 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
MEINUNG<br />
Fred Siemer<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic-Mitarbeiter<br />
Die deutschen Motorräder der 50er-Jahre<br />
begeistern mich immer mehr, und jetzt habe<br />
ich nach tapferen und wackeren (das ist ein<br />
Unterschied), fixen und braven Vertretern<br />
dieser unglaublich vielfältigen Spezies einen<br />
echten Feingeist entdeckt. Eine 250er, deren<br />
technischer Sonderweg heute erfreut, ein<br />
Schlaglicht auf die Aufbruchstimmung jener<br />
Jahre wirft, und die dank drehfreudigem<br />
Motor sowie handlichem Fahrwerk nicht nur<br />
beim Anschauen Spaß macht.<br />
dem – man glaubt es kaum – verordnete<br />
Küchen den Kanälen einen rechteckigen<br />
Querschnitt. Seine alten Kollegen bei<br />
Zündapp jedenfalls hatten von solchen<br />
Ideen die Nase voll und steckten direkt<br />
auf jeden Zylinder ihres Prototypen einen<br />
eigenen Vergaser, ziemlich steil sogar,<br />
beinahe im Fallstrom. Sie zauberten über<br />
18 PS hervor.<br />
Der verkaufshindernde Leistungsmangel,<br />
vor allem jedoch die Biegeschwingungen<br />
der Kurbelwelle und daraus resultierende<br />
Schäden ihrer beiden Rollenlager<br />
erzwangen eine rasche Revision – nur<br />
rund 450 Exemplare der ersten Serie verließen<br />
das Werk. Bereits die IFMA 1953<br />
sah mit der in dieser Geschichte gezeigten<br />
MP 250-2 eine gründlich, aber nicht von<br />
Küchen überarbeitete Gouverneur. Mit<br />
ovalen Ansaugkanälen, 24-mm-Bing- statt<br />
Lästige Vibrationen verweist der<br />
Hoffmann-Boxer ganz nonchalant<br />
in die schnöde Einzylinderwelt<br />
17-mm-Pallas-Vergaser, geänderter Ölführung,<br />
steiferem Gehäuse und einer<br />
mittels breiterer mittlerer Kurbelwange<br />
verstärkten und solider gelagerten Kurbelwelle.<br />
Außerdem trug diese nicht länger<br />
eine aufgepresste, sondern eine angeflanschte<br />
Schwungscheibe. Weil sich die<br />
Belegschaft mittlerweile an die für Konfektionäre<br />
unüblichen Arbeitsgänge, etwa<br />
die Motorenmontage, gewöhnt hatte, entstand<br />
die Zweizylinder-Hoffmann nun in<br />
standesgemäßer Qualität und begann –<br />
mit knappen 15 PS sogar konkurrenzfähig<br />
– ihr eigentliches Leben.<br />
Leider schwebten da schon tiefdunkle<br />
Wolken über den Hoffmann-Werken (siehe<br />
Kasten Seite 77), die sich auch durch<br />
halbwegs befriedigende Gouverneur-Verkäufe<br />
nicht aufhellen ließen. Rund 3000<br />
renovierte MP brachte man angeblich<br />
noch unter die Leute, die horrenden österreichischen<br />
Zölle für 250er umging eine –<br />
übrigens sehr lebhafte – 300er-Version<br />
und fand weitere 800 Kunden. Im Spätherbst<br />
1954 endete die Produktion. Ein<br />
filmreifer Absturz. Dabei wollte die Gouverneur<br />
eigentlich in Schönheit glänzen.<br />
Nicht nur im Herbst.<br />
◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 77
NACHDRUCK<br />
Der Suzuki-Vergleich war<br />
kein Titelthema fürs Heft<br />
13/1979, aber spannend<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
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82 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
NACHDRUCK<br />
RÜCKBLICK<br />
Die beiden 1000er<br />
aus heutiger Sicht<br />
Aus eins mach zwei – mit wenigen Änderungen<br />
hatte Suzuki einen prima Allrounder in ein<br />
durchschnittliches Mode-Motorrad verwandelt.<br />
Das heute ziemlich out ist.<br />
Fotos: Bilski, Suzuki<br />
Uli Holzwarth ist<br />
kein Freund japa -<br />
nischer Soft-Chopper<br />
„Lässigkeit kann man<br />
sich nicht einfach überwerfen<br />
wie einen Mantel“<br />
Modeerscheinungen kommen und gehen.<br />
Viele auch mehrmals. Nur die Soft-Chopper<br />
nicht – zum Glück! Ja, ich habe sie nie gemocht,<br />
diese Pseudo-Lässigen auf zwei Rädern.<br />
Schon nach der ersten Fahrschulstunde auf einer<br />
Honda CM 400 T war für mich klar, dass Hirschgeweih<br />
und Hohlkreuz nichts mit Faszination<br />
und Fahrspaß zu tun haben. Jedenfalls dann<br />
nicht, wenn die Basis ein so gut funktionierendes<br />
Motor rad ist wie die Suzuki GS 1000. Ein<br />
Allrounder im besten Sinne, mit dem man sowohl schnell von A nach B<br />
flitzen als auch gemütlich und genüsslich über winklige Sträßchen<br />
wandern konnte. Und dann strickte Suzuki daraus mit hohem Lenker,<br />
Tropfentank, Stufensitzbank und viel Chrom einen Soft-Chopper für – ja,<br />
für wen eigentlich? Dass damals alle japanischen Hersteller solide Basismodelle<br />
mit solchen Zutaten zu diesen uniformen Spaßverderbern in<br />
Chrom umgefrickelt haben, machte die Sache nicht besser. Lässigkeit<br />
kann man sich nicht einfach überwerfen wie einen Mantel. Außerdem war<br />
es mit der entspannten Souveränität im Sattel sowieso nicht weit her. Am<br />
Motor lag es ganz gewiss nicht, weder bei der 1000er-Suzuki noch bei<br />
den meisten anderen Soft-Choppern. Sondern am kleinen Tank, der die<br />
Reichweite ebenso limitierte wie die verkrampfte Haltung. Soft-Chopper<br />
der frühen 80er-Jahre waren eine Modeerscheinung, die so ganz sicher<br />
nicht mehr wiederkommt. Weshalb eine Suzuki GS 1000 L für Sammler<br />
heute durchaus ihren Reiz hat. Man muss sie ja nicht unbedingt fahren!<br />
Der GS 1000-Vierzylinder<br />
war ein<br />
starkes Argument<br />
für beide Varianten.<br />
Richtig auskosten<br />
ließ er sich aber nur<br />
in Suzukis S-Modell<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 83
SZENE I<br />
BMW R 25, frisch ausgegraben<br />
Und sie bewegt sich<br />
Vom Scheunenfund zum fahrenden Gesamtkunstwerk ist es mitunter nur ein<br />
kleiner Schritt. Zumindest beim Glemseck 1<strong>01</strong>, wie diese BMW R 25 zeigt.<br />
Text und Fotos von Thomas Schmieder<br />
September 2<strong>01</strong>5: Zum zehnten<br />
Mal steigt bei Leonberg<br />
„Glemseck 1<strong>01</strong>“, das größte<br />
marken- und typenoffene<br />
Motorradtreffen Deutschlands. Hier gibt<br />
es nichts, was es nicht gibt – von Zündappund<br />
Hercules-Mofas über alle möglichen<br />
Youngtimer bis hin zu gewaltigen Boss-<br />
Hoss-V8-Maschinen. Mitten im Getümmel<br />
aus Menschenmassen und Motorrädern<br />
steht, dicht umlagert, eine einzylindrige<br />
BMW. Die war wohl mal weiß, ist jetzt<br />
eierschalenfarben und rotbraun rostgesprenkelt.<br />
Kurz darauf knattert der offensichtliche<br />
Besitzer auf der 250er herum.<br />
Klingt ganz schön kernig, der Single.<br />
Kein Rücklicht, kein Nummernschild,<br />
keine Verbindung zwischen Krümmer<br />
und Auspuff – alles kein Problem auf der<br />
extrem entspannten Veranstaltung. Als der<br />
Fahrer wiederkommt, den knisternden<br />
Motor abstellt, stellt sich der junge Kerl<br />
vor: „Hallo, mein Name ist Jeff.“ Er ist 20,<br />
sein fahrbarer Untersatz dagegen locker<br />
60: „Dies ist meine BMW R 25, ich habe sie<br />
erst vor drei Tagen als Scheunenfund gekauft.“<br />
Zehn bis 15 Jahre gammelte das<br />
arme Motorrad, Baujahr unbekannt, in<br />
der vergessenen Ecke einer Werkstatt vor<br />
sich hin. „Durchs löchrige Dach hat sie<br />
leider viel Wasser abgekriegt“, sagt Jeff.<br />
Den Umständen entsprechend ist der<br />
Zustand der noch wirklich in Bayern produzierten<br />
Maschine also richtig gut. „Ich<br />
habe mich spontan entschieden, sie mit<br />
zum Glemseck 1<strong>01</strong> zu nehmen, habe nur<br />
den alten Sprit aus Tank und Vergaser abgelassen.<br />
So eine BMW läuft immer!“ Zum<br />
Beweis tritt Jeff den leicht ölenden Single<br />
noch mal an. Der betagte Stoßstangenmotor<br />
mit einer untenliegenden Nockenwelle<br />
und 13 PS kommt auf den ersten<br />
Tritt. Er läuft erstaunlich rund, ohne zu<br />
stottern. Und, erstaunlicherweise, ohne<br />
beängstigende mechanische Geräusche.<br />
Schon bemerkenswert, denn in Motor,<br />
Getriebe und Kardan schwappt immer<br />
noch undefinierbar altes Öl. Zündkerze<br />
und Batterie (frisch geladen) tun’s noch.<br />
Ein Tuch dichtet den leckenden Vergaser<br />
notdürftig ab. Die 19-Zoll-Speichenräder<br />
tragen alte, ausgehärtete Reifen. BMW-<br />
Spezialist Hans-Joachim Siebenrock kommt<br />
staunend dazu. Sein Tipp: „Bloß nicht restaurieren,<br />
das ist viel zu viel Aufwand.<br />
So wie das Motorrad hier steht, ist es ein<br />
rollendes Gesamtkunstwerk.“<br />
84 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
doch!<br />
Rost trifft Lecks: leicht ölendes Motorgehäuse,<br />
Behelfsdichtung am Vergaser<br />
Verdammt robust: Altes Öl, alte Zündkerze, alte<br />
Batterie – dennoch läuft Jeffs Einzylinder rund<br />
Im Chrom des Bosch-Scheinwerfers ist<br />
„Importé d’Allemagne“ eingeprägt – kurz<br />
nach dem Krieg ein Hinweis auf eine Einfuhr<br />
nach Frankreich oder in den wallonischen<br />
Teil Belgiens. Eventuell als einstiges<br />
Behörden-Fahrzeug? Jeff sucht noch<br />
Hinweise zur Geschichte seiner R 25, Kontakt<br />
bitte per Telefon 00 32/4 98 62 69 21<br />
oder geoffrey.grandjean@live.de.<br />
Für eine potenzielle Zulassung ersteigerte<br />
Jeff bei Ebay das Typenschild einer R<br />
25/3, Baujahr 1955, inklusive originaler<br />
DDR-Fahrzeugpapiere und Einfuhrgenehmigung<br />
vom 5. April 1966 aus dem kapitalistischen<br />
West- ins sozialistische Ost-<br />
Deutschland. Dort wurde Hans G. (Jahr gang<br />
1922) in Brandenburg an der Havel das<br />
DDR-Kennzeichen DO 42-49 zugeteilt.<br />
„Was für ein Zufall“, sagt Jeff, „der registrierte<br />
BMW-Besitzer war am 22. Dezember<br />
geboren und von Beruf Schweißer. Ich<br />
bin am 19. Dezember ge boren und von<br />
Beruf Schweißer ...“<br />
Mit Motorrädern kennt sich der junge<br />
Belgier gut aus, hat eine Ausbildung als<br />
Metallkonstrukteur, lernte dann Zweirad-<br />
mechaniker bei BMW. Derzeit arbeitet er<br />
als Motoren-Instandsetzer. „Bei BMW hatte<br />
ich täglich zwar mit schönen aktuellen<br />
Motor rädern zu tun, aber auch viel mit<br />
Computer und Elektronik. Austauschen<br />
statt reparieren – das ist nichts für mich.<br />
Ich will Mechanik, die nach 60 Jahren<br />
noch funktioniert, keine sieben Kilo Kabelsalat.“<br />
Wie seine tapfere BMW eben.<br />
Mittlerweile hat Jeff die Elektrik des<br />
60-jährigen Einzylinders gerichtet, „sicher<br />
ist sicher“. Zudem baut er gerade eine Ducati<br />
Desmo 350 auf und eine BMW R 100 R<br />
zum Scrambler um. Dass Oldies im Leben<br />
des 20-Jährigen schon immer eine wichtige<br />
Rolle gespielt haben, zeigen die 125er-<br />
CZ 476 und eine Suzuki GT 125, die er vor<br />
der BMW R 25 gefahren ist. Selbst wenn er<br />
im Alltag mit einer XF 650 Freewind auf<br />
Tour geht und mit einer Husqvarna-Supermoto<br />
sowie seiner KTM-Enduro auf und<br />
abseits befestigter Wege herumtollt. Zum<br />
Glemseck 1<strong>01</strong> schleppte ihn seine Freundin<br />
Jody, die 2<strong>01</strong>4 erstmals dabei war. Mal<br />
sehen, was Jeff im nächsten Jahr mit zum<br />
Glemseck 1<strong>01</strong> bringt.<br />
◻<br />
Und ein echter Hingucker. Jeff kommt<br />
aus der Stadt Eupen im Osten Belgiens, ist<br />
dreisprachig, hat Deutsch als Muttersprache.<br />
Er kaufte die R 25 vom Eupener Karnevalsverein,<br />
der sie einst als „Karnevalspolizei“<br />
nutzte. Daher steht noch auf Platt<br />
geschrieben „Öpe Alaaf“ auf dem Tank.<br />
Laut ersten Recherchen ist Jeff erst der<br />
fünfte Besitzer. Bereits in den 70er-Jahren<br />
habe diese BMW ein erstes Mal lange<br />
gestanden, wurde kaum beachtet. Viele<br />
Puzzlesteine aus der Historie dieser 250er<br />
fehlen noch: Sie trägt weder Typenschild<br />
noch Rahmennummer, hat keine Papiere.<br />
Der Zweirad-Oldie mit den Halbnaben-<br />
Bremsen einer R 25/2 „ist ein Mischmasch<br />
hoch drei“, wundert sich Jeff. „Fast alle R<br />
25 haben klassische Schwingsättel, doch<br />
meine hat eine dick gepolsterte Sitzbank.“<br />
Reichlich Patina. Dazu zählt der verblichene „Öpe Alaaf“-Schriftzug auf dem Tank<br />
– eine Erinnerung an das einstige Dienstfahrzeug des Eupener Karnevalsvereins!<br />
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UNTER DER LUPE<br />
Die Pantah-<br />
Modelle von<br />
Ducati<br />
Fabio Taglionis letzte Schöpfung, die Pantah mit<br />
Zahnriemen-V2, zählt zu den richtungsweisenden<br />
