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9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Die<br />
großen<br />
Laverdas<br />
Kaufberatung:<br />
Worauf ist zu<br />
achten?<br />
BMW<br />
K 75<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Yamaha<br />
XS 750<br />
Triumph<br />
Trident T150<br />
DREI-<br />
ZYLINDER<br />
AUS DREI JAHRZEHNTEN<br />
Geplantes Projekt<br />
INDIAN MIT<br />
VINCENT-<br />
MOTOR<br />
Eine von Zweien<br />
CZ 250 DOHC-<br />
WERKS-<br />
PROTOTYP<br />
Legenden-Treffen<br />
SACHSEN-<br />
RING<br />
CLASSIC <strong>2016</strong><br />
Werners Umbau<br />
DIE HONDA<br />
XPRESSO V4<br />
FÄHRT!<br />
Nachgedruckt: Vergleich von ungedrosselten<br />
27-PS-Motorrädern mit allen Messwerten<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr . BeNeLux 6,60 €<br />
Dänemark 62,00 DRK . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 € . Italien 7,50 €
INHALT I<br />
9/<strong>2016</strong><br />
4<br />
Dreizylindern wird mehr Klang und Charakter<br />
zugesprochen. Bei einer Ausfahrt mit den<br />
Drillingen von BMW, Triumph und Yamaha<br />
ließen wir uns gerne überzeugen<br />
Ein Großaufgebot an Fahrer-Legenden<br />
vergangener Grand Prix-Dekaden<br />
lockte im Juni Zehntausende zur<br />
Sachsenring <strong>Classic</strong>. Wir waren dabei,<br />
als die Heroen von einst wieder<br />
kräftig am Quirl drehten<br />
106<br />
MOTORRÄDER<br />
IN DIESER AUSGABE:<br />
BMW K 75 4<br />
CZ 250 dohc-Prototyp (Typ 850) 20<br />
Honda CB 400 N (27/43 PS) 80<br />
Kawasaki Z 440 LTD (27/40 PS) 80<br />
Laverda 650/750/1000/1200 90<br />
Norton Commando Mk III 68<br />
Suzuki GS 450 (27/42 PS) 80<br />
Triumph Trident T150 4<br />
Vindian 36<br />
Yamaha XS 400 (27/39 PS) 80<br />
Yamaha XS 750 4<br />
Titelfotos: Jacek Bilski, fact, Markus Jahn, Imre Paulovits,<br />
Stephen Piper<br />
Fotos Inhalt: Jacek Bilski, Phillip Tooth (2), fact, Markus Jahn,<br />
Jörg Künstle, mps-Fotostudio, Hardy Mutschler, Stephen Piper,<br />
Marcel Schoch, Fred Siemer<br />
90<br />
Dem Reiz solch<br />
charakterstarker Motorräder<br />
wie den großen Zweiund<br />
Dreizylinder-Modellen<br />
von Laverda kann man sich nur<br />
schwer entziehen. Wir verraten,<br />
worauf Interessenten beim<br />
Kauf dieser charismatischen<br />
Maschinen achten sollten<br />
2 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
20<br />
AUF ACHSE<br />
4 Dreizylinder der 60er, 70er und 80er<br />
Ausfahrt mit BMW K 75, Triumph<br />
Trident T150 und Yamaha XS 750<br />
IM STUDIO<br />
20 CZ 250 dohc-Prototyp<br />
Von dieser Werks-Rennmaschine des<br />
Typs 850 wurden für die Saison 1955<br />
nur zwei Exemplare gebaut<br />
28<br />
44<br />
68<br />
36<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
34 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 11/1984<br />
Kawasaki KR 250 A<br />
SZENE<br />
28 Menschen und ihre Maschinen<br />
Sehenswerte Maschinen, aufgestöbert<br />
bei der ASI Motorshow in Varano<br />
36 Vindian<br />
Wie der überaus interessante Plan von<br />
Vincent und Indian scheiterte, eine Chief<br />
mit dem englischen V2 zu bauen<br />
44 Katana-Treffen<br />
In Bückeburg trafen sich die Liebhaber<br />
von Suzukis scharfer Klinge zum 50. Mal<br />
48 Klassiker-Treffen in Sinsheim<br />
50 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
68 Norton Commando Mk III Interstate<br />
Rückblick auf die letzte Commando<br />
74 Werner werkelt<br />
Minis erste Ausfahrt mit der Xpresso V4<br />
NACHGEDRUCKT<br />
80 Ungedrosselte 27-PS-Maschinen<br />
Was bringen die populären japanischen<br />
Brot- und Butter-Motorräder von Honda,<br />
Kawasaki, Suzuki und Yamaha wirklich?<br />
UNTER DER LUPE<br />
90 Laverda Zwei- und Dreizylinder<br />
Die Stärken und Schwächen im Detail<br />
MARKT<br />
60 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 500 Klassiker unter der Lupe<br />
SPORT<br />
104 DHM-Nachrichten<br />
106 Sachsenring <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
Die GP-Legenden von einst sind zurück<br />
EDIT0RIAL<br />
Ein Hoch auf<br />
den Drilling<br />
Mich braucht man natürlich nicht<br />
zu fragen: Seit 35 Jahren fahre<br />
ich Dreizylindermaschinen. Mich beeindruckt<br />
schon immer die Mischung aus<br />
kernigem Motorlauf, einzigartigem Klang<br />
und trotz dem genügend Drehfreude. Das<br />
war schon bei meiner Suzuki GT 550 so,<br />
die ich nach dem Abi für 2300 Mark im<br />
Schwarzwald kaufte. Und das ist auch<br />
heute noch so, wie man hier sieht.<br />
Erstaunlich ist, wie lange es brauchte,<br />
bis der Dreizylinder sich auch im Viertaktbereich<br />
durchsetzte. Denn weder die Triumph<br />
Trident, noch die Yamaha XS 750<br />
oder gar die BMW K 75 waren die Überflieger<br />
zu ihrer Zeit. Damals standen sie<br />
einfach im Schatten der übermächtigen<br />
Reihenvierzylinder aus Japan, oder bei<br />
BMW eben der K 100-Modelle.<br />
Dabei fand ich speziell die BMW deutlich<br />
unter Wert geschlagen. Deren Porsche-<br />
Sound sprach mich genauso an wie die<br />
Leichtigkeit, mit der sie durch die Kurven<br />
eilte. Man hätte ihr einfach einen Vierventilkopf<br />
aufpflanzen müssen, damit sie<br />
wenigstens halbwegs hätte mithalten können.<br />
Tempi passati.<br />
Heutzutage ist der Dreizylinder en<br />
vogue. Triumph würde ohne die kernigen<br />
Drillinge nicht existieren, von MV Agusta<br />
bis Yamaha zieren die wilden Kerle die<br />
Modellpaletten. Denn inzwischen sind<br />
Dreizylinder mit gut 100 PS stark genug,<br />
die Vierzylinder in Schach zu halten.<br />
RUBRIKEN<br />
52 Kleinanzeigen-Markt<br />
66 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
74 Michael Pfeiffer<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper fürs iPad.<br />
Mehr Infos: www.motorrad-classic.de/mcl-epaper<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 3
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Aller guten Dinge...<br />
... sind drei. Wem Twins zu sehr stampfen und Vierzylinder zu sehr säuseln, der entwickelt<br />
sich oft zum Fan des Drillings. Drei Dreizylinder aus drei Jahrzehnten haben<br />
wir zusammengetrommelt und uns auf eine Klang-gewaltige Ausfahrt gemacht.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: fact, Archiv, Baier (1)
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Nicht nur das Auge, sondern auch<br />
das Ohr fährt mit. Über den einzig<br />
wahren Sound des bevorzugten<br />
Motortyps haben sich wohl schon so<br />
häufig Diskussionen entfacht wie über die<br />
Frage nach dem einzig wahren Motorkonzept<br />
– Zwei- oder Viertakter. Wer auf<br />
stampfende Singles oder Twins steht,<br />
kann sich kaum für drehorgelnde Vierzylinder<br />
erwärmen und umgekehrt. Mittendrin<br />
aber steckt die vielleicht wahre<br />
Lösung, der früher verbreitete, dann lange<br />
verwaiste, heute wiederentdeckte Dreizylinder.<br />
Und wer je angesichts eines sich<br />
nähernden Fahrzeugs mit hoch drehendem<br />
Motor und betörendem Sound erwartungsvoll<br />
nach einem Porsche geschielt<br />
hat und dann verdutzt eine Yamaha XS 750<br />
ums Eck biegen sah, weiß, wovon die<br />
Rede ist. Der Sound spielte bei der Entscheidung<br />
der Hersteller jedoch wohl<br />
kaum eine Rolle, vielmehr waren es ganz<br />
praktische Gründe wie Baubreite, konstruktiver<br />
Aufwand und Kosten, die den<br />
Ausschlag für eine bestimmte Motorkonfiguration<br />
gaben.<br />
Aus zwei mach drei<br />
Bei Triumph, dem erfolgreichen britischen<br />
Hersteller leistungs- und charakterstarker<br />
Twins, sah man die weitere Aufstockung<br />
von Hubraum und Leistung beim Zweizylinder<br />
als ausgereizt an und verfiel<br />
Anfang der 1960er der Idee des Dreizylinders.<br />
Bis zur Serieneinführung sollte es<br />
allerdings noch einige Jahre dauern. Die<br />
Konstrukteure Bert Hopwood und Doug<br />
Hele hatten schon Ende 1962 die ersten<br />
Skizzen eines Reihendreizylinders in der<br />
Schublade, doch Triumph-Chef Edward<br />
Turner winkte ab, auch als die beiden<br />
1963 konkretere Pläne vorlegten. Erst Turners<br />
Nachfolger Harry Sturgeon ließ sich<br />
1964 schließlich überzeugen.<br />
Der erste Entwurf basierte noch auf<br />
den Werten der Speed Twin mit geringerer<br />
Bohrung und mehr Hub (63 x 80 mm),<br />
was den Triple äußerst schmal bauen ließ.<br />
Letztlich änderten Hele und Hopwood die<br />
Geometrie des Motors dann doch auf 67 x<br />
70 mm, was zu den 740,4 cm³ Hubraum
des Trident-Motors führte. Der erste Prototyp<br />
war nach einem Jahr fertiggestellt und<br />
leistete stolze 58 PS bei 7250/min auf dem<br />
Prüfstand. Gut so, denn die Gerüchte, wonach<br />
man bei Honda an einer 750er-Vierzylinder<br />
arbeitete, verdichteten sich. Die<br />
Laufkultur des Drillings mit der geschmiedeten,<br />
vierfach gelagerten Kurbelwelle<br />
und 120 Grad Hubzapfenversatz sollte<br />
sich mit der eines Vierzylinders messen<br />
können. Theoretisch sollte dies machbar<br />
sein, schließlich ließen sich Massenkräfte<br />
erster und zweiter Ordnung bei dieser<br />
Konfiguration ausschalten. Den Primärantrieb<br />
übernahm in der Serie eine Dreifach-Rollenkette<br />
anstelle der lautstarken<br />
geradverzahnten Zahnräder.<br />
Der Krümmer des mittleren Zylinders teilt sich nach dem Auslass, die beiden Rohre<br />
münden in die jeweils äußeren Krümmer (links). Die Smiths-Instrumente zeigen<br />
recht genau an, die (Meilen-)Tachoskala scheint leicht übertrieben. Die Duplex-<br />
Trommelbremse vorn mit der riesigen Lufthutze bemüht sich um Verzögerung<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 7
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Alles leise und vibrationsarm also?<br />
Theoretisch. Praktisch ist der Triumph-Drilling<br />
kein mechanischer Leise treter, auch<br />
turbinenartiger Lauf ist ihm fremd. Nicht<br />
zuletzt lieben ihn jedoch die Fans als<br />
einen Vertreter ehrlichen Maschinenbaus<br />
mit authentischen und spür baren Lebensäußerungen.<br />
Fans wie Reinhold Baier, der<br />
Besitzer unserer Foto- Triumph, der in seinem<br />
Bikerleben bereits viele Motorräder<br />
besessen hat. Japanische Vierzylinder à la<br />
FJ 1200 oder Dreizylinder wie die XS<br />
750/850. Vor zwei Jahren hat er seinen<br />
Fuhrpark (darunter auch diverse Harleys,<br />
eine Norton und eine Ducati) bewusst um<br />
das britische „Original“ erweitert „Leistungsstarke<br />
Motorräder, auch Japaner, mit<br />
denen nur Schnell fahren Spaß macht,<br />
bin ich lange genug gefahren. Ich stehe<br />
auf den kernigen Charakter, den starken<br />
Antritt. Das liebe ich an der Triumph.“<br />
Wird sie mich auch lieben und problemlos<br />
anspringen? Zündung an, Kaltstartmaßnahmen<br />
entfallen – der Drilling<br />
ist noch warm –, ein beherzter Tritt, die<br />
Trident meldet sich beim ersten Versuch<br />
zum Dienst. Kernig tönt es aus den Endtöpfen,<br />
dem nicht optimalen Standgasverhalten<br />
muss man mit gelegentlichen<br />
Gasstößen auf die Sprünge helfen. Reinholds<br />
Bike ist noch aus der ersten Serie,<br />
sprich eine T150, Baujahr 1971, noch mit<br />
Rechtsschaltung und Vierganggetriebe.<br />
Das Fünfganggetriebe gab es erst ab Mitte<br />
1972 mit Einführung der T150V, Ende<br />
1972 wurde die Trommelbremse durch<br />
eine Einzelscheibe ersetzt.<br />
Es thront sich typisch britisch auf der<br />
Trident, aufrecht, breitbeinig, die Füße auf<br />
den weit vorn montierten Rasten, die<br />
Hände am breiten, leicht geschwungenen<br />
Lenker. Herrenfahrerhaltung nannte dies<br />
mal jemand. Die Einscheiben-Trockenkupplung<br />
verlangt gar nicht so viel Handkraft<br />
wie befürchtet, die Schieber der<br />
Amal-Vergaser wollen allerdings per kräftigem<br />
Dreh am Gasgriff bewegt werden.<br />
Kernig röhrend setzt sich die Britin in<br />
Motorräder mit kernigem<br />
Charakter für harte und<br />
smarte Typen waren die<br />
Triumph/BSA-Dreizylinder<br />
schon damals, wie<br />
das Titelbild der MOTOR-<br />
RAD-Ausgabe von 1969<br />
anschaulich vermittelt<br />
8 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
IM DETAIL: TRIUMPH TRIDENT T150<br />
(1968–1972)<br />
Preis 1973: 6310 Mark<br />
Daten (Typ Trident T150)<br />
Motor: Luftgekühlter Dreizylinder-<br />
Viertakt-Reihenmotor, zwei untenliegende<br />
Nockenwellen (ohv), zwei<br />
Ventile pro Zylinder, über Stoßstangen<br />
und Kipphebel betätigt, Hubraum<br />
740 cm³, Bohrung x Hub 67 x 70 mm,<br />
Verdichtung 9,5:1, Leistung 43 kW<br />
(58 PS) bei 7250/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-<br />
Trockenkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Telegabel vorn, Stahlrohr-<br />
Stereoschwinge mit zwei Federbeinen,<br />
Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen,<br />
Reifen 3.25 H 19 vorn, 4.10 H 19 hinten,<br />
Duplex-/Simplex-Trommelbremse<br />
v./h., Ø 200/180 mmm<br />
Maße und Gewichte: Tankinhalt<br />
19 Liter, Gewicht vollgetankt 220 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
193 km/h<br />
Technik<br />
Die Dreizylinder-Konstruktion basiert<br />
im Prinzip auf Triumphs altehrwürdigen<br />
Twins. Um bewährte Bauteile<br />
weiter nutzen zu können, fiel das<br />
Gehäuse komplex aus, mit vielen<br />
Deckeln, Dichtflächen, Gewindestäben<br />
und Pass-Stiften. Die 120-Grad-Kurbelwelle<br />
ist vierfach gelagert: zwei<br />
Gleitlager in der Mitte, ein Kugellager<br />
am linken, ein Rollenlager am rechten<br />
Stumpf. Für den Ventiltrieb treiben<br />
Zahnräder rechts die Einlassnockenwelle<br />
hinter und die Auslassnockenwelle<br />
vor dem Zylinderfuß an. Von<br />
dort führen kurze Stößel (Rockers) und<br />
Stoßstangen ins Obergeschoss. Hier<br />
drehen sich ein- und auslassseitig je<br />
eine Kipphebelwelle, um zwei Ventile<br />
Der recht kompliziert<br />
aufgebaute, leicht<br />
langhubige Stoßstangenmotor<br />
wurde<br />
(leicht nach vorn geneigt)<br />
auch in der BSA<br />
Rocket 3 verbaut<br />
pro Zylinder per Kipphebel zu steuern.<br />
Den Primärtrieb übernimmt eine Triplexkette<br />
in einem separaten Gehäuse<br />
auf der linken Seite, bei der T160 ab<br />
1975 eine Duplexkette. Der Rotor der<br />
Lichtmaschine, bei den Twins noch auf<br />
dem linken Kurbelwellenstumpf angebracht,<br />
wurde nach rechts verlegt,<br />
vor die Zahnräder des Nockenwellenantriebs.<br />
Dies sollte Baubreite sparen,<br />
auch wenn darunter die Fom des<br />
Triumph-typischen, herzförmigen<br />
Steuergehäusedeckels litt.<br />
Ein Fünfganggetriebe gab’s ab Mitte<br />
1972 beim Modell T150V. Schrauben<br />
am Triple ist etwas für Könner: Um an<br />
die Kurbelwelle zu gelangen, muss<br />
der Motor inklusive Getriebe in alle<br />
Einzelteile zerlegt werden. Wer auf<br />
Originalität Wert legt und auf eine<br />
Um rüstung verzichtet, muss mit<br />
den schwer einzustellenden Amal<br />
Concentric 626-Vergasern leben.<br />
Gebrauchtcheck<br />
Der Motor leckt nicht selten an<br />
Gehäusedichtungen und Stößelrohren.<br />
Weil die Kipphebel einseitig Druck auf<br />
die Ventilschäfte ausüben, schlagen<br />
rasch deren Führungen aus. Erhöhter<br />
Ölverbrauch (blaue Wölkchen beim<br />
Gaswegnehmen!) sind die Folge.<br />
Abhilfe schaffen Ventilführungen aus<br />
modernem, härterem Material und<br />
eine Ventilschaft-Abdichtung auf der<br />
Einlass-Seite. Sehr wichtig: Der Triple<br />
verlangt regelmäßig nach frischem<br />
Schmierstoff, damit sich keine Ölablagerungen<br />
bilden können. Absolut<br />
angeraten ist der Tausch der anfälligen<br />
Original-Zündanlage mit Unterbrecherkontakten<br />
von Lucas gegen<br />
eine elektronische Zündung von Tri-<br />
Spark (www.trispark.com.au). Ferner<br />
sollte man auch die veraltete Elektronik<br />
für Gleichrichter und Ladekontrolle<br />
der Batterie gegen modernere<br />
Ladungsregler tauschen. Dann sind<br />
Zünd- und elektrische Anlage auf<br />
einem absolut modernen Stand.<br />
wächst. Der Einstieg beginnt bei etwa<br />
3500 Euro für ein Bastelobjekt, gute<br />
Originale oder ordentlich restaurierte<br />
Maschinen kosten gut 6000 bis 7000,<br />
Spitzenexemplare bis zu 10 000 Euro.<br />
Teile/Spezialisten<br />
www.agos-motorcycles.de<br />
63691 Ranstadt<br />
Telefon: 060 41/96 28 36<br />
Clubs und Foren<br />
http://www.tmoc.de<br />
http://www.cbbc.de<br />
Historie<br />
1968/69:Parallel zur BSA Rocket 3<br />
kam die Trident T150 zuerst auf den<br />
US-Markt: kantig gestylt, mit “Raygun“-Schalldämpfern,<br />
Trommelbremse<br />
vorn und Viergang-Rechtsschaltung<br />
Markt<br />
Zusammengezählt entstanden insgesamt<br />
nur 27 500 Exemplare von BSA<br />
Rocket 3 und Triumph Trident. Und<br />
davon gingen rund drei Viertel in die<br />
USA. Das macht das Angebot an<br />
britischen Tridents hierzulande überschaubar.<br />
Angesichts recht komplexer<br />
Technik hielt sich allerdings auch die<br />
Nachfrage in Grenzen. Dies scheint<br />
sich gerade zu ändern – das Interesse<br />
an diesem ausgefallenen Modell<br />
Fotos: Archiv<br />
1975/76:Optisch und technisch<br />
verbessert war die T160 mit neuem<br />
Auspuff, Scheibenbremse vorn/hinten,<br />
links geschaltetem Fünfganggetriebe<br />
sowie Elektro- und Kickstarter
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Bewegung, der rechte Fuß gewöhnt sich<br />
schnell an seine Aufgabe, das Getriebe<br />
spielt bei Gangwechseln gut und leichtgängig<br />
mit. Ruck, zuck ist der letzte Gang<br />
drin, in dem man auch lange verweilen<br />
kann, solange keine engen Kehren auftauchen.<br />
Sauber nimmt der leicht langhubige<br />
Motor schon bei geringer Drehzahl Gas an<br />
und schiebt die Fuhre kraftvoll voran. Hohe<br />
Drehzahlen braucht er nicht. Und die sind<br />
heute auch nicht angesagt, selbst wenn<br />
seine Drehfreude bis über die Nenndrehzahl<br />
von 7250/min schon im Test von<br />
1969 gelobt wurde. Doch der von Reinhold<br />
frisch überholte Motor ist noch recht<br />
jungfräulich und hat noch eine kleine<br />
Schonzeit verdient. Wir wollen ja keine<br />
Rennen gewinnen, mit der doch verhalten<br />
wirkenden Trommelbremse vorn<br />
fiele dies auch schwer. Der linke Fuß darf<br />
seiner neuen Aufgabe häufig nachkommen,<br />
und ich bin froh um die wirksame<br />
Mithilfe der hinteren Trommel. Rund<br />
fahren, genießen, zügig in die Kurve reinrollen,<br />
mit Zug wieder raus – das beschert<br />
dem Trident-Fahrer den wahren Genuss,<br />
zumal das Fahrwerk vieles mitmacht und<br />
eher die Reifen oder die Fußrasten die<br />
Grenzen setzen.<br />
Anders als in der nahezu baugleichen<br />
Konzern-Schwester BSA Rocket 3 (bei BSA<br />
in Birmingham wurde der von Triumph<br />
konstruierte Triple ja auch gebaut), die<br />
einen Doppelschleifenrahmen besitzt,<br />
hängt der Dreier hier in einem Einrohrrahmen<br />
mit angeschraubtem Rahmenheck<br />
und geteilten Unterzügen. Der macht<br />
seine Sache sehr gut und gibt sich in<br />
puncto Fahrstabilität keine Blöße. Bei<br />
allen lautstarken und kernigen Lebensäußerungen<br />
des Triples mit steigender Drehzahl<br />
halten sich die Vibrationen erstaunlich<br />
in Grenzen. Klar, es kribbelt ein wenig<br />
in den Händen, in den Füßen und auch<br />
die karg gepolsterte Sitzbank lässt einiges<br />
zum Gesäß durchdringen, doch stört dies<br />
erst nach langer Fahrt. Und die sollte, alten<br />
Engländer-Schmäh-Sprüchen zufolge,<br />
wegen der anfälligen Lucas-Elektrik vor<br />
Einbruch der Dunkelheit beendet sein.<br />
Reinhold hat hier jedoch bereits Abhilfe
geschaffen: Ein verstärkter Generator und<br />
ein Sparx-Regler sorgen zu sammen mit<br />
der australischen Trispark-Zündung für<br />
mehr Verlässlichkeit.<br />
Die sagt man den Japanern ja generell<br />
nach, und auch die Yamaha XS 750 macht<br />
hier, bis auf wenige kleine Schwachpunkte,<br />
keine Ausnahme. Doch auch die Yamaha<br />
hat eine Vorgeschichte, die mit dem<br />
amerikanischen Markt zu tun hat. Mit zunehmender<br />
Erfahrung mit tourentauglichen<br />
Viertaktmodellen, welche die sportlichen<br />
Zweitakter immer mehr verdrängten,<br />
kam außerhalb Japans, maßgeblich in<br />
den USA und Europa, der Wunsch nach<br />
einem reise tauglichen Motorrad mit Kardanantrieb<br />
auf. Schon 1975 präsentierte<br />
Die 747 steht hier nicht für einen Jumbo-Jet, sondern für den Hubraum des<br />
schlanken Dreizylinders. Klare Ansagen im 70er-Stil gibt‘s im schnörkellosen, laut<br />
Test von 1979 extrem genau anzeigenden Cockpit (o.). Schlicht, aber wirksam: die<br />
265-mm-Doppelscheibenbremse mit Festsätteln (u.). Gelocht wurde nachträglich<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 11
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Yamaha auf der Messe in Mailand die GX<br />
750 (mit Speichenrädern und Drei-in-eins-<br />
Anlage), die jedoch ab 1976 nur in den<br />
USA angeboten wurde. Erst 1977 konnte<br />
man die XS 750 für 7250 Mark in Deutschland<br />
kaufen. Von Beginn an hatten aber<br />
deutsche Techniker die Finger im Spiel:<br />
Der aufwendige Antriebsstrang wurde<br />
zusammen mit Getriebehersteller Getrag<br />
ent wickelt, die ausführliche Erprobung<br />
fand in der Versuchsabteilung von Porsche<br />
statt. Anstelle eines Kreuzgelenks<br />
kam bei der XS ein homokinetisches Gelenk<br />
zwischen dem Winkeltrieb und der<br />
Kardanwelle zum Einsatz.<br />
Dreier mit zweitem Anlauf<br />
Der Kardan machte denn auch keine<br />
Probleme, anfänglicher Ärger mit Motorschäden<br />
und enormem Ölverbrauch jedoch<br />
zwang Yamaha schnell zur Kulanz<br />
und zur kostenlosen Umrüstung diverser<br />
Teile, die größtenteils auch in die Serie für<br />
1978 einflossen. Unter anderem kam so<br />
eine größere Ölwanne (mit modifizierten<br />
Schwallblechen) zum Einsatz, eine leistungsfähigere<br />
Ölpumpe, eine verstärkte<br />
Primärkette und geänderte Kolbenringe.<br />
Zudem erfreuten sich Käufer eines<br />
1978er-Modells nun an einer Transistorzündung,<br />
H4-Licht und an der dreifach<br />
einstellbaren Gabel. Mit den anfangs 64<br />
PS haderten die Besitzer der frühen<br />
Modelle gelegentlich, weshalb Yamaha<br />
sich dazu entschloss, dem 1978er-Modell<br />
auch eine Leistungsspritze auf nun 74 PS<br />
zu spendieren, erzielt durch Doppelkugel-Brennräume,<br />
schärfere Nockenwellen,<br />
höhere Verdichtung und geänderte<br />
Auspufftöpfe. Nun herrschte Ruhe und<br />
Zufriedenheit bei den Kunden.<br />
Ekkehard Lemke kann dies bestätigen<br />
– er besaß schon mit 21 eine XS, mit der er<br />
zahlreiche Touren mit Sozia und Gepäck<br />
absolvierte. Und er besitzt nach einigen<br />
Jahren Abstinenz nun seit 1998 wieder<br />
eine – ein topgepflegtes 1979er-Exemplar,<br />
das uns heute als Fotomodell dient. Der<br />
„Die ideale Reisemaschine?“,<br />
fragte <strong>MOTORRAD</strong><br />
1977. Ja, und ein idealer<br />
Begleiter für zügiges, stilvolles<br />
Gleiten – für Biker,<br />
bei denen das Auge und<br />
das Ohr mitfährt<br />
12 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
IM DETAIL: YAMAHA XS 750<br />
(1977–1981)<br />
Preis 1979: 7318 Mark<br />
Daten (Typ 3G9)<br />
Motor: Luftgekühlter Dreizylinder-<br />
Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende<br />
Nockenwellen, zwei Ventile pro<br />
Zylinder, über Tassenstößel betätigt,<br />
Hubraum 747 cm³, Leistung 54 kW<br />
(74 PS) bei 8400/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-<br />
Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Ø 36<br />
mm, Zweiarmschwinge mit zwei<br />
Federbeinen, Leichtmetall-Gussräder,<br />
Reifen 3.25 H 19 vorn, 4.00 H 18<br />
hinten, Doppelscheibenbremse vorn/<br />
Scheibenbremse hinten, Ø 265 mm,<br />
mit Festsätteln<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1470 mm, Gewicht vollgetankt 257 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
198 km/h<br />
Technik<br />
Mit dem luftgekühlten, gleitgelagerten<br />
dohc-Dreizylinder und dem vom<br />
deutschen Getriebespezialisten Getrag<br />
mitentwickelten Kardan-Antriebsstrang<br />
mit doppelter Umlenkung betrat<br />
Yamaha 1976 Neuland. In Europa<br />
erst 1977 präsentiert, machte der Drilling<br />
jedoch anfangs Probleme: Hoher<br />
Ölverbrauch und die kleine Ölwanne<br />
konnten schnell zu Lagerschäden aufgrund<br />
von Ölmangel führen. Zudem<br />
längt sich die unterdimensionierte<br />
Primärkette allzu schnell. Schon 1978<br />
bekam die XS daher ab Werk eine<br />
größere Ölwanne, eine leistungsfähigere<br />
Ölpumpe, geänderte<br />
Kolbenringe und eine<br />
verstärkte Primärkette verpasst.<br />
Der schlanke<br />
Drilling mit dem<br />
fast quadratischen<br />
Bohrung-/<br />
Hub-Verhältnis<br />
gilt heute als<br />
zuverlässiger<br />
Dauerläufer<br />
Bei der Gelegenheit spendierte man<br />
dem 750er auch noch eine Leistungsspritze<br />
von 64 auf 74 PS,<br />
erzielt durch Doppelkugel-Brennräume,<br />
schärfere Nockenwellen,<br />
höhere Verdichtung (9,2 statt 8,5:1)<br />
und neue Auspufftöpfe.<br />
Eine Hitachi-Transistorzündung ersetzte<br />
die Kontaktzündung und ein Zweistufen-Choke<br />
verbesserte die Warmlaufphase.<br />
Ab da herrschte Ruhe und<br />
weitgehend Zufriedenheit bei den<br />
Besitzern. Der rau, aber herzlich laufende<br />
Drilling überzeugt mit kräftigem<br />
Durchzug und Zuverlässigkeit wie<br />
Langlebigkeit.<br />
So hielten sich die Änderungen für<br />
1979 in Grenzen: Tourenfahrer freuten<br />
sich über den von 17 auf 24 Liter vergrößerten<br />
Tank, den nun stabileren<br />
Hauptständer, mussten jedoch auf<br />
den Kickstarter verzichten. Den Motor<br />
optimierte Yamaha mit einer noch<br />
präziser gefertigten Kurbelwelle und<br />
verringertem Lagerspiel. Die häufig<br />
beklagten Probleme mit dem Rausspringen<br />
des zweiten Gangs resultieren<br />
aus Verschleiß an den Klauen des<br />
Zweite-Gang-Rads und den entsprechenden<br />
Taschen für die Klauen des<br />
fünften Gangrads. Die Klauen werden<br />
an den Kanten rund und die Ränder<br />
der Taschen ebenso, bei den Modellen<br />
ab 1979 sollen diese Probleme durch<br />
konstruktive Maßnahmen angeblich<br />
erledigt sein (Sicherung, Scheibe).<br />
Gebrauchtcheck<br />
Wer sich für eine XS 750 von 1977<br />
interessiert, sollte sicherstellen, dass<br />
die große Ölwanne montiert wurde<br />
und die XS in den Genuss der Nachrüstungsaktion<br />
kam. Ein Check der<br />
Primärkette ist in jedem Fall recht<br />
einfach: Motoröl-Einfüllschraube aufdrehen,<br />
Finger durch die Öffnung<br />
stecken und versuchen, die Primärkette<br />
nach oben zu ziehen. Lässt sich<br />
diese bis zum Gehäuse ziehen, ist sie<br />
am Ende, ein Austausch fällig. Exemplare<br />
ab 1978 bieten kein allzu großes<br />
Risiko, Laufleistungen von über<br />
100000 Kilometern sind keine<br />
Seltenheit. Die Serienfederbeine<br />
wurden oft bereits oder sollten durch<br />
Konis ersetzt werden, die rostanfällige<br />
Auspuffanlage sollte genau betrachtet<br />
werden – der rechte Topf ist mit dem<br />
mittleren Krümmer verschweißt und<br />
deutlich teurer als der Solotopf links.<br />
Ersatz zu bekommen ist schwierig, die<br />
Yamaha-Dreizylinder-IG kann beim<br />
Beschaffen von Nachbau-Anlagen<br />
Foto: Archiv<br />
helfen. Vor dem Kauf unbedingt eine<br />
Probefahrt machen und auf sauberes<br />
Einrasten des häufig rausspringenden<br />
zweiten Gangs achten (s.o.).<br />
Markt<br />
Brauchbare XS 750 sind bereits ab<br />
rund 1500 Euro zu finden, selbst mit<br />
überschaubarer Laufleistung. Nur sehr<br />
gepflegte Exemplare mit weniger als<br />
30 000 Kilometern kosten auch mal<br />
3000 bis 4000 Euro. Sammlerstücke<br />
im Neuzustand um bzw. über 6000<br />
Euro. Die XS 850 ab 1980 ist jeweils<br />
nur einige Hundert Euro teurer.<br />
Teile/Spezialisten<br />
Horst Meise in Itzehoe<br />
Telefon 0 48 21/7 42 83<br />
www.yamahaklassikerteile.de<br />
Peter Themm in Küdow<br />
www.piets-youngtimer.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
www.triples.de<br />
www.yamahatriples.com<br />
Historie<br />
1980:Mit größerer Bohrung und 826<br />
cm³ Hubraum folgte 1980 die XS 850<br />
mit 79 PS und größerer Ölwanne, zusätzlichem<br />
Ölkühler und etwas strafferem<br />
Fahrwerk. Preis: 7915 Mark
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Pforzheimer schwört auf die dicken Yamaha-Tourer,<br />
eine zweite, praktisch neuwertige<br />
XS 750 hat er kürzlich verkauft, doch<br />
von der jetzigen XS 750 und seiner XS<br />
1100 wird er sich kaum je trennen. „Ich<br />
will mich um meine Fahrzeuge nunmehr<br />
auch kümmern, fahren und genießen<br />
können“, erklärt er die Gesundschrumpfung<br />
des Fuhrparks.<br />
Wie alle XS 750 ab 1979 verzichtet<br />
auch seine auf den Kickstarter, verfügt<br />
aber über das stattdessen beigelegte Starthilfekabel<br />
für Notfälle. Den ab 1979 verbauten<br />
24-Liter-Tank hat er bewusst ersetzt.<br />
„Der alte 17-Liter-Tank baut einfach<br />
schlanker und gefällt mir besser“, erklärt<br />
er seine Maßnahme. Ich sehe das ebenso<br />
und kann meine heimliche Zuneigung zur<br />
XS nicht verhehlen. Wird das heutige Fahrerlebnis<br />
mich wieder verstärkt ins Grübeln<br />
und in Kauflaune bringen? Entspannt<br />
übergibt Ekkehard mir die Schlüssel.<br />
Auch bei der Yamaha brauche ich mich<br />
um den seit 1978 besser dosier baren, zweistufigen<br />
Klappen-Choke nicht zu kümmern<br />
– der XS-Drilling knistert noch.<br />
Sofort nach dem Aufsitzen überrascht die<br />
gefühlt hohe Sitzposition, hoch über dem<br />
Tank und nahe am nicht zu breiten, günstig<br />
gekröpften Lenker. Bei der Triumph<br />
musste ich, hier kann ich gar nicht mehr<br />
treten – der Druck aufs Knöpfchen bringt<br />
den Drilling sofort in Schwung, dezentes,<br />
bassiges Brummen ertönt – auf geht’s.<br />
Leichtgängig kommen Kupplung und<br />
Schaltung ihrer Arbeit nach, das häufig<br />
auftretende, typische Problem mit dem<br />
herausspringenden zweiten Gang hat<br />
diese XS sicher nicht.<br />
Natürlich braucht es zum zügigen<br />
Herumrollen keine hohen Drehzahlen,<br />
der 750er zieht herrlich gleichmäßig von<br />
ganz unten hoch, vibriert dabei kaum,<br />
jedenfalls nie lästig, und vermittelt ab etwa<br />
5500/min noch mal eine kleinen zusätzlichen<br />
Kick. Doch nicht die Leistung lässt<br />
einen ab und zu etwas höher als nötig<br />
drehen, es ist dieser unnachahm liche<br />
Triple-Sound, der dazu verleitet. Wohl<br />
kein anderer Dreizylinder klingt so herrlich<br />
nach Porsche-Sechszylinder wie der<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
XS-Motor. Wie gesagt: Das Ohr fährt mit.<br />
Das erste Kurvengeschlängel naht – dank<br />
gut zu packender Doppelscheibe vorn<br />
kommt hier kein Stress auf. Die galt schon<br />
immer als zupackend und gut dosierbar,<br />
Ekkehard hat seiner XS gelochte Scheiben<br />
und Stahlflexleitungen spendiert, das geht<br />
als zeitgenössischer Umbau und somit<br />
erlaubt durch. Ordentlich Schwung in die<br />
Kurve mitnehmen geht aber auch, zumal<br />
unsere Foto-XS fast neue Reifen trägt und<br />
sich sehr neutral gibt, sogar relativ handlich<br />
angesichts des doch stattlichen Gewichts<br />
von fast 260 Kilogramm. Die altbekannten<br />
Kardanspielchen, also Verhärten<br />
und Aufbäumen beim Gasgeben und<br />
das gefürchtete Zusammensacken beim<br />
Der längs eingebaute, liegende BMW-Dreizylinder bietet modernste Technik wie<br />
Einspritzung mit Schubabschaltung, der Auspuff ist komplett aus Edelstahl (l.).<br />
Verspielte, bunte Lenkerschalter und klobiges, aber informatives Cockpit (o.) mit<br />
Ganganzeige. Der dreieckig gestaltete Schalldämpfer huldigt der Zylinderzahl<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 15
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Gaswegnehmen macht die Yamaha nur bedingt<br />
mit. Kardanreaktionen sind zu spüren,<br />
aber nicht sonderlich störend. Höchstens<br />
bei sportlichem Einsatz und ruppiger<br />
Gashand würde sich der Unterschied zur<br />
Kette offenbaren, aber wer wollte eine XS<br />
als Sportbike malträtieren? Ihrem Charakter<br />
entspricht zügiges, aber stilvolles Gleiten,<br />
so wie man einen vierrädrigen Gran<br />
Tourismo bewegen würde, etwa einen<br />
Porsche 928 oder einen BMW 850.<br />
Der fliegende Ziegelstein<br />
Womit wir wieder in Deutschland und<br />
beim dritten Drilling in dieser Runde<br />
wären: der BMW K 75. Willkommen in<br />
den 1980ern. Wie schon bei der Triumph,<br />
hat auch bei der BMW die ungerade<br />
Zylinderzahl ihren Ursprung in einer geraden:<br />
Bei der Britin wurde quasi an den<br />
500er-Twin ein Zylinder angedockt, bei<br />
der K 75 sinngemäß ein Zylinder „abgesägt“.<br />
Und zwar vom bereits bekannten<br />
Vierzylinder der K 100. Das Konzept des<br />
liegenden Reihenmotors barg mannigfaltige<br />
Möglichkeiten durch Weglassen<br />
oder Aufstocken, selbst ein 1250er-Fünfzylinder<br />
wäre denkbar gewesen. So jedoch<br />
wurde der aus Alu gegossene Zylinderblock<br />
verkürzt, die Kurbelwelle mit<br />
einem Hubzapfenversatz von 120 Grad<br />
versehen, um in bereits bekannter Manier<br />
die freien Massenkräfte zu eliminieren.<br />
Die aber noch immer bestehenden<br />
Massenmomente wurden mit Hilfe von<br />
Gewichten auf der Abtriebswelle, auf<br />
der vorn auch die Einscheiben-Trockenkupplung<br />
sitzt, in Zaum gehalten.<br />
Damit der Drilling nicht ein Viertel der<br />
Leistung des K 100-Motors einbüßte, ergriffen<br />
die BMW-Entwickler Maßnahmen,<br />
um das gesetzte Ziel der Literleistung von<br />
100 PS zu erreichen. So kamen geänderte<br />
Brennräume, ein höheres Verdichtungsverhältnis<br />
und ein modifiziertes Auspuffsystem<br />
zum Einsatz – voilà, die 75 PS waren<br />
erreicht. Ansonsten folgte der K 75-<br />
Motor dem Baukastenprinzip, Hub und<br />
Sparsam, bequem, reisetauglich<br />
– der erste Test<br />
in <strong>MOTORRAD</strong> 20/1985<br />
bescheinigt der K 75<br />
Tourer-Qualitäten wie<br />
der K 100, von der sie ja<br />
50 Prozent der Teile hat<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
IM DETAIL: BMW K 75<br />
(1986–1996)<br />
Preis 1986: 11 990 Mark<br />
Daten (Typ K569)<br />
Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-<br />
Viertakt-Reihenmotor, längs eingebaut,<br />
zwei obenliegende Nockenwellen,<br />
zwei Ventile pro Zylinder, über<br />
Tassenstößel betätigt, Bosch LE-Jetronic-Einspritzung,<br />
Hubraum 740 cm³,<br />
Leistung 55 kW (75 PS) bei 8500/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-<br />
Trockenkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Brückenrohrrahmen aus<br />
Stahl, Telegabel vorn, Ø 41,4 mm,<br />
Einarmschwinge aus Alu, Mono-Federbein,<br />
Leichtmetall-Gussräder, Reifen<br />
100/90 H 18 vorn, 120/90 H 18 hinten,<br />
Doppelscheibenbremse vorn, Ø<br />
285 mm, Zweikolbensättel, Trommelbremse<br />
hinten, Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1516 mm, Gewicht vollgetankt 228 kg<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
200 km/h<br />
Technik<br />
Der liegende, vom Vierzylinder der<br />
K 100 abgeleitete Dreizylinder glänzt<br />
mit außergewöhnlicher Laufkultur.<br />
Dazu verhilft ihm neben den 120<br />
Grad Hubzapfenversatz vor allem die<br />
durch angeschmiedete Gegengewichte<br />
als Ausgleichswelle fungierende<br />
Abtriebswelle. Diese trägt auch die<br />
Einscheiben-Trockenkupplung, und<br />
an ihrem vorderen Ende rotiert die<br />
kombinierte Öl-/Wasserpumpe. Dank<br />
Benzineinspritzung per Bosch<br />
LE- Jetronic bietet der liegende<br />
dohc-Dreier eine sanfte Gasannahme<br />
ab Standgasdrehzahl und glänzt mit<br />
sehr geringem Spritkonsum. Der<br />
Kardanantrieb arbeitet in der Einarmschwinge<br />
aus Aluguss, welche im<br />
Getriebegehäuse gelagert ist, und<br />
kommt mit nur einer Umlenkung, im<br />
Hinterradgetriebe, aus – ein Vorteil<br />
der Motoreinbaulage, bei der die<br />
Kurbelwelle längs zu den Getriebewellen<br />
und zur Kardanwelle läuft.<br />
Gebrauchtcheck<br />
Die K 75-Baureihe weist nur wenige<br />
und kaum gravierende Schwachpunkte<br />
auf. Zu beobachten sind immer<br />
wieder Defekte und Lecks an der Wasser-/Ölpumpeneinheit,<br />
wie generell<br />
Undichtigkeiten am Kühlsystem/Kühlschläuchen<br />
(defekte Kühlerdeckel) ein<br />
Thema sind. Nicht der Austritt, sondern<br />
das Eintreten von Wasser ist ein<br />
Problem beim Cockpit, was häufig<br />
zum Ausfall des Tachos führt. Modelle<br />
nach 1989 haben eine Ab deckung mit<br />
Membran, die für Abhilfe sorgt – die<br />
Nachrüstung alter Modelle ist möglich.<br />
Fahrzeuge, die jahrelang gestanden<br />
sind, haben oft mit Problemen<br />
einer hängenden Benzinpumpe<br />
zu kämpfen – also vor dem Kauf<br />
zumindest den Motor Probe laufen<br />
Leise dank<br />
Wasserkühlung,<br />
laufruhig<br />
dank Ausgleichswelle<br />
–<br />
der äußerst<br />
kultivierte<br />
BMW-Drilling<br />
lassen. Wer auf Nummer sicher gehen<br />
will, sollte sich nach einem Modell ab<br />
1991 umschauen: Spätestens dann<br />
sind alle Verbesserungen in die Serie<br />
eingeflossen, wie das optionale ABS<br />
(ab 1990), das straffere Fahrwerk und<br />
die bessere Showa-Gabel (1990 bzw.<br />
1991), das 17-Zoll-Hinterrad und die<br />
Scheibenbremse (1991) sowie eine<br />
stärkere Lichtmaschine (1993). Wer<br />
beim Start nach längerem Parken auf<br />
dem Seitenständer ein blaue Rauchwolke<br />
aus dem Auspuff erntet,<br />
braucht sich keine Sorgen zu machen.<br />
Die Ursache ist banal. Durch den entstehenden<br />
Unterdruck, wenn der heiße<br />
Motor abkühlt, wird ein wenig Öl<br />
in die Brennräume gesaugt und beim<br />
Start rauchgewaltig mitverbrannt.<br />
Markt<br />
Brauchbare Exemplare mit hoher<br />
Laufleistung von 50 000 bis über<br />
100 000 Kilometern gibt es bereits ab<br />
etwa 1200 Euro. Gepflegte K 75 mit<br />
nur rund 30 000 Kilometern kosten<br />
auch mal 3500 bis 4000 Euro. Gefragt<br />
sind Sonderserien wie die Ultima, voll<br />
ausgestattete RT oder Modelle mit<br />
ABS, also generell späte Fahrzeuge<br />
der Baujahre 1990 bis 1996.<br />
Baureihen und<br />
Verkaufszahlen<br />
K 75 Basis-Version: 18 485 Stück<br />
1986 - 1996<br />
K 75 C:<br />
9566 Stück<br />
1985 - 1990<br />
K 75 S:<br />
18 649 Stück<br />
1985 - 1995<br />
K 75 RT:<br />
21 264 Stück<br />
1990 - 1996<br />
Foto: Schwab Foto: Archiv<br />
Teile/Spezialisten<br />
www.motobins.co.uk<br />
www.wuedo.de<br />
www.siebenrock.com<br />
Clubs und Foren<br />
www.flyingbrick.de<br />
Historie<br />
1985:Die K 75 C eröffnet die Modellpalette<br />
und begründet wegen Lenkerschlagen<br />
die Einführung des Fluidbloc.<br />
1988 fliegt sie offiziell aus dem Programm,<br />
wird aber bis 1990 verkauft.<br />
Preis: (1985) 13 290 Mark<br />
1990:Die Tourer-Version K 75 RT<br />
stößt als letzte Variante hinzu und<br />
entpuppt sich bis zum Ende der K 75-<br />
Baureihe 1996 mit 21 264 Exemplaren<br />
als meistverkauftes Modell.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 17
AUF ACHSE I<br />
BMW K 75 I Triumph Trident T150 I Yamaha XS 750<br />
Bohrung sind identisch mit dem Vierzylinder,<br />
der Ventiltrieb über zwei obenliegende<br />
Nockenwellen und Tassenstößel<br />
ebenfalls, die Bosch LE-Jetronic wird von<br />
der K 100 abgeleitet und angepasst. Wie<br />
auch bei der großen Schwester hängt der<br />
Motor mittragend im Brückenrahmen aus<br />
Stahlrohr, wegen der geringeren Baulänge<br />
etwas weiter hinten im Rahmen.<br />
Die erste Variante, K 75 C genannt, die<br />
im September 1985 mit lenkerfester Verkleidung<br />
erschien, erntete sogleich Kritik<br />
wegen Fahrwerksproblemen und Neigung<br />
zum Lenkerschlagen. BMW reagierte<br />
zügig und entwickelte den sogenannten<br />
Fluidbloc, einen ins Steuerkopfrohr<br />
eingeschobenen Reibungsdämpfer aus<br />
speziellem Kautschuk, der ab 1986 serienmäßig<br />
verbaut wurde und für Ruhe<br />
sorgte. Die längst parallel konzipierte K 75<br />
S mit verkürzten Federwegen, sportlicher<br />
Halbschale und Scheibenbremse hinten<br />
bot einen tollen Auftritt, zum allerdings<br />
deutlich höheren Preis. BMW handelte<br />
also konsequent, indem sie im Herbst<br />
1986 eine farblich und preislich attraktive<br />
nackte Variante nachschoben – die<br />
schwarze K 75 mit orangefarbener Sitzbank<br />
gab‘s für „nur“ 11 990 Mark. Eine<br />
solche hat uns Jochen Siebenrock, BMW-<br />
Händler und Zweiventil-Boxer-Spezialist<br />
(www.siebenrock.com) aus seiner privaten<br />
Sammlung zur Verfügung gestellt.<br />
Der Einspritzmotor galt stets als verlässlicher<br />
Starter, und auch den heutigen<br />
Kaltstart macht er dem Fahrer leicht: per<br />
linkem Daumen den Chokehebel dosieren,<br />
auf Knopfdruck brummt der Drilling<br />
los. Untermalt vom deutlichen und typischen<br />
Heulen – die Zahnräder des Primärtriebs<br />
laufen mit kraftsparender Geradverzahnung<br />
statt mit laufruhiger Schrägverzahnung<br />
wie bei der K 100. Die Sitzposition<br />
passt, bequem aufgehoben fühle<br />
ich mich im breiten, fast zu schwammig<br />
gepolsterten Sattel hinter dem aufragenden,<br />
langen Tank, auch wenn der die<br />
Arme ordentlich zum Lenker streckt.<br />
S eidenweich und leise setzt sich die BMW<br />
in Bewegung, die Laufruhe des Motors<br />
fasziniert ab dem ersten Meter. Vibrationen?<br />
Sind nirgendwo wirklich zu spüren.<br />
Auch bei höheren Drehzahlen nervt kein<br />
Kribbeln. Wobei hohe Drehzahlen und<br />
der sport liche Kick (ab 7000/min lässt die<br />
Drehfreude bereits wieder nach) nicht so<br />
sehr das Ding des BMW-Drillings sind.<br />
Eher schon der satte Durchzug. Schon ab<br />
1500/min kann man in jedem Gang das<br />
Gas aufziehen und erntet willigen Vortrieb.<br />
Ab 4000, spätestens 5000 Touren<br />
