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<strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Anders denken, anders lenken<br />
MOTORRÄDER MIT<br />
RADNABEN-LENKUNG<br />
MAJESTIC 350<br />
VON 1930<br />
BIMOTA TESI 1D/SR<br />
VON 1992<br />
Gelernter Dreher<br />
MALANCA<br />
<strong>12</strong>5 E2C<br />
SPORT<br />
Mit Telegabel<br />
BMW R 69 S<br />
FÜR AMERIKA<br />
Viertakt-Enduro<br />
SUZUKI<br />
SP 370<br />
Einzelstück<br />
ERLA-<br />
NORTON<br />
COMMANDO<br />
Restaurierung:<br />
Yamaha XT 500<br />
Nachgedruckt:<br />
Turbo-Vergleichstest<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr . BeNeLux 6,60 €<br />
Dänemark 62,00 DRK . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 € . Italien 7,50 €
INHALT I<br />
<strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
Klein, leicht, schnell und super selten –<br />
wir waren unterwegs mit der betörend<br />
schönen Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport, die<br />
selbst leistungsverwöhnten Klassik-<br />
Liebhabern gehörig den Kopf verdreht<br />
Wer an einen urigen<br />
Gelände-Eintopf der<br />
70er-Jahre denkt, hat<br />
die Suzuki SP 370<br />
nicht gleich auf dem<br />
Schirm. Grund genug<br />
für eine Probefahrt<br />
64<br />
32<br />
80<br />
MOTORRÄDER IN<br />
DIESER AUSGABE:<br />
Bimota Tesi 1D/SR 4<br />
BMW R 69 S (US-Modell) 18<br />
ERLA-Norton Commando 850 64<br />
Honda CX 500 Turbo 88<br />
Magni-MV Agusta Filo Rosso 96<br />
Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport 32<br />
Majestic 350 4<br />
Yamaha XJ 650 Turbo 88<br />
Yamaha XT 500 (Restaurierung) 100<br />
Ein Technik-Perfektionist<br />
nahm sich<br />
einst der nicht ganz<br />
so perfekten Norton<br />
Commando 850 an.<br />
Und baute etwas<br />
Einmaliges daraus<br />
Zeitensprung: Magni<br />
verpackte die Technik<br />
einer aktuellen<br />
MV Agusta F3 im<br />
klassischen Stil von<br />
Agos Rennern aus<br />
den 60er-Jahren<br />
96<br />
Titelfotos: Bilski (2), Fuchs, Gargolov, Künstle, Schwab; Inhaltfotos: Bilski (2), Edge, Fuchs, Gargolov, Künstle, Schwab, Siemer (2), Wolf<br />
2 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
18<br />
4<br />
AUF ACHSE<br />
4 Motorräder mit Radnaben-Lenkung<br />
Unterwegs mit einer Bimota Tesi 1D/SR<br />
und der Majestic 350 von 1930<br />
32 Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport<br />
Manche mögen‘s heiß: Eine flotte Ausfahrt<br />
mit dem gelernten Dreher<br />
80 Single-Alternative von Suzuki<br />
Mit ihrem „krummen“ Hubraum stand<br />
die SP 370 einst im Schatten der XT 500<br />
26<br />
72<br />
100<br />
106<br />
IM STUDIO<br />
18 BMW R 69 S, US-Modell<br />
In Amerika mit Telegabel statt Schwinge<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
42 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 16/1979<br />
Die ersten Soft-Chopper<br />
SZENE<br />
26 Velocette-Treffen auf Wennings Farm<br />
Alle zwei Jahre kommen Velocette-Fahrer<br />
aus Europa im Münsterland zusammen<br />
40 Werner werkelt<br />
<strong>Classic</strong>-Ausfahrt mit Honda-V4-Fans<br />
44 Baiersbronn <strong>Classic</strong> <strong>2016</strong><br />
Viel Spaß beim 70-jährigen Jubiläum<br />
45 Hubert Luttenberger<br />
Karl Reese gratuliert zum 90. Geburtstag<br />
46 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
64 ERLA-Norton Commando 850<br />
Meisterlicher Umbau, klasse restauriert<br />
72 Nachbericht Klassiker-Treffen Sinsheim<br />
76 Porträt einer Motorradbeziehung<br />
Hanni und ihre Victoria sind 75 Jahre alt<br />
96 Magni-MV Agusta Filo Rosso<br />
100 Leser restaurieren selbst<br />
Wiederaufbau einer Yamaha XT 500<br />
NACHGEDRUCKT<br />
88 Vergleich der ersten Turbos<br />
Honda CX 500 T und Yamaha XJ 650 T<br />
MARKT<br />
56 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />
SPORT<br />
104 DHM-News: Saisonrückblick<br />
106 30 Jahre <strong>MOTORRAD</strong>-Allround-Race<br />
Die Geburtsstunde des Supermoto-Sports<br />
RUBRIKEN<br />
48 Kleinanzeigen-Markt<br />
62 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
EDIT0RIAL<br />
Radnaben-<br />
Lenkung?<br />
Telegabel!<br />
Klar: Motorräder mit Radnaben -<br />
Lenkung blieben immer eine Randerscheinung<br />
der Geschichte. Zu sensibel<br />
reagiert das motorisierte Zweirad auf Reibung<br />
und Spiel in der Lenkung. Beides<br />
kann sich bei diesen komplizierten Vorderradführungen<br />
mit mehrfach umgelenkten<br />
Lenkgestängen ziemlich schnell verändern.<br />
Selbst erfahren habe ich das bei allen<br />
möglichen Bimota Tesi-Ausbaustufen und<br />
diversen Prototypen. Jedes Bike fuhr<br />
anders. Mal wackelte die Fuhre wie ein<br />
Lämmerschwanz, mal wollte sie partout<br />
nicht einlenken. Und im Grenzbereich war<br />
die Sache immer reichlich knifflig.<br />
Selbst große Hersteller wie Yamaha<br />
haben sich mit alternativen Lenksystemen<br />
schwer getan, siehe GTS 1000. Nur<br />
wenn alles penibel eingestellt war, funktionierten<br />
die Biester.<br />
Dabei klangen die Verheißungen der<br />
Ingenieure verführerisch: endlich kein<br />
Bremsnicken mehr, viel mehr Federungskomfort<br />
am Vorderrad, mehr Haftung.<br />
Was übrigens BMW mit den Tele- und<br />
Duolevern ebenfalls versprach. Und heutzutage<br />
wieder peu à peu ausbaut. Gegen<br />
eine gut gemachte Telegabel, gerne inzwischen<br />
auch mit Elektronik, ist kein<br />
Kraut gewachsen. Wir zollen in dieser<br />
Ausgabe dem Mut Respekt. Jenem konstruktiven<br />
Drang, den die Schöpfer der<br />
Majestic und Bimota Tesi an den Tag legten,<br />
um es der Welt so richtig zu zeigen.<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
Michael Pfeiffer<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper fürs iPad.<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 3
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Lenkungskreis<br />
Würde man alle Motorräder mit Radnaben-Lenkung versammeln, bliebe<br />
dies ein Treffen im kleinen Kreis. Sie waren zu allen Zeiten exotische,<br />
komplexe, aber faszinierende Konstruktionen. <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> wagte den<br />
Fahrversuch mit einer Majestic von 1930 und einer Bimota Tesi von 1992.<br />
Text: Ralf Schneider; Fotos: Gargolov, Bonhams, Dumas, yesterdays.nl, Kirn<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
Auf dem Concorso d’Eleganza im<br />
Frühjahr dieses Jahres war sie<br />
eines der elegantesten Motorräder.<br />
Im Park der Villa Erba ausgestellt,<br />
leuchtete ihre intensive blaue Lackierung<br />
weithin aus der Reihe der anderen Exponate,<br />
der elegante Schwung ihrer Linien<br />
weckte spontane Bewunderung. Und wer<br />
näher herantrat, konnte bemerken, dass<br />
die Majestic nicht nur wegen ihrer äußeren<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
Erscheinung eine Besonderheit ist, sondern<br />
auch wegen ihrer Technik.<br />
Gebaut im Jahr 1930, besitzt sie keine<br />
der zu dieser Zeit üblichen Vorderradführungen,<br />
sondern ist mit einer Radnaben<br />
Lenkung ausgestattet. Gefedert und gehalten<br />
wird das Vorderrad in zwei leicht<br />
nach vorne oben geneigten Federbeinen,<br />
die tragende Struktur bildet ein aus genieteten<br />
Blechpressteilen bestehendes Monocoque.<br />
Mehr Ungewöhnliches an einem<br />
Motorrad aus dieser Zeit geht kaum.<br />
Einige Wochen später bekam ich die<br />
Gelegenheit, diese wunderschöne Exotin<br />
zu fahren. Weil die Lenkung an die Bimota<br />
Tesi erinnert, hatte ich eine Tesi 1D/SR von<br />
1992 zum Vergleich gebeten. Nach der<br />
Majestic repräsentiert die Tesi 1D den<br />
ersten gelungenen Versuch, ein Motorrad<br />
mit Radnaben-Lenkung in Serie, wennwww.motorrad-classic.de
gleich kleiner Serie zu bauen. Teuer war<br />
sie schon immer, mittlerweile ist sie ebenfalls<br />
ein kostbarer Klassiker geworden.<br />
Spannung vor dem Start – wie<br />
lenkt sich die Majestic?<br />
Als die Tesi neu war, konnte ich mehrere<br />
Exemplare im Rahmen ausführlicher Tests<br />
fahren, doch eine Majestic fehlte bisher in<br />
meiner Sammlung. Deshalb kümmerte ich<br />
mich zunächst um sie. Mit leichter Besorgnis,<br />
weil mir die Lenkgeometrie doch<br />
ziemlich merkwürdig erschien. Die Sorge<br />
erwies sich als unbegründet. Gut, bei langsamer<br />
Fahrt merkt man der Majestic-Lenkung<br />
an, dass sie nicht so reibungsarm läuft<br />
wie von einem gut gewarteten Motorrad<br />
mit konventionellem Lenkkopf gewohnt<br />
– Schritttempo ist eine staksige Angelegenheit<br />
mit ruckeligen Korrekturen am Lenker,<br />
als hätte man einen übermäßig schwergängigen<br />
Lenkungsdämpfer moniert. Ab<br />
etwa 30 km/h gibt sich dieses Phänomen;<br />
die Kurvenlinien gewinnen an Präzision<br />
und Eleganz, sie harmoni sieren sich gleichsam<br />
mit der Karosserie der Majestic. Nach<br />
wenigen Kilometern vertraue ich der<br />
charmanten älteren Dame schon so weit,<br />
dass ich mit ihr schwungvoll in eine lang<br />
gezogene Linkskurve tauche. Dagegen<br />
Die Lenkungen beider Motorräder verlangen ein<br />
gewisses Grundtempo für flotte Kurvenlinien<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 7
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
hat die Maschine zwar grundsätzlich<br />
nichts einzuwenden, doch leider streckt<br />
sie ihre Fußrasten zu weit zur Seite für<br />
heutige Reifen und Straßen. Die historische<br />
Raste verlor schleifenderweise ein<br />
bis zwei Gramm an Substanz; ich bin gewarnt.<br />
Immerhin spricht das Erlebnis für<br />
die Fahrbarkeit der Majestic – man lenkt<br />
nicht so flott ein, wenn man sich dabei<br />
nicht sicher fühlt.<br />
Das reich bestückte Cockpit bietet für<br />
Nachtfahrten sogar einen „Leuchtturm“<br />
Über diesen Lenkhebel und zwei Umlenkungen wird die Verbindung von Lenker und<br />
Vorderrad hergestellt. Für Ein- und Ausfederbewegung gibt es getrennte Federn
Die harmonischen Lenkeigenschaften<br />
sprechen für die Fähigkeiten des Ingenieurs<br />
Georges Roy, des Konstrukteurs und<br />
Erbauers der Majestic. Geboren im Jahr<br />
1888, erlebte er in der prägenden Zeit<br />
seiner Jugend eine Phase rasanter technischer<br />
Entwicklung, die vor allem von<br />
französischen Motorradherstellern vorangetrieben<br />
wurde. Im Alter von 19 Jahren<br />
baute er einen Einzylinder-Zweitaktmotor,<br />
den er in ein nicht mehr bestimmbares<br />
Motorradfahrwerk setzte und auch fuhr.<br />
Vom Fronteinsatz befreit, arbeitete er<br />
während des Ersten Weltkriegs in einem<br />
Rüstungsbetrieb in Châtellerault. Höchstwahrscheinlich<br />
handelte es sich um die<br />
dort ansässige, staatliche Waffenfabrik, wo<br />
der größte Teil der Handfeuerwaffen für<br />
die französische Armee gefertigt wurde.<br />
Jedenfalls nutzte Georges Roy seine Freizeit<br />
und den Maschinenpark des Standorts<br />
zum Bau eines Motorrollers mit Dufaux-<br />
Motor. Später arbeitete er als Dreher in einer<br />
Metallwerkstatt. Ohne dass ich über<br />
diesen Wechsel irgendwelche Details weiß,<br />
stelle ich ihn mir als disziplinarische Maßnahme<br />
vor; verfügt, weil der Bau eines<br />
Motorrollers sicherlich nicht in erster Linie<br />
dazu diente, die Schlagkraft der Armee zu<br />
fördern.<br />
Der Dollar-Auspuff ist vielleicht nicht original, aber stimmig.<br />
Dollar-Produzent Delachenal übernahm Majestic im Jahr 1929<br />
In der Karosserie verborgen, aber trotzdem gut belüftet: 350erohv-Einzylinder<br />
von Chaise. Ein eher gemütlicher Motor<br />
Kunsthistorisch kann die Majestic mit<br />
ihren eleganten Linien dem Stil des<br />
Art déco zugerechnet werden<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 9
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
Nach dem Militärdienst widmete sich<br />
Georges Roy der Verbesserung von Strickmaschinen<br />
und ließ sich etliche seiner<br />
Konstruktionen patentieren. „Doch die Begeisterung<br />
für das Motorrad ließ ihn nicht<br />
los“, schreibt der französische Motorradhistoriker<br />
Bernard Salvat. Amüsanter<br />
als diese Übersetzung liest sich das Original,<br />
denn Salvat benutzt hier das Verb<br />
„tenailler“ für „plagen“ oder „quälen“. Der<br />
Leser soll sich Georges Roy demnach als jemanden<br />
vorstellen, der von seiner Motorradleidenschaft<br />
regel recht gequält wird.<br />
Seine Qual setzte er um in „The new<br />
Motorcycle“ (siehe Seite 11, unten), das im<br />
Oktober 1925 auf dem Pariser Salon debütierte.<br />
Das Fahrwerk nahm wichtige<br />
Kon struktionsmerkmale der Majestic vorweg,<br />
vor allem die gerade Verbindung<br />
zwischen Lenkkopf und Hinterrad und<br />
die Bauweise: Große, aus Stahlblech ge<br />
MEHR ZUR GESCHICHTE DER MAJESTIC<br />
Diese Luxusversion der Majestic trägt<br />
einen quer eingebauten 750er-V2 von JAP<br />
Dieses Foto wurde noch nie zuvor veröffentlicht.<br />
Es zeigt – leicht unscharf – eine Langstrecken-Wettbewerbsmaschine.<br />
Das Kennzeichen<br />
weist auf die Region Paris hin<br />
Die anderen Motorräder<br />
des Georges Roy<br />
Das große Foto links wurde vermutlich nicht von<br />
einem Profifotografen angefertigt. Die Schärfeebene<br />
liegt hinter dem Motorrad, und die Fenstersimse<br />
des Gebäudes im Hintergrund berühren sich<br />
kompositorisch ungünstig mit dem Scheinwerfer<br />
und Lenker. Gut möglich, dass Georges Roy selbst<br />
oder einer seiner Angestellten die frisch aufgebaute<br />
Maschine abgelichtet hat. Wie die Beschriftung<br />
um die Startnummer verrät, war sie<br />
für die Fernfahrt Paris-Pyrenäen-Paris<br />
bestimmt, die von den Zeitschriften Moto<br />
Revue und Le Petit Parisien veranstaltet<br />
wurde. Dieses Werksmotorrad verfügt über einen<br />
leichten Rahmen ohne Verkleidung und einen<br />
500er-Einzylinder von Chaise mit Doppelport<br />
Zylinderkopf. Der Fahrer war ein Monsieur Dubois.<br />
Eine ältere Rahmenvariante zeigen die Majestic<br />
mit JAP-Motor (zweites Foto von links) und die<br />
Maschine von Georges Roy selbst (rechts daneben)<br />
sowie alle Motorräder auf dem Stand des Pariser<br />
Salons im Oktober 1929. Sie verfügen über<br />
10 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
schnittene Platten wurden in Form gepresst<br />
und anschließend miteinander vernietet.<br />
Georges Roy bot dieses Fahrwerk<br />
mit Zweitaktmotoren von Train oder Viertaktern<br />
von Anzani, später Chaise an.<br />
Nicht bekannt ist, wie es zu dem englischen<br />
Markennamen kam. Vermutlich ist<br />
er eine Reaktion auf die englisch-amerikanisch-französische<br />
Waffenbrüderschaft<br />
im Ersten Weltkrieg und Ausdruck einer<br />
gewissen Extravaganz des Konstrukteurs.<br />
Darauf deutet der Slogan hin, unter dem<br />
er das „Neue Motorrad“ präsentierte: „So<br />
anders als die anderen.“<br />
Bernard Salvat erklärt die Entstehung<br />
der Majestic mit der Unzufriedenheit des<br />
Konstrukteurs über die Fahreigenschaften<br />
seines New Motorcycle. Wie viele Motorräder<br />
dieser Zeit habe sie eine betont<br />
„lange“ Fahrwerksgeometrie, welche auf<br />
den oft schlechten Straßen einen stabilen<br />
Geradeauslauf der Maschine sicherstellen<br />
sollte. Meist auf Kosten der Handlichkeit.<br />
Eine Erklärung, die angesichts der Lenkgeometrie<br />
des New Motorcycle plausibel<br />
erscheint. Georges Roy habe nun versucht,<br />
Fahrstabilität mit leichtem Einlenken zu<br />
verbinden und 1928 die Majestic mit ihrer<br />
Radnaben-Lenkung konzipiert, bei der die<br />
Fahrwerksgeometrie gleich blieb, unabhängig<br />
davon, wie stark das Vorderrad<br />
ein- oder ausgefedert war.<br />
Radnaben-Lenkung – wie<br />
funktioniert die überhaupt?<br />
Man kann die Funktion einer Radnaben-<br />
Lenkung leichter verstehen, wenn man<br />
sich zunächst ein kreuzförmiges Gebilde<br />
vorstellt. Um die Querachse rotiert das<br />
Rad und um die Hochachse wird es nach<br />
rechts oder links geschwenkt. Dieses<br />
Einschlagen des Rads zur Seite kann allerdings<br />
nicht direkt erfolgen, es sei denn<br />
man würde mit Zwillingsrädern arbeiten<br />
und zwischen ihnen das Lenkrohr führen.<br />
Stattdessen wird über einen Hebel gelenkt,<br />
der im nicht drehenden, inneren Bereich<br />
der Radlagerung mit der besagten Hochachse<br />
verbunden ist. Deshalb besitzen radnabengelenkte<br />
Motorräder Radlager mit<br />
sehr großem Außendurchmesser, die<br />
höchste Anforderungen an eine präzise<br />
Bearbeitung der Sitze und spielfreie Einstellung<br />
stellen. Über eine Stange und<br />
einen weiteren Hebel werden die Lenkbewegungen<br />
auf das Rad übertragen. Der<br />
für die Lenkeigenschaften entscheidende<br />
Nachlauf – der Betrag, um den der gedachte<br />
Aufstandspunkt des Vorderreifens<br />
der gedachten Verlängerung der Lenkachse<br />
bis zum Boden hinterherläuft – entsteht<br />
dadurch, dass der Konstrukteur die<br />
Hochachse des Kreuzes um einen be-<br />
So fuhr Roy selbst: mit Cleveland-<br />
Vierzylinder im neuen Chassis<br />
Der italienische Rennfahrer Valerio Riva (rechts, Foto mit Widmung an Georges Roy)<br />
baute die Majestic-Vorderradführung in eine schnelle Vierzylinder-Rennmaschine ein<br />
zwei Längsträger aus Vierkantprofilen, während<br />
die von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> gefahrene Majestic<br />
flächige Seitenteile besitzt, die aus je einem Stück<br />
Stahlblech gepresst wurden. Die beiden Varianten<br />
dokumentieren die technische Entwicklung der<br />
Majestic. Der elegante Monocoque-Rahmen der<br />
von Motorrad-<strong>Classic</strong> gefahrenen Maschine mit<br />
den flächigen Seitenteilen wurde nur in der zweiten<br />
Hälfte des Jahres 1930 und 1931 gefertigt.<br />
Delachenal, seit 1929 Besitzer der Markenrechte,<br />
hat Majestic mit großem Aufwand gefördert, ging<br />
aber 1931 in Konkurs. Der neue Besitzer Omnium<br />
stellte die Produktion ein. Weiterführende Entwicklungen<br />
– zum Beispiel eine Hinterradfederung<br />
– wurden nicht mehr ausgeführt.<br />
Auf dem Stand von Majestic beim Pariser Salon 1929<br />
stehen noch Motorräder mit „Längsträger-Rahmen“<br />
Das New Motorcycle nahm bei der Fahrwerkskonstruktion etliche<br />
Merkmale der Majestic vorweg. Nicht aber die Radnaben-Lenkung<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 11
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
stimmten Winkel gegen die Fahrtrichtung<br />
neigt. Die Anordnung des Lenkers sagt<br />
hier nichts aus über die Geometrie.<br />
Ob Georges Roy das erste in Serie<br />
produzierte Motorrad mit Radnaben-<br />
Lenkung kannte, die in Amerika vom<br />
deutschstämmigen Ingenieur Carl A.<br />
Neracher entworfene Ner-a-Car? Es wäre<br />
verwunderlich, wenn nicht. Die Ner-a-Car<br />
(siehe Seite 14) wurde von 1921 bis 1926<br />
gebaut. Zeit genug hätte er gehabt, das<br />
Prinzip ihrer Lenkung kennenzulernen<br />
und zu verstehen.<br />
Roy hat das Prinzip dieses Vorbilds<br />
oder vielleicht auch nur Vorgängers besser<br />
durchdacht, solider ausgeführt und um<br />
eine integrierte Trommelbremse in motorradgerechten<br />
Dimensionen bereichert.<br />
Seine Konstruktion wirkt wunderbar klar<br />
und schlicht. Und so fremdartig einem<br />
Motorradfahrer von heute die Federung<br />
auch erscheinen mag – sie funktioniert erstaunlich<br />
gut, profitiert allerdings auch<br />
von der Federungsarbeit des Vorderreifens<br />
mit seinem hohen Querschnitt sowie der<br />
Elastizität des Drahtspeichenrads.<br />
Zeitsprung zur Tesi<br />
An dieser Stelle drängt sich ein Zeitsprung<br />
von rund 60 Jahren auf, hinweg über alle<br />
Mit der YB4 i.e. hatte Bimota die Ära der LCD-Displays eingeläutet.<br />
Logisch, dass auch die futuristische Tesi eines erhielt<br />
Zwei Omega-Profile und der Motor bilden die tragende Struktur.<br />
Für den Wechsel der Zahnriemen muss der Motor raus<br />
Anfang der 90er<br />
fuhr jede Test-<br />
Tesi anders als<br />
die anderen.<br />
Dieses Exemplar<br />
hat im Lauf der<br />
Zeit seine Mitte<br />
gefunden<br />
<strong>12</strong> <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
adnabengelenkten Zwischenstufen von<br />
Difazio und elf direkt zur Bimota Tesi. Ihr<br />
Name rührt daher, dass der Ingenieur und<br />
spätere Cheftechniker von Bimota, Pier<br />
Luigi Marconi, die Konstruktion als Doktorarbeit<br />
eingereicht hat, als die These, die<br />
er bei der mündlichen Prüfung erläutern<br />
und verteidigen musste.<br />
Im Unterschied zur Majestic ist die<br />
Tesi nicht nur in jeder Hinsicht weiter ent-<br />
Vor allem in der Rückansicht zeigt auch<br />
die Tesi schön geschwungene Linien<br />
Gelenkt wird über den schwarzen Hebel oberhalb der Querachse des Nabenkreuzes. Die<br />
Hebel mit Öhlins-Aufklebern dienen der Einstellung von Lenkkopfwinkel und Nachlauf
AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
wickelt, sondern auch viel komplizierter.<br />
Das hat nicht nur mit dem technischen<br />
Fortschritt zu tun, der es zum Beispiel erforderlich<br />
machte, statt einer Trommeleine<br />
Doppelscheibenbremse in die Radnaben-Lenkung<br />
zu integrieren. Vielmehr hat<br />
Marconi zahlreiche Einstellmöglichkeiten<br />
der Vorderradfederung und Lenkgeometrie<br />
vorgesehen, deren Erprobung schon<br />
die Testkapazitäten des kleinen Herstellers<br />
in Rimini, erst recht aber Mechaniker,<br />
Kunden und Testredakteure überforderte.<br />
Bei zeitgenössischen Tests fuhren verschiedene<br />
Exemplare der Tesi derart unterschiedlich,<br />
dass es kaum zu fassen war.<br />
Besonders übel fiel ein Motorrad mit zu<br />
viel Spiel in den Vorderradlagern auf, das<br />
auf der Autobahn ab etwa 140 km/h wüst<br />
mit dem Lenker pendelte. Positiv zu vermerken<br />
ist, dass die Ursache des Pendelns<br />
wenigstens gefunden und abgestellt werden<br />
konnte. Andere Tesi entfachten bei<br />
Rennstreckentests spontane Begeisterung<br />
oder ziemliches Unbehagen, ohne dass<br />
man sagen konnte, warum. „An der Tesi<br />
schraubt man sich die Finger blutig. Und<br />
oft erreicht man das, was man will, indem<br />
man das Gegenteil von dem tut, was bei<br />
anderen Motorrädern richtig wäre. Sie<br />
sagt dir nur nicht, wann sie sich gemäß<br />
oder entgegen der Theorie verhält.“ Dieser<br />
Erfahrungsbericht stammt von Dirk Linnebacher,<br />
der Anfang der 90er-Jahre die BoT-<br />
Rennserie auf einer Tesi fuhr und trotz<br />
achtbarer Erfolge eine insgesamt ernüchternde<br />
Saison erlebte.<br />
Das ist lange her, und genau das merkt<br />
man der Tesi dieser Geschichte im positiven<br />
Sinne an. Nach langen Jahren hat ihr<br />
Besitzer offenbar die passende Einstellung<br />
von Federung, Dämpfung, Lenkkopfwinkel<br />
und Nachlauf gefunden. Bei langsamer<br />
Fahrt geht die Lenkung wegen einiger zusätzlicher<br />
Umlenkungen zwar noch etwas<br />
schwerer als bei der Majestic, auch ist der<br />
Lenkeinschlag noch einmal geringer, aber<br />
wenn sie Auslauf bekommt, lenkt sie harmonisch<br />
und federt ausgewogen. Durch<br />
den Anti-Dive-Effekt der Vorderradführung<br />
arbeitet die Federung in welligen<br />
Bremszonen trotz straffer Abstimmung<br />
noch komfortabel. Nur die Handlichkeit<br />
der Majestic erreicht die Tesi nicht, ihr<br />
stehen wohl die breiten Reifen und das<br />
höhere Gewicht entgegen.<br />
Die Leistung des aufgebohrten Ducati-<br />
851-Motors und der Brembo-Vierkolbenzangen<br />
im Vorderrad ist sowieso der<br />
Hammer. Jenseits aller fahrwerkstechnischen<br />
Spitzfindigkeiten sind dies die Eigenschaften<br />
des „modernen“ Motorrads,<br />
die sich mit Macht ins Bewusstsein drängen.<br />
Im Wechselspiel von Beschleunigen<br />
WEITERE MOTORRÄDER MIT RADNABEN-LENKUNG<br />
Die Ner-a-Car, gebaut von 1921 bis 1926, hatte mehr Ähnlichkeit<br />
mit späteren Motorrollern als mit Motorrädern<br />
Die meisten blieben<br />
Einzelstücke<br />
Die hier gezeigte Galerie von Motorrädern mit<br />
Radnaben-Lenkung erhebt keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit. Nicht im Bild zu sehen ist der Umbausatz,<br />
den der schwedische Bremsenspezialist<br />
ISR anbietet (www.isrbrakes.se). Auch fehlen das<br />
Elektromotorrad Johammer aus Österreich (MO-<br />
TORRAD 22/2014) oder die französische Atomos<br />
mit Suzuki-TL 1000-Motor (PS 1/2001). Vor der<br />
Bimota Tesi wurden nur die Ner-a-Car und die<br />
Majestic in Serie gebaut. Die Serien-Tesi ging zwar<br />
auf die Doktorarbeit von Pier Luigi Marconi zurück,<br />
doch schon 1984 hatte Bimota-Mitbegründer<br />
Giuseppe Morri einen Prototypen mit hydraulisch<br />
betätigter Radnaben-Lenkung präsentiert, den er<br />
sich auch patentieren ließ. Als Bimota ab 1990 die<br />
Tesi 1D produzierte, wurde ihre Vorderradnabe mit<br />
dem britischen Ingenieur Jack Difazio in Verbin-<br />
Eine 1000er-Laverda mit Difazio-Lenkung und von erlesener<br />
Hässlichkeit. Ab 1976 wurde sie als Endurance-Renner eingesetzt<br />
Die erste Tesi: Gelenkt wurde hydraulisch mittels auf<br />
und ab bewegter Lenkergriffe. Das Fahrgefühl? Grausig<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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und Bremsen gewinnt die Bimota eine<br />
Fahrdynamik, die der Majestic verwehrt<br />
bleibt. Das liegt hauptsächlich an der<br />
schieren Leistung von Motor und Bremsen,<br />
doch spielt dabei auch die Motorcharakteristik<br />
eine wichtige Rolle. Der 350er-Einzylinder<br />
von Chaise, der die Majestic antreibt,<br />
fühlt sich fast wie ein Stationärmotor<br />
an. Sein nutzbarer Drehzahlbereich<br />
ist schmal, und er wird beim Beschleunigen<br />
auch nicht durcheilt, sondern würdevoll<br />
durchschritten. Und obwohl sich das<br />
handgeschaltete Dreiganggetriebe so leicht<br />
bedienen lässt wie kein anderes dieser<br />
Bauart, das ich kennengelernt habe, sind<br />
die Schaltpausen naturgemäß viel länger<br />
als bei fußgeschalteten Getrieben. Die<br />
Drehzahlen, die es braucht, um im höheren<br />
Gang sauberen Anschluss zu erhalten,<br />
möchte man dem Einzylinder nicht über<br />
längere Zeit zumuten. Klar, das haben viele<br />
e für x: Die erste elf (links) ist mit e beschriftet, heißt<br />
aber x. Die eigentliche e zeigt den Buchstaben nicht<br />
Bei der ersten elf 2 (links) wurden die Lenkerhälften auf und ab<br />
bewegt. Die zweite Version vermied diesen gravierenden Fehler<br />
dung gebracht, doch Difazio war weder der<br />
Erfinder der Radnaben-Lenkung, noch<br />
weisen seine Konstruktionen eine so<br />
weitreichende Ähnlichkeit mit der Tesi-<br />
Lenkung auf, wie die viel älteren Ner-a-Car<br />
oder Majestic. 1978 stellte André de Cortanze<br />
die elf x vor, eine im Auftrag des französischen<br />
Mineralölkonzerns gebaute Formel 750-Rennmaschine<br />
mit dem Vierzylinder-Zweitakter der<br />
Yamaha TZ 750 und Radnaben-Lenkung. Ihr folgte<br />
ein Jahr später die sehr ähnlich aufgebaute, aber<br />
mit einem 1000er-Viertakter von Honda bestückte<br />
elf e (oben, zweite von links) als Endurance-Rennmaschine.<br />
Nach der elf 2 von 1985 (oben, rechts)<br />
wechselte die Mannschaft um Teamchef Serge<br />
Rosset das Prinzip der Lenkung: Statt Radnaben-<br />
bekamen die elf 3 und elf 5 Achsschenkel- Lenkungen,<br />
weil die direkte Verbindung von Lenker<br />
und Vorderrad gegenüber den Umlenkungen der<br />
Radnaben-Lenkung Vorteile brachte. Deshalb<br />
tauchen diese Motorräder und die von ihnen<br />
inspirierte Yamaha GTS 1000 hier nicht auf. So<br />
beschließen die Vyrus und die Bimota Tesi 3 D<br />
diese Sammlung experimenteller Motorräder.<br />