Ducati-Konstruktionen. Deren Gene waren sogar<br />
nach Jahrzehnten noch nachweisbar.<br />
Text: Marcel Schoch<br />
Fotos: markus-jahn.com (1),<br />
Schoch, Archiv<br />
6<br />
Checkpunkte<br />
1 2<br />
3 4 5 7 8 9<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Die originalen Schalldämpfer sind im Bereich<br />
des letzten Prallblechs oft durchgerostet<br />
Ausgeschlagene Schwingenlager ziehen eine<br />
aufwendige Reparatur nach sich<br />
Die Vergaser neigen bei offenen Ansaugtrichtern<br />
häufig zu übermäßigem Verschleiß<br />
4<br />
5<br />
Ein geplatzter Pertinax-Käfig der Kurbelwellenlager<br />
verursacht massive Motorschäden<br />
Die Zahnriemen müssen alle 20 000 Kilometer<br />
oder nach zwei Jahren gewechselt werden<br />
7<br />
8<br />
6 Korrosion im Inneren des Tanks kann bis zum<br />
Lochfraß führen<br />
9<br />
Stärkerer Ölaustritt an den Zylinderfußdichtungen<br />
erfordert den baldigen Austausch<br />
Der Anlasser der frühen Pantah-Modelle<br />
schwächelt oft wegen zu hoher Stromaufnahme<br />
Die Isolierungen von Lichtmaschine und<br />
Pick-up-Kabeln lösen sich im Öl auf<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Die Ducati Pantah wurde<br />
erstmals 1977 auf der<br />
Mailänder Messe der Öffentlichkeit<br />
vorgestellt.<br />
Trotzdem mussten die Ducatisti noch zwei<br />
Jahre warten, bis die Pantah im Jahr 1979<br />
erstmals bei den Händlern stand. Die nominell<br />
46 PS starke 500er sollte das zu dieser<br />
Zeit arg angekratzte Image der Mittelklasse-Ducatis<br />
wieder aufpolieren. Die ab<br />
Mitte der 70er-Jahre erhältlichen 350erund<br />
500er-Reihentwins waren nämlich zu<br />
rau und anfällig, somit kaum mehr zu<br />
verkaufen. Nachdem Taglioni grünes Licht<br />
zur Entwicklung eines neuen Motors erhalten<br />
hatte, entschied er sich für einen<br />
V2, der jedoch billiger als Königswellen-<br />
Twins zu produzieren sein sollte. Der<br />
entscheidende Unterschied des Pantah-<br />
Motors verbirgt sich auf der rechten Seite<br />
unter zwei schlanken Deckeln. Anstelle<br />
der Königswellen bei den großen Motoren<br />
übernehmen hier zwei Zahnriemen den<br />
Antrieb der jeweils einen obenliegenden<br />
Nockenwelle in den beiden Zylinderköpfen.<br />
Vorteil gegenüber der Königswellensteuerung:<br />
geringerer Produktionsaufwand,<br />
kürzere Werkstattzeiten und<br />
weniger mechanische Geräusche.<br />
Letzterem kam Ende der 70er-Jahre<br />
angesichts der sich abzeichnenden restriktiveren<br />
Geräuschvorschriften immer<br />
mehr Bedeutung zu. Außerdem wusste<br />
Taglioni, dass der Zahnriemenantrieb<br />
deutlich weniger Reibungsverluste verursacht<br />
als eine Königswellensteuerung.<br />
Mehr PS bei weniger Aufwand – damit<br />
sollte die neue Halbliter-Ducati bessere<br />
Chancen gegen die erstarkte Konkurrenz<br />
in der Mittelklasse haben. Als erstes Modell<br />
lief 1979 die 500 SL Pantah vom Band.<br />
Ursprünglich nur in Rot/Silber erhältlich,<br />
wurde die Ur-Pantah ein Jahr später auch<br />
in hellblauer Lackierung angeboten. Von<br />
Anfang an war klar, dass die Pantah ebenfalls<br />
eine traditionelle Ducati – und somit<br />
ein Sportmotorrad – werden sollte. Taglioni<br />
konstruierte für sie einen leichten Gitterrohrrahmen.<br />
Außerdem hatte er den<br />
drehfreudigen V2 mit 74 Millimetern Bohrung<br />
bei 58 Millimetern Hub sehr kurzhubig<br />
ausgelegt, der sein Gemisch zudem<br />
über riesige 36er-Dellortos inhalierte.<br />
Bereits 1980 erfolgte eine erste Überarbeitung,<br />
die sich aber auf die nunmehr<br />
mit einer Spoilerkante versehene Verkleidung<br />
und ein neues Dekor beschränkte.<br />
Diese silberblauen Pantah-Modelle mit<br />
rot/blauem Dekor und mattschwarzen<br />
Kotflügeln wurden bis 1983 weiterhin mit<br />
46 PS bei 8500/min angeboten. Parallel<br />
dazu erschien 1981 die technisch verbesserte<br />
600 SL Pantah. Von außen unterschied<br />
sich das hubraumstärkere, bis 1984<br />
verkaufte Modell lediglich durch andere<br />
Schriftzüge von der 500er. Tiefgreifender<br />
fielen dagegen die technischen Änderungen<br />
aus. Eine verstärkte und nunmehr<br />
hydraulisch betätigte Kupplung sowie das<br />
überarbeitete Getriebe trugen der auf 56<br />
PS bei 8500/min gesteigerten Leistung<br />
Rechnung (max. 50 Nm bei 6000/min).<br />
Letzte Evolutionsstufe der Pantah-Baureihe<br />
war die nochmals verfeinerte 650er<br />
in Rot/Gelb aus dem Jahr 1983. Diese 58<br />
PS leistende Variante unterscheidet sich<br />
mit Ausnahme der Embleme nicht von<br />
den anderen Modellen. Bei den Ducatisti<br />
gilt die 650er jedoch als die beste Pantah.<br />
Konstruktion mit Weitblick<br />
Der Pantah-Baukasten ermöglichte weiterhin<br />
zwei Tourenmodelle. Die 1982/83<br />
gebaute 350 XL Pantah bediente hauptsächlich<br />
den italienischen Markt. Einige<br />
wenige gingen auch nach Japan oder fanden<br />
den Weg als 27-PS-Drosselversion<br />
nach Deutschland. Ebenfalls in diesem<br />
Zeitraum wurde die 600 TL Pantah gebaut.<br />
Motor und Fahrwerk waren mit der<br />
Pantah 600 SL identisch, die TL hatte jedoch<br />
andere Verkleidungsteile und eine<br />
mechanisch betätigte Kupplung.<br />
Die schlechten Absatzzahlen zwangen<br />
Ducati ab 1983 zur Kooperation mit dem<br />
italienischen Konkurrenten Cagiva, der<br />
Ducati 1985 sogar komplett übernahm.<br />
Die Pantah-V2 fanden anschließend in<br />
der Cagiva Elefant 650 und der Cagiva<br />
Alazzurra 650 weiter Verwendung. Dennoch<br />
kam der weiterentwickelte Pantah-<br />
Zweiventiler auch während der Cagiva-<br />
Ära wieder bei Ducatis zum Einsatz.<br />
Zunächst mit 750 cm³ bei der TT-Replika<br />
750 F1 von 1985 bis 1988, danach bei der<br />
750 Sport. Auch bei den folgenden Modellen<br />
der nächsten Jahrzehnte wirkten die<br />
Gene der Pantah nach, denn die Grundidee<br />
von Taglionis Konstruktion wurde für<br />
alle folgenden Zahnriemen-V2 übernommen.<br />
Und zwar bis zum Erscheinen der<br />
Ducati Panigale im Jahr 2<strong>01</strong>1!<br />
Service-Historie entscheidend<br />
„Wer sich für eine Ducati Pantah interessiert,<br />
sollte wissen, auf was er sich einlässt“,<br />
sagt Hermann Beyreuther, Kfz-Mechanikermeister<br />
und Inhaber der Firma<br />
Ducati Beyreuther in Oberhaching. „Wie<br />
bei allen sportlichen italienischen Motorrädern<br />
sitzt man auch auf der Pantah<br />
ziemlich gestreckt. Mit etwas Gewöhnung<br />
schafft man aber durchaus Tagesetappen<br />
von 300 Kilometern und mehr ohne Gliederschmerzen.“<br />
Hermann muss es wissen,<br />
schließlich fährt er seine Pantah seit 1981.<br />
Verwertbare Leistung liefert der 500er-<br />
V2 erst ab 3000 Touren. Dank des exakten<br />
und gut gestuften Fünfganggetriebes geht<br />
es dennoch flott voran. Der Motor hängt<br />
trotz der großen Vergaser prima am Gas,<br />
ab 4500/min darf voll aufgerissen werden.<br />
Unsere Experten<br />
Kennen die Ducati-V2 inund<br />
auswendig: Hermann<br />
Beyreuther (o.r.), Thomas<br />
Jungen (o.l.) und Lucky (r.)<br />
Hermann Beyreuther betreibt<br />
seit fast 35 Jahren seine<br />
Ducati-Werkstatt in Oberhaching<br />
bei München. Zu Beginn als Vertragshändler<br />
des Ducati-Importeurs Röth. Ab 1985 arbeitete<br />
Hermann mit der Firma März zusammen, danach mit<br />
DNL. Nach der Eröffnung eines größeren Ducati-Stores<br />
in München wurde 2<strong>01</strong>1 der Vertrag des erfahrenen<br />
Ducati-Experten von Ducati Deutschland gekündigt.<br />
Dennoch geht dem Kfz-Mechaniker-Meister die<br />
Arbeit nicht aus – im Gegenteil. Als Spezialist für die<br />
alten Ducati-Modelle ist sein Wissen heute in ganz<br />
Deutschland und darüber hinaus gefragt. Auch privat<br />
ist Hermann mit der Marke eng verbunden, wie einige<br />
alte Ducati-Schätzchen in seiner eigenen Garage<br />
zeigen. Auf die Lucky, sein treuer Vierbeiner, immer<br />
ein wachsames Auge hat.<br />
Auch Thomas Jungen hat sein gesamtes Berufsleben<br />
bislang mit Ducati verbracht. Den Anfang<br />
machte 1990 die Lehrstelle als Zweiradmechaniker<br />
bei der Firma Beyreuther. Vom ersten Lehrtag an hatte<br />
sich Thomas mit dem Ducati-Virus infiziert. Nach<br />
erfolgreicher Ausbildung übernahm ihn Hermann<br />
Beyreuther 1993 als Motorradmechaniker. Zehn Jahre<br />
später machte Thomas seinen Meister. Statt der<br />
Selbstständigkeit entschied er sich, bei Hermann zu<br />
bleiben. Der Liebe zu den V2 aus Bologna wegen,<br />
wie er beteuert. Ganz besonders haben es ihm die<br />
Königswellen-Modelle angetan. Gut so, denn Thomas<br />
Jungen wird in einigen Jahren die Werkstatt von<br />
Hermann übernehmen. Somit werden Eigner der alten<br />
Ducati-Modelle auch in den nächsten Jahrzehnten<br />
noch eine kompetente Anlaufstelle haben.<br />
Die Extraportion Sprit aus den Beschleunigerpumpen<br />
lässt sich die Duc gerne<br />
schmecken, um mit dumpfem Bollern aus<br />
den Conti-Tüten nahezu vibrationsfrei<br />
Richtung Drehzahllimit (bei 8500/min) zu<br />
stürmen. Sportliches Treiben liegt ebenso<br />
dem stabilen Gitterrohrrahmen, der jedoch<br />
mit einem entschlossenen Impuls<br />
zum Einlenken überredet werden will.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 87
UNTER DER LUPE I<br />
Ducati Pantah<br />
Motor<br />
Der Pantah-Motor war Ducatis erster mit<br />
einem Zahnriemen für die Ventilsteuerung<br />
Zylinder und Zylinderkopf<br />
Die originalen Ventilschaftdichtungen<br />
(unten)<br />
werden mit der Zeit<br />
undicht. Für Einlass- (links<br />
oben) und Auslassventil<br />
(rechts oben) gibt es<br />
verbesserten Ersatz<br />
Ölnebel am Zylinderfuß<br />
sollte bei der Besichtigung<br />
einer Pantah als Hinweis<br />
auf einen bald anstehenden<br />
Austausch der<br />
Zylinderfußdichtungen<br />
verstanden werden<br />
Die Gilnisil-Beschichtung der Zylinder<br />
bereitet nur selten Probleme. Bei Bedarf<br />
können die Zylinder überholt werden<br />
Das Zündkerzengewinde reißt mitunter<br />
aus. Bei einer Besichtigung deshalb die<br />
Zündkerze mal raus- und reinschrauben<br />
Die beiden Zylinderfußdichtungen<br />
bestehen aus Papier.<br />
Sie kosten nicht viel. Ins<br />
Geld geht jedoch deren<br />
Austausch. Eine Werkstatt<br />
veranschlagt dafür rund<br />
fünf Arbeitsstunden<br />
Mit ihren fahrdynamischen Qualitäten ist<br />
die Pantah also noch heute ein absolut<br />
alltagstaugliches Motorrad. Vorausgesetzt,<br />
die Technik erhielt bei dem oder den Vorbesitzern<br />
stets die Zuwendung, die sie benötigt.<br />
„Kaufinteressenten sollten nur bei<br />
einer halbwegs nachvollziehbaren Service-Historie<br />
zuschlagen“, rät Hermann.<br />
„Bei regelmäßiger Wartung können auch<br />
die 500er-Motoren Laufleistungen von<br />
150 000 Kilometern erreichen.“ Dafür<br />
bietet vor allem die Gilnisil-Beschichtung<br />
von Zylindern und den Gleitlagern der<br />
Pleuelfüße die besten Voraussetzungen.<br />
Dabei handelt es sich um die italienische<br />
Nikasil-Variante, bestehend aus Silizium<br />
und Nickel (GILardoni NIckel SILicio).<br />
Leckende Dichtungen<br />
Dennoch kennt Hermann auch beim<br />
Pantah-Motor einige Schwachpunkte.<br />
„Bläst der Motor nach dem Kaltstart dunklen<br />
Rauch aus dem Auspuff, liegt das meist<br />
an mitverbranntem Motoröl als Folge verhärteter<br />
Ventilschaftdichtungen.“ Das ist<br />
jedoch ein eher harmloser Schaden, der<br />
rasch zu beheben ist. Für den Austausch<br />
der Dichtungen stehen zwei Stunden Arbeit<br />
und rund 30 Euro für die vier Dichtungsringe<br />
auf der Rechnung. „Dabei darauf<br />
achten, dass bei der Reparatur die<br />
neueste Generation der Ventilschaftdichtungen<br />
eingebaut wird und nicht die abgelagerten<br />
Original-Ersatzteile“, ergänzt<br />
Hermann.<br />
Probleme bereiten im Alter weiterhin<br />
die Fußdichtungen der beiden Zylinder.<br />
Sie bestehen aus Dichtungspapier, das im<br />
Laufe der Jahre Öl durchlässt. „Typisch dafür<br />
ist Ölnebel am Zylinderfuß“, weiß Thomas<br />
Jungen, Kfz-Techniker-Meister und<br />
ebenfalls Ducati-Spezialist. „Solange sich<br />
keine Öltropfen bilden, besteht allerdings<br />
kein akuter Handlungsbedarf.“ Für den<br />
Austausch beider Fußdichtungen müssen<br />
beide Zylinder demontiert werden. Macht<br />
rund fünf Stunden Arbeitszeit. Die Materialkosten<br />