stellt sich dann doch noch der echte,<br />
wahre Dreizylinder-Sound ein. Ja, auch<br />
ein bisschen nach Porsche klingend,<br />
wenn auch immer noch dezent und etwas<br />
gepresst, gedämpft.<br />
Das Getriebe, hart aber ehrlich, will<br />
höchstens beim Runterschalten mit<br />
Nachdruck bedient werden, gern mit<br />
Zwischengas. Die Abstufung passt, die<br />
unspektakulär aufgebaute Bremse verzögert<br />
verblüffend wirksam und gut dosierbar.<br />
Alles da für die fröhliche Kurvenräuberei,<br />
wäre da nicht dieses ständig<br />
leicht taumelnde Lenkgefühl. Es wurde<br />
oft als vergleichbar mit dem Verdacht auf<br />
ein defektes Lenkkopflager beschrieben,<br />
und, ja, genau so fühlt es sich an. Selbst<br />
beim langsamen Geradeausfahren will<br />
die K 75 stets konzentriert auf Kurs gehalten<br />
werden. Außerdem wirkt die nur<br />
knapp 230 Kilo wiegende BMW stets<br />
schwer fälliger beim Einlenken und kopflastiger<br />
als die rund 30 Kilo schwerere<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
MEINUNG<br />
Reinhold<br />
Baier<br />
Besitzer der<br />
Triumph Trident<br />
Schon zu Beginn meiner<br />
Motorradkarriere<br />
bin ich Dreizylinder gefahren,<br />
Yamaha XS 750<br />
und 850. Dann entwickelte<br />
sich meine<br />
Leidenschaft für klassische englische Motorräder.<br />
Und vor ein paar Jahren reifte der Wunsch,<br />
wieder einen Dreizylinder zu fahren. Dann aber<br />
das Original! Also Triumph Trident. Es macht<br />
wahnsinnig Spaß, mit diesem Dreizack eine Ikone<br />
der englischen Motorradkunst zu besitzen.<br />
Ekkehard<br />
Lemke<br />
Besitzer der<br />
Yamaha XS 750<br />
Schon 1976 war sie<br />
mein Traum-Motorrad.<br />
1979 konnte ich mir<br />
den Traum endlich<br />
erfüllen und eine XS<br />
leisten. Sie trug meine<br />
Sozia und mich zuverlässig durch ganz Europa.<br />
Heute, über 35 Jahre später, ist die XS für mich<br />
der ideale Klassiker: zuverlässige Technik, klassisches<br />
Design und nicht an jeder Ecke anzutreffen.<br />
Das Beste ist nach wie vor der phänomenale<br />
Sound – der Ton macht halt die Musik.<br />
Gabriel<br />
Winter<br />
Foto- und Testfahrer<br />
zur BMW K 75<br />
Selbst mich als Fan und<br />
Fahrer vor allem sportlicher<br />
italienischer<br />
Klassiker fasziniert<br />
die BMW mit ihrem<br />
seidenweich laufenden,<br />
kultivierten Dreizylinder, der fortschrittlichen<br />
Technik und der hochwertigen Verarbeitung.<br />
Der Motor hätte allerdings ein sportlicheres,<br />
neutrales Fahrwerk verdient. Schade, dass<br />
BMW den Triple nicht weiterentwickelt und in<br />
ein modernes Konzept überführt hat.<br />
Yamaha. Okay, es mag zum Teil an den<br />
nicht mehr ganz taufrischen Reifen liegen,<br />
doch zeigt sich hier womöglich auch<br />
der Fluidbloc von seiner häufig kritisierten<br />
Seite. Ge radeauslaufen auf der Autobahn<br />
bei höherem Tempo, das kann sie<br />
jedoch tatsächlich. Fast tut einem der geschmeidige<br />
Motor leid, er hätte ein neutraleres,<br />
handlicheres Fahrwerk verdient.<br />
Dass der laufruhige, durchzugsstarke<br />
Dreier ebenso touris tische Quali täten<br />
besitzt, hat man auch bei BMW irgendwann<br />
erkannt. Ab 1990 kombinierten die<br />
Bayern den Motor mitsamt seinem wartungsarmen<br />
Kardan-Antrieb mit der<br />
touren tauglichen Vollverkleidung der K<br />
100 RT. Und die K 75 RT entpuppte sich<br />
rück blickend schließlich als meistverkaufte<br />
K 75. Vielleicht auch ein bisschen<br />
gemäß der leicht abgewandelten Regel:<br />
Das Ohr reist mit.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 19
IM STUDIO I<br />
CZ 250 dohc-Prototyp<br />
Eiliger<br />
Ost-Bote<br />
Von diesem wunderschönen 250er-<br />
Werks-Prototypen mit dohc-Zylinderkopf<br />
hat CZ im Jahr 1955 nur zwei<br />
Exemplare gebaut. Originalgetreu<br />
restauriert, gibt sich hier einer<br />
jener ultrararen Renner die Ehre.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Jacek Bilski<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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IM STUDIO I<br />
CZ 250 dohc-Prototyp<br />
Eine Königswelle treibt über vier<br />
Stirnräder die beiden Nockenwellen<br />
an. Antrieb von Ölpumpe<br />
und Zündmagnet unterm schräg<br />
nach oben führenden Deckel<br />
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Gut zu sehen: Der aus Platzgründen schräg angeflanschte<br />
Auspuffkrümmer und der Antrieb des Drehzahlmessers<br />
Über das vor dem Zylinder platzierte Ölreservoir mit Absperrhahn<br />
lässt sich bei Bedarf der Primärtrieb schmieren<br />
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IM STUDIO I<br />
CZ 250 dohc-Prototyp<br />
CZ 250 dohc<br />
(Typ 850)<br />
MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
zwei Ventile, über Königswelle, Stirnräder<br />
und zwei obenliegende Nockenwellen<br />
betätigt, Bohrung 63 mm, Hub 80 mm,<br />
Hubraum 249,4 cm³, Verdichtung 8,4:1,<br />
zirka 35 PS bei 9000/min, ein Amal TT-Vergaser,<br />
Trockenkupplung, Vierganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
FAHRWERK: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen,<br />
hydraulisch gedämpfte<br />
Telegabel, Zweiarmschwinge mit<br />
zwei hydraulisch gedämpften<br />
Federbeinen hinten, Simplex-Trommelbremsen<br />
vorn und hinten, Ø 220 mm,<br />
Reifen 2.75-19 vorn, 3.00-19 hinten, Trockengewicht<br />
zirka 115 kg, Tankinhalt 23 l<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT: 170 km/h<br />
BAUJAHR: 1955<br />
Simplex-Trommelbremsen vorn und<br />
hinten aus Elektron-Guss (Ø 220 mm)<br />
mit eingenieteter Stahltrommel<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Stand der 1950er-Jahre:<br />
Smiths-Drehzahlmesser<br />
aus dem nichsozialistischen<br />
Ausland und ein<br />
einstellbarer Lenkungsdämpfer<br />
an der CZ
IM STUDIO I<br />
CZ 250 dohc-Prototyp<br />
Auch jenseits des Eisernen Vorhangs<br />
wurden beeindruckende<br />
Rennmotorräder gebaut. Insbesondere<br />
bei Ceská Zbrojovka, kurz CZ, im<br />
tschechoslowakischen Strakonice. Bereits<br />
vor dem Krieg konstruierte Jaroslav Walter,<br />
Sohn des tschechoslowakischen Motorrad-Pioniers<br />
Josef Walter, seinen ersten<br />
ohv-Rennmotor mit 250 cm³.<br />
Nach dem Krieg und der Verstaatlichung<br />
der väterlichen Zahnradfabrik<br />
1948 erhielt Jaroslav Walter grünes Licht<br />
für den Aufbau der CZ-Rennabteilung.<br />
Auf Basis seines ohv-Motors konstruierte<br />
er ab 1950 Varianten mit 250 und 350 cm³,<br />
die bei nationalen Rennen zahlreiche<br />
Siege einfuhren. Davon ermutigt, stieg CZ<br />
1952 mit einem von Walter neu konstruierten<br />
dohc-Motor mit Königswellenantrieb<br />
bei den 125ern ein. Mit beachtlichen<br />
Erfolgen, selbst bei sporadischen Einsätzen<br />
im Westen. Und beim damals noch nicht<br />
zur WM zählenden tschechoslowakischen<br />
Grand Prix 1952 standen sogar drei CZ-<br />
Piloten auf dem Siegerpodium!<br />
Weitere Erfolge der 125er-Rennmaschinen,<br />
unter anderem ein Sieg in<br />
Schweden 1954, ließen für die Weiterentwicklung<br />
der angejahrten 250er, intern<br />
Typ 850 genannt, wenig Luft, obwohl<br />
Jaroslav Walter bereits 1952 damit begonnen<br />
hatte. Für die Saison 1955 reichte es<br />
daher für zwei Werks-Rennmaschinen<br />
des Typs 850 nur zu einem neuen Doppelnocken-Zylinderkopf,<br />
mit dem der CZ-<br />
Werkspilot Stanislav Malina damals einige<br />
nationale Erfolge einfahren konnte.<br />
Unser Fotomodell ist eines dieser beiden<br />
Übergangsmodelle – die von Jaroslav<br />
Walter komplett neu konstruierte 250er-<br />
Rennmaschine mit der Typenbezeichnung<br />
853 war erst Ende 1955 fertig geworden.<br />
Im Vergleich zur Einnocken-<br />
Steuerung der angejahrten Basis baute<br />
der dohc-Kopf mit den via Königswelle<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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angetriebenen vier Stirnrädern wesentlich<br />
größer, weshalb Vergaser und Krümmer<br />
schräg angeflanscht wurden. Was der<br />
Ästhetik dieser Maschine jedoch nicht im<br />
Geringsten schadet. Im Gegenteil, die CZ<br />
850 dohc wirkt stimmig, wie aus einem<br />
Guss. Ein Grund mehr, weshalb der jetzige<br />
Eigner dieses exotische Motorrad erstanden<br />
hat. Er begeistert sich für die wenig<br />
bekannten Rennmaschinen des Ostblocks.<br />
In dieser 250er-CZ-Rennmaschine<br />
sieht er einen „einzigartigen Prototypen<br />
mit einer wunderschönen Linie, der sowohl<br />
im Hinblick auf die Technik als auch<br />
auf die Historie sehr interessant ist“.<br />
Der Wiederaufbau lag in den Händen<br />
von Libor Kamenicky, dem Vorsitzenden<br />
des tschechischen Motorrad-Oldtimerverbands,<br />
und Olda Prokop. Prokop, ein<br />
Sammler von Jawa- und CZ-Werksmaschinen,<br />
ist im Besitz der originalen CZ-<br />
Konstruktionszeichnungen. Ein Glücksfall,<br />
weil so das Motorgehäuse<br />
mit Hilfe aufwendiger<br />
Gussformen aus<br />
Aluminium nachgefertigt<br />
werden konnte. Das originale<br />
Gehäuse aus Magnesium<br />
ist zwar noch vorhanden,<br />
würde heute aber jede<br />
Demonstrationsfahrten zu einem riskanten<br />
Unterfangen wegen des mittlerweile<br />
versprödeten Gussmaterials machen.<br />
Denn fahren soll sie weiterhin, die CZ.<br />
Und hierbei zeigen, welch eindrucksvolle<br />
Konstruktionen damals hinterm Eisernen<br />
Vorhang entstanden sind.<br />
◻<br />
Ein historisches Foto von CZ-Werkspilot Stanislav<br />
Malina auf dem 850er-Prototyp mit dohc-Zylinderkopf<br />
bei einem nationalen Meisterschaftslauf 1955<br />
Foto: Privat<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 27
SZENE I<br />
Menschen und ihre Maschinen<br />
Feines<br />
aus Varano<br />
Das Autodromo<br />
Riccardo Paletti bei<br />
Varano ist Schauplatz<br />
der ASI Motorshow<br />
In der letzten Ausgabe berichteten wir von<br />
der ASI Motorshow, Italiens größter Klassik-<br />
Veranstaltung. Unter den mehr als 700<br />
Teilnehmer-Motorrädern der Baujahre 1900<br />
bis 2000 haben wir uns noch einige weitere<br />
besonders interessante Stücke herausgepickt.<br />
Text: Dirk Mootz; Fotos: Harry Colbert<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Laverda 75 Sport<br />
von 1955<br />
Fahrerin: Silvia Miglioranza<br />
Wenn der Vater total auf Laverda<br />
abfährt, stehen die Chancen nicht<br />
schlecht, dass der Nachwuchs mehr als nur<br />
das Aussehen erbt. Wie bei Gaudenzio<br />
Miglio ranzas Tochter Silvia, die Laverdas<br />
liebt. “Nachher fahre ich eine 1979er-<br />
Formula 500 auf der Strecke“, erzählt sie.<br />
„Aber auch diese hier ist etwas Besonderes,<br />
selbst wenn sie nicht so schnell fährt!“<br />
Es ist eine Laverda 75 Sport. Beim Debüt<br />
1952 leistete deren getunter Viertakter<br />
4,2 PS bei 7200/min. Der kleine Dreigangmotor<br />
ist in einem großzügigen, stabilen<br />
Doppelschleifen-Chassis mit Hinterradschwinge<br />
verschraubt. Wie die Telegabel<br />
verfügen auch die beiden Federbeine über<br />
eine hydraulische Dämpfung. Die einst<br />
optionale Sitzbank ermöglicht zusammen<br />
mit den Lenkerstummeln mit integrierten<br />
Hebeln eine rennmäßige Haltung – wie<br />
früher eben. Denn die kleine Laverda<br />
zählte zum Besten bei der berühmten Milano-Taranto,<br />
dem harten Langstreckenrennen<br />
über 1400 Kilometer, das lange<br />
vor Sonnenaufgang gestartet wurde. Nino<br />
Castellani gewann 1952 die 75er-Klasse<br />
mit einem Schnitt von 76,43 km/h, vor vier<br />
weiteren Teamfahrern. Insgesamt schafften<br />
es damals 16 Laverdas in die Top 20!<br />
Silvia freut sich schon auf den September.<br />
Dann fährt sie mit der 75er und zwei<br />
Freunden von Vicenza nach Budapest –<br />
und natürlich retour!<br />
350er-Norton Manx Model 40 von 1954<br />
Fahrer: Alessandro Altinier<br />
Natürlich hätte Alessandro auch eine<br />
der top restaurierten Maschinen des<br />
Hauses (www.altiniermotorcycles.com)<br />
fahren können. Doch wie jedes Jahr brachte<br />
er auch diesmal wieder seine 350er-<br />
Manx nach Varano. „Ich besitze sie seit<br />
zwölf Jahren“, strahlt er. „Es ist ein wunderbares<br />
Motorrad, mit dem ich unheimlich<br />
gerne fahre.“ Für 1954 war der Production<br />
Racer gründlich überarbeitet worden.<br />
Beim nunmehr fast quadratischen<br />
Motor (76 x 76,85 mm) umschlossen die<br />
Kühlrippen das Königswellen-Rohr. Außerdem<br />
wurde das obere, integrierte Kegelrad<br />
gehäuse mit diagonalen Rippen zwischen<br />
den Ventilen versehen und der<br />
Ventil trieb optimiert. „Zudem bekam die<br />
1954er-Manx einen geschweißten Heckrahmen<br />
und eine größer dimensionierte<br />
vordere SLS-Bremse“, ergänzt Alessandro.<br />
„Jedes Jahr baue ich die Manx ein<br />
wenig um. Dazu zählen sowohl der höher<br />
verlegte Auspuff oder das Motiv mit den<br />
Haifischzähnen auf der Verkleidung.<br />
Auch das macht für mich den Spaß mit<br />
dieser unglaublichen Maschine aus.“<br />
Triumph Trident 750 (1969 – 73)<br />
Fahrer: Stefano Zuban<br />
Stefano Zuban freut sich über die<br />
gekonnte Restaurierung der Trident<br />
Mit ihrer markanten Lackierung in<br />
Olivgrün und der riesigen Fontana-<br />
Doppelduplex-Bremse ist Stefano Zubans<br />
Trident so eine auffällige Maschine, dass<br />
man einfach nicht daran vorbeigehen<br />
kann, ohne ihn darauf anzusprechen.<br />
„Von dieser Triumph besitze ich die kom-<br />
Alessandro Altinier mit seiner Manx, die<br />
„eindeutig schneller ist als ihr Fahrer“<br />
plette Historie. Die Papiere weisen aus,<br />
dass die Trident 1969 erstmalig aufs Werk<br />
zugelassen wurde. Zweiter Besitzer war<br />
A. Bennett & Son, ein Triumph-Händler<br />
aus South Yorkshire. Im Werk wurde die<br />
Trident zu Versuchszwecken genutzt. Die<br />
Bennetts kauften sie 1972, zusammen mit<br />
dem Fahrgestell eines T150-Production<br />
Racers, einer gebrauchten Rennverkleidung<br />
und einer gebrauchten Zylinderbank<br />
samt -kopf“, weiß Stefano. Bei<br />
der TT 1973 trat Bennetts mit zwei<br />
Tridents in der Klasse der 750er-<br />
Production Racer an. Stefanos<br />
Trident erreichte unter Darryl<br />
Pendlebury den sechsten<br />
Platz, mit einem Schnitt von<br />
knapp 143 km/h! Knapp<br />
geschlagen von Teamkollege<br />
Ernie Pitt auf der zweiten,<br />
mit einer Scheibenbremse<br />
ausgerüsteten Trident,<br />
der 0,2 Sekunden schneller war.<br />
Mick Hemmings, ein bekannter Norton-Pilot<br />
und -Tuner, fuhr die Bennett-Trident<br />
1974 beim Daily Express Production<br />
Machine Race auf Rang neun in der<br />
1000er-Klasse. „Meine Trident habe ich bei<br />
Giovanni Cabassi restaurieren lassen. Und<br />
zwar so, wie sie 1973 bei der TT an den<br />
Start gegangen ist. Er hat klasse gearbeitet,<br />
nicht wahr?“<br />
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SZENE I<br />
Menschen und ihre Maschinen<br />
Sarolea 500 (Typ 23MC) von 1926<br />
Fahrer: Lothar Rettke<br />
Lothar Rettkes Sarolea Typ 23MC ist<br />
mit ihrem schlanken, langhubigen<br />
ohv-Einzylinder das belgische Pendant zu<br />
einer Sunbeam Model 90 oder der Norton<br />
Model 18. „Diese hier besitze ich seit fast<br />
15 Jahren“, erzählt Lothar. „In meiner<br />
Garage stehen jedoch noch einige weitere<br />
Sarolea-Einzylinder – allesamt mit einer<br />
bekannten Historie. Doch diese 500er<br />
ist meine Lieblingsmaschine.“<br />
Bei Sarolea hatte man sich offensichtlich<br />
die 350er-AJS Big Port sehr<br />
gut angeschaut, bevor die Belgier<br />
1923 ihren ersten Einzylinder konstruierten.<br />
Das war das Modell 23G,<br />
ein 500er-Sportler, der rund 120<br />
km/h schnell war. Wofür die<br />
Werks-Rennmaschinen natürlich<br />
optimal vorbereitet wurden. Die<br />
Fabrik war in Herstal angesiedelt, bis ins<br />
Zentrum von Lüttich waren es nur zehn<br />
Kilometer. Umso größer war daher die<br />
Freude, als einer dieser Sarolea-Singles<br />
1923 das prestigeträchtige Rennen Lüttich-Nizza-Lüttich<br />
gewann. Und kurz darauf<br />
auch noch ein Sieg vor heimischem<br />
Publikum beim belgischen Grand Prix<br />
folgte. Von dieser Werksmaschine wurde<br />
1924 ein Production Racer abgeleitet, die<br />
23M, mit der Guido Premoli den mörderischen<br />
Giro d‘Italia gewann.<br />
„Es ist ein belgisches Motorrad, bei dem<br />
aber viele britische Teile verbaut sind wie<br />
etwa der Amal-Vergaser, die Best & Loyd-<br />
Ölpumpe, das Sturmey-Archer-Getriebe<br />
oder die Räder von Royal Enfield. Nur der<br />
Zündmagnet, der ist von Bosch“, freut sich<br />
Lothar an seiner 500er.<br />
Lothar Rettke<br />
besitzt mehrere<br />
Sarolea-<br />
Singles. Der Typ<br />
23MC, ein 500er-<br />
Production Racer,<br />
zählt zu den Lieblingsmaschinen<br />
des<br />
Sarolea-Sammlers<br />
Triumph T100 von 1958<br />
Fahrer: André Mazzoni<br />
Triumph-Twins hatten schon immer<br />
Stil. Die T100 von André Mazzoni<br />
hat dank des französischen Gespürs aber<br />
noch ein wenig mehr davon. „Der originale<br />
Tank wurde hinten verlängert. Aber<br />
nicht für mehr Fassungsvermögen“, erzählt<br />
André, der auch noch seine Martin-Honda<br />
mitgebracht hat. „Der Erstbesitzer meiner<br />
T100 fuhr in den 1960er-Jahren Rennen in<br />
Frankreich und fand den längeren Tank<br />
wohl einfach bequemer.“<br />
Anstelle des Amal Monobloc-Paares<br />
füttern zwei Amal 276-Drosselklappenkörper,<br />
die mit<br />
einer Matchbox-Schwimmerkammer<br />
von einer<br />
späteren Grand Prix-Maschine<br />
ver bunden sind,<br />
den ansehnlichen Motor.<br />
Schwarze Megafone lassen<br />
den Tiger so kräftig<br />
brüllen, wie es französische<br />
Bikerohren lieben. Einfangen<br />
lässt sich der Tiger jedoch von den nicht<br />
minder eindrucksvollen Trommeln der<br />
Turiner Bremsen-Manufaktur Salvai. Als<br />
Präsident des Roquebrune-Cap-Martin-<br />
Clubs für klassische Motorräder und Roller<br />
zeigt uns André mit seiner T100, dass<br />
britische Mechanik vom französischer<br />
Flair profitieren kann.<br />
Hintern nach hinten: klassische Rennhaltung<br />
wegen des verlängerten Tanks<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Auch mit dem Parena-Kit<br />
leckt die BSA – denn Marco<br />
lässt es „richtig laufen“<br />
BSA 500 Parena<br />
Velox von 1941<br />
Fahrer: Marco Checchini<br />
Marco Checchini ist auf seine BSA<br />
mindestens so stolz wie auf seinen<br />
Sohn, wie das breite Lachen nach einigen<br />
Runden auf dem Autodromo Riccardo<br />
Paletti verrät. Kein Wunder, ist seine BSA<br />
doch alles andere als gewöhnlich.<br />
„Am Anfang ihres Lebens war die Ex-<br />
Army M20 ein seitengesteuertes Arbeitstier“,<br />
erzählt Marco. „Dann wurde der<br />
Einzylinder mittels Kit von Luigi Parena,<br />
einem Ingenieur aus Turin, in einen Voll-<br />
Alu-ohv verwandelt. Unter der Firmierung<br />
‚Gruppo Velox‘ fertigte Parena auch dohc-<br />
Umrüstkits für 250er-Benellis und Aluköpfe<br />
für Guzzis. Als viele BSA M20 in<br />
Italien zurückgelassen wurden, sah er die<br />
Chance, daraus eine Italo-Gold Star zu<br />
bauen.“ Deren Getriebegehäuse ziert ein<br />
Wölkchenschliff, außerdem zeugen Bohrungen<br />
an Schalthebel, Motorhalterungen<br />
und Bremsankerplatten vom Bemühen,<br />
Gewicht einzusparen. Parena modifizierte<br />
ebenfalls das Stern-Logo der ohv-BSA –<br />
schließlich war sie der Titelstar des ersten<br />
Velox-Katalogs nach dem Krieg.<br />
Charakter-Typen: JJ Thabuis<br />
mit seiner von Gus Kuhn<br />
aufgebauten Commando<br />
Norton 750 Commando Gus Kuhn (1972)<br />
Fahrer: Jean-Jacques Thabuis<br />
Gus Kuhn Motors, im südwestlich von<br />
London gelegenen Clapham Road<br />
ansässig, hatte sich mit dem Aufbau von<br />
Production-Rennmaschinen auf Basis der<br />
Norton Commando einen Namen gemacht.<br />
Fahrer vom Kaliber eines Dave Croxford,<br />
Charlie Sanby, Don Emde, Chas Mortimer<br />
und Malcolm Uphill saßen schon im Sattel<br />
einer Kuhn-Commando.<br />
Auch in Frankreich erkannte man<br />
rasch, dass so eine sorgfältig aufgebaute<br />
Commando etwas Feines ist. King’s<br />
Motor cycles aus Choisy-le-Roi/Paris<br />
übernahm den offiziellen Import der<br />
Sportversion, die mit 18-Liter-Fiberglas-Tank,<br />
Rennhöcker, Manx-Aluschutzblech,<br />
Stummellenker und<br />
Rennrasten sowie Megafon-Schalldämpfern<br />
ausgestattet war. Mit Halbschale<br />
und Alurädern wurde daraus ein Straßenrenner,<br />
mit 23-Liter-Tank und höherem<br />
Lenker aber auch ein passabler Tourer.<br />
Für Jean-Jacques Thabuis musste es ein<br />
Supersportler sein, mit großem Tank,<br />
Alu felgen und Scheibenbremse vorn: „Als<br />
Teenager hatte ich so eine Commando als<br />
Poster in meinem Zimmer hängen.“ Doch<br />
Jean-Jacques musste bis 20<strong>09</strong> warten, ehe<br />
er eine Gus Kuhn-Commando fand. Doch<br />
das Warten hat sich gelohnt. „Weder mein<br />
AJS-Single noch der BSA-Twin oder die<br />
Ducati TT1 haben so viel Charakter wie<br />
die Kuhn-Commando.” Er liebt den Bums<br />
des Norton-Twins. „Très bon“, lacht er,<br />
„selbst wenn es hier und da doch noch<br />
etwas zu verbessern gibt.“<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 31
SZENE I<br />
Menschen und ihre Maschinen<br />
Ducati 350 Sport (1979) Ducati 500 Sport (1977)<br />
Fahrer: Leonardo Innocenti<br />
Fahrer: Leonardo Becherelli<br />
Die Leidenschaft dieser beiden Freunde<br />
aus Italien gehört den oft verrissenen<br />
Parallel-Twins von Ducati. „Die<br />
sind nicht so schlecht, wie sie von vielen<br />
gemacht werden“, bekräftigt Innocenti.<br />
„Und sie klingen fantastisch“, wirft Becherelli<br />
ein, dem die blaue Duc gehört. „Das<br />
Fahrwerk ist prima gelungen, gleichermaßen<br />
handlich und stabil“, so Innocenti.<br />
„Hier in Varano kann ich mit meiner 350er<br />
beim Einlenken rund 20 Meter später<br />
bremsen als die anderen – selbst wenn die<br />
auf Rennmaschinen sitzen!“<br />
Die Schwachstellen der Parallel-Twins<br />
mag er dennoch nicht beschönigen. So<br />
die direkt im Alu-Zylinderkopf laufende<br />
Nockenwelle. Mangelschmierung infolge<br />
zugesetzter Ölkanäle sorgt hier für Kernschrott.<br />
„In den 70er-Jahren wurde viel<br />
gestreikt. Arbeiter verließen die Fabrik,<br />
selbst wenn sie gerade Dichtmasse auf die<br />
Gehäusehälften gestrichen hatten. Erst<br />
tags darauf ging die Arbeit weiter. Ich habe<br />
schon viele zerstörte Motoren infolge Ölmangels<br />
im Zylinderkopf gesehen.“<br />
Innocenti besitzt 16 italienische 350er,<br />
einschließlich einer Pantah und diversen<br />
Morini- und MV-Modellen. „Für mich ist<br />
es die Drehfreude, die den Reiz dieser Maschinen<br />
ausmacht. Außerdem sind sie viel<br />
handlicher als die Schwergewichte.“<br />
Leonardo Innocenti (links) und<br />
Leonardo Beccherelli sind angetan<br />
von den kleinen Desmo-Ducatis<br />
Ein ganz besonderes<br />
Einzelstück:<br />
die 350er-Rudge<br />
von Hansueli<br />
Wyssen mit Zylinder<br />
und -kopf von<br />
Friedrich Brumm<br />
Brumm-Rudge 350 von 1933<br />
Fahrer: Hansueli Wyssen<br />
Mit ihrem Teile-Mix aus Coventry<br />
und München ist Hansueli Wyssens<br />
Rudge etwas ganz Besonderes. „Kurbelgehäuse<br />
und Unterbau sind TT-Replikateile“,<br />
bestätigt er. Doch das, was wirklich auffällig<br />
ist, sitzt darüber. Es sind der massive<br />
Aluzylinder und der mit zwei Vergasern<br />
bestückte Zylinderkopf, die neugierig<br />
machen. Beide Teile sehen aus, als seien<br />
sie erst in den letzten Jahren angefertigt<br />
worden, um dem Klassik-Renner auf die<br />
Sprünge zu helfen. Doch in Wirklichkeit<br />
sind die Tuning-Teile viel älter.<br />
„Diese Teile hat Friedrich Brumm, ein<br />
Ingenieur aus Berlin, bereits 1937 hergestellt“,<br />
weiß Hansueli. „Brumm hat auch<br />
die beiden 25,4-Millimeter-Amal TT angeflanscht.<br />
Doch damals mussten vor allem<br />
deutsche Bauteile eingesetzt werden, weshalb<br />
Brumm einen Bosch-Magneten und<br />
Magura-Hebel verbaute.“ Und die hydraulisch<br />
gedämpfte Telegabel? „Die stammt<br />
von einer BMW R 5“, erzählt Hansueli. Die<br />
1936 in Berlin präsentierte 500er-BMW<br />
wurde nur bis 1937 gebaut. Eine Besonderheit<br />
der Gabel ist die über einen kleinen<br />
Hebel variierbare Dämpfung. Originale<br />
Rudge-Bauteile sind dagegen die verrippten<br />
Trommelbremsen. Mit der Brumm-<br />
Rudge fuhr Hans Richnow 1938 Rennen.<br />
In Schotten wurde er damit sogar Zweiter,<br />
als bester Privatfahrer.<br />
Motor, Getriebe, Rahmen und diverse<br />
Kleinteile hat Hansueli in Ostdeutschland<br />
gefunden, zusammen mit alten Fotos der<br />
Maschine im Renntrim. Die Restaurierung<br />
zog sich über drei Jahre. In Varano konnte<br />
er erstmals das Potenzial des Einzelstücks<br />
erfahren – bis die obere Gabelbrücke<br />
brach und er stürzte. Eine Beule im Tank,<br />
die krumme Gabel und verbogene Hebel<br />
dämpften seinen Enthusiasmus kaum: „In<br />
zwei Wochen bin ich beim Coupes Moto<br />
Légende in Dijon wieder am Start!“<br />
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Rex-Acme 350 TT-Modell von 1927<br />
Fahrer: Günter Weinhold<br />
Mein Cousin fragte mich 1967, ob ich<br />
ein altes englisches Motorrad kaufen<br />
wollte“, erzählt Günter Weinhold. „Ich<br />
war 16, und natürlich wollte ich!“ So gelangten<br />
zwei große Kisten mit Teilen, dem<br />
Rahmen mit Gabel und zwei Rädern in<br />
Günters Elternhaus in Sachsen.<br />
„Der Motor war von Blackburne, doch<br />
um welche Motorradmarke es sich handelte,<br />
konnte niemand sagen. Das war<br />
sehr lange, bevor die Maschine als Rex-<br />
Acme identifiziert wurde.“ Noch länger<br />
dauerte die Restaurierung – den wieder<br />
aufgebauten Motor startete Günter erstmals<br />
in Varano! Zwischenzeitlich hatte<br />
er nämlich andere Sorgen.<br />
„Als rebellischer Ost-Bürger hielt ich<br />
bei den Umzügen zum Mai-Feiertag 1980<br />
ein Schild mit der Aufschrift ‚Es steht<br />
jedem frei, sein Land zu verlassen – auch<br />
uns!‘ in die Höhe. Die Stasi wusste das zu<br />
unterbinden. Und sperrte mich 22 Monate<br />
ins Gefängnis ...“ Günter kam 1981 dann<br />
doch in den Westen, 1990 erhielt er sogar<br />
seine Maschine zurück. Von da an stückelte<br />
er nach und nach die Historie seiner<br />
Rex-Acme zusammen. „Dabei stellte<br />
sich heraus, dass es sich um ein TT-Modell<br />
handelt. Einer der ersten Besitzer hatte sie<br />
zur Rennmaschine umgebaut, mit der er<br />
bei Wettbewerben in Sachsen an den Start<br />
ging. Er gewann 1931 sogar das Lückendorfer<br />
Bergrennen, danach fuhr Gerhard<br />
Semmit mit ihr gute Platzierungen ein.<br />
Der war bei Eber angestellt, die Blackburne-Motoren<br />
in ihre Motorräder einbauten.<br />
Deshalb hat meine Rex-Acme viele<br />
Spezialteile, wie den Langhub-Werksmotor<br />
von 1925 mit Direktschmierung der<br />
Kurbelwelle, Burman-Renngetriebe oder<br />
AMAC TT25-Vergaser.” Günters Rex-Acme<br />
rannte letztmals am 17. April 1937 in Oberschreiberhau,<br />
wo Semmit Vierter wurde.<br />
Anschließend wurde sie zerlegt und in<br />
zwei große Kisten verpackt...<br />
Günter Weinhold mit seiner in vielen<br />
Jahren restaurierten Rex-Acme, die in<br />
Varano erstmals wieder gefahren ist<br />
Renzo Bruini mit seiner<br />
Cardani 500, die<br />
einst die übermächtigen<br />
MV Agusta<br />
herausfordern<br />
sollte<br />
Cardani 500 von 1968<br />
Fahrer: Renzo Bruini<br />
Man wird keine andere Cardani in<br />
Varano finden. Und auch sonst nirgendwo.<br />
Denn diese Dreizylinder-500er<br />
ist ein Einzelstück. Gebaut, um die<br />
Übermacht von MV Agusta bei<br />
den Grand Prix Ende der<br />
1960er-Jahre zu brechen.<br />
Treibende Kraft hinter<br />
diesem Projekt war<br />
Daniele Fon tana, der<br />
sein Geld mit Trommelbremsen<br />
gemacht<br />
hatte, die<br />
seinen Namen<br />
trugen. Unterstützt<br />
wurde<br />
Daniele von<br />
Lino Tonti, der<br />
schon an Bianchis<br />
Zweizylinder-Rennern<br />
und<br />
den Linto gearbeitet<br />
hatte, während Carlo Savaré Geld und<br />
Namen in das ambitionierte Projekt einbrachte<br />
– eine Kombination der beiden<br />
Vornamen CARlo und DANI ele. Der Cardani-Dreizylinder<br />
hat – wie der übermächtige<br />
MV-Triple, der im nur 25 Kilometer<br />
von Fontanas Fabrik in Mailand<br />
entfernten Gallarate gebaut wurde – eine<br />
Bohrung von 62 Millimetern, der Hub<br />
beträgt 55 Millimeter (Hubraum 497 cm³).<br />
Gleich ist bei Cardani und MV auch der<br />
Hubzapfenversatz von 120 Grad. Das Cardani-Projekt<br />
brauchte noch einen guten<br />
Rennfahrer, der mit Jack Findlay gefunden<br />
wurde. Der Australier war zwar vom<br />
Handling begeistert, aber der Motor war<br />
nicht ausgereift. Nach den Trainingsläufen<br />
zum spanischen GP 1968 im Montjuich-Park<br />
wurde das Projekt aufgegeben.<br />
Renzo Bruini, der alte Kronleuchter<br />
restauriert, kaufte die Cardani vor 30 Jahren.<br />
Er zeigt sie gern in Varano. „Aus den<br />
offenen Megafonen klingt es einfach<br />
infernalisch, wenn der Triple dreht!“ ◻<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 33
<strong>MOTORRAD</strong> 11/1984<br />
Zweitakter mit mächtig Biss hatten stets ihren<br />
festen Platz im Kawasaki-Modellprogramm,<br />
wie die berüchtigten luftgekühlten Dreizylinder<br />
lange bewiesen. Nach einigen Jahren<br />
Zweitakt-Abstinenz griffen die Grünen 1984<br />
mit der KR 250 A wieder an.<br />
Fotos: mps-Fotostudio<br />
Grünes Gift<br />
Rennsporterfolge wecken immer Begehrlichkeiten bei<br />
der Kundschaft und den Wunsch nach käuflichen Serien -<br />
ab legern. So reagiert denn Kawasaki Ende 1982 auch nur<br />
kon sequent, als man sich nach den WM-Titeln in der 250erund<br />
350er-Klasse im Entwicklungszentrum daran machte, eine<br />
VIERTELLITER-STRASSENMASCHINE AUF DER BASIS DER<br />
WERKSRENNER zu konstruieren. Galt einst der luftgekühlte<br />
Reihendreizylinder als gesetzt, so sah die neue Motorenkon-<br />
figuration gänzlich anders aus. Ein wassergekühlter Zweizylinder<br />
mit hintereinander liegenden Zylindern sollte zum Einsatz<br />
kommen, von 28er-Mikuni-Flachschiebervergasern über Drehschiebereinlass<br />
mit Gemisch versorgt. Neu und ganz im Stil der<br />
Der wiederbelebte Zweitakter in Gestalt der<br />
KR 250 wurde in Deutschland nicht offiziell<br />
angeboten. Schade, denn schon der erste<br />
Fahrbericht klang vielversprechend<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Werksrenner geriet auch die Führung der Auspuffanlage.<br />
Während der vordere Zylinder der KR 250<br />
seine Abgase über einen „konventionellen“<br />
Krümmer im Stil einer Expansionsbirne entlässt,<br />
schlängelt sich die Auspuffführung des hinteren<br />
Zylinders auf fast direktem Wege nach hinten<br />
zum Endtopf, der dicht unterm Soziussitz neben<br />
dem Rücklicht abschließt.<br />
Der solchermaßen äußerst schmal bauende<br />
Motor steckt in einem ebenso kostspielig wie<br />
aufwendig entwickelten Doppelschleifen-Rohrrahmen,<br />
der aus quadratischen Alurohren besteht.<br />
Dieser wurde teils verschweißt, teils mittels<br />
Aluminium-Gussplatten verschraubt. Diese edel<br />
anmutenden Platten bieten gleich mehrere Vorteile:<br />
Sie ersparen aufwendige Schweißvorgänge, es<br />
können keine Eigenspannungen entstehen, die<br />
frühzeitige Ermüdung verursachen, sie sehen<br />
hochwertig aus und fungieren gleichzeitig noch<br />
als Träger für Fußrasten und Auspuffhalter.<br />
Für die Führung des Hinterrads sorgt eine<br />
großzügig versteifte Aluschwinge, für die Federung<br />
und Dämpfung ein gasdruckunterstütztes Federbein,<br />
das sich per Umlenkhebelei abstützt. Vorn<br />
arbeitet eine Telegabel mit Anti Dive-System, die<br />
zusätzlich noch, ähnlich wie bei der großen GPZ<br />
900 R, eine automatische Dämpferverstellung<br />
vorweisen kann. HOCHWERTIGE TECHNIK ALSO<br />
ÜBERALL, DIE ABER NICHT DAS GEWICHT IN<br />
DIE HÖHE TREIBT, sondern dieses ganz Racer-like<br />
bei 133 Kilogramm (trocken) bewenden lässt. Kein<br />
Wunder also, dass erste Tests in Japan der 250er<br />
respektable 13,05 Sekunden für den 400-Meter-<br />
Sprint und stolze 189 km/h Topspeed bescheinigen.<br />
Und, wen wundert’s, der KR auch zu einem<br />
Handling verhelfen, das man so bislang höchstens<br />
auf der enorm wendigen, aber auch etwas<br />
nervösen Suzuki RG 250 Gamma erleben konnte.<br />
Die Kawasaki hingegen glänzt mit verlässlicher<br />
Stabilität und beruhigender Präzision bei Kurskorrekturen.<br />
Die Sitzposition zwischen Höcker und passend<br />
eingebuchtetem Tank passt auf Anhieb und<br />
vermittelt zusammen mit den<br />
goldrichtig platzierten Lenkerstummeln<br />
und Rasten angenehme<br />
Verhältnisse, die sich auch abseits<br />
der Rennstrecke gut aushalten lassen. Hier wie<br />
dort glänzt auch die Bremse mit gleichermaßen<br />
guter Dosierbarkeit (trotz Anti Dive) und<br />
hervorragender Bremsleistung. Gute Voraussetzungen,<br />
um den Motor richtig herzunehmen<br />
und die Leistung voll auszukosten. Der Motor<br />
zeigt den typischen, so beliebten Biss hochgezüchteter<br />
Zweitakter und weckt mit der biestigen<br />
Leistungsentfaltung wehmütige Erinnerungen an<br />
die legendäre Dreizylinder-Mach I: Unter 4500/min<br />
nichts, über 6500/min alles, heißt es hier im ersten<br />
Fahrbericht der KR 250 – viel Gas ist beim Anfahren<br />
also angesagt, will man sich nicht beim Ampelsprint-Duell<br />
gegen einen Kleinwagen blamieren.<br />
Aus lautem, unwilligen Brabbeln bei niedrigen<br />
Drehzahlen wird dann ein noch lauteres, äußerst<br />
williges Zweitaktbellen bei höheren Touren, wenn es<br />
sein muss bis in den roten Bereich, der ab 10500/min<br />
beginnt. Kurz davor, bei 10000/min, erreicht der<br />
Reklame<br />
Gut besohlt, geschickt beworben: Michelin punktet mit<br />
dem Flair der Wüstenrallye. Auch wenn die Käufer nicht<br />
nach Dakar, sondern nur bis Castrop-Rauxel fahren.<br />
Zweizylinder seine Höchst leistung von 45 PS. Viel Lärm bedeutet<br />
jedoch nicht gleichzeitig viel Vibrationen – diese Erscheinung<br />
bei früheren Zweitaktern gilt für den wassergekühlten 250er<br />
nicht mehr. Die Laufkultur des KR-Motors ist über den gesamten<br />
Drehzahlbereich vorbildlich, in Lenker und Fußrasten sind kaum<br />
Schwingungen zu spüren.<br />
Neidisch und mit Wehmut schaute man damals nach Japan,<br />
wo die Kawasaki zum hart kalkulierten Preis von umgerechnet<br />
rund 5930 Mark angeboten wurde. Was zur Folge hatte, dass<br />
bereits wenige Wochen nach deren Vorstellung 13 000 Bestellungen<br />
vorlagen, eine Zahl, mit der man bei Kawasaki niemals<br />
gerechnet hätte. An einen Export war schon deshalb kaum zu<br />
denken. Der deutsche Markt war damals durchaus bereit für<br />
exotische Zweitakt-Geschosse nach Art der Werksrenner. Und<br />
ist es heute mehr denn je. Die wenigen Exemplare, die einst nach<br />
Europa importiert wurden, gelten heute als gesuchte und teure<br />
Zeitzeugen einer herrlich unvernünftigen Zweitakt-Ära. Das<br />
grüne Gift hat nämlich, in richtiger Dosierung, eine extrem<br />
berauschende Wirkung.<br />
◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 35
SZENE I<br />
Vindian<br />
36 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Indian-<br />
Hammer<br />
Sie war wie ein Indian Summer: fast zu schön, um wahr zu sein, und<br />
doch nur von kurzer Dauer. Der Traum vom schillernden Bike, einer<br />
echt amerikanischen Indian Chief mit dem starken britischen Vincent-<br />
Motor, zerplatzte kurz nach dem Bau des Prototyps. Der Original-<br />
Nachbau von Peter Arundel zeigt, was die Welt verpasst hat.<br />
Text: Alan Cathcart; Fotos: Stephen Piper<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 37
SZENE I<br />
Vindian<br />
Die erfolgreiche Wiederbelebung der historischen<br />
Marke Indian durch die Polaris Corporation<br />
markiert das jüngste Kapitel in der 115-jährigen<br />
Geschichte der Wirren um die Zugehörigkeit, die<br />
das Schicksal von Amerikas ältester Motorradmarke begleiten,<br />
seit die Indian Motorcycle Company 1901 in<br />
Springfield, Massachusetts gegründet wurde. Dieses Mal,<br />
so scheint sicher, ist die Marke endgültig zurück und<br />
stellt bereits eine ernsthafte Herausforderung für den dominierenden,<br />
zwei Jahre jüngeren Konkurrenten Harley-<br />
Davidson dar. Aber man stelle sich vor, jemand würde<br />
versuchen, einen Ducati-V-Twin-Superbike-Motor in ein<br />
Chassis einer modernen <strong>2016</strong>er-Indian Chief zu pressen<br />
und deren Stoßstangen-ohv-Motor durch einen hubraumschwächeren,<br />
aber leistungsstärkeren Motor zu ersetzen,<br />
um vor seinem Rivalen Harley prahlen zu können.<br />
Unvorstellbar? Doch exakt dies ist vor rund sieben Jahrzehnten<br />
passiert, als sich Indian mit Englands erlauchter<br />
Marke Vincent – dem damals auf dem Sportbike-Sektor<br />
führenden Hersteller – zusammentat, um die einzigartige<br />
Vindian zu kreieren.<br />
Indian war finanziell am Ende<br />
Nach 42 044 gebauten Indian Scouts für Kriegszwecke<br />
stand Indian nach dem Ende der Feindseligkeiten<br />
ziemlich chancenlos da, seinen Vorkriegskampf um die<br />
Marktposition gegen Harley wieder aufzunehmen. Die<br />
Fabrik und der Maschinenpark waren heruntergekommen,<br />
ernsthafte finanzielle Probleme führten dazu, dass<br />
nur wenige Exemplare des einzig verfügbaren Modells<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Die Verwandlung der Indian<br />
Chief in die Vindian dauerte<br />
nur ein paar Wochen und verbesserte<br />
die Fahrleistungen<br />
dramatisch<br />
Die Vincent-Werbung<br />
von 1946 (o.)<br />
preist die Rapide als<br />
schnellstes Serienmotorrad<br />
der Welt<br />
an und legt noch<br />
nach: „Eine Tatsache,<br />
kein Slogan“.<br />
Das Vindian-Chassis<br />
stammt von einer<br />
Indian Chief, wie<br />
dieser im Bild unten<br />
gezeigten von 1949<br />
Flathead 74ci Chief gebaut wurden. Die populäre Scout<br />
wurde 1945 aus dem Programm genommen, eine idiotische<br />
Entscheidung, denn heimkehrende Soldaten mit<br />
ordentlich Geld in den Taschen waren absolut kaufwillig.<br />
Nur 6974 Indians wurden 1946 gebaut, alles Chiefs,<br />
gegenüber 15 554 Harley-Davidson. Und die Zahl sank<br />
gar auf 3000 im gesamten Jahr 1949. Bereits im Oktober<br />
1945 hatte ein 35-jähriger Investor ohne jegliche Erfahrung<br />
in der Motor radbranche namens Ralph B. Rogers<br />
Indian von der DuPont-Familie erworben. Mit seiner<br />
Entscheidung, nur noch kleine und mittelgroße Bikes<br />
nach englischem Vorbild zu bauen, ließ er die Händler im<br />
Stich – sie konnten die Nachfrage nach traditionellen<br />
dicken V-Twins nicht befriedigen. Stattdessen beauftragte<br />
er sein Team mit der Entwicklung leichter Singles wie<br />
der 213-cm³-Arrow und der 426-cm³-Super Scout. Die<br />
Produktion begann bereits im Oktober 1946 nach einer<br />
selbstmörderisch kurzen Entwicklungszeit, was schlimme<br />
Folgen hatte: Es waren die ersten Kunden, die feststellten,<br />
dass Indians neue Motoren harter Belastung nicht<br />
standhielten.<br />
Die Einstellung der Produktion sowie die Verschwendung<br />
von Zeit und Geld für die Behebung der Probleme<br />
führten zu noch größerer finanzieller Notlage. Indians<br />
ungesunde finanzielle Situation ließ die Neuentwicklung<br />
eines dicken ohv-V-Twins nicht zu. Stattdessen beschloss<br />
Rogers also einen Deal mit Philip Vincent über die Versorgung<br />
mit 50-Grad-V-Twins, entwickelt vom brillanten<br />
australischen Konstrukteur Phil Irving. Dieser Motor<br />
machte die Vincent zum schnellsten Production Bike der<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 39
SZENE I<br />
Vindian<br />
Das Chassis konnte<br />
nur bedingt mit der<br />
Sportlichkeit des<br />
Motors mithalten –<br />
allzu früh kratzen<br />
die Trittbretter auf<br />
dem Asphalt. Der<br />
bis stolze 120<br />
Meilen pro Stunde<br />
reichende Tacho<br />
thront auf dem<br />
zweigeteilten Tank<br />
Welt, was die unzähligen Rennerfolge und Geschwindigkeitsrekorde<br />
von Vincent, unter anderem auf dem Salzsee<br />
von Bonneville, in der Nachkriegszeit belegen.<br />
So wurden Vincent-Motoräder in Amerika berühmt,<br />
und um davon zu profitieren, willigte Rogers im April<br />
1949 ein, Vincent eine komplette Indian Chief in Pale<br />
Blue nach Stevenage zu schicken, um diese mit einem<br />
Rapide-Motor auszurüsten und so den ersten Vindian-<br />
Prototyp zu kreieren. Ein Vertragsentwurf wurde unterzeichnet,<br />
der die Lieferung von 50 Rapide-V-Twins pro<br />
Woche vorsah. Leider hatte Rogers es geschafft, die für<br />
Vincent mehr als bedeutsame Tatsache geheimzuhalten,<br />
dass Indian nahezu bankrott war.<br />
Phil Irving, leider bereits 1992 verstorben, hatte es<br />
einmal in einem selbst verfassten Artikel von 1975 wie<br />
folgt beschrieben: „Alles lief ziemlich zügig. Eine Chief<br />
wurde nach Stevenage geschickt und zunächst auf der<br />
Straße getestet. Mit ihren 290 Kilogramm wirkte sie extrem<br />
mächtig, verglichen mit den 225 der Rapide. Sie erreichte<br />
kurzzeitig knapp 140 km/h, die Dauer-Topspeed<br />
belief sich aber auf bescheidene 130 km/h. Nach dem<br />
Ausbau des Motors und dem Absägen einiger störender<br />
Rahmenteile passte der Vincent-Motor wie angegossen.<br />
Es wurden geänderte Motorhalterungen in Form von<br />
Platten verwendet, die Trittbretter und das Bremspedal<br />
blieben erhalten, das Kupplungspedal wurde mittels einer<br />
Verbindungswelle zum Schaltpedal umfunktioniert.<br />
Die Auspuffrohre wurden angepasst, um die Serien-<br />
Schalldämpfer verwenden zu können. Die Verwandlung<br />
dauerte nur ein paar Wochen, und die Fahrleistungen<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Der hubraumschwächere,<br />