Wer heute ein Bike mit Radnaben-Lenkung kaufen<br />
will, findet im Bimota-Programm die hübsche Tesi 3D<br />
Als die Motorrad-Manufaktur Vyrus zur Saison 2003 die 984 C3<br />
2V vorstellte, stand ihr eine 500er-Tesi-Rennmaschine zur Seite<br />
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AUF ACHSE I<br />
Majestic 350 von 1930 I Bimota Tesi 1D/SR von 1992<br />
Motorräder aus der damaligen Zeit so an<br />
sich, doch auch in den 1920er-Jahren gab<br />
es Motoren, die dynamischer zu Werke<br />
gingen. Die BMW R 32 zum Beispiel, vor<br />
allem aber die Brough Superior ohv 680.<br />
Allerdings ragten diese Motorräder auch<br />
dank ihrer Motoren weit aus der Masse<br />
der übrigen Angebote heraus, nicht nur<br />
wegen ihres Fahrwerks.<br />
Der gemütliche Langhub-Einzylinder<br />
erklärt mir immerhin, wie der französische<br />
Begriff für Gangstufe entstanden sein<br />
könnte: „Vitesse“, also „Geschwindigkeit“<br />
sagen unsere Nachbarn dazu. Ein Schaltgetriebe<br />
ist eine „boîte de vitesses“, eine<br />
„Schachtel der Geschwindigkeiten“. Dahinter<br />
steht die Vorstellung, ein Motor<br />
laufe stets in einen bestimmten Wohlfühl-<br />
Drehzahlbereich, und die Übersetzungen<br />
– drei im Fall der Majestic – sorgten für<br />
drei wählbare Fahrgeschwindigkeiten.<br />
Heutige Motoren können zwischen 40<br />
und 240 km/h in einem Gang erreichen.<br />
Sicherlich wusste Roy um die bestenfalls<br />
durchschnittliche Motorisierung der<br />
350er. Deshalb bot er die Majestic auch<br />
mit einem 500er-Single von Chaise an<br />
und plante weitere alternative Motorisierungen.<br />
1929 verkaufte er die Majestic an<br />
die Etablissements Delachenal, die sie in<br />
seinem Auftrag produziert hatte. Dadurch<br />
überlagerten sich wohl verschiedene Pläne.<br />
Wie historische Fotos vom Pariser Salon<br />
1929 (siehe Seite 11) zeigen, adaptierte<br />
man auch einen 750er-ohv-V2 von JAP. Er<br />
war quer eingebaut und trieb das Hinterrad<br />
über ein längs eingebautes Getriebe<br />
und Kardanwelle an. Platz gab es genug,<br />
und die heiße Auslasszone konnte relativ<br />
gut gekühlt werden.<br />
Für sich selbst hatte Roy eine Majestic<br />
mit 1000er-Reihenvierzylinder von Cleveland<br />
mit dem älteren Längslenker-Rahmen<br />
aufgebaut. Für 1930/31 sollte die Monocoque-Majestic<br />
auch mit 500er-V4 von<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Chaise ausgerüstet werden doch wurde<br />
wohl keine einzige Maschine mit dieser<br />
Motorisierung gebaut. Die 350er gab es<br />
mit Ketten- oder Kardanantrieb.<br />
Wie kommt die Majestic zu<br />
ihrem Dollar-Auspuff?<br />
Delachenal produzierte Motorräder unter<br />
dem Markennamen Dollar, die ebenfalls<br />
von Chaise-Motoren angetrieben wurden.<br />
Obwohl andere Majestic-Exemplare einen<br />
runden Topf mit Fischschwanzmündung<br />
besitzen, könnte der Dollar-Auspuff deshalb<br />
sogar authentisch sein. 1931 gingen<br />
die Entreprises Delachenal in Konkurs<br />
und wurden von Omnium Métallurgique<br />
et Industriel übernommen, dem Produzenten<br />
der Chaise-Motoren. Diese Zäsur<br />
brachte das Ende der Majestic. Wie<br />
Bernard Salvat vermutet, wollte Omnium<br />
keine Tantiemen für ihre Produktion bezahlen,<br />
zumal sie den Chaise-V4 hinter<br />
ihrer Verkleidung versteckt hätte.<br />
Obwohl Bimota seit den frühen 90ern<br />
mehrfach in finanzielle Turbulenzen geriet,<br />
blieb der Tesi das Schicksal der Majestic<br />
erspart. Zwar lief die 1D-Serie 1994<br />
mit der ES aus, doch unter der Asche blieb<br />
ein Funke am Glühen. Er überstand sogar<br />
den Bankrott im Jahr 2000 und zwei Eignerwechsel.<br />
Zunächst wurde er von der<br />
Motorradmanufaktur Vyrus wieder angefacht.<br />
Sie hatte die Rechte an der Tesi gekauft<br />
und baute die Vyrus 984 C3 V2 mit<br />
luftgekühltem Ducati-Motor. 2005 nahm<br />
Bimota selbst mit der Tesi 2D das Konzept<br />
wieder auf, seit 2006 wird in kleinsten<br />
Stückzahlen die Tesi 3D mit Gitterrohrschwingen<br />
gefertigt. Alle Nachfolger der<br />
1D trugen luftgekühlte Motoren, Superbike-Ambitionen<br />
haben sie also längst abgelegt.<br />
Trotzdem: In der Geschichte der<br />
stets vom Aussterben bedrohten Radnaben-Lenkung<br />
ist die Tesi fast schon ein<br />
Garant für Kontinuität.<br />
◻<br />
DATEN<br />
Majestic 350<br />
Motor: Einzylinder-Viertaktmotor, eine zahnradgetriebene,<br />
untenliegende Nockenwelle, zwei über<br />
Stoßstangen und Kipphebel betätigte Ventile,<br />
Bohrung x Hub 75 x 79 mm, Hubraum 349 cm³,<br />
Leistung etwa 11 PS bei 3700/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Dreiganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Monocoque aus genieteten Pressblechen,<br />
starre Hinterradführung, Vorderradfederung<br />
durch zwei Federbeine, Drahtspeichenräder mit<br />
Stahlfelgen, Reifen vorn und hinten 4.00-19,<br />
Duplex-Trommelbremse vorn, Halbnaben-Simplex-<br />
Trommelbremse hinten, Sattel mit gefederten<br />
Streben<br />
Gewicht: zirka 150 kg<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit<br />
zirka 90 km/h<br />
Bimota Tesi 1D/SR<br />
Motor: Quer eingebauter 90-Grad-Viertakt-V, je<br />
zwei über Zahnriemen angetriebene, obenliegende<br />
Nockenwellen, vier desmodromisch betätigte<br />
Ventile pro Brennraum, Bohrung x Hub 94 x 68<br />
mm, Hubraum 904 cm³, Verdichtung 11,6:1,<br />
Leistung 113 PS bei 8500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung,<br />
Sechsganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Rahmenprofile aus Leichtmetall,<br />
Motor mittragend, geschobene Zweiarmschwinge<br />
mit Hebelsystem und Federbein vorn, Zweiarmschwinge<br />
mit Hebelsystem und Federbein hinten,<br />
Leichtmetall-Gussräder, Reifen vorn und hinten<br />
<strong>12</strong>0/70 ZR 17/180/55 ZR 17, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Scheibenbremse hinten, Ø 320/230 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1410 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 213 kg, Tankinhalt 16 l<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit 235 km/h<br />
Preis (1992): 59 200 Mark<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 17
IM STUDIO I<br />
BMW R 69 US<br />
Born<br />
for the<br />
USA<br />
Weil der US-Markt in den 1960er-Jahren<br />
für BMW besonders wichtig war, kamen<br />
die Amerikaner ab Ende 1967 in den<br />
Genuss einer speziellen R 69 S-Version –<br />
mit der Tele gabel, die bei uns erst das<br />
Nachfolge modell R 75/5 erhielt.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Jacek Bilski<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 19
IM STUDIO I<br />
BMW R 69 US<br />
Der geschmeidig laufende, kraftvolle<br />
Boxer verhalf der R 69 S zur Bezeichnung<br />
„Rolls-Royce of motorcycles“<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Der Drehzahlmesser von VDO (oben) war<br />
zwar nicht serienmäßig, konnte jedoch als<br />
Zubehör geordert werden. Der Bosch-<br />
Schriftzug auf dem verchromten Lampenring<br />
(Mitte) steht für die hochwertige<br />
deutsche Technik, die auch in den USA<br />
Anerkennung findet. Der Drehknauf hinter<br />
der Gabelbrücke (unten) aktiviert den<br />
hydraulischen Lenkungsdämpfer
IM STUDIO I<br />
BMW R 69 US<br />
Wer Leistung liefert, muss auch atmen:<br />
Der Luftfilter steckt unter einem markanten<br />
Deckel im Kochtopf-Design<br />
(links). Ausgeatmet wird über lange,<br />
schlanke Hoske-Endtöpfe im sportlichen<br />
Look (oben links). Fahrer und<br />
Beifahrer thronen auf einer breiten,<br />
bequemen Schorsch- Meier- Zubehör-<br />
Sitzbank (oben rechts)
Mit prestigeträchtigen 42 PS und Telegabel<br />
sollte die R 69 US den britischen<br />
Twins auf dem US-Markt Paroli bieten<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 23
IM STUDIO I<br />
BMW R 69 US<br />
Die 200 Millimeter große Duplex-Trommelbremse<br />
im Vorderrad erfüllt ihren Zweck,<br />
war jedoch nie eine Zweifingerbremse<br />
BMW R 69 US<br />
MOTOR: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor,<br />
eine untenliegende Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder,<br />
über Stoßstangen und Kipphebel betätigt, Bohrung 72 mm,<br />
Hub 73 mm, Hubraum 590 cm³, Verdichtung 9,5:1, 42 PS<br />
bei 7000/min, zwei 26er-Bing-Vergaser, Einscheiben-<br />
Trockenkupplung, Vierganggetriebe, Kardanantrieb<br />
FAHRWERK: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr,<br />
Telegabel vorn, Zweiarmschwinge hinten, Duplex-/<br />
Simplex-Trommelbremse vorn/hinten, Reifen 3.50-18<br />
vorn und hinten<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT: 175 km/h<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Gibt’s doch gar nicht? Doch, gibt es, beziehungsweise<br />
gab es. Aber nur für den amerikanischen<br />
Markt. Während die Kunden in Deutschand in<br />
der langen Bauzeit von 1960 bis 1969 mit der R 69 S in<br />
der Version mit geschobener Langschwinge am Vorderrad<br />
vorliebnehmen mussten, kamen die Amerikaner zumindest<br />
die letzten beiden Jahre in den Genuss der Version<br />
mit der Telegabel der Nachfolgerin R 75/5. Dass<br />
unser Studio-Exemplar zudem einen fetten Hoske-Tank<br />
trägt, ist der Vorgeschichte beziehungsweise dem persönlichen<br />
Wunsch des Besitzers geschuldet.<br />
Doch werfen wir zunächst kurz einen Blick zurück<br />
auf die Geschichte der R 69 S. Den Rolls-Royce unter den<br />
Motorrädern nannten die Briten das Bike damals. Gemeint<br />
war wohl die Laufkultur des ruhig und samtweich<br />
laufenden Boxers, der jedoch bereits mit der leistungsmäßigen<br />
Souveränität aufwarten kann, die bekanntlich<br />
gelassen macht. Dabei geht die motorische Basis zurück<br />
bis auf die Anfänge der 1950er-Jahre und die Modelle<br />
R 51/3 und R 67. Der also bereits mit stirnradgetriebener<br />
Nockenwelle arbeitende 590-Kubik-Boxer begann seine<br />
Karriere mit 24 PS in der R 51/3 und erreichte seinen<br />
Leistungsgipfel schließlich mit den herausgekitzelten<br />
42 PS in der R 69 S.<br />
R 69 S mit 42 PS – der Gipfel der Evolution<br />
Die zusätzlichen sieben Pferdchen im Vergleich zu den<br />
35 der normalen R 69 wurden hauptsächlich durch die<br />
höhere Verdichtung (9,5 statt 7,5:1), geringfügig geänderte<br />
Steuerzeiten und etwas anders bestückte 26er-Bing-<br />
Vergaser erreicht. In den ersten beiden Produktionsjahren<br />
1961 und 1962 seit Erscheinen auf der IFMA 1960 häuften<br />
sich jedoch die Probleme mit Motorschäden, es mussten<br />
Änderungen vorgenommen werden. Kurbelwellenbrüche<br />
und Zylinderabrisse durch Resonanzschwingungen<br />
der Kurbelwelle waren ab 1963 passé – die vielen<br />
kleinen Maßnahmen (sorgfältiger ausgelegte Laufspiele,<br />
peniblere Auswuchtung der Schwungscheibe, etc.) führten<br />
zum Erfolg, zudem saß nun ein schwungradähnlicher<br />
Vibrationsdämpfer vorn auf der Kurbelwelle vor der<br />
Licht maschine. So konnte die offi ziell mit 160 (normale<br />
Haltung) beziehungsweise 175 km/h Spitze (liegend) angegebene<br />
R 69 S auch sorglos in und über zuvor kritische<br />
Drehzahlbereiche gejubelt werden.<br />
Vor allem auf dem damals anvisierten US-Markt sollte<br />
dies Früchte tragen und fürs notwendige Prestige sorgen<br />
im Kampf mit den dort stark vertretenen schnellen<br />
britischen Twins von BSA, Triumph, Norton und AJS. Als<br />
Argument konnten die Bayern zudem den wartungsfreien<br />
Kardanantrieb ins Feld führen. So entwickelte sich die<br />
R 69 S auch zum BMW-Bestseller in den USA. Der deutsche<br />
Markt schwächelte zu jener Zeit enorm, weswegen<br />
Schätzungen zufolge wohl zwei Drittel der über die Jahre<br />
gebauten 11 317 Exemplare der R 69 S in die USA gegangen<br />
sein dürften. Wohl auch, weil man bei BMW verstanden<br />
hat, den wichtigen US-Markt sorgfältig im Auge zu<br />
behalten und sich der Konkurrenz zu erwehren.<br />
Weil seit 1964 bereits an einer neuen Motorradgeneration<br />
gearbeitet wurde und man gute Erfahrungen mit<br />
den erfolgreich im Geländesport eingesetzten Telegabeln<br />
gesammelt hatte, spendierte man der R 69 S ab Herbst<br />
1967 speziell für den US-Markt eine Version mit der Telegabel,<br />
die künftig in den /5er-Modellen Dienst leisten<br />
sollte, samt hohem Geländesportlenker. Den Amis gefiel<br />
diese Version offenbar so gut, dass in den Jahren 1967 bis<br />
1969 (Herbst) immerhin 1003 Exemplare in den USA abgesetzt<br />
werden konnten. Die in Deutschland vorherrschende<br />
Farbe Schwarz war hingegen in den USA nicht<br />
beliebt. Die US-Kunden zeigten sich weniger an düsteren<br />
Farben interessiert, neben Weiß, Grün und Graugrün war<br />
deshalb auch Rot im Angebot, sogar einige wenige in<br />
Blau wurden verkauft.<br />
Dass unser Fotobike, das im Auftrag eines Sammlers<br />
beim Klassiker-Spezialisten PREMIUM<strong>MOTORRAD</strong> in<br />
Böblingen (www.premiummotorrad.de) zum Verkauf<br />
steht, dennoch einen schwarzen Tank trägt, ist dem speziellen<br />
Wunsch des Eigentümers zu verdanken. Schließlich<br />
war der mächtige, über 30 Liter fassende Hoske-Tank<br />
ebenso wie die breitere und bequemere Schorsch Meier-<br />
Sitzbank (beides damals gängige und beliebte Zubehörteile)<br />
bereits montiert, als die BMW vom Erstbesitzer in<br />
den USA wieder über den großen Teich zurück nach<br />
Deutschland kehrte. Hier wurde ihr im Jahr 2011 eine<br />
aufwendige Werks-Restaurierung bei BMW zuteil, die lückenlos<br />
belegbar und dokumentiert ist und damals stolze<br />
24 000 Euro verschlang. Zusammen mit den über 10 000<br />
Dollar Kaufpreis summieren sich so die Ausgaben auf ein<br />
stolzes Sümmchen, das sich angesichts des Zeitwerts einer<br />
solch hochwertigen R 69 US wieder relativiert. Und<br />
wer weiß – vielleicht findet diese US-Version ja auch<br />
wieder den Weg zurück in die Hände eines gut betuchten<br />
BMW-Sammlers in den USA. Die BMW-Begeisterung ist<br />
dort nach wie vor groß, und „gibt‘s nicht“ gibt es im Land<br />
der unbegrenzten Möglichkeiten bekanntlich nicht. ◻<br />
So verließ die R 69 S<br />
das Werk ein Jahrzehnt<br />
lang für den<br />
deutschen Markt:<br />
mit geschobener Langschwinge<br />
am Vorderrad<br />
Foto: Rossen Gargolov<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 25
SZENE I<br />
Velocette-Liebhaber<br />
Landpartie<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Der Arbeitsplatz auf einem modernen<br />
Trecker hat mehr mit<br />
Airbus oder Boeing zu tun als<br />
mit Lanz und Hanomag. Deshalb kann<br />
kaum erstaunen, dass der überzeugte und<br />
erfolgreiche Landwirt Heinrich Wenning<br />
sich der Zweirad-Neuzeit nicht verschließt<br />
und stolz eine nagelneue Triumph Tiger<br />
800 aus der Garage zieht. Mit Einspritzung,<br />
Ride-by-Wire, Bordcomputer und<br />
allem Schnicki. Gleichzeitig findet selbst<br />
modernste Landwirtschaft im Münsterland<br />
gern auf traditionsreichen, fast gutsartigen<br />
Höfen statt, und deshalb wundert<br />
ebenso wenig, dass Heinrich auch noch<br />
was Altes stehen hat. Eine 1962er-Velocette<br />
Venom Clubman nämlich, und deren<br />
Leerlauf – glasklar getaktet, beruhigend<br />
stark – kommt jenem alter Landmaschinen<br />
schon ein wenig näher.<br />
Manchmal fährt Heinrich sogar Harley,<br />
aber nur, weil einschlägige US-Reiseunternehmen<br />
für Urlaube zwischen Prärie und<br />
Rocky Mountains nichts Britisches anbieten<br />
können. Trotzdem drängt sich insgesamt<br />
die Frage auf, wie das alles funktioniert,<br />
so neben Hunderten von Schweinen<br />
und zig Hektar Land. „Nur mit Leiden-<br />
Erstmals vor 40 Jahren bollerten Velo cette-<br />
Freunde aus halb Europa ins Münsterland<br />
und machten Urlaub auf dem Bauernhof.<br />
Dabei war ihr Gastgeber damals noch glühender<br />
Zweitaktfan.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
Man ist – of course! – per Achse und zu zweit aus England angereist<br />
und baut das Zelt in Heinrichs Garten auf. Wie vor 40 Jahren. Genau<br />
wie damals wollen die Velo-Plaudereien einfach kein Ende finden
SZENE I<br />
Velocette-Liebhaber<br />
schaft“, sagt Heinrich und lächelt. Aber er<br />
meint das verdammt ernst. Denn erstens<br />
geht ihm sonst gar nichts gut von der<br />
Hand, und zweitens hat er damit – zumindest<br />
was Motorräder und Landwirtschaft<br />
angeht – jahrzehntelange Erfahrung.<br />
Schon als ganz junger Mann machte<br />
sich der heute 63-Jährige immer mal wieder<br />
vom geliebten elterlichen Acker, um<br />
die Welt zu umarmen und knatternd dem<br />
Fahrtwind zu trotzen. „Ich war Zweitaktfan<br />
durch und durch. Leicht und stark<br />
musste das sein.“<br />
Aber irgendwie hatte Heinrich nicht<br />
die passenden Freunde. Viertaktfahrer!<br />
Single-Treiber! Einer fuhr gar das etwas<br />
merkwürdige Produkt der 1971 untergegangenen<br />
britischen Marke Velocette und<br />
war – wenn schon, denn schon – Mitglied<br />
des Velocette Owner Clubs. Die Angehörigen<br />
dieser ehrbaren Vereinigung geruhten<br />
bereits damals, gelegentlich einen Border<br />
Raid zu veranstalten, der sie über die<br />
Grenzen des Königreichs hinaus führte.<br />
Für 1976 schwebte ihnen Germany vor,<br />
und Heinrichs Freund, wohnhaft in Münster,<br />
schien geeignet, dieses Unternehmen<br />
zu planen. Der Mann ging extrem pragmatisch<br />
vor: Wenn rund 30 Leute kommen,<br />
braucht man Platz, wenn die alle mit<br />
ihrem grollenden Single anreisen, sollte<br />
dieser Platz nicht unmittelbar neben<br />
Kirche und Kindergarten liegen. Heinrich<br />
erfasste sofort, was diese Anforderungen<br />
bedeuteten. Zufrieden kabelte der Freund<br />
nach England: „This year‘s Border Raid<br />
leads you to Wenning‘s farm.“<br />
Weil bis zu dieser Landpartie noch etwas<br />
Zeit war, fuhren die beiden Freunde<br />
auch in jenem Jahr wieder auf die Isle of<br />
Man, Heinrich mit der zielführend getunten<br />
Suzuki T 500, sein Kumpel mit der beharrlichen<br />
Halbliter-Velocette. Das Eiland<br />
in der Irischen See erlebte einen Wenning<br />
in Bestform – Heinrich legte seine persönliche<br />
Rekordrunde auf dem Mountain<br />
Course hin – und eine Velocette-Gemeinde<br />
voller Vorfreude: Als der Münsteraner<br />
Velo-Pilot den fixen Suzi-Fahrer als seinen<br />
Freund vorstellte, entgegneten die<br />
Briten höflich, man reise heuer auf den<br />
Kontinent, vielleicht könne man sich ja<br />
mal wiedersehen, beim spätsommerlichen<br />
Treffen auf Wenning‘s Farm etwa.<br />
Das ließe sich kaum vermeiden, entgegnete<br />
Heinrich: „I am Mr. Wenning.“<br />
Es zeugt von britischem Sinn für Toleranz,<br />
dass wenige Wochen später tatsächlich<br />
gut 25 der Birminghamer Schönheiten<br />
zwischen Haupthaus und Speicher auf<br />
seinem Rasen parkten. „Sogar Vorkriegsmaschinen<br />
darunter“, erinnert sich Farmer<br />
Wenning und kann nicht begreifen, wo<br />
die Zeit geblieben ist. „40 Jahre, oh Mann,<br />
wie jung wir da waren.“ Und trotzdem<br />
schon diplomatisch, denn die Gegensätze<br />
zwischen Vier- und Zweitaktern konnten<br />
bereits bei der Premiere weitgehend versöhnt<br />
werden. Mehr noch: So begeistert<br />
Höfe haben im Münsterland oft<br />
eine lange Geschichte. Da passt die<br />
Velocette Venom Clubman prima<br />
Am wohlsten fühlt sich so eine Velocette,<br />
wenn sie wirklich gebraucht wird. Und<br />
zwar möglichst normal und ungezwungen<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
waren die Fourstroke-Aktivisten von ihrem<br />
Urlaubsdomizil unter Eichen und am<br />
rauschenden Bach, dass sie Heinrichs Angebot,<br />
in ein, zwei Jahren wiederzukommen,<br />
dankend annahmen. „Tja“, schmunzelt<br />
der Gastgeber, „und seitdem kommen<br />
die alle zwei Jahre.“<br />
So in der Regel jedenfalls, wenn nicht<br />
familiäre Ereignisse eine etwas längere<br />
Pause erzwangen. „Oder auf der Insel die<br />
Maul- und Klauenseuche tobte. Da konnte<br />
ich hier keine Engländer gebrauchen.“<br />
Der vergangene Spätsommer war frei von<br />
familiären oder tiermedizinischen Einschränkungen,<br />
also wurden Biertisch-<br />
Garnituren geschrubbt und Holzkohlen<br />
besorgt und der Rasen gemäht – wie immer<br />
seit 40 Jahren. Und die Velo wurde<br />
geputzt – wie immer seit 32 Jahren. An<br />
dieser Stelle widerspricht Heinrich der<br />
Vermutung, er habe damals von seinen<br />
neuen verlässlichen Freunden einfach auf<br />
deren Motorrad geschlossen. „Nein, nein,<br />
die Saat war längst gelegt. Ich fand die<br />
Startprozedur so toll bei der Velo. Und<br />
diesen sagenhaften Sound, wenn mein<br />
Kumpel dann auf der Chaussee Richtung<br />
Münster abgehauen ist.“ Wo er recht hat...<br />
Velocettes standen fast immer für tapferen<br />
Sportsgeist, trotz zweier 350er-WM-<br />
Titel 1949 und 1950 vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg fast noch mehr als danach. Bereits<br />
1925 nämlich debütierte die äußerst<br />
ambitionierte K-Serie mit ihrem Königswellen-350er,<br />
der daraus entwickelte<br />
Racer gewann 1926 unter Alec Bennett<br />
die Junior-TT und leitete eine ewig lange<br />
Liste großer Sporterfolge ein. Doch obwohl<br />
der solide wie kraftvolle Single auch<br />
Wenn die charakteristischen Fishtail-Endtöpfe verstummen, dann<br />
ist Zeit für Erzählungen: Wie zum Beispiel Ulrich einen wunderschönen<br />
Café Racer aufgebaut hat. Sogar ganz ohne Fishtail<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 29
SZENE I<br />
Velocette-Liebhaber<br />
Allrounder antrieb, taugte er nicht zum<br />
Topseller – zu teuer in der Produk tion. Ein<br />
simpleres Aggregat versprach Besserung,<br />
und so kam 1933 die M-Serie zur Welt, mit<br />
ohv-Motoren von zunächst 250, bald aber<br />
auch 350 und 500 cm³ Hubraum. Nach<br />
dem Krieg liefen die Königswellenmotoren<br />
aus, sehr gut weiterent wickelte ohv-Singles<br />
bedienten sportliche Kunden ebenso<br />
gut. Die Leistung der 350er-Viper und der<br />
500er-Venom, beide Mitte der 50er vorgestellt,<br />
reichte mit 26 und 34 PS weit<br />
über den Klassenschnitt hinaus, engagierte<br />
Händler lieferten jede Menge Zubehör,<br />
um sie für die enorm populären Clubrennen<br />
zurechtzumachen. 1958 dann<br />
griff Velocette selbst diesen Trend auf und<br />
präsentierte eigene Clubman-Versionen<br />
mit 28 PS bei 7000/min beziehungsweise<br />
37 bei 6200/min.<br />
So eine kam 1984 bei Heinrich auf den<br />
Hof. Venom Clubman, mit Amal-TT-Vergaser,<br />
höherer Verdichtung, niedrigen<br />
Lenkerhälften und enger gestuftem Getriebe.<br />
Im Lauf der beiden nächsten Jahre<br />
gaben die schlanke Halbschale und der<br />
Anderthalbsitzer den letzten Pfiff und eine<br />
Deutz-Lichtmaschine die nötige Sicherheit,<br />
denn noch mal zwölf Monate später<br />
ging‘s wieder auf die Insel. Dort reichte es<br />
zwar nicht für eine neue Rekordzeit, aber<br />
immerhin zu einem Autogramm von Ernst<br />
„Klacks“ Leverkus: 80 Jahre TT, dieses<br />
Jubiläum hatte nicht nur viele Velocette-<br />
Fahrer angezogen, sondern auch den legendären<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Tester. Den entsprechenden<br />
Aufkleber trägt die Clubman<br />
noch immer, so weit rum kommt sie jedoch<br />
schon lange nicht mehr. „Aber für<br />
die kleine Abendrunde nehme ich die<br />
Velo gerne her“, berichtet Heinrich, und<br />
deswegen ist er auch ganz sicher, dass sie<br />
zuverlässig anspringt. Immerhin muss er<br />
die allfällige Ausfahrt anführen, und das<br />
tut er dann auch.<br />
Engländer, Deutsche und Holländer<br />
sind angereist, um ihrer Marke zu huldigen.<br />
Sehr familiär das alles, sogar die<br />
Motorräder sind bestens bekannt. Umso<br />
größer das Interesse, als Ulrich mit seinem<br />
genialen Velo-Racer auftaucht. Oder Gert<br />
mit einem Model E3 von 1921. Dieser<br />
Zweitakter dürfte die älteste Velo<br />
Deutschlands sein, und seine wunderbare<br />
KSS, nur fünf Jahre jünger, lädt direkt zum<br />
Plaudern über die glorreichen Zeiten ein.<br />
Spätestens nach dem zweiten Bier kommt<br />
das Gespräch auf den innerhalb ihrer<br />
Klasse nie gebrochenen Weltrekord von<br />
1961, als eine Venom in 24 Stunden auf<br />
dem Montlhéry-Kurs 3900 Kilometer abriss.<br />
Ergibt einen Schnitt von über 161<br />
km/h – und beantwortet natürlich die<br />
Frage nach dem besten jemals gebauten<br />
Einzylinder. Mit dieser Gewissheit begibt<br />
man sich dann nach dem fünften oder<br />
sechsten Bier zur Ruhe. Die Echten krabbeln<br />
selbstverständlich ins Zelt. Manche<br />
Dinge sollten nämlich so bleiben, wie sie<br />
schon immer waren.<br />
◻<br />
Diese Model E von 1921 dürfte die älteste<br />
Velocette in Deutschland sein. Und zu den<br />
berühmtesten zählt die Renn-KSS von 1926<br />
Noch ist unklar, ob Kurt mal Opa Heinrichs Velo<br />
erbt. Und ob er dann das Treffen weiterführt<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
DIGITALES<br />
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AUF ACHSE I<br />
Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport<br />
32 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Bernhard und<br />
Malanca<br />
In dem zum Slogan inspirierenden<br />
Zeichentrickfilm von 1977 retten<br />
zwei Mäuse ein entführtes Waisenkind<br />
und finden obendrein einen<br />
riesigen Diamanten. Die hier<br />
beschriebene Geschichte ist zwar<br />
weit weniger dramatisch, und<br />
entführt wurde auch niemand.<br />
Um Mäuse und Diamanten geht es<br />
aber auch hier. Irgendwie.<br />
Text: Stefan Glück; Fotos: Jacek Bilski, Stefan Glück (3)<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 33
AUF ACHSE I<br />
Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport<br />
Es gibt mehrere Möglichkeiten, zu<br />
seinem klassischen Traummotorrad<br />
zu kommen. Eine, die wenig<br />
Zeit, dafür aber meist viel Schotter, Kohle,<br />
oder Mäuse ergo Geld benötigt, ist, seinen<br />
Wunscholdie bei einem Händler oder<br />
Restaurator fix und fertig zu kaufen. Eine<br />
zweite, die zwar nicht zwingend weniger<br />
Geld, definitiv aber viel Zeit, Platz und<br />
Nerven kostet, ist, das Traumbike als Ruine<br />
zu erstehen und selbst zu restaurieren.<br />
Eine dritte, im Nachhinein nachgerade als<br />
zwingend logisch erscheinende Variante<br />
ist die, die Bernardo, genannt Bernd, Soffa<br />
bevorzugt anwendet: Er kauft sich seine<br />
Wunschmotorräder einfach neu und lässt<br />
sie dann in Würde und mit Sachverstand<br />
zum Oldie reifen. Zugegeben, auch dieser<br />
Weg ist nicht billig und setzt neben geeigneten<br />
Lagermöglichkeiten auch Geduld<br />
voraus. Zudem funktioniert diese Methode<br />
nur, wenn das Wunschbike mindestens<br />
18 Jahre jünger ist als man selbst, Stichwort<br />
Geschäftsfähigkeit. Wenn man aber,<br />
wie Bernd, sein Herz an Exoten verloren<br />
hat, ist dieser Weg durchaus sinnvoll,<br />
denn um heute überhaupt eine Malanca<br />
und dann noch in diesem Zustand zu<br />
finden, bedarf es ebenso viel Glück wie<br />
bei dem Diamanten im Film.<br />
Erfolgreich bei Tagesrennen<br />
Um die Vorliebe Soffas für kleine, sportliche<br />
Motorräder zu verstehen, hilft ein<br />
Blick in die Vita des heute 74-jährigen<br />
gebürtigen Thüringers. Wer als technikbegeisterter<br />
Bub in der Rennstadt Schleiz<br />
aufwächst, dem fällt es schwer, sich dem<br />
Rennbazillus zu entziehen. Klar, dass er<br />
schon mit 16 Motorrad fuhr, eine <strong>12</strong>5er-<br />
Jawa. 1959, mit 17, verließ er die DDR, um<br />