sind dagegen ein Klacks: Für die<br />
beiden Fußdichtungen und O-Ringe sind<br />
zusätzlich etwa 15 Euro einzukalkulieren.<br />
Risiko: die Kurbelwellenlager<br />
Richtig teuer wird es dagegen, wenn die<br />
Kurbelwellenlager der Pantah Ärger machen,<br />
was nach über drei Jahrzehnten gar<br />
nicht mal so selten ist. Im Gegensatz zu<br />
den robusten Gleitlagern der Pleuel wurden<br />
hier nämlich Kugellager mit einem<br />
Kugelkäfig aus Pertinax verbaut. „Das<br />
Problem ist, dass der Kunststoff mit den<br />
Jahren hart wird und bricht. Dann haben<br />
die Kugeln im Lager keine Führung mehr“,<br />
warnt Thomas. „Die Folge ist ein massiver<br />
Lagerschaden, bei dem auch die Kurbelwelle<br />
beschädigt werden kann.“ Ein gravierender<br />
Schaden, der sich dummerwei-<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
se nur sehr selten vorzeitig ankündigt.<br />
Wenn der Pertinax-Käfig platzt, ist es jedoch<br />
zu spät. Als Ersatz bietet Ducati verbesserte<br />
Kugellager mit einem widerstandsfähigeren<br />
Kugelkäfig an. Während<br />
die rund 180 Euro für zwei solcher Lager<br />
noch verkraftbar sind, reißen die Werkstattkosten<br />
ein gewaltiges Loch in die<br />
Haushaltskasse. Bei so einem Kurbelwellenschaden<br />
muss der Motor zerlegt, gereinigt<br />
und vermessen werden. Mit Ein- und<br />
Ausbau kommen da gut und gerne 3500<br />
Euro zusammen. Hermann rät daher jedem<br />
Restaurierer, im Zuge der Motorüberholung<br />
stets die Kurbelwellenlager gegen<br />
die verbesserten neuen zu tauschen.<br />
Wartungsstau bei Zahnriemen<br />
Rechtzeitig tauschen sollten Pantah-Eigner<br />
ebenso die beiden Zahnriemen zu den<br />
Nockenwellen. „Die Zahnriemen sind laut<br />
Serviceplan nach 20 000 Kilometern oder<br />
alle zwei Jahre zu wechseln. Das ‚vergessen‘<br />
Pantah-Eigner jedoch mitunter“,<br />
kennt Hermann den nicht ganz ungefährlichen<br />
Schlendrian einiger Ducatisti. Und<br />
rät daher, bei der Besichtigung mit einem<br />
Fünfer-Inbusschlüssel die beiden Steuerkasten-Abdeckungen<br />
an den Zylindern<br />
abzunehmen, um den Zustand der Zahnriemen<br />
zu kontrollieren. Brüchige oder<br />
gar angerissene Zahnriemen sofort tauschen!<br />
Das gilt ebenso, wenn diese über<br />
Polyamid-Räder laufen. Thomas warnt:<br />
„Diese Kunststoffräder fressen Zahnriemen<br />
regelrecht auf. Wegen der im Vergleich zu<br />
Stahlrädern deutlich höheren Reibungshitze<br />
sind neue Zahnriemen oft schon 500<br />
Kilometer nach der Montage wieder am<br />
Ende.“ Der Experte rät daher dringend zu<br />
Zahnriemenrädern aus Stahl. Vorsicht ist<br />
ebenso bei solchen aus Aluminium geboten:<br />
Hier kommt es zu einem sehr feinen,<br />
pulverartigen Abrieb an den Zahnriemen.<br />
Und damit ebenfalls zu vorzeitigem Verschleiß.<br />
Vier Stahlrollen kos ten zirka 100<br />
Euro, plus eine Stunde Arbeitszeit für den<br />
Wechsel. Die Preise für einen Zahnriemen<br />
schwanken – je nach Anbieter – zwischen<br />
20 und 50 Euro.<br />
Bei abgenommenen Deckeln sollten<br />
überdies die Lager der Spannrollen gecheckt<br />
werden. „Zum Prüfen drückt man<br />
den Zahnriemen etwas nach oben weg<br />
und dreht die Spannrolle“, so Hermann.<br />
„Schwergängige oder gar festgefressene<br />
Lager finde ich immer wieder. Diese müssen<br />
umgehend ersetzt werden.“ Sein Tipp:<br />
Beim Wechsel der Spannrollenlager unbedingt<br />
auf das maximale Anzugsmoment<br />
achten (25 Nm), sonst reißt das Gewinde<br />
im Motor aus. Ein Schwachpunkt, der<br />
auch Ducati schon früh aufgefallen ist,<br />
denn ab der ersten Modellpflege wurden<br />
bei der Pantah hier Heli-Coil-Gewinde<br />
eingesetzt.<br />
Kurbelwellenlager<br />
Harte mechanische Laufgeräusche in<br />
diesem Bereich haben ihre Ursache<br />
meist in defekten Kurbelwellenlagern<br />
Zahnriemen<br />
Die Zahnriemen erfordern einen turnusmäßigen<br />
Wechsel nach 20000 Kilometern oder zwei Jahren<br />
Die Kombination von Zahnriemen mit<br />
Alu-Rädern bedeutet oftmals einen<br />
erhöhten Verschleiß durch Alu-Abrieb<br />
Hier rechts die verbesserten Kurbelwellenlager.<br />
Die alten mit Pertinax-Käfig (oben<br />
links) sollten alsbald gewechselt werden<br />
Halten am längsten<br />
und schonen zugleich<br />
die Zahnriemen: Riemenräder<br />
aus Stahl<br />
Alu-Riemenräder sollte man nur dann<br />
weiterverwenden, wenn sie sich – wie hier<br />
zu sehen – in gutem Zustand befinden<br />
Bei abgenommener Riemenabdeckung<br />
sollte auch ein<br />
Check der Spannrollen des<br />
Zahnriemens erfolgen. Dazu<br />
den Zahnriemen von der<br />
Rolle wegdrücken und die<br />
Rolle drehen. Läuft diese<br />
schwer, ist ein Tausch<br />
angeraten, der allerdings<br />
rasch erledigt ist<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 89
UNTER DER LUPE I<br />
Ducati Pantah<br />
Kupplung und Getriebe<br />
Die Achtscheiben-Ölbadkupplung funktioniert bei allen<br />
Baureihen der Pantah völlig unproblematisch<br />
Die Kupplungshydraulik-Armatur<br />
muss in Ordnung<br />
sein. Sie ist als<br />
Ersatzteil nicht<br />
mehr erhältlich<br />
Vergaser<br />
Typischer Umbau bei den<br />
meisten Pantahs: Die<br />
Montage eines offenen<br />
Trichters bewirkt in aller<br />
Regel zwar ein leichtes<br />
Leistungsplus, zugleich aber<br />
auch erhöhten Verschleiß<br />
im Vergaser, insbesondere<br />
am Schieber<br />
Deutlicher Unterschied:<br />
links ein<br />
verstärktes Getriebezahnrad,<br />
rechts<br />
eines der Getriebe<br />
bis Ende 1980<br />
Die Kupplung der 500 SL der<br />
ersten Baureihe wurde noch<br />
mechanisch angesteuert.<br />
Ab 1981 hat Ducati die<br />
mechanische Kupplungsbetätigung<br />
durch eine<br />
hydraulische ersetzt<br />
Frühe Getriebe mit Karies<br />
Die nächsten Checkpunkte betreffen die<br />
Kraftübertragung. Kaum Probleme bereitet<br />
die Ölbadkupplung mit acht Scheiben.<br />
Sie ist bei allen Pantah-Baureihen unauffällig,<br />
egal, ob mechanisch oder hydraulisch<br />
betätigt. Voraussetzung ist allerdings<br />
das richtige Motoröl. „Auf modernes<br />
Synthetiköl reagiert sie zuweilen mit<br />
Durchrutschen“, weiß Thomas. Bei Ersatzteil-bestellungen<br />
sollte man wissen, dass<br />
die 600er-Modelle ab 1981 und die 650er-<br />
Varianten größere und standfestere Kupplungen<br />
besitzen als die 500er, deren<br />
Bauteil bis zum Produktionsende 1983<br />
unver ändert blieb.<br />
Mehr Aufmerksamkeit verlangt dagegen<br />
das Getriebe der Pantah 500 SL der<br />
Baujahre 1979 und 1980. Das krankt häufiger<br />
an Zahnausfall wegen zu schmal ausgelegter<br />
Zahnräder, die den Kräften auf<br />
Dauer nicht gewachsen sind. „Auch wieder<br />
so ein Schaden, der sich leider nicht<br />
ankündigt“, sagt Hermann. Bei einer Motorüberholung<br />
also stets auch das Getriebe<br />
auf Materialausbrüche kontrollieren!<br />
Ab 1981 hat Ducati bei allen Pantah-Varianten<br />
das verstärkte Getriebe der 600er<br />
mit breiteren Zahnrädern verbaut. Dieses<br />
kann auch bei den frühen 500ern nachgerüstet<br />
werden. Sofern sich die heute sehr<br />
raren Teile noch auftreiben lassen, müssen<br />
dafür rund 1800 Euro veranschlagt werden.<br />
Und dazu noch der Arbeitslohn für<br />
gut acht Stunden bei einem erfahrenen<br />
Mechaniker. Kleiner Trost: Der Sekundärantrieb<br />
der Pantah ist völlig unproblematisch.<br />
Bei Verschleiß kosten Kette, Ritzel<br />
und Kettenblatt nicht die Welt.<br />
Verschleiß an den Vergasern<br />
Ab Werk wurde die Pantah mit Luftfilterkasten<br />
ausgeliefert. Viele Pantah-Fahrer<br />
haben auf die 36er-Dellorto-Vergaser jedoch<br />
offene Trichter gesteckt, die in Kombination<br />
mit offenen Conti-Tüten und passender<br />
Abstimmung weitere fünf PS<br />
mobilisieren. Durch die ungefilterte Luft<br />
erhöht sich aber den Verschleiß in den<br />
Vergasern. Betroffen sind insbesondere<br />
die Schieber. „Zum Prüfen den Trichter<br />
entfernen und den Schieber im Vergaser<br />
bewegen. Besser klappt es allerdings,<br />
wenn man die Vergaser ausbaut“, weiß<br />
Hermann. Hat der Schieber zu viel Spiel in<br />
seiner Führung oder zeigt er übermäßig<br />
viele Riefen, kommt man um den Tausch<br />
des betreffenden Vergasers nicht umhin.<br />
Kosten pro Stück: zirka 250 Euro. Plus Arbeitslohn<br />
für den Austausch von jeweils<br />
rund 20 Minuten. Ausgeschlagene Vergaser<br />
machen sich übrigens früh durch unrunden<br />
Lauf im Standgas bemerkbar. Zudem<br />
lassen sich die Vergaser nur schlecht<br />
oder überhaupt nicht synchronisieren.<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Elektrik: Zündungs-Probleme<br />
Die Elektrik der Pantah arbeitet für italienische<br />
Verhältnisse recht zuverlässig. Verbaut<br />
wurden an den Pantahs Komponenten<br />
mehrerer Hersteller wie Bosch, Ducati<br />
Elettrotecnica oder SJCE.<br />
Ein typischer, weil häufig auftretender<br />
Fehler betrifft die Verkabelung der Bosch-<br />
Pick-ups. Der Zündgeber arbeitet im Ölbad<br />
des Motors. Das greift im Lauf der Zeit<br />
jedoch die Silikonisolierung der Kabel an<br />
oder löst sie sogar auf. Irgendwann kommt<br />
es dann zum Kurzschluss, und der zündende<br />
Funke bleibt aus. „Bereits kleine<br />
Beschädigungen führen zu falschen Zündimpulsen.<br />
Typische Symptome sind ein<br />
schlechtes Startverhalten und ein sehr<br />
unwillig laufender V2“, so Hermann. „Der<br />
Schaden lässt sich durch das Einlöten neuer<br />
Kabel mit Öl-resistenter Isolierung beheben.“<br />
Nach dem Ablassen des Motoröls<br />
kann der linke Motordeckel abgenommen<br />
werden. Für die gesamte Reparatur kalkuliert<br />
der Profi gut drei Stunden Arbeitszeit.<br />
Hinzu kommen Dichtmittel für den Deckel<br />
und die neuen Kabel, wobei Letztere mit<br />
rund 20 Euro kostenmäßig den kleinsten<br />
Posten darstellen. Ist ein Austausch der<br />
Pick-ups nötig, kommt heute nur noch Ersatz<br />
aus dem Zubehör infrage. Die originalen<br />
Ducati-Teile von Bosch oder Kokusan<br />
sind nicht mehr erhältlich. Alter nativen<br />
finden sich jedoch bei Elektronik Sachse<br />
oder Silent Hektik.<br />
Ärger mit Lima und Anlasser<br />
Einen zweifelhaften Ruf genießt die im<br />
Ölbad laufende Lichtmaschine, sie gilt als<br />
nicht besonders standfest. Am Stator brennen<br />
hier gerne mal die Wicklungen durch,<br />
es kommt dadurch zu Kurzschlüssen.<br />
Auch hier sind es die Isolierungen der<br />
Wicklungen, die sich dem chemischen<br />
Zersetzungsprozess im Ölbad auf Dauer<br />
nicht erwehren können. Dieser Defekt<br />
tritt plötzlich auf, erkennbar am fehlenden<br />
Ladestrom und der aufleuchtenden<br />
Generator-Warnleuchte. Die Reparatur<br />
ist nicht gerade günstig, da es die Lima<br />
nur noch komplett gibt – für 450 Euro.<br />
Auch für diese Reparatur veranschlagt ein<br />
Ducati-Mechaniker zwei bis drei Stunden<br />
Arbeitszeit, zuzüglich der Dichtungen für<br />
den linken Motordeckel.<br />
Defekte Spannungsregler sind in<br />
Pantah-Kreisen ebenfalls ein Thema. Es<br />
kann bei einer Besichtigung also nicht<br />
schaden, den Ladestrom zu messen. Liegt<br />
er unter 13 Volt, ist wahrscheinlich der<br />
Regler defekt. Ein originales Bauteil von<br />
Ducati Elettrotecnica kostet um die 100<br />
Euro, ist aber in einer halben Stunde eingebaut.<br />
Probleme mit der Zuverlässigkeit offenbaren<br />
weiterhin die Anlasser der ersten<br />
Pantah-Modelle, die von SJCE stam-<br />
Zündung<br />
Die Verkabelung des<br />
Pick-ups außerhalb des<br />
Motorgehäuses stets auf<br />
Brüche kontrollieren<br />
Lichtmaschine<br />
Unter dem linken Motordeckel befindet<br />
sich die im Ölbad laufende Lichtmaschine<br />
Die Lichtmaschine gibt es nur komplett<br />
als Satz, bestehend aus Rotor und Stator<br />
Die chemischen und thermischen<br />
Belastungen im<br />
Motoröl setzen der Isolierung<br />
der Pick-up-Verkabelung<br />
so zu, dass sie sich<br />
sogar auflösen kann. Die<br />
Verkabelung lässt sich durch<br />
Einlöten neuer Kabel wieder<br />
reparieren<br />
Wenn sich die Isolierung im Ölbad auflöst,<br />
brennen die Wicklungen des Stators durch<br />
Ursache zu niedrigen Batterie-Ladestroms<br />
ist meist ein defekter Spannungsregler<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 91