aber<br />
leistungsstärkere<br />
1000er-Vincent-<br />
Motor sorgt mit<br />
seinen 45 PS für<br />
bessere Fahrleistungen<br />
bei geringerem<br />
Spritverbrauch.<br />
Eine<br />
gute Kombination<br />
für einen erwiesenermaßen<br />
verlässlichen Tourer<br />
verbesserten sich dramatisch: Die Topspeed stieg auf<br />
respektable knapp 170 km/h.“<br />
Solchermaßen ermutigt, verdoppelte Vincent die Bestellmenge<br />
an Motorgehäusen und anderer Teile. Doch<br />
am 19. September 1949 entwertete die britische Regierung<br />
das Pfund um 30 Prozent, was den Exportpreis für<br />
britische Motorräder ebenso reduzierte und diese daher<br />
deutlich günstiger in den USA angeboten werden konnten<br />
als die vergleichbaren US-Bikes von Indian. Dies zerstörte<br />
jedoch komplett die kommerziellen Aussichten für<br />
die Vindian, und so wurde der Originalmotor wieder eingebaut<br />
und die Chief zurück in die USA geschickt. Rogers<br />
legte sein Amt als Präsident von Indian nieder.<br />
Der australische Enthusiast Peter Arundel ist weithin<br />
bekannt als Besitzer der weltweit edelsten Sammlung an<br />
Indian-Motorrädern – er nennt ein Exemplar jedes Indian-<br />
Modells sein Eigen, das jemals gebaut wurde, und besitzt<br />
sogar eines der nie in Serie gegangenen Vindian-Modelle.<br />
Nein, nicht das Original, das nach der Einstellung des<br />
Projekts zerlegt wurde, sondern eine absolut identische<br />
Replika, die er Mitte der 90er-Jahre gebaut hatte, nachdem<br />
er Phil Irving zehn Jahre zuvor über einen Oldtimer-<br />
Club kennengelernt hatte. „Wir haben uns oft über die<br />
Vindian unterhalten“, sagt Peter, „und er schwärmte davon,<br />
wie einfach der Motor in den Rahmen passte und<br />
wie sie sich fuhr. Er sagte, sie war fantastisch und eine<br />
verpasste Chance für beide, Indian und Vincent. Nach<br />
Irvings Tod dachte ich, wie toll es wäre, dieses Bike in seinem<br />
Gedenken wieder auferstehen zu lassen. Es dauerte<br />
einige Jahre, einen Rapid-Motor zu finden, ein 1948er-<br />
Hier fährt der Entwickler<br />
noch selbst:<br />
Phil Irving, der australische<br />
Konstrukteur<br />
des fantastischen<br />
Vincent-V2<br />
auf dem Vindian-<br />
Prototyp von 1949<br />
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SZENE I<br />
Vindian<br />
„Die Vindian war<br />
fantastisch und<br />
eine verpasste<br />
Chance für beide,<br />
Indian und Vincent“<br />
Der Autor erreichte<br />
nach etwas Eingewöhnung<br />
an<br />
die Bedienung der<br />
Vindian um die<br />
145 km/h, Be sitzer<br />
Peter Arundel<br />
brachte sie schon<br />
auf knapp 170 km/h<br />
DATEN<br />
Vindian<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-50-Grad-V-Motor,<br />
je eine hochliegende, zahnradgetriebene Nockenwelle, zwei<br />
über Schlepphebel, Stoßstangen und Kipphebel betätigte<br />
Ven tile pro Zylinder, Bohrung 84 mm, Hub 90 mm, Hubraum<br />
998 cm³, Verdichtung 6,45:1, 45 PS bei 5300/min, zwei Amal<br />
TT-Vergaser, Ø 11/16 inch (27 mm)<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Stahlrohrrahmen, Motor tragend integriert,<br />
Parallelogrammgabel, zwei Federbeine (Geradwegfederung),<br />
Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen, Reifen vorn und hinten<br />
160/60-16, 178-mm-Simplex-Trommelbremse vorn und hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1435 mm, Trockengewicht<br />
257 kg, Tankinhalt ca. 12 l<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit ca. 170 km/h<br />
Indian Chief-Chassis hatte ich bereits. Doch als ich versuchte,<br />
den Motor einzubauen, stellte ich schnell fest –<br />
keine Chance.“ Zunächst entsetzt, begann Arundel beharrlich<br />
und mit Hilfe von Wigwam Engineering den<br />
Motor in den Rahmen zu pressen. „Irving hatte wohl geflunkert<br />
und den Umbau leichter dargestellt, weil Vincent<br />
den Deal mit Indian so dringend wollte. Letztlich<br />
musste ich ein Rohr unter dem Tank absägen, es um 50<br />
Millimeter verlängern und Knotenbleche zur Verstärkung<br />
des Steuerkopfes einsetzen. Auch den Tank musste<br />
ich verkleinern, um Platz für die Ventildeckel beziehungsweise<br />
Vergaser zu schaffen. Es war alles andere als<br />
‚einfach dranschrauben‘.“<br />
Arundel war 1996 fertig mit der Vindian, und im folgenden<br />
Herbst absolvierte er damit diverse 2000-Meilen-<br />
Trips ohne Probleme. Mein kleiner Ausflug mit der Vindian<br />
durch die Landschaft nördlich von Melbourne an<br />
einem sonnigen Winternachmittag war also ein Klacks<br />
für das Bike. Meine Erfahrungen mit früher gefahrenen<br />
Vincents und Indians halfen mir beim Start, obwohl bei<br />
der Vindian, wie beim Original von Phil Irving, der Gasgriff<br />
links saß und nach vorn gedreht werden musste,<br />
während der rechte Drehgriff die Zündung steuerte. Hinzu<br />
kommt die nun per linkem Fuß zu bedienende Schaltwippe,<br />
gekuppelt wird per Handhebel. Alles anders und<br />
ungewohnt. Doch auch mit dieser Anordnung bleiben<br />
das Fahrgefühl und die Sitzposition amerikanisch. Mit<br />
weit nach hinten geschwungenem, ausladendem Lenker,<br />
den Trittbrettern anstelle der Rasten und dem ultrakomfortablen<br />
Solo-Federsattel anstelle des Sozius-Sattels des<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Prototyps. Unebenheiten werden weniger von der harten<br />
Trapezgabel, als vielmehr vom Sattel und den 160/60er-<br />
Reifen weggefiltert. Die Verzögerung der schieren Masse<br />
von 257 Kilogramm plus Fahrer gelingt den 178-mm-<br />
Trommelbremsen vorn und hinten erstaunlich gut. Selbst<br />
aus den kurzzeitig erreichten 90 mph (145 km/h), abgelesen<br />
auf dem bis 120 reichenden Tacho auf dem zweigeteilten<br />
Tank. Übrigens – Peter hat sie schon auf 105 mph<br />
(169 km/h) gebracht und schwört, da ginge noch mehr.<br />
Der neue Motor macht die Chief zum Chef<br />
Denn der bullige, toll klingende 998-cm³-V-Twin ist der<br />
echte Star der Vindian. Mit 45 PS bietet er mehr als genügend<br />
Power und hätte die potenziellen amerikanischen<br />
Kunden wahrlich beeindruckt. Die Beschleunigung ist<br />
trotz des Gewichts spritzig, auch wenn es etwas Gewöhnung<br />
bedarf, die sehr direkte Kupplung zu bedienen und<br />
die Gänge zur richtigen Zeit zu wechseln.<br />
Das Fahrwerk mahnt eher zur Zurückhaltung, das<br />
Handling bei langsamer Fahrt darf man behäbig nennen<br />
und die Trittbretter kratzen bereits bei geringer Schräglage<br />
am Boden. Was nicht heißt, das Bike würde keinen<br />
Spaß machen. Keine Frage – wenn dieses Bike zu einem<br />
erschwinglichen Preis mit dem Indian-Logo auf dem<br />
Tank in Serie gegangen wäre, hätte es alles, was Harley in<br />
den folgenden 30 Jahren produzierte, in den Schatten gestellt,<br />
erst recht mit dem 55-PS-Motor der Black Shadow.<br />
Und vor allem hätte die Vindian durch die somit benötigten<br />
Motoren Vincent das Überleben weit über 1955 hinaus<br />
ermöglicht, wenn nicht gar bis heute.<br />
◻<br />
Vindian-Besitzer<br />
Peter Arundel ist<br />
ein echter Indian-<br />
Enthusiast und<br />
stellte 2002 selbst<br />
einen Geschwindigkeitsweltrekord<br />
auf: Er fuhr mit<br />
einer Achtventil-<br />
Indian von 1924<br />
auf dem Lake<br />
Gairdner/Australien<br />
158,73 mph<br />
(255,45 km/h)<br />
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SZENE I<br />
Suzuki Katana-Treffen<br />
Schwert<br />
und teuer<br />
Die Zahl der Katana-Enthusiasten nimmt eher ab. Dabei wird es immer schöner,<br />
dazu zu zählen. Finden alle, die das 50. Treffen der deutschen Fraktion besuchten.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
Man hat schon viel gesehen in<br />
dieser Szene, und das mag am<br />
Ausgangsmaterial liegen. Ein<br />
derart ausgefallenes Motorrad wie Suzukis<br />
Katana spricht nicht unbedingt die<br />
Schüchternen an. Sondern Leute, die sich<br />
gern mal zeigen, mit Ecken, Kanten und<br />
allem. Typen irgendwie, und wenn denen<br />
in den Sinn kommt, so eine Katana müsste<br />
auch anders gehen, dann langen die hin:<br />
Als in den 90ern bei anderen Modell-Treffen<br />
noch braver Serienstandard dominierte,<br />
da hatten viele Anhänger des Suzuki-<br />
Kultgeräts längst ganz weit aus geholt<br />
und Einarmschwingen oder Up side-down-<br />
Gabeln verordnet, Bandit- oder GSX-R-<br />
Motoren eingebaut und Verkleidungen<br />
oder Sitzbänke verändert. Es gab also viel<br />
zu sehen auf den Treffen der deutschen<br />
Katana-Jünger, Leute wie Maschinen, und<br />
deshalb begegnete man sich anfangs<br />
zweimal jährlich.<br />
Aufgrund dieser Doppeltermine stieg<br />
heuer in Bückeburg nahe Minden bereits<br />
das 50. Beisammensein, angefangen hat<br />
alles 1987 im süddeutschen Rohrdorf.<br />
Gesittet wird das, wenn man sich so gut<br />
kennt und die ganz harten Feiern längst<br />
hinter sich hat. Wenn jeder weiß, wie<br />
dieser oder jener Schalldämpfer klingt,<br />
niemand mehr beweisen muss, dass seine<br />
Karre nun die endgeilste ist oder er den<br />
Breitesten hat. „Nee, nee“, sagt Heinz vom<br />
Orga-Komitee und zeigt mit ausladender<br />
Armbewegung auf die brav geparkte<br />
Katana-Schar, „die kennt man so alle seit<br />
Jahren.“ Im Prinzip jedenfalls. Die Besitzer<br />
auch, aber – verdammt noch eins –<br />
die verändern sich. Werden reifer, bauen<br />
Häuser, ziehen Kinder groß, und deshalb<br />
kreisen die Gespräche hinterm Jagdschloss<br />
Baum oft genug um schulische<br />
statt Motorleistungen, um Dachaus- statt<br />
Schwingenumbauten. Die Katana ist nämlich<br />
nur ein Motorrad, zum Glück.<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Es gibt keinen Streit um Original<br />
oder Umbau, es gibt ein frohes<br />
Miteinander. Trotzdem freuen<br />
sich alle, wenn unverbaute 550er<br />
bis 1100er anrollen. In Blau ein<br />
früher Umbau auf 1100er-GSX-R-<br />
Motor, in Grün ein Tiefflieger mit<br />
1400er-GSX-Triebwerk und in<br />
Weiß ein Kuriosum: Als die Erste<br />
fertig war, lagen noch so viele<br />
Teile rum und war der Besitzer<br />
noch derart beseelt, dass er<br />
gleich eine Zweite gebaut hat.<br />
Haargenau identisch<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 45
SZENE I<br />
Suzuki Katana-Treffen<br />
Wer eine große Katana<br />
umbaut, der behält dennoch<br />
meist das charakteristische<br />
und an frühe Export-Bikes aus<br />
Japan erinnernde Kombi-Instrument<br />
bei. Die Haifischnase<br />
auch. Irgendwie jedenfalls,<br />
selbst wenn aufgeklebte<br />
Nietenköpfe dem Plastikteil<br />
einen Heavy Metall-Touch<br />
verleihen. Erlaubt ist hier, was<br />
Spaß macht, und das T-Shirt<br />
beweist, wie sehr derlei<br />
Toleranz lang anhaltenden<br />
Gemeinsinn befördert<br />
„Aber ein besonderes“, weist Heinz<br />
wieder auf den rechten Weg zurück. „Ohne<br />
die Katana wären wir nicht hier.“ Wo er<br />
recht hat ... „Und es gibt nicht viele Motorräder,<br />
die ihre Fans über so lange Zeit<br />
beisammen halten.“ Schon wieder: Wo er<br />
recht hat... Umso mehr, als der 1980 vom<br />
deutschen Target Design-Team ersonnene<br />
Entwurf zwar bei Suzuki in Japan helles<br />
Entzücken auslöste und noch im selben<br />
Jahr auf der IFMA präsentiert wurde, aber<br />
als Serienprodukt ab 1981 nur in Maßen<br />
überzeugte. Nicht zuletzt wegen sehr ambitionierter<br />
Preisgestaltung und leiser Kritik<br />
am Fahrwerk vor allem der 750er- und<br />
1100er blieb der Erfolg aus, auch die technisch<br />
harmonischer bestückten, aber viel<br />
braver gestalteten Mittelklasse-Varianten<br />
mit 550 und 650 cm³ standen sich bei den<br />
Händlern die Reifen platt. Am Ende wurden<br />
viele verramscht – kein guter Start für<br />
ein Leben als Kultobjekt.<br />
Oder doch? Die technischen Kritikpunkte<br />
ließen sich rasch ausräumen. Bis<br />
auf das hohe Gewicht, aber das plagte um<br />
1980 alle Japaner. Überdurchschnittlich<br />
dagegen die ebenso robusten wie leistungswilligen<br />
und schönen Vierzylinder.<br />
Und ohne jeden Zweifel epochal das germanische<br />
Design. Dieses mutige Aufbegehren<br />
gegen immergleiche Rundungen,<br />
dieser entschiedene Schritt in eine neue<br />
Zeit. Was haben sich die Konservativen<br />
damals ihre Mäuler zerrissen über die<br />
Haifischnase der großen Katanas. Und<br />
inzwischen haben alle eine, außer Harley.<br />
Heute versucht jeder Hersteller, seinen<br />
Krafträdern eine optische Identität zu<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Katana heißt das Schwert der<br />
Samurai-Ritter, und es traf so<br />
manchen mitten ins Herz<br />
verpassen, eine ästhetische Formensprache<br />
für Power und Speed zu finden. Weshalb<br />
ja auch eine 1100er-Katana bereits in New<br />
Yorks Guggenheim-Museum stand, 1998,<br />
als die sensationelle Ausstellung „The Art<br />
of the Motorcycle“ die bis dahin aller-,<br />
allerschöns ten Motorräder zeigte.<br />
Schon wegen dieser gestalterischen Verdienste<br />
bedauert Elfriede aus dem Süden<br />
der Republik, dass „nurmehr so wenig<br />
Originale kommen“. Aber Guido aus dem<br />
Westen recht geben muss, der „toll findet,<br />
dass selbst radikale Umbauten oft genau<br />
den Geist der Katana treffen“. Am tollsten<br />
fand Guido allerdings, dass er in Bückeburg<br />
einen Kumpel wiedergetroffen hat,<br />
den er 13 Jahre nicht gesehen hatte. Seine<br />
radikal umgestrickte Katana ist nämlich<br />
auch nur ein Motorrad.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 47
SZENE I<br />
Klassikertreffen Sinsheim<br />
Klassiker-Alarm<br />
Beim Klassikertreffen am 1.10. in Sinsheim werden auch in diesem Jahr wieder<br />
Hunderte von sehenswerten Bikes am Start sein.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Harry Humke<br />
Manche sind Wiederholungstäter,<br />
andere sind zum ersten<br />
Mal dabei – werden aber zu<br />
Wiederholungstätern: Wer einmal Blut<br />
geleckt und die Stimmung in Sinsheim<br />
erlebt hat, plant sich das erste Oktoberwochenende<br />
in Sinsheim als Pflich ttermin<br />
ein. Viele Besucher reisen gar schon am<br />
Vortag an, um an der geführten Ausfahrt<br />
am Freitag teilzunehmen. Anders als im<br />
letzten Jahr wird es dieses Mal wohl eine<br />
ganztägige Tour geben, mit gemütlicher<br />
Mittagsrast in der Nähe von Vaihingen-<br />
Hier gibt‘s alles: Neben Japan-Youngtimern sind<br />
auch echte amerikanische Oldtimer anzutreffen<br />
Enz – die vom MOC Steinsberg ausbaldowerte<br />
Route führt dieses Jahr nämlich<br />
nicht über die reizvollen Odenwald-<br />
Sträßchen, sondern mehr in schwäbische<br />
Gefilde. Eine Anmeldung ist erforderlich<br />
(Nenngeld 50 Euro). Im Nenngeld sind wie<br />
immer enthalten: die Fahrerunter lagen,<br />
Frühstück, Mittagessen, ein persönliches<br />
Fahrfoto sowie Eintritt ins Museum und<br />
zur Steilwand-Show.<br />
Das Treffen am Samstag beginnt ab<br />
8 Uhr mit den Fotoaufnahmen (bis 11 Uhr)<br />
für die gemeldeten Teilnehmer (Möglichkeit<br />
zur Nachnennung), bis 15 Uhr werden<br />
die Spezialisten des MOC Steinsberg, des<br />
VFV und von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> die<br />
Motor räder bewerten. Im Anschluss erfolgt<br />
die Vorstellung der Bikes und die<br />
Prämierung der Sieger.<br />
Die Teilnehmer des Klassikertreffens<br />
erhalten unter anderem ein Profi-Studiofoto<br />
von sich und ihrem Motorrad, freien<br />
Eintritt im AUTO & TECHNIK MUSEUM<br />
SINSHEIM sowie freien Eintritt bei der<br />
historischen Indian-Steilwand-Show von<br />
Henny Kroeze. Kleiner Tipp für alle „Ersttäter“:<br />
Auch Hennys Show sollte man sich<br />
auf keinen Fall entgehen lassen. ◻<br />
INFOS<br />
Der Start zur Ausfahrt am Freitag, 30.9.,<br />
erfolgt um 10 Uhr auf dem Museumsgelände.<br />
Im Rahmen des Klassikertreffens am Samstag,<br />
1.10., können sich die Teilnehmer<br />
zwischen 8 und 11 Uhr fotografieren lassen.<br />
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Treffen am Samstag nur 20 statt 25 Euro.<br />
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angeben – fertig.<br />
48 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Motor-Presse GmbH & Co. KG Verlagsgesellschaft mit ihren Titeln künftig auch per Telefon und E-Mail über weitere interessante<br />
Medienangebote informieren. Dieses Einverständnis kann ich jederzeit per E-Mail an widerruf@dpv.de widerrufen.<br />
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Widerrufsrecht: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist beginnt an dem Tag,<br />
an dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von Art.<br />
246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die<br />
Bestellung zu widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten<br />
an: <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, EMail: motorradclassic@dpv.de<br />
x<br />
Unterschrift
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Foto: david silover honda collection<br />
Honda-Helden<br />
Honda-Klassiker-Ersatzteil-Guru David Silver eröffnete unter<br />
großer VIP-Beteiligung eine einzigartige Honda-Ausstellung<br />
im eigens dafür gebauten Gebäude.<br />
Mit einer großen Party mit Presse<br />
und Prominenz wurde die Eröffnung<br />
der David Silver Honda Collection im<br />
britischen Leiston (ca. 150 Kilometer nordöstlich<br />
von London) gefeiert. Seit dem 4.<br />
Juli kann die Ausstellung vom Publikum<br />
bestaunt werden, sie umfasst über 150<br />
verschiedene Modelle von 1951 bis 1991,<br />
angefangen von der Honda Cub F bis zur<br />
legendären CBR 900 RR Fireblade.<br />
Der TV-Star und leidenschaftliche<br />
Motorradfahrer James May, bekannt aus<br />
der britischen Kultserie Top Gear, gab sich<br />
zur Eröffnung ebenso die Ehre wie der drei-<br />
Gastgeber David Silver, Freddie Spencer<br />
und James May (v.l.n.r.) teilen die Leidenschaft<br />
für Honda-Motorräder<br />
fache Weltmeister Freddie Spencer. Geladen<br />
hatte der weltweit bekannte Honda-Ersatzteil-Spezialist<br />
David Silver, der seit 1986<br />
Honda-Besitzer mit neuen Ersatzteilen für<br />
alte Honda-Motorräder versorgt und heute<br />
Teile für über 1000 Honda-Bikes von den<br />
frühen 1960ern bis 1999 in seinem Sortiment<br />
hat. Mit seiner Ausstellung würdigt<br />
Silver die Leistung des Honda-Gründers<br />
Soichiro Honda und lässt alle Besucher in<br />
ihren persönlichen Erinnerungen schwelgen.<br />
Infos zu Öffnungszeiten und Preisen:<br />
www.davidsilverhondacollection.co.uk<br />
Hockenheim <strong>Classic</strong>s gibt Gas<br />
Foto: hockenheim-classics.de<br />
Die Hockenheim <strong>Classic</strong>s vom 16. bis<br />
18. September <strong>2016</strong> lockt wieder mit<br />
einer Sonderausstellung. Wie in den<br />
Jahren zuvor wird neben der Action auf<br />
der Strecke auch ein spezielles Thema in<br />
den Mittelpunkt gestellt. Es lautet in<br />
diesem Jahr: 30 Jahre – Retrospektive:<br />
Die Siegermaschinen der Motorrad-WM<br />
1986 und ihre Kontrahenten.<br />
Neben den Originalmaschinen der Weltmeister<br />
des Jahres 1986 Eddie Lawson<br />
(500 cm³) und Carlos Lavado (250 cm³)<br />
werden weitere Maschinen der Klassen<br />
von 80 cm³ bis zu den Gespannen erwartet.<br />
Der Kartenvorverkauf hat bereits<br />
begonnen, Dreitagestickets gibt es ab<br />
25 Euro. Weitere Infos unter<br />
www.hockenheim-classics.de<br />
Die GP-Maschinen<br />
des Jahres<br />
1986 – 30 Jahre<br />
später in friedlicher<br />
Eintracht<br />
auf dem großen<br />
Ausstellungs-<br />
Podest<br />
Foto: Uwe Maciejonczyk<br />
Gewonnen!<br />
Kaum gewonnen, schon übernommen<br />
– der Gewinner der <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong>-Leserwahl Wilfried Lange<br />
(Zweiter von rechts) konnte kürzlich<br />
den Haupt preis, die Royal Enfield<br />
Continental GT 535 in seiner Wunschfarbe<br />
British Racing Green in Empfang<br />
nehmen. Wir wünschen viel<br />
Spaß damit und allzeit gute Fahrt.<br />
50 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Foto: Nicolas Streblow<br />
Foto: Kawasaki<br />
Großes W-Klagen<br />
Adieu W 800 – mit der Final Edition läuft die legendäre W-Reihe<br />
von Kawasaki <strong>2016</strong> aus. Der Retro-Klassiker hat uns seit der Vorstellung<br />
als W 650 auf der INTERMOT 1998 erfreut, seit Modelljahr<br />
2011 als Nachfolge-Version W 800. Das hübsche Retro-Bike mit dem<br />
Königswellen-Twin ist nun in Dunkelbraun-Metallic/Orange in besagter<br />
letzter Auflage von 80 Exemplaren für 8690 Euro zu haben.<br />
Schotten-Spiele<br />
Ehrlichen, bodenständigen <strong>Classic</strong>-Rennsport hautnah<br />
erleben – das geht besonders gut in Schotten.<br />
Auch beim 28. Int. ADAC/VFV Schottenring <strong>Classic</strong> Grand<br />
Prix am 20./21. August <strong>2016</strong> werden wieder unverdrossene<br />
Racer mit ihren betagten Rennern an den Start gehen<br />
und hoffentlich in diesem Jahr von den Wetterkapriolen<br />
der letzten Jahre verschont bleiben. Darüber würde sich<br />
sicher auch die Renn-Prominenz freuen – dieses Jahr u.a.<br />
Freddie Spencer, Rolf Steinhausen, Werner Schwärzel und<br />
Sepp Hage. Mehr Infos unter: www.schottenring.de<br />
Die Österreicher geben<br />
wieder mächtig<br />
Gas beim Oldtimer<br />
Grand Prix Schwanenstadt<br />
(zwischen<br />
Salzburg und Linz):<br />
Neben dem<br />
Flutlicht-Beschleunigungsrennen<br />
dürfte die Anwesenheit<br />
diverser<br />
Rennfahrer für<br />
Aufsehen sorgen:<br />
Neben Freddie<br />
Spencer und<br />
Carlos Lavado<br />
u.a. hat sich<br />
auch TT-Held<br />
Michael Dunlop<br />
angekündigt<br />
Foto: Marc Lebryk<br />
Back on the Track<br />
Harley-Davidson präsentiert die neue Rennmaschine XG750R.<br />
Die erste völlig neue Flat Track-Rennmaschine seit über vier Jahrzehnten<br />
wird <strong>2016</strong> vom 18-jährigen Shooting-Star Davis Fisher pilotiert.<br />
Das Triebwerk der XG750R basiert auf dem „Revolution X“-<br />
Motor der Street 750. „Die Neue ist exklusiv für den Renneinsatz<br />
bestimmt und wird derzeit nicht zum Kauf angeboten“, so Harley.<br />
TERMINE<br />
AUGUST<br />
7.8.: Zweirad-Oldtimertreffen<br />
am Feuerwehrmuseum von 10-16 Uhr;<br />
21439 Marxen, Tel. 0 4185/4450,<br />
www.feuerwehrmuseum-marxen.de<br />
20./21.8.: 13. Rupert Hollaus Gedächtnisrennen<br />
Österreich; Läufe für historische<br />
Motorräder und Sportmotorräder,<br />
BMW-Cup sowie Sidecars am Red Bull Ring,<br />
A-8724 Spielberg, Tel. 00 43/664/2421903,<br />
www.igfc.at<br />
20./21.8.: 28. Int. ADAC/VFV Schottenring<br />
<strong>Classic</strong> Grand Prix; 63679 Schotten,<br />
Tel.: 06044/2868, www.schottenring.de<br />
SEPTEMBER<br />
3./4.9.: 15. Hamburger Stadtpark-Revival<br />
für Fahrzeuge bis Bj. 1978; 22081 Hamburg,<br />
Tel. 040/61170 80, www.motorevival.de<br />
16.-18.9.: 10. XS 650 RÜTTLER Treffen;<br />
Pokale, Wettbewerbe, lecker Essen u. Trinken,<br />
Livemusik, Teilemarkt, Ausfahrt etc.,<br />
Zelten möglich, 15755 Teupitz,<br />
Anmeldung unter ruettlers_klub@gmx.de<br />
OKTOBER<br />
1./2.10.: Motorrad-Klassiker-Treffen<br />
am Auto & Technik Museum;<br />
74889 Sinsheim, Tel. 0 72 61/92 99-0,<br />
www.technik-museum.de<br />
7.-9.10.: VETERAMA auf dem Maimarktgelände;<br />
68163 Mannheim,<br />
Tel. 062 03/1 35 07, www.veterama.de<br />
22./23.10.: OLDTEMA Oldtimer- und Teilemarkt<br />
auf dem Messegelände; 06116 Halle/<br />
Saale, Tel. 03 61/6 53 49 91, www.oldtema.de<br />
NOVEMBER<br />
3./4.11.: Oldtimer-Intensivseminar – Wartungsarbeiten<br />
an Motorrädern;<br />
97421 Schweinfurt, Tel. 0 97 21/78 58-31 29,<br />
www.fahrzeugakademie.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
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Technik Museum Speyer<br />
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Boxenstop Museum<br />
Auto-Zweirad-Spielzeug<br />
Berlin<br />
Essen<br />
Köln<br />
Speyer<br />
Kassel<br />
Frankfurt<br />
Nürnberg<br />
Stuttgart<br />
Tübingen<br />
München<br />
Am Technik Museum 1, Tel.: 06232 / 6708-0<br />
E-Mail: speyer@technik-museum.de<br />
www.technik-museum.de<br />
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Mi – Fr 10.00 – 12.00 & 14.00 – 17.00 Uhr<br />
Sa, So und Feiertag 10.00 – 17.00 Uhr<br />
Gruppen nach Vereinbarung<br />
• EINTRITTSPREISE<br />
Kinder 6-9 Jahre: 3,- € · Kinder 10 – 14: 5,50 €<br />
Erwachsene: 6,50 € · Familienkarte: 18,50 €<br />
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Karte: Claudia Werel<br />
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Per E-Mail an sroeber@motorpresse.de oder telefonisch unter 0711/182-2078
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einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
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den Experten von classic-analytics erstellt<br />
haben. In dieser Ausgabe haben wir<br />
mehr als 500 Modelle unter die Lupe genommen,<br />
deren Produktion vor 1970 lag.<br />
Der Zustand „gepflegt“ bezieht sich<br />
auf Motorräder, die sich in weitgehend<br />
mängelfreiem Originalzustand befinden<br />
und nur leichte Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Zweiräder mit starken Gebrauchsspuren,<br />
deutlichen Mängeln und eingeschränkter<br />
Funktionsfähigkeit, sowie<br />
fehlender Teile oder Abweichungen vom<br />
Originalzustand bekommen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Es sind Motorräder, die<br />
eine brauchbare Restaurierungsbasis darstellen.<br />
Die angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
deut lich überschritten werden können.<br />
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Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
ADLER<br />
M 125 1950-57 123 cm 3 4/6 2500 800<br />
M 150 1951-53 147 cm 3 5/7 2600 800<br />
M 200 1951-53 195 cm 3 6/9 3400 1100<br />
M 250 1952-54 247 cm 3 12/16 4400 1600<br />
M 250 S 1952-54 247 cm 3 13/18 5000 2000<br />
MB 150 1954-57 147 cm 3 6/8 2800 900<br />
MB 200 1953-57 195 cm 3 8/11 3200 1100<br />
MB 201 1954-56 199 cm 3 7/10 3100 1000<br />
MB 250 1953-57 247 cm 3 12/16 4200 1500<br />
MB 250 S 1953-56 247 cm 3 13/18 5200 2000<br />
AERMACCHI<br />
Ala Rossa 1957-62 172 cm 3 8/11 4200 1800<br />
Ala Verde 1959-68 246 cm 3 13/18 4600 2000<br />
350 TV 1969-72 344 cm 3 18/25 4500 2000<br />
350 GT 1969-72 344 cm 3 18/25 3900 1900<br />
350 SS 1972-74 344 cm 3 18/25 4300 2000<br />
350 SX 1972-74 344 cm 3 18/25 4100 2000<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
AJS<br />
12 1923-40 248 cm 3 4/6 7700 2500<br />
6 1923-35 348 cm 3 11/15 9500 3400<br />
16 1935-39 348 cm 3 12/16 9800 3300<br />
16 M/MS 1945-55 348 cm 3 12/16 5200 1800<br />
18 1936-39 497 cm 3 15/20 10 000 3500<br />
18/18 S 1949-58 497 cm 3 17/23 7200 2700<br />
20 1948-61 498 cm 3 21/29 6500 2600<br />
8 1926-34 499 cm 3 15/20 10 500 3500<br />
18 1935 499 cm 3 15/20 10 400 3500<br />
30 1956-58 593 cm 3 24/33 6600 2800<br />
31 1959-65 658 cm 3 27/36 6900 2800<br />
2 1933-40 982 cm 3 18/26 17 000 7000<br />
2 1925-31 998 cm 3 17/24 18 500 7500<br />
ARDIE<br />
BD 175 1952-54 172 cm 3 6/9 3100 1500<br />
BD 176 1954-58 172 cm 3 7/10 3000 1500<br />
B 252 1953-55 250 cm 3 10/13 4000 1900<br />
60 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
TM 500 1925-28 488 cm 3 13/18 18 000 8500<br />
DBK 503 1933 492 cm 3 16/22 12 000 6000<br />
RBU 503 1933-34 497 cm 3 10/14 11 100 5700<br />
750 1927-30 740 cm 3 13/18 22 500 11 000<br />
ARIEL<br />
NH Red Hunter 1933-39 348 cm 3 15/20 7500 2700<br />
NH Red Hunter 1945-58 348 cm 3 14/19 6400 2400<br />
VH Red Hunter 1933-39 497 cm 3 20/27 9500 3800<br />
VH Red Hunter 1945-58 497 cm 3 18/26 8000 2700<br />
KH 1948-57 499 cm 3 18/25 7100 2600<br />
Square Four 600 1932-36 601 cm 3 18/26 20 000 8500<br />
Square Four 4G 1937-40 997 cm 3 30/40 15 500 6000<br />
Sqaure Four 4G 1946-53 997 cm 3 30/40 14 000 6000<br />
Square Four MK II 1953-59 997 cm 3 33/45 12 900 5500<br />
AWO/SIMSON<br />
425/425 T 1950-57 247 cm 3 9/12 4200 1500<br />
425 S 1956-62 247 cm 3 10/14 4500 1600<br />
BENELLI<br />
250 1934-40 248 cm 3 6/9 6500 2500<br />
250 Sport 1938-39 248 cm 3 9/12 7000 2700<br />
BMW<br />
R 20 1937-38 192 cm 3 6/8 6000 2500<br />
R 2 1931-36 198 cm 3 6/8 9000 3200<br />
R 39 1925-26 247 cm 3 4/6 28 000 10 000<br />
R 23 1938-40 247 cm 3 7/10 6500 2600<br />
R 24 1948-50 247 cm 3 9/12 5700 2400<br />
R 25 1950-51 247 cm 3 9/12 6500 2400<br />
R 25/2 1951-53 247 cm 3 9/12 6300 2300<br />
R 25/3 1953-56 247 cm 3 10/13 6000 2200<br />
R 26 1956-60 247 cm 3 11/15 6100 2300<br />
R 27 1960-66 247 cm 3 13/18 6500 2300<br />
R 3 1936 305 cm 3 8/11 9400 3400<br />
R 35 1937-40 342 cm 3 10/14 6500 2600<br />
R 4 1932-37 398 cm 3 10/14 10 000 3600<br />
R 5 1936-37 494 cm 3 17/24 27 500 11 000<br />
R 51 1938-40 494 cm 3 17/24 13 000 5400<br />
R 51/2 1950-51 494 cm 3 17/24 11 500 5100<br />
R 51/3 1951-54 494 cm 3 17/24 11 900 5300<br />
R 50 1955-60 494 cm 3 18/26 9200 4300<br />
R 50/2 1960-69 494 cm 3 18/26 8500 4000<br />
R 50 S 1960-62 494 cm 3 26/35 12 800 5800<br />
R 67 1951 594 cm 3 18/26 10 400 4500<br />
R 68 1952-54 594 cm 3 26/35 31 000 16 000<br />
R 67/2 1952-54 594 cm 3 20/28 16 300 6200<br />
R 67/3 1955-56 594 cm 3 20/28 16 500 6300<br />
R 69 1955-60 594 cm 3 26/35 14 400 6500<br />
R 60 1956-60 594 cm 3 20/28 8600 3900<br />
R 60/2 1960-69 594 cm 3 22/30 8000 3600<br />
R 69 S 1960-69 594 cm 3 31/42 16 000 6500<br />
R 6 1937 596 cm 3 13/18 27 500 11 000<br />
R 66 1938-41 597 cm 3 22/30 19 500 8200<br />
R 61 1938-41 597 cm 3 13/18 10 700 4400<br />
R 63 1928-29 735 cm 3 17/24 38 000 17 000<br />
R 16 1929-34 735 cm 3 24/33 29 000 13 000<br />
R 17 1935-37 735 cm 3 24/33 31 000 14 000<br />
R 62 1928-29 745 cm 3 13/18 33 000 16 000<br />
R 11 1929-34 745 cm 3 15/20 19 500 8000<br />
R 12 1935-41 745 cm 3 8/11 14 000 5000<br />
R 71 1938-41 745 cm 3 16/22 11 500 4600<br />
R 75 „Beiwagenkrad“ 1941-44 745 cm 3 18/26 29 000 10 600<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
BROUGH-SUPERIOR<br />
SS 680 ohv 1927-36 674 cm 3 18/25 150 000 60 000<br />
SS 80 1923-40 981 cm 3 25/34 220 000 80 000<br />
SS 100 1924-40 995 cm 3 30/40 250 000 90 000<br />
Model 11.50 1933-40 1<strong>09</strong>6 cm 3 24/32 190 000 70 000<br />
BSA<br />
C 15/C 15 T 1961 247 cm 3 11/15 3800 1400<br />
C 15 SS 80 1961 247 cm 3 13/18 4200 1500<br />
B 25 Starfire 1968-71 247 cm 3 19/25 4500 2000<br />
B 26 Sports 1937-39 248 cm 3 10/13 5500 2500<br />
C 10/C 10 L 1938-57 249 cm 3 6/8 3800 1400<br />
C 11/C 11 G 1939-58 249 cm 3 8/11 4000 1500<br />
B 20 1937-38 249 cm 3 6/8 5500 2500<br />
B 21 1937-39 249 cm 3 7/10 5200 2400<br />
B 22 Empire Star 1937-39 249 cm 3 9/12 5400 2400<br />
B 31-1 1931-33 249 cm 3 5/7 5200 2400<br />
B 33-3 Blue Star 1933-34 249 cm 3 9/12 7500 3300<br />
B 40 1960-71 343 cm 3 16/21 4200 1900<br />
B 40 Sports Star 1962-71 343 cm 3 17/24 4600 2100<br />
ZB 32 Gold Star 1949-54 348 cm 3 19/25 12 500 6500<br />
DB 32 Gold Star Clubman 1954-57 348 cm 3 24/32 16 800 8800<br />
M 19 1937-38 349 cm 3 9/12 5100 2400<br />
B 44 Shooting Star 1968-71 441 cm 3 21/29 5100 2400<br />
S 27 1927 493 cm 3 12/17 10 000 5200<br />
A 7 1946-62 495 cm 3 20/28 5100 2400<br />
A 7 Star Twin/Shooting Star 1949-62 495 cm 3 23/31 5400 2500<br />
Q 8 Empire Star 1936 496 cm 3 13/18 11 000 5000<br />
M 23 Empire Star 1937-40 496 cm 3 10/13 8500 4000<br />
M 24 Gold Star 1938-39 496 cm 3 20/28 10 000 4000<br />
J 12 1936 498 cm 3 16/22 16 000 9000<br />
M 33 1947-57 499 cm 3 12/17 7000 3000<br />
B 33 1947-60 499 cm 3 17/23 6000 2500<br />
DB 34 Gold Star 1955-57 499 cm 3 28/38 13 600 6400<br />
DBD 34 Gold Star Clubman 1956-60 499 cm 3 31/42 17 000 8000<br />
A 50 Star 1962-65 499 cm 3 21/29 6000 2200<br />
A 50 Cyclone/Clubman 1964-65 499 cm 3 26/35 6000 2300<br />
A 50 Wasp/Royal Star 1965-70 499 cm 3 29/39 5500 2500<br />
M 33-11 1933 595 cm 3 18/26 8000 3500<br />
A 10 Golden Flash 1949-63 646 cm 3 25/34 7000 3000<br />
A 10 Road Rocket 1955-57 646 cm 3 30/40 8000 3600<br />
A 10 Super Rocket 1958-63 646 cm 3 31/42 8500 3800<br />
A 10 Rocket Gold Star 1962-63 646 cm 3 34/46 11 000 5000<br />
A 65 Star/Rocket/Clubman 1962-65 654 cm 3 28/38 7000 3000<br />
A 65 Spitfire 1966-68 654 cm 3 41/55 7500 3500<br />
A 65 Firebird 1969-71 654 cm 3 38/52 6500 2700<br />
Y 13 1936 748 cm 3 20/28 28 000 13 500<br />
G 14 1936 986 cm 3 18/25 12 500 7000<br />
DKW<br />
RT 100 1934-36 98 cm 3 2/2 2200 800<br />
RT 3 PS 1936-40 98 cm 3 2/3 2200 800<br />
RT 125/125-1 1940-44 123 cm 3 3/5 2600 1100<br />
RT 125 W 1949-52 123 cm 3 3/5 2700 1100<br />
RT 125-2/125 H 1952-54 123 cm 3 4/6 2600 1100<br />
RT 125 2H 1954-57 123 cm 3 4/6 2600 1100<br />
RT 175 S/175 VS 1955-58 174 cm 3 7/10 2700 900<br />
Block 175 1933 175 cm 3 3/5 3500 1500<br />
RT 175 1954-55 175 cm 3 6/9 2700 700<br />
RT 200/200 H 1951-53 191 cm 3 6/9 3400 1300<br />
Luxus Spezial 200 1929-31 192 cm 3 3/4 4400 2200<br />
Block 200 1931-33 192 cm 3 4/6 4500 1600<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 61
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
SB 200 1933-38 192 cm 3 5/7 4900 2000<br />
RT 200-2/S/VS 1954-57 197 cm 3 8/11 3600 1300<br />
Luxus 200 1929-32 198 cm 3 3/4 4000 2000<br />
ES 200 „Volksrad“ 1930-31 198 cm 3 3/4 4000 1800<br />
ZIS/Z 200 1930-31 198 cm 3 3/4 4300 1600<br />
BM 200 1933 199 cm 3 4/6 3500 1500<br />
KM 200 Luxus 1934-36 199 cm 3 4/6 4000 2000<br />
KS 200 1936-40 199 cm 3 5/7 4000 2000<br />
E 206 1925-28 206 cm 3 3/4 4500 2000<br />
RT 250 1952-53 244 cm 3 7/10 3200 1400<br />
RT 250-1 1953-55 244 cm 3 8/11 3100 1400<br />
RT 250-2 1953-55 244 cm 3 10/13 3200 1400<br />
RT 250 S/250 VS 1955-57 244 cm 3 11/15 3200 1400<br />
E 250 1927-28 247 cm 3 4/6 4800 2200<br />
Sport 250 1936-38 247 cm 3 6/9 4800 2200<br />
SB 250 1938 247 cm 3 6/9 4800 2200<br />
NZ 250 1938-41 247 cm 3 6/9 4000 2000<br />
E 300 1927-29 293 cm 3 6/8 5700 2400<br />
Luxus 300 1929-30 293 cm 3 6/8 4300 2200<br />
Luxus-Sport 300 1930-31 293 cm 3 6/9 4700 2500<br />
Block 300 1931-33 293 cm 3 6/8 6500 2500<br />
Block 350 1931-32 345 cm 3 8/11 7300 2600<br />
Sport 250 1933-34 345 cm 3 8/11 4800 2200<br />
SB 350 1934-38 345 cm 3 8/11 6800 2300<br />
NZ 350 1938-43 346 cm 3 8/11 4200 1600<br />
NZ 350-1 1944-45 346 cm 3 8/11 4000 1600<br />
350 S 1955-56 348 cm 3 13/18 4600 1600<br />
NZ 500 1939-41 489 cm 3 13/18 9000 4300<br />
Z 500 1927-29 494 cm 3 9/12 8500 4200<br />
ZSW 500 1928-29 494 cm 3 10/14 9500 4500<br />
Sport 500/Super Sport 500 1930-32 494 cm 3 13/18 12 000 4700<br />
Luxus 500 1929-30 494 cm 3 10/14 8500 4200<br />
Block 500 1933 494 cm 3 11/15 8500 4200<br />
SB 500 1934-39 494 cm 3 11/15 8500 4100<br />
Super Sport 600 1931-32 586 cm 3 16/22 13 500 4900<br />
D-RAD<br />
R 0/4 1926-28 496 cm 3 7/10 9000 4300<br />
R 0/6 1927-29 496 cm 3 7/10 8500 4200<br />
R 1/4 1927 496 cm 3 9/12 9500 4500<br />
R 9 1928-29 496 cm 3 9/12 8900 4300<br />
R 10 1929-31 496 cm 3 15/20 9500 4500<br />
R 11 1931 496 cm 3 12/16 8000 3500<br />
DUCATI<br />
125 Cadet 1967-69 121 cm 3 5/7 2200 700<br />
125 TS/Sport 1958-65 125 cm 3 7/10 4200 1100<br />
160 Monza Junior 1964-67 152 cm 3 12/16 3400 1000<br />
175 Cruiser 1952-54 175 cm 3 5/7 4200 1100<br />
175 TS/Sport 1958-61 175 cm 3 8/11 5000 1500<br />
200 Elite 1959-65 204 cm 3 13/18 4800 1500<br />
200 SS 1959-60 204 cm 3 13/18 5100 1500<br />
250 Diana 1961-66 248 cm 3 17/24 4200 1100<br />
250 Monza 1965-66 248 cm 3 17/24 3500 1200<br />
250 Mach I 1964-66 248 cm 3 20/27 7500 3500<br />
250 Mk III 1967-74 248 cm 3 13/18 5300 1800<br />
250 Desmo 1971-74 249 cm 3 15/20 6000 2200<br />
350 Mk III 1968-74 340 cm 3 17/24 5900 2200<br />
450 Mk III 1968-74 436 cm 3 20/27 6500 2500<br />
450 Desmo 1971-74 436 cm 3 23/31 8000 3000<br />
EMW<br />
R 35/2 1945-52 342 cm 3 10/14 5500 2200<br />
R 35/3 1952-56 342 cm 3 10/14 6000 2300<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
FN<br />
M 70 Sahara 1926-36 350 cm 3 6/9 8000 3000<br />
4 PS 1905-<strong>09</strong> 362 cm 3 3/4 35 000 16 000<br />
M 13 1947-58 450 cm 3 13/17 9500 4000<br />
6 PS 1910-13 492 cm 3 4/6 36 000 23 000<br />
M 86 1934-40 500 cm 3 11/15 15 000 6500<br />
M 50 1924-26 748 cm 3 9/12 30 000 14 500<br />
GILERA<br />
175/Sirio 1931-36 174 cm 3 5/6 4000 1600<br />
250 L/LE 1937-41 247 cm 3 6/9 4500 2000<br />
350 Sport/Gran Sport/SS 1925-36 346 cm 3 7/10 8500 4200<br />
500 VT/VTGS 1935-41 498 cm 3 18/24 8700 3700<br />
500 VTE/VTGSE 1939-41 498 cm 3 18/24 12 500 7500<br />
Marte 1941-46 498 cm 3 10/14 8000 3000<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
WLD 1945-51 739 cm 3 17/23 13 500 6300<br />
WLA 1941-45 743 cm 3 17/23 14 600 6400<br />
K 1952-55 743 cm 3 22/30 10 000 3400<br />
DL 1929-31 746 cm 3 13/18 24 000 9700<br />
RL 1932-37 746 cm 3 13/18 15 000 5700<br />
KH 1955-57 883 cm 3 28/38 10 000 3500<br />
XL 1957-59 883 cm 3 31/42 10 000 3500<br />
XLC 1958 883 cm 3 31/42 10 000 3500<br />
XLCH 1958-60 883 cm 3 40/55 10 200 3500<br />
XLH/XLCH 1960-66 883 cm 3 40/55 9500 3200<br />
XLH/XLCH 1967-71 883 cm 3 43/58 9000 3000<br />
J 1921-26 988 cm 3 12/16 24 000 10 000<br />
E 1936-45 988 cm 3 22/30 30 000 11 000<br />
E 1946-48 988 cm 3 24/33 28 000 9800<br />
E Hydra Glide 1949-50 988 cm 3 27/37 18 000 7100<br />
EL Hydra Glide 1951-52 988 cm 3 30/40 18 000 7200<br />
JD 1926-29 1207 cm 3 17/24 24 000 10 500<br />
JDH 1929-31 1207 cm 3 12/16 26 000 11 000<br />
F 1941-48 1207 cm 3 31/42 28 700 10 000<br />
F Hydra Glide 1949-50 1207 cm 3 33/45 20 300 7500<br />
FL Hydra Glide 1951-52 1207 cm 3 40/54 21 000 8000<br />
FL 1953-57 1207 cm 3 40/54 21 000 8000<br />
FLE 1953-57 1207 cm 3 48/65 20 900 7500<br />
FL Duo Glide 1958-64 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1965 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1966-71 1207 cm 3 42/57 16 000 6800<br />
VL 1932-34 1208 cm 3 22/30 16 000 6500<br />
VLD 1934-36 1208 cm 3 26/35 16 000 6500<br />
U 1937-48 1208 cm 3 24/32 19 000 7600<br />
VLH 1936-38 1340 cm 3 25/34 26 000 12 000<br />
HERCULES<br />
313 1951-57 123 cm 3 5/6 3500 1500<br />
319 1953-56 173 cm 3 6/9 3600 1500<br />
320 1953-56 173 cm 3 6/9 3600 1500<br />
317 1953-56 197 cm 3 8/11 3700 1500<br />
322 1953-58 246 cm 3 11/15 4700 1800<br />
HONDA<br />
CB 92 1960-65 124 cm 3 11/15 8500 4200<br />
CB 72 1960-66 247 cm 3 18/24 8800 4300<br />
CB 77 1962-65 305 cm 3 21/29 8600 4200<br />
HOREX<br />
Regina 250 1953-56 248 cm 3 12/17 6200 2400<br />
Resident 250 1956 248 cm 3 13/18 6000 2200<br />
SB 35 1938-39 342 cm 3 13/18 7100 3400<br />
SB 35 1948-50 342 cm 3 13/18 7100 3400<br />
Regina 350 1950-53 342 cm 3 13/18 7200 3600<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Regina 350 1953-56 342 cm 3 14/19 7200 3600<br />
Regina Sport 350 1952 342 cm 3 15/20 8000 4500<br />
Resident 350 1955-56 349 cm 3 16/22 6400 2400<br />
Imperator 400 1954-58 392 cm 3 18/26 11 000 4700<br />
Regina 400 1953-56 399 cm 3 16/22 8400 4200<br />
Imperator 450 S 1958-59 452 cm 3 22/30 11 500 5000<br />
T 5 1924-36 492 cm 3 12/16 15 200 6000<br />
S 64/SS 64 1935-37 587 cm 3 16/22 15 000 6600<br />
T 6 1924-36 591 cm 3 14/19 15 500 5600<br />
INDIAN<br />
Prince 1925-28 348 cm 3 5/6 12 000 5500<br />
741 Army Scout 1940-44 500 cm 3 10/13 20 000 8000<br />
37 CID Scout 1920-28 596 cm 3 8/11 23 500 10 800<br />
101 Scout 1928-31 745 cm 3 13/18 21 000 9600<br />
Sport Standart 1931-37 745 cm 3 18/25 20 900 8000<br />
Sport Scout 1934-44 745 cm 3 22/30 25 000 10 500<br />
841 Military 1941-44 745 cm 3 22/30 20 700 7700<br />
61 CID Powerplus 1916-24 998 cm 3 13/18 25 000 12 500<br />
Chief 1922-28 1000 cm 3 13/18 26 000 12 900<br />
74 CID Chief 1923-48 1207 cm 3 22/30 31 700 13 500<br />
Four 1928-35 1265 cm 3 22/30 49 000 20 000<br />
Four 1936-37 1265 cm 3 26/35 43 000 18 500<br />
Four 1938-42 1265 cm 3 30/40 45 000 21 000<br />
80 CID Chief Black Hawk 1950-53 1313 cm 3 30/40 32 900 14 000<br />
JAWA<br />
175 1932-37 172 cm 3 5/6 2400 900<br />
250 1936-40 246 cm 3 6/9 2900 1100<br />
250 1946-53 249 cm 3 6/9 2600 1000<br />
353 1954-61 249 cm 3 9/12 2500 900<br />
559 1962-70 249 cm 3 10/14 2000 600<br />
350 1948-53 344 cm 3 10/13 3400 1300<br />
354 1954-61 344 cm 3 12/16 3500 1200<br />
350 California 1966-69 344 cm 3 13/18 3300 1100<br />
500 1952-58 488 cm 3 18/26 8000 3000<br />
KAWASAKI<br />
A 1 Samurai 1966-71 247 cm 3 23/31 3000 1000<br />
A 7 Avenger 1967-71 338 cm 3 31/42 3300 1100<br />
650 W1/W2 1966-74 624 cm 3 37/50 11 500 5000<br />
LAVERDA<br />
650 1968 654 cm 3 33/45 7500 4500<br />
750 1968-69 743 cm 3 36/49 7200 3900<br />
750 S 1969-70 743 cm 3 44/60 10 400 5500<br />
MAICO<br />
MD 125 1967-76 125 cm 3 10/14 1800 600<br />
M 175/S 1951-59 174 cm 3 6/9 2700 1000<br />
M 175 Super Sport 1956-60 174 cm 3 11/15 3200 1200<br />
MD 250/WK 1974-83 245 cm 3 20/27 2200 800<br />
Blizzard 1955-68 247 cm 3 11/15 4000 2200<br />
M 250 B 1958-66 247 cm 3 11/15 3400 1300<br />
Taifun 1954-58 394 cm 3 16/22 6000 2800<br />
MATCHLESS<br />
G 3 1940-66 348 cm 3 12/16 5000 2500<br />
Silver Arrow 1930-34 394 cm 3 13/18 9800 3700<br />
Clubman 1936-40 497 cm 3 17/23 13 700 4700<br />
G 80 1945-66 498 cm 3 17/23 8000 3100<br />
G 9 1949-61 498 cm 3 21/29 7000 3600<br />
Silver Hawk 1931-34 593 cm 3 20/28 14 400 5000<br />
G 12 1958-66 646 cm 3 26/36 8500 3900<br />
G 15 1964-69 745 cm 3 36/49 9000 4100<br />
Best.-Nr. 1521265<br />
www.motorrad-classic.de
MARKT I<br />
Preisliste<br />
MORINI<br />
Corsaro 125 1959-68 122 cm 3 6/8 2700 1100<br />
125 Super Sport 1948-51 123 cm 3 5/7 2400 1000<br />
175 Turismo 1953-57 172 cm 3 6/8 3500 1300<br />
175 Grand Turismo 1954-57 172 cm 3 8/11 4800 1700<br />
175 Super Sport 1955-57 172 cm 3 10/13 5400 1900<br />
175 Settebello 1954-57 172 cm 3 12/17 6200 2200<br />
Tresette Sprint 1958-63 172 cm 3 10/13 5500 2100<br />
MOTOBI<br />
Sprite 1963-66 198 cm 3 10/14 3600 1300<br />