sich die Welt anzusehen. Zunächst landete<br />
er in Köln, fand Arbeit bei Ford und verbrachte<br />
seine Freizeit damit, mit verschiedensten<br />
Motorrädern die Nordschleife zu<br />
erkunden.<br />
Talent hatte er, und ab 1961 startete er<br />
dann regelmäßig und durchaus erfolgreich<br />
bei den damals besonders in Holland,<br />
Belgien und Frankreich beliebten<br />
Tagesrennen, wie die stattliche Pokalsammlung<br />
beweist. Da es neben Spesen<br />
auch Preisgelder bis zum dritten Platz<br />
gab, waren die Rennen durchaus lukrativ.<br />
Um überhaupt eine Lizenz zu bekommen,<br />
musste er sich, da damals die Volljährigkeit<br />
erst mit 21 Jahren erreicht wurde, auf<br />
dem Antrag etwas älter machen. Bis heute<br />
ist Soffa noch im Veteranensport aktiv.<br />
Der Schwindel flog erst Jahrzehnte später<br />
auf, als er seines vermeintlichen Alters<br />
wegen gewisse ärztliche Atteste zur Verlängerung<br />
der Lizenz vorweisen sollte,<br />
und er, die Schummelei längst vergessen,<br />
konterte, dass es noch nicht so weit sei.<br />
Bernd freut sich wie ein kleiner Bub, dem<br />
ein guter Streich gelungen ist, als er diese<br />
Anekdote erzählt.<br />
Damals wie heute bevorzugt Soffa<br />
stets die kleinen Klassen, da er dort mit<br />
seiner bis heute drahtigen Figur einen<br />
kleinen Vorteil hatte. Eine der damals getragenen<br />
Lederkombis hat bis heute überlebt<br />
und passt, wie die Bilder beweisen,<br />
immer noch wie angegossen.<br />
Die Faszination für kleine Sportmotorräder<br />
ging so weit, dass der heute im<br />
Schwäbischen Wohnende kaum Kosten<br />
und Mühen scheute, um sich 1998 ein<br />
Exemplar der raren und nicht offiziell importierten<br />
Honda Dream 50 und später<br />
noch eine Dream 50 R zu ergattern, mit<br />
denen Honda sich und die Fans zum<br />
50-jährigen Firmenjubiläum beschenkte.<br />
Diese Geschichte ist nachzulesen in MO<br />
TORRAD <strong>Classic</strong> 1+2/<strong>2016</strong>. Neben besagten<br />
Hondas und der hier gezeigten Malanca<br />
stehen noch weitere zweirädrige Delikatessen<br />
in Soffas Garage, von denen bestimmt<br />
noch die eine oder andere ihren<br />
Weg in unser Heft finden wird.<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Der luftgekühlte Twin will gedreht werden, soll es<br />
vorwärts gehen. Dieses Exemplar wurde seit dem<br />
Zusammenbau vor 40 Jahren noch nie geöffnet<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 35
AUF ACHSE I<br />
Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport<br />
Der Autor vor der Fahrt bei der Einweisung vom Erstbesitzer. Wichtigste Aussage:<br />
Vergiss alles unter 7000 Touren und Vollgas! Da fügt man sich doch gerne<br />
Seit 1976 im Erstbesitz<br />
Doch nun zu dem wunderschönen Rennerle<br />
mit der einzigartigen Historie. Gekauft<br />
wurde es, wie bereits erwähnt, 1976<br />
mangels Händlernetz direkt beim damaligen<br />
Importeur, und war seit der Erstzulassung<br />
keinen einzigen Tag abgemeldet.<br />
Leider existiert das originale Kennzeichen<br />
nicht mehr, durch einen Umzug in einen<br />
anderen Landkreis musste es ausgetauscht<br />
werden und kam irgendwann abhanden.<br />
Dafür ist der Kilometerstand von<br />
8234 ebenso original wie der Rest des Motorrads.<br />
Einzige Ausnahme ist die Solo-<br />
Sitzbank, die Soffa der sportlicheren Optik<br />
zuliebe montiert hat. Das Originalmöbel<br />
ist selbstverständlich vorhanden und<br />
eingelagert. Dass der luftgekühlte Twin<br />
seit der Erstmontage nie geöffnet wurde,<br />
glaubt man gerne, wozu auch? Die Laufleistung<br />
ist nachgerade mickrig, erklärt<br />
sich aber durch einen mehrjährigen, fachgerecht<br />
vorbereiteten Dornröschenschlaf.<br />
So gab es bei der Erweckung keine nennenswerten<br />
Standschäden zu beklagen.<br />
Heute wird die Malanca zwar selten, aber<br />
regelmäßig ihrem Verwendungszweck zu-<br />
36 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
FIRMENPORTRÄT MALANCA<br />
Sportler aus Bologna<br />
In der heutigen Zeit heißt es bekanntermaßen,<br />
was Google nicht kennt, das gibt es nicht. Wie<br />
die Bilder auf diesen Seiten beweisen, gibt beziehungsweise<br />
gab es den Hersteller Malanca<br />
sehr wohl, allein die Faktenlage ist sehr dürftig.<br />
Im <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Archiv findet Malanca,<br />
von wenigen dürren Erwähnungen und<br />
Markt- und Markenübersichten abgesehen,<br />
nicht statt. Auch die Internet- Recherche führt<br />
nicht gerade zu einem Informations-Overflow.<br />
Der deutschsprachigen Seite www.malanca.de<br />
ist in Übereinstimmung mit anderen Internetquellen<br />
zur Firmenhistorie immerhin zu entnehmen,<br />
dass die von Mario Malanca zu<br />
einem unbekannten Zeitpunkt in Bologna gegründete<br />
Firma im Jahr 1956 ihr erstes Motorrad<br />
baute, eine Fünfziger, die von einem Franco-Morini-Zweitaktmotor<br />
befeuert wurde.<br />
Die stets sehr sportlich auftretenden Rennerle<br />
kamen bei der Kundschaft gut an, die Modellpalette<br />
wurde stetig erweitert. Um 1973 kam<br />
die E2C auf den Markt, die, sehr ungewöhnlich<br />
in der <strong>12</strong>5er-Klasse, von einem Zweizylinder<br />
angetrieben wurde.<br />
1978 übernahm Marco Malanca, der Sohn des<br />
Gründers, die Firma. Strenger werdende Geräusch-<br />
und Abgasvorschriften sowie die durch<br />
die geringen Stückzahlen und aufwendige Fertigung<br />
hohen Preise machten ihm aber das Leben<br />
schwer. Hinzu kamen die mit immer neuen<br />
und vor allem preisgünstigen Modellen in den<br />
Markt drängenden Japaner. 1986 verschwand<br />
Malanca dann vom Markt.<br />
geführt. Für Bernd ist es Ehrensache, dass<br />
er sein wunderbar patiniertes Quasi-Einzelstück<br />
– er glaubt, dass in Deutschland<br />
heute weniger als zehn Exemplare dieses<br />
Modells existieren – trotz brüllender Hitze<br />
beim Fototermin selbst fährt.<br />
Nach ersten Startschwierigkeiten, die<br />
sich aber durch simples Nachtanken beheben<br />
lassen, läuft die Italienerin dann<br />
auch wie der Teufel. Den Kickstarter ignorierend,<br />
Soffa ist aus seiner aktiven Zeit<br />
noch den Schiebestart gewohnt, bringt er<br />
den Twin in Schwung, und nach kurzer<br />
Warmlaufphase wandert auch schon das<br />
Kinn in Richtung Tank und die Füße<br />
rutschen nach hinten (siehe Foto oben).<br />
Irgendwann in den 1980er-Jahren hatte<br />
Soffa die Malanca mal auf den Prüfstand<br />
gestellt, und der attestierte ihr 23 PS am<br />
Hinterrad. Selbst wenn diese noch vollständig<br />
existieren, so ist man damit beim<br />
heutigen Verkehr am unteren Ende der<br />
Nahrungs- sprich Leistungskette an gelangt.<br />
Weswegen die aerodynamisch optimierte<br />
Sitzposition weniger Show denn notwendig<br />
ist. Außerdem: einmal Racer, immer<br />
Racer. Mit Vollgas und dem typischen<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 37
AUF ACHSE I<br />
Malanca <strong>12</strong>5 E2C Sport<br />
Auf den Bildern kommt nicht wirklich rüber, wie klein und zierlich die E2C ist.<br />
Die Solositzbank ist Zubehör, das Original existiert – welch Frage – noch<br />
Einen Hauch von Luxus im Cockpit verbreitet diese eines Winterabends selbst<br />
angefertigte Laubsägearbeit. Der Kilometerstand ist original<br />
Einzigartig: Doppelscheibe in der<br />
<strong>12</strong>5er-Klasse. Mit kräftigem Zug am Hebel<br />
bremst sie heute noch ordentlich<br />
Das Zündschloss befindet sich gut versteckt<br />
rechts unten am Tank. Zeitgenössischer<br />
Schlüsselanhänger<br />
Kreischen eines Zweitakttwins stiebt<br />
Bernd los.<br />
Das Fotografieren eines Motorrads ist,<br />
sollen ästhetische Bilder entstehen, eine<br />
zeitaufwendige Angelegenheit. Ein ums<br />
andere Mal scheucht der Fotograf die<br />
kleine Italienerin um die Kurve. Blende<br />
runter, Verschlusszeit rauf, von innen, von<br />
außen, klack, klack, klack rattert die Kamera.<br />
Bernd nimmt‘s gelassen, spielerisch<br />
wirft er seine Rarität ums Eck, wendet<br />
quasi auf der Stelle und hat trotz der Hitze<br />
sichtlich Spaß an der Sache. Hin und wieder<br />
fächelt ein kleiner Zwischenspurt<br />
Mensch und Maschine kühlenden Fahrtwind<br />
zu. Irgendwann sind alle Bilder im<br />
Kasten, der Fotograf ist zufrieden. Völlig<br />
zu Recht übrigens, wie man angesichts<br />
der vorliegenden Geschichte gerne anerkennt.<br />
Und dann wird es auch für den<br />
Autor dieser Zeilen gewissermaßen ernst.<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Drei Bremsscheiben hatte<br />
sonst keine <strong>12</strong>5er<br />
Nach kurzer Einweisung – „Vergiss alles<br />
unter 7000/min und hab Spaß!“ – geht es<br />
los. Die Sitzposition auf dem Winzling ist<br />
deutlich weniger dramatisch als befürchtet,<br />
passt auch für lange Kerls. Der erste<br />
und einzige Test der Malanca, erschienen<br />
in <strong>MOTORRAD</strong> <strong>12</strong>/1979, bescheinigte<br />
dem winzigen Sportler eine extrem spitze<br />
Leistungscharakteristik und eine ebenso<br />
ausgeprägte Durchzugsschwäche. Das ist<br />
nicht wirklich verwunderlich und gilt auch<br />
heute noch. Doch hält man den Twin mit<br />
dem leicht schaltbaren Fünfganggetriebe<br />
über der erwähnten Marke, geht es durchaus<br />
zügig und giftig voran. Mehr als<br />
10 000/min wollen wir dem Oldie nicht<br />
antun, auch die Tester hielten dies seinerzeit<br />
für die richtige Schaltdrehzahl. Da<br />
nur knapp über 110 Kilogramm Motorrad<br />
bewegt werden müssen, reagiert die Kleine<br />
quasi aufs Arschbackenzucken und<br />
lenkt spielerisch ein. Telegabel und Federbeine<br />
sind typisch italienisch äußerst<br />
straff abgestimmt und lassen keinen<br />
Zweifel über die Straßenbeschaffenheit.<br />
Über die wohl einzige Doppelscheibe, die<br />
je an einer Serien-<strong>12</strong>5er verbaut wurde<br />
(wir haben lange nachgedacht, kamen<br />
aber auf kein weiteres Modell), sprachen<br />
die Tester seinerzeit in Sachen Wirkung<br />
und Dosierbarkeit in den höchsten Tönen.<br />
Das muss man heute doch stark relativieren,<br />
zum rechtzeitigen Anhalten hat es<br />
die letzten 40 Jahre aber immer gereicht.<br />
Doch jetzt stellt der Autor die Testerei mal<br />
hinten an, genießt den Augenblick und<br />
freut sich über die wahrscheinlich einmalige<br />
Möglichkeit, dieser Rarität mit der<br />
wunderschönen Patina ein paar Kilometer<br />
aufs Zählwerk drehen zu dürfen. ◻<br />
MEINUNG<br />
Bernardo<br />
Soffa<br />
Besitzer<br />
der Malanca<br />
Als ich die Malanca<br />
beim damaligen Importeur<br />
und heute noch<br />
existierenden Händler<br />
Motorrad Fiedler am Nürburgring sah, war<br />
es um mich geschehen. Ich musste sie unbedingt<br />
haben. 3720 D-Mark hat sie mich<br />
1976 gekostet. Das war nicht billig, aber ich<br />
habe keinen einzigen Pfennig davon bereut.<br />
Bis heute bereitet sie mir auf den gelegentlichen<br />
Ausfahrten sehr viel Spaß.<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 39
SZENE I<br />
Honda-V4-Ausfahrt<br />
Die V-Männer<br />
Eine sanfte Herbstsonne begrüßte die Fans und Freunde des Honda-V4<br />
zur <strong>Classic</strong>-Ausfahrt mit dem aufgemöbelten VF 1000 F2-Eigenbau.<br />
Text: Werner Koch; Fotos: fact<br />
Der Samstag ist ausgebucht – Kehrwoche,<br />
Einkaufen, Baumarkt,<br />
Motorrad putzen, Werkstatt auf<br />
Vordermann bringen. Am letzten Samstag<br />
im September allerdings verschob eine<br />
Meute leidenschaftlicher V-Männer die<br />
Pflichtübungen und brummten zum<br />
Motor rad-Treffpunkt am Glemseck bei<br />
Stuttgart. Wie bestellt löste die Sonne den<br />
Nebel rund um die ehemalige Solitude-<br />
Rennstrecke auf und begrüßte die auf<br />
Achse angereisten Honda-Fans.<br />
Rasch fand der <strong>Classic</strong>-Umbau Xpresso<br />
V4 ein gut gelauntes Publikum, das<br />
außerdem noch ein paar sensa tionelle<br />
Sahnestückchen bestaunen durfte. Aus<br />
dem Odenwald war Jürgen Daun mit<br />
Sohn Frank angereist. Frank, bei Insidern<br />
für seine wunderschönen RC 30- und NSR<br />
400-Umbauten bekannt, hatte für seinen<br />
Vater das Traummotorrad schlechthin auf<br />
die Räder gestellt – eine zur RC 166-Replika<br />
umgebaute Sechszylinder-Honda CBX<br />
1000! Allein dieses handwerkliche Meisterstück<br />
war das frühe Aufstehen wert.<br />
Bruno Just aus Simmerrath, Vielfahrer auf<br />
einer VFR 750 F mit 530 000 Kilometern<br />
auf der Uhr, nutzte die Rückreise vom<br />
Bol d‘Or in Südfrankreich für einen Zwischenstopp<br />
am Glemseck, herzlich begrüßt<br />
von den Freunden der VFR-Szene.<br />
Nach einem dampfenden Kaffee machte<br />
sich die Gruppe auf zur Motorrad ausfahrt<br />
in den Nordschwarzwald. Anfänglich noch<br />
vom hektischen Verkehrsgewühl gebremst,<br />
sausten die Hondas wenige Kilometer<br />
später über wundervoll geschwungene<br />
Straßen ins Nagoldtal. Natürlich<br />
nicht, ohne die Kurvensause von Schellbronn<br />
nach Unterreichenbach unter die<br />
Räder zu nehmen. Die beste Ge legenheit<br />
für Andreas Jäger (Honda VF 1000 R) und<br />
Ralf Rechberger (Honda VFR 750), um die<br />
Xpresso V4 einer Testfahrt zu unterziehen.<br />
„Schöner Motor, fährt sich klasse, nur die<br />
Bremse ist echt giftig“, kommentierte Andreas<br />
Jäger die kleine Kostprobe und ergänzte:<br />
„Optisch ist die Xpresso ein bissel<br />
zu lang gestreckt. Die 30 Millimeter kürzere<br />
VF 750-Schwinge würde ihr sicher<br />
gut stehen.“ Recht hat er, der Tipp mit der<br />
kurzen Schwinge passt gut ins Konzept.<br />
Und damit in die nächste Ausbaustufe der<br />
Xpresso V4.<br />
Dass die Honda-V4-Szene immer noch<br />
sehr lebendig ist, hat seine Gründe. Obwohl<br />
die Anfänge in den 1980er-Jahren<br />
von Motorschäden und Überhitzungserscheinungen<br />
geprägt waren, hatte sich<br />
Honda mit dem 90-Grad-V4-Konzept ein<br />
Alleinstellungsmerkmal jenseits des japanischen<br />
Vierzylinder-Einerleis geschaffen.<br />
Allein der Klang der vier asymmetrisch<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
V4-Hondas in allen Variationen: Vom edlen VF 1000 R-Superbike über den Kilometerfresser<br />
VFR 750 F bis zur bildschönen VF 750 F war am Glemseck alles vertreten<br />
Kein V4, aber Blickpunkt schlechthin:<br />
Jürgen Dauns Honda RC 166-Replika,<br />
An reise natürlich per Achse. Respekt!<br />
Mal schau‘n, was geht: Ralf Rechberger<br />
startet mit der <strong>Classic</strong>-Xpresso V4 zur<br />
Probefahrt ins Nagoldtal<br />
zündenden Zylinder ist ein echtes Hörspiel,<br />
die aufwendige Konstruktion lässt<br />
jedes Technikerherz höher schlagen.<br />
Mit der Schlepphebel-Ventilsteuerung<br />
und einer Anti-Hopping-Kupplung war<br />
der Honda-V4 der Konkurrenz eine Nasenlänge<br />
voraus. Auch großartige Tuner liebten<br />
ihn. Allen voran Roland Eckert, der<br />
sich bis zum heutigen Tag mit den V4-Motoren<br />
beschäftigt. Denn nach den mühseligen<br />
Anfängen und unzähligen Nachbesserungen<br />
und Rückrufaktionen haben<br />
Hondas V4-Motoren in den VFR-Baureihen<br />
das Image gehörig aufpoliert. Bereits<br />
zwei Jahre nach der Präsentation der<br />
VFR 750 F donnerte Fred Merkel 1988 mit<br />
der RC 30 zum ersten Superbike-WM-Titel<br />
in der Geschichte und machte die VFR<br />
750 R damit zur Legende. Auch davon lebt<br />
die Szene um den einzigartigen Honda-<br />
V4-Motor – bis heute!<br />
◻<br />
HONDA XPRESSO V4<br />
Rückblick<br />
Im Herbst 2015 machte ich mich<br />
daran, aus einer beleibten Honda<br />
VF 1000 F2 ein – sagen wir mal –<br />
Café Racer-ähnliches Motorrad zu<br />
stricken. Für 680 Euro in fahrbereitem,<br />
aber jämmerlichem Zustand<br />
ergattert, wurde speziell das Fahrwerk<br />
auf „modern“ getrimmt.<br />
17-Zoll-Schmiederäder (zirka 1600<br />
Euro), ein speziell angefertigtes<br />
Wilbers-Federbein (zirka 800 Euro),<br />
gebrauchte Brembo-Bremszangen<br />
und Beringer-Scheiben (zirka 600 Euro) sowie aktuelle Radialreifen (zirka 280 Euro) machten dem<br />
VF 1000-Fahrwerk gehörig Beine. Um der Xpresso V4 ihren Status als Youngtimer zu erhalten, wurde<br />
die Optik durch Aluminium-Schutzbleche, einen 160-Millimeter-Rundscheinwerfer und mittels<br />
des kleineren Tanks der VF 750 F im Look der 1980er-Jahre modifiziert.<br />
Foto: Markus Jahn<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 41
<strong>MOTORRAD</strong> 16/1979<br />
Anlässlich des ersten<br />
Fahrberichts<br />
der Honda CX 500<br />
C fragte man sich<br />
bei <strong>MOTORRAD</strong>, ob<br />
Chopper mehr sind<br />
als ein Mode-Gag.<br />
Damals war noch<br />
nicht abzusehen,<br />
dass die Softchopper<br />
zu einem<br />
der großen Trends<br />
in den frühen<br />
1980er-Jahren<br />
werden sollten.<br />
Trendforscher<br />
Wer hat‘s erfunden? Selbst wenn man sich nicht täglich die Frage<br />
stellt, wer denn nun Ende der 1970er-Jahre die Softchopper-Welle<br />
bei uns losgetreten hat, ist die Antwort darauf doch interessant.<br />
Gefunden habe ich sie eher zufällig in der <strong>MOTORRAD</strong>-Ausgabe<br />
16/1979. Und war ziemlich überrascht. Denn im ersten größeren,<br />
markenübergreifenden Vergleich der damals noch sehr jungen<br />
Hirschgeweih-Fraktion findet sich – ganz am Ende – folgender Satz:<br />
„Die Softchopper-Welle in Deutschland begann mit der Honda CM<br />
185.“ Upps! Diese kleine Zehn-PS-Fahrschulgurke (auf der hatte ich<br />
damals einige meiner Fahrten für den 1b-Führerschein absolviert)<br />
soll so vielen gefallen haben, dass fast alle Motorradhersteller in<br />
den folgenden Jahren glaubten, prima fahrende Motorräder mittels<br />
Hochlenker, Tropfentank und Stufensitzbank in nicht mehr ganz<br />
so gut funktionierende Modeartikel verwandeln zu müssen? Für<br />
mich heute kaum vorstellbar. Ich hätte eher den Titelhelden dieses<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Hefts, die damals brandneue Honda CX 500 C, als<br />
Vorreiter dieser Stilverderber vermutet. Die Tester hatten einst ein<br />
halbes Jahr vor der Markteinführung in Deutschland die Gelegenheit,<br />
die gechoppte CX exklusiv zu fahren und mit drei weiteren<br />
Vertretern dieser Zunft zu vergleichen. Dem Autor schien die Honda<br />
mit viel Chrom, poliertem Alu und den üblichen Chopper-Attributen<br />
gut zu gefallen, wie man den einleitenden Sätzen entnehmen kann.<br />
Weniger jedoch die aufrechte Haltung, erzwungen vom ausladenden<br />
Lenker und der Stufensitzbank, weil deswegen beide Beine gegen<br />
die Zylinderköpfe stießen. Was bei der Standardvariante aufgrund<br />
der um 22 Grad nach innen verdrehten Köpfe nicht der Fall sei, wie<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1979 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
16. Januar Nachdem der<br />
Machtzerfall des Schah-Regimes nicht<br />
mehr aufzuhalten ist, verlässt Schah<br />
Mohammed Reza Pahlawi den Iran.<br />
17. Januar Für das Ruhrgebiet<br />
wird nach dem Überschreiten des<br />
Grenzwertes der Schwefeldioxid-<br />
Konzentration der erste Smogalarm<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
in der Geschichte der Bundesrepublik<br />
Deutschland ausgelöst.<br />
26. März Unterzeichnung des<br />
Israelisch-Ägyptischen Friedensvertrags<br />
in Washington (Camp David I).<br />
11. Juli Die bislang einzige rein<br />
amerikanische Weltraumstation Skylab<br />
verglüht in der Erdatmosphäre.<br />
16. Juli Saddam Hussein übernimmt<br />
die Macht im Irak und wird Staats- und<br />
Regierungschef.<br />
22. September Ein Vela-Satellit<br />
zeichnet einen doppelten Lichtblitz im<br />
Südatlantik auf, wie er bei einer oberirdischen<br />
Kern waffenexplosion entsteht. Die<br />
genaue Ursache ist bis heute unbekannt,<br />
www.motorrad-classic.de
Reklame<br />
Cool in Szene gesetzt: Das Vorserienmodell<br />
der Honda CX 500 C und ihr<br />
Pilot. Mit – ja, genau! – Pilotenbrille<br />
und versonnenem Blick in die (noch<br />
ungewisse) Chopper-Zukunft<br />
er anmerkt. Kritik erntete ebenso die Einzelscheibe<br />
im Vorderrad des Prototyps, weshalb die<br />
spätere Serie mit einer Doppelscheibe vorn<br />
ausgerüstet wurde. Lob gab es dafür für die<br />
Motorcharakteristik, auch an der geänderten<br />
Fahrwerksabstimmung der CX 500 C (Radstand,<br />
Nachlauf, 16-Zoll-Hinterrad) hatte der Autor<br />
wenig zu mäkeln. Und kam am Ende zu einem<br />
– zumindest aus heutiger Sicht – erstaunlich milden Urteil, das die<br />
funktionalen Schwächen eines Softchoppers, beispielsweise den<br />
kleinen Tank oder die ermüdende Sitzposition, weitgehend ausblendete.<br />
Auch die Fahrberichte der Suzuki GS 550 L, die für ihre<br />
Motorcharakteristik getadelt wurde, und der Yamaha XS 650 Special<br />
lesen sich ähnlich – ob man das noch zarte Chopper-Pflänzchen<br />
Nüchtern und emotionslos: Ob die Hercules Ultra II LC einst<br />
zum Traum für die jugendlichen Baby-Boomer wurde, weil<br />
sie „als Kleinkraftrad mit Autokühlung“ beworben wurde?<br />
nicht gleich mit harten Fakten zertreten wollte? Die Triumph<br />
Bonneville 750 Special kam insgesamt am besten weg – weil sie<br />
eigentlich kein Softchopper war und damit die meisten ihrer guten<br />
Allroundeigenschaften bewahrt hatte. Die am Ende gestellte<br />
Frage, ob Chopper eine Zukunft bei uns haben, ließ man übrigens<br />
un beantwortet – eine weitere Überraschung in diesem Artikel. uh<br />
84<br />
82 80 68<br />
Verhandlungsangebot an die UdSSR über<br />
82<br />
spekuliert wird über einen Atombombentest<br />
von Südafrika mit Beteiligung Israels.<br />
4. November Geiselnahme in<br />
der iranischen US-Botschaft in Teheran.<br />
<strong>12</strong>. Dezember NATO-<br />
Doppel beschluss: Die Außen- und<br />
Verteidigungs minister der NATO-Staaten<br />
vereinbaren die Aufstellung von Pershing<br />
II-Atom waffen und Langstreckenraketen<br />
in Westeuropa, verbunden mit einem<br />
die beiderseitige Begrenzung der strategischen<br />
Waffen.<br />
Motorrad-Bestseller Die<br />
Neuzulassungen steigen 1979 auf ein<br />
neues Rekord-Hoch. Meistverkauftes<br />
Motorrad ist die Yamaha SR 500 mit 3934<br />
Exemplaren, gefolgt von Honda CB 900 F<br />
Bol d‘Or (3891), BMW R 45 (3870), Yamaha<br />
XS 400 (3699), Honda CB 400 N (3382),<br />
Yamaha XT 500 (2947), Suzuki GS 400<br />
(2601), Honda CX 500 mit 50 PS (2490),<br />
Yamaha DT 175 MX (2193) und der Honda<br />
CJ 250 T (2132) auf Platz zehn. ◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 43
SZENE I<br />
Baiersbronn <strong>Classic</strong><br />
Heiß auf Eis<br />
Am Morgen kratzte man in Baiersbronn-Obertal noch das Eis von den Biertischen.<br />
Doch zum Start des Ruhestein-Bergpreises gab die Sonne noch einmal alles. Richtig<br />
heiß war aber auch so mancher Teilnehmer ...<br />
Text und Fotos von Uli Holzwarth<br />
Bitterkalt startete die vierte Ausgabe<br />
der Baiersbronn <strong>Classic</strong> am<br />
24. September in den Tag, der<br />
in diesem Jahr ganz im Zeichen des 70.<br />
Jahrestages des Ruhestein-Bergrennens<br />
stand – der ersten Motorsportveranstaltung<br />
in Deutschland nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg.<br />
Doch vom Nachtfrost ließen sich die<br />
Teilnehmer des Ruhestein-Bergpreises für<br />
Motorräder nicht abschrecken. Als die<br />
ersten Sonnenstrahlen noch zaghaft ins<br />
Obertal blinzelten, hatten sich schon etliche<br />
der insgesamt 63 Starter mit ihren<br />
Maschinen auf dem Platz am Feuerwehrhaus<br />
eingefunden. Sehr zur Freude von<br />
Fahrtleiter Walter Möhrle, der diesmal<br />
wieder das Mikrofon in die Hand nahm.<br />
Und die Teilnehmer mit gewohnt launigen<br />
Worten auf die acht Kilometer lange<br />
Strecke vom Obertal hinauf zum Ruhestein<br />
einstimmte.<br />
Was nichts daran änderte, dass auch<br />
diesmal wieder einigen Piloten der Spaß<br />
an der Freud am kurvigen Geschlängel<br />
wichtiger war als das akribische Einhalten<br />
der Zeitvorgaben bei den drei Wertungsprüfungen<br />
dieses Gleichmäßigkeits-<br />
Wettbewerbs. Als Quittung bekamen die<br />
Heißsporne dann von der Jury eifrig verteilte<br />
Strafpunkte. Die Fahrtleiter Möhrle<br />
zur Freude der zahlreichen Zuschauer bei<br />
der anschließenden Preisverleihung bei<br />
nunmehr sommerlichen Temperaturen<br />
genüsslich kommentierte.<br />
Demnach hatte Florian Klenk auf seiner<br />
1941er-Harley WLDR 750 wohl das<br />
größte Vergnügen beim Kurvenritt – mit<br />
1500 Strafpunkten war er in dieser Disziplin<br />
der Beste. Nur deren 35 fuhr Bernd<br />
Mast ein – er hatte als Gesamtsieger auf<br />
dem Treppchen die größte Freude. ◻<br />
Viele Klassiker der Baujahre 1927 bis 1975 gaben sich ein Stelldichein, darunter eine MV<br />
Agusta 750 S oder die rare MZ 250 ETS. Rechts: Sieger Bernd Mast auf Triumph 250 BDG<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
SZENE I<br />
Hubert Luttenberger<br />
Alles Gute, Hubert!<br />
VFV-Ehrenpräsident Karl Reese gratuliert Hubert Luttenberger zum 90. Geburtstag.<br />
Lieber Hubert, herzliche Gückwünsche<br />
zu deiner 90. Lebensrunde!<br />
Vor nunmehr 28 Jahren haben wir<br />
– der Vorstand und die Mitglieder des Veteranen-Fahrzeug-Verbandes<br />
(VFV) – dir<br />
zusammen mit deinen Sportkameraden<br />
und Rennfahrern Gustl Hobl und Rudi<br />
Felgenheier die VFV-Ehrenmitgliedschaft<br />
verliehen. Und auch heute noch schauen<br />
wir auf eure großartigen Sporterfolge und<br />
Leistungen zurück. Mit Gustl und Rudi<br />
hattest du ja auch einiges gemeinsam.<br />
So habt ihr 1951 zu den jüngsten Rennfahrern<br />
unter den deutschen Startern in<br />
der <strong>12</strong>5er-Klasse gezählt. Außerdem begann<br />
eure Karriere auf Eigenbau-Motorrädern,<br />
die in den ersten Nachkriegsjahren<br />
auf der kleinen DKW RT <strong>12</strong>5 basierten.<br />
Weiterhin habt ihr internationale Motorrad-Sporterfolge<br />
und hohes Ansehen<br />
erreicht. Leider verstarb Rudi Felgenheier<br />
schon 2005 an einer Augenkrankheit.<br />
Für die <strong>Classic</strong>-Leser hier die Biografie<br />
des Jubilars in Kurzform. Hubert Luttenberger<br />
wurde am 21. Oktober 1926 in Neu-<br />
Bamberg (Rheinland-Pfalz) geboren. Er<br />
wuchs in der Familie seiner Eltern und<br />
Großeltern auf. Aus der elterlichen Firma,<br />
die Ende des 19. Jahrhunderts Großvater<br />
Luttenberger zunächst als Spengler und<br />
Karosseriebauer betrieb, entwickelte sich<br />
eine Automobilwerkstatt, in der auch<br />
Hubert arbeitete. Bereits mit 15 Jahren erlangte<br />
er den Auto-Führerschein, dank<br />
Sondergenehmigung in der Kriegszeit.<br />
Drei Jahre später erhielt er den Stellungsbefehl<br />
zum Militär. Doch Hubert hatte das<br />
große Glück, unbeschadet in seine Heimat<br />
nach Neu-Bamberg zurückzukehren.<br />
Nachdem die ersten motorsportlichen<br />
Veranstaltungen bereits 1947/48 ausgeschrieben<br />
wurden, beschloss er, sich als<br />
Rennfahrer zu beweisen. Erstmals an den<br />
Start ging er 1949, als Ausweisfahrer auf<br />
einer von ihm selbst aufgebauten DKW<br />
RT <strong>12</strong>5-Rennmaschine. Nachdem Hubert<br />
Luttenberger 1951 zum Lizenzfahrer aufgestiegen<br />
war, erhielt er 1952 von NSU<br />
für die neu entwickelte <strong>12</strong>5er-Rennnfox<br />
einen Werksvertrag.<br />
Diesen löste Hubert aber schon bald<br />
wieder auf, als er feststellen musste, dass<br />
weitere NSU-Werkspiloten, insbesondere<br />
der junge Engländer Bill Lomas, bevorzugt<br />
wurden. Lückenbüßer zu sein, das war<br />
nicht sein Ding. Und so wechselte Hubert<br />
die Marke und ging zu Conte Agusta, von<br />