UNTER DER LUPE I<br />
Ducati Pantah<br />
Anlasser<br />
Frühe Pantahs leiden im Alter oft unter<br />
den unzuverlässigen E-Startern von SJCE<br />
Fahrwerk<br />
Bei der Besichtigung nach<br />
typischen Sturzspuren<br />
fahnden, neue Pantah-Rahmen<br />
gibt es nicht mehr<br />
Tauch- und Standrohre<br />
sind langlebig. Voraussetzung<br />
ist der regelmäßige<br />
Tausch des Gabelöls<br />
Die Schwingenlagerung<br />
ist ins Motorgehäuse<br />
integriert. Sie wird vom<br />
Motoröl geschmiert<br />
Kein Hexenwerk für<br />
Profis: der Tausch defekter<br />
Gabelsimmerringe,<br />
erkennbar am Ölnebel<br />
Aufwendig: die Reparatur<br />
defekter Schwingenlager.<br />
Günstiger kommt Hermanns<br />
Reparaturmethode<br />
Sinnvoll, aber teuer: Umrüstung auf einen<br />
Denso-Starter, der rund 410 Euro kostet<br />
Das Lenkkopflager ist von<br />
hervorragender Qualität<br />
und bei regelmäßiger<br />
Schmierung langlebig<br />
Die originalen Marzocchi-<br />
Dämpfer wurden oft gegen<br />
Federbeine aus dem<br />
Zubehör getauscht<br />
men. „Insbesondere bei nicht optimalem<br />
Ladezustand der Batterie zieht er den<br />
Motor kaum mehr durch und verursacht<br />
dabei üble Geräusche“, beschreibt Thomas<br />
die Symptome. „Ursache ist dessen extrem<br />
hohe Stromaufnahme.“ Ducati hat<br />
das Teil bei späteren Modellen durch einen<br />
Starter von Denso getauscht. Falls<br />
noch ein SJCE-Starter verbaut sein sollte,<br />
kann er problemlos durch den Denso-<br />
Starter ersetzt werden. Die Umrüstung<br />
geht mit rund 410 Euro für den besseren<br />
Starter aber ganz schön ins Geld, zumal<br />
hierfür auch noch Kosten für etwa drei<br />
Arbeitsstunden einzuberechnen sind.<br />
Solides Fahrgestell<br />
Das Fahrgestell der Pantahs zeigt keine<br />
Auffälligkeiten, es gilt als robust und langlebig.<br />
„Bei der Besichtigung den Rahmen<br />
gründlich auf typische Unfallschäden<br />
prüfen“, rät Thomas zu erhöhter Aufmerksamkeit.<br />
„Neue Rahmen gibt es nicht<br />
mehr. Bei einer Beschädigung hilft nur<br />
noch die Reparatur oder der Tausch gegen<br />
einen guten gebrauchten.“ Die Preise für<br />
Rahmen sind daher entsprechend hoch.<br />
Ähnlich ist die Situation bei der 35er-<br />
Telegabel von Marzocchi. Mit Ausnahme<br />
der Dichtringe gibt es keine originalen<br />
Ersatzteile mehr. Nur gut, dass die Gabel<br />
zumeist noch problemlos funktioniert.<br />
„ Voraussetzung ist jedoch der regelmäßige<br />
Wechsel des Gabelöls“, so Hermann.<br />
„Einzige Schwäche sind die Gabeldichtringe<br />
, die immer mal wieder undicht werden.“<br />
Abhilfe kostet rund 30 Euro für die<br />
Dichtringe und etwa zwei Stunden Arbeit.<br />
Recht langlebig ist ebenso das Lenkkopflager.<br />
Wer die Kegelrollen regelmäßig<br />
reinigt und schmiert, wird viele Jahre<br />
Freude daran haben. Bei einem Defekt ist<br />
Ersatz problemlos lieferbar, beide Lager<br />
sind Standardware und zusammen für<br />
rund 100 Euro erhältlich. Für den Einbau<br />
sind rund vier Stunden einzukalkulieren.<br />
Mehr Wartungsaufwand erfordert allerdings<br />
die Hinterradschwinge. Deren<br />
Achse lagert im Motorgehäuse und wird<br />
vom Motoröl geschmiert. Mit der Zeit<br />
schlagen allerdings die Gleitbuchsen im<br />
Gehäuse aus. Ob die Schwingenlagerung<br />
zu viel Spiel aufweist, prüft man am bes ten<br />
bei aufgebocktem Motorrad, indem man<br />
die Schwinge hin und her drückt. „Die<br />
Reparatur kann sehr teuer werden“, weiß<br />
Hermann, „Viele Betriebe bauen hierzu<br />
nämlich den Motor aus und zerlegen ihn,<br />
um dann die neuen Lagerbuchsen einzusetzen<br />
und auszureiben. So vermeidet<br />
man, dass Späne vom Aufreiben der Buchsen<br />
im Motor zurückbleiben.“ Hermann<br />
empfand diese Methode jedoch immer<br />
schon als zu aufwendig und teuer. Seine<br />
Methode ist kostengünstiger: „Wir reiben<br />
die Schwingenlagerbuchsen aus, ohne<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
hierfür den Motor zu zerlegen“, erklärt<br />
der Ducati-Spezialist. „Das klappt mit<br />
einem alten Trick. Wenn man die Reibahle<br />
stark mit Fett einschmiert, bleiben die<br />
Späne daran hängen und fallen nicht ins<br />
Motorgehäuse.“ Trotzdem sollte man diese<br />
Arbeit nicht selbst angehen, da das Ausreiben<br />
sehr viel Erfahrung voraussetzt.<br />
Selbst Hermann benötigt für die Reparatur<br />
der Schwingenlager und den Einbau der<br />
Achse gut zwei Stunden. Letztere ist als<br />
Ersatzteil nicht mehr erhältlich. Ist die<br />
Achse selbst ebenfalls verschlissen, muss<br />
sie überarbeitet und wieder hart verchromt<br />
werden. Die Kosten hierfür variieren,<br />
sie sind vom Aufwand der Überholung<br />
abhängig.<br />
Die serienmäßigen Marzocchi-Stoßdämpfer<br />
sind heute eher ein Fall für Originalitäts-Fanatiker.<br />
Die meisten Vorbesitzer<br />
dürften sie nämlich gegen die besser<br />
ansprechenden Pendants von Koni (heute<br />
Ikon) ausgetauscht haben.<br />
Bremsen: lascher Druckpunkt<br />
Solch ein Austausch war im Hinblick auf<br />
die Brembo-Bremsanlage nie ein Thema.<br />
Gemessen am Standard der zeitgenössischen<br />
Konkurrenz verzögern die drei<br />
260-Millimeter-Scheiben sehr ordentlich.<br />
Was fehlt, ist ein klar definierter Druckpunkt<br />
am Handbremshebel. Ursache ist<br />
das ungünstige Übersetzungsverhältnis<br />
des serienmäßigen Bremskolbens (15 Millimeter).<br />
Deshalb gab es bei den Pantahs<br />
viele Umbauten auf eine Handbremsarmatur<br />
mit 17-Millimeter-Kolben. Sehr zum<br />
Verdruss aller Originalitäts-Fans, denn die<br />
Original-Teile sind – mit Ausnahme von<br />
Dichtungssätzen – heute nicht mehr erhältlich.<br />
Und gebraucht ebenfalls nur<br />
noch schwer zu bekommen.<br />
Robuste Instrumente<br />
Ein Dilemma, das auch Armaturen, Instrumente<br />
und Beleuchtungs- sowie Signaleinrichtungen<br />
betrifft. Neuteile sind kaum<br />
noch lieferbar, nur auf dem Gebrauchtmarkt<br />
tauchen immer wieder mal Teile<br />
auf. Qualitativ zählten diese Komponenten<br />
zu den besten in der damaligen Mittelklasse,<br />
sie sind hochwertig und langlebig.<br />
Das gilt insbesondere für die Ins trumente<br />
vom japanischen Hersteller Nippon Denso,<br />
die nur selten Anlass für Kummer geben.<br />
Also bei der Besichtigung einer<br />
Pantah auch diese Bauteile auf Funktion<br />
und Vollständigkeit prüfen. Die Blinker<br />
sind dagegen typisch italienische Standardware,<br />
die auch Moto Guzzi im Teileregal<br />
liegen hatte.<br />
Mit Conti-Tüten mehr Power<br />
Die originale Auspuffanlage bereitet bis<br />
auf die beiden Endtöpfe kaum Probleme.<br />
Die originalen Contis weisen auf Höhe des<br />
Bremsanlage<br />
Oft sorgen 17er-Handbremspumpen für<br />
einen knackigeren Druckpunkt. Neu gibt<br />
es die Serien-Bremsarmatur nicht mehr<br />
Instrumente und Armaturen<br />
Bei den Pantah-Modellen waren ab Werk<br />
hochwertige und robuste Instrumente des<br />
japanischen Zulieferers Nippon Denso verbaut<br />
Die Bremsanlage der Ducati<br />
Pantah lieferte Brembo.<br />
Sowohl Bremsbeläge als<br />
auch die gelegentlich<br />
benötigten Dichtungssätze<br />
sind problemlos erhältlich<br />
Auch die Fußbremsarmatur ist als Originalteil<br />
heute nicht mehr erhältlich. Also<br />
Vorsicht, wenn sie nicht richtig funktioniert<br />
Die Blinker sind Standardware.<br />
Fehlen sie, einfach bei<br />
Moto Guzzi nachfragen<br />
Die originalen Armaturen<br />
sowie der H4-Scheinwerfer<br />
sollten vorhanden sein.<br />
Ersatz ist heute nur noch<br />
schwer zu bekommen<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 93
UNTER DER LUPE I<br />
Ducati Pantah<br />
Auspuffanlage<br />
Die Krümmeranbindung<br />
des liegenden Zylinders<br />
liegt im Spritzwasserbereich,<br />
ist aber unkritisch<br />
Beliebte Modifikation an Pantahs: der<br />
Austausch der serienmäßigen Schalldämpfer<br />
gegen kurze Conti-Tüten (hier<br />
zum Vergleich auf der Hebebühne)<br />
Die ersten Pantahs hatten<br />
noch glatte Verkleidungen.<br />
Seit Baujahr 1980<br />
besaßen die Halbschalen<br />
einen Spoiler oberhalb<br />
des liegenden Zylinders<br />
Unbedingt einen Blick ins<br />
Innere des Tanks werfen!<br />
Er muss rostfrei sein,<br />
Ersatz gibt es nicht mehr<br />
Die originalen Schalldämpfer<br />
der Pantah<br />
rosten meist im Bereich<br />
des Endprallbleches durch<br />
Worauf noch zu achten ist<br />
Embleme sollten unversehrt<br />
sein, da ansonsten<br />
Kosten für eine teure<br />
Nachfertigung anfallen<br />
Zur Kontrolle einen Blick<br />
von hinten auf das Prallblech<br />
werfen. Es verrät<br />
das Stadium des Verfalls<br />
Die voluminösen originalen Schalldämpfer<br />
lassen sich anhand dieser eingravierten<br />
Zahlenkennung identifizieren<br />
Unter der Heckspoilerabdeckung<br />
verbirgt sich der<br />
Soziussitz. Die Abdeckung<br />
ist mit einer Schraube<br />
gesichert (links). Am besten<br />
abnehmen, um den Sozius-<br />
Sitzbankbezug auf Risse<br />
prüfen zu können (oben)<br />
Nützlich: eine Aufbockhilfe<br />
am Heck der Pantah.<br />
Einen Seitenständer<br />
besitzt sie nämlich nicht<br />
letzten Prallblechs häufig Lochfraß auf.<br />
„Original-Töpfe gibt es keine mehr“, so<br />
Hermann. „Der Markt bietet aber viele<br />
Nachrüst-Schalldämpfer für jeden Geldbeutel<br />
an.“ Beliebt waren einst Umrüstungen<br />
auf die kurzen, offenen Conti-Tüten,<br />
die der 500er-Pantah zusammen mit<br />
offenen Vergasern neben etwas mehr Leis<br />
tung auch den typischen Ducati-Sound<br />
bescheren. Alle Umbauten konnten einst<br />
sogar von einem wohlgesinnten TÜV-Prüfer<br />
eingetragen werden. Also auch auf solche<br />
Vermerke im Brief achten. Vor allem,<br />
wenn die serienmäßigen Schalldämpfer<br />
nicht mehr vorhanden sind.<br />
Viele Teile nicht mehr lieferbar<br />
Entscheidend bei den Preisverhandlungen<br />
ist ebenso die Vollzähligkeit aller<br />
serienmäßigen Anbauteile. Denn sowohl<br />
die Verkleidung als auch die Seitendeckel-<br />
Sitzbank-Kombination oder Spiegel, Fußrasten,<br />
Kotflügel und der Tank sind als<br />
Neuteile nicht mehr erhältlich. Ordentliche<br />
Nachbauten gibt es jedoch im Zubehör.<br />
Diopa (www.diopa.com) fertigt<br />
beispielsweise Halbschalen der zweiten<br />
Generation und Höcker nach. Auf Nachfertigungen<br />
sind ebenfalls all jene Ducatisti<br />
angewiesen, die das originale Dekor<br />
wünschen. Thomas fertigt es selbst an, das<br />
kostet dann zwischen 200 und 300 Euro.<br />
Ein besonderes Augenmerk verlangt<br />
der Tank. „Hier sind Durchrostungen ein<br />
ernstes Problem“, weiß Thomas. „Also immer<br />
den Tankdeckel öffnen und einen<br />
Blick ins Innere des Tanks werfen.“ Bei<br />
starker Korrosion kommt man um eine<br />
aufwendige Sanierung mit anschließender<br />
Versiegelung nicht herum. Daher kosten<br />
gebrauchte Spritbehälter relativ viel Geld.<br />
Somit stets auf die Dichtung des Tankdeckels<br />
achten, damit darüber keine<br />
Feuchtigkeit ins Innere des Tanks gelangt.<br />
Die Pantah-Preise ziehen an<br />
Trotz einiger Macken sollten sich Interessenten<br />
nicht vom Kauf einer Pantah abschrecken<br />
lassen. Auch sie ist eine echte<br />
Ducati. Das gilt nicht nur für Fahrgefühl<br />
und Sound, sondern auch für die Exklusivität.<br />
Für Kaufwillige hat Hermann zum<br />
Schluss noch einen Tipp: „Wer glaubt, eine<br />
Ducati Pantah sei in Italien billiger zu haben,<br />
der irrt. Dort gilt sie längst als Klassiker,<br />
der Markt ist nahezu leer gekauft. Bei<br />
uns sieht es besser aus, weil die Pantah<br />
hierzulande noch ein wenig unterbewertet<br />
ist.“ Was bedeutet, dass selbst originale<br />
Top-Exemplare noch für rund 8000 Euro<br />
zu haben sind. Andererseits findet man<br />
für die Hälfte der Summe oft nur verbastelte<br />
Restaurierungsobjekte. Wer zum exklusiven<br />
Kreis der Pantah-Besitzer zählen<br />
möchte, sollte sich also sputen. Bevor die<br />
Pantah-Preise wirklich abheben. ◻<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Schrauberkenntnisse<br />
Modelle<br />
Wie jede Ducati stellt auch eine Pantah höhere Anforderungen an<br />
Schrauber. Zur realistischen Selbsteinschätzung zeigen wir,<br />