250 SS 1967-73 245 cm 3 12/17 4800 1600<br />
Gran Sport 250 1955-60 247 cm 3 9/12 4800 1800<br />
MOTO GUZZI<br />
P 175 1932-37 174 cm 3 5/7 7100 3000<br />
P 250 1934-40 238 cm 3 6/9 7400 3200<br />
Airone 1939-40 247 cm 3 6/9 5500 2600<br />
Airone Sport 1948-57 247 cm 3 10/14 5300 2600<br />
Normale 1921-24 498 cm 3 6/8 15 000 6500<br />
Sport 1923-28 498 cm 3 10/13 12 000 5200<br />
Sport 14/15 1929-39 498 cm 3 10/13 10 800 4700<br />
GTW 1935-49 498 cm 3 16/22 15 000 7000<br />
GTC 1937-39 498 cm 3 19/26 18 000 8400<br />
Astore 1949-53 498 cm 3 14/19 9600 4600<br />
Falcone 1950-67 498 cm 3 14/19 6500 3100<br />
Falcone Sport 1953-67 498 cm 3 17/23 7800 3800<br />
V 7 700 1966-76 704 cm 3 30/40 7600 3700<br />
V 7 Spezial 1968-73 757 cm 3 37/50 5900 2900<br />
MÜNCH<br />
TTS 1200 1968-79 1177 cm 3 65/88 70 000 42 000<br />
TTS-E 1200 1973-79 1177 cm 3 74/100 75 000 45 000<br />
MZ (BIS 1956: IFA)<br />
RT 125 1950-54 123 cm 3 3/5 2800 1200<br />
RT 125/125-1/125-2/125-3 1954-62 123 cm 3 4/6 2900 1000<br />
ES 125 1962-69 123 cm 3 6/8 1900 800<br />
ES 150 1962-68 143 cm 3 7/10 2100 900<br />
ES 175/175-1 1956-67 172 cm 3 7/10 2300 900<br />
ES 175-2 1967-72 172 cm 3 10/14 2300 900<br />
ES 250 (Doppelport) 1956-57 247 cm 3 10/14 2900 1300<br />
ES 250-1 1962-67 247 cm 3 12/16 2400 900<br />
ES 300 1963-65 293 cm 3 13/18 3000 1200<br />
BK 350 1952-58 343 cm 3 11/15 3200 1100<br />
NORTON<br />
Model 40 International 1932-39 348 cm 3 17/24 13 500 7000<br />
Model 40 International 1946-58 348 cm 3 17/24 18 500 10 500<br />
Model 50 1933-39 348 cm 3 15/20 5100 2000<br />
Model 50 1955-63 348 cm 3 15/20 6200 3000<br />
Model 55 1933-39 348 cm 3 16/22 5500 2200<br />
CJ 1929-39 348 cm 3 16/22 14 000 5500<br />
Model 40 M „Manx“ 1946-63 349 cm 3 26/35 25 000 15 000<br />
CS 1 1927-39 490 cm 3 20/28 23 300 8900<br />
Model 30 International 1933-39 490 cm 3 22/30 17 500 9700<br />
Model 30 International 1946-58 490 cm 3 22/30 17 000 9500<br />
ES 2 1932-47 490 cm 3 16/21 7500 3500<br />
ES 2 1947-63 490 cm 3 16/21 6000 3000<br />
ES 2 1965-66 490 cm 3 16/21 5600 2800<br />
Dominator Model 7 1949-56 497 cm 3 21/29 7000 2900<br />
Dominator 88 1952-66 497 cm 3 21/29 7200 3200<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Model 30 M „Manx“ 1946-63 498 cm 3 35/48 30 000 18 000<br />
650 1961-63 646 cm 3 33/45 6900 3200<br />
650 DeLuxe 1962 646 cm 3 33/45 8700 4000<br />
650 Super Sport 1961-69 646 cm 3 36/49 8500 4000<br />
Atlas 1962-68 745 cm 3 38/52 12 000 5700<br />
Ranger 1968 745 cm 3 42/58 13 000 6000<br />
NSU<br />
Pony 100 1937-40 97 cm 3 2/3 3200 1200<br />
Quick 1936-40 97 cm 3 2/3 2500 1000<br />
Quick 1945-53 97 cm 3 2/3 2400 1000<br />
Fox (Viertakt) 1949-54 98 cm 3 4/6 3200 1400<br />
125 ZDB 1947-51 123 cm 3 4/5 2900 1300<br />
Fox (Zweitakt) 1951-54 123 cm 3 4/5 2800 1200<br />
Superfox 1955-57 123 cm 3 7/9 2900 1200<br />
Maxi 1957-64 174 cm 3 9/12 3500 1500<br />
201 ZD Pony 1935-37 198 cm 3 4/6 3000 1200<br />
201 ZDB 1938-40 198 cm 3 5/7 3200 1200<br />
Lux 1951-54 198 cm 3 6/8 2900 1500<br />
Superlux 1954-56 198 cm 3 8/11 3500 1600<br />
251 OSL 1947-52 242 cm 3 7/10 4200 1800<br />
Max 1951-56 247 cm 3 11/15 4500 1800<br />
Supermax 1956-63 247 cm 3 13/18 5000 2100<br />
351 OSL 1934-40 346 cm 3 13/18 9000 4000<br />
Konsul 1951-53 346 cm 3 13/18 6800 2800<br />
351 S/OS 1932-35 348 cm 3 12/17 10 000 4500<br />
501 T 1927-29 494 cm 3 8/11 10 500 4000<br />
501 TS 1930-36 494 cm 3 8/11 8400 3200<br />
500 SS 1931-34 494 cm 3 16/22 30 000 12 700<br />
501 OSL 1935-39 494 cm 3 16/22 11 000 4200<br />
Konsul II 1951-54 494 cm 3 16/22 8800 3200<br />
601 OSL 1936-41 562 cm 3 18/24 11 500 4400<br />
601 TS 1930-39 592 cm 3 10/14 8700 3400<br />
8 PS 1914-21 996 cm 3 8/11 19 000 6800<br />
PUCH<br />
LM 1923-27 122 cm 3 1/2 4500 2000<br />
125 T 1946-50 125 cm 3 3/5 2800 1000<br />
175 SV 1953-67 172 cm 3 7/10 2800 800<br />
175 „Harlette“ 1925-27 173 cm 3 2/3 4500 2100<br />
200 1937-40 198 cm 3 4/6 3500 1300<br />
250 1929-33 248 cm 3 4/6 5000 2500<br />
250 E/L 1933-37 248 cm 3 5/7 4700 2200<br />
250 S 4 1934-42 248 cm 3 7/10 5500 2500<br />
250 TF 1949-54 248 cm 3 9/12 4000 1600<br />
250 SGS 1953-67 248 cm 3 12/16 4600 1500<br />
250 SGS 1967-70 248 cm 3 12/16 4600 1500<br />
250 SG 1954-69 248 cm 3 10/14 4600 1500<br />
500 Z/N/V 1931-35 496 cm 3 10/14 11 000 4200<br />
ROYAL ENFIELD<br />
RE 125/„Flying Flea“ 1945-53 126 cm 3 2/3 2600 900<br />
250 Clipper/Clipper II 1953-65 248 cm 3 10/14 3600 1400<br />
Crusader 1956-62 248 cm 3 10/13 3500 1400<br />
Continental 1962-65 248 cm 3 15/20 3800 1500<br />
Continental GT 1964-67 248 cm 3 15/21 4500 2100<br />
Mod. G 1945-54 346 cm 3 11/15 5000 2000<br />
350 Bullet 1949-65 346 cm 3 13/18 5900 2400<br />
350 Clipper 1955-62 346 cm 3 11/15 4500 1800<br />
500 Twin 1949-58 495 cm 3 18/25 6500 2600<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Meteor Minor 1958-63 496 cm 3 22/30 6500 2500<br />
Mod. J 1936-40 499 cm 3 16/22 8500 3800<br />
Mod. J 1945-55 499 cm 3 15/21 7000 3100<br />
500 Bullet 1952-62 499 cm 3 18/25 6000 2400<br />
700 Meteor 1952-55 693 cm 3 26/36 7000 2500<br />
Super Meteor 1955-62 693 cm 3 30/40 7300 2600<br />
Constellation 1958-63 693 cm 3 37/51 7500 2800<br />
Interceptor 1962-70 736 cm 3 38/52 8000 3000<br />
Mod. K 1937-39 1140 cm 3 19/26 15 500 6500<br />
RUDGE<br />
350 Standard 1929-34 348 cm 3 12/16 8400 3000<br />
500 Special 1937-39 499 cm 3 17/23 11 000 5000<br />
500 Ulster 1939-39 499 cm 3 20/28 16 000 6600<br />
SUZUKI<br />
T 20 1965-68 250 cm 3 19/26 3900 1400<br />
T 250 1968-72 250 cm 3 24/33 3700 1200<br />
T 500 1967-75 492 cm 3 35/47 4700 1800<br />
TRIUMPH (D)<br />
BDG 125/H/L 1949-57 123 cm 3 4/6 3000 900<br />
Cornet 1953-57 197 cm 3 7/10 3500 1200<br />
BD 250 1939-42 248 cm 3 9/12 4100 2000<br />
BDG 250/H 1949-56 248 cm 3 8/11 4100 1700<br />
Boss 1953-56 344 cm 3 12/16 4700 2000<br />
SSK 350 1930-33 346 cm 3 11/15 12 000 6500<br />
Kongress 1934-37 346 cm 3 6/9 7500 4000<br />
S 350 1936-38 346 cm 3 9/12 3300 1100<br />
T 3 1928 494 cm 3 11/15 9000 4500<br />
T 500 1930-32 496 cm 3 10/13 8300 4200<br />
STM 500 1932-36 496 cm 3 15/20 11 000 5500<br />
TRIUMPH (GB)<br />
3 H 1937-39 343 cm 3 15/20 5000 2800<br />
3 T 1945-51 349 cm 3 15/20 4500 1600<br />
3 TA 1957-66 349 cm 3 15/20 4000 1500<br />
Tiger 100 1960-75 490 cm 3 23/32 6000 3000<br />
5 TA Speed Twin 1959-66 490 cm 3 20/27 6000 2000<br />
5 T Speed Twin 1937-39 499 cm 3 20/27 10 000 4500<br />
5 T Speed Twin 1945-58 499 cm 3 18/25 6000 2400<br />
Tiger 100 1938-39 499 cm 3 24/33 9500 4000<br />
Tiger 100 1945-59 499 cm 3 22/30 6000 3000<br />
Mod. 6/1 1934-36 647 cm 3 18/25 11 000 4000<br />
T 110 1954-62 649 cm 3 31/42 7500 3500<br />
6 T Thunderbird 1950-66 649 cm 3 25/34 7500 3500<br />
T 120 Bonneville 1958-70 649 cm 3 34/46 7500 3000<br />
T 120 R Bonneville 1971-73 649 cm 3 37/50 7400 3000<br />
VELOCETTE<br />
LE 1948-50 149 cm 3 4/6 3200 1200<br />
LE 1951-70 192 cm 3 6/8 3500 1300<br />
KSS 1925-48 348 cm 3 14/19 11 000 4000<br />
MAC 1946-60 349 cm 3 10/14 6500 2800<br />
Venom 1956-70 499 cm 3 26/36 10 000 6000<br />
Venom Thruxton 1964-70 499 cm 3 30/41 20 000 10 000<br />
VICTORIA<br />
KR 20 EN/LN 1937-40 197 cm 3 5/7 2800 1100<br />
KR 20 1928-32 198 cm 3 4/5 4500 1500<br />
KR 21 Swing 1954-57 198 cm 3 8/11 4500 2000<br />
KR 25 Aero 1949-52 247 cm 3 6/9 3900 1500<br />
KR 25 HM 1951-54 247 cm 3 8/11 3700 1500<br />
KR 26 1953-57 247 cm 3 10/14 3000 1000<br />
KR 35 SN 1938-39 342 cm 3 13/18 5000 2000<br />
KR 35 SS 1938-39 342 cm 3 15/20 8000 3500<br />
KR 35 WH 1938-44 342 cm 3 13/18 4500 2000<br />
KR 35 1928-33 344 cm 3 9/12 7700 3500<br />
V 35 Bergmeister 1953-55 347 cm 3 15/21 6500 3000<br />
KR I 1920-24 494 cm 3 4/6 16 500 8500<br />
KR 9 Fahrmeister 1936-38 496 cm 3 11/15 11 500 5000<br />
KR 50 1930-33 498 cm 3 10/14 9000 3500<br />
KR 50 S 1930-33 498 cm 3 13/18 9500 3600<br />
KR II 1922-24 499 cm 3 6/9 15 500 8300<br />
KR III 1924-26 499 cm 3 9/12 15 000 8000<br />
KR VI 1927-38 596 cm 3 13/18 12 000 6800<br />
VINCENT/H.R.D.<br />
Meteor 1946-50 499 cm 3 18/26 11 000 5000<br />
Comet 1948-54 499 cm 3 21/28 24 000 7500<br />
Rapide B/C/D 1946-55 998 cm 3 33/45 60 000 32 000<br />
Black Shadow B/C 1948-54 998 cm 3 40/55 90 000 50 000<br />
Black Shadow D 1955 998 cm 3 40/55 100 000 55 000<br />
Black Knight 1955 998 cm 3 33/45 75 000 40 000<br />
Black Prince 1955 998 cm 3 40/55 80 000 45 000<br />
ZÜNDAPP<br />
B 170 „Zugvogel“ 1932 169 cm 3 3/4 3800 1500<br />
200 S 1955-57 197 cm 3 9/12 2700 900<br />
201 S 1956-58 197 cm 3 9/12 2800 900<br />
S 200 1930-31 198 cm 3 4/6 3300 1100<br />
OK 200 1933 198 cm 3 6/8 4000 1300<br />
DB 200 1935-40 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DBK 200 1936-38 198 cm 3 5/7 3800 1500<br />
K 200/KK 200 1933-36 198 cm 3 5/7 4600 1800<br />
DB 201 1950-51 198 cm 3 5/7 3100 1300<br />
DB 202 1951-52 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DB 203 Comfort 1952-53 198 cm 3 6/9 3200 1300<br />
DB 204 Norma 1952-53 198 cm 3 6/8 2800 1000<br />
DB 234 Luxus 1953-55 198 cm 3 6/9 2900 1000<br />
DB 205 Elastic 200 1953-55 198 cm 3 6/9 3000 1000<br />
250 S 1956-63 245 cm 3 10/14 3300 1100<br />
DB 255 Elastic 250 1953-55 246 cm 3 10/13 3400 1200<br />
DB 250 1937-39 247 cm 3 6/8 3700 1500<br />
DBK 250 1937-39 247 cm 3 6/8 4400 1700<br />
EM 250 1925-27 249 cm 3 3/4 6000 2600<br />
DS 350 1937-40 346 cm 3 12/17 6500 2800<br />
K 350 1935-36 349 cm 3 9/12 6300 2600<br />
K 500 1933-40 498 cm 3 10/13 8500 3400<br />
KS 500/KKS 500 1936-39 498 cm 3 18/24 11 500 3800<br />
KS 601 1950-57 592 cm 3 21/28 14 000 5500<br />
KS 601 Sport 1952-58 592 cm 3 25/34 12 000 5000<br />
KS 600 1938-41 597 cm 3 21/28 12 000 5300<br />
KS 600 1949-50 597 cm 3 21/28 11 600 4900<br />
KS 750 „Beiwagenkrad“ 1940-44 751 cm 3 18/26 28 000 10 000<br />
K 800 1933-38 791 cm 3 15/20 19 500 9000<br />
VORSCHAU<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Youngtimer von<br />
1970 bis 1990<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 65
LESERBRIEFE<br />
Marc Brassés Zündapp-Interpretation<br />
Foto: Weber<br />
Schwer zu finden: gute Yamaha RD 80<br />
Honda: Radausbau leicht gemacht<br />
Leser Weber 1975 beim <strong>MOTORRAD</strong>-Test<br />
KONTAKT<br />
Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />
Name und Wohnort an.<br />
Fragen und Post an die Redaktion:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Stichwort Leserbriefe, 70162 Stuttgart,<br />
Fax 07 11/1 82-17 81<br />
E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />
Zeichnung: Honda<br />
Foto: Brassé<br />
Foto: Bilski<br />
Die 80er bewegen<br />
Die Erinnerung ans erste Leichtkraftrad<br />
bringt so manchen ins Schwelgen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7+8/<strong>2016</strong><br />
Hallo liebe Redaktion, der Bericht über die<br />
80er in der letzten Ausgabe hat wieder<br />
voll mein Herz getroffen. Ich habe auch<br />
eine Zündapp, die war so nie käuflich. Es<br />
ist einfach meine Interpretation des Themas,<br />
basierend auf einer späteren K 80, der<br />
luftgekühlten Budget-Maschine. Sie entstand<br />
erst viele Jahre später als Nostalgieprojekt,<br />
obwohl der Entwurf für die Tank-/<br />
Sitzbank-Kombination schon aus dem<br />
Jahr 1981 stammt. Gedacht war das Ganze<br />
als späte Ehrung jener Maschinen, die<br />
Sie im Bericht zeigen. Wie hätte diese<br />
80er-Generation aussehen können? So<br />
habe ich meine Version gebaut, inspiriert<br />
von der ersten Hercules Ultra 50 und ein<br />
wenig abgekupfert von der viel schwereren<br />
Moto Guzzi Le Mans 3. Apropos<br />
schwer: Meine Zündapp hat einen Hubraum<br />
von 92,3 cm³, weil ich einen chinesischen<br />
Zylinder montiert habe. Oder ist<br />
das ein Sakrileg für deutsche Motorrad-<br />
Herzen? Nur weiter so! Mit freund lichen<br />
Grüßen<br />
Marc Brassé, Niederlande<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, in der<br />
letzten Ausgabe hatten Sie einen tollen<br />
Bericht über die 80er-Klasse. Ich fuhr<br />
damals eine RD 80 in Blau/Weiß. Schon<br />
länger bin ich auf der Suche nach einer<br />
kleinen RD, aber es gibt so gut wie nichts<br />
mehr, was brauchbar ist. In dem Artikel<br />
erwähnt Herr Hardy Ruff (er ist der Besitzer<br />
der RD 80), dass er diese eventuell<br />
verkaufen will. Es wäre nett, wenn Sie<br />
ihm meine E-Mail weiterleiten könnten.<br />
Eine Blau/Weiße von 1981 wäre mir natürlich<br />
noch lieber, aber die waren damals<br />
schon die Ausnahme. Die meisten gab es<br />
in Rot/Weiß. Vielen Dank, und weiterhin<br />
viel Spaß beim Schreiben über unser<br />
gemeinsames Hobby. Mit freund lichen<br />
Grüßen<br />
Klaus Doerp, Riegelsberg<br />
Trommel-Feuer<br />
Zum Bericht über die Wartung von<br />
Trommelbremsen haben einige Leser<br />
noch Anmerkungen und Tipps.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 6/<strong>2016</strong><br />
Hallo, in der Ausgabe 6/<strong>2016</strong> schreibt Ihr<br />
im Artikel „Trommelbremsen warten“ auf<br />
Seite 99 Folgendes zum Hinterradausbau<br />
bei der Honda CB 750 K2: „ ...muss nämlich<br />
das Hinterrad ausgebaut werden. Bei<br />
der Honda sind davor die beiden linken<br />
Auspufftöpfe zu demontieren.“ Ich besitze<br />
meine K2 seit 1975 und habe wahrscheinlich<br />
geschätzt mehr als 30 Mal das<br />
Hinterrad ausgebaut. Aber noch nie habe<br />
ich dazu die linken Auspufftöpfe demontiert!<br />
Nur so nebenbei: Auch im originalen<br />
Fahrerhandbuch, das unter dem Sattel<br />
sehr schön aufbewahrt wird, ist nie die<br />
Rede vom Demontieren der Auspufftöpfe<br />
zum Ausbau des Hinterrads. Ich will<br />
keinesfalls die Fähigkeiten von Wolfi anzweifeln,<br />
aber ein Blick ins Fahrerhandbuch<br />
kann einem Schrauber viel unnötige<br />
Arbeit ersparen.<br />
Urs Maag, CH-Gossau<br />
Hallo Leute, normalerweise baut Ihr ja<br />
nur wenige Fehler in Eure Beschreibungen<br />
bei Technikartikeln ein, aber bei dem<br />
Trommelbremsen-Artikel in Ausgabe<br />
6/<strong>2016</strong>, Seite 99, ist Euch oder dem Mechaniker<br />
doch ein schwerer Lapsus unterlaufen.<br />
Deshalb mal ein Klugscheißer-Beitrag<br />
von mir. Bei einer CB 750 Four K2 von<br />
1972 baut kein Mensch Teile der Auspuffanlage<br />
ab, um an das Hinterrad zu kommen<br />
zwecks Ausbau der Trommelbremse!<br />
Das ist völlig unnötige Arbeit, denn die<br />
originale K2-Schwinge ist nach hinten offen,<br />
man löst nur die Achsverschraubung<br />
an, dann gibt es, wie im beigefügten Bild<br />
zu sehen, die Nummer 10, die beidseitigen<br />
Ketteneinsteller, die beidseitig mit<br />
Schrauben (Nummer 23 im Bild) gesichert<br />
sind. Nach dem Lösen der beiden Kettenspanner-Schrauben<br />
klappt man diese<br />
nach unten, löst beide Schrauben (Nr. 23),<br />
entnimmt seitwärts die Nummern 10 und<br />
löst die sonstigen Bremsgestänge-Teile am<br />
Hinterrad. Voilà, das Hinterrad geht recht<br />
problemlos nach hinten herauszuziehen,<br />
ohne jegliches Herumschrauben an der<br />
4-in-4-Anlage. Euer Mechaniker (oder der<br />
Schreiber des Ganzen?) sollte sich das<br />
doch vielleicht nochmals durchdenken.<br />
Gruß von einem mit CB 750 K1/K2 und F2<br />
im eigenen Bestand. Und auch daran<br />
selbst schraubend!<br />
Uwe Scherer, Sinzheim<br />
Anmerkung der Redaktion: Natürlich<br />
haben unser Autor Marcel Schoch und Wolfgang<br />
Schelbert gleich erkannt, dass sich die<br />
Achsaufnahme einer Honda CB 750 Four<br />
K2 nach hinten öffnen lässt. Allerdings ging<br />
es ihnen bei der Wartungs geschichte nicht<br />
speziell um die Honda-Stopper, sondern um<br />
Trommelbremsen im All gemeinen. Daher<br />
hat man entschieden, die zumeist übliche<br />
Vorgehensweise zu zeigen, weil bei der<br />
großen Mehrzahl der Motorräder ein Schalldämpfer<br />
– zumeist links – demontiert werden<br />
muss, um die Achse herausziehen zu<br />
können.<br />
Der Bericht über die Wartungsarbeiten an<br />
Trommelbremsen war recht aufschluss-<br />
66 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
eich. Bezüglich des Ausdrehens der<br />
Bremstrommel (der richtige Terminus wäre<br />
hier „Radnabe“) sei mir jedoch ein Hinweis<br />
gestattet: Das Ausspeichen und –<br />
nach erfolgtem Ausdrehen – das erneute<br />
Einspeichen der Radnabe ist ja mit einem<br />
erheblichen Aufwand verbunden. Darüber<br />
hinaus besteht hierbei die Gefahr,<br />
dass sich die Nabe/Bremstrommel beim<br />
Einspeichen wieder verzieht und die<br />
Bremswirkung wiederum in „Eimer“ ist.<br />
Nach dem Motto „Weshalb umständlich,<br />
wenn es auch einfacher geht“ gibt es<br />
einen Fachbetrieb, der in der Lage ist, an<br />
einem Komplettrad, also eingespeicht und<br />
mit montiertem Reifen, die Trommel auszudrehen.<br />
Anhand des nunmehr etwas<br />
größeren Durchmessers der Trommel werden<br />
dann entsprechend stärkere Bremsbeläge<br />
auf die Backen geklebt. Das ganze<br />
Prozedere ist wesentlich einfacher,<br />
schneller und somit natürlich auch kostengünstiger.<br />
Ich habe dies bereits bei<br />
mehreren Restaurierungsobjekten durchführen<br />
lassen, die Bearbeitungszeit beträgt<br />
in der Regel acht bis 14 Tage, mit einem<br />
hervorragenden Ergebnis. Die Firma heißt<br />
Medidenta Schramm aus Oberursel/Taunus<br />
(www.medidentaschramm.de).<br />
Erich Bock, Biebertal<br />
8008329-157-1.QXD_Layout 1 07.07.16 15:01 Seite 1<br />
Ein Herz für den<br />
Wasserbüffel<br />
<strong>Classic</strong>-Leser Weber erinnerte der<br />
Vergleich der beiden 750er-Suzukis an<br />
seinen <strong>MOTORRAD</strong>-Test vor 41 Jahren.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2016</strong><br />
Lieber Michael Pfeiffer, beim Lesen des<br />
Artikels über die Suzuki GS 750 und GT<br />
750 sind angenehme Erinnerungen an<br />
meine Zeit als Gastfahrer bei <strong>MOTORRAD</strong><br />
aufgetaucht. In der <strong>MOTORRAD</strong>-Ausgabe<br />
25/75 erschien ein Vergleichstest mit der<br />
750er-Honda F1, BMW R 75/6 und der<br />
Suzuki GT 750. Ich wurde damals von<br />
Suzuki-Importeur Fritz Röth – als zu der<br />
Zeit erfolgreicher Zuvi-Fahrer – angeheuert,<br />
darauf zu achten, dass der einzige<br />
Zweitakter im Testfeld nicht wegen der<br />
angeblich „enormen Verbrauchswerte“<br />
schlecht beurteilt wird. Dass ein Zweitakter<br />
im Teillastbereich sehr sparsam<br />
läuft, war damals (und ist es auch heute<br />
noch nicht) kein Allgemeinwissen. Nur<br />
bei heftigstem Angasen auf der Autobahn<br />
von Ulmen nach Koblenz gelang es, den<br />
Verbrauch auf zehn Liter zu treiben.<br />
Die Testtage auf der Nürburgring-<br />
Nordschleife und die Verbrauchsfahrten<br />
von Hockenheim auf festgelegter Rundstrecke<br />
in Richtung Pforzheim, mit Anteilen<br />
an Landstraße, schneller Bundesstraße<br />
und Autobahn ergaben mitnichten<br />
extreme Unterschiede bei den Verbrauchswerten.<br />
Auf Land- und Bundesstraßen<br />
war die Suzuki sogar sparsamer als die<br />
BMW. Als Freund der Zweiventiler (eines<br />
am Vorderrad, eines am Hinterrad) bedauerte<br />
ich das Testergebnis natürlich.<br />
Die Laufruhe des Dreizylinders der GT<br />
750 war sensationell, ebenso der Drehmonentverlauf<br />
und die Fahrleistungen.<br />
Was hätte aus diesem Zweitaktmotor<br />
bei gleicher Zuwendung und gleichem<br />
Entwicklungsaufwand noch werden können?<br />
Ihm fehlen einfach 40 Jahre Weiterentwicklung.<br />
Aber damals war die Zeit für<br />
den Zweitakter abgelaufen. Membraneinlass,<br />
Drehschiebersteuerung, variable<br />
Auslasssteuerung, Einspritzung, variable<br />
Ansaug- und Auspufflängen und vieles<br />
mehr hätten die Vorteile des Zweitaktmotors<br />
wieder ins Spiel gebracht. Das geringe<br />
Gewicht, die kostengünstige Bauweise<br />
und die geringen Stickoxyd-Emissionen<br />
sind unbestreitbare Vorteile, die das Zweitakt-Arbeitsprinzip<br />
auf der Habenseite<br />
verbucht.<br />
Klaus-Dieter Weber, Darmstadt<br />
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SZENE I<br />
Norton Commando 850 MkIII Interstate<br />
Start-<br />
Commando<br />
Die Norton Commando MkIII<br />
bietet ab 1975 neben einigen<br />
Verbesserungen am Motor<br />
einige fast revolutionäre<br />
Neuerungen: Der Schalthebel<br />
wandert nach links, gestartet<br />
wird nun gar per E-Starter. Zu<br />
gewagt für eine echte Britin?<br />
Text: Dirk Mootz; Fotos: Harry Colbert<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 69
SZENE I<br />
Norton Commando 850 MkIII Interstate<br />
So wünscht sich wohl jeder den<br />
Fund des lange gesuchten Traumbikes:<br />
Eine Maschine mit geringer<br />
Laufleistung, Matching Numbers, also<br />
zueinander gehörenden Motor- und Rahmennummern,<br />
einem Stapel an Rechnungen<br />
die belegen, was bereits erneuert<br />
wurde, und einem Werkstatthandbuch,<br />
das nur auf wenigen Seiten ölige Fingerabdrücke<br />
aufweist. Und wir fanden dieses<br />
Traumbike auf einem englischen Automarkt<br />
für nur 6000 Pfund (ca. 7570 Euro).<br />
Die am 9. April 1976 erstmals zugelassene<br />
MkIII Interstate stand mit 1020 Pfund in<br />
der Liste, doch der Erstbesitzer hatte<br />
kaum den Motor eingefahren, da kehrte<br />
Verschärfte Geräusch-Emissionsbestimmungen<br />
zwangen zum Interferenzrohr<br />
zwischen den Krümmern<br />
und den „Black cap“-Schalldämpfern<br />
mit Dämpfereinsatz (auch Bohnendose<br />
genannt). Das Cockpit mit<br />
Smith-Uhren bietet nun auch eine<br />
Leerlaufanzeige, das Isolastic-System<br />
jetzt endlich die teurere, aber<br />
sinnvolle Vernier-Justierung (u.)<br />
sie auch schon zurück in den Ausstellungsraum<br />
des Händlers. Der zweite Besitzer<br />
zahlte am 30. Mai 1977 exakt 965<br />
Pfund für sie und hatte nicht die Absicht,<br />
die Maschine in der Garage vor sich hingammeln<br />
zu lassen. Der britische TÜV notierte<br />
beim Prüftermin im Juni 1979 bereits<br />
einen Tachostand von 14 577 Meilen.<br />
Alles lückenlos dokumentiert<br />
Drei Jahre später gab der Smith-Tacho<br />
seinen Geist auf und wurde erneuert –<br />
daher verzeichnete der TÜV-Bericht von<br />
1983 nur eine Laufleistung von 4072 Meilen.<br />
Danach wurde die Commando offenbar<br />
nur selten bewegt. Bis 1985 hatte der<br />
Besitzer nur 688 weitere Meilen abgespult<br />
und neue Schalldämpfer montiert sowie<br />
die Schwingenlager erneuert. Prüfbescheinigungen<br />
belegen, dass der neue<br />
Norton-Tacho beim Termin 1992 lediglich<br />
6104 Meilen anzeigte. Manche haben<br />
ebenso viel Spaß am Schrauben in der<br />
Garage wie am Fahren. Es scheint, unser<br />
Commando-Besitzer hatte ein Faible fürs<br />
Pflegen und Polieren. Rechnungen belegen,<br />
dass er im Juni 1992 neue Vergaser<br />
und ein neues Zündschloss gekauft hatte,<br />
und einige Monate später noch einen<br />
neuen Tachoantrieb, ein Kupplungskabel<br />
und (eine sinnvolle Maßnahme) eine elektronische<br />
Boyer-Zündung. 1995 wurde die<br />
Kette des Primärtriebs erneuert, und<br />
Hagon-Federbeine ersetzten die Originalteile<br />
von Norton. Wer die etwas hölzern<br />
wirkenden originalen Norton-Bremsen<br />
kennt, wird verstehen, warum man der<br />
Commando noch einen Grimeca-Racing-<br />
Bremssattel und eine schwimmende Gussscheibe<br />
von RGM Motors spendierte. 2001<br />
kam auch der Motor in den Genuss einer<br />
Komplett-Überholung.<br />
Als die MkIII schließlich uns über den<br />
Weg lief, zeigte der Austausch-Tacho immer<br />
noch bescheidene 12 268 Meilen an,<br />
und das Bike rollte auf frisch aufgezogener<br />
Avon RoadRider-Bereifung. Zeit also,<br />
endlich ein paar weitere Meilen drauf zu<br />
fahren, jedoch nicht ohne vorher einen<br />
Blick auf die Geschichte hinter der Seitendeckel-Aufschrift<br />
850 Commando Electric<br />
Start zu werfen. Weil immer anspruchsvollere<br />
und stärkere japanische Bikes die<br />
Commando 750 bedrohten, entschied sich<br />
Norton Villiers auf Größe zu setzen und<br />
die Bohrung (bei gleichbleibendem Hub<br />
von 89 mm) von 73 auf 77 Millimeter zu<br />
erhöhen, und so den Hubraum auf 828<br />
Kubikzentimeter aufzustocken. Die Verdichtung<br />
wurde auf 8,5:1 reduziert und<br />
der Motor wurde deutlich verstärkt – über<br />
die üblichen Muttern und Bolzen und die<br />
verlängerten Zylinderkopfschrauben hinaus.<br />
So wurde auch das Getriebegehäuse<br />
verstärkt, und die Kupplung bekam eine<br />
zusätzliche fünfte Scheibe verpasst. Die<br />
70 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Der Seitendeckel verrät es:<br />
Ein E-Starter (der Kickstarter<br />
bleibt zusätzlich erhalten)<br />
bringt nun den großen<br />
Parallel-Twin in Schwung<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 71
SZENE I<br />
Norton Commando 850 MkIII Interstate<br />
DATEN<br />
Norton Commando 850 MKIII Interstate<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine untenliegende Nockenwelle, je zwei<br />
über Stoßstangen und Kipphebel betätigte Ventile pro Brennraum, Bohrung x Hub 77 x 89 mm,<br />
Hubraum 828 cm³, Verdichtung 8,5:1, Leistung 50 PS bei 6250/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Vierganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel, Zweiarmschwinge aus Stahlrohr mit<br />
zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder, Reifen vorn und hinten 4.10-19, Scheibenbremse vorn und<br />
hinten, Ø 270 mm, Zweikolben-Festsättel<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1440 mm, Trockengewicht 190 kg, Tankinhalt 24 l<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit 190 km/h<br />
Im Prospekt schematisch<br />
dargestellt: Motor, Getriebe<br />
und Schwinge sind per<br />
Iso lastic-System mit dem<br />
Haupt rahmen verbunden<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Absicht war also nicht, einen stärkeren<br />
Motor zu bauen, sondern die gleiche Leistung<br />
entspannter zu erzielen und dem<br />
Motor gleichzeitig zu mehr Zuverlässigkeit<br />
zu verhelfen. Es bestand die Wahl<br />
zwischen einem Roadster mit kleinem<br />
Tank, einem Hi-Rider mit hohem Lenker<br />
und der Interstate mit großem Tank.<br />
Im Februar 1973 leistete die MkI A 850<br />
erwiesene 60 PS bei 6200/min – die originale<br />
Commando schaffte 56 PS bei 6500/<br />
min, während es die notorisch unzuverlässige,<br />
getunte „Combat“-750er auf 65 PS<br />
bei 6500/min gebracht hatte. Die 850er<br />
profitierte auch von ihrem Drehmomentplus<br />
zwischen 2000 und 4500/min: Eine<br />
Zeit von 12,75 Sekunden für den Viertelmeilen-Sprint<br />
und eine Topspeed von 125<br />
mph (rund 200 km/h) ließ das amerikanische<br />
Magazin Motorcycle World von der<br />
850 Roadster als „größtem, schnellstem,<br />
stärkstem und gleichzeitig sanftestem<br />
britischen Bike“ schreiben. Die 750er-<br />
Baureihe endete im Oktober 1973, und<br />
dezente Änderungen an den 850er-<br />
Modellen (Bearbeitung der Einlasskanäle<br />
und die Rückkehr zum schwarzen Finish<br />
des Zylinderblocks) führten 1974 zum Typ<br />
850 MkII A. Die große Commando war<br />
zivilisierter und zuverlässiger, doch einigen<br />
Besitzern schien der Kickstart des<br />
lang hubigen Biests an kalten Wintermorgen<br />
nahezu unmöglich.<br />
Und dies bringt uns zurück zum Electric<br />
Start-Logo auf dem Seitendeckel.<br />
Die im Februar 1975 den amerikanischen<br />
Händlern vorgestellte MkIII verwöhnte<br />
mit einem Prestolite-E-Starter, einer stärkeren<br />
180-Watt-Lichtmaschine, und der<br />
Schalthebel wanderte von der rechten auf<br />
die linke Seite, um amerikanischen Gesetzen<br />
zu genügen. Die hartverchromte<br />
Brems scheibe vorn wechselte ebenfalls<br />
von der rechten auf die linke Seite, eine<br />
270-Millimeter-Scheibenbremse ersetzte<br />
die bisherige Trommel im Hinterrad. Drohenden<br />
deutschen Lautstärke-Limits und<br />
schärferen amerikanischen Standards für<br />
den Schadstoffausstoß begegnete man mit<br />
deutlich leiseren Schalldämpfern mit ringförmigem<br />
Auslass sowie einer großen Airbox.<br />
Weniger offensichtlich, jedoch wichtiger<br />
waren der neue hydraulische Primärkettenspanner<br />
und die überarbeitete<br />
Isolastic-Aufhängung des Antriebstrangs.<br />
Beim alten Isolastic-System erfolgte die<br />
Einstellung über Entfernung oder Hinzufügung<br />
von Stahlscheiben – zu viel Seitenspiel<br />
an den Gummi-Aufhängungen ließ<br />
das Handling leiden, zu wenig ließ starke<br />
Vibrationen zum Fahrer durch. Die MkIII<br />
nutzte das viel sinnvollere und wirksamere<br />
Vernier-System. Jetzt dauerte die exakte<br />
Einstellung nur Minuten statt Stunden.<br />
Frühe 850er drehten locker über 7000/<br />
min, doch die strengen Ein- und Aus lass-<br />
Beschränkungen würgten die Power der<br />
MkIII über 6000/min gnadenlos ab. Sie<br />
mag nicht so lebendig sein wie die 750er<br />
oder frühe 850er, doch die MkIII zieht<br />
stramm ab 1500/min und dreht bei gut<br />
110 Sachen gerade mal lässige 3800 Touren.<br />
Unter 2500/min zerrt der Motor an<br />
seinen Gummiaufhängungen, doch mit<br />
Überschreiten der 3000er-Marke verwandelt<br />
sich die Commando in eines der sanftesten,<br />
wenn auch nicht der schnellsten<br />
Motorräder der Welt. So lebt vor allem die<br />
Legende des einzigartigen Handlings und<br />
Große Weiten und ferne Ziele sind<br />
die Domäne des starken Tourers.<br />
Recht gut zugänglich unter der Sitzbank<br />
zwischen den Rahmen rohren<br />
befindet sich der hinter dem rechten<br />
Seitendeckel verborgene Öltank<br />
(unten). Geschaltet wird nun links,<br />
das Getriebe besitzt nach wie vor<br />
vier Stufen, die Kupplung nun fünf<br />
statt vier Scheiben<br />
der tadellosen Präzision in der MkIII weiter.<br />
Um sie in die Kehre zu feuern braucht<br />
es nur einen winzigen Stups am Lenker,<br />
und das Bike fühlt sich stets wunderbar<br />
ausbalanciert an. Das Getriebe arbeitet<br />
leicht und willig, der Motor reagiert spontan<br />
auf kleinste Bewegungen am Gasgriff<br />
und liefert üppiges Drehmoment. Die<br />
MkIII ist vielleicht keine vor Angriffslust<br />
„schnaubende“ Norton, doch als eine der<br />
letzten originalen Commandos lässt sie einen<br />
das erleben, was eine Commando ausmacht:<br />
einen großen, starken Tourer. ◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 73
SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Richtfest<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Im Herbst 2015 wuchtete <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-<br />
Redakteur Werner Koch die 277 Kilogramm<br />
der Honda VF 1000 F2 auf die Hebebühne.<br />
Der Plan: Umbau zum schlanken V4-Café<br />
Racer – nackt, leicht und luftig<br />
Nach gut 300 Arbeitsstunden ist es Zeit, die umgebaute<br />
Honda VF 1000 F2 scharrt mit den Hufen. Ob<br />
die erste Ausfahrt mit der Xpresso V4 hält, was die<br />
schicke Schale verspricht?<br />
Text: Werner Koch; Fotos: Markus Jahn<br />
Es ist immer das gleiche mulmige<br />
Gefühl, wenn der Sprit glucksend<br />
im frisch lackierten Tank verschwindet<br />
und die Finger nervös nach<br />
möglichen Leckstellen tasten – zum Glück<br />
tropft jedoch nichts. Zündung ein. Alle<br />
Kontrolllichter sind da, es blinkt, leuchtet<br />
und hupt. Ob der V4 auch läuft?<br />
Kraftvoll wirbelt der Anlasser die Kurbelwelle<br />
herum, die Benzinpumpe pulst<br />
tickernd den Sprit in die Vergaser, sprotzend<br />
meldet sich ein Zylinder nach dem<br />
an deren zur Arbeit. Bis das 90-Grad-<br />
Quartett synchron und sauber vor sich hin<br />
wummert, halte ich den Feuerlöscher sicherheitshalber<br />
mit gezogenem Splint im<br />
Anschlag. Es wäre nicht das erste Projekt,<br />
das beim Startversuch durch Zurückschlagen,<br />
Fehlzündungen oder ein Spritleck<br />
in Flammen aufgehen könnte. Aber<br />
hier brennt nichts an.<br />
Dennoch raucht und stinkt der Motor<br />
heftig. Was für manche Passanten nach einem<br />
gefährlichen Schwelbrand ausschaut,<br />
sind jedoch die ganz normalen Ausdünstungen<br />
von überschüssigem Öl, Fett und<br />
der silbergrauen Auspuffkrümmer-Bandage.<br />
In der Summe setzen die Nebelschwaden<br />
zwar den Rauchmelder in der Werkstatt<br />
in Trab, bevor die Nachbarschaft jedoch<br />
besorgt die 112 wählt, ist der Dunst<br />
verflogen und die Honda grollt sonor und<br />
sauber aus dem Megafon-Pärchen, bereit<br />
zur Jungfernfahrt!<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 75
SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Rund 320 Arbeitsstunden<br />
stecken in unserem<br />
<strong>Classic</strong>-Umbau, der die<br />
30 Jahre alte VF 1000 F2<br />
in einen flotten Café<br />
Racer verwandelte. Mit<br />
nunmehr freiem Blick auf<br />
die feine Honda-Technik<br />
Scheinwerfer mit „Klarglas“-Scheibe von<br />
Hein Gericke, Blinker und Alu-Schutzblech<br />
von LSL. Die Lampenhalter sind Eigenbau<br />
Rasten und Hebel aus dem LSL-Sortiment,<br />
Grundplatte aus hochfestem Alu selbst gemacht,<br />
Bremspumpe von der VF 1000 F2<br />
Der Tank stammt von einer Honda VF 750 F, die Lenkerstummel spendiert eine Honda<br />
CBR 600 F. Das T & T-Kombiinstrument liefert Louis, die Rückspiegel hat LSL im Sortiment<br />
Was beim „Trockentest“ funktioniert,<br />
kann in der Praxis<br />
auch mal schiefgehen<br />
Aber das mulmige Gefühl bleibt. Warum?<br />
Weil die Xpresso mit der VF 1000 F2 nichts<br />
mehr gemein hat, weil jede Schraube, jede<br />
Halterung, jedes Fahrwerksteil von den<br />
Rädern über die Gabel bis zum Federbein<br />
abgeändert, ersetzt, überarbeitet oder einfach<br />
ersatzlos gestrichen wurde. Und weil<br />
die Erfahrung aus grob geschätzten 30<br />
eigenen Um- und Neubauten zeigt, dass<br />
selbst bei peniblem Handwerken so manche<br />
mechanische Detaillösung in der Praxis<br />
aus der Reihe tanzt.<br />
Deshalb rollt die Xpresso V4 zunächst<br />
mit roter Nummer im gemächlichen<br />
Tempo auf ein groß flächiges,<br />
übersichtliches Asphalt areal. Mehrere<br />
Vollbremsungen aus 150 km/h<br />
stehen auf dem Plan. Das klappt mit<br />
kräftigem Biss und fein dosierbar, ohwww.motorrad-classic.de
ne dass sich das Vorderrad-Schutzblech in<br />
die neu platzierten Wasser- und Ölkühler<br />
bohrt. Auch die Vollgas-Beschleunigung<br />
geht locker über die Bühne – selbst wenn<br />
danach die 520er-Kette etwas „länger“ ist<br />
und nachgespannt werden muss. Schließlich<br />
zerren über 90 PS am Hinterrad. Jeder<br />
Schaltvorgang sitzt, die Getrieberäder<br />
rasten sauber ein und die Anti-Hopping-<br />
Kupplung greift unter Volllast zwar etwas<br />
diffus, aber letztendlich mit vollem Kraftschluss.<br />
Zur Erinnerung: Dieser Motor hat<br />
schon 30 Jahre und 86 000 Kilometer auf<br />
dem Buckel!<br />
Das Schönste an der Xpresso: der<br />
Sound des Honda-V4 – ohne Luftfilterkasten<br />
und mit zwei kurzen Megafon-Schalldämpfern.<br />
Das ist mit Worten einfach nicht<br />
zu beschreiben. Und deshalb demnächst<br />
unter www.motorradonline.de zu hören<br />
und zu sehen. Nach bestandener Grundfunktion<br />
muss sich der V4 jetzt im echten<br />
Leben bewähren. Stop-and-go durch die<br />
Stau-Stadt Stutt gart bei locker 30 Grad<br />
klappt ohne zu verglühen, weil über den<br />
Druckknopf rechts unterm Tank der große<br />
Ventilator hinterm Kühler manuell zugeschaltet<br />
werden kann, bevor das reduzierte<br />
Kühlsystem kollabiert.<br />
Gezuckel und Geschlängel im Stau,<br />
kurze Strecken zur Tanke oder zum Treffpunkt<br />
schafft die Xpresso so selbstverständlich<br />
wie ein <strong>2016</strong>er-Modell. Aber<br />
dafür habe ich mir die Maschine ja nicht<br />
gebaut. Mein Kaffee-Renner braucht Auslauf,<br />
will raus aufs Land, die Showmeile<br />
ist mir völlig schnuppe.<br />
Kurven, Kehren, Kuppen – das<br />
eigentliche Revier der Xpresso<br />
Wo sich Kehren, Kurven und Kuppen die<br />
Hand geben, immer in einem souveränen<br />
Sicherheitsabstand zu nervigen Ballungszentren<br />
und weit weg von träge dahinfließenden<br />
Bundesstraßen, dort gefällt es<br />
der Xpresso – und mir erst recht. Denn die<br />
Honda fühlt sich eher wie ein drei Jahre<br />
altes Motorrad an und nicht wie ein<br />
30-jähriges! Das liegt nicht nur am geglückten<br />
Umbau, sondern auch an der<br />
höchst soliden Basis der Honda VF 1000<br />
Ob Café Racer, Bobber oder Scrambler – so ein Umbau<br />
muss in erster Linie fahren, und das möglichst zackig<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 77
SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Trotz Café Racer-Optik taugt<br />
die Sitzposition der Xpresso<br />
V4 durchaus auch für einen<br />
längeren Ausritt<br />
F2. Zitat vom ehemaligen Test-Kollegen<br />
Axel Westphal aus <strong>MOTORRAD</strong> 14/1985:<br />
„Der Motor gefällt durch seine unspektakuläre,<br />
aber bullige Kraftentfaltung. Bei<br />
jeder Drehzahl hängt er spontan am Gas,<br />
vibriert kaum und läuft mechanisch leise.“<br />
So gewann die Honda VF 1000 F2 mit<br />
ihrem knurrigen V4-Motor damals souverän<br />
gegen die etablierte Konkurrenz.<br />
Zum Erhalt dieser Souveränität musste<br />
die Abstimmung von Vergaser und Ansaugtrakt<br />
gut ein Dutzend mal verändert<br />
und angepasst werden, damit die empfindlichen<br />
Keihin-Gleichdruckvergaser<br />
auch ohne Luftfilterkasten weiterhin Gasbefehle<br />
eins zu eins umsetzen und die<br />
Schieber nicht ins Flattern kommen (siehe<br />
Kasten Seite 79). Jetzt knurrt der V4 über<br />
die vier Ansaugfilter mit einem knochentrockenen,<br />
harten Stakkato aus dem Maschinenraum.<br />
Man hört förmlich, wie die<br />
Zylinder gierig nach Luft schnappen und<br />
sich das Gemisch in rasender Geschwindigkeit<br />
durch die Einlassventile presst.<br />
Damit die Xpresso dennoch den TÜV-<br />
Besuch mit Brief und Siegel besteht,<br />
dämpfen die beiden kurzen Laser-Megafone<br />
mit kombinierter Reflexions- und<br />
Absorptionstechnik den Abgasstrom nachhaltig.<br />
Mangels Luftfilterkasten, dem kleinen<br />
Auspuffvolumen und nicht zuletzt<br />
der Laufleistung von mehr als 80 000 Kilometern<br />
fehlen dem Honda-Motor auf dem<br />
Prüfstand gut zehn PS auf die einst angegebene<br />
Höchstleistung. Doch die 99 gemessenen<br />
Pferde bringen die nunmehr nur<br />
noch 234 Kilo schwere Xpresso gehörig<br />
auf Trab. Mehr braucht mein Kaffee-<br />
Renner nicht. Schon gar nicht, wenn dich<br />
der dicke Verbrennungsmotor mit dem<br />
Grollen eines Sommergewitters durch die<br />
Landschaft katapultiert!<br />
◻<br />
HONDA-V4-AUSFAHRT<br />
Wer die Xpresso V4 live erleben möchte, kommt<br />
am Samstag, den 24. September <strong>2016</strong>, zum<br />
Motorradtreffpunkt Glemseck bei Leonberg. Dort<br />
treffen sich um 9 Uhr die Freunde und Fans der<br />
Honda-V4-Motoren zur <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Ausfahrt.<br />
Mehr Infos dazu gibt‘s im nächsten Heft!<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
DIE XPRESSO V4 AUF DEM LEISTUNGSPRÜFSTAND<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
Honda Xpresso V4 (Standard)<br />
71,6 kW (97 PS) bei 10300/min<br />
80 Nm bei 7900/min<br />
Honda Xpresso V4 (1. Modifikation)<br />
71,5 kW (97 PS) bei 10000/min<br />
78 Nm bei 4400/min<br />
Honda Xpresso V4 (2. Modifikation)<br />
72,7 kW (99 PS) bei 9300/min<br />
81 Nm bei 8000/min<br />
Drehmoment in Nm<br />
90<br />
Diese unterschiedlich langen Alutrichter<br />
mit acht Millimeter kleinerem<br />
Durchmesser passen am besten zu<br />
den verbauten Einzelluftfiltern<br />
Motorleistung<br />
20<br />
30<br />
20<br />
10<br />
60<br />
10<br />
50<br />
kW PS<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />
Motordrehzahl in 1/min x 1000<br />
Im Prinzip ist es bei einem solchen<br />
Youngtimer-Umbau schnurzegal, ob der<br />
Motor 90, 100 oder 110 PS abdrückt.<br />
Wichtig ist, dass der Motor jederzeit problemlos<br />
anspringt, spontan und ruckfrei Gas annimmt<br />
und in allen Drehzahlen sauber und ohne sprotzelige<br />
Zwischentöne rund läuft. Genau das war<br />
bei unserem Honda-V4-Motor bei der Jungfernfahrt<br />
mit ausgewürfelter Bedüsung (122/124eranstatt<br />
116/118er-Hauptdüsen) auch der Fall.<br />
Man hätte also alles gerade so belassen können,<br />
wenn da nicht ein paar rotzelige Zwischentöne<br />
beim Ausdrehen den Mechaniker in mir aufgeschreckt<br />
hätten. Hellbraunes Kerzenbild, keine<br />
auffälligen Ablagerungen oder Hitzeperlen – die<br />
übliche Sichtkontrolle brachte keinen klaren<br />
Befund. Also ging‘s ab auf den Dynojet<br />
250- Prüfstand von <strong>MOTORRAD</strong>.<br />
Dort zeigte sich noch deutlicher als im Fahrbetrieb,<br />
dass das rotzige Geräusch über 7000/<br />
min von einem Abstimmungsproblem kündete,<br />
das sich auf dem Ausdruck durch eine stark<br />
gezackte Leistungskurve bemerkbar machte<br />
(blaue Linie auf dem Diagramm oben).<br />
Zu fett? Zu mager abgestimmt? Bei Gleichdruckvergasern<br />
sind die Symptome oftmals sehr<br />
ähnlich, weshalb wir mit einem ebenso simplen<br />
wie eindeutigen Test dem Problem auf die Spur<br />
kamen. Hierzu wurden die vier Einzelluftfilter zu<br />
etwa einem Drittel mit Tape abgeklebt. Mit dem<br />
Ergebnis, dass die Zacken weniger, die Leistung<br />
aber mehr wurde. Klares Signal also, dass der V4<br />
zuvor zu mager abgestimmt war und zu viel Luft<br />
bekam. Da das hauseigene Düsensortiment<br />
nichts zu bieten hatte, wurden die zu kleinen<br />
Seriendüsen wie in den guten alten Zeiten mit<br />
einer Düsen-Reibahle von POLO im Durchmesser<br />
aufgerieben. Als „Messwerkzeug“ diente eine<br />
Düsennadel, die, mit einem Filzstift bemalt,<br />
ziemlich genau den Düsen-Durchmesser anzeigt,<br />
der am kleinsten Querschnitt anliegt. Mit dieser<br />
Methode wurden die vier orignalen 116er-Keihin-Hauptdüsen<br />