dem er 1953 einen MV Agusta-Werksvertrag<br />
bekam.<br />
Nach einer erfolgreichen Saison auf<br />
der MV erwarb er 1954 eine Adler RS 250,<br />
um auch in der Viertelliterklasse zu starten.<br />
1958 dann der Höhepunkt in der Karriere<br />
von Hubert Luttenberger: Er wechselte<br />
zu Mondial und gewann prompt die<br />
deutsche <strong>12</strong>5er-Meisterschaft. Ende des<br />
Jahres hing Luttenberger nach insgesamt<br />
69 Rennen und 62 Platzierungen seine<br />
Rennkombi an den Nagel. Alles in allem<br />
eine hervorragende Bilanz!<br />
Nach der Aufgabe des Motorrad-Rennsports<br />
die Hände in den Schoß legen?<br />
Nein! Mit 32 Jahren startete Hubert Luttenberger<br />
eine neue Karriere als Verkaufsrepräsentant<br />
für BMW-Automobile. Rasch<br />
erarbeitete er sich dort den Ruf als einer<br />
der profiliertesten Automobilverkäufer im<br />
damaligen BMW-Konzern, wo er bis über<br />
das Rentenalter hinaus dem Nachwuchs<br />
mit Rat und Tat zur Seite stand.<br />
Lieber Hubert, nochmals von mir alles<br />
erdenklich Gute zu deinem 90. Geburtstag,<br />
verbunden mit Gesundheit, Glück und Lebensfreude!<br />
Dein Karl Reese. ◻<br />
Oben: Hubert Luttenberger mit Lorbeerkranz<br />
und auf der <strong>12</strong>5er-Rennfox von NSU. Links:<br />
Auch auf der Adler RS 250 machte der Jubilar<br />
einst eine gute Figur. Unten: VFV-Ehrenpräsident<br />
Karl Reese mit Hubert Luttenberger und<br />
Lothar John im blauen Hemd (von links)<br />
Fotos: Karl Reese<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 45
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Mit dieser<br />
Yamaha TZ 350<br />
gewann Manfred<br />
Herweh<br />
den letzten<br />
WM-Lauf der<br />
350er-Klasse<br />
Sieger-Typ<br />
Die Sieger-Yamaha von Manfred Herweh wurde dem Technik Museum<br />
in Speyer übergeben. Herweh gewann mit dieser TZ den letzten<br />
WM-Lauf in der Geschichte der 350-cm³-Klasse 1982 in Hockenheim.<br />
Foto: Hermann Rüger<br />
Die Race Bike Collection im Technik<br />
Museum in Speyer wurde um eine<br />
historische Rennmaschine erweitert. Das<br />
Siegermotorrad von Manfred Herweh<br />
aus Lampertheim, der am 26. September<br />
1982 mit einer Yamaha TZ den letzten<br />
WM-Lauf in der 350-cm³-Klasse beim<br />
Großen Preis von Deutschland auf dem<br />
Hockenheimring gewann, ist nun im<br />
Technik Museum zu besichtigen. Manfred<br />
Herweh wurde am 14. Juni 1954 geboren<br />
und feierte in Hockenheim seinen ersten<br />
Grand Prix-Sieg mit nur 0,37 Sekunden<br />
Vorsprung vor Weltmeister Toni Mang<br />
( Inning) auf Kawasaki. In seiner Karriere<br />
gewann Herweh sechs WM-Rennen. In<br />
seiner erfolgreichsten Saison wurde er<br />
auf einer Real-Rotax mit vier GP-Erfolgen<br />
Vizeweltmeister 1984 hinter dem Franzosen<br />
Christian Sarron (Yamaha) in der Viertelliterkategorie.<br />
Herwehs 350er-Yamaha<br />
wurde vom Eigentümer Hans-Peter Loda<br />
dem Organisator Franz Rau für die Race<br />
Bike Collection zur Verfügung gestellt.<br />
Bei der Übergabe der Maschine beim<br />
Motorrad-DM-Finale im September in<br />
Hockenheim waren auch Yamaha-Chef<br />
Jörg Breitenfeld und der damalige Teamsponsor<br />
Reinhard Schüller anwesend.<br />
Weitere Informationen über das Technik<br />
Museum in Speyer gibt es im Internet unter<br />
www.technik-museum.de M. Sonnick<br />
Eine gute Tat<br />
22. Oldtimer-Spendenaktion der Lebenshilfe<br />
Gießen e.V.<br />
In diesem Jahr gibt es für Klassik-Liebhaber<br />
eine breite Vielfalt an Fahrzeugen zu gewinnen.<br />
Wieder haben Spender ihre Oldies als<br />
tolle Preise zur Verfügung gestellt, um Menschen<br />
mit Behinderung zu unterstützen.<br />
Unter anderem wartet eine BMW R 80<br />
auf einen Gewinner. Teilnehmen kann<br />
man mit einer Spende von fünf Euro<br />
oder einem Betrag nach Wahl auf<br />
das Spendenkonto. Infos: www.<br />
oldtimerspendenaktion.de. Aktionsende<br />
ist am 20. Januar 2017.<br />
Schmökern<br />
& shoppen<br />
Der neue Ersatzteilkatalog von BMW-Boxer-<br />
Spezialist Siebenrock ist da. Und nein, es ist<br />
keine Floskel: Es ist weit mehr als ein (kostenloser)<br />
Katalog, nämlich tatsächlich ein „Magazin für<br />
Boxer-Enthusiasten“, wie es im Vorwort bezeichnet<br />
wird. Mit klarer Gliederung, übersichtlich, schönen<br />
Fotos und vor allem auch mit lesenswerten Geschichten<br />
und Hintergrundinfos zur Boxerwelt und<br />
über BMW-Helden wie Laszlo Peres, Herbert Schek<br />
und Designer Hans A. Muth. Informativ und gleichzeitig<br />
unterhaltsam – so kann ein Nachschlagewerk<br />
sein. Toll gemacht. www.siebenrock.com<br />
Diverse vierrädrige Klassiker-Sahneschnitten warten auf die<br />
Gewinner, unter anderem aber auch eine BMW R 80, Bj. 1980<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
Foto: Lebenshilfe Gießen e.V.<br />
Foto: mps-Fotostudio
Edel-Brenner<br />
Zubehörspezialist LSL präsentiert einen Edel-<br />
Umbau mit dem vielversprechenden Namen<br />
The Spirit of Meriden. Um das Basis-Bike, eine<br />
Triumph Thruxton, aufzupeppen, werden folgende<br />
Umbauteile verwendet: LSL-Gabelbrücken mit RWU<br />
43-ÖHLINS-GABEL, Doppelscheiben-Bremsanlage<br />
vorn mit 310-mm-Bremsscheiben, gefräste NISSIN-<br />
BREMSZANGEN und Stahlflex-Bremsschläuche,<br />
Einzelscheinwerfer, CNC-gefräste Lampenhalter,<br />
X-Bar-Lenker Superbike, CNC-gefräste Brems- und<br />
Kupplungshebel, Crash Pads und Alu-Kettenschutz,<br />
wechselbare Höckersitzbank mit Kennzeichenhalter,<br />
KINEO-SPEICHENRÄDER, ÖHLINS-FEDER-<br />
BEINE mit Ausgleichsbehälter und Höhenverstellung,<br />
2-in-2-Auspuffanlage mit Hattech-Endtöpfen,<br />
Sonderlackierung. Ergebnis? Ein echter Hingucker.<br />
Gesamtkosten für alle Teile: stolze 11 925,85<br />
Euro. Mehr Infos und Bilder unter www.lsl.eu<br />
Foto: LSL<br />
Foto: www.enduro-klassik.de<br />
Der Jahreskalender<br />
„Faszination ENDURO-<br />
KLASSIK 2017“ ist da.<br />
Zwölf schöne Impressionen<br />
des klassischen<br />
Motorrad-Geländesports<br />
mit dem Schwerpunkt<br />
actiongeladener<br />
und farbprächtiger<br />
Sportfotografie<br />
wurden liebevoll<br />
aufbe reitet und<br />
zusammengestellt.<br />
Der Druck erfolgt im DIN A3-<br />
Format auf hochwertigem Papier. Ab Anfang November kann<br />
der Kalender mit Spiralbindung zum Preis von 14,95 Euro (zzgl. 6 Euro Versandkosten)<br />
bei WWW.ENDURO-KLASSIK.DE vorbestellt werden. Der Versand erfolgt<br />
ab Anfang Dezember. Die Auflage ist auf 200 Stück limitiert.<br />
NEU IM NETZ<br />
Seit dem 15. August <strong>2016</strong> ist www.Classix<br />
net.de aktiv und bietet eine Plattform für<br />
(fast) alle Fragen rund um das Thema mobile<br />
Klassiker (Zwei- und Vierräder) und das damit<br />
verbundene Lebensgefühl für das „tägliche<br />
Leben“. Dabei wird eine Plattform für<br />
Werkstätten, Teilehändler, Veranstaltungen,<br />
Literatur und Zeitschriften, aber auch Dienstleistungen<br />
wie Transport und Lagerungen,<br />
Versicherungen, Reisen usw. aufgebaut. Dazu<br />
kommen Werkstatt- und Reiseberichte sowie<br />
Erfahrungen, interessante Geschichten von<br />
Menschen in diesem Umfeld und ein Newsletter<br />
mit Fakten und Meinungen. Die Dienste<br />
dieser Plattform sind für private Nutzer<br />
kostenlos. www.classixnet.de<br />
TERMINE<br />
NOVEMBER<br />
6. 11.: Oldtimer, Youngtimer & Teilebörse-<br />
Showtreff, 10 bis 16 Uhr;<br />
45772 Marl, Telefon 02365/<strong>2016</strong>91,<br />
www.bikertreff-vogel.de<br />
11. 11.: Mythos Laverda V6 – Piero Laverda<br />
referiert im PS.Speicher Einbeck;<br />
37574 Einbeck, Telefon 05561/92320270,<br />
www.ps-speicher.de<br />
13. 11.: Motorradteilemarkt „Karl am<br />
Kanal“ (Wallstr. 52); 45899 Gelsenkirchen,<br />
Telefon 0172/6194576,<br />
www.herber-nrw.eu<br />
19. /20.11.: 9. Veteranen-Motorradausstellung<br />
in der Festhalle ab 9 Uhr;<br />
76831 Heuchelheim, Telefon 0 63 49/1739,<br />
www.rolf-beppler@t-online.de<br />
DEZEMBER<br />
9.–11.<strong>12</strong>.: Retro <strong>Classic</strong>s Bavaria<br />
auf dem Messegelände; 90471 Nürnberg,<br />
Telefon 0711/185 60-26 63,<br />
www.retro-classics-bavaria.de<br />
17./18. <strong>12</strong>.: Central <strong>Classic</strong>s für Motorräder,<br />
Mopeds und Ersatzteile, Expo<br />
in Houten; NL-3992 AE Houten, Telefon<br />
0031/630 54 25 28, www.centralclassics.nl<br />
JANUAR<br />
14./15.1.: 18. Internationale Moto Technica<br />
Augsburg, Messezentrum Augsburg;<br />
86159 Augsburg, Telefon 0 90 81/79 9239,<br />
www.mototechnica.de<br />
FEBRUAR<br />
3.–5.2.: Bremen <strong>Classic</strong> Motorshow;<br />
28215 Bremen,<br />
www.classicmotorshow.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
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Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />
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Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen<br />
mit den Experten von classic-analytics<br />
erstellt haben. In dieser Ausgabe haben<br />
wir über 450 Modelle der Baujahre 1970<br />
bis 1990 unter die Lupe genommen. Um<br />
ein noch besseres Gefühl für den Klassiker-Markt<br />
zu vermitteln, geben wir darüber<br />
hinaus die ehemaligen Neupreise des<br />
letzten Modelljahres in D-Mark an.<br />
Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />
Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />
Originalzustand befinden und nur<br />
kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Verbrauchte Kräder mit deutlichen<br />
Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit<br />
bekommen dagegen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Sie stellen eine brauchbare<br />
Restaurierungsbasis dar.<br />
Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
auch mal deutlich überschritten werden<br />
können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />
oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />
einen entsprechenden Nachlass.<br />
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Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
BENELLI<br />
R 60/6 5992 1973-76 30/40 5300 1800<br />
250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2700 900 R 60/7 6850 1976-78 30/40 4800 1400<br />
250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 3500 <strong>12</strong>00 R 65 8890 1978-85 35/48 3100 900<br />
354/Sport 7610 1979-84 28/38 3900 1300 R 65 9850* 1985-93 20/27 3000 900<br />
500 Quattro 5995 1974-80 32/44 5900 1600 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3400 1000<br />
650 Tornado 6295 1968-75 33/45 7500 2200 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4100 1500<br />
650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 4600 1500 R 75/5 4996 1969-73 37/50 6200 2300<br />
750 Sei 9820 1973-77 55/75 10 900 4000 R 75/6 7110 1973-76 37/50 6100 2200<br />
900 Sei 10 500 1978-89 59/80 9900 3800 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5300 1800<br />
BIMOTA<br />
K 75 13 350 1986-96 55/75 3200 800<br />
KB 1 24 130 1978-82 63/85 13 500 5900 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3400 900<br />
YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/<strong>12</strong>1 13 900 6000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 5100 1600<br />
YB 6 34 980 1988-89 103/140 11 500 3800 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 9300 2800<br />
BMW<br />
R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 4600 1600<br />
R 45 7690 1978-85 20/27 2800 800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3300 1000<br />
R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 1900 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 4400 1400<br />
R 60/5 3996 1969-73 30/40 5800 2000 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 4000 1300<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Februar <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
56 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
R 90/6 7110 1973-76 44/60 6500 2400<br />
R 90 S 9130 1973-76 49/67 9500 3300<br />
R 100/7 8590 1976-78 44/60 4000 1400<br />
R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4100 1500<br />
R 100 S 10 190 1976-78 48/65 4800 1600<br />
R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6000 2000<br />
R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 5800 1800<br />
R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 4300 1600<br />
R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 5100 1800<br />
R 100 CS <strong>12</strong> 190 1980-84 51/70 5800 1900<br />
R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 5500 2000<br />
K 100 15 900 1983-90 66/90 3200 100<br />
K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3600 1000<br />
K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 3500 1000<br />
K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 3700 1000<br />
K 1 21 000 1988-93 74/100 5600 2100<br />
BSA<br />
B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />
A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 6100 2600<br />
A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 6500 2800<br />
Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 9400 4300<br />
CAGIVA<br />
SST 350 7900 1980-86 20/27 1900 600<br />
T4 500 E 8490 1988-89 31/42 2200 600<br />
Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />
Elefant 650 <strong>12</strong> 390 1985-88 37/50 2500 700<br />
Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />
DUCATI<br />
250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4500 2200<br />
350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5500 2700<br />
350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7500 3000<br />
350 GTV 6020 1975-80 17/24 3300 1100<br />
450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7100 3500<br />
500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 3600 <strong>12</strong>00<br />
500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 4600 1900<br />
600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 5200 2000<br />
750 F1 18 499 1985-87 59/80 14 500 7000<br />
750 Paso 13 990 1986-90 54/73 4000 1400<br />
750 GT 6495 1971-74 44/60 16 000 7000<br />
750 S 8000 1972-74 47/64 19 200 8800<br />
750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 45 000 20 000<br />
750 SS (eckig) 11 580 1975-77 50/68 30 000 <strong>12</strong> 500<br />
851 S 29 990 1988-89 75/102 16 000 8200<br />
860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 7200 2500<br />
900 SS <strong>12</strong> 028 1975-82 53/72 26 000 <strong>12</strong> 000<br />
Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 8500 4200<br />
Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 8800 4300<br />
900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11 500 5600<br />
900 S2 <strong>12</strong> 361 1983-84 48/65 8500 4200<br />
906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3400 1000<br />
1000 Hailwoood Repl. 15 990 1985-86 56/76 11 100 5400<br />
1000 S2 15 990 1985-86 56/76 10 500 5200<br />
ENFIELD INDIA<br />
Bullet 350 4990* 1955 13/17 4100 1500<br />
GILERA<br />
500 Saturno 11 500 1988-91 28/38 7200 2100<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
XL 883 Sportster <strong>12</strong> 190 1986-95 37/50 5700 2100<br />
XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10 500 4800<br />
XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 8500 3900<br />
XLCR 1000 11 980 1977-78 44/60 15 700 8200<br />
XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16 700 8800<br />
XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 7500 3900<br />
FLH <strong>12</strong>00 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 <strong>12</strong> 800 7100<br />
FX <strong>12</strong>00 Super Glide 14 198 1971 43/58 <strong>12</strong> 300 6900<br />
FX <strong>12</strong>00 Super Glide <strong>12</strong> 460 1972-80 43/58 <strong>12</strong> 300 6900<br />
XL <strong>12</strong>00 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />
FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 <strong>12</strong> 300 6800<br />
FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 11 000 5000<br />
FXE/R 1340 Super Glide 21 180 1982-94 33/45 11 000 4900<br />
FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11 300 5300<br />
FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13 300 7300<br />
FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13 300 7300<br />
HERCULES<br />
K <strong>12</strong>5 Military 7150* 1971-90 9/<strong>12</strong> 2000 800<br />
HONDA<br />
CB <strong>12</strong>5 2098 1970-76 10/13 2200 600<br />
CB <strong>12</strong>5 J/S 2698 1975-79 10/13 1900 400<br />
CB <strong>12</strong>5 T 3352 1978-86 13/17 1600 300<br />
XL <strong>12</strong>5 2658 1976-79 10/13 1800 400<br />
CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />
XL 185 S 3708 1979-82 <strong>12</strong>/16 1800 500<br />
CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />
MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1400 300<br />
XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1600 400<br />
CB 250 3048 1968-73 22/30 3100 1100<br />
CB 250 N 4840 1978-84 13/17 1400 400<br />
CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1600 500<br />
CB 250 T 3878 1977-78 20/27 1500 400<br />
CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2000 600<br />
CL 250 3017 1968-72 22/30 3900 1100<br />
CL 250 S 4328 1982-84 13/17 2500 800<br />
CM 250 C 4088 1982-85 13/17 <strong>12</strong>00 400<br />
NX 250 7080 1988-94 19/26 1700 500<br />
XL 250 3818 1974-78 15/20 2200 700<br />
XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1800 600<br />
XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1500 500<br />
CB 350 3548 1968-74 26/36 3600 <strong>12</strong>00<br />
CB 350 F 4298 1972-74 25/34 3500 <strong>12</strong>00<br />
XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1700 500<br />
CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 2200 600<br />
CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3000 1000<br />
CB 400 N 5148 1978-83 32/43 1600 400<br />
CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 1900 500<br />
CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />
NS 400 R 10 <strong>12</strong>8 1984-86 53/72 5600 2200<br />
CB 450 4248 1965-74 33/45 4600 1500<br />
CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1300 300<br />
CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1300 300<br />
CL 450 4248 1968-72 32/43 5400 1800<br />
CB 500 F 6328 1972-77 35/48 3600 <strong>12</strong>00<br />
CB 500 T 5018 1975-77 31/42 3000 1000<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 57
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
CX 500 6753 1978-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2000 500<br />
CX 500 C 6753 1980-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 4700 1600<br />
FT 500 4699 1982-84 20/27 1800 400<br />
GL 500 7873 1982-85 37/50 2800 700<br />
VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 1600 400<br />
VT 500 E 7900 1983-88 37/50 1900 500<br />
VT 500 C 7793 1983-88 37/50 1900 500<br />
XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1800 500<br />
XL 500 S 5370 1979-82 20/27 2200 600<br />
XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2000 500<br />
CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 3600 <strong>12</strong>00<br />
CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 1800 500<br />
CBR 600 F <strong>12</strong> 150 1987-98 68/93 2100 700<br />
XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />
XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />
XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />
XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />
VT 600 C Shadow 9930 1988 30/41 3600 1300<br />
CB 650 6972 1979-83 46/63 2100 600<br />
CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 2100 600<br />
CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 2200 600<br />
CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2600 600<br />
CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2400 600<br />
CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5800 2000<br />
GL 650 8814 1983-85 48/65 3400 800<br />
NTV 650 10 145 1988-98 44/60 1900 500<br />
NX 650 Dominator 9395 1988 33/45 2200 800<br />
XRV 650 Africa Twin <strong>12</strong> 880 1988-90 37/50 3900 1100<br />
CB 750 7368 1969-78 46/63 11 800 5600<br />
CB 750 C 8613 1980-83 57/77 2500 800<br />
CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 6800 1900<br />
CB 750 K 8613 1978-84 57/77 3200 800<br />
CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 3500 1100<br />
CBX 750 F 10 138 1984-86 67/91 2600 700<br />
VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2200 600<br />
VF 750 C 9173 1982-84 60/82 2600 700<br />
VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2400 600<br />
VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3000 800<br />
VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3000 800<br />
VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 20 000 <strong>12</strong> 300<br />
VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />
XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3500 1100<br />
CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 4200 1400<br />
CB 900 F2 11 573 1981-84 70/95 4000 <strong>12</strong>00<br />
CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />
CBX 11 262 1978-81 74/100 8400 3500<br />
CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 7500 3300<br />
GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 6000 3300<br />
VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 3800 800<br />
VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />
CB 1100 F 11 643 1982-85 74/100 5200 1800<br />
CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 7300 2500<br />
GL 1100 Gold Wing 11 327 1980-83 61/83 5400 2900<br />
VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 4800 <strong>12</strong>00<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Februar <strong>2016</strong><br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 4200 1600<br />
GL <strong>12</strong>00 18 978 1984-87 69/94 6900 3100<br />
GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />
JAWA<br />
250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 800<br />
250 California 2190 1969-74 <strong>12</strong>/16 3000 1000<br />
350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2200 500<br />
350 California 2790 1969-74 17/23 3300 1100<br />
KAWASAKI<br />
KH <strong>12</strong>5 2798 1977-81 7/10 1100 400<br />
KMX <strong>12</strong>5 4690 1986-88 13/17 1600 400<br />
KMX 200 5490 1988-90 13/17 1500 400<br />
Z 200 2900 1977-79 13/17 1500 400<br />
250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3500 1300<br />
EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />
GPZ 250 4740 1983-84 13/17 <strong>12</strong>00 200<br />
KL 250 3530 1977-84 13/17 <strong>12</strong>00 300<br />
KLR 250 6060 1984-92 13/17 1500 500<br />
Z 250/A 4480 1978-83 20/27 2200 700<br />
Z 250 C 3870 1980-84 13/17 <strong>12</strong>00 200<br />
Z 250 Ltd 3980 1980-83 13/17 1600 400<br />
GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />
350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 4300 1500<br />
KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />
GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />
Z 400 4020 1974-79 20/27 2500 700<br />
Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 <strong>12</strong>00 200<br />
Z 440 5110 1980-84 20/27 2300 700<br />
Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 2200 700<br />
Ltd 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />
500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5900 2900<br />
GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />
GPZ 550 7940 1981-90 48/65 1900 600<br />
Z 500 6218 1979-80 37/50 2300 800<br />
Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 1800 500<br />
Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />
GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 <strong>12</strong>00<br />
GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 <strong>12</strong>00<br />
KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />
ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />
KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />
Z 650/F 7000 1976-83 50/67 2300 800<br />
Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2400 900<br />
750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 10 000 3000<br />
GPX 750 R <strong>12</strong> 640 1987-90 74/100 2600 800<br />
GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2200 600<br />
GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2900 700<br />
VN 750 10 690 1986-90 48/65 3300 1000<br />
Z 750 6500 1976-79 38/51 5000 1800<br />
Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 4500 1600<br />
Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 2400 600<br />
Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 2600 600<br />
Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1800<br />
ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2600 800<br />
900 Z1 8500 1972-75 60/82 8500 2400<br />
GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3300 900<br />
GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3100 700<br />
58 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2900 700<br />
Z 1000 9100 1977-79 63/85 7200 2400<br />
Z 1 R 9800 1978-80 66/90 4700 1800<br />
Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 5800 1900<br />
Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3900 1400<br />
Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 4800 1500<br />
Z 1000 R k. a.* 1983 74/100 6100 1800<br />
Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 900<br />
ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 3100 900<br />
ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2900 800<br />
GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3200 800<br />
Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />
Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />
VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />
LAVERDA<br />
500 6860 1976-80 33/45 7000 2900<br />
500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />
750 GT 6600 1970-73 38/52 6800 3900<br />
750 SF 6800 1971-73 45/61 9800 4000<br />
750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />
750 SFC 10 500 1971-78 55/75 33 000 14 000<br />
1000/3C 9600 1973-75 57/78 7500 2900<br />
1000 3CL 9995 1976-80 57/78 7000 2700<br />
1000 Jota <strong>12</strong> 500 1980-86 63/86 7900 3000<br />
1000 RGS <strong>12</strong> 688 1982-86 63/86 9700 3700<br />
1000 SFC 16 970 1985 70/95 9500 3500<br />
<strong>12</strong>00 TS 11 748 1978-82 63/86 7000 3600<br />
MOTO GUZZI<br />
V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />
Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />
V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1500<br />
V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3700 1500<br />
V 65/II 7888 1981-87 37/50 3600 1600<br />
V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 5900 2900<br />
V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9500 3500<br />
750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />
850 LeMans 10 560 1976-78 52/70 9000 4000<br />
850 LeMans II 11 350 1979-80 54/74 7000 3000<br />
850 LeMans III <strong>12</strong> 220 1981-84 56/76 5800 2700<br />
850 T 7160 1974-75 42/57 6000 2500<br />
850 T3 9200 1975-80 43/59 5000 2000<br />