welche Arbeiten Heimwerker packen – und welche eher nicht.<br />
Reparatur<br />
Ventilschaftdichtungen wechseln<br />
Zylinderfußdichtungen wechseln<br />
Kurbelwellenlager tauschen<br />
Zahnriemen tauschen<br />
Zahnriemenräder tauschen<br />
Spannlager tauschen<br />
Vergaser tauschen<br />
Auspuffanlage montieren<br />
Getriebezahnräder tauschen<br />
Gabeldichtringe reparieren<br />
Lenkkopflager tauschen<br />
Schwingenachse reparieren<br />
Stoßdämpfer hinten ersetzen<br />
Handbremspumpe überholen<br />
Pick-up-Verkabelung instand setzen<br />
Pick-up ersetzen<br />
Lima-Stator tauschen<br />
Elektronische Zündung einbauen<br />
Spannungsregler ersetzen<br />
Tank instand setzen (Rost und Dichtheit)<br />
Schwierigkeitsgrad<br />
= einfache Arbeiten, die keine besonderen Kenntnisse erfordern (Ölwechsel, Luftfilter tauschen u.a.)<br />
= anspruchsvollere Arbeiten (Vergaser reinigen, Zündkontakte wechseln u.a.)<br />
= Arbeiten, die einen versierten Schrauber erfordern (Motor oder Getriebe aus- und einbauen)<br />
= Werkstattarbeit, somit ein Fall für sehr erfahrene oder professionelle Schrauber<br />
(z.B. Getriebe überarbeiten, Motor zerlegen u.a.)<br />
= Arbeit für Spezialisten (z.B. Zylinder neu beschichten, Kurbelwelle wuchten u.a.)<br />
Adressen<br />
SPEZIALISTEN<br />
Motorrad Beyreuther<br />
www.motorrad- beyreuther.de<br />
Michael Nitzsche & Team<br />
www.italomotos.de<br />
Ducati Kämna<br />
www.ducati-kaemna.de<br />
NICs Garage<br />
www.nics-garage.info<br />
Preise<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
INTERNET<br />
Pantah-<br />
Interessen -<br />
gemeinschaft<br />
www.pantah-ig.eu<br />
Website von<br />
Rudolf Wasner<br />
www.pantah.eu<br />
www.desmopedia.de<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
DUCATI/CAGIVA<br />
500 SL Pantah 9131 1979–83 34/46 4900 2000<br />
600 SL Pantah 9400 1981–83 41/56 5100 2100<br />
650 SL Pantah 1<strong>01</strong>14 1985–86 43/58 5300 2200<br />
Cag. 650 Alazzurra 8970 1985–87 37/50 2500 700<br />
Die 500 SL Pantah des Modelljahres<br />
1980, mit mechanisch<br />
betätigter Kupplung und einer<br />
Halbschale ohne Spoiler.<br />
Leistung: 46 PS bei 8500/min<br />
Nach der Übernahme von<br />
Ducati brachte Cagiva 1985 die<br />
Alazzurra 650. Sie war nichts<br />
anderes als eine touristischer<br />
eingekleidete 650 SL Pantah<br />
Marktsituation<br />
Frank Wilke,<br />
Geschäftsführer<br />
von<br />
classicanalytics<br />
Ducati ist Königswelle, basta. Nach<br />
dieser goldenen Regel funktionierte<br />
der Markt für klassische Ducati-<br />
Modelle jahrelang bestens. Gesucht<br />
waren ausschließlich Versionen mit der<br />
aufwendigen Motortechnik, die jeder<br />
sofort mit dieser italienischen Marke<br />
verband. Mittlerweile hat sich die<br />
Marktsituation allerdings etwas<br />
verändert. Zu den Technik-Freaks von<br />
früher stoßen immer häufiger Ducati-<br />
Interessierte der Generation 40 plus,<br />
die sich mit der Pantah, egal welches<br />
Modell, ein Stück Jugend und auch<br />
ein wenig vom Flair der 80er-Jahre<br />
Ab 1981 ergänzte die 600 SL mit<br />
nunmehr 56 PS die Pantah-Baureihe.<br />
Neu waren das verstärkte<br />
Getriebe und die hydraulische<br />
Kupplungsbetätigung<br />
Auch in der ebenfalls 1985<br />
präsentierten Cagiva Elefant 650<br />
sorgte der 650er-V2 der letzten<br />
Pantah für rasanten Vortrieb –<br />
sogar abseits befestigter Wege<br />
zurückholen wollen. Nicht nur aus<br />
diesem Grund haben sich die Preise<br />
für ordentliche Pantahs in den letzten<br />
zehn Jahren fast verdoppelt. Solche<br />
Exemplare sind kaum unter 4500 Euro<br />
zu bekommen, wobei der Hubraum<br />
auf den Wert grundsätzlich keinen<br />
großen Einfluss hat – nur original und<br />
unverbastelt sollte der Italo-Traum<br />
sein. Weist der Fahrzeugbrief sogar nur<br />
einen Besitzer aus und kann dieser auch<br />
noch eine lückenlose Historie seiner<br />
wenig gelaufenen und top gepflegten<br />
Maschine nachweisen, die diese geringe<br />
Laufleistung glaubhaft macht, legen<br />
Pantah-Liebhaber aber auch deutlich<br />
höhere Beträge auf den Tisch. Derzeit<br />
halten aber selbst solche sehr raren<br />
Top-Exemplare noch einen deutlichen<br />
Respektabstand zur 10000-Euro-<br />
Schwelle. Oldtimermärkte in Italien<br />
sind als Einkaufsquelle übrigens kein<br />
Geheimtipp mehr. Die geschäftstüchtigen<br />
Italiener haben das wachsende<br />
Interesse an Pantahs längst bemerkt und<br />
rufen ähnliche Preise wie in deutschen<br />
Onlinebörsen oder Fachzeitschriften auf.<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 95
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
ZEIT DES<br />
ERWACHENS<br />
Ingolf Pompe hat mit tatkräftiger Unterstützung eine Honda<br />
CB 750 Four aus ihrem 35 Jahre währenden Dornröschenschlaf<br />
erweckt. Und dabei ganz bewusst die Patina ihrer lückenlos<br />
dokumentierten Geschichte bewahrt.<br />
Text und Fotos von Ingolf Pompe<br />
www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 97
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Nach 35 Jahren Stillstand bedeckt eine<br />
dicke Staubschicht die mit Rostpickeln<br />
übersähte Honda. Und das Brems-Fluid<br />
hat sich einfach „verkrümelt“
Fahren ohne Helm? Pennen<br />
ohne Isomatte? Damals, in<br />
den wilden 70ern, war das<br />
alles kein Problem. Die Beweise<br />
in Gestalt alter Fotos haben Uschi<br />
und Rainer Fritz lose in einem alten<br />
Schuhkarton bei sich im Stuttgarter Osten<br />
aufbewahrt. Nach 35 Jahren liegen die<br />
Bilder von einst vor mir auf dem Tisch,<br />
während sie von ihren Reisen mit der<br />
1973 erworbenen Honda CB 750 Four<br />
K2 erzählen. Spanien, Frankreich, Italien,<br />
rund 23 000 Kilometer hat sie die Honda<br />
durch Europa getragen. Bis zur Geburt des<br />
Sohnes im Jahr 1980. Der ist jetzt 35. Und<br />
so lange währte der Dornröschenschlaf<br />
der Honda – zuletzt in einem Metall-<br />
Container im Stuttgarter Binnenhafen.<br />
Doch mit der Ruhe ist es jetzt vorbei.<br />
Weil sich Uschi vor knapp einem Jahr verplappert<br />
hat und mir dieses Geheimnis<br />
verriet. Obwohl ich eher ein Freund niedriger<br />
Drehzahlen bin und daher bislang<br />
fast nur Ein- oder Zweizylinder gefahren<br />
habe, war ich elektrisiert, hatte mich der<br />
Gedanke an die Four und deren Mythos<br />
gepackt. Die erste Serienmaschine mit<br />
quer eingebautem Reihen-Vierzylinder,<br />
erstmals sogar mit hydraulischer Scheibenbremse<br />
vorn, die mit ihren sagenhaften 67<br />
PS den Weg vom ungeliebten Gebrauchsfahrzeug<br />
hin zur Freizeit-Spaßmaschine gewiesen<br />
hat. Die knapp 200 km/h schnelle<br />
Honda war eine technische Revolution<br />
mit einer klassischen Linie, gekrönt von<br />
der wunderschönen Vier-in-vier-Auspuffanlage!<br />
Zunächst musste ich mich aber gedulden,<br />
denn Rainer war erst nach sechsmonatiger<br />
Überzeugungsarbeit bereit, die<br />
schlafende Schönheit herauszugeben.<br />
Dann aber mit allen Accessoires und<br />
Dokumenten. Jede noch so kleine Werkstattrechnung<br />
hatte er schwäbisch penibel<br />
aufgehoben. Somit habe ich nun eine<br />
lückenlose Historie der Honda, die mit<br />
Ausnahme der Koni-Stoßdämpfer und<br />
einer zweiten Bremsscheibe vorn völlig<br />
original belassen wurde.<br />
Da sich meine Schrauberkenntnisse<br />
aufs Einstellen von Ventilspiel und Vergaser<br />
meiner alten SR 500 beschränken, war<br />
mir von vornherein klar, dass ich dringend<br />
Hilfe bei Kauf und Einschätzung der<br />
anstehenden Reparaturen benötigen würde.<br />
Ich fand sie bei Mario Baumann, der in<br />
Remseck bei Stuttgart kurz zuvor seine<br />
„RadiergummiRacing“ genannte Anlaufstelle<br />
für zwei- und vierrädrige Youngund<br />
Oldtimer eröffnet hatte (www.radier<br />
gummiracing.com).<br />
Er begleitete mich zur Besichtigung.<br />
Was auch ganz gut war, denn der erste<br />
Anblick der Maschine ernüchterte mich<br />
rasch. Das feuchte und mit großen Temperaturschwankungen<br />
behaftete Klima in so<br />
einem Blech-Container hatte heftige Spuren<br />
hinterlassen. Die Räder bewegten sich<br />
keinen Millimeter, und die Bremsflüssigkeit<br />
hatte sich buchstäblich verkrümelt,<br />
sah aus wie kristallisierter Kandiszucker.<br />
Dazu Rost am Tankdeckel, Pickel auf dem<br />
Chrom und überall klebriger Staub. Außerdem<br />
waren Blinker und Kofferaufhängung<br />
abgerissen, weil Lagerarbeiter die<br />
Maschine grobmotorisch umgestellt hatten.<br />
Im modrig müffelnden Elefantenboy<br />
überlebten ein Reifendruckmesser, eine<br />
Werbe broschüre der Costa Brava, Kettenspray,<br />
Handschuhe, ja sogar eine Klopapierrolle<br />
von damals. Außerdem die alten<br />
Helme in den Krauser-Koffern! Dennoch,<br />
ich wollte die Maschine unbedingt, obwohl<br />
es im Vorfeld nicht an detaillierten<br />
Warnungen gefehlt hat: Was ist mit Dichtungen,<br />
Tank, Lagern und Standschäden?<br />
Doch Mario gab nach einer eingehenden<br />
Kontrolle sein Okay: „Ein seltenes Motorrad<br />
mit Charme und Ehrlichkeit.“ So habe<br />
ich den Deal mit Rainer per Handschlag<br />
perfekt gemacht.<br />
Mein Ziel war, den technisch einwandfreien<br />
Zustand herzustellen, ohne<br />
die Maschine einer Schönheitsoperation<br />
zu unterziehen. Die Four soll ihre Geschichte<br />
ruhig zeigen und zu ihrer Patina<br />
stehen, getreu dem Motto „ehrliche Falten<br />
statt künstliches Lifting“. Der Begriff „Patina“<br />
war mir zu diesem Zeitpunkt zwar geläufig,<br />
dass ich selbst ein solches Fahrzeug<br />
bewegen würde, aber neu. „Am Ende<br />
wird sie für den Laien so aussehen wie<br />
jetzt. Nur sauber“, meinte Mario. Er fand,<br />
meine Errungenschaft sei zu schade für<br />
eine komplette Restaurierung.<br />
Ein kurzer Testlauf vor einer eventuellen<br />
Zerlegung sollte erweisen, ob der bislang<br />
unangetastete Motor möglicherweise<br />
unheilvolle Geräusche offenbart, die größere<br />
Eingriffe erforderlich machen würden.<br />
Dazu erneuerte Mario Motoröl und<br />
Benzin, was er sich aber fast hätte sparen<br />
können, so gut sahen sowohl der Schmierals<br />
auch der Kraftstoff noch aus. Dann riss<br />
ein externer Batterie-Booster die CB unsanft<br />
aus ihrem Langzeit-Koma. Trotz verharzter<br />
Vergaser lief der Vierzylinder tatsächlich<br />
ein paar Takte, und zwar ohne<br />
Misstöne. Auch die Elektrik war größtenteils<br />
funktionsfähig. Der Motor war also<br />
grundsätzlich zur Arbeit bereit. Dennoch<br />
entschieden wir uns nach der langen<br />
Standzeit, dass Mario sich in die Tiefen<br />
der Technik vorarbeiten sollte.<br />
Davor rückte jedoch Lonny von<br />
„Customice“ an, um die Honda mittels<br />
Trockeneisstrahlen vom Staub der Jahrzehnte<br />
zu befreien. Nach zwei Stunden<br />
bei schier unerträglichem Lärm stand die<br />
Four schon viel besser da. Allerdings nur<br />
kurz, denn bis zu meinem nächsten Besuch<br />
hatte Mario meine Honda bereits in<br />
Einzelteile zerlegt, die ich nur noch anhand<br />
der Beschriftungen als mein Eigentum<br />
identifizieren konnte. Zudem staunte<br />
ich über die komplett auseinandergebauten<br />
Gabelrohre. „Die sind von innen verrostet.<br />
Wir überholen sie, und am Ende<br />
werden sie wieder wie früher aussehen“,<br />
beruhigte mich Mario und drückte mir<br />
dabei einen XXL-Karton mit Chromteilen<br />
in die Arme.<br />
„Viel Spaß, das ist ein Haufen Arbeit“,<br />
gab er mir mit auf den Weg. Zu Hause<br />
angekommen, tastete ich mich in Sachen<br />
Altteile-Aufbereitung vor. Zwei volle Tage<br />
lang. Na ja, es war mein Wunsch, intensiv<br />
Sanfte Gewalt hat die Bremsen so weit<br />
gelöst, dass wir die CB 750 aus der<br />
stählernen Lagerstätte rollen konnten<br />
Harro Elefantenboy mit dem Inhalt<br />
von 1977: Ansichtskarten, Zündkerzen,<br />
Reifendruckmesser und Klopapier<br />
Dank Trockeneisstrahlen verschwindet<br />
der Dreck selbst aus kleinsten Ritzen,<br />
dennoch bleibt der Lack unversehrt<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 99
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Operation gelungen – der Patient lebt<br />
wieder. Und zwar mit den Spuren der<br />
Zeit. Sie verleihen der Honda CB 750<br />
Four eine unverwechselbare Patina<br />