auf 132er aufgerieben. Und<br />
zwar immer von der Gewindeseite aus, damit<br />
der tatsächlich kleinste Querschnitt an der<br />
Eintrittsseite des Kraftstoffes liegt. Ganz wichtig<br />
bei solchen Änderungen: Die serienmäßig eingeprägte<br />
Düsengröße unbedingt unkenntlich<br />
machen oder durch Zeichen mit Reißnadel oder<br />
Schlagzahlen ersetzen!<br />
Zu meiner Überraschung zeichnete die fettere<br />
Bedüsung eine Leistungskurve mit noch mehr<br />
Zacken und weniger Power ins Diagramm (rote<br />
Linie). Die Vermutung: Hier bricht die Strömung<br />
weg, was bei unterdruckbetätigten Gasschiebern<br />
zu einem regelrechten Strömungs-Infarkt führen<br />
kann. Die bereits vorbereiteten Alu-Ansaugrohre<br />
mit mehr Länge bei einem acht Millimeter kleineren<br />
Durchmesser gegenüber den Serien-Gummitrichtern<br />
waren rasch montiert. Und zauberten<br />
mir schon beim Warmfahren zur ersten Messung<br />
ein Grinsen ins Gesicht. Sauber, ohne Zacken<br />
und Einbrüche jubelte der V4-Motor nun durchs<br />
Drehzahlband und pinselte eine ebensolche Kurve<br />
aufs Leistungsdiagramm (grüne Linie). Womit<br />
ich mich, fürs Erste zumindest, zufriedengebe.<br />
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 10000 11000 12000<br />
80<br />
70<br />
Unbestechlich: Der Prüfstand deckt<br />
Schwächen und Abstimmungsprobleme<br />
des Honda-Umbaus gnadenlos auf<br />
Mit dieser Düsen-Reibahle von POLO<br />
wurden die Durchmesser der vier<br />
Keihin-Seriendüsen vergrößert. Kontrolle<br />
mittels konischer Düsennadel<br />
Die Einzelluftfilter sitzen auf Alu-Ansaugrohren<br />
und ersetzen den großen<br />
und sperrigen Serien-Luftfilter kasten<br />
der Honda VF 1000 F2<br />
Fotos: Werner Koch<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 79
NACHDRUCK<br />
In Heft 9/1981 fühlte<br />
<strong>MOTORRAD</strong> den<br />
ungedrosselten<br />
Versionen der populären<br />
27 PS-Bikes auf<br />
den Zahn und prüfte,<br />
wie viel Entdrosseln<br />
wirklich bringt<br />
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NACHDRUCK<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 83
NACHDRUCK<br />
84 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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NACHDRUCK<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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NACHDRUCK<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Foto: fact<br />
Entdrosselung<br />
aus heutiger Sicht<br />
Redakteur<br />
Gerhard Eirich<br />
möchte ungedrosselt<br />
fahren<br />
Die Entdrosselung des Schnäppchens<br />
per Tausch der Nockenwelle<br />
kann teuer werden.<br />
Die einst so populäre 27-PS-Klasse ist längst Geschichte.<br />
Das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits werden<br />
noch immer die einst beliebten Einsteiger- bzw. günstig<br />
zu versichernden Brot-und-Butter-Maschinen mit der gedrosselten<br />
Leistung angeboten, und zwar zu teils enorm<br />
güns tigen Preisen. Andererseits will heute natürlich jeder<br />
in den Genuss der offenen Leistung, meist um oder knapp<br />
über 40 PS kommen. Hier heißt es: Augen auf und informieren.<br />
Erfolgt die Drosselung über relativ einfach zu<br />
entfernende Blenden in Ansaug- oder Auspufftrakt, über<br />
geänderte Vergaser bzw. deren Bedüsung, oder ist der Einbau anderer Nockenwellen<br />
erforderlich? Dann kann es, auch für den Selbst-Einbauer, teuer werden.<br />
Selbst gebrauchte Nockenwellen werden, wenn überhaupt, zu stolzen Preisen<br />
angeboten, während man die „27-PS-Nockenwellen“ quasi nachgeworfen<br />
bekommt. Besser gleich nach einem ungedrosselten Exemplar suchen.<br />
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UNTER DER LUPE<br />
Die Laverda-<br />
Zwei- und<br />
Dreizylinder<br />
Es sind Motorräder mit Charakter, die großen Laverdas<br />
mit 650, 750, 1000 und 1200 cm 3 Hubraum. Das macht<br />
den Reiz dieser „Männer-Motorräder“ aus Breganze<br />
aus. Lesen Sie hier, worauf beim Kauf zu achten<br />
ist – bevor sie einer Laverda erliegen.<br />
Text: Marcel Schoch; Fotos: Marcel Schoch,<br />
fact (1), Jörg Künstle (1), Motociclismo Italia (1),<br />
Ulrich Schwab (1), Archiv (2)<br />
www.motorrad-classic.de
Laverda zählte von 1950 bis Ende<br />
der 1980er-Jahre zu den renommiertesten<br />
italienischen Motorradherstellern.<br />
Von Francesco Laverda, dem<br />
Enkel des Landmaschinenherstellers Pietro<br />
Laverda im Jahre 1949 in Breganze gegründet,<br />
konzentrierte sich die Motorradproduktion<br />
der Moto Laverda S.p.A in der<br />
Nachkriegszeit zunächst auf einfache und<br />
robuste Viertakter mit 75 und 100 cm³.<br />
Mitte der 1960er-Jahre änderte Laverda<br />
seine Modellpolitik, um den japani schen<br />
Herstellern Paroli bieten zu können. Großvolumige<br />
Motorräder waren jetzt gefragt.<br />
Auf Betreiben von Francescos Söhnen Piero<br />
und Massimo entwickelte Laverda eine<br />
650er-Zweizylindermaschine, die 1968 in<br />
Serie ging. Von der wurden jedoch nur 52<br />
Exemplare gebaut, da der Markt vorrangig<br />
nach der fast zeitgleich gestarteten 750er-<br />
Variante verlangte.<br />
Laverdas neue Motorradgeneration<br />
kenn zeichnete ein luftgekühlter Viertakt-<br />
Zweizylinder-Reihenmotor mit einer obenliegenden<br />
Nockenwelle, die die insgesamt<br />
vier Ventile über Kipphebel betätig te. Eine<br />
Besonderheit war die Fahrwerkskonstruktion.<br />
Statt eines gebräuchlichen Doppelschleifen-Chassis<br />
übernimmt der Laverda-Twin<br />
im unten offenen Rahmen eine<br />
tragende Funktion. Ein sehr fortschrittliches<br />
Konzept, aus dem bis zum Produktionsende<br />
der Zweizylinder im Jahr 1977<br />
Modelle wie die 750 S, 750 GT, 750 GTL,<br />
750 SF, 750 SF1, 750 SF2, 750 SF3 und 750<br />
SFC entstanden.<br />
Anfang 1970 begann Laverda dann<br />
mit der Entwicklung einer großvolumigen<br />
Dreizylindermaschine, weil der weltweit<br />
boomende Markt nach Hubraum-Boliden<br />
verlangte. Bis die erste Dreizylinder-Laverda<br />
in Gestalt der 1000er bei den Händlern<br />
stand, gingen allerdings drei Jahre ins<br />
Land. Für die lange Wartezeit enschädigte<br />
der Motor jedoch mit modernster Technik.<br />
So erfolgte der Ventiltrieb über zwei obenliegende<br />
Nockenwellen und Tassenstößel.<br />
Einzig der Hubzapfenversatz von 180 Grad<br />
– die beiden äußeren Kolben laufen parallel,<br />
der mittlere entgegengesetzt – sorgte<br />
für unzeitgemäße Vibrationen. Die sonst<br />
übliche 120-Grad-Kröpfung nebst der<br />
daraus resultierenden Zündfolge, die für<br />
das charakteristische Dreizylinder-Fauchen<br />
sorgt, führte Laverda erst mit der Jota<br />
und RGS im Jahr 1982 ein. Beim Fahrwerk<br />
ging man bei den Dreizylindern eher konventionelle<br />
Wege mit einem unten geschlossenen<br />
Doppelschleifenrahmen, der<br />
jedoch sehr verwindungssteif geriet. Verbaut<br />
waren eine Gabel und Federbeine<br />
von Ceriani, die mit ihrem schlechten Ansprechverhalten<br />
dem Triple aus Breganze<br />
wenig Fahrkomfort bescherten.<br />
Die ersten 50 Maschinen der 1000er-<br />
Serie wurden noch mit Trommelbremsen,<br />
Unser Experte<br />
Als Willi Werndl<br />
1978 als Jugendlicher<br />
vor einer<br />
Eisdiele in Simbach<br />
erstmals den Sound<br />
einer vorbeifahrenden 750er hörte, wurde er<br />
vom Laverda-Virus gepackt. Dieses Erlebnis<br />
prägte ihn so stark, dass er Anfang der 1980er-Jahre<br />
seine erste eigene Laverda kaufte. Die Maschine war<br />
jedoch in einem so schlechten Zustand , dass sie<br />
neu aufgebaut werden musste. Bis 1984 fuhr Willi<br />
deshalb Motorräder von BMW, Ducati und Honda,<br />
Die Motoren<br />
Willi Werndl<br />
(60 Jahre) aus<br />
Simbach am Inn<br />
liebt und lebt<br />
Laverda<br />
Der 750er ist ein klassischer Paralleltwin<br />
mit obenliegender Nockenwelle<br />
und je zwei Ventilen. Gut zu sehen<br />
das horizontal geteilte Gehäuse und<br />
die per Riemen angetriebene Lima<br />
um mobil zu bleiben. Seiner Laverda hielt er trotz dem<br />
die Treue. Mehr noch: 1983 legte er die Kfz-Mechaniker-Meisterprüfung<br />
ab, um 1984 eine eigene<br />
Laverda-Werkstatt zu gründen. Kurz darauf<br />
unterschrieb er den ersten Vertrag als Laverda-<br />
Händler des damaligen Importeurs Moto Witt. Es<br />
folgten unzählige Besuche in Köln und Breganze. Bis<br />
1989 lief sein Geschäft prächtig. Mit der Pleite von<br />
Laverda kam jedoch der Einbruch. Obwohl es keinen<br />
Importeur mehr gab, kümmerte sich Willi weiter um<br />
Ersatzteile, Service und Reparaturen. 1993 schien die<br />
Durst strecke vorbei, weil Laverda wieder produzierte,<br />
diesmal in oberitalienischen Zanè. Erneut<br />
wurde er Vertragshändler, diesmal bei verschiedenen<br />
Importeuren. Im Jahre 2000 hieß es dann endgültig<br />
„Moto Laverda in Liquidatione“. Seitdem hält Willi<br />
im beschaulichen Kirchdorf am Inn mit großem<br />
Engagement die Laverda-Fahne hoch – sehr zur<br />
Freude vieler Laverda-Eigner.<br />
Dreizylinder<br />
mit 1000 und<br />
1200 cm³.<br />
Einst eine<br />
moderne<br />
Konstruktion<br />
mit zwei obenliegenden<br />
Nockenwellen,<br />
die die<br />
jeweils zwei Ventile<br />
über Tassenstößel<br />
betätigen.<br />
Hubzapfenversatz<br />
zuerst 180 Grad,<br />
dann 120 Grad<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 91
UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Eine Modellauswahl der Zwei- und Dreizylinder<br />
Laverda 750 GTL: kam Ende 1974 mit 52<br />
PS als touristisch angehauchter Nachfolger<br />
der GT. War bis 1976 im Angebot<br />
Laverda 1000 3C: gebaut von 1973 bis<br />
1976, zunächst mit Trommelbremsen, ab<br />
Modell 1974 mit Scheibenbremsen vorn<br />
Laverda Jota 1000: zeitloser Klassiker, ab<br />
1976 im Programm, ab Modelljahr 1982<br />
Wechsel auf die 120-Grad-Kurbelwelle<br />
Nachrüstung mit Ölfilter<br />
Laverda 750 SF: SF steht für Super Freni.<br />
Gute Bremsen hatten die Twins wirklich,<br />
egal, ob mit Trommeln oder Scheiben<br />
Laverda RGS 1000: ab 1982 tourensportliches<br />
Top-Modell mit 83 PS und<br />
Tankklappe vorne in der Verkleidung<br />
Laverda 1200 TS: mit größerer Bohrung<br />
mehr Dampf von unten bei 86 PS wie<br />
bei den 1000ern. Im Bild: Modell 1980<br />
Die Nachrüstung eines Feinstölfilters<br />
erhöht die Lebensdauer der Motoren<br />
erheblich. Sie ist aber nur bei Modellen<br />
mit serienmäßigem Ölkühler möglich, weil<br />
hier bereits die Anschlüsse vorhanden sind<br />
Fotos: Brian Chittock, fact (2), Jörg Künstle, Ulrich Schwab, Archiv<br />
Drei-in-eins-Auspuff und einem Kunststofftank<br />
ausgeliefert. Ab Mitte 1973<br />
spendierte man der 1000er einen Stahlblechtank,<br />
die Auspuffanlage mit zwei<br />
Schalldämpfern und eine Brembo-Doppelscheibe<br />
vorn, hinten blieb es zunächst<br />
bei der erstaunlich wirksamen Trommel.<br />
Zum Modelljahr 1975 wurde die Laverda<br />
1000 3C vorgestellt, die nominell 80<br />
PS bei 7250/min leistete (Laverda 1000: 78<br />
PS). Ende 1976 kam die 1000 3CL, die als<br />
wichtigste Änderungen Alu-Gussräder,<br />
eine Bremsscheibe hinten (Ø 280 mm) und<br />
einen Heckbürzel aufwies. Von 1976 bis<br />
1981 war die 1000er auch mit dem Beinamen<br />
Jota (spanischer Tanz im ¾-Takt) im<br />
Angebot, ab 1980 mit Halbschale und gelochten<br />
Bremsscheiben. Parallel hierzu<br />
wurde 1978 erstmals auch der Hubraum<br />
auf 1200 cm³ aufgestockt. Im Jahr 1981<br />
kam die als Sporttourer gedachte 1200 TS<br />
dazu, mit schräger gestellten Federbeinen.<br />
Im Endeffekt handelte es sich sowohl bei<br />
der Jota als auch bei der 1200 TS lediglich<br />
um Varianten der jeweiligen Basismodelle<br />
mit geänderter Ausstattung (Verkleidung,<br />
Armaturen, Seitenteile, leicht erhöhte Leistung<br />
u.a.). Die 120-Grad-Kurbelwelle hielt<br />
erst 1982 Einzug ins Modellprogramm.<br />
Der Motor leistete in der RGS 1000 nun 83<br />
PS. Ebenfalls modifiziert wurde der Rahmen,<br />
mit elastischer Motoraufhängung<br />
und neuer Schwinge, die den Radstand auf<br />
1520 Millimeter streckte. Die letzte „echte“<br />
Laverda aus Breganze war dann 1985 die<br />
1000 SFC mit Alu-Kastenschwinge, MR-<br />
1-Gabel, schwimmend gelagerten Bremsscheiben<br />
vorn, Brembo-Zangen der Oro-<br />
Serie und mehr Power.<br />
Zwischen 1977 und 1984 hatte man in<br />
Breganze neben den 750er-Zweizylindern<br />
und den 1000er- und 1200er-Dreizylindern<br />
auch eine weitere Zweizylinder-<br />
Modellreihe mit 350 und 500 cm³ gebaut.<br />
Diese modernen und leichtgewichtigen<br />
dohc-Vierventil-Maschinen fanden allerdings<br />
nicht den erhofften Zuspruch. Als<br />
600er trieb der Zweizylinder ab 1986 die<br />
Enduro Atlas 600 an, die aber ebenfalls<br />
floppte. Im Februar 1989 musste Laverda<br />
einen außergerichtlichen Vergleich beantragen,<br />
in dessen Folge das Unternehmen<br />
am 31. März verkauft wurde. Einige Jahre<br />
später gab es ein kurzes Revival für Laverda.<br />
Doch das ist eine andere Geschichte...<br />
Motorräder mit Charakter<br />
„Motorräder von Laverda haben ihren<br />
eigenen Charakter. Das sollte man vor<br />
dem Kauf wissen. Entweder man lässt sich<br />
darauf ein – oder lässt es sein“, rät Willi<br />
Werndl, Kfz-Mechaniker-Meister und Experte<br />
für Laverda aus Kirchdorf am Inn.<br />
Schon am hohen Gewicht einer Laverda<br />
scheiden sich oft die Geister, egal ob 750er-<br />
Zweizylinder oder eines der Dreizylinder-<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Modelle. „Das sind keine leichtfüßigen<br />
Italo-Grazien“, so Willi. „Im Gegenteil,<br />
eine Laverda ist im Grunde genommen ein<br />
richtiges Männer-Motorrad. Das zeigt sie<br />
schon, wenn man sie auf den Hauptständer<br />
hieven will.“ Nicht zuletzt wegen<br />
des hohen Schwerpunkts. Gewöhnungsbedürftig<br />
ist ebenso die Sitzposition. „Trotz<br />
der sehr sportlichen Haltung sitzt man<br />
ziemlich hoch. Kurzbeinige laufen daher<br />
ständig Gefahr, mit der Maschine umzufallen“,<br />
erzählt Willi. Sogar kräftige Hünen<br />
haben mitunter Schwierigkeiten mit dem<br />
störrischen Handling, der schwergängigen<br />
Kupplung und der Rechtsschaltung samt<br />
umgekehrtem Schaltschema, mit der viele<br />
Modelle ab Werk ausgeliefert wurden.<br />
„Diese Eigenheiten führen gerade bei<br />
Laverda-Neulingen immer wieder zum<br />
Verschalten“, weiß Willi.<br />
Das Starten ist hingegen einfach. Bei<br />
den 750ern befindet sich der Chokehebel<br />
am Lenker, bei den Dreizylindern links<br />
unterm Tank. Er muss nur bei kaltem<br />
Motor gezogen werden. Bei einem sauber<br />
eingestellten Motor und geladener Batterie<br />
genügt normalerweise ein kurzer<br />
Druck auf den Starterknopf, und der Motor<br />
läuft. Er will aber zunächst bei Laune<br />
gehalten werden, damit er nicht abstirbt.<br />
Mit zunehmender Erwärmung sollte er<br />
jedoch stabil im Standgas laufen. Typisch<br />
für die 180-Grad-Dreizylinder und die<br />
Zweizylinder-Modelle sind die heftigen<br />
Vibrationen bei niedrigen Drehzahlen,<br />
gut zu beobachten insbesondere an den<br />
schwingenden Lenkerenden und den<br />
Spiegeln. „Dieses Phänomen verschwindet<br />
aber, sobald Gas gegeben wird“, sagt<br />
Willi. Gewöhnungsbedürftig ist weiterhin<br />
die Geräuschkulisse des Motors. Vor allem<br />
bei Standgas können die mechanischen<br />
Geräusche Laverda-Novizen verunsichern.<br />
Sie sind den hohen Fertigungstoleranzen<br />
und der Konstruktion an sich geschuldet,<br />
haben aber keinen Einfluss auf die Haltbarkeit<br />
des Motors.<br />
Unabhängig vom Hubraum offenbart<br />
eine Laverda auch beim Fahren so manche<br />
Eigenheit. Dank des langen Radstands<br />
ist der Geradeauslauf tadellos. Dafür ist<br />
auf winkeligen Strecken Schwerstarbeit<br />
angesagt. „Eine Laverda will in die Kurve<br />
gezwungen werden“, so Willi. „Einmal in<br />
Schräglage, fährt sie jedoch wie auf Schienen<br />
durch die Radien.“ Lob verdienen<br />
ebenso die für ein Motorrad aus den 70er-<br />
Jahren erstaunlich gut zupackenden<br />
Bremsen, egal ob Scheiben- oder Trommelbremsen<br />
verbaut sind.<br />
Bei guter Pflege standfest<br />
Entscheidendes Kriterium beim Kauf einer<br />
Laverda ist jedoch der Zustand des<br />
Motors. „Die soliden Zwei- und Dreizylinder<br />
halten durchaus 100 000 Kilometer<br />
Kolben und Zylinder<br />
Die Kolben aller Laverda-<br />
Modelle machen selten<br />
Probleme. Bei Verschleiß<br />
sind sie als Ersatzteil<br />
problemlos erhältlich<br />
Zylinderkopf<br />
Frühe Dreizylinder-Zylinderköpfe ohne<br />
Stahlkalotte neigen verstärkt zu Rissen<br />
im Bereich des Zündkerzengewindes<br />
Die Laufbuchsen der<br />
Zweizylinder können als<br />
Folge thermischer Probleme<br />
im Bereich des Brennraums<br />
reißen. Der aufwendige<br />
Tausch ist Sache eines Profis<br />
Die Zylinderköpfe der<br />
Zweizylinder sind standfest,<br />
solange sie nicht in die<br />
Hände unqualifizierter<br />
Bastler fallen<br />
Im Rahmen der Modellpflege hat Laverda<br />
bei späteren Dreizylindern den Köpfen<br />
eine Stahlkalotte im Brennraum spendiert<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 93
UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Kurbeltrieb<br />
Ventiltrieb<br />
Die Laverda-Kurbelwellen sind Langläufer.<br />
Gut so – denn ein Austausch schlägt mit<br />
bis zu 1400 Euro zu Buche<br />
Nockenwellen und die<br />
Kipphebel der Zweizylindermotoren<br />
reagieren mit<br />
erhöhtem Verschleiß<br />
auf überaltetes Motoröl<br />
Deutlich vernehmbare Klopfgeräusche im Standgas können bei den Dreizylindermotoren<br />
ein Indiz für verschlissene Lagerböcke der Nockenwellen sein<br />
und mehr, bevor eine Motorrevision fällig<br />
wird“, erklärt Willi. „Aber nur, wenn der<br />
Ölstand regelmäßig kontrolliert und der<br />
mineralische Schmierstoff, Typ 20W50,<br />
alle 6000 Kilometer gewechselt wird. Die<br />
Motoren besitzen nämlich keinen Ölfilter,<br />
sondern lediglich ein feinmaschiges Metallsieb.“<br />
Bei beiden Motorentypen sollte<br />
daher die Nachrüstung eines Feinstölfilters<br />
in Betracht gezogen werden. Hierfür<br />
muss ab Werk jedoch ein Ölkühler vorhanden<br />
sein. Für so eine Filteraufrüstung<br />
benötigt Willi gut fünf Stunden, hinzu<br />
kommen Teilekosten, die je nach Ausführung<br />
des Filters variieren können.<br />
Dreizylinder: alles Kopfsache<br />
Keine konstruktiven Schwächen sind von<br />
den Kolben der Zwei- und Dreizylinder-<br />
Laverdas bekannt, sie arbeiten normalerweise<br />
zuverlässig. Steht aufgrund von<br />
Verschleiß ein Tausch an, sind pro Kolben<br />
– je nach Ausführung – rund 270 Euro<br />
fällig. Bei ausgebautem Motor dauert der<br />
Tausch zirka drei bis vier Stunden. Bei den<br />
Zweizylindern können jedoch die Zylinderlaufbuchsen<br />
gelegentlich Ärger bereiten.<br />
Bei Überhitzung kann es in Richtung<br />
des Verbrennungsraums zu Rissen kommen.<br />
Der Tausch einer beschädigten Laufbuchse<br />
erleichtert das Portemonnaie um<br />
rund 200 Euro pro Zylinder. Diese Arbeit<br />
dauert gut sechs Stunden und ist eine<br />
Angelegenheit für Spezialisten.<br />
Dafür sind die Zylinderköpfe der Zweizylinder<br />
weitgehend unproblematisch.<br />
Trotzdem empfiehlt sich eine genauere<br />
Inspektion. „Durch unsachgemäße Bastelaktionen<br />
von Vorbesitzern kann es schon<br />
vorkommen, dass der Kopf geschrottet<br />
wurde“, berichtet Willi aus seiner Erfahrung.<br />
„Gute gebrauchte Zylinderköpfe<br />
oder auch neue sind jedoch noch zu<br />
finden.“<br />
Wesentlich kritischer ist die Situation<br />
bei den Zylinderköpfen ohne die sogenannte<br />
Stahlkalotte der Dreizylindermotoren<br />
mit 180-Grad-Kurbelwelle. Durch<br />
thermische Belastung kommt es hier häufiger<br />
zu Rissen, insbesondere im Bereich<br />
der Zündkerzengewinde. Dies führt einerseits<br />
zu Öl- und Kompressionsverlust, andererseits<br />
können sich sogar die Sitzringe<br />
der Ventile lösen, mit entsprechenden Folgen<br />
für den Motor. „Gerissene Dreizylinder-Köpfe<br />
lassen sich nur sehr schlecht<br />
oder gar nicht mehr reparieren“, weiß<br />
Willi. „Sie müssen meist getauscht werden.“<br />
Doch die Ersatzteilbeschaffung gestaltet<br />
sich äußerst schwierig. Selbst als Gebrauchtteil<br />
kosten Zylinderköpfe für Triples<br />
im günstigsten Fall mindestens 600<br />
Euro. Laverda hatte die Rissproblematik<br />
schon damals erkannt und in spätere Dreizylindermotoren<br />
Köpfe mit einer Stahlkalotte<br />
verbaut. Diese sind thermisch völlig<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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unauffällig. Steht dennoch ein Austausch<br />
an, ist auch hier die Ersatzteilbeschaffung<br />
extrem schwierig. „Eine regelmäßige Kontrolle<br />
der Zylinderköpfe ist bei den Dreizylindern<br />
daher enorm wichtig“, sagt Willi.<br />
„Bei notwendigen Reparaturen empfehle<br />
ich, dabei stets die Ventilsitze auf solche<br />
für bleifreien Sprit umzurüsten, um ein<br />
Durchbrennen zu vermeiden.“<br />
Als robust erweist sich hingegen der<br />
Kurbeltrieb bei den Zwei- und Dreizylindern.<br />
Muss eine Kurbelwelle mitsamt<br />
Pleueln und Rollenlagern überholt werden,<br />
wird das Konto des Laverda-Treibers<br />
mit 1200 bis 1400 Euro belastet, je nach<br />
Zustand der Welle. Dazu addiert sich der<br />
Lohn für rund acht Stunden Arbeit für den<br />
Aus- und Einbau der Kurbelwelle.<br />
Schwächelnder Ventiltrieb<br />
Kommen wir zum Ventiltrieb. Der schwächelt<br />
mitunter bei den Zweizylindern.<br />
„Hier finde ich oft eingelaufene Nockenwellen<br />
und/oder Kipphebel“, warnt Willi.<br />
„Ursache ist verbrauchtes, dünnflüssiges<br />
Öl, das den Öldruck sinken lässt.“ Die Folge:<br />
abgeschliffene Nocken und Kipphebel<br />
mit eingelaufenen Druckflächen. Typische<br />
Symptome bei Motoren mit diesem Schaden<br />
sind ein sehr unruhiges Standgas und<br />
eine unwillige Gasannahme sowie – drehzahlabhängig<br />
– deutlich vernehmbare Geräusche<br />
aus dem Zylinderkopf. Ein teurer<br />
Schaden: Nockenwellen kosten pro Stück<br />
rund 300 Euro, ein Kipphebel gut 150<br />
Euro. Hinzu kommen Lohnkosten für mindestens<br />
acht Stunden Arbeit. Dem kann<br />
man übrigens mit dem Einbau der Ölpumpe<br />
der 750 SFC relativ günstig vorbeugen.<br />
Dank größerer Förderleistung baut diese<br />
mehr Öldruck auf. Die Powerpumpe kostet<br />
gerade mal 150 Euro, den Einbau erledigt<br />
der Profi in gut drei Stunden.<br />
Auch der Ventiltrieb der Dreizylindermotoren<br />
ist nicht unproblematisch. Hier<br />
sind es vor allem die Lagerböcke der<br />
Nockenwellen, die häufig einlaufen. Bemerkbar<br />
macht sich dieser Schaden im<br />
Standgas durch laute Klopfgeräusche aus<br />
dem Zylinderkopf. Für die Reparatur, die<br />
rund fünf Stunden dauert, müssen die Nockenwellen<br />
ausgebaut werden. Die Lagerböcke<br />
sind mit 70 Euro pro Stück noch<br />
verhältnismäßig erschwinglich.<br />
Kritisch: Kette ohne Spannung<br />
Beim Stichwort Steuerkette sind es erneut<br />
die Zweizylinder, die nach Willis Erfahrungen<br />
mehr Aufmerksamkeit erfordern.<br />
Denn hier besteht die Spannrolle der Duplexkette<br />
aller Modelle und Baujahre aus<br />
Kunststoff, der sich schnell abreibt und<br />
mit zunehmenden Alter zum Zerbröseln<br />
neigt. „Hört man schlagende Geräusche<br />
aus dem Motor, sollte so ein Schaden rasch<br />
behoben werden, sonst kann es zum Über-<br />
Umbau auf eine leistungsfähigere Ölpumpe<br />
Die empfehlenswerte Umrüstung auf die<br />
Ölpumpe der SFC-Typen erhöht die Lebensdauer<br />
der Zweizylindermotoren erheblich<br />
Steuertrieb<br />
Dem Steuertrieb der Zweizylindermotoren<br />
macht die verschleißfreudige<br />
Spannrolle der Steuerkette zu schaffen<br />
Die Duplex-Steuerkette der Zweizylinder<br />
unterliegt normalem Verschleiß. Trotzdem<br />
sollte sie regelmäßig kontrolliert werden<br />
Der Einbau einer SFC-Ölpumpe ist nicht<br />
sehr aufwendig. Ein erfahrener Schrauber<br />
benötigt hierfür etwa drei Stunden<br />
Solch heftige Schleifspuren im Kettenschacht<br />
der Zweizylindermotoren sind<br />
die Folge einer schlagenden Steuerkette<br />
In den Dreizylindern treibt eine einfache<br />
Industriekette die Nockenwellen an, die<br />
alle 20 000 Kilometer zu wechseln ist<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 95
UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Primärtrieb<br />
Bei zu straffer Einstellung verschleißt<br />
die Gleitschiene des Primärtriebs in den<br />
Zwei- und Dreizylindern extrem schnell<br />
Zu straff eingestellte<br />
Gleitschienen führen<br />
auch zu Brüchen in der<br />
Gummibeschichtung<br />
Bei den Dreizylindermotoren<br />
kann es vorkommen,<br />
dass das Kurbelwellenritzel<br />
des Primärtriebs in<br />
seiner Aufnahme-Verzahnung<br />
Spiel bekommt.<br />
Vorsicht beim Ersatzteilkauf:<br />
Die 120-Grad-Dreizylinder<br />
waren mit zwei einfachen<br />
Primärketten ausgerüstet!<br />
Gemischaufbereitung<br />
Die nach Deutschland ausgelieferten<br />
Laverda-Modelle waren einst mit<br />
einem Luftfilterkasten ausgerüstet<br />
Zur Einstellung der Gleitschiene beim Zweizylinder<br />
den linken Motordeckel demontieren.<br />
Etwa ein Finger breit Spiel ist okay<br />
Gleitschienen sind problemlos<br />
als Neuteile erhältlich.<br />
Bei Schleifspuren sind sie<br />
sofort zu wechseln. Willi<br />
empfiehlt grundsätzlich eine<br />
Umrüstung von den früher<br />
verbauten Gleitrollen (links)<br />
auf Gleitschienen. Damit<br />
läuft der Primärtrieb ruhiger<br />
Der Umbau auf Trichter mobilisiert zwar<br />
das eine oder andere PS, führt aber zu<br />
erhöhtemVerschleiß in den Vergasern<br />
springen der Steuerkette kommen“, mahnt<br />
Willi. Beim Austausch des Spanners (inklusive<br />
Dämpfergummi) sollte auch die<br />
Umlenkrolle erneuert werden. Macht an<br />
Teilekosten etwa 130 Euro. Plus Lohnkosten<br />
für rund acht Stunden Arbeit! Bei<br />
sehr stark abgenutzten Rollen empfiehlt<br />
sich zudem eine Motorreinigung, weil<br />
abgelöste Kunststoffteile die Ölkanäle<br />
verstopfen können.<br />
Ohne regelmäßige Kontrolle der Steuerkette<br />
geht es auch bei den Dreizylindermotoren<br />
nicht. „Die haben jedoch eine<br />
robuste Industriekette verbaut, die tadellos<br />
funktioniert. Dennoch rate ich sicherheitshalber<br />
zum routinemäßigen Austausch<br />
alle 20 000 Kilometer, wobei auch<br />
die Steuerketten-Spannschiene zu überprüfen<br />
ist“, so Willi.<br />
Zu viel Spiel im Primärtrieb<br />
Zu den sensiblen Bereichen der Laverda-<br />
Triebwerke zählt weiterhin der Primärtrieb.<br />
Bei den frühen Zweizylinder- und<br />
Dreizylindermotoren war hier noch eine<br />
Anpressrolle verbaut, die gelegentlich<br />
Prob leme bereiten kann. Ein Wechsel auf<br />
die später verbaute Gleitschiene ist kein<br />
Hexenwerk, Profis schaffen das in rund<br />
drei Stunden. Hinzu kommen etwa 90<br />
Euro für das Austauschteil. „Darauf achten,<br />
dass die Gleitschiene nicht zu straff<br />
eingestellt wird, sonst verschleißt sie<br />
übermäßig schnell“, warnt Willi. „Ein<br />
Finger breit Spiel auf der Primärkette ist<br />
völlig ausreichend.“<br />
Bei den Dreizylindermotoren kommt<br />
es gelegentlich vor, dass das Kurbelwellenritzel<br />
des Primärtriebes in seiner Aufnahme-Verzahnung<br />
Spiel bekommt. „Das<br />
ist dem hohem Drehmoment der Motoren<br />
geschuldet“, erklärt Willi. Liegt dieser<br />
Schaden vor, hört man beim Fahren bei jedem<br />
Lastwechsel ein deutliches „Klack“<br />
aus dem Kurbelgehäuse. Eine Reparatur<br />
ist möglich, aber sehr aufwendig, da hierzu<br />
die Kurbelwelle ausgebaut und überarbeitet<br />
werden muss. Die Primärkette der<br />
Dreizylinder gilt als recht robust, sollte<br />
aber vorsichtshalber alle 16 000 Kilometer<br />
gewechselt werden. Dabei ist auf das<br />
richtige Ersatzteil zu achten, denn bei den<br />
180-Grad-Motoren kommen Triplex ketten<br />
zum Einsatz, bei den 120-Grad-Motoren<br />
sind es dagegen zwei Einzelketten.<br />
Vorsicht bei Schluckauf<br />
Eine genauere Kontrolle lohnt weiterhin<br />
bei der Gemischaufbereitung. Insbesondere<br />
bei frühen Zweizylindermodellen können<br />
die serienmäßigen VHB 30-Vergaser<br />
von Dellorto für Kummer sorgen. Die<br />
saugten ihre Frischluft in Deutschland<br />
zwar aus einem Luftfilterkasten, der aber<br />
häufig offenen Trichtern weichen musste,<br />
da sich hierdurch bei sorgfältiger Abstim<br />
96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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mung noch ein oder zwei Extra-PS mobilisieren<br />
ließen. Die ungefilterte Luft verursacht<br />
indes erhöhten Verschleiß an den<br />
beiden Flachschiebern, die daher auf Spiel<br />
und Dichtheit geprüft werden sollten.<br />
Zum Prüfen den Trichter entfernen und<br />
den Schieber im Vergaser bewegen. Besser<br />
ist jedoch der Ausbau. Weist ein Schieber<br />
übermäßig viele Riefen auf und hat<br />
Luft in der Führung, muss der gesamte<br />
Vergaser getauscht werden. Doch der Typ<br />
VHB 30 ist von Dellorto nicht mehr lieferbar,<br />
es gibt nur noch Dichtungssätze. „Gut<br />
erhaltene VHB 30 sollte man deshalb pflegen,<br />
damit sie möglichst lang halten“, rät<br />
Willi. Die Umrüstung auf andere Vergaser<br />
ist natürlich möglich. Das bedeutet jedoch<br />
einen gewissen Aufwand. Und – was für<br />
viele schwerer wiegt – den Verlust der<br />
Originalität. Dennoch: „Verschlissene Vergaser<br />
nicht auf die leichte Schulter nehmen“,<br />
mahnt Willi. „Dadurch kann es<br />
aufgrund von Gemischabmagerung zu<br />
Kolbenschäden kommen, nicht nur bei<br />
den Zweizylindern.“<br />
Kupplungskorb: teures Teil<br />
Bei den Ölbadkupplungen der Zwei- und<br />
Dreizylinder hat Willi die Ruckdämpfer<br />
als Schwachstelle ausgemacht. Mit den<br />
Jahren härten diese aus oder reißen sogar.<br />
Das macht sich zunächst durch ein hartes<br />
„Klack“ beim Einlegen des ersten Gangs<br />
bemerkbar. „Durch die größere Belastung<br />
schlägt dann irgendwann die Verzahnung<br />
des Kupplungskorbes aus. Die Folge ist ein<br />
Rupfen der Kupplung beim Einrücken.“<br />
Der Wechsel des Korbes dauert rund zwei<br />
Stunden. Das Teil kostet jedoch satte 500<br />
Euro. „Der hohe Preis eines Kupplungskorbes<br />
liegt am immer knapper werdenden<br />
Angebot“, erklärt Willi. „So ‚günstig‘<br />
wie heute werden sie nie mehr sein.“<br />
Regelmäßige Ölwechsel vorausgesetzt,<br />
arbeiten die Getriebe der Zwei- und Dreizylinder-Laverda<br />
unauffällig und zuverlässig.<br />
„Entscheidend hierfür ist der regelmäßige<br />
Wechsel des Motoröls, das ja auch<br />
das Getriebe schmiert. Das sollte mindestens<br />
einmal im Jahr geschehen“, so Willi.<br />
Eine echte Krankheit hingegen ist bei beiden<br />
Motortypen die Ritzelverzahnung des<br />
Sekundärantriebs. Wenn diese ausschlägt,<br />
bekommt das Ritzel, das auf der Ausgangswelle<br />
des Zahnrads vom fünften<br />
Gang sitzt, Spiel. „Das kann passieren,<br />
wenn Ritzel beim Kettentausch nicht erneuert<br />
werden oder mit defekten Ruckdämpfern<br />
im Kettenradträger gefahren<br />
wird“, nennt Willi die Ursachen fürs Ausschlagen<br />
der Verzahnung. Die Reparatur<br />
ist in so einem Fall sehr aufwendig, weil<br />
hierzu der gesamte Motor zerlegt werden<br />
muss, um das Zahnrad des fünften Gangs<br />
mit der Ausgangswelle zu wechseln. Je<br />
nachdem, ob es sich um einen Zwei- oder<br />
Kraftübertragung<br />
Der Wechsel der Mitnehmergummis<br />
ist bei<br />
vernieteten Kupplungskörben<br />
eine Sache für<br />
den Spezialisten<br />
Kettenritzel-Verzahnung<br />
Hinter dieser Abdeckung verbirgt sich<br />
das Kettenritzel. Beim Kauf wegbauen<br />
und das Ritzel auf Spiel kontrollieren<br />
Das originale Sicherungsblech schützt vor<br />
einer ausgeschlagenen Ritzelverzahnung.<br />
Darauf achten, ob es vorhanden ist<br />
Spätere Ruckdämpfer<br />
waren ab Werk verschraubt.<br />
Hier ist der<br />
Wechsel der Ruckdämpfer<br />
kein Problem<br />
Bei verschlissenen Ruckdämpfern der<br />
Kupplung schlagen als Folgeschaden<br />
Kupplungskorb und -mitnehmer aus<br />
Die Ruckdämpfergummis<br />
sind günstig zu haben.<br />
Kostentreiber beim Austausch<br />
ist vor allem die<br />
Arbeitszeit des Mechanikers<br />
Bei einer ausgeschlagenen Verzahnung<br />
des Kettenritzels ist mit Reparaturkosten<br />
von mehr als 1000 Euro zu kalkulieren<br />
Der Verschleiß dieser Ritzelverzahnung ist<br />
noch tolerierbar. Bei einem bereits zerlegten<br />
Motor das Teil jedoch erneuern!<br />
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UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Fahrwerk<br />
Die Ceriani-Gabeln federn<br />
und dämpfen zuverlässig,<br />
sofern das Gabelöl von den<br />
Vorbesitzern regelmäßig<br />
gewechselt wurde<br />
Am Lenkkopf sind hochwertige Lager<br />
verbaut. Bei einer Besichtigung sollte<br />
man hier auf ausreichend Fett achten<br />
Auspuffanlage<br />
Über einen Schmiernippel<br />
an der Schwinge (Pfeil)<br />
lassen sich die Bronzebuchsen<br />
der Schwingenlagerung<br />
einfach fetten<br />
Originale Ceriani-Stoßdämpfer<br />
finden sich heutzutage<br />
nur noch selten an einer<br />
Laverda. Sie wurden oft<br />
gegen Federbeine von Koni<br />
oder später Ikon getauscht<br />
Eine Umrüstung der Schwingenlagerung<br />
auf Nadellager<br />
bringt nichts. Die originalen<br />
Bronzebuchsen sind bei<br />
guter Pflege sogar haltbarer<br />
Rahmen der 1000er-Modelle mit 180-<br />
Grad-Kurbelwelle können am Anschluss<br />
der Brustrohre zum Lenkkopf brechen<br />
Originale Laverda-<br />
Schalldämpfer erkennt<br />
man leicht an der<br />
ein geschlagenen<br />
Teile nummer<br />
Dreizylinder handelt, sind für diese Reparatur<br />
mindestens zehn Stunden nötig –<br />
bei bereits ausgebautem Motor! Dagegen<br />
kann man die Kosten von 300 Euro für das<br />
Zahnrad mit Ausgangswelle fast noch als<br />
moderat bezeichnen.<br />
Chassis-Ärger: alles im Rahmen<br />
Wesentlich entspannter ist die Situation<br />
bei den Fahrwerks-Komponenten. So arbeiten<br />
sowohl die 35er-Ceriani-Gabeln<br />
der 750er-Zweizylinder (Ø 38 mm ab 1973)<br />
als auch jene mit 38er-Standrohren der<br />
Dreizylinder-1000er zuverlässig (spätere<br />
120-Grad-Modelle mit Marzocchi-Gabeln).<br />
Einzig auf Spiel zwischen Stand- und<br />
Tauchrohren ist zu achten. „Spürbares<br />
Spiel bei gleichzeitigem Ölaustritt deutet<br />
auf eine veschlissene Gabel hin. Meist<br />
haben der oder die Vorbesitzer am Gabelölwechsel<br />
gespart“, nennt Willi die Ursachen.<br />
Ersatzteile sind noch erhältlich,<br />
wenngleich Tauchrohre allmählich rarer<br />
werden, wie der Preis von 300 Euro pro<br />
Stück zeigt. Ein Standrohr kostet ungefähr<br />
die Hälfte. „Auch das Lenkkopflager hält<br />
ewig, wenn das untere Kugel- und das<br />
obere Rollenlager regelmäßig mit frischem<br />
Fett versorgt werden.“ Ersatz ist<br />
problemlos verfügbar, da es sich in beiden<br />
Fällen um Standard-Lager handelt.<br />
Fehlende Zuwendung lässt überdies<br />
die Schwingenlagerung mittels Bronzebuchsen<br />
vorzeitig altern. Diese wollen<br />
regelmäßig geschmiert werden, soll die<br />
Schwinge nicht wie ein Kuhschwanz<br />
wackeln. Der Check des Schwingenspiels<br />
ist daher ein Muss beim Kauf einer Laverda.<br />
Defekte Buchsen lassen sich zwar<br />
auch durch Nadellager ersetzen. Bei regelmäßiger<br />
Pflege halten die originalen Bronzebuchsen<br />
aber deutlich länger.<br />
Die hinteren Stoßdämpfer stammten<br />
ebenfalls von Ceriani. Doch damit fährt<br />
heute kaum noch eine Laverda herum.<br />
Meist wurden die zu straffen Federbeine<br />
durch besser funktionierende von Koni<br />
(heute: Ikon) ersetzt. Etwas genauer sollten<br />
Kaufinteressenten den Rahmen untersuchen.<br />
Während das Fahrgestell der 750er<br />
unauffällig ist, kann es bei den 1000ern<br />
mit 180-Grad-Kurbelwelle im Bereich des<br />
Anschlusses der Brustrohre am Lenkkopf<br />
zu Brüchen kommen. „Noch sind Rahmen<br />
lieferbar“, sagt Willi. „Für die 750er kostet<br />
er rund 450 Euro.“ Eine ähnliche Summe<br />
verschlingt ein 1000erChassis. Allerdings<br />
kommt der Austausch einem Neuaufbau<br />
des Motorrads gleich – mit den entsprechenden<br />
Lohnkosten.<br />
Bissig und bassig<br />
Konstruktive Schwächen kennen Laverda-<br />
Bremsen nicht, egal, ob sie mit Trommeloder<br />
Scheibenbremsen ausgerüstet sind.<br />
Bei regelmäßiger Wartung verzögern sie<br />
98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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zuverlässig und – selbst unter heutigen Gesichtspunkten<br />
– ausreichend kräftig. Achten<br />
sollten Kaufinteressenten jedoch auf<br />
die Hand- und Fußbremszylinder bei Modellen<br />
mit Scheibenbremsen, weil Brembo<br />
keine Originalteile mehr liefern kann.<br />
Dafür sind nur noch Dichtsätze zu bekommen.<br />
Für einen knackigeren Druckpunkt<br />
empfiehlt Willi Stahlflex-Leitungen: „Hierdurch<br />
lässt sich die Bremsleistung nochmals<br />
spürbar steigern.“<br />
Schalldämpfer, Krümmer und deren<br />
Befestigung sind bei beiden Laverda-Baureihen<br />
völlig problemlos. „Dafür gibt es<br />
sogar alle Teile noch zu kaufen“, freut sich<br />
Willi. „Einzig auf die eingestanzte Bezeichnung<br />
auf den Schalldämpfern sollte<br />
man achten, denn die Töpfe sind nur original,<br />
wenn ‚DGM‘ eingeprägt ist.“<br />
Elektrik: wenn die Lima lahmt<br />
Im Gegensatz zu so manchem italienischen<br />
Konkurrenzprodukt funktioniert<br />
die Elektrik einer Laverda im Allgemeinen<br />
zuverlässig. Dennoch hat Willi zwei<br />
Schwachpunkte ausgemacht. Schwächelt<br />
die Lichtmaschine einer Zweizylinder-Laverda,<br />
kommen drei Ursachen in Betracht.<br />
So können die Wicklungen durchgebrannt<br />
sein, die Kohlen verschlissen oder nur der<br />
Keilriemen der Lima zu locker sein. „Die<br />
Bosch-Lima der 750er lässt sich problemlos<br />
überholen“, gibt Willi Entwarnung. „Je<br />
nach Aufwand fallen dafür 100 bis 300<br />
Euro an.“ Oft fehlt es jedoch nur an der<br />
korrekten Spannung des Keilriemens. Er<br />
wird direkt von der Kurbelwelle angetrieben<br />
und überträgt die Kraft auf die stirnseitig<br />
am Motor montierte Lima. Ist er zu<br />
locker, rutscht er unmerklich durch. „Zur<br />
Kontrolle des Riemens bei der Besichtigung<br />
muss nur der rechte Motordeckel<br />
abgeschraubt werden. Er ist mit vier<br />
Sechskantschrauben der Größe M6 x 30<br />
befestigt. Glasige Flanken des Riemens<br />
deuten auf ein Durchrutschen. In diesem<br />
Fall ist ein Austausch nötig. Der Riemen ist<br />
Standardware, er kostet im gut sortierten<br />
Kfz-Handel nur wenige Euro. Der Wechsel<br />
ist für geübte Schrauber kein Problem und<br />
dauert nur etwa eine halbe Stunde“, weiß<br />
Willi Rat.<br />
Der zweite Schwachpunkt betrifft die<br />
180-Grad-Dreizylindermodelle mit trocken<br />
laufender Bosch-Lichtmaschine. „Im Gegensatz<br />
zu den 120-Grad- und 180-Grad-<br />
Dreizylindern mit der problemlosen Nippon<br />
Denso-Lima, die rechts unter den<br />
Motordeckeln im Ölbad läuft, hat Erstere<br />
zu wenig Leistung“, so Willi. „Wer viel<br />
Kurzstrecke fährt, dem kann es passieren,<br />
dass die Batterie über kurz oder lang<br />
schlapp macht. Dem kann vorgebeugt<br />
werden, indem man die Batterie öfter ans<br />
Ladegerät hängt. Oder eine DMC-Zündanlage<br />
mit verstärkter Lima-Spule ver<br />
Bremsen<br />
Die Bremsanlagen aller großen Laverda-Modelle kennen bei guter Pflege keine konstruktiven<br />
Schwächen, egal, ob sie mit Trommel- oder Scheibenbremsen verzögern<br />
Lichtmaschine<br />
Wie viele andere Bauteile hat Laverda<br />
auch die Lichtmaschine aus dem<br />
Ausland bezogen. Sie ist von Bosch<br />
und wird per Keilriemen angetrieben<br />
Bei einem unzureichend gespannten<br />
Keilriemen liefert die Lichtmaschine<br />
zu wenig an Leistung<br />
Vorsicht bei Laverda-Modellen<br />
mit Scheibenbremsen:<br />
Die originalen Hand- und<br />
-Fußbremszylinder sind von<br />
Brembo als Neuteile nicht<br />
mehr lieferbar<br />
Bei der Besichtigung nach Möglichkeit<br />
den rechten Motordeckel abbauen,<br />
um den Zustand des Lichtmaschinenund<br />
Starterantriebs zu prüfen<br />
Der Keilriemen ist Standardware. Er kann<br />
zur Not auch über den gut sortierten Kfz-<br />
Handel bezogen werden<br />
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UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Zündung<br />
Die Zündung der 120-Grad-<br />
Dreizylindermodelle ist<br />
leicht zugänglich. Sie ist<br />
unter diesem kleinen<br />
Deckel untergebracht<br />
Elektrostarter<br />
Der E-Starter ist mit dem Mitnehmerfreilauf<br />
via Kette verbunden. Davor sieht<br />
man den direkt angetriebenen Riemen<br />
Bei verschlissenen Metallzylindern des<br />
Freilaufs leidet auch der Mitnehmer der<br />
Kurbelwelle<br />
Die Kontaktzündungen<br />
aller Laverda-Modelle<br />
haben keinen guten Ruf,<br />
weil sie unzuverlässig<br />
und ungenau arbeiten<br />
Wer Leistung und Zuverlässigkeit<br />
schätzt, sollte seiner<br />
Laverda eine moderne<br />
elektronische Nachrüst-<br />
Zündanlage spendieren<br />
Diese sechs kleinen Metallzylinder im<br />
Freilauf übertragen die Kraft des Elektrostarters<br />
auf die Kurbelwelle<br />
Wenn der Freilauf schon längere Zeit<br />
Rattergeräusche macht, kann als Folge die<br />
Keilverzahnung des Freilaufs ausschlagen<br />
baut. Dann benötigt die Zündung weniger<br />
Strom, wodurch die Lima mehr Ladung<br />
bringen kann.“<br />
Kein Funke: Zündung tauschen<br />
Ein eher unrühmliches Kapitel in der Laverda-Historie<br />