850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 5800 2400<br />
850 T4 10 550 1980-83 43/59 4200 1600<br />
850 T5 10 550 1983-88 49/67 4400 1700<br />
V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />
V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10 400 5200<br />
V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 5000 1800<br />
1000 California II 13 490 1981-87 49/67 6500 2500<br />
1000 California III 14 880 1987-92 49/67 4500 1600<br />
1000 SP 11 850 1978-84 45/61 5800 2400<br />
1000 SP II <strong>12</strong> 650 1984-87 49/67 5000 2500<br />
1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4800 2200<br />
1000 G5 10 400 1978-85 45/61 5000 1900<br />
1000 GT <strong>12</strong> 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />
1000 LeMans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />
1000 LeMans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
MOTO MORINI<br />
<strong>12</strong>5/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />
250 T 3960 1977-80 13/17 2600 1100<br />
250 J 4995 1980-85 17/23 2800 <strong>12</strong>00<br />
3.5 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />
3 1/2 K2 6699 1983-86 20/27 2600 <strong>12</strong>00<br />
Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2800 1100<br />
500 T/S 7040 1978-81 30/41 5500 2200<br />
500 Sei 7985 1982-85 30/41 7000 3000<br />
MV AGUSTA<br />
<strong>12</strong>5 Sport 3135 1975-77 9/<strong>12</strong> 4500 2000<br />
350/Sport 5252 1970-79 20/27 6500 2500<br />
750 GT 14 250 1970-75 56/76 43 500 28 600<br />
750 S 14 250 1970-75 56/76 47 000 30 200<br />
750 SS 16 500 1975-77 56/76 46 300 29 800<br />
800 S America 15 384 1977-80 60/82 35 300 19 200<br />
900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38 100 23 500<br />
Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 75 000 50 000<br />
GP 1100 32 400 1979-82 88/119 70 000 K. N.<br />
MZ<br />
ETZ <strong>12</strong>5 1680 1985-91 7/10 1000 300<br />
TS <strong>12</strong>5 1799 1973-85 7/10 1700 400<br />
ETS 150 1598 1969-73 9/<strong>12</strong> 2300 700<br />
ETZ 150 k. a.** 1985-91 9/<strong>12</strong> <strong>12</strong>00 300<br />
ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2300 900<br />
ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />
TS 250 2490 1973-76 14/19 1800 600<br />
TS 250/1 2490 1976-81 13/17 1700 500<br />
ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1500 500<br />
NORTON<br />
Commando 750 5900 1967-74 44/60 8400 3900<br />
Commando 850 6800 1973-77 37/51 8000 3600<br />
SUZUKI<br />
GP <strong>12</strong>5 3031 1978-81 7/10 1300 400<br />
GT <strong>12</strong>5 20 870 1974-78 10/13 1900 700<br />
RV <strong>12</strong>5 3522 1977-81 6/8 1600 500<br />
GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />
GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />
DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />
GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />
GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 1900 500<br />
GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />
RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 900<br />
RGV 250 9590 1988-93 43/58 4200 1100<br />
TS 250 4461 1972-81 13/17 1600 600<br />
TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 500<br />
SP 370 4590 1978-80 20/27 2000 700<br />
GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 <strong>12</strong>00<br />
DR 400 S 51<strong>12</strong> 1980-82 20/27 <strong>12</strong>00 200<br />
GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />
GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 700<br />
GSX 400 5249 1980-88 20/27 <strong>12</strong>00 300<br />
GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1500 300<br />
GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />
DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />
GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 59
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
GS 500 E 6850 1988 34/46 2000 800<br />
GT 500 4870 1976-77 28/38 3400 1300<br />
RG 500 <strong>12</strong> 184 1984-89 70/95 11 500 3200<br />
GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2200 800<br />
GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 1900 500<br />
GSX 550 6999 1982-88 37/50 1900 500<br />
GT 550 5420 1972-77 35/48 3200 1100<br />
DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />
GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />
GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2200 500<br />
LS 650 Savage 7590 1986 20/27 2400 700<br />
DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />
VS 750 11 250 1986-91 37/50 2700 900<br />
GS 750 7190 1976-80 46/63 2600 900<br />
GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />
GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />
GSX 750 F <strong>12</strong> 740 1989-99 74/100 2400 800<br />
GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 3900 1700<br />
GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 3400 1100<br />
GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />
GT 750 6900 1972-76 51/70 6800 2400<br />
GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 800<br />
GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3300 <strong>12</strong>00<br />
GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1100<br />
GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 5000 2000<br />
GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 4500 1700<br />
GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 2500 600<br />
GSX 1100 EF <strong>12</strong> 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />
GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />
VS 1400 15 030 1987-03 49/67 6000 3000<br />
RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 8500 3500<br />
TRIUMPH<br />
Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />
Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />
Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />
Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />
YAMAHA<br />
DT <strong>12</strong>5 E 3<strong>12</strong>0 1973-81 7/10 1600 600<br />
RD <strong>12</strong>5 2585 1974-76 13/17 <strong>12</strong>00 400<br />
RD <strong>12</strong>5 LC 3420 1982-86 13/17 1100 300<br />
DT 175 MX 3483 1977-80 11/15 1400 400<br />
RD 200 3523 1975-80 13/17 1400 400<br />
DS 7 3245 1971-73 22/30 2100 600<br />
DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />
DT 250 MX 4283 1977-80 <strong>12</strong>/16 2000 700<br />
RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 <strong>12</strong>00<br />
SR 250 4107 1980-83 13/17 <strong>12</strong>00 300<br />
RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />
TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />
TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 <strong>12</strong>00<br />
XS 250 4193 1978-80 13/17 1500 400<br />
XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />
RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 <strong>12</strong>00<br />
RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 3100 800<br />
RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />
XT 350 6910 1985-95 20/27 2000 700<br />
XS 360 3952 1976-78 20/27 1500 500<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Februar <strong>2016</strong><br />
DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 3500 1000<br />
RD 400 4640 1976-80 32/43 2400 800<br />
XS 400 4868 1978-82 20/27 1600 500<br />
XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1600 500<br />
XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />
RD 500 <strong>12</strong> 070 1984-89 65/88 9500 3400<br />
SR 500 6160 1978-99 20/27 3000 800<br />
XS 500 5298 1976-80 36/49 2500 700<br />
XT 500 6610 1976-90 20/27 4400 1600<br />
XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1500 300<br />
XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />
XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 500<br />
XT 550 5480 1982-84 28/38 4000 1400<br />
XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />
FZR 600 <strong>12</strong> 750 1988-94 67/91 2300 700<br />
SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />
XJ 600 8900 1984-91 53/73 3200 1100<br />
XT 600 8025 1984-90 33/45 2300 700<br />
XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />
XJ 650 7780 1980-87 52/71 2300 700<br />
XJ 650 Turbo <strong>12</strong> 288 1982-84 66/90 4200 1900<br />
XS 650 6505 1975-83 37/50 3600 <strong>12</strong>00<br />
XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3000 900<br />
FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2400 500<br />
FZX 750 Fazer 11 325 1987-89 69/94 2600 800<br />
FZR 750 R OW-01 37 100 1987-90 74/100 13 700 9200<br />
TX 750 5995 1972-74 46/63 4000 <strong>12</strong>00<br />
XS 750 7318 1976-80 54/74 3500 1100<br />
XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />
XTZ 750 Super Ténéré 11 980 1987-96 51/69 3100 1100<br />
XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />
XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 1700 700<br />
XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2500 800<br />
XS 850 7915 1980-82 58/79 3500 1100<br />
XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />
XJ 900 F/N <strong>12</strong> 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />
TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 <strong>12</strong>00<br />
FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />
XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 3500 1000<br />
XV 1000/1100 Virago <strong>12</strong> 870 1986-89 46/62 3200 900<br />
XS 1100 10 498 1978-83 70/95 5200 1800<br />
XS 1.1 Sport 11 178 1981-83 70/95 4300 1400<br />
FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />
FJ <strong>12</strong>00 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />
V-Max k. a.** 1984-02 107/145 5500 2000<br />
XVZ <strong>12</strong> T 19 500 1984-89 71/97 5800 2500<br />
XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 6200 2600<br />
ZÜNDAPP<br />
KS <strong>12</strong>5 Sport 3458 1970-77 13/17 2700 1000<br />
KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3000 1100<br />
VORSCHAU<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
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Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid, Norbert Lehmann.<br />
Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz),<br />
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DE77ZZZ00000004985, wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein<br />
Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz<br />
wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des<br />
belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
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Name Vorname Geburtsdatum<br />
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Widerrufsrecht: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist beginnt an dem Tag,<br />
an dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von Art.<br />
246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die<br />
Bestellung zu widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten<br />
an: <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, EMail: motorradclassic@dpv.de<br />
x<br />
Unterschrift
LESERBRIEFE<br />
Foto: Jacek Bilski<br />
Foto: mps-Fotostudio<br />
Foto: Ola Oesterling<br />
Die Fotos der patinierten Kawasaki H1R lassen Conradin Gaukler schwelgen<br />
Weckt Jugenderinnerungen: Yamaha AS 3<br />
1976: Sieg für Ago, Sturz von Braun<br />
Danke dem Spender für die X7-Prospekte!<br />
Foto: Francois Beau<br />
Patina mit Power<br />
Die Scheunenfund-Kawasaki H1R kam<br />
gut an. Einen Leser machte der Bericht<br />
auch nachdenklich.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 11/<strong>2016</strong><br />
Zu Ihrer Fotoreportage „Ein Traum wird<br />
wahr – Scheunenfund Kawasaki H1R“ in<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 11/<strong>2016</strong> möchte ich<br />
wegen meinem Gefallen des Artikels in<br />
Form eines Leserbriefes etwas beitragen:<br />
vielen Dank für diese herrlichen Bilder<br />
der unres taurierten Kawasaki H1R. Sind<br />
es nicht genau Ansichten solcher patinierter<br />
Schätzchen, die uns sofort den süßen<br />
metallischen Klang unserer schaffigen<br />
Werkzeuge ans Ohr gaukeln? Beginnen<br />
nicht augenblicklich unsere Nasenflügel<br />
zu zittern, weil sie den betörenden Duft<br />
von Kriechöl, Poliermitteln und Metallstäuben<br />
wahrzunehmen glauben? Fangen<br />
unsere Knie in der Vorstellung des Durchzuführenden<br />
nicht momentan an, Phantomschmerzen<br />
auszusenden? Laufen unsere<br />
Köpfe nicht in diesem Augenblick<br />
heiß bei der Problemlösungsfindung, womit<br />
man die Herzallerwerteste längere<br />
Zeit ablenken könnte? („Wie viel werden<br />
zirka ein Dutzend Schmachtschinken aus<br />
dem Antiquariat kosten?“) Solche Motive<br />
sind wie ein gutes Buch, dessen Umschlag<br />
uns einlädt: „Bitte klapp‘ mich auf, ich habe<br />
dir zahllose erbauliche Stunden zu bieten!“<br />
Und selbst ein grausamer Winter<br />
verliert jeden Schrecken. Ein Hochgenuss,<br />
ihre Fotoreportage, vielen Dank dafür.<br />
Conradin Gaukler, Stuttgart<br />
Liebe Redaktion, in Heft 11/<strong>2016</strong> berichten<br />
Sie im Artikel „Ein Traum wird wahr“<br />
über den tragischen Unfall von Christian<br />
Ravel durch starkes Pendeln der Maschine<br />
bei hoher Geschwindigkeit und<br />
schreiben über „schwarze Kunst“ bei der<br />
Entwicklung von Fahrwerken. Vielleicht<br />
kann ich hier etwas zum Verständnis beitragen.<br />
Anfang der 70er-Jahre war ich bei<br />
der Firma Glasflügel Segelflugzeugbau<br />
unter anderem zuständig für die Flugerprobung<br />
der Neuentwicklungen. Zu dieser<br />
Zeit fuhr ich eine MZ ETS 250, bei der<br />
ab einer Geschwindigkeit von etwa 80<br />
km/h nach Anregung ein starkes Lenkerflattern<br />
auftrat, was nur durch sofortiges<br />
Abbremsen des Motorrads beendet werden<br />
konnte. Bei unseren Flugzeugen hatten<br />
wir ein ganz ähnliches Phänomen,<br />
nämlich Ruderflattern bei hohen Geschwindigkeiten.<br />
In beiden Fällen handelt<br />
es sich physikalisch um eine angefachte<br />
Masse-Feder-Schwingung mit geringer<br />
Dämpfung und Ausschlägen bis zum Anschlag.<br />
Bei den Flugzeugen konnte durch<br />
Reduzierung der Rudermassen und durch<br />
Anbringen von Gegengewichten vor der<br />
Drehachse immer Abhilfe geschaffen<br />
werden. Eine Reduzierung der sich drehenden<br />
Masse war aber auch beim Motorrad<br />
möglich. Ich habe das Vorderradschutzblech<br />
mit Glasgewebe abgeformt<br />
und es dann durch das deutlich leichtere<br />
GFK-Teil ersetzt. Daraufhin konnte ein<br />
Lenkerflattern durch Anstoßen bis zur<br />
Höchstgeschwindigkeit nicht mehr angeregt<br />
werden. Ich bin überzeugt, dass das<br />
Schwingungsproblem bei vielen älteren<br />
Motor rädern zwar vorhanden ist, ihre Besitzer<br />
aber nichts davon wissen. Ich habe<br />
selbst ein solches Lenkerflattern schon<br />
Jahre vor meiner MZ mit einer Triumph<br />
BDG 250 H erlebt und wäre dabei um<br />
Haaresbreite an einem Baum gelandet.<br />
Die Schwingung trat urplötzlich in einer<br />
Kurve auf und wurde wahrscheinlich<br />
durch den unebenen Straßenbelag ausgelöst.<br />
Da ich total überrascht war und so<br />
etwas noch nie erlebt hatte, habe ich auch<br />
keine Gegenmaßnahme eingeleitet und<br />
konnte froh sein, dass nichts Schlimmes<br />
passiert ist. Die einzig sinnvolle Gegenmaßnahme<br />
beim Auftreten der Schwingung<br />
ist die sofortige Reduzierung der Geschwindigkeit.<br />
Wenn man ausprobieren<br />
möchte, ob ein Motorrad zu Lenkerflattern<br />
neigt, sollte man mit geringer Geschwindigkeit<br />
beginnen und diese in kleinen<br />
Schritten von nicht mehr als fünf<br />
km/h steigern. Das An regen geschieht dabei<br />
jeweils durch Stoßen gegen das Lenkerende.<br />
Wer ein älteres Motorrad fährt,<br />
sollte auf das Phänomen gefasst sein und<br />
bei seinem Auftreten sofort das Tempo<br />
reduzieren. Mit freundlichen Grüßen<br />
Johannes Renner, Speicher<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Mehr Giftzwerge!<br />
Nürburgring 1976<br />
KONTAKT<br />
Die kleine <strong>12</strong>5er-Zweitakt-Yamaha<br />
weckt Erinnerungen an die Jugend.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 10/<strong>2016</strong><br />
Liebes Redaktionsteam, vielen Dank für<br />
Ihre Vorstellung der AS 3 mit den vielen<br />
detailreichen Fotos. Ich hatte vor 40 Jahren<br />
das Glück, einmal kurz das Nachfolgemodell<br />
RD <strong>12</strong>5 zu fahren und war damals<br />
von der Spritzigkeit und Leichtigkeit<br />
beeindruckt. Leider waren Achtellitermaschinen<br />
in Deutschland nicht sehr verbreitet<br />
und entsprechend selten erscheinen<br />
heute Berichte darüber in den diversen<br />
Magazinen. Um Agos letzten Sieg mit<br />
der 500er-MV Agusta zu sehen, bin ich<br />
damals mit einer Honda CB <strong>12</strong>5 K5 zum<br />
Nürburgring gefahren. Obwohl ich inzwischen<br />
über 40 andere Motorräder gefahren<br />
habe, träume ich manchmal heute<br />
noch von der kleinen Honda, weil sie<br />
mein erstes richtiges Motorrad war und<br />
ich damit gefühlt die Welt erobert habe<br />
(einschließlich meiner einzigen Runde<br />
auf dem Nürburgring). Insbesondere gefiel<br />
mir der schöne Gleichläufer-Klang,<br />
der sich deutlich von dem damals allgegenwärtigen<br />
Zweitakt-Hornissengesumme<br />
abhob. Ich fühlte mich damals wie<br />
Ago auf der Flucht vor der Zweitaktübermacht.<br />
Es würde mich freuen, wenn Sie<br />
auch über dieses schöne Modell einen<br />
Bericht bringen könnten. Ab und zu sind<br />
solche <strong>12</strong>5er noch zu sehen, es müsste<br />
also möglich sein, einen Besitzer zu finden,<br />
der ein Exemplar vor die Kamera<br />
lässt. Mit freundlichem Gruß<br />
Georg Rittel, Salzhausen<br />
Ich freue mich über die schönen Bilder<br />
der Yamaha AS 3. Aber, dass Sie nur für<br />
Bilder eine Maschine aus Frankreich ausleihen<br />
mussten und anscheinend mangels<br />
Erlaubnis nicht einmal von Fahreindrücken<br />
aus heutiger Sicht (eventuell<br />
mit Vergleich zum Nürburgringtest von<br />
Klacks von 1972) berichten konnten, fand<br />
ich sehr schade. Die – auch für Big Bike-<br />
Fahrer hochinteressanten – Fahreindrücke<br />
dieser Zweitakt-Hummel hätten Sie<br />
gern mit meiner AS 3 von 1972 sammeln<br />
können, wenn die wegen des Fahrbetriebs<br />
auch nicht so schön wie das von Ihnen<br />
gezeigte Museumsstück rausgeputzt<br />
ist (könnte ich ja nachholen). Und, für<br />
ältere Oldtimer-Freunde nicht uninteressant:<br />
Der Erstbesitzer meines Giftzwergs<br />
war von 1972 bis 1978 Karl Kling, Sieger<br />
der Carrera Panamericana auf Mercedes<br />
300 SL und langjähriger Rennleiter als<br />
Nachfolger von Neubauer! Mit freundlichen<br />
Grüßen<br />
Berndt Bergk, Leonberg<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Bei Agos letztem Sieg auf der 500er-<br />
MV war Dieter Braun schwer gestürzt.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 10/<strong>2016</strong><br />
Hallo <strong>Classic</strong>-Team, am Nürburgring ging<br />
1976 mit dem letzten Agostini-Sieg auf<br />
der 500er-MV Agusta noch eine weitere<br />
Karriere zu Ende. Dieter Braun machte, an<br />
zweiter Stelle liegend, Runde um Runde<br />
Zeit auf Agostini gut, bei einem weiteren<br />
normalen Verlauf wäre der Sieg der MV<br />
nicht so selbstverständlich gewesen. Leider<br />
hatte Braun nach meinen Erinnerungen<br />
in der Fuchsröhre einen fürchterlichen<br />
Sturz, der seine Laufbahn beendete.<br />
Manfred Blatt, Brackenheim<br />
Anmerkung der Redaktion: Leser Blatt<br />
hat recht, Dieter Braun erlitt auf dem Nürburgring<br />
schwere Verletzungen. Allerdings<br />
führte erst der Sturz auf dem Salzburgring<br />
am 1. Mai 1977 zu Brauns Karriereende.<br />
Suzuki GT 250 X7<br />
Ein Suzuki-begeisterter Leser hat seine<br />
Prospektsammlung durchforstet und<br />
dem in X7-Erinnerungen schwelgenden<br />
Autor einige Exemplare vermacht.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 11/<strong>2016</strong><br />
Hallo Herr Eirich, in meinem Fundus habe<br />
ich noch ein paar Kleinigkeiten über die<br />
Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />
Name und Wohnort an.<br />
Fragen und Post an die Redaktion:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Stichwort Leserbriefe, 70162 Stuttgart,<br />
Fax 07 11/1 82-17 81<br />
E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />
Suzuki GT 250 X7 gefunden, für Sie als Erinnerung<br />
an ihre Suzuki, oder vielleicht<br />
als Anregung, doch wieder eine zu fahren.<br />
Langsam werden die X7 bei uns rar, Händler<br />
suchen sie gezielt für den Export. Wohin<br />
sie gehen, habe ich leider noch nicht<br />
in Erfahrung gebracht, aber es läuft ähnlich<br />
ab wie bei der Suzuki GS 400. Mit<br />
Suchanzeigen in vielen Anzeigenblättern<br />
und im Internet, die Aufkäufer sind die<br />
gleichen. Herzliche Grüße an das ganze<br />
Redaktionsteam<br />
Frank Lutz, Sand<br />
Anmerkung der Redaktion: Herzlichen<br />
Dank für dieses vorweihnachtliche Präsent.<br />
Das Schwelgen in den alten Prospekten hilft<br />
über die Zeit hinweg, bis vielleicht doch eine<br />
passende X7 den Weg zu mir findet. Das<br />
wäre mir jedenfalls lieber, als dass nach der<br />
Suzuki GS 400 nun auch noch die X7 zurück<br />
nach Japan gehen . . .<br />
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SZENE I<br />
ERLA-Norton Commando<br />
Was für<br />
Sturköppe<br />
Ihr Erbauer hatte vor 40 Jahren ganz und<br />
gar eigene technische Ansichten, ihr letzter<br />
Besitzer ziemlich spezielle Ideen zur<br />
Nutzung. Und der jetzige ist hinter dieser<br />
radikal umgebauten Norton beharrlich<br />
hergerannt. Westfalen eben, alle drei.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 65
SZENE I<br />
ERLA-Norton Commando<br />
Erich Lawrenz wusste, was<br />
er mit Isolastic anzufangen<br />
hatte: lahmlegen, quasi<br />
Ganze Generationen sportlicher<br />
Fahrer betrachteten den weit geschwungenen<br />
und breit geführten<br />
Norton-Federbettrahmen als Maß der<br />
Dinge. Und dann musste ausgerechnet<br />
Norton ihn ausmustern. Der Grund? Das<br />
Verlangen nach immer höherer Leistung<br />
zwang die Briten zu immer größeren Hubräumen,<br />
und während sich ihr Gleichläufer-Twin<br />
in der 600er-Dominator noch<br />
recht manierlich benahm, erwies sich die<br />
750er-Atlas als wahrer Schüttler. Deren<br />
Nachfolgerin, die 1967 präsentierte Commando,<br />
sollte ihre Besatzung weniger<br />
nerven, und deshalb heftete man Motor,<br />
Getriebe sowie Schwinge an zwei großen<br />
Platten zusammen und lagerte alles in<br />
üppigen, die Vibrationen aufsaugenden<br />
Gummielementen innerhalb des völlig neu<br />
entwickelten Hauptrahmens. Der bestand<br />
aus einem kräftigen Oberrohr und zwei<br />
wiederum weit geführten Schleifen sowie<br />
sinnigen Verstrebungen. Prima stabil, das<br />
Ganze, allerdings nur, wenn die Gummielemente<br />
richtig ausdistanziert waren und<br />
kein unzulässig hohes Spiel zu ihren Aufnahmen<br />
hatten. Dann nämlich kannte die<br />
Isolastic-Rahmen getaufte Konstruktion<br />
durchaus einige Tücken.<br />
All dies hatte sich natürlich auch hierzulande<br />
und bis ins westfälische Herzfeld<br />
herumgesprochen, und deshalb wusste der<br />
begnadete Tüftler Erich Lawrenz, was er<br />
mit Isolastic anzufangen hatte, als er sich<br />
Mitte der 70er eine nagelneue Commando<br />
850 zulegte. Lahmlegen, quasi, denn der<br />
im Bahnsport als Fahrer sozia lisierte sowie<br />
als Konstrukteur hoch geschätzte Techni-<br />
Form und Funktion: Der hübsche<br />
Schutzblechhalter dient auch als<br />
Gabelstabilisator<br />
66 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Gut zu sehen ist<br />
vor der Fußraste<br />
die nachträglich von<br />
Erich Lawrenz eingefügte<br />
Aufnahme für<br />
die Schwingenlagerung<br />
Freundschaftsdienst: Den Sitz<br />
machte Polsterer Lüchtenborg<br />
aus Rheda wie neu<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 67
SZENE I<br />
ERLA-Norton Commando<br />
Anders als Norton selbst fand Erich Lawrenz, dass ein flottes Motorrad ruhig<br />
Verkleidung tragen darf. Die einer Ducai 750 SS allemal. Denn anders als Norton<br />
hatte der rennerprobte Westfale auch lange Vollgasetappen vorgesehen<br />
kus verpasste dem Hauptrahmen wieder<br />
ordentliche Aufnahmen, in denen er die<br />
neu angefertigte, vierfach kugelgelagerte<br />
Achse einer von ihm kon struierten Schwinge<br />
einfädeln konnte. Schluss mit der recht<br />
schmalen Lagerung in den Halte platten<br />
am Getriebe. Trotzdem durfte das Triebwerk<br />
weiter in Gummi zappeln, jetzt eben<br />
– wenn man so will – mit der Schwingenachse<br />
als Drehpunkt.<br />
Doch diese dauerhaft stabilisierende<br />
Maßnahme genügte Lawrenz nicht: Auf<br />
dem Weg zum Traummotorrad bekam die<br />
Commando noch die Halbschale einer Ducati<br />
750 SS, standesgemäße Hochschulterfelgen<br />
von Borrani, neue Rad naben, hinten<br />
Scheiben- statt Trommelbremse, abgedrehte<br />
und gelochte Bremsscheiben, eine<br />
aus nahtlosem Rohr selbst gefertigte Auspuffanlage.<br />
Kurz Luft holen, dann weiter<br />
im Programm: Weil er – anders als viele<br />
andere Briten-Fahrer – auch auf der Autobahn<br />
richtig angasen wollte, spendierte<br />
Lawrenz Ventilführungen aus reibungsarmer<br />
Caro-Bronze, verlegte einen eigens<br />
gedrehten Ölkühler und baute für den<br />
insgesamt 4,5 Liter großen Ölvorrat einen<br />
neuen, auch der Batterie Platz bietenden<br />
Tank. Kettenschutz, Fußrasten, Lenkerstummel,<br />
Sitzbank mit integriertem Werkzeugfach<br />
und Kickstarter? Alles Eigenbau.<br />
Und natürlich hat Erich Lawrenz sogar<br />
den verrückten 20-Liter-Tank mit eigener<br />
Hände Arbeit erschaffen. Der Mann<br />
fand offensichtlich, Harro sei mit dem<br />
Elefantenboy auf halber Strecke stehengeblieben,<br />
und verschraubte auf der abgeflachten<br />
Oberseite des Spritfasses eine<br />
Blechplatte nebst – klar doch – selbst entworfenem<br />
Tankrucksack.<br />
Als alles fertig war, hatte Lawrenz genug.<br />
Er verkaufte an Karl-Heinz Rappold,<br />
einen guten Freund aus dem nahen Lipperode<br />
bei Lippstadt, und der wiederum war<br />
so begeistert von seiner Neuerwerbung,<br />
dass er sie gleich unter Lawrenz’ Namen<br />
beim <strong>MOTORRAD</strong>-Wettbewerb „Leser<br />
bauen das tollste Motorrad“ anmeldete.<br />
Nach eingehender Prüfung dieses Vorschlags<br />
rückten Reporterin Ilse Reuter<br />
und Fotograf Uli Schwab nach Lipperode<br />
aus, in Heft 8/1977 stellten sie die ERLA-<br />
Norton vor. Den Sieg im Leserwettbewerb<br />
schnappte zwar ein gewisser Manfred Rau<br />
mit seinem Gitterrohr-umrahmten Laverda-Drilling<br />
weg, aber Karl-Heinz Rappold<br />
blieb trotzdem ERLA-Fan. Hastete mit der<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Sogar beim Tankrucksack wollte Erich<br />
Lawrenz keine Wackelei zulassen und<br />
verordnete eine feste Grundplatte<br />
Die selbst gefertigte Schwinge bietet<br />
natürlich auch die Aufnahme für eine<br />
zeitgemäße Scheibenbremse<br />
850er durch seine Bundeswehr-Zeit, besuchte<br />
Rennen, ging zurück in den Beruf,<br />
verdiente gutes Geld – und kaufte sich<br />
1979 eine Neue. Weil er Motorräder wirklich<br />