bei der Fertigstellung mitzuwirken. Zudem<br />
hatte ich es damit selbst in der Hand,<br />
wie viel Zeit mir ein funkelnder Auspuff<br />
wert ist. Neu kaufen kam nicht infrage,<br />
was zu retten war, sollte eben gerettet<br />
werden. Während ich meine Bude bei angenehmen<br />
25 Grad zur Werkstatt umfunktionierte,<br />
verpasste Mario dem Vierzylinder<br />
bei weniger angenehmen fünf<br />
Grad eine Sanierung. Trotz der geringen<br />
Laufleistung mussten Kopf- und Fußdichtung<br />
erneuert werden. Die verklebten<br />
Kolbenringe hat der Profi gereinigt und<br />
wieder montiert, alle anderen Innereien<br />
entweder geprüft oder – sofern nötig –<br />
überholt. Letzteres geschah mit den Vergasern,<br />
auch die Ventile wurden überarbeitet<br />
und anschließend eingeschliffen.<br />
Die Scheibenbremsen erforderten viel<br />
Geduld und ein paar unkonventionelle<br />
Methoden, um die Bremskolben mit dem<br />
vorsichtigen Einsatz von Flamme, Bohrer<br />
und Hammer aus den Sätteln zu bekommen.<br />
Anschließend wurden sie – wie der<br />
Handbremszylinder – überholt und mit<br />
neuen Leitungen verbunden. Peu à peu<br />
entstand aus dem Teilepuzzle wieder ein<br />
Motorrad. Der rostige Tank machte einen<br />
kleinen Ausflug in den Nachbarort, wo er<br />
saniert und frisch versiegelt wurde. Zum<br />
Abschluss spendierte Mario der Honda<br />
noch ein neues Starterrelais, dann durfte<br />
ich mein Motorrad selbst wieder zum Leben<br />
erwecken. „Wroooooom! Ich bin wieder<br />
da“, brummelte die Four auf der Hebebühne.<br />
Voller Vorfreude packten meine<br />
Hände den Lenker mit den frischen Griffen,<br />
die Rechte zuckte nach unten. Doch<br />
ich musste mich noch gedulden. Warten,<br />
bis alles dran ist, warten, bis die Vergaser<br />
eingestellt sind. Was gefühlt Jahre dauert,<br />
in Wirklichkeit aber nur zwei Wochen.<br />
Was kommt da auf mich zu? Mario<br />
Baumann beim ersten kritischen Blick<br />
auf den ausgebauten Motor<br />
Ausbau der Kolben. Sie waren okay,<br />
nur die verklebten Kolbenringe mussten<br />
wieder gangbar gemacht werden<br />
Zylinder und -Kopf nach der Demontage<br />
und vor der Reinigung. Die Ventilsitze<br />
benötigten etwas Feinschliff<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Alte Liebe rostet<br />
nicht: Uschi und<br />
Rainer Fritz staunen<br />
nicht schlecht, als<br />
sie die 750er sauber<br />
geputzt und fahrbereit<br />
wiedersehen<br />
Dann gab der Prüfingenieur seinen Segen,<br />
und auch der Oldie-Gutachter Peter<br />
Deuschle hatte seine Freude. „So etwas<br />
findet man äußerst selten. Eine echte<br />
Rarität. Gut, dass ihr die Patina erhalten<br />
habt“, lobte er und stellte erstaunt fest,<br />
dass der Tank schon damals maschinell<br />
lackiert wurde. „So dünn bekommt das<br />
kein Lackierer hin.“ Dank der lückenlosen<br />
Historie ermittelte der Gutachter einen<br />
fünfstelligen Wiederbeschaffungswert.<br />
Nachdem nun alle Experten ihre positive<br />
Einschätzung abgegeben hatten, galt<br />
es für mich im Frühjahr herauszufinden,<br />
ob ich deren Meinung teilen kann. Die<br />
erste Fahrt, 500 Kilometer zum Kennenlernen.<br />
Wie fühlt sie sich an, wie verhält<br />
sie sich – und wie ich mich? Passt alles?<br />
Gewöhnt an raue Singles und Twins,<br />
war die hochtourige Fahrweise mit dem<br />
Vierzylinder schon eine Umstellung für<br />
mich. Außerdem fuhren anfangs noch<br />
leise Zweifel mit. Springt sie immer an?<br />
Fährt sie zuverlässig? Man steckt ja nicht<br />
drin. Nach dem Tausch der festgegangenen<br />
Konis gegen die auf meine Statur und<br />
die Honda abgestimmten Hagon-Federbeine<br />
war mein Glück schließlich perfekt.<br />
Das ich sehr gerne mit den Erstbesitzern<br />
teilte. Natürlich wollten Uschi und Rainer<br />
„ihre“ wiederauferstandene Schönheit<br />
begutachten. Rainer schwelgte in alten<br />
Erinnerungen, Uschi wagte sogar eine<br />
kleine Runde mit mir. Auf dem Sozius platz<br />
habe ich auf den knapp 2000 Kilometern<br />
in dieser Saison ansonsten nur Reisegepäck<br />
und Proviant mitgenommen. Der<br />
Honda zeigte ich erst die nähere Umgebung,<br />
dann den Bodensee und die<br />
Vogesen, bei maximal 170 km/h. Immer<br />
dabei: eine Isomatte. Und ein Dauergrinsen<br />
– der Four-Spaß ist unbezahlbar! ◻<br />
Die innen verrostete Gabel musste<br />
komplett überholt werden. Dazu gehören<br />
neue Simmerringe sowie Gabelöl<br />
Rainer und Uschi haben die alten Fotos<br />
mit der Honda CB 750 wieder hervorgekramt,<br />
schwelgen in Erinnerungen<br />
Mach‘s noch einmal, Uschi – als Sozia<br />
hat sie nichts verlernt, legt sich wie<br />
einst unerschrocken in die Kurven<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 1<strong>01</strong>
SERVICE I<br />
Ausprobiert<br />
Glänzendes<br />
Ergebnis<br />
Fotos: Holzwarth<br />
Vor allem die Tauchrohre der Honda waren stark korrodiert (links). Nach mehreren<br />
Schleif- und Polierdurchgängen mit den EMR-Polituren glänzen sie wie neu<br />
Auch die Guzzi-Felgen wurden von Hand mit EMR grob geschliffen, danach mit<br />
EMR fein poliert und schließlich mit Autosol-Metallpolitur auf Hochglanz gebracht<br />
Es gibt Mittelchen, denen werden wahre<br />
Wunder nachgesagt. Und solche, die<br />
nur wenige kennen, die aber wunderbar<br />
funktionieren. Wie das „Retro-Polish“ von<br />
Ambassador-Chemie, das sich beim Aufarbeiten<br />
meiner ziemlich heruntergekommenen<br />
Honda XBR 500 S und den zwei von<br />
Salzpickeln angefressenen Guzzi-Speichenrädern<br />
hervorragend bewährt hat. An der<br />
Honda blühten nach einer langjährigen<br />
Standzeit alle Aluminiumteile. Besonders<br />
heftig die Tauchrohre der Gabel, die unter<br />
der vielfach aufgebrochenen Klarlackschicht<br />
großflächig korrodiert waren. Anstatt den<br />
restlichen Klarlack und die stark angegriffene<br />
Oberfläche mit einem feinen Schleifpapier<br />
herunterzuschleifen, probierte ich im<br />
ersten Arbeitsgang das „EMR grob“ genannte<br />
Schleifmittel. Dessen abrasive Wirkung<br />
war zu meiner Überraschung so stark,<br />
dass ich damit tatsächlich eine homogene,<br />
matt-silberne Oberfläche hinbekommen habe.<br />
Gut, mit reiner Handarbeit war das eine<br />
ziemliche Schufterei, allerdings wäre ich mit<br />
Nass-Schleifpapier nicht wirklich schneller<br />
oder gar effektiver gewesen. Außerdem<br />
zeigten die Standrohre danach eine erstaunlich<br />
glatte Oberfläche ohne hässliche Schleifspuren.<br />
Die anschließende Politur mit EMR<br />
fein erfolgte wiederum von Hand. Das Ergebnis<br />
nach zwei Durchgängen: eine homogene,<br />
mattglänzende Oberfläche. Der eine<br />
weitere Politur mit „Metal-Polish“ von Autosol<br />
zu wunderbarem Glanz verhalf. Und<br />
das, wie erwähnt, durch reine Handarbeit!<br />
Genau so verfuhr ich mit den Alufelgen<br />
der Guzzi-Drahtspeichenräder. Nach Schleifund<br />
Polierdurchgängen mit EMR grob und<br />
fein brachte auch hier der letzte Arbeitsgang<br />
mit der Metallpolitur von Autosol das gewünschte<br />
glänzende Ergebnis. Wobei der<br />
Glanzgrad natürlich vom persönlichen Geschmack<br />
abhängt. Vielen dürfte bereits die<br />
fast wie gebürstet aussehende Oberfläche<br />
nach der Behandlung mit EMR fein gefallen,<br />
zumal das Mittel noch einen konservierenden<br />
Inhaltsstoff enthält. Wer die Mühe nicht<br />
scheut, erhält mit den für alle unversiegelten<br />
Metalloberflächen geeigneten EMR-Polituren<br />
ein prima funktionierendes Mittel. uh<br />
INFOS<br />
Zehn Minuten Handarbeit genügen,<br />
um lackierte Motordeckel zum Glänzen<br />
zu bringen (oben). Eine 500-<br />
Gramm-Dose kostet 24,99 Euro (r.)<br />
Ambassador-Chemie ist ein kleines<br />
schwäbisches Familienunternehmen, das<br />
schon 1850 gegründet wurde. Hergestellt<br />
werden heute chemische Reinigungsprodukte<br />
für die Industrie. Die EMR-Polituren<br />
gibt es im Fachhandel oder direkt unter<br />
www.ambassador-chemie.de<br />
1<strong>02</strong> <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6<br />
www.motorrad-classic.de
SPORT I<br />
DHM-Nachrichten<br />
Gute Aussichten für die Zukunft<br />
Ulrich Schmidt und Stephan Otto organisieren seit zwei Jahren die Deutsche Historische Motorradmeisterschaft.<br />
Hier ziehen die Macher der DHM eine erste Bilanz und geben Ausblicke.<br />
Sie beide organisieren seit zwei Jahren die Deutsche Historische<br />
Motorradmeisterschaft (DHM). Wie ist der Stellenwert der DHM?<br />
Stephan Otto: Die DHM ist derzeit die größte Motorrad-Straßensportserie<br />
Deutschlands mit rund 1600 Solomotorrädern und 350<br />
Gespannen, die 2<strong>01</strong>5 an den acht Veranstaltungen teilgenommen<br />
haben. Die Serie hat sich über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren<br />
entwickelt. Vor 15 Jahren wurde ihr das Prädikat einer Deutschen<br />
Meisterschaft vom DMSB verliehen. Mit den Gleichmäßigkeitsläufen<br />
hat der Veteranen Fahrzeug Verband e.V. (VFV) einen<br />
Wettbewerbsmodus geschaffen, bei dem jeder Fahrer, egal welchen<br />
Alters, Geschlechts oder Rennmotorrads, Klassensieger oder<br />
auch Deutscher Meister werden kann. Die anhaltende Zunahme<br />
der Starterzahlen beweist, dass sich dieses Konzept bewährt hat.<br />
Für welche Motorradfahrer bietet sich die DHM an?<br />
Ulrich Schmidt: Die DHM ist eine Motorsportserie für alle jene,<br />
die Spaß an klassischen Motorrädern und am Wettbewerb auf der<br />
Rennstrecke haben. Jedermann kann sich im Rahmen des Reglements<br />
selbst ein mindestens 25 Jahre altes Rennmotorrad kaufen<br />
oder aufbauen und dieses auf der Rennstrecke unter Wettbewerbsbedingungen<br />
bewegen. Die DHM bietet mit 22 Klassen ein<br />
breites Spektrum und erfasst damit alle Rennmaschinen der letzten<br />
90 Jahre. Die Klasseneinteilung richtet sich nach Baujahres-<br />
Epochen und Hubraum. Hiermit ist gewährleistet, dass jeder mit<br />
seinem bevorzugten Motorrad, egal welchen Alters, welcher Leistung<br />
oder Marke, an den Meisterschaftsläufen teilnehmen kann.<br />
Der DHM wird oft vorgeworfen, dass hier nur Gleichmäßigkeitsläufe<br />
und keine Rennen gefahren werden. Wie stehen Sie zu<br />
diesem Vorwurf?<br />
Stephan Otto: Motorradrennen machen<br />
nur dann Sinn, wenn man Klassen<br />
schafft, bei denen Hubraum, Leistung<br />
und Möglichkeiten der technischen Eingrenzungen<br />
die Voraussetzungen für<br />
einen fairen Wettbewerb bieten. Deshalb<br />
fährt ja beispielsweise die Moto2<br />
mit Einheitsmotoren, außerdem müssen<br />
auch die beiden anderen Klassen im<br />
MotoGP mit einem restriktiven technischen<br />
Regelwerk leben. So etwas ist im<br />
historischen Motorsport nicht möglich,<br />
wo ja die unterschiedlichsten Konstruktionen<br />
in einer Klasse an den Start gehen.<br />
Dass nur derjenige, der als Erster<br />
über die Ziellinie fährt, auch Sieger ist,<br />
gilt vielleicht für die MotoGP-Rennen.<br />
In den meisten anderen Serien, auch<br />
bei der IDM, starten mehrere Klassen in<br />
einem Rennen. Auch hier kann der Zuschauer<br />
nach der dritten Runde nicht<br />
erkennen, wer wirklich der Schnellste<br />
ist. Selbst wenn es bei den Gleichmäßigkeitsläufen<br />
nicht auf die Spitzenleistung<br />
der Motorräder ankommt, hat<br />
Seit zwei Jahren das DHM-Organisations-<br />
Team: Stephan Otto (l.) und Ulrich Schmidt<br />
sich doch gezeigt, dass größtenteils die Schnellsten auch die<br />
Gleichmäßigsten sind und somit auf dem Siegertreppchen stehen.<br />
Heißt das, dass DHM-Fahrer alle langsam im Kreis fahren?<br />
Ulrich Schmidt: Wer das glaubt, den lade ich gerne zur Teilnahme<br />
an einer unserer Veranstaltungen ein. Er wird überrascht sein, wie<br />
kräftig bei uns am Kabel gezogen wird. Schließlich gilt auch beim<br />
MotoGP: Erst das gleichmäßige (schnelle) Fahren macht einen<br />
Valentino Rossi oder Jonas Folger zum Siegertypen.<br />
Welche Änderungen hat es in den letzten zwei Jahren gegeben?<br />
Stephan Otto: Wir haben nach der Übernahme der DHM-Organisation<br />
versucht, eine erfolgreiche Serie weiterzuführen. Die DHM hat<br />
sich in den letzten beiden Jahren allen Veranstaltern und Rennstreckenbetreibern<br />
geöffnet, wofür wir viel Akzeptanz erhielten.<br />