betrifft die serienmäßigen<br />
Zündanlagen. Sowohl bei den Twins als<br />
auch bei den Triples mangelt es an Zuverlässigkeit.<br />
Bei den Zweizylindern war ab<br />
Werk eine Kontaktzündung verbaut, die<br />
sehr ungenau arbeitet. „Das führt zu Startproblemen<br />
und einem unrunden Motorlauf.<br />
Am besten, man tauscht sie gegen<br />
eine elektronische Nachrüst-Zündung aus,<br />
beispielsweise von DMC oder Sachse“,<br />
empfiehlt Willi. So ein Umrüst-Kit kos tet<br />
zwischen 400 und 600 Euro, je nach Ausführung<br />
und Hersteller. Hinzu kommen<br />
noch etwa vier Stunden Arbeit. Preislich<br />
vergleichbar ist ebenso die Umrüs tung<br />
einer Dreizylinder-Laverda auf moderne<br />
Zündungen. Auch diese Nachrüs tung mit<br />
Zubehörteilen lohnt sich, obwohl die Dreizylinder<br />
immer mit elektronischen Zündungen<br />
vom Band liefen. Doch sowohl die<br />
zunächst bei den 180-Grad-Motoren eingesetzte<br />
Hochspannungs-Kondensatorzündung<br />
(HKZ, von 1974 bis 1977) als<br />
auch die danach verbaute Batterie-Transistor-Zündung<br />
(BTZ) und die bei den letzten<br />
120-Grad-Motoren verwendete Motoplat-Anlage<br />
gelten als äußerst störanfällig.<br />
Frei laufende Freiläufe?<br />
Wenn bei einer Zweizylinder-Laverda der<br />
Elektrostarter rattert, liegt das zumeist am<br />
Freilauf. Der ist auf dem rechten Kurbelwellenstumpf<br />
angebracht, auf den der<br />
hinterm rechten Zylinder sitzende Starter<br />
seine Kraft via Kette auf den Freilauf überträgt.<br />
Auf dem Freilauf sitzt noch das Kurbelwellen-Riemenrad<br />
der Lima, gut erkennbar<br />
nach der Demontage des rechten<br />
Motordeckels. Beim Betätigen des Startknopfs<br />
sperren sich durch die Drehbewegung<br />
sechs kleine Metallzylinder am Mitnehmer<br />
der Kurbelwelle und drehen diese<br />
mit. Sobald der Starter aussetzt, ziehen<br />
kleine Federn die Metallzylinder zurück,<br />
der E-Starter ist ausgeklinkt. Durch Verschleiß<br />
an den Metallzylindern oder<br />
Schmutz rutscht der Freilauf beim Starten<br />
mitunter ruckweise durch, wodurch das<br />
ratternde Geräusch verursacht wird. „Zur<br />
Reparatur wird der Freilauf ausgebaut<br />
und gereinigt. Bei Verschleiß müssen die<br />
Metallzylinder samt Federn gewechselt<br />
sowie der Freilauf-Innenkranz überprüft<br />
werden“, erklärt Willi. Das ist Spezialistensache,<br />
weil die Metallzylinder sehr<br />
genau justiert werden müssen. Die Reparatur<br />
dauert gut vier Stunden. Zu den<br />
Lohnkosten addieren sich noch ungefähr<br />
200 Euro für Neuteile.<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Die Dreizylindermotoren besitzen ebenfalls<br />
diesen Freilauf. „Hier läuft er jedoch<br />
im Ölbad und verschleißt daher weniger.<br />
Eine Überholung des Freilaufs ist bei den<br />
1000ern und 1200ern meist erst nach<br />
hohen Laufleistungen erforderlich“, so die<br />
Erfahrung unseres Spezialisten.<br />
Darüber hinaus zeigt die Laverda-<br />
Elektrik nur die üblichen Alterszipperlein.<br />
Die betreffen insbesondere den Kabelbaum<br />
(Brüche) und den Laderegler. Überkochende<br />
oder tiefentladene Batterien<br />
sind bei gebrauchten Laverda keine Seltenheit.<br />
Für einen neuen Laderegler von<br />
Bosch sind rund 100 Euro anzulegen, der<br />
Tausch dauert nur wenige Minuten.<br />
Soll und Haben<br />
Wer auf Originalität Wert legt, sollte auch<br />
Schalter und Instrumente akribisch auf<br />
Vollständigkeit und Funktion überprüfen.<br />
Während frühe 750er noch mit Smiths-<br />
Ins trumenten bestückt waren, stammten<br />
die danach verbauten, qualitativ hochwertigen<br />
Instrumente von Nippon Denso,<br />
die sehr gut funktionieren. Neuteile sind<br />
nicht mehr erhältlich, bei Defekten kommt<br />
man um eine Überholung nicht herum.<br />
„Eine Überholung ist fast immer möglich“,<br />
weiß Willi. Ältere Laverda, wie beispielsweise<br />
die SF oder SF1, sind noch mit<br />
Bilux-Scheinwerfern ausgestattet, dem<br />
sogenannten „BMW-Scheinwerfer“. Aus<br />
Sicherheitsgründen empfiehlt sich hier<br />
eine Umrüstung. „Ideal“, so Willi, „passt<br />
hier der H4-Scheinwerfer der SF 3.“ Bei<br />
den übrigen Beleuchtungseinheiten, wie<br />
dem CEV-Rücklicht oder den Blinkern,<br />
handelt es sich um Standardware. Bei Bedarf<br />
kann man daher auch ins Ersatzteillager<br />
anderer italienischer Hersteller, etwa<br />
Moto Guzzi oder Benelli, greifen, um die<br />
passenden Teile zu bekommen.<br />
Weiterhin ist bei der Besichtigung auf<br />
Risse in Kunststoff-Karosserieteilen wie<br />
Seitendeckel oder Heckbürzel zu achten.<br />
Diese Teile sollten gut erhalten sein, denn<br />
originalen Ersatz gibt es nicht mehr. Das<br />
gilt ebenso für die korosionsanfälligen<br />
Tanks, die nicht selten Durchrostungen<br />
von innen nach außen aufweisen. Auch<br />
der Sitzbankunterbau gammelt oft. „Alle<br />
diese Teile können von guten Restaurierern<br />
aufgearbeitet werden“, so Willi. „Das<br />
geht aber richtig ins Geld und sollte daher<br />
beim Kauf stets berücksichtigt werden.“<br />
Gefragte Verkleidungsteile wie die SFC-<br />
Halbschale, aber auch SFC-Sitzbank,<br />
-Tank und -Seitendeckel, werden heute<br />
zum Glück wieder nachgefertigt.<br />
Dennoch: Wer mit einer großvolumigen<br />
Laverda liebäugelt, sollte rasch<br />
handeln, gute Exemplare sind kaum mehr<br />
zu bekommen. Das liegt auch an den im<br />
Vergleich zur japanischen Konkurrenz<br />
Elektrik und Armaturen<br />
Die Elektrik aller Laverda-Typen ist grundsätzlich solide,<br />
typische Alterserscheinungen sind aber möglich<br />
Sehr frühe Zweizylinder-Laverda waren<br />
noch mit Instrumenten des englischen<br />
Herstellers Smiths ausgerüstet<br />
Frühe Laverda waren noch<br />
mit Bilux-Scheinwerfern<br />
ausgestattet. Deren<br />
Lichtausbeute ist heute<br />
nicht mehr ausreichend<br />
Für die sehr empfehlenswerte<br />
Nachrüstung auf<br />
einen H4-Scheinwerfer ist<br />
jener der 750 SF3 bestens<br />
geeignet<br />
Worauf noch zu achten ist<br />
Ein Blick in den Tank lohnt sich, weil sie<br />
häufig von innen durchrosten. Ersatztanks<br />
sind heute schwierig zu bekommen<br />
Originale Schaltereinheiten<br />
und Armaturen sind nicht<br />
mehr lieferbar. Bei einer<br />
Besichtigung also auch<br />
darauf achten<br />
Später verbaute Laverda hochwertige<br />
japanische Instrumente von Nippon Denso,<br />
für die es heute keinen Ersatz mehr gibt<br />
Die Blinker einer Laverda<br />
waren Standardware. Sie<br />
finden sich auch im Ersatzteillager<br />
anderer italienischer<br />
Hersteller<br />
Der Sitzbankunterbau ist aus Metall<br />
gefertigt. Er kann dem Laverda-Eigner<br />
schon mal unterm Hintern wegrosten<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 101
UNTER DER LUPE I<br />
Laverdas Zwei- und Dreizylinder<br />
Adressen<br />
SPEZIALISTEN<br />
Laverda Team Werndl<br />
Willi Werndl, Grafen-von-Berchem-Straße 96,<br />
84375 Kirchdorf am Inn,<br />
Tel. 0 85 71/97 17 00, mobil 01 51/12 82 03 96<br />
Laverda-Paradies<br />
Andy Wagner, 78467 Konstanz, Tel. 075 31/6 11 98,<br />
www.laverda-paradies.de<br />
Orange Cycle Team<br />
53881 Dom-Esch, Tel. 0 22 51/97 07 52,<br />
www. octeam.de<br />
Riccardo Oro<br />
Via dell Industria, 1, I-36042 Breganze (VI),<br />
Tel. und Fax 00 39/04 45 87 30 05<br />
Giuseppe Andrighetto<br />
Via San Felice, I-36042 Maragnole (VI),<br />
Tel. 00 39/04 458 502 59<br />
SZENE/FOREN<br />
www.laverda-gemeinschaft-deutschland.de<br />
www. laverda-register.de<br />
www.laverdafreunde.at<br />
www.laverda.com<br />
sehr überschaubaren Stückzahlen, die in<br />
Breganze vom Band liefen.<br />
„Kaum jemand weiß über die genaue<br />
Anzahl der gebauten Modelle Bescheid“,<br />
zuckt Willi mit den Schultern. „Experten<br />
schätzen die Stückzahl aller Dreizylindertypen<br />
auf etwa 7000 Exemplare. Bei den<br />
Zweizylindern sind es rund 19 300 Stück.“<br />
Heute gleicht kaum eine Laverda der anderen.<br />
Bastelbuden bekommt man mit<br />
Glück ab 2000 Euro, für fahrfähige Maschinen<br />
sind jedoch 5000 bis 7000 Euro zu<br />
kalkulieren, Top-Exemplare kosten auch<br />
mal fünfstellige Beträge. Billiger wird es<br />
nicht werden, denn die Ersatzteilsituation<br />
ist angespannt. Weshalb künftig wohl<br />
noch mehr Geld in die Restaurierung einer<br />
Laverda gesteckt werden muss. ◻<br />
Schrauberkenntnisse<br />
Marktsituation<br />
Obwohl die Technik einer Laverda auf den ersten Blick konventionell<br />
anmutet, stecken auch hier die Tücken im Detail. Und die sollte man<br />
kennen. Für eine realistische Selbsteinschätzung zeigen wir, welche<br />
Anforderungen bestimmte Arbeiten an das Schraubertalent stellen.<br />
Reparatur<br />
Schwierigkeitsgrad<br />
Nachrüstung mit einem Feinstölfilter<br />
Zylinderlaufbuchsen bei den Zweizylindern tauschen<br />
Zylinderkopf bei den Dreizylindern wechseln<br />
Nockenwelle und Kipphebel der Zweizylinder wechseln<br />
SFC-Ölpumpe bei den Zweizylindern nachrüsten<br />
Nockenwellen-Lagerbuchsen bei den Dreizylindern<br />
instand setzen<br />
Steuerkettenspanner und Umlenkrolle bei den Zweizylindern<br />
wechseln<br />
Steuerkette bei den Dreizylindern tauschen<br />
Gleitschiene vom Primärtrieb der Zweizylinder ersetzen<br />
Kurbelwellenritzel vom Primärtrieb bei den Dreizylindern<br />
instand setzen<br />
Vergaser tauschen und neu abstimmen<br />
( )<br />
Kupplungskorb wechseln<br />
Ritzelverzahnung des Sekundärantriebs<br />
reparieren<br />
Bronzebuchsen der Schwingenlagerung tauschen<br />
Rahmen bei den Dreizylindern tauschen<br />
Keilriemen der Lima bei den Zweizylindern ersetzen<br />
Elektronische Zündung nachrüsten<br />
Freilauf vom E-Starter instand setzen<br />
Laderegler tauschen<br />
H4-Scheinwerfer nachrüsten<br />
Tank entrosten und neu dichten<br />
= Einfache Arbeiten, die keine besonderen Kenntnisse erfordern (Ölwechsel, Luftfilter tauschen u.a.)<br />
= anspruchsvollere Arbeiten (Vergaser reinigen, Zündkontakte wechseln u.a.)<br />
= Arbeiten, die einen versierten Schrauber erfordern (Motor- oder Getriebe aus- und einbauen)<br />
= Werkstattarbeit, somit ein Fall für sehr erfahrene oder professionelle Schrauber<br />
(z.B. Getriebe überarbeiten, Motor zerlegen u.a.)<br />
= Arbeit für Spezialisten (z.B. Zylinder neu beschichten, Kurbelwelle wuchten u.a.)<br />
Frank Wilke,<br />
Leiter Markt beobachtung<br />
bei classic-analytics<br />
Laverda-Fans haben die Qual<br />
der Wahl. Wer für ein Exemplar in<br />
gutem Zustand zwischen 7000 und<br />
10 000 Euro anlegen will, kann im<br />
Prinzip aus allem wählen, was die<br />
Firma aus Breganze im Bereich über<br />
650 cm³ hergestellt hat – unabhängig<br />
von Modell, Baujahr, Zylinder und<br />
Kurbelwellenkröpfung. Im Prinzip<br />
wohlgemerkt, denn im wirklichen<br />
Leben artet die Suche nach einer<br />
750er, 1000er oder 1200er zumeist in<br />
eine freizeitausfüllende Aufgabe aus.<br />
Denn der Markt ist überschaubar, und<br />
wirklich gute Exemplare sind selten.<br />
Was auch daran liegt, dass die<br />
italienische Konkurrenz von Ducati<br />
oder Moto Guzzi seit jeher einen<br />
größeren und aktiveren Liebhaberkreis<br />
hat. Genährt durch zeitgenössische<br />
Testberichte bekamen die<br />
großen Laverdas rasch das Image<br />
eines übergewichtigen, zu beängstigenden<br />
Vibrationen neigenden<br />
Männer-Motorrads, das nur mit<br />
hohem Kraftaufwand gefahren<br />
werden kann.<br />
Italien als Einkaufsland ist nach<br />
einhelliger Meinung möglichst zu<br />
meiden. Dort trifft man zwar auf<br />
einige der weltweit besten Restaurateure<br />
und Teilehändler, oft aber auch<br />
auf heruntergekommene Maschinen<br />
zu völlig überhöhten Preisen.<br />
Gute Exemplare der 750 S und 750 SF<br />
werden bei uns bereits jetzt zu<br />
fünfstelligen Summen gehandelt, das<br />
gleiche gilt für die späteren 1000 RGS<br />
und 1000 SFC. Für die nur ein Jahr<br />
lang gebaute 750 GTL können sich<br />
indes momentan nur wenige<br />
be geistern, sie ist selbst im guten<br />
Zustand noch deutlich unter 7000<br />
Euro zu bekommen.<br />
Eine Sonderstellung im Laverda-<br />
Kosmos nehmen seit jeher, auch<br />
wertmäßig, die 750 SFC-Modelle ein.<br />
Unter 30 000 Euro geht für ein<br />
Exemplar der ersten Serie (8000erund<br />
11 000er-Reihe) gar nichts, top<br />
restaurierte Exemplare können sogar<br />
die 40 000-Euro-Grenze überschreiten.<br />
Modelle der zweiten und dritten<br />
Serie sind etwa 5000 respektive<br />
10 000 Euro günstiger. Wie immer,<br />
wenn es um größere Summen geht,<br />
sollten potenzielle Käufer hier aber<br />
ganz besonders vorsichtig sein. Schon<br />
seit Längerem bauen nämlich<br />
„kreative“ Werkstätten normale<br />
750er auf SFC-Spezifikation um und<br />
„vergessen“ einfach, dies dem<br />
Kunden beim Kauf mitzuteilen. Wer<br />
sich eine SFC zulegen will, sollte sich<br />
daher schon vor einer eventuellen<br />
Besichtigung mit den Besonderheiten<br />
dieses raren Modells eingehend<br />
beschäftigt haben.<br />
102 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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Original und Fälschung: Das sind die Unterschiede zwischen SF und SFC<br />
Die Laverda 750 SFC ist ein Mythos.<br />
Weltweit gibt es nach Insider-Schätzungen<br />
rund 1500 SFC-Modelle. Davon<br />
können allerdings nur 549 echte Production<br />
Racer sein, denn in Breganze wurden<br />
zwischen 1971 und 1976 nicht mehr davon<br />
gebaut. Alle anderen sind somit Nachbauten.<br />
Sie lassen sich aber leicht erkennen, da die Rahmen -<br />
nummern bekannt sind. Auch weiß man über fast<br />
alle SFC, wo sie stehen und wie sie ausgerüstet sind,<br />
denn die SFC-Baureihe teilt sich in drei Serien auf.<br />
Von 1971 bis 1973 entstand die erste, wobei 1972<br />
das zweite Los der ersten Serie in Produktion ging.<br />
Die zweite Serie wurde 1974 produziert, und<br />
zwischen 1975 und 1976 schließlich die dritte Serie.<br />
Hier wichtige SFC-Merkmale im Überblick:<br />
Erste Serie: 1971 bis 1973 (159 Stück)<br />
Aus der ersten Serie, erstes Los (8000er-Fahrgestellnummern,<br />
ab 1971) stammen die Modelle mit<br />
Speichenrädern und 230er-Laverda-Duplex-Trommelbremsen<br />
vorn und hinten (modifizierte Ducati-Trommelbremsen).<br />
Die SFC besaßen einen modifizierten<br />
SF-Rahmen, erkennbar an den Verstärkungsblechen<br />
im Schwingenbereich. Die Rahmen wurden gestrahlt<br />
Die auffälligsten Unterschiede zu einer gewöhnlichen<br />
SF sind die sportlichen Anbauteile<br />
wie Sitzbank, Tank und Rennverkleidung<br />
und nur grob verzinkt, die Tauchrohre in Orange<br />
lackiert. Die Seitendeckel hatten die Form eines<br />
Trapezes und bestanden aus Metall. Dahinter waren<br />
die Zündspulen angebracht. Der Tank war aus<br />
Fiberglas gefertigt. SFC der ersten Serie besitzen kein<br />
Lenk- und Zündschloss. Auch unterschied sich der<br />
Motor von der SF lediglich durch zwei 36er-MKI-<br />
Amal-Concentric-Vergaser, einen geänderten Auspuff,<br />
die stärkere Ölpumpe und eine höhere Verdichtung.<br />
Das zweite Los der ersten Serie (11 000er-Fahrgestellnummern,<br />
ab 1972) hatte nur geringfügige<br />
Änderungen erhalten. Die Auspuffrohre verliefen jetzt<br />
unterm Motor, und das Rücklicht war nunmehr plan<br />
auf einem Rahmen montiert. Außerdem gab es einen<br />
gerader geformten Hauptständer und einen Höcker,<br />
der mit einer kleinen Klappe versehen wurde.<br />
Zweite Serie: 1974 (222 Stück)<br />
Die zweite Serie (16 000er-Fahrgestellnummern)<br />
erhielt viele Verbesserungen. So wurde das<br />
Rahmenheck rund 40 Millimeter abgesenkt, um die<br />
Sitzhöhe zu reduzieren. Eine weitere Besonderheit<br />
dieses Rahmens sind die Rohrausbuchtungen über<br />
den Vergasern und im Bereich der Antriebskette<br />
(diesen Rahmen gab es nur für die SFC und SFC-E).<br />
Zudem wurde der 25-Liter-GFK-Tank neu geformt<br />
und eine Ceriani-Telegabel mit 38er-Standrohren<br />
verbaut. Bei den Bremsen kam jetzt vorne eine<br />
280er-Doppelscheibenbremse und hinten eine<br />
einfache 280er-Scheibenbremse von Brembo zum<br />
Einsatz. Außerdem Speichenräder mit Borrani-Hochschulterfelgen,<br />
wobei die hintere Radnabe aus<br />
leichtem Magnesium gefertigt wurde. Auch der<br />
Motor wurde überarbeitet. So wurden 36er-PHB-<br />
Dellorto-Vergaser ohne Beschleunigerpumpe und<br />
eine schärfere Nockenwelle verbaut sowie die<br />
Verdichtung angehoben. Damit konnte die Leistung<br />
von 70 auf 75 PS bei 7500/min gesteigert werden.<br />
Zudem erhielt der Motor einen „Schnell-Einfüllstutzen“<br />
fürs Öl. Das Getriebe hatte darüber hinaus noch<br />
einen langen ersten Gang, der bis 120 km/h reichte.<br />
Auf ein Lenkschloss wurde weiterhin verzichtet, ein<br />
Zündschloss jedoch eingebaut.<br />
Achtung: 17 000er-Fahrgestellnummern (ab 1974)<br />
kennzeichnen Export-Maschinen für die USA. Sie<br />
entsprechen den Zulassungsvorschriften des<br />
US-Marktes, unterscheiden sich aber nicht weiter von<br />
den europäischen Modellen (16 000er-Nummern).<br />
Dritte Serie: 1975/1976, SFC-E („Electronica”,<br />
168 Stück)<br />
Die dritte und letzte SFC-Serie (18 000er-Fahrgestellnummern)<br />
wurde ab März 1975 in Breganze<br />
produziert. Sie erhielt zahlreiche Motor-Modifikationen.<br />
Eine elektronische Bosch-Zündung ersetzte<br />
die Kontaktzündung. Hierzu wurde die Kurbelwelle<br />
geändert, die fortan einen längeren linken Zapfen<br />
besaß und in einem neuen, aus Magnesium<br />
gefertigten Primärgehäuse mit Kästchen für die<br />
Aufnahme des Pickups rotierte. Zudem wurden die<br />
Kipphebel durch leichtere ersetzt und der Einbauwinkel<br />
der Zündkerzen geändert. Zur besseren<br />
Kühlung wurde der SFC-E auch noch ein Ölkühler<br />
spendiert. Während der Produktion der dritten Serie<br />
wurden schließlich noch die Speichenräder durch<br />
Alu-Gussräder ersetzt. Das betrifft jedoch nur die<br />
letzten 30 Exemplare der dritten SFC-Auflage.<br />
Insgesamt wurden nur 20 SFC nach Deutschland<br />
eingeführt. Eine originale zu ergattern, dürfte daher<br />
nahezu ausgeschlossen sein. Also Vorsicht, falls<br />
tatsächlich doch eine angeboten wird. Aufgrund<br />
der hohen Preise für dieses italienische Kleinod sind<br />
Fälschungen eher die Regel als die Ausnahme!<br />
Im Bereich der Schwingenaufnahme<br />
wurde der<br />
SFC-Rahmen durch zusätzliche<br />
Bleche verstärkt<br />
Abgesenkter Rahmen im<br />
Heckbereich, damit der<br />
SFC-Fahrer tiefer und damit<br />
„in“ der Maschine sitzt<br />
Die Ausbuchtungen in den<br />
Rahmenoberzügen schaffen<br />
Platz für die großen 36er-<br />
PHB-Dellorto-Vergaser<br />
Unterscheidungsmerkmal:<br />
Halterung des Fußbremszylinders<br />
links am Rahmen für die<br />
hintere Scheibenbremse<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 103
SPORT I<br />
DHM-Nachrichten<br />
Jung auf Alt – die Nachwuchsracer<br />
der DHM<br />
beim Fototermin: Sascha<br />
Hartmann (Suzuki RGV<br />
250), Paul Lindner<br />
(Aermacchi Ala Rossa<br />
175), Maximilian Lusa<br />
(NSU-Caproni Vizzola<br />
125), Mike Nagel (Suzuki<br />
RGV 250), Alina Jäck<br />
(Honda NSR 125) und<br />
Noah Hartmann, ebenfalls<br />
auf einer Honda<br />
NSR 125 (von links nach<br />
rechts)<br />
New Kids in the Pits –<br />
Nachwuchs in der DHM<br />
Foto: VFV<br />
Wer behauptet, Jung und Alt könnten nicht miteinander, der war noch nie bei der DHM.<br />
Denn dort gibt der Nachwuchs zusammen mit den alten Hasen Gas – auf den Bikes von gestern.<br />
Hier stellen sich sechs Nachwuchstalente<br />
vor und berichten über ihre Erfahrungen<br />
und Ziele in der Deutschen Historischen<br />
Motorradmeisterschaft (DHM):<br />
Sascha Hartmann, 20 Jahre<br />
Suzuki RGV 250, (# A33)<br />
Ich fahre schon seit einigen Jahren Motocross<br />
und bin durch meine Freundin Alina auf die<br />
DHM aufmerksam geworden. Erstmals war<br />
ich im Mai in Luxemburg mit einer Suzuki<br />
RGV 250 dabei. Das Fahren auf der Rennstrecke,<br />
das gesamte DHM-Umfeld und das<br />
Motto „Motorsport unter Freunden“ machen<br />
mir so viel Spaß, dass ich inzwischen mit einer<br />
auf Rennsport umgebauten Yamaha SR 500<br />
auch in der Clubsport-Klasse als Doppelstarter<br />
antrete.<br />
Paul Lindner, 17 Jahre<br />
Aermacchi Ala Rossa 175, (# H98)<br />
Motorräder interessierten mich schon immer,<br />
außerdem war ich schon oft mit meinem<br />
Vater dabei, der seit 2001 aktiv an den DHM-<br />
Läufen teilnimmt. Seit ich den Führerschein<br />
A1 besitze und Fahrpraxis im Straßenverkehr<br />
sammeln konnte, stand für mich fest: Vaters<br />
zweite Aermacchi ist für mich. Im April hatte<br />
ich auf der GP-Strecke des Nürburgrings mein<br />
Debüt. Für mich steht fest, dass ich weiterhin<br />
in der DHM-Serie am Kabel ziehen werde.<br />
Maximilian Lusa, 17 Jahre<br />
NSU-Caproni Vizzola 125 (# H92)<br />
Durch meine Familie bin ich schon früh zur<br />
DHM gekommen. Die Motorrad-begeisterten<br />
Lusas sind schon seit 1977 in der DHM dabei,<br />
nun eben in dritter Generation. Erstmals am<br />
Start war ich im Juli auf dem Circuit de Chambley<br />
in Metz. Das ist schon eine andere Nummer,<br />
auf der Rennstrecke zu fahren, ich war<br />
ganz schön nervös. Aber die gesamte DHM-<br />
Truppe und natürlich meine Familie haben mir<br />
den Einstieg in den Motorrad-Rennsport leicht<br />
gemacht. Selbstverständlich mache ich weiter!<br />
Mike Nagel, 19 Jahre<br />
Suzuki RGV 250, (# A13)<br />
Im Grunde genommen sind mir die Rennfahrer-Gene<br />
in die Wiege gelegt worden. Mein<br />
Vater Dieter ist 20 Jahre Rundstreckenrennen<br />
gefahren und wurde drei Mal Deutscher<br />
Meister. Nun fährt er im vierten Jahr in der<br />
DHM. Ich selbst bekam mein erstes Motorrad<br />
mit fünf Jahren. Nach mehreren Renntrainings<br />
konnte ich mein DHM-Debüt im April <strong>2016</strong><br />
auf dem Nürburgring geben. Den Reiz machen<br />
für mich die tollen Rennstrecken aus, auf<br />
denen in jeder Saison gefahren wird. Super<br />
Rennen, tolle Stimmung – und das zu Konditionen,<br />
die ich mir als Student leisten kann.<br />
Alina Jäck, 16 Jahre<br />
Honda NSR 125, (# A 93)<br />
Auch ich bin durch meinen Vater, der schon<br />
Termine der DHM <strong>2016</strong><br />
Datum Veranstaltung Klassen<br />
seit Jahren Rennen fährt, zur DHM gekommen.<br />
Eingestiegen bin ich im Mai <strong>2016</strong> in<br />
Colmar-Berg/Luxemburg. Da hatte ich gerade<br />
meinen A1-Führerschein gemacht. Seitdem<br />
fahre ich mit einer zugelassenen Honda NSR<br />
125 im Straßenverkehr. Eine NSR 125 als<br />
Rennmaschine auf der Rundstrecke zu pilotieren,<br />
ist aber schon etwas ganz anderes.<br />
Super finde ich auch, dass mein Freund mit<br />
dabei ist und wir so dem gleichen Hobby<br />
nachgehen können.<br />
Noah Hartmann, 17 Jahre<br />
auf Honda NSR 125 (# A44)<br />
Auf der Straße fahre ich eine Aprilia RS 125.<br />
Zum Motorsport und den Zweitaktmaschinen<br />
bin ich über meine „rennverrückte“ Mutter<br />
gekommen, die mit einer Motobi an den<br />
DHM-Veranstaltungen teilnimmt. Mir macht<br />
es riesigen Spaß, so einen „giftigen“ Zweitakter<br />
auf der Renn strecke um die Kurven zu<br />
jagen. Ich werde sicher auch künftig in der<br />
DHM mit dabei sein!<br />
Und das sogar sehr günstig. Denn bis zum 21.<br />
Lebensjahr werden bei der DHM keine Startgebühren<br />
fällig! Weitere Infos zur Teil nahme<br />
an den DHM-Läufen auf acht tollen Rundstrecken-Kursen<br />
gibt es unter www.my-dhm.de.<br />
20. bis 21. August Schottenring Grand Prix Mit VFV-Sonderlauf<br />
16. bis 18. September Hockenheim <strong>Classic</strong>s Alle Klassen, mit VFV-Sonderlauf<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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SPORT I<br />
Sachsenring <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
Rückkehr der<br />
Für viele Fans gilt die Ära der wilden 500er-Zweitakter bis heute als die<br />
spektakulärste des Motorradsports. Ihre Fahrer fochten Kämpfe aus, bei<br />
denen Pokal und Spital ganz eng beieinander lagen. Beim Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong> fuhren diese Titanen und ihre Bikes wieder gegeneinander.<br />
Text: Imre Paulovits; Fotos: Jörg Künstle, Uwe Heidl, Imre Paulovits<br />
Der ältere Herr winkt ganz aufgeregt mit einer<br />
Autogrammkarte. Die Frau neben ihm hält ein<br />
T-Shirt vor sich. In dem Gedränge stolpert sie<br />
und fällt fast auf den Tisch, hinter dem fünf Herren mittleren<br />
Alters sitzen, die mit stoischer Ruhe und einem Lächeln<br />
im Gesicht Nummern und Unterschriften auf allerlei<br />
Utensilien schreiben oder sich in kurze Gespräche verwickeln<br />
lassen. Der Anblick hat nicht nur etwas Ergreifendes,<br />
sondern auch etwas Komisches, denn in diesem<br />
Fahrerlager drängeln sich sonst Mädchen im Teenager-<br />
Alter so vor den Transportern von Valentino Rossi oder<br />
Marc Márquez. Nun hat die gleiche Euphorie auch die
Titanen<br />
Generation ihrer Eltern ergriffen. Die Idole ihrer Jugendzeit<br />
sind da, greifbar nah, für viele aus dieser Region ein<br />
Erlebnis, auf das sie nicht einmal zu hoffen gewagt haben.<br />
Denn in Sachsen sind Freddie Spencer, Wayne Gardner<br />
und all die sagenumwobenen Vierzylinder-Zweitakter<br />
nie gefahren. Ihre Ära war zu einer Zeit, in der die Motorrad-Weltmeisterschaft<br />
auf dem alten Sachsenring nur<br />
noch in der Erinnerung lebte. Einzig in Brünn konnten die<br />
Menschen hinter dem Eisernen Vorhang die 500er-<br />
Helden damals er leben. Sie heute auf dem Sachsenring zu<br />
sehen, ist wie die späte Erfüllung eines Traumes. Und da<br />
darf man sich eben auch wieder wie mit 17 fühlen.<br />
Neben den World GP Bike<br />
Legends gab es noch<br />
andere Höhepunkte:<br />
wunderschön erhaltene<br />
Motorräder, darunter<br />
historische Sahnestücke.<br />
Weltmeister Jan de Vries<br />
fährt seine 50er-Kreidler<br />
noch immer virtuos, alte<br />
Sportwagen klingen gut<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 107
SPORT I<br />
Sachsenring <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
Jim Redman (#33) Garry McCoy (#10) Didier de Radigues (#7) Jeremy McWilliams (#6)<br />
Freddie Spencer (#19) Niggi Schmassmann (#15) Manfred Fischer (#8)<br />
Jörg Schöllhorn<br />
Legenden unter sich<br />
Die Serie, deren Premiere wir beim Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
erleben konnten, brodelte in den Köpfen einiger schon<br />
länger. Wenn die 500er-Zweitakter irgendwo wieder<br />
auftauchen, fangen Fahrer und Fans gleichermaßen zu<br />
schwelgen an. Sogar Valentino Rossi, der heute mit viel<br />
schnelleren Motorrädern unterwegs ist, bekommt strahlende<br />
Augen, wenn er wieder vor einem solchen Vollblut-<br />
Renner steht. Er beteuert, dass sie die ultimativen Rennmaschinen<br />
waren und von allen den größten Kick gaben,<br />
wenn sie an ihre Grenzen gebracht worden sind – weil<br />
der schmale Grat, wenn an der Reifenhafgrenze ein plötz-<br />
Je älter das Motorrad,<br />
desto mehr Pflege braucht<br />
es, aber die alten Schätze<br />
honorieren es mit ihrer<br />
besonderen Ausstrahlung.<br />
Bei der <strong>Classic</strong>-Trophy<br />
wurde richtig hergebrannt,<br />
und die kleinen<br />
50er-Renner machten eine<br />
große Show<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
Ralf Waldmann (#9) Phil Read (#2)<br />
Pierfrancesco Chili (#7)<br />
Wayne Gardner (#7)<br />
(#6)<br />
Jürgen van der Goorbergh (#5)<br />
Strahlen in der Startaufstellung, Gas<br />
geben auf der Strecke: Freddie<br />
Spencer (#19) vor Garry McCoy und<br />
Jeremy McWilliams im Kampf um<br />
den Sieg im zweiten Rennen, das<br />
schließlich McWilliams gewann. Lebemann<br />
Didier de Radigues (links)<br />
ist heute erfolgreicher Kunstfotograf<br />
und Fernsehkommentator und<br />
freute sich wieder auf das Fahren.<br />
Altmeister Phil Read (rechts oben)<br />
fuhr seine eigene Suzuki von 1976<br />
und weiß noch immer, sich von der<br />
Menge feiern zu lassen, Garry Mc-<br />
Coy konnte Sachsen wieder schöne,<br />
neue Seiten abgewinnen<br />
licher Drehmomentschub einsetzt, der Hochleistungs-<br />
Zwei taktern nun einmal eigen ist, entweder mit einem<br />
spektakulären Slide, oder mit einem brutalen Highsider<br />
enden kann. Hier trennte sich die Spreu vom Weizen,<br />
Für Wayne Gardner, 500er-Weltmeister von 1987 und<br />
bis heute ein Volksheld in Australien, kristallisierte sich<br />
die Idee recht schnell heraus: Wann immer er sich mit<br />
seinen alten Rennfahrerkollegen unterhielt, lief das<br />
Gespräch schnell darauf hinaus, dass sie nichts sehnlicher<br />
wünschten, als eine Revanche für diesen und jenen<br />
Kampf. Rennfahrerblut wandelt sich nun mal nicht zu<br />
Wasser, Spitzenrennfahrern juckt es Zeit ihres Lebens in
SPORT I<br />
Sachsenring <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
den Fingern. Unterhielt er sich mit Fans, schwärmten diese<br />
von den alten Kämpfen, und dass man heute in Zeiten<br />
der Elektronik so etwas nicht mehr sieht. Was lag also<br />
näher, als diese wieder aufleben zu lassen? In Nick Wigley<br />
von Goose Live Events, die das erfolgreiche Silverstone<br />
<strong>Classic</strong>s veranstalten, fand Gardner einen Verbündeten,<br />
und gemeinsam brachten sie im Juli 2015 erstmals die alten<br />
Bikes und ihre Fahrer in Jerez wieder auf die Strecke.<br />
Weil dieser Event ein Erfolg war, entschieden sie sich zu<br />
einer Serie, die auf dem Sachsenring Premiere feierte.<br />
Unglaubliches Interesse<br />
Dass sie mit ihrer Einschätzung richtig lagen, zeigte sich<br />
auf dem deutschen Grand Prix-Kurs schnell. Über 30 000<br />
Zuschauer kamen und bevölkerten das Fahrerlager und<br />
das Boxendach. Während dieser Bereich in der aktuellen<br />
Welt meisterschaft streng abgesperrt ist, war er nun frei<br />
zugänglich, und das persönliche Erlebnis mit den Fahrern<br />
und den Maschinen aus nächster Nähe machte den Traum<br />
der Fans komplett.<br />
Dabei haben nur die wenigsten mitbekommen, welche<br />
Dramen sich im Hintergrund abspielten. Die Maschinen<br />
gehören heute enthusiastischen Sammlern. Dass sie<br />
ihre Schätze wieder für wilde Kämpfe hergaben, zeigt,<br />
welche Fans sie in ihren Herzen selber sind. Aber für die<br />
hochsensiblen Bikes gibt es so gut wie keine Ersatzteile<br />
mehr, und wie man sie richtig einstellt, das wissen nur<br />
noch die, die einst an ihnen arbeiteten und ihre Daten auf-
Ob nach dem Start oder vorher in<br />
der von vielen belagerten Startaufstellung,<br />
die „Legends“ machten<br />
immer eine gute Figur. Freddie<br />
Spencer (#19) leistete viel Führungsarbeit,<br />
Ralf Waldmann (#9) gewann<br />
das erste Rennen auf der Suzuki<br />
RGB von 1986. Weil Wayne Gardners<br />
Cagiva nicht laufen wollte, stellte<br />
Waldi ihm fürs zweite Rennen spontan<br />
die Suzuki zur Verfügung, wofür<br />
ihn Gardner herzlich umarmte<br />
geschrieben haben. Es ist sehr komplex, einen Hochleistungs-V4<br />
richtig zu bedüsen, und da die Vorschriften für<br />
den Rennsprit sich in den Jahren ständig geändert haben,<br />
ist es unmöglich, für alle Motoren genau den Sprit zu bekommen,<br />
wofür die Brennräume, Steuerzeiten und Auspuffanlagen<br />
einst ausgelegt worden sind. Dass Dichtungen<br />
und Isolierungen während der langen Standzeit<br />
altern, macht die Sache auch nicht einfacher.<br />
Trotzdem standen sie, als es drauf ankam, dann doch<br />
alle in der Startaufstellung. Weil sich nicht für alle Fahrer<br />
ihre Original-Maschinen auftreiben ließen, wurde kräftig<br />
durcheinander gewürfelt. Freddie Spencer ist während<br />
seiner Karriere für Kawasaki, Honda, Yamaha und Ducati<br />
gefahren, aber nie für Suzuki. Dies holte er auf dem Sachsenring<br />
nach und fuhr die RGV 500, mit der Kenny Roberts<br />
jr. – dessen Vater 1983 sein größter WM-Gegner war –<br />
1999 Vizeweltmeister wurde.<br />
Es gab noch andere interessante Konstellationen. Jim<br />
Redman hatte seine sechs WM-Titel alle auf Honda-Viertaktern<br />
gewonnen und war bereits zurückgetreten, als die<br />
Zweitakter ihren Siegeszug in der Königsklasse begannen.<br />
Trotzdem war der 84-Jährige, der Deutschland in den letzten<br />
Jahren zu seinem zweiten Zuhause gemacht hat, Feuer<br />
und Flamme von der Idee, ein letztes Mal bei einem richtigen<br />
Rennen anzutreten, und er bekam dafür die Suzuki,<br />
die Randy Mamola 1979 fuhr. Der zweitälteste Herr in der<br />
Startaufstellung war sein einstiger Rivale, der siebenfache<br />
Weltmeister Phil Read. Der 77-jährige Brite saß auf völlig<br />
Aus den acht hochstehenden<br />
Auspuffrohren des<br />
Huffaker Genie Mk8 von<br />
1963 dröhnt das Donnern<br />
eines 5,4-Liter-V8. An<br />
kleinen Zweitaktern und<br />
alten Viertaktern gibt es<br />
viel zu schrauben. 500er-<br />
König gibt es wenige,<br />
Yamahas umso mehr<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong> 111
SPORT I<br />
Sachsenring <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
Freddie Spencer war stets von Autogrammjägern<br />
umlagert, Jim Redman<br />
(#33) wollte es mit 84 Jahren noch<br />
einmal wissen. Pierfrancesco Chilis<br />
Interesse an den schönen Dingen<br />
des Lebens ist mit 52 Jahren noch<br />
genauso ausgeprägt wie seine<br />
Schräglagen auf der Cagiva. Nachdem<br />
alles vorbei war, feierten die<br />
Stars mit vielen Fans im Fahrerlager.<br />
authentischem Material, der Suzuki RG 500, mit der er 1976<br />
seine letzte Saison in der 500er-WM fuhr und mit der er<br />
1977 die Senior-TT gewann.<br />
Hochspannung bei den Rennen<br />
Selbst der Wettergott war mit den Legenden. Regenschauer<br />
verwässerten die Fahrt von anderen Klassen, aber wenn<br />
die 500er auf der Strecke waren, blieb es trocken. Am<br />
Sonntag kam gar die Sonne raus, als sie alle in der Startaufstellung<br />
um die Wette strahlten.<br />
Als die Ampel bei den Rennen auf Grün sprang, war es<br />
aber vorbei mit dem Lächeln, und es ging ans Eingemachte.<br />
Die Herren rauften miteinander wie in ihrer besten Zeit.<br />
Das Fahren hat keiner von ihnen verlernt, und viele fahren<br />
auch heute noch regelmäßig in ihren Rennfahrerschulen<br />
oder bei Veranstaltungen, so fehlt ihnen auch die Routine<br />
nicht. Freddie Spencer, Jeremy McWilliams, Garry McCoy,<br />
Niggi Schmassmann, Jürgen van der Goorbergh und Ralf<br />
Waldmann stachen besonders hervor. Im ersten Rennen<br />
am Samstag machte Lokalheld Waldmann den Zuschauern<br />
eine Freude und gewann auf der Ex-Pierfrancesco-Chili-<br />
Suzuki von 1986, vor Freddie Spencer und Jeremy Mc-<br />
Williams. „Stark, jetzt habe ich auch auf dem Sachsenring<br />
gewonnen“, strahlte der 20-fache GP-Sieger.<br />
Beim zweiten Rennen tat sich Waldmann dann durch<br />
eine andere Heldentat hervor. Die Cagiva, mit der Initiator<br />
Wayne Gardner fahren sollte, lief noch schlechter als am<br />
Tag zuvor, und so trat Waldmann sein Gefährt spontan an<br />
Die richtige Mischung<br />
macht‘s: Ob Schönheiten<br />
mit schönen alten Motorrädern,<br />
herzhafte Rennen<br />
in der <strong>Classic</strong>-Trophy, Nostalgieläufe<br />
mit DDR-Tourenwagen<br />
oder einfach<br />
nur Ausfahren mit alten<br />
Motorrädern, die Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong> bietet alles<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong>
den Australier ab. Dieser konnte den Vortages-Sieg des<br />
Motorrads zwar nicht wiederholen, freute sich aber diebisch<br />
über die Möglichkeit, wenigstens in diesem zweiten<br />
Rennen richtig Gas geben zu können. Das Rennen gewann<br />
Jeremy McWilliams vor Garry McCoy und Freddie Spencer,<br />
und danach gab es eine gigantische Siegerparty im<br />
Fahrerlager mit den Fans.<br />
Die Premiere der Serie, die in diesem Jahr noch bei den<br />
Silverstone <strong>Classic</strong>s antritt, war somit ein voller Erfolg. „Es<br />
war gut, dass wir den Sachsenring zum Auftakt gewählt<br />
haben“, freute sich ein sichtlich erschöpfter, aber glücklicher<br />
Wayne Gardner. „Die Begeisterung der Zuschauer<br />
hier ist einfach einmalig.“ In Zukunft hofft der Australier,<br />
dass er noch spannenderen Sport bieten kann. Er möchte<br />
einen Reifensponsor für seine Serie gewinnen, damit alle<br />
mit den gleichen Reifen fahren können. Damit auf lange<br />
Sicht ohne Reue Gas gegeben werden kann, sieht er sich<br />
auch nach modernerem Maschinenmaterial um. Jeremy<br />
McWilliams fuhr bereits auf dem Sachsenring die Ronax<br />
500, die Ronny Scheer und sein Team aus Dresden mit<br />
KTM-Motocross-Zylindern und moderner Benzineinspritzung<br />
bauen. Gardner hofft, dass in Zukunft noch mehr<br />
Fahrer mit den deutschen Maschinen in seiner Serie an<br />
den Start gehen können.<br />
Ob sich diese Ideen verwirklichen lassen oder nicht,<br />
wir können uns bereits jetzt darauf freuen, wenn die Titanen<br />
und ihre Zweitakt-Geschosse im nächsten Jahr wieder<br />
zum Sachsenring <strong>Classic</strong> kommen.<br />
◻
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 10/<strong>2016</strong> erscheint am 9. September <strong>2016</strong><br />
Foto: Marcel Schoch<br />
Der erste Titel!<br />
Mit dem Sieg in Schweden am 25. Juli 1976 sicherte sich Barry<br />
Sheene seine erste Weltmeisterschaft in der Königsklasse.<br />
Wir blicken zurück auf die spannende Saison 1976, in der außerdem<br />
MV Agusta letztmals einen 500er-Grand Prix gewann<br />
SCHROTT<br />
IN KISTEN...<br />
...war der Ausgangspunkt<br />
für die Restaurierung<br />
einer Honda XL<br />
500 R, die zwei Freunde<br />
aus einer Bierlaune<br />
heraus im vergangenen<br />
Winter in Angriff<br />
nahmen. Nun gibt es<br />
einiges zu erzählen<br />
SPEICHENRÄDER<br />
REPARIEREN<br />
Speichenräder sind ein Blickfang<br />
für jedes klassische Motorrad –<br />
darüber gibt es kaum Diskussionen<br />
in der Szene. Doch Speichenräder<br />
wollen regelmäßig gewartet<br />
und mitunter auch repariert<br />
werden. Ein Profi zeigt uns,<br />
worauf es dabei ankommt<br />
Foto: Fred Siemer Foto: Francois Beau<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN <strong>09</strong>37-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
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70174 Stuttgart<br />
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114 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 9/<strong>2016</strong><br />
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40 JAHRE YAMAHA XT<br />
Ein Donnerbolzen schrieb<br />
Geschichte: Wie die Yamaha<br />
XT 500 die Welt eroberte<br />
Vier Jahrzehnte<br />
voller Abenteuer<br />
KOMPLETT: VON XT BIS XTZ SPEKTAKULÄR: WELTREISE LEGENDÄR: XT BEI DER DAKAR
Editorial<br />
Warum die<br />
XT so gut tut<br />
Fotos: MRD-Archiv, Katrin Sdun<br />
Viele Baureihen gibt es nicht<br />
in der Motorradwelt, die sich<br />
mit einer 40-jährigen Historie<br />
schmücken können. Die<br />
Yamaha XT-Familie schon. 1976 landete<br />
die Marke mit den drei Stimmgabeln<br />
im Logo einen Volltreffer: ein<br />
Zylinder, zwei Ventile, ein halber Liter<br />
Hubraum, Kickstarter, kleiner Tank,<br />
großes Abenteuer. Die XT 500 war<br />
geboren. Zunächst verlief ihr Auspuff<br />
noch unter dem Motor, ab 1977 gab<br />
es das Stollenkrad dann auch in<br />
Deutschland mit dem hochgeführten<br />
Krümmer.<br />
Die XT verhieß Offroad-Tauglichkeit<br />
und unbedingte Zuverlässigkeit.<br />
Reduziert auf das Mindeste an Technik,<br />
die nötig ist, um einen Viertaktmotor<br />
zu betreiben. Und so cool gestaltet,<br />
wie es bis dahin nur Ducati mit<br />
der Scrambler schaffte.<br />
Auf diese Werte sollte sich Yamaha<br />
über die Jahrzehnte immer wieder besinnen.<br />
Die späteren Vierventiler mit<br />
der nicht minder legendären XT 600,<br />
der wassergekühlte Fünfventiler und<br />
danach auch noch die Zweizylinder<br />
mit ihrem zwar deutlich aufwendigeren<br />
Konzept, aber ebenfalls einer ausgeprägt<br />
robusten Konstruktion. Wer<br />
eine XT oder später eine XTZ fuhr, gehörte<br />
nie zu den Schnellsten. Aber er<br />
kam an.<br />
Genährt wurde dieser Mythos zum<br />
einen von den Erfolgen bei der Rallye<br />
Paris-Dakar, einem gefährlichen und<br />
harten Offroad-Spektakel. Eine der<br />
dabei durchquerten Sandwüsten der<br />
Sahara, die Ténéré, gab Yamahas erster<br />
großer Reiseenduro mit dem gut 30<br />
Liter fassenden Benzinfass als Kennzeichen<br />
ihren Namen. Die Motorradfahrergemeinde<br />
nutzte genau diese<br />
Version mit ihrer fantastischen Reichweite<br />
für Fernreisen aller Art. Der<br />
zweite Grundpfeiler des Mythos XT.<br />
Robust, reisetauglich, bequem, so<br />
kann man heute die Yamaha-Enduros<br />
charakterisieren. Den Sport überlassen<br />
sie inzwischen anderen, hochgezüchteten<br />
Spezialmotorrädern. Eine umgebaute<br />
Straßenenduro wie die unten zu<br />
sehende XT 550 mit Eddy Hau wird<br />
man heutzutage im Sport kaum finden.<br />
Dafür haben sich die Welten zu<br />
weit voneinander entfernt. Heute<br />
steht Wohlfühlen auf dem Programm.<br />
Sportskanone: Eddy Hau auf einer Yamaha XT 550 mit Cantilever-Fahrwerk<br />
Chefredakteur Michael Pfeiffer<br />
Inhalt<br />
4 Impression XT 500<br />
1977 wurden die ersten XT 500<br />
offiziell nach Deutschland importiert.<br />
Ein Sammler scheute weder<br />
Kosten noch Mühen und baute<br />
eine solche Ur-XT wieder auf.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> lässt sie hochleben<br />
10 Weltreisende auf XT<br />
Traumhafte Bilder, fantastische<br />
Erlebnisse: Um die Welt mit Erik<br />
Peters und Trevor Angel<br />
14 XT-Modellhistorie<br />
Alle wichtigen XT- und XTZ-<br />