liebt, durfte die schnelle ERLA-Norton<br />
bleiben. Platz war ja da, im Fenster des<br />
ehemaligen Lebensmittelladens seiner<br />
Mutter nämlich.<br />
Dort wiederum, das lässt sich in einem<br />
übersichtlichen Gemeinwesen wie Lipperode<br />
kaum vermeiden, kam Ralf Lietz immer<br />
mal wieder vorbei. Auf dem Weg zum<br />
Einkaufen, zum Training, zur Arbeit. Ein<br />
Spätberufener in Sachen Motorrad, aber<br />
trotzdem ein Verrückter. Zu Beginn seiner<br />
Leidenschaft genügten ihm noch NSU<br />
Quickly-Restaurierungen, und die passten<br />
auch zu seinem Führerschein. Dann<br />
schneite eine DKW RT 175 ins Haus, und<br />
Bei der allerersten Ausfahrt<br />
machte die Elektrik schlapp<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 69
SZENE I<br />
ERLA-Norton Commando<br />
DATEN<br />
ERLA-Norton Commando<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor, je zwei im Kopf hängende Ventile pro Brennraum,<br />
über eine untenliegende Nockenwelle, Stoßstangen und Kipphebel betätigt, zwei Amal-<br />
Vergaser mit K+N-Luftfilter, Eigenbau-Zwei-in-zwei-Auspuffanlage, Trockensumpfschmierung,<br />
828 cm³, 51 PS bei 6250/min<br />
Antrieb: Primärtrieb über Dreifachkette, Mehrscheiben-Trockenkupplung mit Tellerfeder,<br />
Vierganggetriebe, Sekundärtrieb über Kette<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, nachträglich eingeschweißte Schwingenaufnahmen,<br />
vorn serienmäßige Telegabel mit selbst gebautem Gabelstabilisator, hinten Eigenbau-<br />
Schwinge, Reifen vorn 3.25 x 19, hinten 3.50 x 19 auf Borani-Hochschulterfelgen, Lockheed-<br />
Scheibenbremse vorn und hinten, Radstand 1440 mm, Trockengewicht zirka 180 kg<br />
Karl-Heinz Rappold (oben, links) und Ralf Lietz freuen sich, dass<br />
die 40 Jahre alte ERLA wieder glänzt wie neu. 1977 war Karl-Heinz<br />
gemeinsam mit dem 1997 verstorbenen Erbauer Lawrenz (kleines<br />
Foto, links) in <strong>MOTORRAD</strong> zu sehen. Damals galt die drastisch<br />
verbesserte Norton Commando als technische Sensation<br />
als die 20<strong>12</strong> so richtig hübsch war, musste<br />
der Einser her. Danach hat der mittlerweile<br />
50-Jährige noch eine BMW R 45 stilsicher<br />
umgebaut und eine <strong>12</strong>5er-MV frisch<br />
gemacht. Die Italienerin stammte von<br />
besagtem Rappold, und ihr Aufleben, so<br />
meinte Lietz, müsste doch diesen sturen<br />
Hund endlich bewegen, ihm auch die<br />
heiß ersehnte ERLA zu überlassen. Tat es<br />
aber nicht. Ach, Westfalen können ja so<br />
langsam sein...<br />
Aber am Ende doch freundlich, denn<br />
angesichts der immer noch vorhandenen<br />
Fülle in seinem Schaufenster gab Karl-<br />
Heinz Rappold schließlich zu, dass er für<br />
den Rest seines Lebens genug andere<br />
Motor räder zum Flottmachen besitzt. Mit<br />
dem Versprechen, den weit über Lippstadt<br />
70 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
hinaus bekannten Kreidler-Spezialisten<br />
immer mal wieder in die Restaurierung<br />
einzubinden, durfte Ralf Lietz die Norton<br />
im Oktober 2015 endlich abholen. Der<br />
Motor, verkündete Rappold überzeugend,<br />
sei bis zum Schluss anständig gelaufen.<br />
Der wurde also schon mal nicht geöffnet.<br />
Andererseits war schnell klar, dass die<br />
ERLA keine geordnete Stilllegung und<br />
Konservierung genossen hatte: Die zerfressenen<br />
Amal-Vergaser wurden komplett<br />
getauscht, die Bremszylinder waren<br />
so richtig fest. Neu abdichten, dann noch<br />
neue Leitungen – das waren schon die<br />
größten technischen Arbeiten. Dachte<br />
Lietz, als er bereits am 22. Dezember beim<br />
TÜV vorfuhr. Null Probleme, was übrigens<br />
angesichts der ungeheuer durchdachten<br />
und peniblen Arbeit von Erich Lawrenz<br />
kein Wunder ist. Wer diesem Motorrad<br />
nicht traut, der sollte zu Fuß gehen.<br />
Das wiederum musste Ralf Lietz alsbald,<br />
denn auch eine ERLA ist immer nur<br />
so stark wie ihr schwächstes Teil. Am Heiligen<br />
Abend – einen Tag nach der Wiederanmeldung<br />
– wollte sich der technische<br />
Beamte mit der ersten Ausfahrt selber beschenken.<br />
Doch die 40 Jahre alte Elektrik<br />
hielt dem aufrüttelnden Fahrbetrieb nicht<br />
stand, und deshalb drehte Lietz im Januar<br />
nach Feierabend keine Däumchen, wie<br />
geplant, sondern einen neuen Kabelbaum.<br />
Seit dem Frühjahr durchleben die<br />
beiden nun eine immer gedeihlichere<br />
Kennenlernphase, und es scheint nicht<br />
ausgeschlossen, dass im nächsten Jahr geprüft<br />
wird, ob die Arbeiten von Erich Lawrenz<br />
wirklich zu einem selbst bei Hochgeschwindigkeit<br />
stabilen Fahrverhalten<br />
geführt haben. So wie es Karl-Heinz Rappold<br />
beschwört, wenn er auf einen Kaffee<br />
herbeiradelt und sich am neuen, alten<br />
Glanz der ERLA erfreut. Sein Kumpel<br />
Erich hat später noch zwei Umbauten auf<br />
die Räder gestellt, eine auf fast 900 cm³<br />
gebrachte und fahrwerksmäßig drastisch<br />
verbesserte Yamaha XS 650 sowie einen<br />
NSU Konsul-basierten Einzylinder im<br />
Federbett(!)-Rahmen. Die haben unlängst<br />
nicht in dieser, aber einer anderen Fachzeitschrift<br />
einige Beachtung erfahren. „Zu<br />
Recht“, sagt Ralf Lietz, „aber hier steht die<br />
erste ERLA.“ Karl-Heinz Rappold grinst<br />
herüber. „Auf Erich, prost Kaffee.“ ◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 71
SZENE I<br />
Klassikertreffen Sinsheim<br />
Muth gemacht!<br />
Das Klassikertreffen in Sinsheim drohte den Wetterprognosen zufolge ins Wasser zu<br />
fallen. Doch alle, die den Mut hatten, dennoch zum Auto & Technik Museum in Sinsheim<br />
zu pilgern, wurden belohnt: mit passablem Wetter und mit Muth, Hans A. Muth.<br />
Diszipliniert rollten die Teilnehmer der Ausfahrt<br />
über zumeist einsame Nebenstraßen<br />
Fahren und Pflegen: Die blitzsaubere RD 500<br />
beweist, dass beides zusammengehört<br />
Mal das Teilnehmerfeld der Freitags-Ausfahrt<br />
bestaunen – nach der Mittagsrast<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Driving home for christmas –<br />
nein, so weit ist es noch nicht.<br />
Doch ein wenig fühlt es sich<br />
so an, wie driving home for Sinsheim.<br />
Zum Klassikertreffen, der Veranstaltung<br />
am ersten Oktoberwochenende, die bei<br />
vielen Oldtimerfans als Pflichttermin im<br />
Kalender steht.<br />
Ein bisschen wie Familientreffen fühlt<br />
es sich auch an, weil man dort auf so viele<br />
bekannte Gesichter trifft, die man zwar<br />
nur einmal im Jahr, aber immer wieder<br />
gerne sieht. Wiederholungstäter, allesamt.<br />
Und natürlich sind auch immer wieder<br />
viele neue Gesichter am Start, in Verbindung<br />
mit „neuen“ alten Motorrädern.<br />
„Am Start“ trifft es ohnehin recht gut,<br />
denn einige Dutzend versammeln sich jedes<br />
Jahr schon am Vortag, also am Freitag<br />
auf dem Gelände, bereit zur geführten<br />
Ausfahrt, einer wie immer akribisch vom<br />
MOC Steinsberg ausgearbeiteten und souverän<br />
von deren Tourguides geleiteten<br />
Tour. In diesem Jahr führte die Route über<br />
kleine, eher unbekannte Sträßchen durchs<br />
Zabergäu, alles spielte sich also in etwa im<br />
Dreieck zwischen Sinsheim, Bruchsal und<br />
Vaihingen/Enz ab.<br />
Klassiker müssen auf die Straße<br />
Die Stimmung am Abend war einhellig<br />
positiv, manch einer gab zu, gar vor allem<br />
wegen der Ausfahrt gekommen zu sein.<br />
Was der Stimmung am Samstag beim eigentlichen<br />
Treffen nur zuträglich war:<br />
Wer seinen Klassiker auch fährt und nicht<br />
nur poliert in der Garage stehen hat, der<br />
lässt sich von dunklen Wolken und ein<br />
paar kurzen Schauern nicht die Laune<br />
vermiesen. Der Andrang vor der Bühne<br />
Text: Gerhard Eirich<br />
Fotos: Stefan Wolf<br />
Wetter? Egal. Im Laufe des Tages fanden sich immer mehr Klassikerfans in Sinsheim ein<br />
Ohne Markenbrille: letztes Jahr mit der Magni,<br />
jetzt mit BMW-Scrambler-Eigenbau dabei<br />
Sie ist selten geworden, vor allem in diesem<br />
Zustand: bildschöne Yamaha DT 400<br />
Im überschaubaren Feld der Gespanne<br />
konnte diese schöne Jawa gut mithalten<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 73
SZENE I<br />
Klassikertreffen Sinsheim<br />
Die Trompeten von Jericho?<br />
Nicht so laut, aber zumindest<br />
ebenso imposant: Hondaund<br />
Benelli-Sechszylinder mit<br />
glänzenden Chromtüten<br />
American-Style: Zu der stilvollen Harley<br />
passt ein wenig Marilyn Monroe-Appeal<br />
Kleine ganz groß: Norbert Schindele hat die<br />
Kawasaki AR 50 aufs Feinste neu aufgebaut<br />
Die Zündapp KS 600 gewann in ihrer Klasse<br />
(Bj. 1933 bis 1949). Und zwar völlig zu Recht<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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für die Aufnahmen von Mann und Maschine<br />
war denn auch schon am Samstagmorgen<br />
groß – Fotograf Stefan Wolf hatte<br />
wie immer alle Hände voll zu tun.<br />
Sinsheim ist aber von je her nicht nur<br />
was fürs Auge (zu bestaunen waren auch<br />
in diesem Jahr tolle Young- und Oldtimer<br />
aller Klassen und Baujahre), sondern es<br />
gibt auch stets was auf die Ohren. Das<br />
liegt nicht nur an der launigen Moderation<br />
von Kollege Klaus Herder, sondern<br />
auch am prominenten Ehrengast, den<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> in diesem Jahr gewinnen<br />
konnte. Kein Geringerer als Designer-Legende<br />
Hans A. Muth, den meisten<br />
als Gestalter etwa der Suzuki Katanas<br />
und der BMW R 90 S bekannt, war Herr<br />
des zweiten Mikros auf der Bühne und in<br />
bester Erzähllaune. Einmal in Fahrt, ließ<br />
es sich kaum noch bremsen. Gut so.<br />
Auch Andy Schwietzer, Buchautor und<br />
Urgestein der Zweiradszene, war in seiner<br />
Funktion als Kurator vom PS.Speicher in<br />
Einbeck in Sinsheim dabei, um sich einen<br />
Eindruck vom entspannten und bunten<br />
Treiben auf dem Museumsplatz zu machen.<br />
Er hatte sichtlich Spaß unter all den Klassikern<br />
und Youngtimern. Spontan gab er<br />
auf der Bühne einiges von seinem unerschöpflichen<br />
Fachwissen preis – die Besucher<br />
lauschten seinen Anekdoten bei der<br />
Präsentation der Maschinen mit großem<br />
Interesse. Immer wieder sah man ihn<br />
mit einem beseelten Lächeln im Gesicht<br />
auf einem anderen Gespann zwischen<br />
den Besuchern hindurch übers Gelände<br />
tuckern, häufig mit Museums-Chef Hermann<br />
Layher im (oft genug eigenen) Seitenwagen,<br />
dessen Leidenschaft für betagte<br />
Gespanne ja kein Geheimnis ist.<br />
Kein Geheimnis ist auch die Tatsache,<br />
dass einen manchmal die eigene Vergangenheit<br />
einholt und der Zufall mal eben<br />
einige Jahrzehnte zurückspult. So hatten<br />
wir also am Samstag nicht nur einen Muth<br />
auf der Bühne, sondern auch eine seiner<br />
Kreationen auf dem Parkplatz. Also rauf auf<br />
die Bühne mit der einzigen Muth-Egli-<br />
Kawasaki aus Meisterhand (siehe großes<br />
Aufmacherfoto) und hören, was der Meister<br />
„zu seiner Rechtfertigung“ zu sagen hat.<br />
Keine Frage: Moderator Herder und Grandseigneur<br />
Muth harmonierten bestens.<br />
Das fanden wohl auch die Besucher,<br />
die trotz des eher trüben Wetters dann<br />
doch in großer Zahl erschienen waren und<br />
überwiegend bis zum späten Nachmittag<br />
blieben, wo schließlich noch die Verleihung<br />
der Rosetten an die in ins gesamt zehn Klassen<br />
angetretenen, prämierten Fahrzeuge<br />
stattfand. Und an alle, die früher abgereist<br />
sind oder dieses Mal verhindert waren – wir<br />
sehen uns ja im nächsten Jahr garantiert<br />
wieder: driving home for Sinsheim… ◻<br />
Bei seltenen, exotischen Fahrzeugen wird<br />
schon mal genauer hingeschaut<br />
Hier wird anschaulich, wie der Begriff „Fahrrad<br />
mit Hilfsmotor“ entstanden sein muss<br />
Für Ostalgiker: Die herrliche MZ Trophy hielt<br />
in Sinsheim die Fahne der Kultmarke hoch<br />
Seit Jahren immer dabei: Vater T. Özdemir<br />
mit (endlich prämierter) CBX und Tochter<br />
Es muss nicht immer alles original sein: Der<br />
Eigenbau-Yamaha-Renner findet Zuspruch<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 75
SZENE I<br />
Porträt Hanni W.<br />
HÜTEN UND<br />
BEWAHREN<br />
76 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Treffen der Siegesgöttinnen: Victorias aus Nürnberg liegen der Badenerin besonders am<br />
Herzen. Insgesamt hat Hanni 14 Motorräder, die ihr verstorbener Mann einst restaurierte<br />
Hanni aus dem Schwarzwald<br />
ist 75, ihre 350er- Victoria<br />
auch. „Zusammen sind<br />
wir 150“, sagt die re solute<br />
Dame, die eine kleine, feine<br />
Motorradsammlung ihres<br />
verstorbenen Mannes hütet<br />
und bewahrt.<br />
Text: Thomas Schmieder<br />
Fotos: Erica Barraza Torres, TSR, privat<br />
Ende April <strong>2016</strong> im Hochschwarzwald.<br />
Ehrenamtliche Helfer des<br />
Bundesverbandes der Motorradfahrer<br />
bereiten gerade die 37. BVDM-<br />
Deutschlandfahrt für Tourenfahrer vor,<br />
checken Zwischenziele und stecken Kontrollpunkte<br />
ab.<br />
Doch Frau Holle schmollt, verteilt großflächig<br />
dicke weiße Flocken. Bald schon<br />
sind die Straßen über und über mit Schnee<br />
bedeckt, mit dem Motorrad gibt es deshalb<br />
kein Fortkommen mehr. Also heißt es, auf<br />
den Streuwagen warten. Schon bald hält<br />
eine ältere Dame im Auto an. Mit kleiner<br />
Statur, aber einer großen Geste: „Ihr kommt<br />
jetzt mit, ich bin selbst Motorradfahrerin.“<br />
Diese gestrandeten Motorradfahrer lässt<br />
sie nicht hier draußen stehen. Basta – und<br />
keine Widerrede!<br />
Die resolute Dame stellt sich als „Hanni“<br />
vor (für Hannelore, mehr will sie uns<br />
aber nicht verraten) und nimmt die Truppe<br />
kurzerhand mit zu sich nach Hause. Viel<br />
zu schnell schmilzt der Schnee angesichts<br />
Hannis herrlicher Anekdoten. Ende August<br />
gibt es dann bei der BVDM-Deutschlandfahrt<br />
ein Wiedersehen der Ehrenamtlichen<br />
mit Hanni, abends bei der Siegerehrung<br />
in Schonach. Am nächsten Tag<br />
treffen wir uns mit der Badenerin auf<br />
ihrem ehemaligen Schwarzwälder Bergbauernhof.<br />
Hier lebten früher Hasen,<br />
Hühner, eine Kuh und zwei Geißlein. „Die<br />
Tiere brauchte man hier einfach zum<br />
Überleben“, sagt Hanni.<br />
Auf dem Hof wohnen auch Hannis<br />
Sohn Mario mit Frau und drei Kindern.<br />
Hanni, sie ist 75 Jahre jung, zeigt uns ihre<br />
ebenso alte Victoria Pionier 350 HW-<br />
Modell: „Zusammen sind wir 150!“ Eine<br />
KR 35 mit Columbus-Motor ist das – der<br />
Einzylinder mit Doppelport-Auspuff holt<br />
aus 334 Kubik rund 18 PS. „Ich fahre viel<br />
lieber Viertakter, Zweitakter machen mir<br />
einfach zu viel Lärm, außerdem stinken sie<br />
und bremsen nicht mit!“ Oha, Hanni hat‘s<br />
faustdick hinter den Ohren. Ihr feiner<br />
Humor blitzt durch, als sie von ihrem<br />
Sturz an Pfingsten 2014 erzählt.<br />
Mit Victoria im Bach gelandet<br />
Da fuhr das Schwarzwaldmädel mit ihrer<br />
„Oldtimer-Clique“ aus. Plötzlich hielt ihr<br />
Vordermann unvermittelt an. „Ich wollte<br />
ihm nicht hinten reinfahren, also habe ich<br />
überbremst.“ Und das mit Halbnaben-<br />
Trommelbremsen! Hanni kugelte schließlich<br />
in einem Bach neben der Straße aus:<br />
„Das gab einen riesen Schlag, dann drang<br />
Wasser in meinen Helm.“ Ihre Veteranenfreunde<br />
zogen sie jedoch rasch aus dem<br />
Bach heraus. Bei diesem Sturz hatte sich<br />
Hanni Prellungen von oben bis unten zugezogen,<br />
einschließlich der Rippen und<br />
inneren Organe. „Das sticht heute noch<br />
manchmal.“ „Mensch Mutter, nicht alle<br />
baden ihr Motorrad so“, frotzelt ihre Tochter<br />
über diesen Crash. Witz liegt in der<br />
Familie. Genau wie Anpacken.<br />
Allen voran Hannis Mann Karl. Er war<br />
Jahrgang 1939, starb 2011. Seine Witwe<br />
schraubt nicht selbst: „Ich hatte immer<br />
Männer, die das für mich machten.“ Beim<br />
Richten der verbogenen 350er-Victoria<br />
half ihr Sohn. Sie hatten noch eine zweite<br />
Victoria zum Ausschlachten. „Gabel, Züge,<br />
Kupplungs- und Bremshebel konnten wir<br />
daher schnell umbauen.“ Glück im Unglück.<br />
„Ich bin in der Victoria-IG, da kriegt<br />
man alles.“<br />
Doch Hanni besitzt noch mehr Motorräder.<br />
Insgesamt sind es 14, da muss sie<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 77
SZENE I<br />
Porträt Hanni W.<br />
Vorher, nachher: Kaum zu glauben, aus welchen<br />
Schrotthaufen Hannis Mann Karl einst wieder<br />
schmucke Motorräder zauberte!<br />
Nein, dies ist kein privates Museum. Sondern schlicht der Raum<br />
neben der Küche (!) im ehemaligen Schwarzwald-Bauernhof<br />
nicht lange überlegen. Adler, BMW, Horex,<br />
NSU, Victoria und eine fast schon neuzeitliche<br />
550er-Suzuki. Schöne Stücke sind<br />
das, wie etwa die NSU Fox 98, eine BMW<br />
R 25/3, die Victoria KR <strong>12</strong>5 BiFix mit<br />
Drehgriffschaltung und die Aero KR 25<br />
aus dem Jahr 1950 sowie die KR 20 von<br />
1934. Nicht zu vergessen die Horex Regina<br />
350 von 1951 mit den roten Felgenkränzen<br />
in den verchromten Felgen sowie<br />
eine seltene 350er-Resident von 1955<br />
(„eine der letzten“).<br />
Die Sammlung führte sie gemeinsam<br />
mit ihrem Mann. Nun baut die Dame für<br />
die Zukunft vor: Sohn und Tochter bekamen<br />
je zwei Maschinen, jeder Enkel ein<br />
Motorrad. Acht Maschinen führen so die<br />
Familiengeschichte fort. Hanni will nichts<br />
verkaufen, nichts fleddern, auch nicht die<br />
vielen Ersatzteile in den Eigenbau-Regalen,<br />
wo Motorengehäuse, Zylinder, Ver gaser,<br />
Lampen, Tanks, Sitzbänke, Hupen, Blinker,<br />
Griffgummis, Züge, Zündspulen und Regler<br />
lagern. „Mein Mann dachte wohl, er wird<br />
100 Jahre alt.“<br />
Familiengeschichte bewahrt<br />
Karl schleppte immer wieder „Rostmöckel“<br />
an, völlig vergammelte Fälle für eine Totalrestaurierung<br />
in der heimischen Werkstatt.<br />
Nie gab er auf, rückte abends nach<br />
der Arbeit Korrosion und Rost, Zerfall und<br />
dem Zahn der Zeit mit viel Geduld und<br />
Kenntnis zu Leibe. Unterstützt von einer<br />
Fräsbank, Bohr-, Dreh- und Poliermaschinen.<br />
Hannis Mann war über 40 Jahre lang<br />
Automateneinrichter in einem Betrieb. Als<br />
Hanni einige Fotoalben zeigt, traut man<br />
seinen Augen nicht: Karl brachte Lahme<br />
zum Gehen, machte aus bloßen Fragmenten<br />
wieder schmucke Motorräder. Etwa<br />
die Adler M 200 und die Imme.<br />
Ebenfalls wie Phönix aus der Asche<br />
sind der seltene Horex-Chopper mit Königswellenmotor<br />
und Hannis Lieblings-<br />
Victoria, die KR 35, auferstanden: „Sie hatte<br />
keine Räder mehr, weil der Bauer, dem<br />
sie gehörte, diese an seinen Graskarren<br />
montiert hatte.“ Also musste der findige<br />
Karl vor dem Kauf erst noch zwei Ersatzräder<br />
besorgen. Die 350er-Victoria war<br />
einst im Kriegsdienst und ist heute – Ironie<br />
des Schicksals – treuer Gefährte dieser<br />
friedliebenden Frau. Die sehr froh ist, dass<br />
mittlerweile ein praktischer Seitenständer<br />
montiert ist, der serienmäßige Hinterradständer<br />
ist doch schwer erreichbar.<br />
Auch Hannis erstes richtiges Motorrad,<br />
die grüne 98er-Wanderer von 1941, hatte<br />
Karl von Grund auf restauriert. Tanks entrostete<br />
er, indem er sie auf einen Betonmischer<br />
spannte und innen mit Kieselsteinen<br />
füllte. Wenn dann nach Monaten<br />
Ein gutes Team: Hanni und ihr Mann<br />
Karl teilten ihre Leidenschaft<br />
Eine Dame in Fahrt: Die Wanderer<br />
von 1941 war Hannis erstes Motorrad<br />
Schmuckes Paar: Hanni auf der bildhübschen,<br />
bunten 250er-Adler Sport<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Die elegante Victoria Bergmeister musste wegen Feuers<br />
zwei Mal restauriert werden. Selten: Horex-Chopper (l.)<br />
Für Hanni echtes Lebensmotto: „Mit<br />
meiner Victoria gehört mir die Welt.“<br />
Sie sammelt Werbeplakate der Marke<br />
ein Motorrad wieder auferstanden war,<br />
fuhr Karl damit zu Veteranen-Veranstaltungen<br />
und Oldtimer-Rallyes. Später kamen<br />
die Motorräder auf den Hänger hinters<br />
Auto, das Zelt immer dabei. So fuhr<br />
das Paar gemeinsam zu den Treffen, zehnbis<br />
zwölfmal im Jahr, zunächst im Bedford<br />
mit Verzurrschienen, später mit dem<br />
Wohn mobil. Mit der hübschen 250er-Adler<br />
Sport ging es bis hinauf aufs Stilfser Joch.<br />
„Unsere Motorräder mussten ja auch gefahren<br />
werden.“<br />
Die elegante Victoria Bergmeister ging<br />
nach Karls Restaurierung leider in Flammen<br />
auf, just vor dem TÜV-Termin. Nach<br />
Karls Tod hat sie ein guter Freund dann ein<br />
zweites Mal aufgebaut. Noch immer rangiert<br />
die kleine Hanni die Victoria Pionier<br />
so gekonnt wie ein Jungspund. Gelernt ist<br />
eben gelernt, ihre Zweirad-Karriere begann<br />
mit einer Kreidler Florett RS. Es war<br />
ihr erstes selbst verdientes Krad, das „gut<br />
und gerne über 80 lief“. Seit damals, mit<br />
21, hatte Hanni stets einen kleinen Bären<br />
als Talisman dabei. Ob Steiff-Tiere deshalb<br />
ihre zweite große Leidenschaft sind?<br />
Ihre Enkel begeistern sich ebenfalls für<br />
die Zweiräder der Oma, die ihr eigenes Rezept<br />
hat, um Standschäden an den Motorrädern<br />
zu verhindern: „Überall ist das Benzin<br />
aus den Tanks abgelassen, mit Hand -<br />
pumpe, Lappen und altem Kochlöffel, das<br />
ist schon mal wichtig.“ Schließlich stehen<br />
die Maschinen fein säuberlich im Haus<br />
aufgereiht, direkt neben der Küche, nicht<br />
in einer Garage. „Sprit und Öl stinken, und<br />
wenn sie alt werden, stinken sie noch ärger“,<br />
weiß Hanni. Unter allen Maschinen<br />
stehen Ölwannen aus halbierten Reinigungsmittel-Kanistern.<br />
„Alte Motorräder<br />
sind wie alte Männer, sie sabbern immer<br />
ein wenig“, meint sie verschmitzt.<br />
Freundin Juliana, genannt Jule, schaut<br />
vorbei. Sie ist 61, wohnt hinterm Bergkamm,<br />
drüben im Schwäbischen. 1993<br />
lernten sich die beiden Frauen kennen,<br />
hatten gleich einen guten Draht. Jule fährt<br />
eine BMW R 50, ein Geschenk ihres verstorbenen<br />
Mannes zur Silberhochzeit. Mit<br />
47 Jahren machte Jule also den Führerschein<br />
Klasse eins. Nun stehen die Freundinnen<br />
vor Hannis und Karls umfangreicher<br />
Pokalsammlung und diskutieren<br />
übers Motorradfahren an sich. „Wenn man<br />
dabei Angst hat, muss man es gleich lassen“,<br />
findet Jule.<br />
Angst hat Hanni zwar keine, aber mittlerweile<br />
braucht sie beim Anhalten jemanden,<br />
der das Motorrad festhält. „Das<br />
ist mein Problem.“ Beim Abschied haben<br />
wir dennoch das Gefühl, dass Hanni noch<br />
so manche Ausfahrt auf ihrer gleichaltrigen<br />
Victoria in Angriff nehmen wird. ◻<br />
Werner lässt grüßen: der Horex-<br />
Chopper nach der Restaurierung<br />
Karls erstes Restaurierungs-Objekt:<br />
BMW R 25/3 aus den 50er-Jahren<br />
Hoch hinaus: Auf Adler und Victoria<br />
fuhr das Paar bis aufs Stilfser Joch<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 79
AUF ACHSE I<br />
Suzuki SP 370<br />
Zwischen den<br />
Stühlen<br />
Für die Viertelliter-Klasse viel zu teuer, als Halbliter-<br />
Dampfhammer zu schmächtig – mit ihrem „krummen“<br />
Hubraum passte die Suzuki SP 370 in kein gängiges<br />
Schema. Lag es daran, dass Suzukis erste große Viertakt-Enduro<br />
floppte? Wir gingen auf Spurensuche.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Jörg Künstle<br />
80 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
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AUF ACHSE I<br />
Suzuki SP 370<br />
Sind wir heute toleranter und offener<br />
für Neues? Schaut man zum<br />
Beispiel auf die Modellprogramme<br />
der Autohersteller, muss es wohl so sein.<br />
Denn die setzen sich mit ihren Produkten<br />
mittlerweile bewusst zwischen die Stühle,<br />
suchen den Erfolg in der Nische – und<br />
finden ihn sogar immer öfter. Natürlich<br />
zünden nicht alle Ideen. Weil aber alle an<br />
Nischenprodukten arbeiten, gehen Misserfolge<br />
im allgemeinen Treiben mehr oder<br />
weniger geräuschlos unter.<br />
Vor rund 40 Jahren war das noch anders,<br />
gerade in der noch sehr übersichtlichen<br />
Motorradszene. Traf eine Maschine<br />
nicht den Massengeschmack, egal aus<br />
welchem Grund, wurde sie ganz schnell<br />
als Flop gebrandmarkt. Ein Makel, der<br />
diesen kommerziell gescheiterten Motorrädern<br />
oft noch nach Jahrzehnten anhaftet.<br />
Ein stark gewachsenes Liebhaber-Interesse<br />
hat etliche Modelle, exemplarisch genannt<br />
seien hier nur die Sechszylinder-Benellis<br />
oder eine Yamaha TX 750, mittlerweile<br />
zwar rehabilitiert. Andere fahren aber<br />
immer noch unterm Radar der Oldie-<br />
Lieb haber umher. Wie die Suzuki SP 370,<br />
Suzukis erster Viertakt-Single im Offroad-<br />
Look. Weshalb so ein Bike auch bei unserer<br />
Heftplanung nicht unbedingt auf Platz<br />
eins der Prioritätenliste steht.<br />
Manchmal braucht es dann eben eines<br />
kleinen Anstoßes von außen, der unsere<br />
Aufmerksamkeit darauf lenkt. So geschehen<br />
in diesem Fall, als uns Dieter Böhringer<br />
in seiner Reaktion auf den Bericht über die<br />
Yamaha XT 500 (<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 6/16)<br />
aufforderte, ohne redaktionelle Scheuklappen<br />
auch mal über deren kaum beachtete<br />
Konkurrentin zu berichten. Dem Leserbrief<br />
hatte er einige Fotos mit gleich drei<br />
originalen Exemplaren der seltenen Suzuki<br />
SP 370 beigefügt – die wir gerne als<br />
Einladung verstehen dürften.<br />
Meine Neugier war geweckt. Was ist<br />
das für ein Typ, der sich so intensiv um ein<br />
Mauerblümchen der Zweiradgeschichte<br />
kümmert? Vor Ort merke ich zu meiner<br />
Erleichterung rasch, dass ich es hier nicht<br />
mit einem missionarischen Eiferer zu tun<br />
habe. Sondern mit einem richtig netten<br />
Kerl, der sich mit Haut und Haaren Suzukis<br />
Offroadern verschrieben hat. Neben den<br />
SP 370-Modellen parken in seinen Garagen<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Der Zweiventil-Viertakter vibriert kernig, tönt aber dezent. Der Krümmer führt nach<br />
links ums Rahmenrohr und mündet im Vorschalldämpfer unterm rechten Seitendeckel<br />
Im ersten Vergleichstest (<strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>12</strong>/1979) musste sich die Suzuki SP 370<br />
der Honda XL 500 S und Platzhirsch<br />
Yamaha XT 500 geschlagen geben<br />
Dank Vorschalldämpfer fällt der Endtopf sehr schlank aus. Die Federbeine arbeiten ruppig,<br />
die Schwinge in Nadellagern. Abstützung des Zugankers der Trommelbremse am Rahmen
AUF ACHSE I<br />
Suzuki SP 370<br />
Die bestens ablesbaren Instrumente ähneln jenen der XT 500,<br />
der rote Bereich bei 8000 verrät das höhere Drehzahlniveau<br />
Die Fading-empfindliche Halbnaben-Trommelbremse vorn<br />
braucht ziemlich Kraft, Dosierung und Wirkung sind mau<br />
nämlich dicht gedrängt noch viele Twinshock-Crosser<br />
und GS-Modelle aus den<br />
70er-Jahren im charakteristischen Gelb<br />
der Marke. Mit dieser ganz speziellen<br />
Ausprägung der „Gelbsucht“ hat sich der<br />
48-jährige Schwabe bereits in seiner Jugend<br />
bei vielen Besuchen von Motocross-<br />
Veranstaltungen infiziert.<br />
Über das Sammeln von Suzukis PEund<br />
RM-Modellen ist er dann vor zehn<br />
Jahren im Internet eher zufällig auf die SP<br />
370 gestoßen, die Straßen-Enduro kannte<br />
selbst er bis dahin nicht. „Mit ihrer schlanken<br />
Linie hat mir die SP 370 aber sofort<br />