So konnten wir 2<strong>01</strong>5 wieder zur Historic Trophy auf den Nürburgring<br />
zurückkehren und erstmals an der ADAC Sachsenring Classic<br />
teilnehmen. Zudem werden wir uns weiter in Richtung Osten<br />
öffnen und 2<strong>01</strong>6 auf dem traditionsreichen Schleizer Dreieck<br />
fahren. Dank enger Zusammenarbeit mit dem DMSB haben wir<br />
den zweiten Meisterschaftstitel für Gespannfahrer erhalten. Dazu<br />
konnten wir die Stadt Lorsch als Ausrichter von Präsentationsläufen<br />
gewinnen. Insgesamt haben diese Maßnahmen die Starterzahlen<br />
weiter erhöht und den Stellenwert der DHM ausgebaut.<br />
Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft?<br />
Ulrich Schmidt: Grundsätzlich verfolgen wir drei Kernziele. Erstens<br />
bauen wir die DHM mit Klassen für jüngere Baujahre aus. Damit<br />
bieten wir Interessenten die Möglichkeit, mit „ihren Rennern“ aus<br />
der Zeit Ende der 80er- und Anfang der<br />
90er-Jahre heute auf die Rennstrecke<br />
zu kommen. So war Anfang der Saison<br />
2<strong>01</strong>5 die Einführung der Klasse B<br />
„Youngtimer Supersport bis Baujahr<br />
1993“ ein voller Erfolg. Insgesamt 36<br />
Fahrer/innen hatten sich neu für die<br />
DHM eingeschrieben. Diesem Gedanken<br />
werden wir ab 2<strong>01</strong>6 mit zwei<br />
weiteren neuen Klassen, der „Sound<br />
of Singles“ und der „Battle of Twins“,<br />
Rechnung tragen. Zweitens verfolgen<br />
wir das Ziel des Ausbaus der Präsentations-<br />
und Demo-Läufe für die wirklich<br />
alten Schätzchen. Mit Veranstaltungen<br />
wie dem Ried-Ring-Revival in Lorsch<br />
und den Sonderläufen 60 Jahre NSU<br />
Sportmax haben wir in den letzten<br />
beiden Jahren gezeigt, dass wir auch<br />
für die qualitativ sehr hochwertigen<br />
und teuren Preziosen eine entsprechende<br />
Plattform bieten. Das setzen wir<br />
auch in Zukunft fort. Unser Hauptziel<br />
ist allerdings, auch künftig für alle<br />
Interessierten bezahlbaren Motorsport<br />
auf den berühmtesten Strecken<br />
Deutschlands zu ermöglichen.<br />
Foto: DHM<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 103
SPORT I<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Der<br />
Mach-<br />
Schon im Serientrimm eine Macht, wirbelte<br />
Macher<br />
Kawasakis Mach III die Rennszene der 70er-<br />
Jahre durcheinander und rief den Tuner und<br />
Tüftler Ewald Hüttlin auf den Plan. Ein Rückblick auf die Zeiten, als der Motorradrennfahrer<br />
nicht nur Pilot, sondern auch ein Maschinist sein musste.<br />
Von Werner Koch; Fotos: markus-jahn.com, Koch, Hüttlin, Archiv<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 105
SPORT I<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
1966 wurde Ewald<br />
Hüttlin auf der Honda<br />
CB 77 Jupo-Sieger.<br />
Anschließend machte<br />
er der Dreizylinder-<br />
Kawasaki Beine<br />
Scheiße, die Kiste springt ums<br />
Verrecken nicht an. Fünf,<br />
zehn, fünfzehn Schritte, ein<br />
Zylinder meckert los, der<br />
zweite lässt sich Zeit, ruckelt, spotzt – dann<br />
geht die Post ab. Leider zu spät. Die JuPo-<br />
Meute der 500er verschwindet schon in<br />
den Nebelschwaden aus Castrol R 40 und<br />
Super verbleit. Ich gebe der Suzuki TR 500<br />
die Sporen, fahre mir die Seele aus dem<br />
Leib und bin nach ein paar Runden wieder<br />
dabei. Das könnte doch noch was werden<br />
mit Punkten. Äh, aber was ist das? Blechernes<br />
Scheppern von links, der Streckenposten<br />
wedelt aufgeregt mit den Armen – Auspuffhalterung<br />
abgerissen. Die Blechbirne<br />
schlackert funkensprühend über den rauen<br />
Asphalt des Augsburger Flugplatzes. Ich<br />
lehne die Suzi fluchend an die Strohballen<br />
am Ende der langen Zielgeraden. Helm runter,<br />
Haare raufen. Noch zehn Runden beim<br />
letzten JuPo-Lauf 1975, und ich muss auf<br />
dem Logenplatz zuschauen!<br />
Aber holla, da gibt es was zu gucken.<br />
Und vor allem zu hören. Flach liegend<br />
pfeffern Johannes Klement mit seiner Kawasaki<br />
H1-R und Norbert Schüller auf der<br />
Vierzylinder-König auf die 180-Grad-Kehre<br />
zu. Es staubt und plärrt, die schrillen Zweitakter<br />
– damals noch ohne Schalldämpfer –<br />
zerfetzen dir schier das Trommelfell. Einfach<br />
brutal, wie diese Kisten früher marschiert<br />
sind. Echt zum Fürchten. Da ist nix<br />
zu machen mit der lahmen Suzuki. Noch<br />
bevor der Lumpensammler meine TR 500<br />
aufgeladen hat, steht fest: Entweder kommt<br />
so eine H1-R ins Haus. Oder – noch besser –<br />
eine Hüttlin-Kawasaki. Denn die soll, so die<br />
Gerüchte im Fahrerlager, sogar noch besser<br />
rennen als Kawas Production Racer. Gut,<br />
für mich reichte es aus finanziellen Gründen<br />
weder zu einer H1-R noch zu einer<br />
Hüttlin-Kawa, sondern „nur“ zu einer gebrauchten<br />
Yamaha TZ 350 A.<br />
Ein Traum in Grün: Kawasaki<br />
H1-R-Production Racer<br />
40 Jahre später wabert der Mythos Hüttlin<br />
wieder durch die Luft. Irgendjemand kennt<br />
jemanden, der einen Bekannten hat, bei<br />
dem so eine Maschine im Schuppen stehen<br />
soll. Nix Genaues weiß man nicht, aber<br />
spannend wäre so ein rares Exemplar<br />
schon. „Ruf den Ludwig Pfaff an, der weiß<br />
alles über die H1 und H1-R, der kennt auch<br />
den Hüttlin“, rät mir Ex-Classic-Chef Waldemar<br />
Schwarz. Er hatte wieder mal recht.<br />
Die Geschichte kommt ins Rollen, und<br />
im Spätsommer bugsieren Ewald Hüttlin<br />
und sein Sohn das renovierte Stück aus<br />
dem Transporter. Fotofahrten auf dem Flugplatz<br />
in Neuhausen ob Eck. Fahrend, stehend<br />
von links und rechts, ohne Verkleidung,<br />
mit Konstrukteur, im Detail, das ganze<br />
Programm eben. Nicht nur wegen der<br />
Fotos, sondern wegen – ja, nennen wir es so<br />
– der journalistischen Glaubwürdigkeit. Geschichten<br />
kann man ebenso aus dem Archiv<br />
machen. Aber Geschichten mit alten<br />
Motorrädern, die fahren, die man anschieben<br />
muss, die zuerst nur auf zwei von drei<br />
Zylindern laufen, weil der Schwimmer<br />
hängt oder die Kerze nass ist, die sind einfach<br />
echter. Und ehrlicher. Weil sie uns wieder<br />
zurückversetzen in die Zeit Anfang der<br />
70er-Jahre, als unsere Rennmaschinen immer<br />
eine Macke hatten. Die nicht anlaufen<br />
wollten oder klemmten, mit dem abgerissenen<br />
Auspuff funkten oder mit gebrochenem<br />
Schalthebel strandeten oder... .<br />
Vater und Sohn Hüttlin, Kawa-<br />
Guru Ludwig Pfaff (Mitte)<br />
106 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Der Hüttlin-Rohrrahmen<br />
schmiegt sich so eng um<br />
den Dreizylindermotor,<br />
dass sogar der Kunststoff-<br />
Tank ausgeschnitten werden<br />
musste<br />
Hob die Motorradwelt aus den Angeln: Kawasaki<br />
500 Mach III. 60 PS und ein Fahrwerk zum Fürchten<br />
Rund 11 500 Mark teuer und 85 PS stark: die bildschöne<br />
H1-R aus der Sammlung von Ludwig Pfaff<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 107
SPORT I<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
Haudegen Rolf Rott aus<br />
Duisburg mischte mit<br />
einer nahezu serienmäßigen<br />
Kawasaki H1 im<br />
Junioren-Pokal kräftig mit<br />
Klar, damals gab‘s vor allem in der großen<br />
500er-Klasse für den Durchschnittsverdiener<br />
keine große Auswahl. An eine rennfertige<br />
Linto, König oder H1-R war ohne<br />
reichen Onkel aus Amerika nicht zu denken.<br />
Gut 11 000 Mark verlangte Kawasaki-<br />
Importeur Detlev Louis Anfang der 70er-<br />
Jahre für eine H1-R. Da hätte selbst mein<br />
ganzes Jahres-Bruttogehalt als Motorradmechaniker<br />
nicht ausgereicht. Also bastelte<br />
man sich eben aus einer Honda CB 450, einer<br />
BMW R 50 oder Suzuki T 500 sein eigenes<br />
Rennmotorrad zurecht. Mit allen Macken<br />
und Fehlern, die sich kaum vermeiden<br />
lassen, wenn 20-jährige Jungspunde zum<br />
Schweißbrenner greifen. Aus heutiger Sicht<br />
umso erstaunlicher, dass die Eigenkonstruktionen<br />
immerhin so prächtig funktionierten,<br />
dass man damit um Pokale und Punkte,<br />
manchmal sogar aufs Podium fahren konnte!<br />
Allerdings waren Ausfälle fast genauso<br />
häufig wie Zielankünfte. Weil vielleicht<br />
wieder ein Drei-Millimeter-Alublech den<br />
Auspuff nicht halten konnte... Doch diese<br />
Tragödien haben wir längst hinter uns gelassen.<br />
Und damit Zeit genug, die Hüttlin-<br />
Kawasaki in aller Ruhe zu zerpflücken.<br />
Fahrer, Handwerker und Kon s<br />
trukteur in Personalunion<br />
Jetzt, 40 Jahre später, dürfen wir ungeniert<br />
Ewald Hüttlins Geheimnisse lüften, Steuerzeiten<br />
vermessen und Kanalformen sowie<br />
-Abwicklungen ausspionieren. Was früher<br />
unter Putzlappen und Planen im Fahrerlager<br />
versteckt wurde, ist heute technisches<br />
Allgemeingut – aber noch immer genauso<br />
spannend wie damals.<br />
Die Idee zu einer eigenen Rennmaschine<br />
war aus der Not heraus geboren. Mit etlichen<br />
Siegen auf einer Honda CB 77 räumte<br />
Ewald Hüttlin 1966 den Junioren-Pokal ab,<br />
stand danach mit seiner internationalen Lizenz<br />
aber ziemlich im Abseits. Mit der fast<br />
serienmäßigen Honda war im semi-professionellen<br />
A-Lizenz-Lager nichts zu holen.<br />
Nach einem an der Qualifikationshürde gescheiterten<br />
Startversuch beim 1967er-WM-<br />
Lauf in Hockenheim war bei Ewald Hüttlin<br />
vorerst die Lauft raus. Doch die höchst<br />
engagierte und mit dem Rennbazillus infizierte<br />
Freiburger Rennszene griff dem leidenschaftlichen<br />
Techniker und Konstrukteur<br />
unter die Arme. Nach etlichen Versuchen<br />
mit einem von Fritz Kläger erstandenen<br />
Horex-Motor im Eigenbau-Fahrwerk<br />
steckte Ewald Hüttlin einen Kawasaki H1-<br />
Drilling in sein modifiziertes Chassis. Und<br />
staunte nicht schlecht, wie rasant diese<br />
Kombination um die Rennstrecke sauste.<br />
Das Potenzial des schrillen Dreizylinders<br />
hatten ja bereits andere aufgezeigt. 1970<br />
holte Kawasaki hinter MV Agusta den<br />
zweiten Platz in der Konstrukteurswertung<br />
der 500er-WM, 1971 sicherte sich Dave<br />
Simmonds den vierten Rang der Fahrerwertung.<br />
Auf nationaler Ebene mischte der<br />
verwegene Rolf Rott aus Duisburg mit seiner<br />
leicht modifizierten H1-Serienmaschine<br />
gewaltig vorne mit.<br />
Die heftigen Vibrationen des Drillings<br />
zermürbten allerdings das filigrane Rohrgebilde<br />
der Hüttlin-Konstruktion in Windeseile.<br />
Gegen die lästigen Rahmenbrüche und<br />
-risse half nur der Wechsel vom hoch legierten<br />
Fliegerwerkstoff zu einem simplen,<br />
zähen ST 35-Präzisionsstahlrohr. Schließlich<br />
spielt die geringere Bruchfestigkeit bei<br />
einer klugen Rennrahmenkonstruktion so<br />
gut wie keine Rolle. Eine gute Schweißbarkeit<br />
und die höhere Vibrationsbeständigkeit<br />
hingegen schon.<br />
Angelehnt an die neutrale Fahrwerksgeometrie<br />
der Honda CB 77 gefällt die konsequent<br />
gebaute Hüttlin-Kawasaki auch<br />
heute noch mit der für einen H1-Dreizylinder<br />
schlanken und kompakten Linienführung.<br />
Die beim Serienmotor ausladenden<br />
Führungen der Auspuffkrümmer gingen<br />
Ewald Hüttlin ganz gewaltig gegen den<br />
Strich. In letzter Konsequenz verbaute er<br />
bei seinen Rennmotoren deshalb nur noch<br />
mittlere Zylinder. Die schmäleren Kühlrippen<br />
reduzierten zum einen die Stirnfläche,<br />
Steckverbindung der Auspuffbirnen<br />
zum Rahmen<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Der hoch im Rahmen platzierte<br />
Motor ermöglicht<br />
genügend Raum, um die<br />
drei Auspuffbirnen für<br />
eine ausreichende Schräglagenfreiheit<br />
kompakt zu<br />
verstauen<br />
Auspuffstutzen mit Kröpfung nach innen, um die<br />
Krümmer zwischen den Rahmenrohren durchzuführen<br />
Schiebung: Ludwig Pfaff als Starthelfer<br />
für den schrillen Drilling<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 109
SPORT I<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
DATEN<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic-<br />
Redakteur Werner Koch<br />
(Suzuki, #48) konnte sich<br />
1975 von den Qualitäten<br />
der Hüttlin-Kawa (vorn)<br />
selbst überzeugen<br />
zum anderen konnte der Konstrukteur den<br />
Auslasstrakt so raffiniert umgestalten, dass<br />