Modelle chronologisch sortiert<br />
und beschrieben<br />
22 Yamaha Yard Built:<br />
Benders-SR/XT 400<br />
Eine brave SR 400 in eine geländetaugliche<br />
XT verwandeln? Die<br />
Bender-Brüder zeigen, wie‘s geht<br />
24 XT-Sporthistorie<br />
Von Anfang an trieben XT-Fahrer<br />
Motorsport – im Motocross, bei<br />
Enduro-Rennen und der Rallye<br />
Paris-Dakar. Ein Rückblick auf<br />
markante Maschinen und Fahrer<br />
30 Blick in die Zukunft<br />
Kommt bald eine neue XT 700 Z<br />
Ténéré? <strong>MOTORRAD</strong> hat sich dazu<br />
Gedanken gemacht<br />
3
Impression XT 500<br />
<br />
Wie beim<br />
allerersten Mal<br />
Eine fast 40 Jahre alte Yamaha XT 500, die aussieht wie frisch aus dem Laden, ein Tag<br />
mit stahlblauem Himmel, Sonne bis zum Abwinken und vor uns winzig kleine Straßen<br />
mit tausend Kurven: Schöner kann Motorrad fahren nicht sein!<br />
4 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Von Michael Pfeiffer<br />
Fotos: Jacek Bilski, Gert Thöle<br />
Es gab mal wieder einen ziemlichen<br />
Menschenauflauf in der<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Garage. Und zwar<br />
nicht, weil der neueste Superhast-du-nicht-gesehen-Crossover-Donnerbolzen<br />
ausgeladen wurde. Das Objekt<br />
der Neugierde war von schlanker<br />
Statur, schlicht in der Linienführung<br />
und nur 27 PS stark: Eine wirklich fantastisch<br />
restaurierte Yamaha XT 500 der<br />
ersten offiziell importierten Serie funkelte<br />
mit ihren Speichenrädern im<br />
Schein der Neonlampen. „Mann, ist die<br />
klein!“, entfuhr es einem netten Kollegen,<br />
dessen Geburt zehn Jahre nach<br />
dem eingestanzten Baujahr auf dem<br />
polierten Aluminium-Typenschild der<br />
XT erfolgte.<br />
„Jüngelchen“, hätte man ihm gerne<br />
gesagt, „ früher waren alle Motorräder<br />
niedrig, handlich und klein. Heute werden<br />
doch nur noch dicke fette Plastikeimer<br />
gebaut!“ Aber dem netten Kollegen<br />
sei es verziehen. Woher sollte er es<br />
wissen? Immerhin hatte er schon erfahren,<br />
dass eine schlanke Ducati Scrambler<br />
vieles besser kann als eine dicke<br />
BMW R 1200 GS. Und eine XT, die sei<br />
ungefähr eine Essenz der heutigen<br />
Scrambler. Noch reduzierter, noch klarer,<br />
noch einfacher. Da hat er genickt.<br />
Noch härter traf es Gert. Testchef<br />
Thöle, dessen Lebenszeit sich gerade<br />
zum sechzigsten Mal jährte, blieb die<br />
Spucke weg. „Die hab ich gehabt. Genau<br />
die hab ich mir damals gekauft!<br />
77er, cremefarbene Aufkleber. Das<br />
glaub ich nicht! Die sieht ja aus wie<br />
neu!“ Wer den eher ruhigen Cloppenburger<br />
kennt, weiß, dass der Mann sich<br />
gerade in höchster emotionaler Aufruhr<br />
befindet. Große Reden sind sein Ding<br />
nicht, dafür lässt er gerne den Gasgriff<br />
sprechen. Das reicht für die meisten.<br />
„Dann kannst du die Geschichte ja<br />
schreiben, wer kennt die XT besser als<br />
du?“ „Nein, das schaffe ich nicht. Da hab<br />
ich schon studiert, als ich mir die<br />
Karre kaufte. Und jetzt machen<br />
wir 40 Jahre XT?“ Gert hat fertig.<br />
Immerhin, er will ein Bild mitbringen<br />
von damals. Und einen kleinen<br />
Kastentext schreiben. Aber<br />
mehr? Auf keinen Fall. Zu sehr erinnert<br />
ihn das Ganze an seine<br />
jungen Jahre, die, so will es nun<br />
mal der Welten Lauf, länger her<br />
sind als der nette Kollege von<br />
weiter oben alt ist.<br />
Ist sie nicht wunderschön? Eine 1977er-Yamaha XT 500,<br />
als ob sie gerade vom Band in Japan gelaufen wäre<br />
In ihrer logischen Schlichtheit<br />
verzichtet die XT auf jeglichen<br />
Schnickschnack. Das war ihr<br />
unbedingtes Erfolgsrezept. Was<br />
nicht dran ist, kann auch nicht<br />
kaputtgehen. Und das, was dran<br />
ist, funktioniert in allen Lebenslagen.<br />
Zuverlässigkeit war in den<br />
70er-Jahren des letzten Jahrhun-<br />
5
Impression XT 500<br />
derts noch ein echtes Thema. Die vielen<br />
Zweitakter verglühten damals auf deutschen<br />
Autobahnen reihenweise. Da endete<br />
so manche Tour schon nach kurzer<br />
Zeit mit einem Loch im Kolben, einem<br />
Klemmer oder sonstigen allgemeinen<br />
Auflösungserscheinungen.<br />
Die XT strahlte hier etwas beruhigend<br />
Simples aus. Ein guter Kumpel für<br />
alle Tage und Strecken, dazu noch<br />
durchaus offroadtauglich und dank<br />
Gummiblinkern, Motorschutz, breitem<br />
Lenker und schmalem Tank auch Stürze<br />
leicht wegsteckend.<br />
Und jetzt der große Moment:<br />
Ankicken, vor Publikum. Selbst der<br />
Wikipedia-Eintrag über die XT erzählt<br />
Ventilausheber am Lenker zur fachmännischen<br />
Überwindung des oberen Totpunkts<br />
Am Zylinderkopf hebt der Hebel dann<br />
entsprechend das Auslassventil an<br />
Soziusrasten an der Schwinge, dicke<br />
Federbeine mit viel Federweg<br />
Blinker in Gummi: Das sparte viel Geld,<br />
allerdings war alles auch schnell weggebaut<br />
6 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT<br />
Männertraum: dicker Motorschutz aus Alu, fetter Kickstarter<br />
zum Angeben, viel Bodenfreiheit, wenig Bremsen
Die XT läuft auf den zweiten<br />
Kick, die Meute zieht traurig ab<br />
von gebrochenen Schien- und Wadenbeinen.<br />
Dabei ist es ganz einfach: Das<br />
Chokehebelchen am Vergaser betätigen,<br />
mit dem Kickstarter den Kolben<br />
bewegen, bis er nicht mehr weitergeht,<br />
ihn anschließend über diese Stelle mittels<br />
Ventilausheber hinwegbewegen<br />
und dann mit Schmackes auf den Kickstarter<br />
treten.<br />
Wer bremst, verliert, und was für die<br />
Rennerei gilt, gilt abgewandelt für das<br />
XT-Ankicken. Wer zögert, verliert. Und<br />
muss weiterkicken – oder gezeichnet<br />
weghumpeln. Unsere XT springt auf<br />
den zweiten Tritt an, was gut ist. Die<br />
enttäuschte Meute zieht langsam wieder<br />
Richtung Schreibstuben ab. Rolltor<br />
auf, ab durch die Mitte, raus aufs Land.<br />
Dabei hilft, dass die XT heute vergleichsweise<br />
niedrig ist, vollgetankt mit<br />
8,5 Litern Superbenzin nur 155 Kilogramm<br />
wiegt und dank schmaler Reifen<br />
und breiter Lenkstange handlich wie<br />
ein Fahrrad durch die Stadt zirkelt. Und<br />
wäre da nicht die etwas giftig einrückende<br />
Kupplung, würde man schon<br />
gleich die ersten Ampelduelle starten.<br />
Denn die satten 27 PS, die der 499er-<br />
Einnocker abliefert, sind bereits bei gefühlten<br />
3000/min vorhanden.<br />
Man darf sich wundern: Es gibt Einzylinder,<br />
die unter 2000/min rund<br />
laufen. Das haben wir schon lange<br />
nicht mehr erlebt. Ein Single mit Laufkultur<br />
ganz unten. Schwungmasse heißt<br />
das Zauberwort, und der XT-Motor besitzt<br />
einiges davon. Das macht ihn zum<br />
Zieher in niedrigen Drehzahlen und<br />
zum Dynamiker an der Ampel. Mit erhöhter<br />
Drehzahl einkuppeln, und<br />
schwupp strebt das zittrige Vorderrad<br />
gen Himmel. Früher hieß das Hochstart,<br />
heute Wheelie. Es fällt aber eher kurz<br />
aus, da der XT schnell die Puste ausgeht<br />
– da hätte man sich schon noch etwas<br />
mehr versprochen.<br />
Yamaha wollte damals nicht. Immerhin<br />
33 PS leistete die Auslandsversion<br />
der XT, für Deutschland wurde sie wegen<br />
der Versicherungsklassen-Einteilung<br />
und wohl auch wegen der durchaus<br />
mangelhaften Fahrstabilität auf 27<br />
PS gedrosselt. Ein dünnerer Ansaugstutzen<br />
und ein um zwei Millimeter kleinerer<br />
Vergaser kosteten den Zweiventiler<br />
nochmals Temperament.<br />
Aber kurz zurück zum Thema Wheelie.<br />
Es gab damals keine Maschinen, die<br />
aufs Hinterrad gingen. Gaswheelies, wie<br />
7
Impression XT 500<br />
Sensation: Die XT hatte schon<br />
damals ein Anti-Blockier-System!<br />
sie heute jede BMW macht, schon gar<br />
nicht. So war der Dampfhammer-Mythos,<br />
den die XT bis heute mit sich herumträgt,<br />
auch eine Folge der erstmals<br />
sichtbaren Ampelstart-Wheelies. Mit der<br />
schönen Fotomaschine lasse ich das<br />
Vorderrad heute unten. Und auch wenn<br />
„Enduro 500“ auf den Seitendeckeln<br />
prangt, werde ich keinen Meter Gelände<br />
fahren. Die Innenseiten der beiden<br />
Kotflügel haben nicht eine Steinschlagmacke,<br />
dann muss ich nicht der Erste<br />
sein, der welche reinballert.<br />
Spazierenfahren ist angesagt. Den<br />
bullig anziehenden Motor bis kaum<br />
5000 Touren drehen und mit der Segelstange<br />
die Kurven anvisieren. Die grobstolligen<br />
Bridgestone Trailwing 301 flößen<br />
auch nicht wirklich Vertrauen ein.<br />
Aber die eigentliche Sensation ist: Die<br />
Yamaha hatte schon damals ABS! Man<br />
wird es nicht schaffen, mit der dürftigen<br />
Halbnabenbremse das Vorderrad auf<br />
trockener Straße zu überbremsen. Und<br />
bergab ist sogar viel Mithilfe von hinten<br />
angesagt. Schon nach vier, fünf verhaltenen<br />
Bremsmanövern tritt enormes<br />
und beängstigendes Fading ein.<br />
Fotograf Jacek, bei dem bereits der<br />
Vorname, aber vor allem seine sparsame<br />
Verwendung grammatikalischer Regeln<br />
auf eine andere Muttersprache<br />
hindeutet, sagt: „Qualmt, Vorderrad.“<br />
Pause.<br />
Man muss sich schon fragen, wie so<br />
viele mit so wenig Bremse damals<br />
umzugehen wussten. Fürs Stoppelcrossen<br />
oder die gemütliche Sonntagstour<br />
mochten die beiden Halbnaben-<br />
Schwächlinge ja noch genügen. Aber zu<br />
zweit? Mit Gepäck? Zu zweit mit Gepäck?<br />
Auch noch bergab? 54 Kehren<br />
Stilfser Joch? Man müsste mal die Hänge<br />
dort absuchen. Ab Kehre 20, von<br />
oben runter gezählt, müsste man noch<br />
XT-Teile finden können. Einen Soziushaltegurt<br />
könnten wir noch gebrauchen.<br />
Der fehlt an der Fotomaschine. Oder die<br />
verchromten Spiegel. Aber die dürften<br />
eh kaputt sein.<br />
Warum war und ist die XT 500 so beliebt?<br />
Ist es dieser unbedingte Wille, mal<br />
etwas ganz Einfaches, Archaisches zu<br />
fahren? Etwas, das noch den ganzen<br />
Kerl in einem fordert? Über 25 000 Stück<br />
wurden bis 1989 in Deutschland verkauft.<br />
Und das, obwohl Yamaha ziemlich<br />
schnell die XT-Familie ausbaute und<br />
Maschinen mit leistungsstärkeren Vier-<br />
8 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
ventilmotoren, besseren Bremsen und<br />
viel besseren Fahrwerken brachte.<br />
Irgendwas in diese Richtung muss<br />
es wohl sein. Heutige Themen wie „Entschleunigung“<br />
oder „Die Wiederentdeckung<br />
der Langsamkeit“ und ähnliches<br />
Blabla waren Ende der 70er-Jahre nicht<br />
angesagt. Nein, die XT 500 zierte den<br />
Mann, war ein eindeutiges Statement.<br />
Wer dieses Biest ankicken kann, der bekommt<br />
auch sonst ziemlich viel auf die<br />
Reihe. Die Mädels jedenfalls waren nicht<br />
abgeneigt, sich auf der weich gepolsterten,<br />
aber schön kurzen Sitzbank hinzusetzen<br />
und fleißig mitzufedern. Denn<br />
die Soziusfußrasten waren – man muss<br />
seine Philosophie ja durchziehen – an<br />
der Hinterradschwinge befestigt.<br />
Ich fahre wieder zurück, mit gut 110<br />
km/h auf der Schnellstraße. Viel mehr<br />
will ich dem guten Sammlerstück nicht<br />
zumuten. Wäre doch jammerschade,<br />
den fast 40 Jahre alten Motor zu überlasten.<br />
Ein Lächeln steht in meinem Gesicht,<br />
schließlich war es für mich das<br />
allererste Mal XT-Fahren. Ehrlich.<br />
Schlicht, aber effizient wie das ganze Motorrad:<br />
das Cockpit. Kilometerstand unter 100!<br />
Baujahr 1977: Das Bike ist älter als ein Teil<br />
der <strong>MOTORRAD</strong>-Mannschaft. Oder jünger<br />
Von den 8,5 Litern Benzin können zwei Liter<br />
durch den Reservehahn aktiviert werden<br />
Der Kickstarter: Hat er auch schon<br />
Knochen gebrochen? Bei uns nicht<br />
Die erste Liebe<br />
An XT und HL 500 schraubt <strong>MOTORRAD</strong>-Testchef Gert Thöle seit fast 40 Jahren<br />
Als ich Anfang 1976 erste Fotos<br />
der XT 500 in <strong>MOTORRAD</strong> sah, war<br />
sofort klar: die, und keine andere.<br />
Ich lernte die Berichte damals auswendig<br />
und kratzte als Student jeden<br />
Pfennig zusammen, um dann im<br />
Frühjahr 1977 eine der ersten offiziell<br />
angebotenen Maschinen in Deutschland<br />
zu ergattern. Die XT war der<br />
Hammer: 500-cm 3 -Viertakter, aber<br />
mit zuverlässiger japanischer Technik,<br />
eine kernige Geländemaschine – und<br />
sie sah einfach fantastisch aus. Gleich<br />
am Anfang gab es einen Schreckmoment:<br />
An einer Ampel riss es das Vorderrad<br />
hoch, ich fuhr ein eindrucksvolles<br />
Wheelie quer über die Kreuzung.<br />
Sah wohl cool aus, war aber völlig unkontrolliert. Okay,<br />
gut gegangen, Backflip vermieden, ich war schwer beeindruckt<br />
ob dieser schieren Gewalt. Aus heutiger Sicht beurteilt man<br />
das natürlich anders, aber damals war die XT mit ihrem drehmomentstarken<br />
Zweiventiler etwas ganz Besonderes.<br />
Ich habe meine XT dann umgehend geländemäßig umgefrickelt:<br />
grobe Metzeler Six Days, lange Bilstein-Dämpfer, Tweesmann-Auspuff,<br />
Plastik-Kotflügel; überflüssiger Firlefanz kam in<br />
die Tonne. Schon Ende 1977 war die XT im Geländeeinsatz<br />
ziemlich stark aufgearbeitet, ich wechselte zum Crosser HL 500.<br />
Mit dem fuhr ich einige Jahre Rennen. Und der HL bin ich bis<br />
heute treu geblieben. Ab und zu bekommt sie noch Auslauf, im<br />
September darf der Dampfhammer wieder beim <strong>Classic</strong>-Cross<br />
in Wietstock aus seinem Megafon ballern. <br />
Gert Thöle<br />
9
Weltreisende auf Yamaha XT<br />
Weltenbummler<br />
Zur Geschichte und zum Erfolg der Yamaha-XT-Modellreihe<br />
gehören auch immer die spannenden Storys von Weltenbummlern.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> stellt zwei von ihnen vor.<br />
Von Roman Kirschbauer<br />
Fotos: Trevor Angel, Erik Peters<br />
Reisen mit dem Motorrad, das bedeutet<br />
für viele abschalten vom<br />
Alltag, mit der Natur eins werden,<br />
fremde Länder erkunden,<br />
riechen, schmecken, fühlen. Einfach die<br />
Welt mit allen Sinnen erleben. Für den<br />
Deutschen Erik Peters und den Australier<br />
Trevor Angel bedeutet es sogar mehr<br />
als das. Um nicht zu sagen: alles. „Selbst<br />
wenn ich eines Tages alle Länder der<br />
Welt bereist haben sollte, dann könnte<br />
ich es kaum erwarten, einfach wieder<br />
von vorne anzufangen“, sagt Erik.<br />
Dessen Motorradkarriere begann<br />
ziemlich bodenständig und asphaltorientiert.<br />
Ja, da stand eines Tages tatsächlich<br />
eine Yamaha XV 750 Virago auf<br />
dem Hof. Ein Motorrad, mit dem es einem<br />
nie in den Sinn käme auf Weltreise<br />
zu gehen. Doch so weit dachte Erik damals<br />
noch nicht. Da war Eisdielen-Posing<br />
mit reichlich Chrom wichtiger. Erst<br />
als er auf das ständige Putzen und Polieren<br />
keinen Bock mehr hatte, liebäugelte<br />
er mit einer Yamaha XT. Einer<br />
Ténéré, um genau zu sein. Allein der<br />
klangvolle Name, der eine Wüste im<br />
Süden der Sahara bezeichnet und in<br />
der Sprache der Tuareg „Das Land dort<br />
draußen“ bedeutet, war neben dem<br />
günstigen Preis und den vielen Erfolgen<br />
bei der Rallye Paris-Dakar das Salz in der<br />
Suppe. Er konnte der XTZ 750 nicht widerstehen.<br />
Sparbuch plündern, wenig<br />
10 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Erik Peters<br />
Texte übersetzen. Daraus<br />
bestand sein Leben. Das<br />
hatte er gelernt. Und dann<br />
schmiss das Leben ihn um.<br />
Wie einen Sack Reis. Nein,<br />
seine Partnerin hatte ihn nicht<br />
verlassen. Auch war er nicht<br />
plötzlich erkrankt oder sein<br />
großes Vorbild gestorben. Es<br />
machte einfach klick. Und dieses<br />
Gefühl, das er schon von<br />
seinen Reisen durch Europa<br />
kannte, durchdrang nun seinen<br />
ganzen Körper: Ich will<br />
Abenteurer werden. Wie der<br />
Kölner Erik Peters, Jahrgang<br />
1970, dazu kam? Der gelernte<br />
Diplom-Übersetzer machte<br />
sich im Jahr 2006 mit einer in<br />
die Jahre gekommenen Yamaha von Köln aus auf den Weg<br />
durch Zentralasien und die Mongolei nach Shanghai. Eine Reise,<br />
die sein Leben verändern sollte. Wieder zurück in Deutschland<br />
stellte er fest, dass sich sein Blickwinkel verändert hatte,<br />
die bisherigen alltäglichen Gesetzmäßigkeiten ihm zu gewöhnlich<br />
waren. Seine Entscheidung folgte schnell. Beruf an den Na-<br />
gel hängen, das Bein über die Sitzbank schwingen. Seither reist<br />
Erik mit dem Motorrad durch die Welt. Neben zwei Büchern hat<br />
der Kölner auch vier Filme über seine Abenteuer veröffentlicht.<br />
Regelmäßig berichtet er live von seinen Abenteuern in seinen<br />
Multivisionsshows. Weitere Infos zu Erik und seinen Reisen unter:<br />
www.motorradreisender.de<br />
Immer mit dabei: ein Zelt. Hier baut Erik Peters es an der<br />
Costa da Morte im Nordwesten der Iberischen Halbinsel auf<br />
Erik genießt die Freiheit, die ihm das Leben auf dem Motorrad beschert: in Kuba<br />
(links oben), in den Ruinen von Angkor in Kambodscha (unten links), auf Tour<br />
durch das Monument Valley in Arizona (oben rechts) oder im Bambuswald Kyotos<br />
später den Schlüssel in den Händen halten.<br />
Mit dem fetten Zweizylinder vor<br />
der Haustür passte neben den Traum<br />
von Freiheit und Abenteuer keine Briefmarke<br />
mehr. Er war jung, ihm fehlte das<br />
nötige Kleingeld, doch das war ihm<br />
wurscht. Er kannte kein Halten mehr,<br />
fuhr in die weite Welt hinaus.<br />
Nach einer XTZ 750 ergänzte vor<br />
sechs Jahren die XT 660 Z seinen<br />
Fuhrpark. Ein Motorrad, das ihm bis<br />
heute ein treuer und zuverlässiger Kamerad<br />
war. Was auf der Mammut-Tour<br />
von der Karibikküste Mexikos über das<br />
Polarmeer in Alaska und weiter bis nach<br />
New York kaputt ging? Eine Blinkerbirne.<br />
Mehr nicht. Es war der einzige Defekt<br />
über eine Strecke von 50 000 Kilometern,<br />
die ihn durch alle Klimazonen<br />
geführt hatte und auf der er alles andere<br />
als zimperlich mit seinem Krad umging.<br />
Erik: „Wenn mein Körper an seine<br />
Grenzen gestoßen ist, hat mich dieses<br />
Motorrad immer treu begleitet.“<br />
Aktuell ist Erik mit einer XT 1200 ZE<br />
unterwegs. „Das beste Motorrad, auf<br />
dem ich bislang gesessen habe“, sagt er.<br />
Nach gut 70 000 Kilometern auf diesem<br />
Modell das schönste Kompliment, das<br />
man einem Motorrad machen kann.<br />
„Auf all meinen Reisen habe ich eines zu<br />
schätzen gelernt: ein Motorrad, auf das<br />
man sich verlassen kann. Zwar können<br />
Pannen natürlich auch dazu führen, tolle<br />
Menschen kennenzulernen, doch<br />
ehrlich gesagt ziehe ich es vor, auf dem<br />
Motorrad zu sitzen, anstatt mit ölverschmierten<br />
Händen davor zu knien.<br />
Tolle Begegnungen, das weiß ich aus<br />
Erfahrung, ergeben sich auch ohne<br />
technische Probleme.“<br />
Derzeit ist Erik Peters mit seiner XT<br />
in Kuba unterwegs. Auf der Reise durch<br />
den sozialistischen Karibikstaat, so Erik,<br />
erlebe er täglich aufs Neue unvergessliche<br />
Momente. Und Abenteuer um<br />
Abenteuer.<br />
11
Weltreisende auf Yamaha XT<br />
Zu einem selbstbestimmten<br />
Leben braucht es Mut.<br />
Trevor Angel<br />
Trevor Angel hat von dieser<br />
Weisheit im Alter von 55<br />
Jahren im besonderen<br />
Gebrauch gemacht. Der<br />
Zahntechniker aus dem Westen<br />
Australiens hat dabei<br />
schon während seines Berufslebens<br />
zahlreiche internationale<br />
Stationen wie Saudi-Arabien<br />
und Washington DC besucht.<br />
Seine Liebe zum Zweirad<br />
startet als Jugendlicher<br />
auf alten BMW-Motorrädern,<br />
wofür er seinerzeit von seinen<br />
Freunden ausgelacht wird. Es<br />
dauert bis in die 80er-Jahre<br />
hinein, dass er sein Faible für<br />
ausgedehnte Motorradreisen entdeckt. Trevor genießt es, auf<br />
seinen Reisen faszinierende Menschen, wundervolle Landschaften<br />
und atemberaubende Strecken kennenzulernen und<br />
will mehr davon. Sein Traum: Weltreisender mit dem Motorrad<br />
zu werden. Drei Jahrzehnte später, im Jahr 2012, kann er sein<br />
Vorhaben endlich mit einer Yamaha XT 1200 Z umsetzen. Etli<br />
che Monate nach Beginn seiner „Reise ohne Ziel“ bereut er seine<br />
Entscheidung keine Sekunde: „Ich bin die glücklichste Person<br />
auf dieser Welt“. Momentan ist Trevor in Deutschland, plant<br />
derzeit eine Reise nach Pakistan. Wer mehr über den Australier<br />
und seine Reisen erfahren will: www.facebook.de/aroadanywhere<br />
und www.facebook.de/YamahaDestinationAdventure<br />
Die Begegnungen mit faszinierenden Menschen sind Trevor<br />
eine Herzensangelegenheit. Daraus schöpft er neue Kraft<br />
Trevor transportiert auf seinem Motorrad alles, was er besitzt. Bei seinen<br />
Reisen rund um den Globus schätzt er die Qualitäten und die Verlässlichkeit der<br />
Super Ténéré. Seine nächste Reise soll von Deutschland nach Pakistan führen<br />
Beim Australier Trevor Angel sind es<br />
nicht nur die Abenteuer, die ihn in die<br />
weite Welt treiben. Das Leben von Trevor<br />
macht schon vor dem Zeitpunkt seines<br />
Aufbruchs in ferne Ländern nicht<br />
den Eindruck, langweilig gewesen zu<br />
sein. Erst im Alter von 55 Jahren entschließt<br />
er sich, seinen seit drei Jahrzehnten<br />
schwelgenden Plan umzusetzen<br />
und den Büromief gegen Frischluft<br />
zu tauschen. Wie es dazu kam?<br />
Den ersten Duft von Freiheit auf<br />
dem Zweirad vernimmt Trevor, da hat er<br />
weder Lappen noch Bike. Sein Ausbilder<br />
zum Zahntechniker ist allerdings Mitglied<br />
im BMW-Motorradclub. Trevor<br />
reizt das Thema – und wird ebenfalls<br />
Mitglied. Sozusagen als Trockenübung.<br />
Von da an dauert es nur ein gutes Jahr,<br />
dann bügelt er bereits auf der Yamaha<br />
TZ 350 bei Straßenrennen durch Perth,<br />
seiner Heimatstadt. Als er in den 80er-<br />
Jahren in Saudi-Arabien arbeitet und<br />
sowohl ausreichend Zeit als auch Geld<br />
hat, unternimmt er die ersten internationalen<br />
Motorradreisen. Sie und ein<br />
Buch des Weltreisenden Ted Simon<br />
sind schließlich der Auslöser für sein<br />
beständiges Fernweh. Dabei ist es nicht<br />
das Motorradfahren an sich, das ihn<br />
so reizt, nein, es ist das Leben mit dem<br />
Motorrad.<br />
Im Jahr 2011 hat Trevor das ewige<br />
Nachdenken über das wie und wann<br />
satt und macht schließlich ernst. Wie<br />
beim Poker geht er „all-in“: Er verkauft<br />
alles, was er besitzt. Eine Rückkehr in<br />
sein altes Leben wird somit unmöglich!<br />
Er erwirbt eine fabrikfrische Yamaha<br />
Super Ténéré, verbringt ein weiteres<br />
Jahr mit Vorbereitungen, schnallt alles,<br />
was er noch besitzt auf das Heck und<br />
verlässt im September 2012 Washington<br />
DC, wo er bis zu diesem Zeitpunkt<br />
elf Jahre gelebt und gearbeitet hat. „Das<br />
Ganze Hab und Gut zu verkaufen war<br />
im Rückblick das Beste, was ich machen<br />
konnte“, erzählt Trevor heute. „Ich hab<br />
ein verlässliches Motorrad, meine Papiere,<br />
Wechselklamotten, Camping-Ausrüstung,<br />
eine Kamera und meinen Computer<br />
dabei. Damit kann ich überall hinge-<br />
12 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Wie beim Poker geht<br />
Trevor 2011 „all-in“<br />
hen und unternehmen, was ich mag.<br />
Der Weg ist das Ziel.“ Trevor bezeichnet<br />
sich selbst als modernen Nomaden. Bereits<br />
nach 40 Monaten hat er 48 Länder<br />
besucht und 150 000 Kilometer mit der<br />
Yamaha zurückgelegt. Die Entscheidung<br />
für dieses Motorrad hat er nie<br />
bereut. Sie sei an Zuverlässigkeit und<br />
Performance völlig konkurrenzlos.<br />
Als er im Mai 2014 von Argentinien<br />
aus nach Europa reist, glaubt er wegen<br />
der hohen Lebenshaltungskosten<br />
maximal sechs Monate bleiben zu können.<br />
Doch er bleibt bis heute, reist im<br />
Vergleich zu den Vorjahren weniger,<br />
verweilt nun an manchen Orten länger.<br />
Den Winter 2015/<strong>2016</strong> will er ursprünglich<br />
bei Freunden in Deutschland verbringen.<br />
Doch er ändert seinen Plan.<br />
Aufgewühlt durch die Bilder im Fernsehen,<br />
entscheidet sich Trevor Anfang<br />
<strong>2016</strong>, die Flüchtlinge bei ihrer Ankunft<br />
im Aufnahme-Camp in Idomeni zu unterstützen.<br />
„Ich habe so viel Gastfreundschaft<br />
in fremden Ländern erfahren,<br />
jetzt hatte ich das Gefühl, etwas zurückgeben<br />
zu müssen“, begründet er seine<br />
Entscheidung. Im griechischen Lesbos<br />
schließt er sich der norwegischen Hilfsorganisation<br />
„A Drop in the Ocean“ an<br />
und hilft durchnässten und unterkühlten<br />
Bootsflüchtlingen an Land, sortiert<br />
im Auffanglager Kleiderspenden, ruft<br />
übers Internet zu Spenden auf, kauft<br />
davon dringend benötigte Schuhe und<br />
Kleidung, die er auf seiner Yamaha ins<br />
Lager fährt.<br />
Seither zieren die Alukoffer seiner<br />
Super Ténéré bunte Händeabdrücke,<br />
die die Kinder mit Fingerfarbe draufsetzen<br />
durften. „Jetzt, wo ich in Lesbos<br />
Flüchtlingen helfen konnte, weiß ich<br />
meine Entscheidung für das Nomadenleben<br />
umso mehr zu schätzen. Nur diese<br />
Lebensart gibt mir die Flexibilität,<br />
solche Dinge zu tun. Meine nächste Reise<br />
soll mich nach Pakistan führen.“<br />
XT- und XTZ-Fahrer aufgepasst!<br />
Nach dem erfolgreichen Auftakt im letzten Jahr, startet<br />
der „eXTreme Ride“ in eine neue Runde. Beim „Destination<br />
Adventure – eXTreme Ride“ gilt es, in drei Tagen mindestens<br />
1500 km auf seiner XT oder XTZ abzuspulen und seine<br />
Eindrücke in einem Reisebericht<br />
und mit passenden Fotos an<br />
Yamaha zu schicken. Unter den<br />
besten Einsendungen werden zehn Preise verlost. Der Hauptgewinn:<br />
eine mehrtägige Alpen-Enduro-Tour. Anmeldungen<br />
unter: extreme-ride@yamaha-motor.de<br />
13
XT-Modellhistorie<br />
XTra-Klasse<br />
Vom technisch simplen Wandervogel bis zum üppig bestückten Reisedampfer spannt die<br />
XT-Familie einen weiten Bogen. Der gemeinsame Nenner? Fahren, fahren, fahren...<br />
Von Fred Siemer; Fotos: Paul Barshon, Joachim Deleker, fact, Rossen Gargolov, Frank Herzog, Markus Jahn,<br />
Sven Krieger, Jörg Künstle, MRD-Archiv, Ulrich Schwab, Katrin Sdun, Yamaha<br />
Was vorher geschah<br />
Aus der langjährigen Scrambler-<br />
Welle zog Yamaha schon sehr früh<br />
die richtigen Schlüsse und entwickelte<br />
mit der DT-1 die erste echte Enduro.<br />
Bis 1968 vergnügten sich geländesüchtige<br />
Amerikaner meistens mit Scramblern, also<br />
mehr schlecht als recht auf Stollenräder<br />
gestellten Straßenmotorrädern. Die sahen<br />
und sehen mit ihren hochgelegten Auspuffanlagen<br />
sowie den breiten Lenkern<br />
sehr schick aus, erschweren den Wüstensturm<br />
jedoch mit wenig Bodenfreiheit<br />
und viel Gewicht. Praktischer schien Yamaha,<br />
ein echtes Geländemotorrad derart<br />
zu zivilisieren, dass es für jedermann beherrschbar<br />
bleibt und den Anforderungen<br />
des normalen Straßenverkehrs genügt.<br />
Unter diesen Vorgaben entstand die DT-1.<br />
Ihr Zweitaktmotor basiert auf einer Cross-<br />
Konstruktion, wurde auf moderate 18 PS<br />
begrenzt, springt locker an und zieht<br />
schon ab 2500/min los. Er hängt in einem<br />
Doppelschleifenrahmen aus dünnem<br />
Stahlrohr, die Ceriani-Gabel und die Ste-<br />
DT-1,<br />
1968<br />
reo-Federbeine bieten 145 bzw. 90 mm<br />
Federweg. Darauf hatten die US-Boys gewartet,<br />
ruck, zuck war die Jahresproduktion<br />
von 12 000 Einheiten ausverkauft.<br />
Mit der Nachfolgerin DT-2, die 1972 statt<br />
eines schlitz- bereits einen membrangesteuerten<br />
Motor vorzeigen konnte, brach-<br />
DT-2, 1972<br />
14 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
XT 500<br />
In der Endurowelt gibt es ein Vorher<br />
und ein Nachher. Die Trennlinie markiert<br />
ein knackiger und schlau gemachter<br />
Viertakt-Single namens XT 500.<br />
Als Sportgerät<br />
ist die XT 500<br />
überholt, aber<br />
zum Wandern<br />
taugt sie heute<br />
mehr denn je<br />
Sie war für die Amis gebaut und für<br />
deren raumgreifende Wochenendtrips<br />
quer durch Wüsten und Prärien. Folglich<br />
präsentierte Yamaha die XT in Las<br />
Vegas, im Herbst 1975, und die Händler<br />
begriffen sofort, dass dieses Stollenkrad<br />
mit seinem klassisch gezeichneten<br />
Halblitermotor und dem soliden, nicht<br />
zu schweren Fahrwerk in neue Dimensionen<br />
vorstoßen würde. In Deutschland<br />
dagegen wagte man nicht mal beim<br />
Yamaha-Importeur Mitsui eine Prognose,<br />
ob derlei Gerät wohl abzusetzen sei.<br />
Die hiesigen Kunden waren zuversichtlicher:<br />
Vom US-Kontingent abgezwackte<br />
173 Einheiten gingen 1976 weg wie<br />
nichts, und Grauimporteure machten in<br />
dem Jahr die schnelle Mark, denn<br />
längst hatten viele genug von chromblitzenden<br />
Multizylindern und sehnten<br />
die Rückkehr des grundehrlichen, wendigen<br />
und robusten Motorrads herbei.<br />
Weniger ist mehr, unter diesem<br />
Schlachtruf vereinte die XT 500 alle, die<br />
einfach nur fahren wollten.<br />
Einigen – aber längst nicht allen –<br />
dieser Fans kam dabei durchaus gelegen,<br />
dass Stollenreifen und lange Federwege<br />
das Einsatzgebiet beträchtlich<br />
erweiterten, die kühnsten unter ihnen<br />
erkannten sofort, dass die XT Grenzen<br />
sprengen konnte. Großer Tank<br />
drauf und fette Packtaschen dran,<br />
schon ging es ab nach Afrika.<br />
Doch auch zwischen Westerwald<br />
und Pyrenäen begeisterte dieser<br />
stilvoll dargebotene Minimalismus,<br />
und so darf sich die XT 500<br />
mit Fug und Recht erste Reise-<br />
Enduro der Welt nennen. Mit offener<br />
US-Leistung von 33 PS sowie<br />
auf 12 Volt hochgerüsteter Elektrik<br />
macht sie noch heute richtig Laune,<br />
an die zaghaften Bremsen<br />
muss man sich eben gewöhnen.<br />
Mit viel Chrom und Glitzer wurde der<br />
Abschied versüßt: 1988 erschien die letzte<br />
Modellvariante, im Jahr drauf war Schluss<br />
Beim ersten Modell<br />
verlief der Krümmer<br />
unterm Triebwerk<br />
DATEN: XT 500<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
zwei Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 87 x 84 mm, Hubraum 499<br />
cm³, Leistung: 20 kW (27 PS) bei<br />
5900/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
195/110 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
155 kg, angeboten von<br />
1976 bis 1989<br />
te Yamaha die Enduro auch offiziell nach<br />
Deutschland. Und stürzte <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Tester Ernst „Klacks“ Leverkus in arge Not:<br />
Wo lag denn nun die wahre Bestimmung<br />
dieser neuartigen Spezies? Der alte Kradmelder<br />
lobte den zähen, dennoch drehfreudigen<br />
Motor, das handliche Fahrwerk<br />
und die praktische Machart, dennoch vermeldete<br />
er am Schluss, man müsse „ein<br />
Enduro-Modell also als Spielzeug ansehen“.<br />
Die Franzosen waren damals einen<br />
Schritt weiter, dort räkelte sich Brigitte<br />
Bardot werbewirksam auf einer DT und<br />
fuhr einfach der Sonne entgegen. Jenseits<br />
des Rheins wurden die DT-Modelle, später<br />
von 125 bis 400 cm³ allesamt mit Cantilever-Schwinge<br />
versehen und stetig weiterentwickelt,<br />
noch bis weit in die 80er-Jahre<br />
angeboten. Hierzulande waren die wassergekühlten<br />
80er und 125er bei jugendlichen<br />
Einsteigern sehr beliebt.<br />
DT 250 MX,<br />
1976<br />
DT 125 R,<br />
1993<br />
DATEN: DT-2<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor,<br />
Bohrung x Hub: 70 x<br />
64 mm, Hubraum 246 cm³, Leistung:<br />
17 kW (24 PS) bei 7000/<br />
min, Getrenntschmierung, Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr,<br />
Federweg vorn/hinten:<br />
145/90 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
120 kg, angeboten von<br />
1972 bis 1976<br />
15
XT-Modellhistorie<br />
Wenig Gewicht<br />
und 38 PS – das<br />
macht Laune<br />
Die Cantilever-Schwinge<br />
war damals ein Muss für<br />
Offroad-Yamahas<br />
XT 250<br />
Mit einem fein gemachten Viertellitermotor und modernem<br />
Fahrwerk sollte die kleine Schwester der XT 500 alle Stadtindianer,<br />
Sparfüchse und Wandervögel begeistern.<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
zwei Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 75 x 56,5 mm, Hubraum 249<br />
cm³, Leistung: 16 kW (22 PS) bei<br />
8600/min, Nasssumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus Stahlrohr,<br />
Federweg vorn/hinten: 205/178<br />
mm, Gewicht vollgetankt: 125<br />
kg, angeboten von 1980 bis 1990<br />
Für freimütige und genussreiche Entdeckungsstouren reichen<br />
250 cm³ dicke, das war längst bekannt. Und so stellte<br />
Yamaha 1980 einen Viertakter diesen Formats vor, um die bis<br />
dahin sehr erfolgreich angebotene, aber zweitaktende DT 250<br />
zu ersetzen. Ein automatischer Ventilausheber erleichtert das<br />
Ankicken, eine zahnradgetriebene Ausgleichswelle mildert<br />
die Vibrationen, die Sitzhöhe passt auch kleineren Menschen<br />
– mit derlei freundlichen Angeboten machte sich die XT 250<br />
vor allem bei Fahranfängern und Gelände-begeisterten Frauen<br />
beliebt. Ihr geringes Gewicht prädestiniert sie in der Tat<br />
zum Wandern auf unbefestigten<br />
Wegen, selbst Sand-<br />
DATEN: XT 250<br />
passagen verlieren jeden<br />
Schrecken. Das Fahrwerk<br />
beweist mit der Cantilever-<br />
Schwinge eine optische Nähe<br />
zu Yamahas erfolgreichen<br />
Crossern, faktisch setzt es<br />
eher auf Komfort. Zum Start<br />
machten wackere 22 PS<br />
mobil, später versicherungsbedingt<br />
nur noch 17.<br />
XT 600 Z Ténéré, 1983<br />
Der Knaller, nicht nur für Stollenfreaks. Und hier auch noch<br />
mit der optionalen, weltberühmten Einmann-Sitzbank<br />
XT 550<br />
Die Welt dreht sich weiter, gewiss. Aber man muss aufpassen,<br />
nicht schneller zu drehen als notwendig. Sonst geht’s einem<br />
wie der tollen XT 550.<br />
Fast kommt der Verdacht auf, Yamaha habe dem Erfolg der<br />
Ur-XT nicht getraut, denn beeinflusst durch Neuvorstellungen<br />
von Honda und Suzuki wurde mit der 550er eine stark modernisierte<br />
Großenduro nachgeschoben, deren wunderbare Anlagen<br />
aufgrund ihrer nicht zu Ende gedachten Konzeption leider<br />
verpufften. Der Reihe nach: Der vollkommen neu konstruierte<br />
Motor hat nun vier statt zwei Ventile, eine zahnradgetriebene<br />
Ausgleichswelle zähmt allfällige Vibrationen wirkungsvoll, die<br />
Leistung steigt enorm. Die Gemischaufbereitung übernehmen<br />
gleich zwei Vergaser, zunächst ein normaler Schieber-, ab mittleren<br />
Drehzahlen zusätzlich noch ein Gleichdruckvergaser. Der<br />
ebenfalls komplett neu konstruierte Rahmen trägt vorn eine<br />
deutlich stämmigere Gabel, hinten die mittlerweile Yamahatypische<br />
Cantilever-Schwinge. Es gibt endlich eine 12-Volt-Anlage<br />
und zeitgemäßes H4-Licht, der Tank fasst praxisgerechte<br />
11,5 Liter, und der automatische Ventilausheber erleichtert den<br />
Start. Aber: Das Design gefällt<br />
nicht jedem, die Bremsen<br />
sind der Motorleistung<br />
im Tourenbetrieb nicht gewachsen,<br />
die Soziusrasten<br />
klemmen nach wie vor an<br />
der Schwinge. Durchgefallen,<br />
so schnell geht das. Der<br />
Antrieb immerhin überdauerte<br />
das kurze Leben der XT<br />
550, er bewegte ihre Nachfolgerinnen<br />
noch über Jahrzehnte.<br />
DATEN: XT 550<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 92 x 84 mm, Hubraum 558<br />
cm³, Leistung: 28 kW (38 PS) bei<br />
6500/min, Trockensumpfschmierung,<br />
unten offener Einrohrrahmen<br />
aus Stahl, Federweg vorn/<br />
hinten: 205/190 mm, Gewicht<br />
vollgetankt: 145 kg, angeboten<br />
von 1982 bis 1984<br />
XT 600 Z Ténéré<br />
„Wir haben verstanden“, sagte Yamaha, und zog sowohl aus der<br />
Kritik an der 550er wie aus dem Ruhm der 500er die richtigen<br />
Schlüsse. Die Ténéré war die beste Fernweh-Enduro ihrer Zeit.<br />
Aus der zwischen Dakar und Tamanrasset aufgelesenen Mischung<br />
sportlicher und touristischer Attribute hatte sich um<br />
1980 längst das Bild einer kernigen Abenteuermaschine geformt.<br />
Hoch über dem Boden schwebend, von einem riesigen Spritfass<br />
gekrönt, durchpflügte sie Sanddünen und trotzte steinigen Pisten.<br />
Meist basierten diese Geräte auf der braven XT 500, gelegentlich<br />
auf der R 80 G/S aus Bayern, ihre wachsende Zahl ließ<br />
auf einen nennenswerten Markt schließen. Deshalb dachte sich<br />
Yamaha 1983 für die neue 600er-Reihe einen gewitzten Schachzug<br />
aus und präsentierte die Ténéré vor dem Normalmodell. Ihr<br />
gebührte die größte Aufmerksamkeit, sie sollte das Spitzenmodell<br />
sein. Und sie wurde es, denn dank des prinzipiell aus der<br />
550er bekannten, aber vergrößerten und leistungsgesteigerten<br />
Motors schob dieses Wüstenschiff gut voran. Und dank eines für<br />
damalige Verhältnisse erstklassigen Fahrwerks mit progressiv angelenktem<br />
Mono-Federbein und 41er-Gabel brauchte die XT 600<br />
Z tatsächlich keine Piste zu fürchten.<br />
16 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
XT 350<br />
Immer größer, schneller und komfortabler wurden die<br />
Enduros. Darunter musste zwangsläufig der wilde Spaß im<br />
Gelände leiden. Und deshalb kam die kleine, tolle XT 350.<br />
DATEN: XT 350<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 86 x 59,6 mm, Hubraum 346<br />
cm³, Leistung: 20 kW (27 PS) bei<br />
8000/min, Nasssumpfschmierung,<br />
unten offener Einrohrrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
255/225 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
150 kg, angeboten von<br />
1980 bis 1995<br />
Die XT 350 – kann alles, außer große Reisen<br />
Obwohl Reisende und Allrounder mit den starken<br />
600ern höchst zufrieden waren, gab es immer noch einige,<br />
die was zu meckern hatten. Meist wohnten diese Leute<br />
in Ländern, wo Geländeausflüge nicht sofort durch rotweiße<br />
Schilder oder Schlagbäume gebremst wurden, doch<br />
auch in Deutschland riefen einige nach einer modernen<br />
Enduro fürs Grobe. Yamaha reagierte und schenkte ihnen einen<br />
echten Feingeist: Das vollkommen eigenständige Triebwerk<br />
der XT 350 mit zwei obenliegenden Nockenwellen,<br />
vier Ventilen und sechs Gängen bietet ein sehr breites nutzbares<br />
Drehzahlband und verwöhnt mit absolut guten Manieren.<br />
Für Crosspisten taugen<br />
die langhubigen Original-Federelemente<br />
zwar<br />
nur bedingt, doch engagierten<br />
Offroad-Touren<br />
sind sie stets gewachsen.<br />
Begeistern können Alltagstauglichkeit,<br />
Handling und<br />
Robustheit dieses zierlichen,<br />
leider viel zu oft<br />
unterschätzten Leichtgewichts.<br />
Mit 13-Liter-Tank und Scheibe<br />
hinten kam die 87er-XT 600<br />
XT 600<br />
Die XT 500 weilte längst in einer anderen, ruhigeren Welt.<br />
Den Stand der Dinge jedoch markierte ab 1984 die famose<br />
XT 600. Sie gilt bis heute als Blaupause für robuste, fixe und<br />
ernsthafte Allround-Enduros.<br />
Das Aufrüsten ging munter weiter, nach Honda kämpften<br />
nun auch die anderen Japaner bei großvolumigen Allround-<br />
Enduros mit und machten Druck. Mit der einige Monate nach<br />
der Ténéré eingeführten XT 600 positionierte sich Yamaha wieder<br />
in der absoluten Spitze. Das Triebwerk teilen sich Wüstenschiff<br />
und Normalversion, Letztere verzichtet allerdings auf den<br />
Ölkühler. Auch die Fahrwerke entsprechen einander, doch kleinerer<br />
Tank und knackigere Sitzgarnitur verleihen der XT 600 eine<br />
spürbar größere Leichtigkeit. Für den Alltag genügen 11,5<br />
Liter Tankvolumen, und deshalb eroberte die XT rasch die Zulassungsstatistiken<br />
aller möglichen Länder. Vor allem die Franzosen<br />
exerzierten vor, wie agil so ein Gerät durch Metropolen<br />
zischen kann. Am Wochenende<br />
macht die XT dann mit<br />
ihrem super komfortablen<br />
und handlichen Fahrwerk<br />
sowie den guten Bremsen<br />
gern auf kleinen und kleinsten<br />
Straßen Alarm, im Gelände<br />
und auf Schotterpisten ist<br />
sie eine Macht. Ihre solide<br />
Bauweise überzeugte weltweit,<br />
und deshalb entwickelte<br />
Yamaha sie stetig weiter.<br />
Fast 20 Jahre lang.<br />
DATEN: XT 600<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 95 x 84 mm, Hubraum 595<br />
cm³, Leistung: 32 kW (44 PS) bei<br />
6500/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
255/235 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
154 kg, angeboten von<br />
1984 bis 1990<br />
XT 600 Z<br />
Ténéré, 1986<br />
XT 600 Z Ténéré, 1988<br />
Ein vollkommen unnötiges<br />
Drama leitete die Version von<br />
1986 ein, erst tiefere Sacklöcher<br />
der Zylinderkopfschrauben<br />
sowie weitere stabilisierende<br />
Maßnahmen mündeten<br />
dann ab 1988 wieder in einer<br />
gewohnt zuverlässigen und<br />
beliebten Ténéré<br />
Ewig Heimatverbundene fragten natürlich, was 28 Liter Benzinvorrat und Cross-taugliche Federwege<br />
im normalen Straßenverkehr suchten. Sie hatten nichts verstanden, denn der Tank war wichtig<br />
und die tollen Federelemente richtig: Vor allem mit Hilfe der Ténéré sickerte allmählich durch,<br />
dass es off- wie onroad keine bequemeren Reisegeräte gibt als große Enduros, wozu übrigens<br />
auch ihre legendär gemütliche Sitzbank beitrug. Der Rest dieses eindrucksvollen Motorrads ist<br />
heute natürlich ebenso legendär, wenngleich die zweite, 1986 eingeführte Variante den guten Ruf<br />
mit nervigen Hitzeschäden an der Zylinderkopfdichtung zu lädieren drohte. Im dritten Versuch ab<br />
1988 war dann alles wieder gut, abgesehen vom nur noch auf Wunsch erhältlichen Kickstarter.<br />
DATEN: XT 600 Z Ténéré<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 95 x 84 mm, Hubraum 595<br />
cm³, Leistung: 32 kW (44 PS) bei<br />
6500/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
255/235 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