gefallen. Ihre schlichte Eleganz fand ich<br />
so attraktiv, dass ich unbedingt eine haben<br />
musste.“ Mittlerweile sind es drei fahrbereite<br />
Exemplare, ein viertes befindet sich<br />
gerade im Aufbau. Für unsere Ausfahrt<br />
wähle ich die silberne Maschine, wie sie<br />
1979 auch in Deutschland angeboten wurde.<br />
Dieter hat diese völlig originale SP 370<br />
erst letztes Jahr aus erster Hand gekauft,<br />
selbst die IRC-Reifen auf den schönen Alufelgen<br />
sind noch die ersten!<br />
Was dem Redakteur mehr Unbehagen<br />
bereitet als dem Besitzer. „Mach dir keinen<br />
Kopf, die haben noch genug Grip, für<br />
die 17 PS langt es allemal!“ Moment mal,<br />
nur 17 PS? „Ja, das ist eigentlich eine SR<br />
370, die Drosselvariante, die Suzuki mit<br />
einem 22er-Bing-Vergaser in Leistung und<br />
Preis reduziert hatte, um die Lagerbestände<br />
1980 abzuverkaufen.“<br />
Da war die SP 370 längst gescheitert.<br />
Schuld hatten jedoch nicht etwa tech<br />
nische Gebrechen, sondern schlicht und<br />
ergreifend kaufmännisches Unvermögen.<br />
Denn der Suzuki-Importeur hatte seinerzeit<br />
die hubraumschwächere SP 370 nicht<br />
nur auf dem Niveau der Yamaha XT 500<br />
eingepreist, sondern auch bei der Leistung<br />
geschummelt. Die angegebenen 27 PS<br />
konnte die SP 370 gar nicht haben, da sie<br />
weltweit nur mit 24 PS ausgeliefert wurde,<br />
wie der erste Test in <strong>MOTORRAD</strong> 17/1978<br />
verriet. Potenzielle Kaufinteressenten<br />
zeigten der Suzuki daraufhin die kalte<br />
Schulter – der Flop war perfekt.<br />
Dabei hatte die zweite große Viertakt-<br />
Enduro aus Japan technisch durchaus einiges<br />
zu bieten, als sie 1978 auf den Markt<br />
kam. Etwa eine nadelgelagerte Schwinge,<br />
viel Magnesium am Motorgehäuse, Felgen<br />
84 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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DATEN<br />
Suzuki SP 370<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, zwei Ventile, über eine obenliegende Nockenwelle<br />
und zwei Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 85 x 65,2 mm, Hubraum 369 cm³, Verdichtung 8,9:1,<br />
ein Mikuni-Vergaser, Ø 32 mm, Nennleistung 27 PS bei 7500/min (SR 370: 17 PS bei 5950/min)<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Einrohrrahmen mit gegabelten Unterzügen, hydraulisch gedämpfte Telegabel vorn,<br />
Ø 36 mm, Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder mit Alufelgen,<br />
Reifen 3.00-21 vorn und 4.00-18 hinten, 180-mm-Simplex-Trommelbremse vorn und hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1420 mm, 135 kg vollgetankt, Tankinhalt 8,5 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka <strong>12</strong>5 km/h (SR 370: 108 km/h)<br />
Preis 1978: 4640 Mark<br />
Mit schnörkelloser Linie verkörpert<br />
die SP 370 perfekt den heute wieder<br />
angesagten Scrambler-Look<br />
Foto: Suzuki<br />
und Gabelbrücken aus Alu, die vom Crossmodell<br />
stammende 36er-Gabel, geschmiedete<br />
Handhebel oder der zum Rahmen abgestützte<br />
Zuganker der somit reaktionsfreien<br />
hinteren Trommelbremse.<br />
Was mir beim Fahren jedoch als Erstes<br />
ins Bewusstsein dringt, ist das federleichte<br />
Handling der SP, die mit 135 Kilogramm<br />
vollgetankt die XT 500 um 20 Kilogramm<br />
unterbietet. Als könne sie Gedanken lesen,<br />
klappt die Suzuki in Schräglage. Gut so,<br />
denn der extrem schmale Tank bietet den<br />
Knien kaum Anlagepunkte, weshalb das<br />
Feedback ein wenig diffus ausfällt – Gewohnheitssache.<br />
Wie auch die sehr aufrechte<br />
Haltung hinterm weit hochgezogenen<br />
Lenker, die mich fast schon ein wenig<br />
an einen Chopper erinnert. Die breite Sitzbank<br />
bietet dem Allerwertesten ein kommodes<br />
Polster in gemäßigter Höhe. Das<br />
passt Großen für längere Touren ebenso<br />
wie Kurzbeinigen beim „Fußeln“ im leichten<br />
Gelände, wenn es beim Enduro-Wandern<br />
mal eng werden sollte.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 85
AUF ACHSE I<br />
Suzuki SP 370<br />
Gemäßigtes Enduro-Wandern gehört auch heute<br />
noch zu den Paradedisziplinen der Suzuki SP 370<br />
Denn das gehört auch heute noch zu<br />
den Paradedisziplinen der SP 370. Hierbei<br />
ist weniger die Leistung, sondern vielmehr<br />
ein unkomplizierter Charakter der<br />
bestimmende Faktor für den Fahrspaß. So<br />
gefällt mir die sanft ansprechende, mit<br />
ausreichend Dämpfung versehene Gabel<br />
prima, sie schluckt selbst gröbere Asphaltverwerfungen<br />
erstaunlich gut. Hinten<br />
geben sich die serienmäßigen Kayaba-<br />
Feder beine allerdings etwas ruppig, lassen<br />
Schläge schon mal bis zum Steißbein<br />
durch. Hier lohnt eine Nachrüstung mit<br />
Zubehör-Federbeinen, wie mir später die<br />
kurze Proberunde mit Dieters roter SP 400<br />
zeigen sollte. Deren YSS-Federbeine bieten<br />
jedenfalls spürbar mehr Komfort und<br />
verhelfen der Suzuki darüber hinaus zu<br />
einer deutlich souveräneren Straßenlage<br />
auf welligem Untergrund.<br />
Ernsthaft in Bedrängnis bringen kann<br />
der gedrosselte Eintopf aber selbst das Serienfahrwerk<br />
nicht, dazu fehlt es einfach<br />
an Leistung. Mit der kurzen Übersetzung<br />
kommt jedoch zumindest auf engen, kurvigen<br />
Abschnitten keine Langeweile auf.<br />
Wer fleißig im exakten, mit relativ langen<br />
Schaltwegen gesegneten Fünfganggetriebe<br />
rührt, findet stets den passenden Gang für<br />
genügend Vortrieb. Allerdings nur bis<br />
Tempo 100, darüber klettert die Tachonadel<br />
nur sehr zäh weiter – im Vergleich<br />
zur ungedrosselten Variante fehlten der<br />
17-PS-Version bei den Messwerten einst<br />
knapp 20 km/h in der Spitze. Doch Dieter<br />
hat da so seine Zweifel: „Wirklich gravierend<br />
sind die Unterschiede nicht, viel<br />
spritziger gehen weder meine ungedrosselte<br />
gelbe SP 370 noch die 400er.“<br />
Dass Suzuki die SP 370 damals mit dem<br />
ungewöhnlichen Hubraum von 369 cm³<br />
offerierte, hatte seinen Grund in der Anpassung<br />
an die Führerschein- und Versicherungsgregularien<br />
in den Überseeländern,<br />
dem Hauptabsatzmarkt. Im Gegensatz<br />
zur XT 500 mit separatem Öltank<br />
im Rahmen setzte Suzuki bei diesem kurzhubigen<br />
Zweiventiler auf eine Nasssumpf-<br />
Schmierung. Der Motor geht zu meiner<br />
Überraschung schon bei niedrigen Drehzahlen<br />
ab 2500/min ohne Hacken ans Gas<br />
und zieht selbst in der Drosselvariante<br />
ziemlich erwachsen voran. Bei 4000 Touren<br />
gibt es perfekten Anschluss im nächsten<br />
Gang, bei 6000 Touren ist bei der silbernen<br />
SP aber Schluss mit lustig, der rote Bereich<br />
bei 8000/min bleibt Illusion. Ähnlich kräftig<br />
wie der Durchzug kommen mir auch<br />
die Vibrationen vor, speziell bei 4500/min<br />
gibt es eine lästige Fuß massage. Dank Vorschalldämpfer<br />
hinterm rechten Seitendeckel<br />
pöttelt es dafür re lativ leise aus<br />
dem schlanken Endtopf – passend zum<br />
insgesamt sehr umgänglichen und sanften<br />
Charakter der SP.<br />
Bei einer kurzen Pause betrachte ich<br />
die Suzuki in aller Ruhe. Ja, sie hat ihre<br />
Reize, verkörpert nahezu perfekt den wieder<br />
so angesagten Scrambler-Look – und<br />
das für kleines Geld. Nach dieser Ausfahrt<br />
verstehe ich Dieters Liebe zur gefloppten<br />
Suzi. Hat mir die SP 370 doch wieder einmal<br />
die Augen geöffnet, wie attraktiv<br />
heute Motorräder sein können, die einst<br />
in kein Schema passten.<br />
◻<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Dieter Böhringer<br />
Suzuki-Fan, Besitzer mehrerer<br />
SP 370-Modelle (siehe unten).<br />
Mir haben es vor allem die Suzuki-<br />
Crosser und GS-Modelle der 1970er-<br />
Jahre angetan. Auf die SP 370 bin ich<br />
eher zufällig gestoßen, die kannte<br />
ich zuvor gar nicht. Mit ihrer wunderschönen,<br />
schnörkellosen Linienführung<br />
hat sie mir sofort gefallen. Für mich strahlt sie eine schlichte<br />
Eleganz aus, die zeitlos ist. Als Hobby-Geländesportler gefallen mir<br />
außerdem das geringe Gewicht und der gute Durchzug von unten<br />
heraus. Ich finde es schade, dass der SP 370 bis heute der Ruf als<br />
einer der größten Flops der 70er-Jahre anhaftet und sie deshalb im<br />
Schatten der Yamaha XT 500 praktisch nicht wahrgenommen wird.<br />
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Lehmann. Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz),<br />
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Widerrufsrecht: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist<br />
beginnt an dem Tag, an dem Sie die erste bestellte Ausgabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung<br />
gemäß den Anforderungen von Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige<br />
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aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten an: <strong>MOTORRAD</strong>, Aboservice, Postfach, 70138<br />
Stuttgart, Telefon: + 49 (0) 711 32 06 88 99, Telefax: +49 (0) 711 1 82 25 50, EMail: motorrad@dpv.de<br />
Datum<br />
x<br />
Unterschrift
NACHDRUCK<br />
Im ersten Turbo-Vergleich in MOTOR-<br />
RAD 13/1982 sparte der Autor nicht<br />
mit Kritik an der neuen Technik<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
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NACHDRUCK<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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NACHDRUCK<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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NACHDRUCK<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
NACHDRUCK<br />
RÜCKBLICK<br />
Mangels moderner Motor-Konzepte konnte BMW die<br />
Turbo-Euphorie 1982 nur mit Vernunft-Appellen dämpfen<br />
Motorräder mit Turbolader<br />
aus heutiger Sicht<br />
Schwer, durstig und teuer – aus technischer Sicht waren die japanischen Turbos<br />
ein Flop. Ihre Symbolkraft fasziniert jedoch bis heute, findet Uli Holzwarth.<br />
„Die Turbos repräsentieren für mich den Auftakt<br />
zu einem atemberaubenden Motorrad-Jahrzehnt“<br />
Foto: Bilski<br />
Für Uli Holzwarth<br />
sind die Turbos ein<br />
Symbol der 80er<br />
Turbo? Braucht<br />
kein Mensch<br />
beim Motorrad,<br />
wie der Autor in<br />
diesem ersten<br />
Vergleichstest<br />
mit handfesten<br />
Argumenten aufzeigte.<br />
Dennoch<br />
finde ich die aufgeladenen<br />
Japan-<br />
Bikes faszinierend<br />
– bis heute. Weil sie für mich im Rückblick<br />
den Auftakt zu einem atemberaubenden<br />
Motorrad-Jahrzehnt repräsentieren, das es<br />
so wohl nicht wieder geben wird. Nie zuvor<br />
– und auch nicht danach – hat es solch eine<br />
technische Vielfalt gegeben wie in den<br />
1980er-Jahren. Genährt vom weltweiten<br />
Boom Ende der 70er schien es für die japa<br />
nischen Hersteller keine Grenzen mehr zu<br />
geben. Vom Viertakt-Single über rasante<br />
Zweitakt-Geschosse oder Supersportler bis<br />
hin zu Sechszylinder-Boliden reichte die<br />
Modellflut. Nicht zu vergessen all die technischen<br />
Spielereien – man denke nur an Anti-<br />
Dive-Systeme oder gekapselte Scheibenbremsen<br />
–, die für mich ebenso die 80er-<br />
Jahre charakterisieren. Eine nicht nur in modischen<br />
Dingen bunte und schrille Zeit.<br />
Weshalb viele Klassik-Liebhaber noch immer<br />
mit den Motorrädern aus diesem Jahrzehnt<br />
fremdeln, obwohl sie längst als Oldtimer<br />
gelten. Aber war es nicht gerade diese<br />
ungebremste Unvernunft von Honda & Co.,<br />
die einst jede <strong>MOTORRAD</strong>-Ausgabe zur<br />
spannenden Lektüre machte? Immerhin<br />
haben sich in dieser Dekade ja auch etliche<br />
Lösungen durchgesetzt, die bis heute zum<br />
Standard bei Motorrädern zählen, etwa Hinterradaufhängungen<br />
mit Zentralfederbein<br />
oder Alurahmen. Dieser ungezügelten Lust<br />
am Ausprobieren der japanischen Hersteller<br />
konnte BMW damals nur mit Vernunft-Argumenten<br />
begegnen, siehe die obige Anzeige<br />
– die K-Baureihe war noch nicht so weit.<br />
Doch Vernunft alleine schafft noch keine<br />
Trends und bringt auch keine Legenden hervor.<br />
Dessen war man sich auch in München<br />
bewusst. Und hat mit dem Rückenwind der<br />
erfolgreichen Drei- und Vierzylinder die richtigen<br />
Lehren aus den 80er-Jahren gezogen.<br />
Im folgenden Jahrzehnt startete BMW eine<br />
Technik-Offensive mit wegweisenden Innovationen,<br />
die bis heute anhält und sogar die<br />
europäische Konkurrenz wachgerüttelt hat,<br />
während die Japaner (zu sehr) auf Vernunft<br />
machten. Von denen würde ich mir daher<br />
heute wieder ein paar aufgeblasene Ideen<br />
wünschen – Turbo müsste aber nicht sein!<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 95
SZENE I<br />
Magni-MV Agusta Filo Rosso<br />
NEU<br />
AUS<br />
ALT<br />
MACH<br />
Das klingt doch nach einem guten Rezept für einen Retro-Renner: neue<br />
MV-Drei zylinder-Technik im Look von Agostinis alten 500er- GP-Racern verpackt.<br />
Magni hat sich seiner Rennhistorie besonnen und eine Art käufliches Stück<br />
Renn geschichte auf die Räder gestellt.<br />
Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich; Fotos: Kel Edge<br />
96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Ein Problem mit heutigen Retro-<br />
Bikes ist häufig, dass beim Versuch,<br />
Modernes mit Klassischem<br />
zu verbinden, leider oft das Schlechteste<br />
anstatt das Beste aus beiden Welten vereint<br />
wird. Solche Versuche enden oft mit<br />
von der Motorleistung völlig überforderten<br />
Chassis, manchmal zieht aber auch der<br />
verwendete Motor keine Wurst vom Teller.<br />
Doch ab und zu wird ein Bike auf die Räder<br />
gestellt, bei dem alles stimmt – das<br />
schon mit dem Aussehen begeistert, aber<br />
auch beim Fahren unerhört Spaß bereitet.<br />
Zweifellos ist die Magni-MV Agusta Filo<br />
Rosso solch ein Bike.<br />
Giovanni Magni (57), der jüngste Sohn<br />
des berühmten Arturo Magni, wagte den<br />
Schritt zurück in die Zukunft und kreierte<br />
die Filo Rosso, die „rote Linie“, also das<br />
Limit, das ausgelotet werden soll. Dieses<br />
edel designte, exzellent ausgeführte „Dreizylinder-Renngerät<br />
mit Scheinwerfern“<br />
sieht für alle Welt erkennbar nach der<br />
Dreizylinder-Werks-MV aus, mit welcher<br />
der 15-fache Weltmeister (davon 13 WM-<br />
Titel auf MV) Giacomo Agostini seine großen<br />
Erfolge errang. Einer der Väter dieser<br />
Triumphe war denn auch Arturo Magni<br />
gewesen, seinerzeit legendärer Rennleiter<br />
bei MV Agusta. Letzterer wusste lange<br />
nichts von den Plänen seines Sohnes –<br />
zu groß war die Unsicherheit nach der<br />
Schmach mit der ersten modernen Magni-<br />
MV, der 2013 auf der Mailänder Messe<br />
präsentierten Storia. Jene war allerdings<br />
auch nichts anderes als eine im klassischen<br />
Stil designte Brutale 1090, mit Serienmotor<br />
im Serienrahmen. Genau dies<br />
aber wurde von vielen Leuten kritisiert.<br />
Aus diesem Grund beschlossen Giovanni<br />
Reminiszenz und Original: Die neue<br />
Filo Rosso greift das Design des GP-<br />
Renners von Giacomo Agostini (u.) auf<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 97
SZENE I<br />
Magni-MV Agusta Filo Rosso<br />
und sein Bruder Carlo niemandem, nicht<br />
einmal Vater Arturo, von den Plänen zu erzählen,<br />
den Dreizylinder der 800 Brutale<br />
F3 in einen in alter Magni-Tradition aus<br />
Stahlrohren geschweißten Rahmen zu<br />
stecken. „Ich beschloss, ein Bike zu designen,<br />
das mich persönlich begeistert, ohne<br />
darauf zu achten, was andere sagen würden.<br />
Also kaufte ich einen gebrauchten<br />
Motor einer Brutale 800 F3, und Carlo und<br />
ich nahmen genau Maß. Dabei stellten wir<br />
nicht nur fest, wie gut der Motor aussieht,<br />
sondern auch wie kompakt er ist“, stellt<br />
Giovanni klar.<br />
Hatte der anfangs verwendete Drilling<br />
der ersten Generation noch <strong>12</strong>5 PS, so<br />
liefert der aktuelle, hochmoderne MV-<br />
Dreizylinder mit rückwärts drehender<br />
Kurbel welle, Wasserkühlung und Benzineinspritzung<br />
satte 140 PS. Drei Monate<br />
arbeiteten die Brüder praktisch Tag und<br />
Nacht, erst drei Tage vor der Eröffnung<br />
der Messe in Mailand 2014 war der Prototyp<br />
der Filo Rosso fertig. „Er war komplett,<br />
aber er lief nicht – also machten wir einfach<br />
ein paar Fotos, stellten die auf unsere<br />
Website und gingen zu Bett“, erinnert sich<br />
Giovanni grinsend. „Am nächsten Morgen<br />
stellten wir fest, dass unsere Website zusammengebrochen<br />
war und wir hatten<br />
ein Dutzend Bestellungen für das Bike,<br />
ohne dass irgendjemand überhaupt einen<br />
Preis wusste.“<br />
Grünes Licht von MV Agusta<br />
Ein Jahr später stand die fertige, zuvor<br />
ausgiebig auf der Straße getestete Version<br />
auf der EICMA in Mailand und die Produktion<br />
lief an, mit sechs Monaten Lieferfrist.<br />
Kits zum Selbstaufbauen für Kunden<br />
sollte es nicht geben. „Wir verkaufen nur<br />
fertige Bikes“, erläutert Giovanni. „Weil<br />
wir keine Probleme haben, brandneue<br />
MV-Motoren zu bekommen. Als MV-Besitzer<br />
Giovanni Castiglioni zu uns kam,<br />
um das neue Bike zu sehen, stand er einige<br />
Momente davor, betrachtete es, drehte<br />
sich dann zu mir um und sagte: ‚Was immer<br />
ihr von mir braucht, um dieses Bike zu<br />
bauen – fragt mich einfach.‘“<br />
Nun steht sie also da, wohlproportioniert,<br />
und überrascht doch beim Aufsitzen<br />
mit ihrer zierlichen Gestalt, recht niedrig<br />
und auch recht kurz, mit kompakten 1370<br />
Millimetern Radstand (Agos GP-Racer<br />
hatten 1310 mm). Und ohne Verkleidung<br />
wird klar, wie perfekt arrangiert das ganze<br />
Paket ist. Bei aller Kompaktheit findet<br />
doch auch ein 1,80-Meter-Fahrer Platz.<br />
Lang über den handgedengelten 16-Liter-<br />
Alutank gestreckt, mit stark angewinkelten<br />
Beinen und auf hoch montierten Rasten<br />
ruhenden Füßen. Die Arme greifen<br />
nach den unter der vorderen Gabelbrücke<br />
montierten Lenkerstummeln, der Oberkörper<br />
ist deutlich nach vorn gebeugt. Mit<br />
98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
typisch mahlender mechanischer Klangkulisse<br />
meldet sich der Drilling zu Wort.<br />
Schon der erste Gasstoß stellt einem die<br />
Nackenhaare auf, so ungefiltert trompetet<br />
der Motor aus den im Design der ehemaligen<br />
Werksrenner gestalteten Auspufftüten<br />
den betörenden Dreizylindersound<br />
ins Freie.<br />
ABS? Fehlanzeige. Auch über die Gussräder<br />
von EPM (der Zulieferfirma, deren<br />
Chef der ältere Bruder Carlo Magni ist)<br />
statt klassischer Speichenräder kann man<br />
streiten, wie auch über die Verwendung<br />
des originalen MV-Digital-Displays (wegen<br />
der integrierten Motorsteuerung) anstelle<br />
schöner Veglia-Uhren mit weißen<br />
Skalen. Unstrittig bleibt das topstabile<br />
Fahrverhalten der Magni, trotz des kurzen<br />
Radstands und der steil stehenden Gabel<br />
samt kurzem Nachlauf. Die 18-Zoll-Räder<br />
tragen hierzu ebenso bei, wenngleich sie<br />
wiederum das Einlenken etwas schwer-<br />
fälliger gestalten, es erfordert etwas<br />
Nachdruck. Es fühlt sich ein wenig an wie<br />
einen klassischen 500er-Renn-Single zu<br />
fahren – nur mit viel mehr Leistung.<br />
Ein Zugeständnis an die Moderne<br />
ist wiederum der Schaltassistent. Dabei<br />
zuzuhören, wie dieser bei hohen Drehzahlen<br />
den nächsthöheren Gang reinhämmert<br />
und sich der Auspuffton blitzschnell<br />
um eine Oktave verändert, ist<br />
reinster akustischer Hochgenuss. Die hinteren<br />
Federbeine, ein Girling-Nachbau,<br />
nehmen es in Sachen feinfühliger Ansprache<br />
und softer Dämpfung nicht so genau,<br />
doch passen sie ebenso zur straffen Auslegung<br />
des ultrastabilen, spurtreuen Fahrwerks<br />
wie die Forcella Italia-Telegabel mit<br />
den dicken 43er-Standrohren. Zu alledem<br />
bremst die Magni-MV auch noch exzellent.<br />
Die montierten Vierkolben-Brembo-Zangen<br />
verzögern gut dosierbar, aber mit<br />
Macht. So lässt sich der druckvolle Schub<br />
des Drillings schon ab 3000 Touren bedenkenlos<br />
genießen. Bei 7000/min gibt<br />
es einen Extra-Kick, der sich zu einem<br />
furiosen Finale bei der 13 000er-Begrenzermarke<br />
steigert. Stets begleitet von diesem<br />
tiefen, bassig grummelnden Auspuff sound<br />
– grandios.<br />
Eigentlich gibt es nur zwei Hürden,<br />
die sich vor dem Magni-Begeisterten auftürmen.<br />
Zum einen die Straßenzulassung.<br />
„Die Anforderungen sind in vielen Ländern<br />
unterschiedlich, daher überlassen wir die<br />
Zulassung unseren Kunden. Viele wollen<br />
das Bike sowieso nur auf der Rennstrecke<br />
bewegen oder ihrer Sammlung hinzufügen“,<br />
sagt Giovanni Magni. Der zweite<br />
Knackpunkt ist der Preis. 35 000 Euro sind<br />
eine Stange Geld. Selbst für ein Retro-<br />
Bike, wie es besser nicht sein könnte, und<br />
das einen auf einen einzigartigen, emotionalen<br />
Trip zurück in die Vergangenheit<br />
schickt.<br />
◻<br />
Unter dem Tank ist nur Platz für kurze, offene Ansaugtrichter.<br />
Das passt zur Retro-Magni – optisch wie akustisch<br />
DATEN<br />
Magni-MV-Agusta Filo Rosso<br />
Motor: Wassergekühlter Reihendreizylinder-Viertaktmotor, eine Ausgleichswelle,<br />
zwei kettengetriebene, obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro<br />
Brennraum, Bohrung x Hub 79 x 54,3 mm, Hubraum 798 cm³, Verdichtung<br />
13,3:1, Leistung 140 PS bei 13 100/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, unten offen, Motor mittragend,<br />
Telegabel, Ø 43 mm, Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen, Doppelscheibenbremse<br />
vorn, Ø 320 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Alu-Gussräder,<br />
Reifen vorn 110/80 ZR 18, hinten 160/60 ZR 18<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1370 mm, Gewicht vollgetankt 180 kg,<br />
Tankinhalt 16 l<br />
Preis: 35 000 Euro<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 99
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Lager-Schaden<br />
Motorräder werden nicht besser, wenn sie jahrelang in einem Schuppen vor<br />
sich hingammeln. Ulrich Fuchs hat so einen „Lager-Schaden“ aufgespürt ...<br />
Text und Fotos von Ulrich Fuchs<br />
Der Wunsch, wieder eine Yamaha<br />
XT 500 zu besitzen, überkam<br />
mich beim Betrachten alter<br />
Foto alben aus den späten 1970er-Jahren.<br />
Damals besaß ich zwei dieser Einzylinder-Enduros,<br />
in Summe sind es bis heute<br />
wohl so um die 15 Stollenkräder, die ich<br />
seit 1974 sowohl auf der Straße als auch<br />
im Gelände gefahren habe.<br />
Doch wie an so ein heute doch eher<br />
seltenes Motorrad kommen? Übers Inter-<br />
net, klar. Doch dort werden für komplett<br />
restaurierte XT 500 schon mal 10 000 Euro<br />
aufgerufen. Das war für mich keine Option.<br />
Da erinnerte ich mich an eine frühere<br />
Freundin, mittlerweile eine promovierte<br />
Biologin, die in den 80er-Jahren eine XT<br />
500 besaß. Ich rief sie an, und tatsächlich<br />
befand sich die Yamaha noch in Familienbesitz.<br />
Über den Zustand der XT wusste<br />
sie nur, dass diese seit rund zwölf Jahren<br />
unrestauriert in einem Holzschuppen<br />
stand. Vor Ort konnte ich das vergammelte<br />
Krad zwar noch als XT identifizieren,<br />
der Zustand war jedoch bedauernswert.<br />
Besitzer war mittlerweile der Neffe meiner<br />
damaligen Freundin. Der junge Mann<br />
war relativ schnell bereit, mir das Motorrad<br />
zu überlassen, nachdem ich ihm den<br />
ungefähren Aufwand einer vernünftigen<br />
Restaurierung geschildert hatte.<br />
Tatsächlich benötigte ich für die komplette<br />
Instandsetzung, inklusive TÜV-Ab-<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
Der Zahn der Zeit nagt auch im Verborgenen: Nach über zwölf Jahren des Dahinsiechens in<br />
einem Holzschuppen bot die Yamaha XT 500 von 1979 nur noch ein bedauernswertes Bild<br />
Dreck und Gammel, wohin das Auge<br />
blickt, hier an Motor und Krümmer<br />
Schmutzig, aber heil: Die Instrumente verlangten<br />
nur nach einer gründlichen Reinigung<br />
Braune Pest: Sämtliche metallische<br />
Oberflächen wiesen heftigen Rost auf<br />
Immerhin komplett: Kabelbaum und elektrische<br />
Komponenten vor der Aufarbeitung<br />
nahme, drei Monate intensiver Arbeit. Bei<br />
der Restaurierung stand allerdings nicht<br />
die Originalität bis ins Detail im Vordergrund,<br />
sondern der persönliche Geschmack.<br />
Wichtig war mir nur, dass mir<br />
die XT anschließend gefiel. Dabei habe<br />
ich auch Komponenten von XT-Spezialist<br />
KEDO in Hamburg verbaut, der noch viele<br />
Originalteile oder Repliken vorrätig hat.<br />
Zunächst zerlegte ich das Motorrad in<br />
der Garage bis zur letzten Schraube, der<br />
Aufbau erfolgte im letzten Winter dann<br />
im warmen Keller. Am Motor wollte ich<br />
allerdings nicht selbst Hand anlegen, das<br />
war von Beginn an klar. Nur ein paar Kilometer<br />
weiter fand ich in Thomas Körner<br />
nämlich einen Spezialisten für Viertakt-<br />
Einzylinder. Der früher auch international<br />
erfolgreiche Rennfahrer tunt und repariert<br />
seit vielen Jahren Motorräder (www.<br />
bb-motors.de). Er hat den Motor komplett<br />
zerlegt, viele Teile sandgestrahlt und lackiert,<br />
Kolben und Ventile erneuert und<br />
dann den Motor mit neuen Dichtungen<br />
sowie Schrauben wieder aufgebaut..<br />
In der Zwischenzeit ließ ich Rahmen,<br />
Tank, Schwinge, Felgen, Gabelbrücken<br />
und Naben mit Glasperlen strahlen.<br />
Die Aluteile habe ich zusätzlich poliert,<br />
während Rahmen, Schwinge, Felgen und<br />
Gabelbrücken beim Spezialisten pulverbeschichtet<br />
wurden. Beim Zusammenbau<br />
kam mir zugute, dass ich während der<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 101
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Simple Technik braucht<br />
keine speziellen Vorrichtungen:<br />
Für den Aufbau<br />
im Keller genügten ein<br />
Tisch und ein Bürostuhl<br />
Der Tank wies innen zwar keine Korrosion auf,<br />
dafür aber einige Beulen, die verzinnt wurden<br />
Isolations-Arbeiten: Einige blanke Kabel machten<br />
ein Überarbeiten des Kabelbaums nötig<br />
Zerlegung von jedem Schritt Fotos gemacht<br />
hatte, die mir nun den Zusammenbau<br />
deutlich erleichterten. Im Internet<br />
fand ich einen Lieferanten, der einen<br />
kompletten Schraubensatz in Edelstahl<br />
für die XT im Angebot hatte. Nur die vier<br />
Schrauben für die Stoßdämpfer (M10 x<br />
1,25) mussten für teures Geld separat gekauft<br />
werden.<br />
Als besondere Herausforderung stellte<br />
sich der Tank heraus. Da am Motorrad ein<br />
großer Kunststofftank von Acerbis montiert<br />
war, durfte der Serientank im trockenen<br />
Keller der Vorbesitzer sein Dasein<br />
fristen. Deshalb war er innen zwar frei<br />
von Korrosion, außen aber stark verbeult.<br />
Also musste ich ihn schleifen, die Beulen<br />
aufzinnen, füllern und dann lackieren.<br />
Ziemlich mühsam gestaltete sich auch das<br />
blasenfreie Aufbringen des Tankdekors<br />
im Stil der XT 500 von 1976. Anschließend<br />
bekam der Tank noch eine schützende<br />
Klarlackschicht, bevor er mit einem neuen<br />
Benzinhahn und Verschlussdeckel versehen<br />
wurde.<br />
Von der Sitzbank konnte ich nur die<br />
Kunststoff-Grundplatte weiterverwenden,<br />
das Polster muss die letzten Jahre Generationen<br />
von Mäusen als Zuhause gedient<br />