die äußeren Krümmer innen zwischen den<br />
Rahmenrohren hindurchpassten. Durch den<br />
im Eigenbau-Fahrwerk weit oben platzierten<br />
Motor fand sich somit Platz genug, um<br />
die drei Auspuffbirnen kompakt für eine<br />
großzügige Schräglagenfreiheit zu verlegen.<br />
Was nichts daran änderte, dass die H1 mit<br />
ihrem 55 Zentimeter breiten Kurbelwellengehäuse<br />
(Modell 1969 mit Kontaktzündung)<br />
einen Verkleidungsbauch wie eine hochschwangere<br />
Zwillingsmutter vor sich herschob.<br />
Der ganz einfach dem Bauprinzip<br />
anzulasten ist: Auf die Kurbelwelle wurden<br />
links und rechts nämlich auch noch Lichtmaschine,<br />
Zündung und der Ölpumpenantrieb<br />
aufgestöpselt. Hätte man sich im eigenen<br />
Haus umgesehen, wären die Kawasaki-Techniker<br />
über die geniale Lösung der<br />
250er/350er-Drehschiebermotoren gestolpert,<br />
die ihre Lichtmaschine huckepack<br />
hinter der Zylinderbank tragen (siehe<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic 2/2<strong>01</strong>4).<br />
Natürlich hatte sich der gelernte Feinmechaniker<br />
auch diesen wunden Punkt<br />
vorgeknöpft und mit der rechtsseitigen Trockenkupplung<br />
(ohne Ölpumpe) sowie einer<br />
schlankeren Kröber-Zündanlage auf dem<br />
linken Kurbelwellenstumpf die Stirnfläche<br />
seiner Rennmaschinen gegenüber dem H1-<br />
R/A-Production Racer um ein paar Zentimeter<br />
verringert. Beim Hochparterre des<br />
Motors ging der badische Tüftler ebenfalls<br />
eigene Wege. Als Basis dienten die Serienzylinder<br />
der H1, deren Kanäle er so nacharbeitete,<br />
dass die Steuerzeiten etwas kürzer<br />
ausfielen als beim Kawa-Rennmotor. „Der<br />
Dreizylinder mit seinen 59 Millimetern Hub<br />
dreht mit 11 000 Touren zu hoch, das bringt<br />
außer kapitalen Motorschäden gar nichts“,<br />
erklärt Ewald Hüttlin sein Konzept. Dessen<br />
maximale Leistung von 80 PS konnte sich<br />
sehen lassen, zumal hier die Höchstdrehzahl<br />
fast 1000/min früher erreicht wird.<br />
Wie das möglich ist, zeigen wir im<br />
Detail auf Seite 112. Dort haben wir je eine<br />
Zylinderabwicklung von der H1-R/A und<br />
der Hüttlin-Variante erstellt. Für einen anschaulichen<br />
Vergleich wurden beide Grafiken<br />
übereinander gelegt.<br />
Nur mit Talent und Risiko fuhr<br />
man aufs Podium<br />
Wie schnell die Eigenbau-Kawasaki tatsächlich<br />
war, belegen die vielen hervorragenden<br />
Platzierungen der Hüttlin-Fahrer.<br />
Allen voran der talentierte und wagemutige<br />
Helge Gramm. Wir zitieren hierzu aus<br />
<strong>MOTORRAD</strong> 20/1971: „...denn der zweitplatzierte<br />
Bertholdt konnte sich dem Ansturm<br />
des jungen, erst sein zweites Rennen<br />
fahrenden Helge Gramm (auf einer von<br />
Hüttlin getunten Kawasaki) nicht widersetzen.<br />
Dieser kam nun ziemlich dicht an den<br />
führenden Florin heran, ...der nun die<br />
König nochmals voll laufen lassen musste.“<br />
Die von den <strong>MOTORRAD</strong>-Redakteuren immer<br />
wieder herausgehobenen Erfolge des<br />
Gespanns Hüttlin-Kawasaki/Helge Gramm<br />
sind um so höher zu bewerten, wenn man<br />
sich die Namen im damaligen 500er-Junioren-Pokal<br />
nochmals vergegenwärtigt. Denn<br />
dort tummelten sich Reinhard Hiller, Kurt<br />
Harald Florin, Kim Newcombe, Peter Stocksiefen,<br />
Manfred van Gülich oder Helmut<br />
Dähne. Um nur einige aufzuzählen, die sich<br />
später auch international oder gar in der<br />
WM souverän geschlagen haben.<br />
Doch die Zeit der schnellen Dreizylinder-Kawas<br />
war Mitte der 70er-Jahre abgelaufen.<br />
Yamaha rüstete mit der TZ 500 gewaltig<br />
auf, und Suzuki schlug mit der RG<br />
500 einen Nagel ein, dem selbst die zum<br />
Schluss wassergekühlte Variante der H1-R<br />
nicht mehr gewachsen war. Sogar fein<br />
zurechtgemachte Yamaha TZ 354-Zweizylinder<br />
machten den giftigen Kawasakis<br />
auf engen Strecken Beine. Umso schöner,<br />
wenn man heute eine der bildhübschen<br />
luft gekühlten Kawasaki-Rennmaschinen<br />
von Ewald Hüttlin fein restauriert und einsatzbereit<br />
zu Gesicht bekommt. Vom Ohrenschmaus<br />
ganz zu schweigen. ◻<br />
Hüttlin-<br />
Kawasaki H1 500<br />
Motor: Luftgekühlter Dreizylinder-<br />
Zweitaktmotor, schlitzgesteuert.<br />
Bohrung x Hub 60 x 59 mm, Hub raum<br />
498 cm³, Verdichtung 7,5:1 (von der<br />
Auslassoberkante gemessen), drei<br />
29er-Mikuni-Rundschiebervergaser,<br />
Mischungsschmierung 1:25 (ohne<br />
zusätzliche Ölpumpe), Kurbelwelle<br />
in Wälzlagern gelagert, Labyrinth-<br />
Dichtringe aus Kunststoff<br />
Kraftübertragung: Geradeverzahnter<br />
Primärantrieb, Mehrscheiben-<br />
Trockenkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
mit längerem ersten Gang und<br />
langem Schaft für die Trockenkupplung,<br />
Schalt klauen von sechs auf drei<br />
reduziert, Schaltwalze mit Arretier-<br />
Ohne Schnörkel: Gerade<br />
Rohrverbindungen und<br />
stabile Dreiecksverbände<br />
machen den Hüttlin-<br />
Rahmen steif und leicht<br />
110 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6
system gegen das „Überschalten“<br />
der nöchsten Gänge.<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus nahtlosem ST 35-Präzisionsstahlrohr,<br />
Zweiarm-Vierkantrohrschwinge<br />
mit Exzenteraufnahme, modifizierte<br />
Betor-Telegabel vorn,<br />
Koni-Federbeine hinten, Federweg<br />
vorn/hinten 95/80<br />
mm, Bremse vorn: Kawasaki<br />
oder andere, Bremse hinten: Kawasaki<br />
oder andere. Bereifung vorn<br />
2.75-18, hinten 3.50-18<br />
Maße und Gewichte:Lenkkopfwinkel<br />
63 Grad, Nachlauf 95 mm,<br />
Radstand 1380 mm, Leergewicht<br />
zirka 115 kg, Tankinhalt 20 Liter<br />
Hersteller: Ewald<br />
Hüttlin, 68740 Fessenheim/Frankreich<br />
Gut zu erkennen sind<br />
die aufgedrehten<br />
Serienvergaser und<br />
die schmalen<br />
Rippen, da Hüttlin<br />
drei mittlere<br />
Zylinder<br />
verwendete<br />
Kastenschwinge aus<br />
50 x 25 x 2-Vierkantstahlrohr<br />
mit<br />
Exzenter-Verstellung<br />
Schlank und zierlich:<br />
die restaurierte Hüttlin-Kawasaki<br />
H1 mit<br />
Sohn Philipp im<br />
Rennsattel
SPORT I<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
Feinschliff<br />
im Detail<br />
Höchstleistung ist nicht alles. Durchhalten sollten die<br />
kapriziösen Renner der 70er-Jahre nach Möglichkeit<br />
auch. Deshalb ging Ewald Hüttlin bei seinen Motoren<br />
eben nicht aufs Ganze.<br />
Von Werner Koch; Fotos: markus-jahn.com<br />
Wie so oft im Leben<br />
bringen auch im<br />
Rennsport nicht die<br />
Extreme den Erfolg,<br />
sondern der beste Kompromiss. Getreu dieser<br />
Erkenntnis schnitzte Ewald Hüttlin seine<br />
Rennmotoren zurecht. Als Basis verwendete<br />
er die Zylinder der H1-Serienmaschine<br />
und fräste die Kanäle nur so weit auf, dass<br />
die Steuerzeiten einen Tick unter denen des<br />
Production Racers lagen. Mit dem Ergebniss,<br />
dass der Hüttlin-Rennmotor weniger<br />
hoch dreht, aber unten und in der Mitte<br />
besser zu fahren ist. Schnorcheln die H1-R-<br />
Motoren ihr Gemisch durch 35er-Mikunis,<br />
begnügen sich Hüttlins aufgedrehte Serien-<br />
Vergaser mit einem 29er-Querschnitt.<br />
Bei den Überströmkanälen griff er dagegen<br />
in die Trickkiste, bohrte von außen seitlich<br />
in die Zylinderwand, um den kleinen<br />
Überströmkanälen mit der Fräsmaschine<br />
den richtigen Winkel zu geben. Dieser führt<br />
die einströmenden Frischgase flach an die<br />
Zylinderwand, an der sie die Strömung der<br />
Hauptkanäle aufrichtet und zum Brennraum<br />
leitet. Die Bohrungen wurden danach<br />
mit Alustopfen wieder verschlossen. Der<br />
Versuch, Fahrbahrkeit und Drehmomentverlauf<br />
durch Einlassmembrane zu verbessern,<br />
scheiterte jedoch an den zu kleinen<br />
und schwerfällig arbeitenden Stahl-Membranzungen<br />
der Yamaha RD-Modelle.<br />
Bei der Kurbelwelle ersetzte Hüttlin die<br />
kontaktlosen Alu-Labyrinth-Dichtungen<br />
durch solche aus Kunststoff, weil diese bei<br />
Berührung mit Staub oder Metall nicht<br />
fressen und verschleißen. Außerdem fräste<br />
er für eine schnellere Schaltbarkeit an den<br />
Getrieberädern jede zweite der sechs<br />
Schaltklauen ab. Dadurch finden die Gänge<br />
leichter ihren Platz, es kommt fast nicht<br />
mehr zum Hakeln, da kaum noch Klaue auf<br />
Klaue steht. Nachteil: Die Lastwechselschläge<br />
werden durch den größeren freien<br />
Verdrehwinkel im Antrieb verstärkt.<br />
Am Auslasstrakt setzte Ewald Hüttlin<br />
die Serienstutzen weit zurück und tauschte<br />
sie gegen verschraubte und gekröpfte<br />
Stahlstutzen. Der Vorteil: Die Hitze wird<br />
vom Auslasstrakt besser abgeleitet, zudem<br />
passen die Krümmer nun innen zwischen<br />
den Rahmenrohren hindurch.<br />
◻<br />
Das modifizierte Seriengetriebe<br />
wurde in der<br />
Schaltbarkeit verbessert,<br />
indem jede zweite Schaltklaue<br />
abgefräst wurde<br />
(roter Pfeil). Zudem verbaute<br />
Hüttlin am Schaltautomaten<br />
eine Sperre,<br />
die verhindert, dass der<br />
Fahrer beim schnellen<br />
Schalten den nächsten<br />
Gang „überschaltet“<br />
Leistung in PS<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
80,1 PS bei 10000/min<br />
Kawasaki Mach III<br />
60 PS bei 7500/min<br />
U/min<br />
4000 6000 8000 10 000<br />
Hüttlin-Kawasaki H1 500<br />
Kawasaki-<br />
Production Racer H1-R<br />
Das Leistungsdiagramm aus „Das<br />
<strong>MOTORRAD</strong>“ zeigt den Unterschied<br />
zwischen dem „frisierten“ und einem<br />
serienmäßigen Kawa-Dreizylinder<br />
Bei den von Hüttlin umgearbeiteten H1-Zylindern wurden<br />
Steuerzeiten und Kanalgrößen etwas kleiner gehalten als<br />
beim H1-R-Rennmotor. Das verbesserte die Haltbarkeit<br />
und nahm dem Dreizylinder etwas von seiner Giftigkeit<br />
Durch diese Bohrung wurden<br />
die Überströmkanäle<br />
auf der Fräsmaschine<br />
prä zise nachgearbeitet<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 www.motorrad-classic.de
Nicht nur die Kurbelwelle, auch<br />
die Getriebeausgangswelle<br />
fällt beim Kawasaki H1-Motor<br />
extrem lang aus<br />
Versuchsträger: Mit Membranblöcken der<br />
Yamaha RD versuchte Hüttlin, die giftige Motorcharakteristik<br />
zu entschärfen. Doch deren<br />
freier Querschnitt erwies sich als zu klein<br />
Hier sieht man links den<br />
Hüttlin-Zylinder mit dem<br />
großzügig ausgefrästen<br />
Auslasskanal. Dank<br />
dieser Maßnahme reduzieren<br />
sich Hitzenester<br />
im Zylinder und damit<br />
die Gefahr eines Kolbenklemmers.<br />
Rechts im Bild<br />
ein serien mäßiger Zylinder<br />
des H1-R-Production<br />
Racers mit vier Stehbolzen<br />
für den Auslassflansch<br />
Nach der Fräsarbeit verschließen Alustopfen die<br />
Zylinderwand (links). Oben: Hier sieht man gut,<br />
dass der maschinell ausgefräste Richtkanal die<br />
Frischgase nach hinten auf die Zylinderwand leitet<br />
Der Autor lässt sich von Ewald Hüttlin in die<br />
großen und kleinen Geheimnisse der schnellen<br />
Kawasaki H1-Rennmotoren einweihen. Selbst<br />
nach 40 Jahren gibt es einiges zu bestaunen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>CLASSIC</strong> 1+2/2<strong>01</strong>6 113
Foto: Siemer<br />
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 3/2<strong>01</strong>6 erscheint am 5. Februar 2<strong>01</strong>6<br />
Turbo-Power!<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
sehen Sie zwei ganz schön aufgeblasene Typen: Wir waren<br />
mit der ersten Turbo-Münch unterwegs, begleitet von einer<br />
BMW K 100, der ein Turbo-Kit von Stütz auf die Sprünge half<br />
HARLEY-<br />
DAVIDSON<br />
RR 500<br />
Mit einem sehr<br />
eigenständigen<br />
Zweitakt-Parallel-<br />
Twin forderte<br />
Harley-Davidson<br />
1975 die Konkurrenz<br />
in der 500er-<br />
Klasse heraus<br />
TORNAX<br />
V 200<br />
Tornax war ein typischer<br />
Konfektionär,<br />
der sich bereits vor<br />
dem Krieg einen<br />
guten Ruf erarbeitet<br />
hatte. Daran<br />
knüpfte ab 1952<br />
die V 200 mit dem<br />
tem peramentvollen<br />
200er-ILO-Motor an<br />
Foto: Bilski<br />
Foto: Gadda<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN 0937-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> Classic<br />
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