171 kg, angeboten von<br />
1983 bis 1991<br />
17
XT-Modellhistorie<br />
XTZ 750 Super Ténéré<br />
Ein Zylinder war Ende der 80er nicht mehr genug, die Top-<br />
Enduros starteten ihren bis heute anhaltenden technologischen<br />
Wettlauf. Einen frühen Höhepunkt markiert die Super Ténéré.<br />
Geradeaus<br />
fährt die XTZ<br />
prima, besonders<br />
gern auf<br />
Schotter<br />
Nicht nur die Siegerlisten der Rallye Paris-Dakar, sondern<br />
auch die Verkaufsstatistiken gaben den Marketingleuten von<br />
BMW, Honda und anderen Recht: Zweizylinder-Enduros mit 50<br />
oder deutlich mehr PS gingen weg wie nichts. Natürlich waren<br />
diese Geschütze eigentlich für echtes Gelände zu schwer, aber<br />
für Schotterpisten reichte es locker, und das genügte den Kunden.<br />
Also dann: Um mal wieder einen richtigen Pflock einzuhauen,<br />
entwickelte Yamaha einen komplett neuen und wassergekühlten<br />
Gleichläufer-Twin, dessen Vibrationen zwei Ausgleichswellen bändigen. Er liegt um 45<br />
Grad nach vorn geneigt in einem stählernen Doppelschleifenrahmen mit demontierbaren Unterzügen,<br />
seine Fallstromvergaser schlürfen aus einem 6,5 Liter großen Luftfilterkasten und einem<br />
26 Liter fassenden Tank. Zwei obenliegende Nockenwellen betätigen je fünf Ventile, um<br />
Baulänge zu sparen, liegen die Wellen des Fünfganggetriebes übereinander.<br />
Haben‘s alle gemerkt? Mit einem echten Techno-Krad, einer Über-Ténéré, wollte Yamaha die<br />
Konkurrenz abhängen, und vom Topspeed her ging die Rechnung auf. Aber was bedeutet das<br />
schon, wenn die Bremsen matt wirken, der Verbrauch zu hoch ist, die Federelemente arg auf<br />
Komfort getrimmt sind und obendrein zur Ölkontrolle Seitendeckel abgeschraubt werden müssen?<br />
Das wunderbare Konzept war nicht wirklich zu Ende gedacht, leider unternahm Yamaha<br />
wenig, um es zu vollenden. Welches Potenzial in der XTZ 750 steckt, bewies dagegen Frankreich-Importeur<br />
Sonauto, der sie ab 1991 siebenmal zu Dakar-Siegen pushte.<br />
DATEN: XTZ 750<br />
Super Ténéré<br />
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor,<br />
je fünf Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 87 x 63 mm, Hubraum 749 cm³,<br />
Leistung: 51 kW (69 PS) bei 7500/<br />
min, Trockensumpfschmierung, Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr,<br />
Federweg vorn/hinten: 235/215<br />
mm, Gewicht vollgetankt: 232 kg,<br />
angeboten von 1989 bis 1997<br />
XT 600 E/K<br />
Die harten XT-Fans haben die E/K nie geliebt,<br />
Yamahas Kaufleute umso mehr<br />
Die Zeit der XT 500 war abgelaufen, und die hochbeinige 600er taugte kaum als Nachfolgerin.<br />
Also wurde sie klein gemacht und gestrafft und angehübscht und elektrifiziert. Ein Erfolgsrezept.<br />
DATEN: XT 600 E/K<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x Hub:<br />
95 x 84 mm, Hubraum 595 cm³, Leistung:<br />
33 kW (45 PS) bei 6500/min,<br />
Trockensumpfschmierung, Einschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Federweg<br />
vorn/hinten: 225/220 mm, Gewicht<br />
vollgetankt: 177 kg, angeboten von<br />
1990 bis 1994<br />
Enduros wurden immer populärer. Was nicht bedeutet, dass ganze Heerscharen zu<br />
praktizierenden Geländefahrern mutiert wären. Nein, man kokettierte gerne mit dem<br />
Abenteuerimage und freute sich ansonsten am robusten Wesen dieser Fahrzeuge.<br />
Die XT-Entwickler lagen also genau richtig, als sie für 1990 einen steiferen, im vorderen<br />
Bereich als Öltank ausgeformten Rahmen mit gekürzten Federwegen präsentierten<br />
und so die Hochgeschwindigkeitsstabilität der XT 600 verbesserten. Sie hatten<br />
recht, als sie den E-Starter der Ténéré übernahmen,<br />
auch das Fehlen eines Drehzahlmessers<br />
konnte die anvisierte Kundschaft verschmerzen,<br />
wie deren Kauflust bewies. Der harte Kern<br />
der XT-Fans sah die Sache anders, schielte auf<br />
das happige Gewicht, die deutlich schlechteren<br />
Geländeeigenschaften, stählerne statt Alufelgen,<br />
den das Heck mittragenden Auspuff und<br />
labberige Plastikteile. Immerhin schob Yamaha<br />
1991 als Zugeständnis an die Treuesten der<br />
Treuen eine Kickstart-Version nach.<br />
XTZ 660 Ténéré<br />
Strengere Geräusch- und Abgasbestimmungen<br />
machten großen luftgekühlten<br />
Einzylindern schon in den frühen 90ern das<br />
Leben schwer. Mit der XTZ 660 fühlte sich<br />
Yamaha bestens gewappnet.<br />
Unterhalb der Zweizylinder-XTZ war<br />
noch viel Platz für einen modernen Reise-Single,<br />
und die Gemeinde hoffte inständig,<br />
dieser möge mal wieder richtig leicht<br />
ausfallen. Doch Yamaha orientierte sich<br />
eher am Gewicht von Hondas erfolgreicher<br />
Transalp, und so geriet auch die neue Ténéré<br />
eher wenig geländetauglich. Aber fahrstabil<br />
ist sie und hat knackige Bremsen sowie<br />
Komfort satt und Platz für zwei. Plus<br />
Fünfventilmotor. Der setzt auf dem Unterbau<br />
der alten XT 600 auf, hüllt Zylinder und<br />
18 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT<br />
ohc-Kopf jedoch in einen Wassermantel. Oben raus nicht von überschäumendem<br />
Temperament gesegnet, schiebt er in mittleren Drehzahlen mächtig voran. Warum<br />
dieses ehrliche und robuste Motorrad kein Erfolg wurde, weiß so recht niemand zu<br />
sagen. Vielleicht lag es am arg dezenten Design. Vielleicht aber auch an der Honda.<br />
Prima für<br />
Touren – die<br />
oft verkannte<br />
XTZ 660<br />
DATEN:<br />
XTZ 660 Ténéré<br />
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
fünf Ventile, Bohrung<br />
x Hub: 100 x 84<br />
mm, Hubraum 660<br />
cm³, Leistung: 35 kW<br />
(48 PS) bei 6250/min,<br />
Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr,<br />
Federweg vorn/hinten:<br />
220/200 mm,<br />
Gewicht vollgetankt:<br />
202 kg, angeboten<br />
von 1991 bis 2000
XT 600 E<br />
Während die 660er-Ténéré trotz schärferer Bestimmungen auf eine standesgemäße<br />
Leistung kam, wurde die letzte Ausgabe der XT 600 E auf 39 PS<br />
eingebremst. Der luftgekühlte Single hatte seinen Zenit überschritten.<br />
Als Vertreter des zweitgrößten Motorradherstellers der Welt wollte<br />
der deutsche Importeur alle Marktsegmente bedienen, auch jenes der<br />
preiswerten Allround-Enduros. Also nochmals<br />
ein Facelift für die gute, alte XT 600<br />
DATEN: XT 600 E<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 95 x 84 mm, Hubraum 595<br />
cm³, Leistung: 29 kW (39 PS) bei<br />
inklusive 15-Liter-Tank, verbesserter<br />
Kupplungsbetätigung und diesem oder<br />
jenem. Die ganze Mechanik war sehr ausgereift,<br />
klar, aber der Spirit war irgendwie<br />
verloren gegangen: Die XT verkaufte sich<br />
zwar immer noch recht ordentlich, nur<br />
längst nicht mehr an Meinungsführer. Sie<br />
war schwer, sie wurde durch schärfere Bestimmungen<br />
schon bald von 45 auf 39 PS<br />
eingebremst, sie hatte in dieser Form ih-<br />
6000/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
225/200 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
178 kg, angeboten von<br />
1995 bis 2003 ren Zenit deutlich überschritten.<br />
Abgesang in Moll: Die letzte XT wirkte weichgespült<br />
Da war noch was!<br />
Genau, die Supermoto-Mode,<br />
der<br />
folgt die X<br />
DATEN: XT 660 R<br />
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, vier Ventile,<br />
Bohrung x Hub: 100 x 84 mm, Hubraum 660 cm³, Leistung:<br />
35,3 kW (48 PS) bei 6000/min, Trockensumpfschmierung,<br />
unten offener Semi-Doppelrohrrahmen<br />
aus Stahlrohr, Federweg vorn/hinten: 225/200 mm,<br />
Gewicht vollgetankt: 192 kg, angeboten seit 2004<br />
XT 660 R/X<br />
Das Enduro-Zeitalter war noch lange nicht vorbei.<br />
Wer es nicht glaubte, für den legte Yamaha<br />
2004 eine moderne Neuinterpretation des ebenso<br />
beliebten wie bewährten Single-Hits auf.<br />
Nach und nach hatten alle Japaner ihre dicken<br />
Einzylinder aus dem Programm genommen,<br />
und auch Yamaha musste verdammt<br />
lange durchatmen, um endlich wieder<br />
Gas zu geben: 20 Jahre nach ihrer Vorstellung<br />
wurde die XT 600 von der 660 R abgelöst.<br />
Die Konstrukteure setzten komplett bei<br />
null an, vom Rahmen mit seinen zwei Oberzügen<br />
über die elektronisch gesteuerte Einspritzanlage<br />
bis zum herrlich leicht schaltbaren<br />
Getriebe war alles neu. Dennoch blieb der<br />
Charakter gewahrt, denn auch diese XT überzeugt<br />
mit verlässlichem Gemüt und herausragenden<br />
Allround-Eigenschaften. Ihre Geländefähigkeiten<br />
mögen unter dem respektablen<br />
Gewicht und den ungeschützt unterm<br />
Triebwerk verlaufenden Krümmern ein wenig<br />
gelitten haben, doch im Vergleich mit den<br />
nun üblichen Mittelklasse-Twins à la Honda<br />
Transalp oder Suzuki V-Strom 650 wirkt sie<br />
auf kleinen und kleinsten (Schotter-)Straßen<br />
beinahe federleicht. Agil. Wendig. Zum stabilen<br />
und handlichen Fahrwerk sowie den<br />
guten und gut dosierbaren Bremsen<br />
passt der deutlich spontanere Motor,<br />
der anders als bei der XTZ 660 wieder<br />
mit vier statt fünf Ventilen auskommt.<br />
Weil er obendrein<br />
wenig Sprit<br />
konsumiert, reichen<br />
die 15 Liter Tankinhalt<br />
locker für über<br />
300 Kilometer.<br />
Die XT 500<br />
hat das Segment<br />
der<br />
Allround-<br />
Enduros aufgemacht,<br />
und die XT<br />
660 R hält heute<br />
die Stellung<br />
19
XT-Modellhistorie<br />
Das alte Konzept stimmig<br />
modernisiert und wertig umgesetzt:<br />
Der Fachkundschaft<br />
gefällt die neue Ténéré<br />
Auch im <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Reiseteil fährt die XT 660 Z<br />
regelmäßig vor<br />
XT 660 Z<br />
Ténéré<br />
Das wir das noch erleben dürfen, tönte es aus der<br />
Gemeinde, als die neue Einzylinder-Ténéré antrat.<br />
Und schon im Stand verriet, dass sie wieder zu den<br />
ganz großen Reiseabenteuern einladen will.<br />
Längst ist die Welt der Reise-Enduristen gespalten: Hier jene, die<br />
wirklich noch Schotter oder gar Sandpisten unter die Räder nehmen,<br />
dort solche, die den räumlichen Gegebenheiten dieser Geräte zwar<br />
zugetan sind, sich aber eigentlich einen mindestens 200 km/h<br />
schnellen Grand Tourisme-Tourer wünschen. Letztere scheinen – das<br />
zeigt die Angebotsvielfalt dieses Segments – in überwältigender<br />
Mehrzahl, und so darf es als echte Wertschätzung der langjährigen<br />
Fans gewertet werden, dass Yamaha es 2008 doch noch mal mit einem<br />
Einzylinder probiert hat. Dank hoch aufragender Halbverkleidung,<br />
23-Liter-Tank, ellenlanger Federwege und guter Sitzbank wurde<br />
die Neue sofort als rechtmäßige Erbin akzeptiert. Das schmale<br />
21-Zoll-Vorderrad, großflächige Sturzpads sowie der stabile Triebwerkschutz<br />
machen Mut für Offroad-Abenteuer, gute Koffer aus dem<br />
Werkszubehör steigern die Reiselust.<br />
DATEN: XT 660 Z Ténéré<br />
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
vier Ventile, Bohrung x<br />
Hub: 100 x 84 mm, Hubraum 660<br />
cm³, Leistung: 35,3 kW (48 PS) bei<br />
6000/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Einschleifenrahmen aus<br />
Stahlrohr, Federweg vorn/hinten:<br />
210/200 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
2<strong>09</strong> kg, angeboten seit 2008<br />
Ihr direkt aus der XT<br />
660 R übernommener<br />
Motor lebt von einer<br />
sehr starken Kraftentfaltung<br />
in der Drehzahlmitte,<br />
das passt für Landstraßen<br />
und Schotter.<br />
Wenn es kniffliger wird,<br />
wünscht man sich etwas<br />
mehr Power und einen<br />
weicheren Antritt unter<br />
3000/min, aber ansonsten<br />
macht er auf guter Kumpel, glänzt mit ruhigem Lauf<br />
und ist dank unerschütterlicher Robustheit schon wieder<br />
auf bestem Weg zu legendärem Ruhm. Das stabile Fahrwerk<br />
ist hinten recht straff gefedert, verdaut dafür aber<br />
auch die volle Zuladung. In der ABS-Ausführung tritt die<br />
Ténéré mit deutlich verkürzten Federwegen an – und<br />
stürzt so Abenteuerreisende in ein echtes Dilemma.<br />
Die TT-Modelle<br />
Manche verlangen weniger, weil sie<br />
mehr wollen: weniger Gewicht etwa,<br />
um noch ungestümer im Gelände<br />
toben zu können. Denen jubelte<br />
Yamaha die talentierten Freizeit-<br />
Geländerenner namens TT unter.<br />
Bereits die gute alte XT 500 hatte eine<br />
leichtere und sportlichere Schwester zur<br />
Seite, die sich vor allem an die US-Kundschaft<br />
wandte und von dieser massenhaft<br />
gekauft wurde. Mit dem Pick-up anreisen,<br />
drei Stunden durch die Wüste bolzen, fertig.<br />
Einem ähnlichen Nutzungsmuster unterwarfen<br />
sich die meisten TT, namentlich<br />
die mit der ersten Ténéré eingeführte<br />
600er brachte es so zu weltweitem Ruhm.<br />
Auch in Europa nämlich stieg das Offroad-<br />
Fieber, der eine lebte es auf unbefestigten<br />
Alpenwegen aus, der andere bei Hobby-<br />
Geländeveranstaltungen. Hier wie dort<br />
passte eine robuste Maschine mit schlanker<br />
Kontur und berechenbarer Leistung.<br />
Gegenüber der normalen XT besaß die TT<br />
600 eine längere und kräftigere Gabel, eine<br />
längere Schwinge, ein besseres Federbein,<br />
eine größere Airbox, einen Nikasilbeschichteten<br />
Zylinder, einen leichteren,<br />
dennoch im Lenkkopfbereich verstärkten<br />
Rahmen und und und. 140 Kilo fahrfertig<br />
und ein beeindruckender Fahrspaß kamen<br />
unterm Strich raus.<br />
Echte Kenner schätzen bis heute die 1985<br />
eingeführte TT 350 ganz besonders, denn<br />
deren Gewicht von gerade mal 124 Kilo<br />
und ihr drehfreudiger, gleichzeitig er-<br />
TT 500, 1976<br />
staunlich elastischer Motor prädestinieren<br />
sie geradezu für anspruchsvolle Enduro-<br />
Wanderungen. Weil Yamaha selbst 1991<br />
die Produktion der TT 600 einstellte, übernahm<br />
Belgarda, der italienische Importeur,<br />
und brachte 1993 eine sehr ambitio-<br />
20 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
XT 1200 Z Super Ténéré<br />
Aus den Möglichkeiten ihrer langhubigen Federung und der<br />
üppigen Platzverhältnisse kreieren große Reise-Enduros oft<br />
enormen Komfort. Ganz besonders die aktuelle Super Ténéré.<br />
Schon zu Zeiten der ersten Super Ténéré war bekannt:<br />
Wer wirklich nach langer Tour entspannt ans Ziel kommen<br />
möchte, der klettert auf eine stattliche Enduro. Nach dem<br />
zugegebenermaßen bisweilen kniffligen Aufstieg nämlich<br />
herrscht an Bord so eines Stollendampfers nur noch Wohlbefinden.<br />
Hände und Füße ruhen dort, wo sie von ganz alleine<br />
ruhen möchten, der entspannt aufgerichtete Oberkörper wird<br />
bis – sagen wir mal Tempo 150 – von einer schlanken Verkleidung<br />
wirkungsvoll geschützt, ein großer Tank erlaubt hohe<br />
Reisedurchschnitte. Man kann diese Vorteile mit bissigen Motoren<br />
oder allzu knackigen Fahrwerken verwässern, man kann<br />
sie aber auch kultivieren, und diesen Weg ging Yamaha mit<br />
der im Frühjahr 2010 präsentierten XT 1200 Z.<br />
Bei allen dynamischen Qualitäten<br />
gilt die große Ténéré selbst unter<br />
ihresgleichen als Komfort-Wunder<br />
Ihr neu konstruierter Zweizylinder arbeitet mit 270 Grad<br />
Hubzapfenversatz, benimmt sich also wie ein 90-Grad-V2, geht<br />
dank seiner fein abgestimmten, per Ride-by-Wire aktivierten<br />
Einspritzanlage sehr kultiviert ans Gas und entfaltet schon in<br />
niederen und mittleren Drehzahlen große Stärke. Nicht spektakulär,<br />
aber oft schneller als gedacht, schiebt er die Fuhre voran,<br />
auch das ausgewogene, nicht zu softe Fahrwerk, der reaktionsarme<br />
Kardanantrieb und die guten Bremsen vertragen eine<br />
schnelle Linie. Drei Fahrmodi lassen sich für die Einspritzung<br />
wählen, in zwei unterschiedlichen Stufen arbeitet die abschaltbare<br />
Traktionskontrolle. Wer noch mehr Helferlein wünscht,<br />
wählt das Modell ZE mit elektronisch verstellbaren Federelementen.<br />
Alle drei Systeme funktionieren brillant – alle drei zeigen,<br />
wohin sich die Technik in den letzten 40 Jahren bewegt<br />
hat. Hier die XT 500 mit Kontaktzündung und 6-Volt-Elektrik,<br />
mit einem simplen Motor, dessen Demontage geschätzt fünf<br />
bis sechs Werkzeuge verlangt. Dort die aktuelle Super Ténéré<br />
mit elektronischer Rundumbetreuung<br />
und einem früher<br />
unvorstellbar hohen Fahrkomfort.<br />
Wenn so was kaputtgeht...<br />
Nee, lieber nicht.<br />
DATEN: XT 1200 Z<br />
Super Ténéré<br />
Wassergekühlter Zweizylinder-<br />
Viertaktmotor, je vier Ventile, Bohrung<br />
x Hub: 98 x 79,5 mm, Hubraum<br />
1199 cm³, Leistung: 82,4 kW<br />
(112 PS) bei 7250/min, Trockensumpfschmierung,<br />
Brückenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Federweg<br />
vorn/hinten: 190/190 mm, Gewicht<br />
vollgetankt: 271 kg, angeboten<br />
seit 2010<br />
TT 600, 1987 TT 350, 1987 TT 600 R, 1998<br />
nierte Eigeninterpretation, fünf Jahre später<br />
stiegen die Japaner wieder selbst ein:<br />
Mit der TT 600 R erlebte der luftgekühlte<br />
Vierventiler einen letzten Höhenflug, edle<br />
Fahrwerkskomponenten und konsequente<br />
Gewichtsreduzierung sorgten für tolle<br />
Gelände-Performance. Den Abgesang lieferte<br />
die elektrisch zu startende TT 600 RE,<br />
2005 war Ende. Die legitimen Vorläufer<br />
der heutigen Yamaha WR-Modelle gelten<br />
mittlerweile als echte Fanartikel, die Preise<br />
für gute Gebrauchte verraten es.<br />
DATEN: TT 600 R<br />
Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, vier<br />
Ventile, Bohrung x Hub: 95 x 84 mm, Hubraum<br />
595 cm³, Leistung: 31,5 kW (43 PS) bei<br />
6500/min, Trockensumpfschmierung, Einschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Federweg<br />
vorn/hinten: 280/280 mm, Gewicht vollgetankt:<br />
153 kg, angeboten von 1998 bis 2002<br />
21
Benders Custom-XT 400<br />
Aus SR wird XT 400<br />
Irgendwie liegt es nahe. Aber so clever umgesetzt hat es<br />
keiner. Bis jetzt. Dank der Bender-Brüder kann jedermann<br />
die SR 400 in eine waschechte XT verwandeln. Das kickt!<br />
Von Roman Kirschbauer<br />
Fotos: Benders, Jörg Künstle<br />
Klassischer, luftgekühlter Einzylinder,<br />
solide und hoch funktionale<br />
Bauteile, lange Federwege,<br />
21-Zoll-Vorderrad, Kickstarter,<br />
ehrliches Aussehen: Eine XT in gutem<br />
Zustand auf dem Gebrauchtmarkt zu<br />
finden, kann gelingen. Muss aber nicht!<br />
Die beiden Brüder Raphael und Christian<br />
Bender fanden es schon lange<br />
schade, dass kleine und leichte Enduros<br />
traditioneller Ausrichtung bei den Herstellern<br />
in Vergessenheit geraten sind.<br />
Warum also nicht eine aktuelle Yamaha<br />
SR 400 nehmen und sie mit ein paar<br />
Bauteilen ohne Hokuspokus in eine<br />
geländetaugliche XT verwandeln?<br />
Gesagt, getan. Und die Mühen haben<br />
sich gelohnt: Ohne auch nur ein<br />
Teil am Rahmen der SR 400 abzusägen,<br />
anzuschleifen oder zu verbiegen, gelingt<br />
die Transformation in die leichte<br />
„Benduro“, wie die Brüder ihre Kreation<br />
nennen. Jeder, der sich den Traum von<br />
einer XT erfüllen will, muss nur bei den<br />
Benders (online) vorbeischneien, den<br />
Fahrwerkskit, bestehend aus Gabel,<br />
Federbeinen, dazugehörigen Teilen<br />
sowie Bremsleitung bestellen (Verfügbarkeit<br />
des Kits ab August <strong>2016</strong>), noch<br />
ein Schutzblech, einen Tacho und den<br />
Hattech-Auspuff dazuordern, und schon<br />
kann man losschrauben. Oder den beiden<br />
Jungs die Arbeit in ihren neuen<br />
Räumlichkeiten in Wiesloch nahe Heidelberg<br />
überlassen. Auch umgebaute<br />
Neufahrzeuge können über die Benders<br />
geordert werden. Das Coole: Der Umbaukit<br />
hat nicht nur TÜV, sondern die<br />
22 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Mit der „Benduro“<br />
gelingt den Benders<br />
die Verwandlung<br />
einer SR 400 in<br />
eine Soft-Enduro<br />
als Reminiszenz an<br />
die XT 500<br />
Am Heck wurde der Gepäckträger abgeschraubt. Die Stereo-Federbeine stammen<br />
von YSS, der Bremssattel von Brembo. Der Seitenständer wurde verlängert<br />
Teile passen auch an die alte SR 500. So<br />
kann die Verwandlung in eine XT auch<br />
günstiger realisiert werden. Auf die Benduro<br />
als Reminiszenz an die XT 500 folgen<br />
bald weitere Umbauten. Beispielsweise<br />
ein Fernreise-Modell mit großem Tank<br />
und Kofferhalter. Wir sind gespannt!<br />
Umbauinfos:<br />
Das Schöne an diesem Umbau: Man kann selbst<br />
entscheiden, welche Teile man verwenden will. Wie<br />
viele Umbauten der Benders sind die Teile als Plugand-play-Lösung<br />
gefertigt. Originalteil abschrauben,<br />
Zubehörteil anschrauben, fertig. Die Basis für den Umbau<br />
zur Benduro bilden die SR 400 und der von den<br />
Brüdern entwickelte Fahrwerkskit für 2900 Euro. Dieser<br />
besteht aus der Gabel inklusive Brücken, Hülsen und<br />
Achse, dem Vorderrad (Nabe im Tausch), einer wertigen<br />
Brembo-Bremszange, Stahlflex-Bremsleitung,<br />
Stereo-Federbeinen von YSS, Kettenspanner und<br />
-umlenkung sowie einem verlängerten Seiten- und<br />
Hauptständer (im Tausch). Das Ausstellungsstück enthält<br />
zudem: Lenker, Tacho und Kontrollleuchten von<br />
LSL, den hochverlegten Hattech-Auspuff, Cockpit,<br />
Tankdekor, Schutzbleche und Halter aus dem Benders-<br />
Programm, Heidenau-Rei fen und Beleuchtung aus dem<br />
Zubehör. Die Brems scheibe kommt von der XT 660, das<br />
Original passt aber ebenso.<br />
PREISE<br />
Fahrwerkskit:<br />
Auspuff (Hattech mit Kat):<br />
Motorrad zum Listenpreis:<br />
Neu-Motorrad mit hohem Fahrwerk:<br />
Motorrad wie Ausstellungsstück:<br />
2900 Euro<br />
1<strong>09</strong>0 Euro<br />
5795 Euro + NK<br />
ab 9500 Euro<br />
13 500 Euro<br />
Die Benders<br />
Sie wollten alle Bikes verkaufen. Damals,<br />
2012 auf der Veterama. Sämtliche<br />
in der Freizeit entstandenen Umbauten<br />
aus den vorangegangenen Jahren<br />
sollten an den Mann gebracht werden.<br />
Überraschend: Die Leute rissen den<br />
Custom-Brüdern Raphael und Christian<br />
Bender die Bikes förmlich aus den Händen.<br />
Da kamen sie ins Grübeln: Vielleicht<br />
doch alles auf eine Karte setzen und den<br />
Schritt wagen? Christian schmeißt daraufhin<br />
seinen Marketing-Job, Raphael reduziert<br />
sein Arbeitspensum, um mehr Zeit<br />
für das eigene, neu gegründete Unternehmen<br />
zu haben. Mut und Einsatz<br />
werden belohnt. Mit der Teilnahme am<br />
Yamaha Yard Built-Programm gewinnen<br />
die sympathischen Jungs an Popularität.<br />
Mittlerweile stammen drei Bikes dieser<br />
Serie von ihnen. Respekt! Die neue Adresse<br />
der Benders Company: Hauptstr. 166,<br />
69168 Wiesloch. www.benders-echte.de<br />
Christian (links) und Raphael schneidern<br />
Motorräder exakt auf ihre Kunden zu<br />
23
XT-Sporthistorie<br />
Power auf Dauer<br />
Ihre Robustheit und Ausdauer bewiesen die XT-Modelle und ihre Motoren über viele Jahre<br />
bei großen Rallyes wie Paris-Dakar. Aber auch im Endurosport und sogar im Motocross.<br />
Von Lothar Kutschera; Fotos: dpa, DPPI, fact, gad-foto, Archiv Eddy Hau, Frank Herzog, IPA, Jean-Pierre Galtier, MRD-Archiv, Yamaha<br />
Die XT 500 war gerade auf dem<br />
Markt, da wurde ihr Motor bereits<br />
getunt und musste sportliche<br />
Höchstleistungen vollbringen.<br />
1977 tauchte der in Schweden<br />
konzipierte HL 500-Renner, angetrieben<br />
von Yamahas neuem Viertakt-<br />
Single, in der Halbliter-Motocross-WM<br />
auf. Ein vom Werk unterstütztes, aber<br />
dennoch sehr gewagtes Projekt, denn<br />
in jener Zeit dominierten die leichteren<br />
und spritzigeren Zweitakter die Szene.<br />
Doch Bengt Aberg, der 500er-Weltmeister<br />
von 1969 und 1970, zeigte<br />
1977 in der Königsklasse mit der HL auf<br />
Anhieb einige Top Ten-Leistungen. Sein<br />
38 PS starkes Viertaktgerät, dessen Rahmen<br />
in den USA konstruiert wurde, war<br />
mit qualitativ sehr hochwertigen Federbeinen<br />
des damals noch unbekannten<br />
schwedischen Herstellers Öhlins ausgerüstet.<br />
Auf rutschigen Pisten zeigte sich<br />
der Renner den extrem bissigen Zweitaktern<br />
sogar überlegen.<br />
Zur Legende wurde das ambitionierte<br />
HL 500-Projekt schließlich in einem<br />
einzigen Rennen. Beim Grand Prix<br />
von Luxemburg 1977 in Ettelbruck feierte<br />
Bengt Aberg in der Addition der<br />
beiden Einzelläufe den Tagessieg.<br />
Es sollte für lange Zeit der letzte<br />
Triumph eines Viertakters in der Motocross-WM<br />
gewesen sein. Obwohl im<br />
Winter 1977/78 für die HL 500 noch<br />
ein Dreiventilmotor entwickelt wurde,<br />
stoppte man den WM-Einsatz kurz da-<br />
24 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Motorradverrückter Geschäftsund<br />
Sportsmann: Jean-Claude<br />
Olivier, Ex-Chef von Frankreichs<br />
Yamaha-Importeur. Hier auf der<br />
Ténéré von 1985, mit der er<br />
Zweiter bei Paris-Dakar wurde<br />
einen solchen Wüstentrip geeignet erschienen,<br />
war damals recht überschaubar.<br />
Kein Wunder, dass ein Großteil der<br />
Starter für diese Fahrt ins Ungewisse die<br />
Yamaha XT 500 als Untersatz wählte. Ein<br />
robuster, unkomplizierter Motor und<br />
ein handliches Fahrwerk – diese Kombination<br />
versprach die besten Chancen,<br />
den rund 10 000 Kilometer langen Offroad-Marathon<br />
durch Algerien, Niger,<br />
Mali und den Senegal zu überstehen.<br />
Damit dem 35 PS starken XT-Single auf<br />
den langen Tagesetappen nicht der Saft<br />
ausging, wurden gewaltige, rund 30<br />
Liter fassende Tanks auf die ansonsten<br />
recht zierlich wirkenden Bikes montiert.<br />
Am Ende hatte der XT-Pilot Cyril<br />
Neveu die Nase vorn, ein damals 22 Jahre<br />
alter Franzose. Er gehörte zum Team<br />
des französischen Yamaha-Importeurs<br />
Sonauto, der die Werbewirksamkeit der<br />
Dakar-Rallye rasch erkannte und sich<br />
mit zunächst in Eigenregie aufgebauten<br />
Maschinen von Beginn an stark in diesem<br />
Wettbewerb engagierte.<br />
Beim zweiten Ritt nach Dakar stellten<br />
die XT 500-Piloten, teils in Teams organisiert,<br />
teils als einzelkämpfende Privatfahrer<br />
unterwegs, wieder das größte<br />
Kontingent im Feld der Zwei radler. Von<br />
den 44 Fahrern, die dem Japan-Single<br />
vertrauten, war erneut Cyril Neveu der<br />
Kurz vor Dakar: Hinter der XT 500-<br />
Meute lauerte 1980 bereits die Konkurrenz<br />
von BMW. Trotzdem schaffte Cyril<br />
Neveu (oben links) seinen zweiten Sieg<br />
auf der Sonauto-Yamaha<br />
Alter Schwede: Bengt Aberg gab<br />
der HL 500 in der Cross-WM<br />
1977 kräftig die Sporen im<br />
Kampf gegen die Zweitakter<br />
rauf. Zum einen musste Aberg langsam<br />
aber sicher seinem Alter Tribut zollen,<br />
und obendrein hatte der Schwede mit<br />
Verletzungen zu kämpfen. Zum andern<br />
reifte im Team um Ex-Weltmeister Torsten<br />
Hallman, dem Initiator des Projekts,<br />
die Erkenntnis, dass die Viertakttechnik<br />
im Motocross auf Dauer gegen die rasante<br />
Entwicklung der Zweitakter keine<br />
Chance mehr haben würde.<br />
Das eine Abenteuer war gerade abgehakt,<br />
da wartete schon das nächste.<br />
Ein junger Franzose namens Thierry<br />
Sabine hatte 1979 erstmals eine Rallye<br />
von Paris nach Dakar ausgeschrieben.<br />
Das Angebot an Motorrädern, die für<br />
Exklusive Kleinserie: Rund 400 Exemplare der HL 500 mit dem XT-Motor wurden<br />
Ende der 70er-Jahre für Privatfahrer gebaut. Stückpreis: knapp 7000 Mark<br />
25
XT-Sporthistorie<br />
Schnellste. Trotz stark aufkommender<br />
Konkurrenz von zwei BMW-Boxern, die<br />
der Allgäuer Herbert Schek für die Franzosen<br />
Hubert Auriol und Jean-Claude<br />
Morellet aufgebaut hatte, erreichte Cyril<br />
Neveu als Erster den Strand von Dakar.<br />
1981 sprang für Sonauto ein zweiter<br />
Platz durch Serge Bacou heraus, die inzwischen<br />
auf 534 Kubik aufgebohrte XT<br />
musste sich erstmals der Werks-BMW<br />
von Hubert Auriol geschlagen geben.<br />
1982 kam mit der XT 550 die erste<br />
Yamaha-Werksmaschine zur Dakar.<br />
Das Motorrad mit dem 40 PS starken<br />
Vierventilmotor war Yamahas erster<br />
Meilenstein auf dem Weg zu besseren<br />
Fahreigenschaften und mehr Federungskomfort.<br />
Am Vorderrad tat erstmals<br />
eine Scheibenbremse Dienst, das<br />
Hinterrad wurde von einer stabilen Cantileverschwinge<br />
geführt.<br />
Um ein Haar wäre es eine Premiere<br />
mit Glanz und Gloria geworden. Noch<br />
250 Kilometer vor Dakar lag Jean-Paul<br />
Mingels in Führung. „Das Roadbook<br />
sagte, die Straße sei eben“, erinnert<br />
sich der in Frankreich lebende Belgier,<br />
„doch plötzlich hörte sie auf. Ich konnte<br />
nicht mehr bremsen und habe mich bei<br />
Tempo 150 gewaltig überschlagen.“<br />
Nach 36 Stunden erwachte Mingels<br />
wieder aus der Bewusstlosigkeit – mit<br />
Schädelbruch, angeknackster Wirbelsäule,<br />
gebrochenem Becken sowie<br />
Frakturen an Armen und Beinen.<br />
Unter einem günstigeren Stern<br />
stand dagegen das XT 550-Enduro-Projekt,<br />
das der deutsche Importeur Mitsui<br />
1982 lanciert hatte. Dafür war der bei<br />
Sportskanone: Die TT 600, hier bei einem PR-Termin mit dem 250er-Cross-Weltmeister<br />
Danny LaPorte, war bei Profis wie Hobbyfahrern gleichermaßen beliebt<br />
Deutsches Projekt: Mitsui verpflichtete Eddy Hau<br />
für Enduro-Wettbewerbe auf der XT 550. Am Saisonende<br />
1982 konnten gleich zwei Titel gefeiert<br />
werden – Hau hatte sowohl in der deutschen als<br />
auch in der Europameisterschaft die Nase vorn<br />
26 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Französische Evolution:<br />
Sonauto-XT-Maschinen aus<br />
den Jahren 1979 bis 1986.<br />
Vorne links ist die XT 550<br />
von 1982 mit Cantileverschwinge<br />
zu sehen, hinten<br />
links die 1979er-XT mit dem<br />
kantigen 32-Liter-Tank<br />
Zündapp zu einem Spitzenfahrer im Gelände<br />
und im Motocross gereifte Eddy<br />
Hau zu Yamaha gekommen. Mit Motocross-Teilen<br />
wie Gabel und Schwinge<br />
musste man der 550er in Sachen Wettbewerbstauglichkeit<br />
zunächst noch etwas<br />
auf die Sprünge helfen. Das hatte<br />
die Yamaha-Truppe aber schnell im Griff,<br />
und auch dank der angenehmen Leistungscharakteristik<br />
des Motors mit viel<br />
Schwerer Stand: 1986 war die Einzylinder-<br />
Ténéré den Honda-Twins klar unterlegen<br />
Eddy Hau schlug in der EM<br />
mit XT 550 und TT 600 zu<br />
Kraft von unten heraus und einem<br />
breiten Drehzahlband fuhr Hau in der<br />
großen Viertaktklasse schon bald auf<br />
Erfolgskurs. Am Ende der Saison hatte<br />
er die hauptsächlich aus KTM-<br />
Rotax-Fahrern bestehende Konkurrenz<br />
gleich in zwei Wettbewerben<br />
abgehängt: Der Enduro-<br />
EM-Titel und auch die deutsche<br />
Enduro-Meisterschaft gingen<br />
1982 an Eddy Hau und das<br />
Mitsui-Yamaha-Team.<br />
In der folgenden Saison legte<br />
der Franke gleich noch einen<br />
EM-Titel nach. Diesmal war er<br />
auf der neuen, von Haus aus<br />
schon mit reichlich Sportgenen<br />
gesegneten TT 600 unterwegs.<br />
Mit dem kleineren Schwester-<br />
modell TT 350 holte Thierry Charbonnier<br />
1988 eine weitere Enduro-Europameisterschaft<br />
für Yamaha.<br />
Charbonnier gehörte zur großen<br />
Rennsportfamilie von Sonauto. In den<br />
80er-Jahren mischte der französische<br />
Yamaha-Importeur auf und abseits der<br />
Straße in nahezu allen wichtigen Sportdisziplinen<br />
mit. Meist in vorderster<br />
Front, wie etwa Christian Sarron<br />
(250-cm³-Straßen-Weltmeister 1984<br />
und 500er-Grand Prix-Sieger 1985<br />
in Hockenheim) und Jacky Vimond<br />
(250-cm³-Motocross-Weltmeister 1986)<br />
eindrücklich demonstrierten.<br />
Ganz weit oben auf der Agenda von<br />
Sonauto stand das Engagement bei Paris-Dakar.<br />
Schon die Teilnahme an dem<br />
27
XT-Sporthistorie<br />
Die Dramen der Paris-Dakar<br />
ließen niemanden kalt<br />
Wettbewerb sorgte für Aufmerksamkeit,<br />
denn sowohl die sportliche Härte der<br />
Mara thon prüfung als auch die vielen<br />
kleinen und großen Dramen, die sich<br />
auf dem langen und beschwerlichen<br />
Weg nach Dakar abspielten, ließen in<br />
Frankreich niemanden kalt. Die Dakar<br />
war stets ein großes Thema – auch für<br />
Leute, die sich sonst nicht sonderlich für<br />
den Motorsport interessierten.<br />
So ließ die Sonauto-Equipe nichts<br />
unversucht, den Siegen von 1979 und<br />
1980 weitere Triumphe folgen zu lassen.<br />
Die im Werk in Japan gebauten Maschinen<br />
– ab 1983 bildete die 600er-Ténéré<br />
die Basis der Wüstenrenner – wurden<br />
von Sonauto in Sachen Wettbewerbsfähigkeit<br />
und Servicefreundlichkeit noch<br />
in vielen Details mit Eigenentwicklungen<br />
optimiert.<br />
Die treibende Kraft hinter dem Sportengagement<br />
war Jean-Claude Olivier.<br />
Der Sonauto-Chef, der den Yamaha-<br />
Import in Frankreich in den 60er-Jahren<br />
aufgebaut hatte, wirbelte als quirliger<br />
Tausendsassa. Er ließ nicht nur fahren,<br />
sondern drehte auch selbst mit Erfolg<br />
am Gasgriff – sei es beim berühmten<br />
Strandrennen von Le Touquet, den ersten<br />
Supermoto-Rennen in Frankreich<br />
oder eben bei seinem ganz besonderen<br />
Steckenpferd, der Dakar. 1985 gelang<br />
dem damals knapp 40-jährigen Geschäfts-<br />
und Sportsmann sein persönlich<br />
bestes Ergebnis bei diesem Marathon-Event:<br />
Platz zwei hinter Gaston<br />
Rahier auf der Werks-BMW.<br />
So wusste Olivier aus eigener Erfahrung<br />
am besten, dass mit der Einzylinder-Ténéré<br />
auf Dauer gegen die PS- und<br />
drehmomentstärkeren Twins von BMW<br />
und ab 1986 auch von Honda ein<br />
Dakar-Sieg illusorisch ist. 1986 probierte<br />
es Olivier mit einem Sonauto-Eigenbau,<br />
angetrieben vom Reihenvierzylinder<br />
des Superbikes FZ 750. Parallel zu diesem<br />
letztlich erfolglosen Projekt ver-<br />
28 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Rallye-Hightech anno 1991: die im Werk gebaute und von Sonauto im Detail optimierte<br />
Peterhansel-Yamaha mit dem 75 PS starken 800-cm³-Zweizylindermotor<br />
Die absolute Nummer eins:<br />
Der Franzose Stéphane<br />
Peterhansel holte mit der<br />
Yamaha Super Ténéré zwischen<br />
1991 und 1998 sechs<br />
Siege bei der Rallye Paris-<br />
Dakar – ein Rekord, der bis<br />
heute besteht<br />
Zwei Dakar-Legenden in einem Team: Cyril Neveu (l.) und Stéphane Peterhansel<br />
suchte er als verkaufsstarker Importeur,<br />
dessen Meinung in der japanischen Firmenzentrale<br />
Gewicht hatte, die obersten<br />
Chefs davon zu überzeugen, endlich<br />
eine Zweizylinder-Enduro zu bauen. Sie<br />
sollte der Konkurrenz in Gestalt der<br />
BMW GS und Hondas Africa Twin und<br />
Transalp auf dem immer wichtigeren<br />
Markt der Reise-Enduros Paroli bieten<br />
und die Erfolg versprechende Basis für<br />
einen neuen Paris-Dakar-Renner bilden.<br />
1990 war es dann endlich so weit.<br />
Olivier konnte mit der Super Ténéré<br />
wieder ein siegverdächtiges Motorrad<br />
in Richtung Dakar schicken. Doch seine<br />
beiden Stars mussten zunächst noch<br />
passen. Zu hoher Spritverbrauch und<br />
eine hoffnungslose Irrfahrt warfen Stéphane<br />
Peterhansel aus dem Rennen.<br />
Sein Teamkollege Cyril Neveu, nach erfolgreichen<br />
Honda-Jahren noch einmal<br />
zu Yamaha zurückgekehrt, blieb mit<br />
defektem Getriebe liegen.<br />
Ab der nächsten Dakar wurden<br />
Yamahas Bemühungen jedoch fürstlich<br />
belohnt. 1991 bescherte Stéphane<br />
Peterhansel der Marke den ersten Sieg<br />
nach elf Jahren und ließ bis 1998 fünf<br />
weitere Triumphe folgen. Einmal gewann<br />
der Italiener Edi Orioli auf der<br />
Super Ténéré, die mit insgesamt sieben<br />
Siegen in den 90er-Jahren eine beeindruckende<br />
Erfolgsstory schrieb.<br />
Kurz nach dem Wüstenspektakel<br />
stand die siegreiche 1991er-Super<br />
Ténéré für <strong>MOTORRAD</strong> zum Fahrtermin<br />
bereit. Redakteur Peter Mayer fiel dabei<br />
zunächst die enorme Sitzhöhe von<br />
knapp einem Meter auf. Einmal im<br />
Cockpit angelangt, konnte er dann den<br />
seidenweich anschiebenden, von 750<br />
auf 800 cm³ aufgebohrten 75-PS-Motor<br />
genießen. Und er stellte erfreut fest,<br />
dass sich die Peterhansel-Yamaha trotz<br />
ihrer Masse von knapp vier Zentnern<br />
Trockengewicht erstaunlich einfach dirigieren<br />
und selbst bei mannshohen<br />
Sprunghügeln leicht und lässig durch<br />
die Lüfte bewegen ließ.<br />
Gegenüber der Serie war die Werksmaschine<br />
an vielen Punkten wie Rahmen<br />
und Federelementen kräftig verstärkt<br />
worden. Sie bot ihrem Piloten einen<br />
ergonomisch geformten Arbeitsplatz,<br />
eine Vollverkleidung und die<br />
Ingenieure verteilten die zusammen 62<br />
Liter fassenden Tanks mit Rücksicht auf<br />
den Schwerpunkt möglichst günstig auf<br />
die Front und das Heck des Bikes.<br />
Das sah bei der ersten Dakar-XT von<br />
1979 noch ganz anders aus. Die Fahrer<br />
wurden kräftig durchgeschüttelt – vom<br />
stark vibrierenden Einzylindermotor<br />
und vom knapp gefederten Fahrwerk<br />
mit Gabel- und Schwingenholmen, die<br />
aus heutiger Sicht dünn wie Streichhölzer<br />
wirken. Mit den Knien stießen die<br />
Piloten ständig an die Ausbuchtungen<br />
des klobigen 32-Liter-Tanks, der zudem<br />
für eine starke Kopflastigkeit der<br />
Maschine sorgte. Doch der Erfolg gab<br />
der XT 500 recht. Und die Entwicklung<br />
der Reise- und Rallye-Enduros stand<br />
damals ja auch noch ganz am Anfang.<br />
29
Yamaha XT 700 Z Ténéré<br />
Knackig, zackig und kein bisschen fett: Hält sich<br />
auch die Neue an die bisherige MT-Philosophie,<br />
wird sie eine drahtige Erscheinung mit hoher<br />
Alltagstauglichkeit und viel Wüsten-Esprit<br />
Vierzig plus X...<br />
Wann kommt sie, die neue<br />
Reise-XT? Leider nicht zum<br />
vierzigsten Geburtstag der<br />
Urmutter, auch wenn das gut<br />
gepasst hätte. Und wie kommt<br />
sie? Mit zwei Zylindern, viel<br />
Federweg und wenig Gewicht.<br />
Von Stefan Kaschel; Foto: BMH-Images;<br />
Computerretusche: Kar Lee<br />
Bevor nun Missverständnisse aufkommen:<br />
Natürlich war die Ur-<br />
XT eher Scrambler als Enduro<br />
und noch weniger Wüstenschiff.<br />
Diese spezielle Abenteuer-Variante kam<br />
erst 1983 und hieß XT 600 Z Ténéré.<br />
Und natürlich wird die neue Mittelklasse-Zweizylinder-Enduro<br />
von Yamaha,<br />
die jüngst bei Testfahrten erwischt wurde,<br />
kein Paukenschlag wie der einzigartige,<br />
500 Kubikzentimeter große Single,<br />
der sich 1976 anschickte, die Motorrad-<br />
Welt um eine Dimension reicher zu machen.<br />
Und dennoch: Man kann ihn anstellen,<br />
diesen Vergleich. Eine leichte,<br />
robuste, bezahlbare Alltagsenduro, bei<br />
Bedarf auch fürs Grobe. Das war die erste<br />
XT (die letzten verbliebenen 660er-<br />
Varianten werden nicht Euro 4-homologiert<br />
und gerade mit 1000 Euro Preisnachlass<br />
abverkauft), und das will die<br />
Neue wieder sein. Sie bedient sich dabei<br />
eines Antriebs, der wie gemacht ist für<br />
dieses Anforderungsprofil, nämlich des<br />
MT-07-Twins. Der ist leicht, baut kompakt<br />
und hat mit seinen 270 Grad Hub-<br />
30 MAXIBEILAGE 40 JAHRE YAMAHA XT
Original und Retusche: Oben der Erlkönig der neuen „XT“, oder wie immer sie<br />
heißen wird. Links die Version von <strong>MOTORRAD</strong>-Computerkünstler Kar Lee<br />
zapfenversatz der Kurbelwelle<br />
genau den kernigen Charakter,<br />
den es braucht, um eine<br />
Prise Abenteuer zu transportieren.<br />
Doch das ist nicht nur<br />
Show, nicht gekünstelt.<br />
Neben der strammen<br />
Leistung des Twins<br />
(75 PS), der wohl unverändert<br />
übernommen<br />
wird, kommt bei der<br />
neuen Ténéré laut<br />
gewöhnlich gut informierter<br />
Kreise (offiziell<br />
will sich Yamaha nicht<br />
äußern) ein neuer, voll<br />
geländetauglicher Rahmen<br />
zum Einsatz. Der wird<br />
nicht nur die notwendige<br />
Stabilität für die Offroad-<br />
Hatz liefern, sondern soll auch<br />
gewichtsmäßig nicht über die<br />
Stränge schlagen. Dies, die Radgrößen<br />
(vorne 21, hinten 18 Zoll) und die nicht<br />
zu knapp bemessenen Federwege – sie<br />
dürften sich um die 220 Millimeter vorne<br />
und 200 Millimeter hinten bewegen<br />
– zeigt, dass Yamaha es ernst meint mit<br />
der Wald-und-Wiesen-Tauglichkeit. Die<br />
Wüsteneignung hingegen könnte unter<br />
Umständen an der Tankkapazität scheitern.<br />
Trotz der weit heruntergezogenen<br />
Verkleidungsflanken scheint diese nämlich<br />
nicht den üblichen Parademaßen<br />
anderer Reiseschiffe zu entsprechen.<br />
Aber – Hand aufs Herz – wer reist<br />
schon täglich in die Wüste? Die Reichweite<br />
wird nicht zuletzt dank des sparsamen<br />
Twins selbst für extrem langen<br />
Anfahrtswege zur Arbeit ausreichen.<br />
Dabei aus erhabener Position auf die<br />
Blechschlangen hinabsehen und sich<br />
putzmunter durch den stehenden Verkehr<br />
wuseln – das dürfte die eigentliche<br />
Domäne der neuen XT sein.<br />
Impressum<br />
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E-Mail: motorrad@motorpresse.de<br />
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fact, gad-foto, Jean-Pierre Galtier, Rossen Gargolov,<br />
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Sven Krieger, Jörg Künstle, MRD-Archiv, Erik Peters,<br />
Ulrich Schwab, Katrin Sdun, Yamaha<br />
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Druck: echter druck GmbH,<br />
Delpstraße 15, 97084 Würzburg<br />
„40 Jahre Yamaha XT“ ist eine Beilage von<br />
<strong>MOTORRAD</strong> – Europas größte Motorradzeitschrift<br />
und <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
Im gleichen Verlag erscheinen:<br />
PS – sportlich schnell motorradfahren,<br />
FUEL – Motorrad & Leidenschaft<br />
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