haben. Also neuen Sitzbankschaum mitsamt<br />
Bezug bestellt und flugs zum Sattler.<br />
Die Wartezeit überbrückte ich mit dem<br />
Aufarbeiten des Kabelbaums, dessen Leitungen<br />
einige Schäden an der Isolation<br />
aufwiesen. Der Zusammenbau ging mir<br />
dann eigentlich überraschend flott von<br />
Vorfreude einmal bildlich ausgedrückt: Motor, Schwinge und Gabel samt<br />
Anbauteilen sind hier schon montiert, Sitzbank und Räder fehlen aber noch<br />
der Hand – bis die Sitzbank an der Reihe<br />
war. Denn die wollte partout nicht passen!<br />
Was ich mir zunächst nicht erklären<br />
konnte. Nach intensiveren Recherchen<br />
fand ich jedoch heraus, dass sich die Sitzbänke<br />
bei den XT 500-Modellen ab 1980<br />
von jenen der vorherigen Baujahre deutlich<br />
unterscheiden. Dumm nur, dass auf<br />
meiner 1979er-XT eine Bank vom späteren<br />
Modelljahr verbaut war, wohl wegen<br />
des größeren Zubehörtanks.<br />
Passende Sitzbänke sind bei der XT<br />
500 anscheinend rar. Es dauerte, bis ich<br />
im Netz eine fand – in sehr schlechtem<br />
Zustand, dafür umso teurer. Egal, ich wollte<br />
ja fertig werden. Also hieß es wieder<br />
Zerlegen, Reinigen, Halter anfertigen und<br />
mit neuem Polster und Bezug nochmals<br />
zum Sattler.<br />
Nach Montage der Bank konnte ich es<br />
kaum erwarten, die XT endlich ans Tageslicht<br />
zu holen und erstmals wieder zu<br />
102 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Sammelpunkt auf der Kommode: Frisch aufgearbeitete und einige neue Anbauteile warten<br />
auf ihren Einbau. Den Motor gab Leser Ulrich Fuchs jedoch in die Hände eines Spezialisten<br />
Nach dem Strahlen wurden die Naben<br />
poliert, die Bremsankerplatten lackiert<br />
Ordnung ist das halbe Leben: weitere aufgearbeitete<br />
Teile lagern griffgünstig im Regal<br />
Aus die Maus: Von der Bank war nur<br />
noch die Grundplatte zu gebrauchen<br />
Die Felgen wurden mit Glasperlen<br />
gestrahlt und dann pulverbeschichtet<br />
Ulrich Fuchs nach vollbrachter Restaurierung und TÜV-Abnahme auf seiner Yamaha XT 500.<br />
Nach langer XT-Abstinenz ein „herrlich entschleunigendes Fahrgefühl“, wie er findet<br />
starten. Noch im Keller befüllte ich den<br />
Tank – ein Fehler! Zunächst schien alles<br />
dicht zu sein, doch Stunden später stank<br />
es im Haus nach Sprit. Der Tank verlor<br />
Benzin, aber nicht am Hahn. So kurz vor<br />
dem ersehnten Augenblick ein Horror-<br />
Szenario! Nach der Demontage des Tanks<br />
entdeckte ich im Rahmentunnel eine tiefe,<br />
überlackierte Schleifstelle, durch die<br />
sich der Sprit gefressen hatte. Glücklicherweise<br />
konnte das Leck verzinnt wer-<br />
den, ohne den frischen Lack zu beschädigen.<br />
Zur Belohnung nach diesem Schreck<br />
lief die XT schon nach ein paar Tritten an.<br />
Für mich ist es nach so vielen Jahren<br />
ein tolles Gefühl, wieder eine XT 500 zu<br />
fahren. Der bollernde Motor und die sanfte<br />
Kraftentfaltung haben eine herrlich<br />
entschleunigende Wirkung. Dass Leistung,<br />
Fahrwerk und Bremsen nicht mit<br />
modernen Motorrädern vergleichbar sind,<br />
ist mir deshalb völlig egal.<br />
◻<br />
AUFRUF<br />
Haben Sie auch einen<br />
Klassiker restauriert oder<br />
zeitgenössisch umgebaut?<br />
Dann nichts wie her mit Text und Bildern an:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart<br />
oder per E-Mail an motorradclassic@motorpresse.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 103
SPORT I<br />
DHM-Nachrichten<br />
Die Highlights der Saison <strong>2016</strong><br />
Ein Rückblick auf die DHM-Läufe in diesem Jahr.<br />
Gleich zu Beginn das größte Highlight der DHM-Saison <strong>2016</strong>:<br />
2200 Starter bedeuten einen neuen Rekord und unterstreichen<br />
die hohe Attraktivität der Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft!<br />
Ein weiterer Höhepunkt waren die „New Kids in<br />
the Pits“, junge Fahrerinnen und Fahrer im Alter zwischen 16 und<br />
20 Jahren, die in diesem Jahr neu dabei waren. Weniger schön<br />
waren die Wetterkapriolen bei einigen Läufen, wie die Schneeschauer<br />
im April am Nürburgring und mehrere Regenrennen, die<br />
als die negativen Höhepunkte im Saisonrückblick gelten.<br />
Ring frei zur ersten Runde bei der Einstellfahrt auf dem<br />
Hockenheimring am 19. März! Der Name ist Programm. Trotz<br />
des extra früh gelegten Termins war die Einstellfahrt gut besucht.<br />
Die Frühlingssonne hatte über 150 Fahrer zum Testen ihres neuen<br />
Materials ins badische Motodrom gelockt.<br />
Eigentlicher Startschuss für die DHM war jedoch am 24.<br />
April bei der vom MSC Porz ausgerichteten Veranstaltung<br />
„Kölner Kurs“ auf der Grand Prix-Strecke des Nürburgrings.<br />
Kalt, kälter, Eifel wetter – sporadische Schneeschauer zwangen Orgaund<br />
Renn leitung am Sonntagmittag zum Verzicht auf die DHM-Wertung.<br />
Die weiteren Läufe wurden dann als Clubsport-Veranstaltung<br />
fortgesetzt. Wer fahren wollte, konnte fahren. Musste aber nicht.<br />
Alle Sicherheitseinrichtungen (Streckenposten, Krankenwagen, Arzt)<br />
blieben bis zum geplanten Ende um 18 Uhr natürlich einsatzbereit.<br />
Station zwei der DHM-Serie war Mitte Mai in Luxemburg. In<br />
Luxemburg? Gibt es dort eine Rennstrecke? Und ob! In Colmar-<br />
Berg unterhält nämlich der amerikanische Reifenkonzern Goodyear<br />
sein europäisches Hauptquartier mit angeschlossenem Test- und<br />
Versuchszentrum. Das jedoch ist tatsächlich eine reinrassige Rennstrecke<br />
mit allem, was die rechte Hand begehrt. Auch die Gaumenfreuden<br />
kommen bei dieser Veranstaltung traditionell nicht zu<br />
kurz, denn zum hervorragend ausgestatteten Fahrerlager gehört<br />
auch ein gutes Restaurant. Und so war Colmar-Berg auch <strong>2016</strong><br />
eine Reise wert, trotz des diesmal vorherrschenden „Isle-of-Man-<br />
Wetters“ mit Sonne, Wolken und Nieselregen im Wechsel, begleitet<br />
von viel Wind.<br />
Ein weiterer Höhepunkt des Klassik-Rennsports ging vom 10.<br />
bis <strong>12</strong>. Juni auf dem Sachsenring über die Bühne. Die Vielzahl<br />
und die Qualität der Rennmaschinen waren beachtlich und zeigten<br />
ein Abbild der Historie des legendären Sachsenrings. Bei den Fahrern<br />
und den 30 400 zahlenden Zuschauern (!) kamen große Emo tionen<br />
auf. Die DHM war mit zwei Sololäufen und einem Gespannlauf<br />
vertreten. Alle Klassen wurden mit Gastfahrern aufgestockt, sodass<br />
imposante DHM-Startfelder den rund vier Kilometer langen Sachsenring<br />
füllten. Die Klasse E erfuhr beispielsweise mit der Teilnahme<br />
von Audi-Tradition eine willkommene Bereicherung. Der zweifache<br />
Vizeweltmeister und 20-fache Grand Prix-Sieger Ralf Waldmann pi-<br />
Nasser Saisonauftakt<br />
am Nürburgring im April<br />
Christoph Schlosser und Beate<br />
Preuß in Colmar-Berg/Luxemburg<br />
Start der Klassen E und H<br />
auf dem Sachsenring<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
lotierte eine neu aufgebaute und erstmals eingesetzte Replika der<br />
Werks-Kompressor-DKW UL 500. Und Klaus Mayerhöfer brachte<br />
eine frühere Werks-NSU Bullus 501 SSR an den Start.<br />
Zwei Wochen später fand auf dem Hockenheimring das Pendant<br />
zum Sachsenring mit den „neueren“ Klassen statt. Gefahren<br />
wurde auf dem kleinen Kurs mit der Querspange, für den<br />
DHM-Tross eine neue Strecke. Die kam jedoch durchweg sehr gut<br />
an. Zwei Sätze eines Beifahrers der Seitenwagenklasse Z sagen<br />
alles: „Du hast keine Chance zum Ausruhen. Aber absolut geil!“<br />
Auch das Wetter spielte mit, sorgte für so manchen Sonnenbrand.<br />
„Allez les Bleus!“ Am ersten Juli-Wochenende stand der<br />
Circuit de Chambley in der Nähe von Metz/Frankreich auf dem<br />
Programm. Im Vorfeld drückten viele die Daumen, dass das Wetter<br />
in Metz nicht ganz so heiß werden möge wie im Vorjahr mit über<br />
40 Grad. Denn diese Strecke ist auch bei 16 Grad heiß genug! Ein<br />
Motorradkurs, wie er im Buche steht. Hier zwingen schnell folgende<br />
Kurvenkombinationen und eine „kurze Gerade“ zum knappen<br />
Übersetzen der Rennmaschinen. Ein Highlight war sicherlich die<br />
Air-Show auf dem benachbarten Flugplatz. Unsere Organisation<br />
hatte keine Mühe gescheut, dass exakt zur Siegerehrung die<br />
„Patrouille de France“ mit acht Kampfjets mit der Trikolore die<br />
Farben der französischen Nationalflagge in den Himmel malten.<br />
Mit dem Schleizer Dreieck wurde zudem ein früherer Klassiker<br />
reanimiert. Den alten DHM-Recken ist Schleiz noch gut bekannt.<br />
Nach zehn Jahren Abstinenz haben die DHM-Organisatoren<br />
es geschafft, auf der ältesten Rennstrecke Deutschlands wieder<br />
einen DHM-Lauf auszurichten. Der Tenor aller Fahrer war einhellig:<br />
Lasst uns 2017 unbedingt wieder hierher kommen! Die Natur-<br />
Rennstrecke, das typische Fahrerlager und das gesamte Ambiente<br />
fanden bei allen Beteiligten ein sehr positives Echo.<br />
Danach folgte am 20. und 21. August der Klassiker der<br />
Szene, der traditionsreiche Schottenring-Grand Prix. Dieser<br />
Event lässt bei gutem Wetter bis zu 20 000 Zuschauer am Wochenende<br />
ins hessische Städtchen Schotten pilgern. Doch in diesem<br />
Jahr meinte es Petrus nicht ganz so gut, weshalb weniger Zuschauer<br />
kamen. Wer sich von Regenschauern nicht abschrecken ließ, durfte<br />
sich neben den DHM-Piloten auch an Spitzenfahrern wie Freddie<br />
Spencer, Chas Mortimer, Pentti Korhonen & Co. erfreuen.<br />
Krönender Saisonabschluss waren auch in diesem Jahr<br />
wieder die Hockenheim <strong>Classic</strong>s Mitte September. Mit insgesamt<br />
650 Startern, davon 500 in der DHM, wurde auch hier<br />
ein neuer Rekord aufgestellt. Neben der DHM waren internationale<br />
Klassik-Serien aus der Schweiz (FHRM) und Holland (CMRCH) am<br />
Start. Darüber hinaus war die IHRO (International Historic Racing<br />
Organisation) mit Teilnehmern aus mehreren Ländern vertreten.<br />
Die Sonderläufe des VFV und des Hockenheimring-Museums<br />
boten Einzigartiges aus der Klassik-Szene. Und zwar nicht nur auf<br />
der Strecke, sondern auch in den Boxen.<br />
Doch nach der Saison ist vor der Saison. Die DHM-Termine für<br />
2017 stehen nahezu fest. Vorher wollen wir vom Orga-Team allen<br />
Fahrerinnen und Fahrern ein großes Dankeschön aussprechen für<br />
eine tolle und faire DHM-Saison <strong>2016</strong>! Notiert euch bereits den 18.<br />
März 2017. Dann geht es wieder zur Einstellfahrt in Hockenheim!<br />
Shakehands am Vorstart<br />
in Hockenheim<br />
Natur pur – Gespanne in der Seng des Schleizer Dreiecks<br />
New Kids in the Pits – der Nachwuchs<br />
in Chambley/Metz<br />
Schotten rockt, Schotten lockt<br />
VFV-Sonderlauf in Hockenheim<br />
Fotos: DHM<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 105
SPORT I<br />
ADAC-<strong>MOTORRAD</strong>-Allround-Race<br />
106 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong>
MEISTER<br />
ALLER<br />
KLASSEN<br />
Wer ist der Beste der Besten? Diese spannende Frage sollte<br />
1986 das mit Stars aus allen Disziplinen besetzte Allround-<br />
Race in Hockenheim beantworten. Das Spektakel endete mit<br />
einem überraschenden Sieger – und gilt als Geburtsstunde<br />
des Supermoto-Sports in Deutschland.<br />
Text: Lothar Kutschera; Fotos: Friedemann Kirn, Georg Pickartz, Reinhardt Schmoll, Uli Schwab<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 107
SPORT I<br />
ADAC-<strong>MOTORRAD</strong>-Allround-Race<br />
Ab geht die Post: Bert von<br />
Zitzewitz (#15), Richard Schalber<br />
(#21) und Harald Strößenreuther<br />
blasen zur Attacke<br />
Die Grand Prix-Helden Toni Mang und Reinhold<br />
Roth saßen auf leicht umgebauten Motocross-<br />
Maschinen, die Geländespezialisten Harald<br />
Strößenreuther und Jürgen Mayer drückten ihre Stollenrenner<br />
so tief in Schräglage, dass fast die Fußrasten über<br />
den Asphalt schliffen, und Bert von Zitzewitz war mit<br />
seiner bärenstarken 500er-Werks-Maico nicht nur pfeilschnell,<br />
sondern konnte dank einer Doppelscheiben-<br />
Bremsanlage auch noch extrem spät in die Eisen gehen –<br />
es waren schon außergewöhnliche Bilder, die den rund<br />
20 000 Fans Ende September 1986 in Hockenheim geboten<br />
wurden. Ein solches Spektakel hatte es bis<br />
dato im Motodrom noch nicht gegeben.<br />
Wer war denn damals bloß auf die verrückte<br />
Idee gekommen, die besten deutschen<br />
Straßenfahrer und die Stars der Offroad-Szene<br />
in einem gemeinsamen Rennen<br />
aufeinander loszulassen? Die Verantwortung<br />
dafür trugen der ADAC Württemberg<br />
und die Redaktion <strong>MOTORRAD</strong>. Sie hatten<br />
es sich vor 30 Jahren zum Ziel gesetzt, den<br />
Meister aller Klassen zu küren. Die besten<br />
Fahrer aus den Disziplinen Straße, Bahn,<br />
Motocross und Enduro sollten auf einem<br />
kombinierten Asphalt-und Offroadkurs<br />
um den Titel des Allround-Champions<br />
kämpfen. Eingebettet war das Allround-<br />
Race genannte Event in einen „Mini-Grand Prix“, denn<br />
beim Preis von Baden-Württemberg stand auch das Finale<br />
der Straßen-Weltmeisterschaft 1986 für die Klassen 80<br />
und <strong>12</strong>5 cm³ sowie für die Gespanne auf dem Programm.<br />
Dazu gab‘s noch einen Lauf zur Superbike-DM.<br />
Medialer Ritterschlag: Mang, Müller und<br />
Co. im Aktuellen Sportstudio des ZDF<br />
In diesem Umfeld war das Vielseitigkeitsrennen mit<br />
kreuz und quer durch die Arena rutschenden, driftenden<br />
und springenden Stollenbikes, die dazu noch öfters entgegen<br />
der üblichen Rennrichtung fuhren, natürlich ein<br />
ziemlich exotisches Ereignis. Das bereits in der Planungsphase<br />
auch Bedenkenträger auf den Plan rief: Was passiert,<br />
wenn es etwa regnet und die Allround-Racer beim<br />
Wechsel von Offroad auf Asphalt die Piste für die Straßenrennen<br />
mit Dreck versauen? Für den Fall der Fälle<br />
standen ausreichend Kehrmaschinen parat, aber letztlich<br />
reichten zur Reinigung der Straße von einer leichten<br />
Brise des Hockenheimer Sands ein paar Besen, denn der<br />
September 1986 war in puncto Wetter von einem stabilen,<br />
über mehrere Wochen anhaltenden Hoch geprägt.<br />
Hochdruck herrschte im Vorfeld des Rennens auch<br />
bei der Vermarktung. Erich Brodbeck, der damalige<br />
Pressechef des ADAC Württemberg, setzte nicht nur die<br />
übliche PR-Maschinerie in Gang, sondern schaffte es<br />
dank seiner guten Kontakte, das Thema sogar im Aktuel-<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Springerstaffel: Jürgen Mayer, Werner Siegle und Harald Strößenreuther (von links)<br />
sind bereits gelandet, eine Etage höher fliegen Arno Drechsel, Richard Schalber,<br />
Joachim Sauer, Alois Niedermayr, Walter Gruhler und Rolf Dieffenbach (ebenfalls von<br />
links) über den Sprunghügel kurz vor der Haupttribüne des Hockenheimrings<br />
Driften im Supermoto-Stil: Werner<br />
Siegle hatte es mit seiner KTM voll<br />
drauf – Platz vier im Gesamtklassement<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 109
SPORT I<br />
ADAC-<strong>MOTORRAD</strong>-Allround-Race<br />
Im Motocross-Stil über den Asphalt:<br />
Harald Strößenreuther drückt seine<br />
KTM in abenteuerliche Schräglage<br />
len Sportstudio des ZDF zu platzieren. Die vier namhaftesten<br />
Starter beim Allround-Race, also Straßen-Weltmeister<br />
Toni Mang, Speedway- und Langbahn-Weltmeister<br />
Egon Müller, der Enduro- und Paris-Dakar-Spezialist<br />
Eddy Hau sowie Motocross-Haudegen Rolf Dieffenbach,<br />
machten sich am Vorabend des Rennens mitsamt ihren<br />
Maschinen im Transporter auf den Weg zum Mainzer<br />
Lerchenberg, um im Sportstudio ihre ersten Eindrücke<br />
vom Allround-Spektakel zu schildern. In Zeiten, als das<br />
Privatfernsehen noch in den Kinderschuhen steckte und<br />
es in Deutschland noch keine Sportkanäle gab, war der<br />
Auftritt von Mang, Müller und Co. in dem ZDF-Klassiker<br />
so etwas wie der mediale Ritterschlag.<br />
Wer würde aber den Ritterschlag als Meister aller<br />
Klassen bekommen? Diese spannende Frage stellte sich<br />
nicht nur in der ZDF-Sendung, sondern natürlich auch in<br />
der Motorradszene. Die 23 Akteure hatten einen 2,3 Kilometer<br />
langen Kurs zu bewältigen, dessen Asphalt- und<br />
Offroad-Anteile sich in etwa die Waage hielten (siehe<br />
Skizze auf Seite 113). Der Geländesektor war mit neun,<br />
aus 76 Lkw-Ladungen voll Sandboden geformten Sprunghügeln<br />
gespickt. Im Vergleich zum Motocross waren<br />
die Hindernisse zwar abgesoftet, Straßenfahrer wie Toni<br />
Mang oder Peter Rubatto hatten dennoch höllischen<br />
Respekt vor den Hürden. „Beim Sprung bleibt mir<br />
manchmal fast das Herz stehen“, gestand Rubatto, damals<br />
als „Mister Superbike“ bekannt.<br />
Am besten vorbereitet erschien Maico-Werksfahrer<br />
Bert von Zitzewitz in Hockenheim. Die 500er-Maschine<br />
des Motocross- und Enduroprofis war klar in Richtung<br />
Highspeed auf Asphalt modifiziert worden – mit reduzierten<br />
Federwegen und einem 18 statt 21 Zoll großen<br />
Vorderrad. Den Weg zu niedrigerer Sitzhöhe und kleineren<br />
Vorderrädern hatten auch viele Allround-Race-Konkurrenten<br />
beschritten, doch Bert von Zitzewitz ging noch<br />
weiter. Vorn wurde die Maico nicht von der üblichen Einscheibenbremse,<br />
sondern von einer Doppelscheibenanlage<br />
verzögert. Ein spezieller Zylinder und ein spezieller<br />
Auspuff für mehr Power im oberen Drehzahlbereich steigerten<br />
die Leistung des 500er-Zweitakters auf stramme<br />
110 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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Mit Volldampf auf die Start- und Zielgerade:<br />
Richard Schalber lässt die Viertakt-<br />
Husqvarna durchs Motodrom bollern<br />
Verdammt hoch der Sprunghügel<br />
da vorn: Toni Mang<br />
vor dem Start im Gespräch<br />
mit Rennleiter Erich Fritz<br />
70 PS. Mit einer längeren Übersetzung kam der blaue<br />
Renner auf 170 km/h Topspeed. Zum Vorbereitungsprogramm<br />
gehörten auch zweitägige Reifentests, um das<br />
beste Profil aus dem Sortiment der für das Rennen vorgeschriebenen<br />
Straßen-Enduroreifen herauszufinden.<br />
Toni Mang begnügte sich im Vergleich zum favorisierten<br />
Maico-Piloten mit der Hälfte des Hubraums und<br />
knappen 50 PS. „Eine 500er zieht mir doch nur die Arme<br />
lang“, befürchtete der Straßen-Champion. An Mangs<br />
250er-Motocross-Honda hatte man die Federwege ebenfalls<br />
etwas gekappt, die Maschine war dem kurzbeinigen<br />
Bayern aber immer noch zu hoch. „Honda hat das Motorrad<br />
vier Zentimeter tiefergelegt, aber es müssten 14 Zentimeter<br />
sein“, berichtete Mang, der mit den Fußspitzen<br />
gerade so den Boden erreichte, nach den ersten Runden.<br />
Dass er mit dem ihm nicht vertrauten Motorrad und dem<br />
Rennkurs an sich fremdelte, war deutlich zu sehen. So<br />
hielt Mang den Ball auch sehr flach, als er nach seinen<br />
Ambitionen für das Rennen gefragt wurde. „Ankommen“,<br />
antwortete er nur kurz und knapp.<br />
Bert von Zitzewitz ließ es dagegen schon beim ersten<br />
Qualifikationslauf richtig krachen und steuerte seine<br />
Maico zu einem souveränen Sieg. Auch den ersten der<br />
beiden entscheidenden Rennläufe am Sonntag gewann<br />
der große Blonde aus dem hohen Norden. Er und seine<br />
Kollegen aus der Motocross- und Enduro-Zunft fühlten<br />
Crosser und Enduros<br />
mit Zwei- und Viertakt-Einzylindern<br />
bildeten die Basis<br />
der Allround-Race-<br />
Renner. Neben der<br />
von Zitzewitz-Maico<br />
(#15) die Honda von<br />
Mang, Schalbers<br />
Husqvarna und Joachim<br />
Sauers KTM<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 111
SPORT I<br />
ADAC-<strong>MOTORRAD</strong>-Allround-Race<br />
Draufsitzen und losfahren: Alois Niedermayr<br />
(#17) düpierte die Konkurrenz<br />
mit der Suzuki im Motocross-Setup<br />
sich beim Allround-Race in ihrem Element und überholten<br />
die Straßen- und Bahnpiloten gleich dreidimensional:<br />
links, rechts und in der Luft. Die Distanz von 20 Minuten<br />
plus zwei Runden pro Lauf spulten die Offroad-<br />
Spezialisten, die viel längere Prüfungen gewohnt waren,<br />
vergleichsweise leicht herunter, während die Cracks der<br />
anderen Disziplinen relativ schnell ihr Limit spürten –<br />
manche davon bereits im Training. „I bin fertig“, stöhnte<br />
etwa der bayerische Eisspeedway-Weltmeister Max<br />
Niedermaier, nachdem er sich bei einem missglückten<br />
Doppelsprung nach vorn überschlagen hatte.<br />
Dass Bernd von Zitzewitz auch den zweiten Lauf gewinnen<br />
würde, schien außer Frage zu stehen. Doch oft<br />
kommt es anders, als man denkt. So auch in diesem Rennen,<br />
das der Schwarzwälder 500er-Crosser Walter Gruhler<br />
auf seiner Kawasaki als Sieger beendete. Bert von<br />
Zitzewitz kam nicht über Platz vier hinaus. Er hatte plötzlich<br />
nicht mehr den Mut, das Potenzial seines pfeilschnellen<br />
Maico-Brenners voll auszuspielen.<br />
Die Gesamtwertung aus der Addition beider Rennläufe<br />
brachte schließlich einen Allround-Champion hervor,<br />
mit dem kaum jemand gerechnet hatte: Alois Niedermayr.<br />
Der mit deutscher Lizenz startende Südtiroler<br />
hatte Erstaunliches vollbracht. Mit seiner 250er-Suzuki<br />
schien er trotz der längstmöglichen Übersetzung und der<br />
fettesten Vergaserbedüsung von der Motorleistung her<br />
Während die 250er-<br />
Suzuki von Sieger<br />
Alois Niedermayr<br />
(#17) im Motocross-<br />
Outfit erschien,<br />
waren Walter Gruhlers<br />
500er-Kawasaki<br />
(#16) und Rolf Dieffenbachs<br />
500er-Honda<br />
in einigen Details<br />
modifiziert<br />
1<strong>12</strong> <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Schampus und<br />
5000 Mark Prämie:<br />
Alois Niedermayr<br />
strahlt. Links Bert<br />
von Zitzewitz<br />
(Platz zwei), rechts<br />
Walter Gruhler<br />
(Platz drei)<br />
<strong>12</strong>00 Meter<br />
Straße, 1100<br />
Meter Offroad,<br />
neun Sprünge:<br />
eine Herausforderung<br />
vor<br />
allem für Toni<br />
Mang und Co.<br />
Wie aus dem Lehrbuch: Maico-<br />
Werkspilot Bert von Zitzewitz mit<br />
astreiner Motocross-Sprungtechnik<br />
im Hintertreffen zu sein. Außerdem verzichtete er auf<br />
alle Modifikationen am Fahrwerk, die auf Asphalt für ein<br />
besseres Fahr- und Bremsverhalten gesorgt hätten. Nach<br />
dem Motto „Einfach draufsetzen und losfahren“ schaffte<br />
Niedermayr dennoch zwei zweite Plätze und holte sich<br />
5000 Mark für den Gesamtsieg – eine Prämie, von der er<br />
im Motocross damals nur träumen konnte.<br />
Auf Platz zehn im Gesamtklassement tauchte der<br />
Motocross-erfahrene Superbiker Ernst Gschwender als<br />
bester Straßenfahrer auf. Seine Asphaltkollegen Wolfgang<br />
Schwarz, Manfred Fischer, Peter Rubatto und Reinhold<br />
Roth belegten die Ränge zwölf bis 15. Und wo war<br />
Toni Mang abgeblieben? Der Honda-Pilot ging keine unnötigen<br />
Risiken ein und machte der Konkurrenz lieber<br />
Platz, als sich auf gefährliche Zweikämpfe einzulassen.<br />
Zweimal jagte er das Feld vor sich her und belegte jeweils<br />
den 18. Platz. Ein Fahrer war noch hinter ihm: der Eisspeedway-Spezialist<br />
Helmut Weber.<br />
Ein Debakel für einen Star wie Mang, zum damaligen<br />
Zeitpunkt immerhin viermaliger Straßen-Weltmeister in<br />
den Klassen bis 250 und 350 cm³? Einige Lästermäuler<br />
waren dieser Ansicht. Doch objektiv betrachtet verdiente<br />
Mangs Engagement durchaus Lob. Ohne über eine nennenswerte<br />
Erfahrung auf Offroadpisten zu verfügen,<br />
stellte er sich der Herausforderung des Allround-Race,<br />
steigerte sich im Training von Runde zu Runde und hielt<br />
beide Rennen tapfer durch. Dass sich Mang gerade bei<br />
den Sprüngen und in den Spurrillen der Geländesektion<br />
mächtig plagen musste, war offensichtlich. Dennoch bereitete<br />
ihm das Spektakel in Hockenheim auch Spaß:<br />
„Wenn das Reglement den Straßenfahrern mehr Chancengleichheit<br />
bietet, komme ich nächstes Jahr wieder.“<br />
Damit hatte Toni Mang genau den wunden Punkt des<br />
Allround-Race getroffen. Die Geländesektion war eindeutig<br />
zu lang und zu schwierig gesteckt. Die in diesem<br />
Sektor verlorene Zeit konnten die Straßenfahrer auf Asphalt<br />
nie mehr aufholen. Zudem kamen die Offroader<br />
mit den Crossmaschinen auch auf der Straße deutlich<br />
schneller vom Fleck, schließlich waren sie diese Motorräder<br />
gewohnt und hatten keine Probleme damit, wenn<br />
das Bike mal zu rutschen beginnt oder sich querstellt –<br />
das ist im Motocross oder im Endurosport die Regel.<br />
Selbst bei einem leichteren oder geringeren Offroad-<br />
Anteil kann es da keine Chancengleichheit geben.<br />
So blieb das Allround-Race von 1986 ein einmaliges<br />
Event, das aber dennoch ein deutliches Signal setzen<br />
konnte. In der Rückschau gilt das Spektakel als Initialzündung<br />
für eine neue Disziplin, die sich in den folgenden<br />
Jahren in Deutschland entwickelte und etablierte: das<br />
Supermoto. Mit einer neuen Gattung von Motorrädern<br />
und neuen, aufs herzerfrischende Driften spezialisierten<br />
Fahrertypen traf man bei den Fans voll ins Schwarze –<br />
immer wieder auch bei Veranstaltungen im Motodrom<br />
von Hockenheim.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong> 113
Foto: Kyoichi Nakamura<br />
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 1+2/2017 erscheint am 9. Dezember <strong>2016</strong><br />
BSA Rocket Gold Star<br />
Die Jungs aus der Café Racer- Szene machten es vor, und 1962 fand<br />
auch BSA selbst Gefallen daran: Im bekannt guten Rahmen ihres<br />
sportlichen Einzylinders etablierten die Briten den leistungsgesteigerten<br />
650er-Twin der A 10. Die Rocket Gold Star war geboren,<br />
eines der begehrens wertesten Motorräder seiner Zeit<br />
MONDIAL <strong>12</strong>5<br />
Als Soichiro Honda in den 50er-<br />
Jahren die europäische Rennszene<br />
studierte, begeisterte ihn<br />
ganz besonders eine italienische<br />
<strong>12</strong>5er. Die errang bis 1957 gleich<br />
mehrere Weltmeistertitel und<br />
entstand bei der kleinen, aber<br />
feinen Firma Mondial. Nie mehr<br />
als eine Handvoll, aber Jahr für<br />
Jahr weiterentwickelt. Ein spätes<br />
Exemplar konnte <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> ins Fotostudio locken<br />
METISSE MK5<br />
Ein großer Name verpflichtet:<br />
Die britische Firma Metisse<br />
schickt sich an, mit dem<br />
neuen Modell MK5 Café Racer<br />
eine handgefertigte Neu-<br />
Interpretation der klassischen<br />
Renner an den Start zu<br />
schicken. Kann der Edelrenner<br />
mit dem selbst entwickelten<br />
1000er-Vier ventil-Parallel-Twin<br />
die Erwartungen erfüllen?<br />
Ein Fahrbericht<br />
Foto: Fred Siemer<br />
Foto: Jacek Bilski<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN 0937-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
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70174 Stuttgart<br />
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Schlussredaktion<br />
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Grafische Gestaltung<br />
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Alan Cathcart, Ulrich Fuchs, Stefan Glück,<br />
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114 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC <strong>12</strong>/<strong>2016</strong><br />
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