Seniorenrabatte - Edwin E. Braatz
Seniorenrabatte - Edwin E. Braatz
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Von Philipp Sonntag:<br />
Mit Auszügen aus<br />
www.edel-terroristen.de und<br />
dem EMO-Handbuch<br />
Junge Tiere und Menschen balgen,<br />
raufen, prügeln sich gerne.<br />
Sexualität und Zärtlichkeit lassen<br />
schon mal grüßen. Es macht<br />
Spaß, wie die Kleinsten spielerisch<br />
Beißhemmungen, Fairness,<br />
Versöhnung trainieren und munter<br />
aus der Kindheit herauswachsen.<br />
Wenn es gut geht, beachten<br />
Sie später die Fairness beim<br />
Kampfsport, können sie vielleicht<br />
mit der Inneren Führung in<br />
der Bundeswehr was anfangen,<br />
oder sie verbinden Jagd mit Tierschutz.<br />
Träumen, schwelgen,<br />
anhimmeln …<br />
In uns Älteren ist die Kindheit<br />
weiter lebendig. Also nachts,<br />
wenn wir Männer nicht schlafen<br />
können oder mögen, schwelgen<br />
wir gerne in Träumen, wie wir<br />
jung und stark mitten im Trubel<br />
dabei sind, erlauben uns kleine<br />
Allmachtsphantasien, zeigen<br />
wir unseren fi esen Gegnern, was<br />
eine Harke ist. „Quatsch“, korrigieren<br />
uns unsere älteren Damen:<br />
„Ihr habt was Besseres zu tun, ihr<br />
himmelt uns an und ihr …“. Oh,<br />
das sind unsere ganz persönlichen<br />
Phantasien, ja, unsere Augen<br />
leuchten, aber mehr verraten wir<br />
nicht, dezent, diskret, das ist nur<br />
für uns.<br />
Und die Altersweisheit? Na ja,<br />
wir Älteren protestieren, wenn Jugendliche<br />
oder gar Erwachsene<br />
das Spielerische verlassen, wenn<br />
sie wie „große Kinder“ auf Gelegenheiten<br />
lauern, sich oder gar<br />
„den lieben Nächsten“ zu verprügeln.<br />
Denn wenn sie nur körperlich<br />
gewachsen sind, dann verfolgen<br />
sie weiter kindliche Spiele,<br />
aber jetzt mit tierischem Ernst, bis<br />
hin zu Terrorismus. Das ist ebenso<br />
doof wie schlimm. Das globale<br />
Paradies wäre längst technisch<br />
und wirtschaftlich machbar, es<br />
wird ideologisch und fundamentalistisch<br />
verhindert. Der Mensch<br />
wäre zur Zusammenarbeit fähig,<br />
das zeichnet ihn stärker aus als<br />
Waffen und instinktlose Kampfrituale.<br />
Spontane Wut hat jeder<br />
Mal, wie soll der moderne ältere<br />
Mensch damit umgehen?<br />
EMOtionale Versöhnung<br />
Jeder Ältere hat in seinem Leben<br />
ein paar bühnenreife Erlebnisse<br />
hinter sich, für die er das<br />
„Drehbuch“ gerne umgeschrieben<br />
hätte. Da könnte es sein, dass man<br />
Oh Weh, oh<br />
www.edel-terroristen.de Teil I<br />
einem Schuft gerne mit der eigenen<br />
Faust die Nase blutig geschlagen<br />
– oder ihm wenigstens eine<br />
Faust vor die Nase gehalten – hätte.<br />
„Hätte“, das war bis gestern.<br />
Ab sofort kann jede/r zumindest<br />
eine EMO (EMOtionale Rechnung)<br />
an den Stress-Verursacher<br />
senden. So weit, so praktisch.<br />
Was aber, wenn man<br />
trotzdem so richtig<br />
draufhauen will?<br />
Die moderne, wandlungsfähige<br />
Gesellschaft braucht und liebt<br />
ihre sensiblen und informierten<br />
Provokateure. Sie verabscheut<br />
grobe, gewalttätige Blödheinis.<br />
Ein effektiver Provokateur in Aktion<br />
ist eine Art „Edel-Terrorist“<br />
– dies ist ein gezielt unmöglicher,<br />
rein literarischer Begriff! Mit Hilfe<br />
von Schriften, von EMOs und<br />
DEMOs, von organisierten Skandalen<br />
usw. ist er wirkungsvoller,<br />
als jeder der üblichen Terroristen.<br />
Er macht gerade diese nicht nur<br />
zu tragischen, sondern soweit vor<br />
dem ernsten Hintergrund überhaupt<br />
möglich, zu lächerlichen<br />
Figuren, frei nach Asimov: „Gewalt<br />
ist die letzte Zufl ucht der<br />
Inkompetenten“. Ein Edelterrorist<br />
begeht keine Straftaten - außer<br />
„virtuell“ in seiner Rolle als<br />
rein literarische Figur. Vielmehr<br />
weist der „Edelterrorist“ - will sagen<br />
sein Autor - in spektakulärer,<br />
drastischer Weise auf reale gesellschaftliche<br />
Missstände hin.<br />
Der Edelterrorist verwendet<br />
eine homöopathische Dosis „Gewalt“,<br />
maximal eine Prise. Es<br />
geht ihm um eine Botschaft. Wo<br />
ein Frustrierter vermutet, dass der<br />
Verursacher seiner Leiden ganz<br />
demokratisch erreichbar, vielleicht<br />
sogar ansprechbar ist, wird<br />
er ihm eine EMO senden. Das ist<br />
eine breit einsetzbare Form des<br />
allermildesten „Edel-Terrorismus“,<br />
die jeder ganz einfach verwenden<br />
kann.<br />
Wenn das nicht reicht, dann<br />
greift zupackender „Edel-Terrorismus“<br />
entweder rein literarisch<br />
mit einem Text, oder auf einer<br />
öffentlich gemachten Bühne, als<br />
spektakuläres Happening. Das ist<br />
viel überzeugender, als sich mit<br />
tatsächlichem Terror oder sonstiger<br />
Gewalt selbst ins Unrecht<br />
und schließlich in ein fi nsteres<br />
Gefängnis zu setzen. Ein Beispiel<br />
wäre eine Aktion zur Veranschaulichung,<br />
was für Typen rechtsextreme<br />
Gewalttäter sind und wie<br />
es wäre, wenn man Ihnen mal so<br />
spektakulär schaden würde, wie<br />
sie in unserer Gesellschaft. Ein<br />
Beispiel im Umgang mit EU-Bürokratie<br />
veranschaulicht die fol-<br />
gende Geschichte aus dem EMO-<br />
Handbuch, man kann sie vorlesen,<br />
oder öffentlich als Happening mit<br />
Schauspielern inszenieren:<br />
Das Bundesverfl ixtkreuz<br />
Als das Tor sich bewegte, war<br />
ein kurzes Klicken kaum hörbar.<br />
Im Halbdunkel lag alles in zartem<br />
Grau, die Bäume warfen lange<br />
Schatten. Ernst-Friedrich, seines<br />
Zeichens der Agraradministra tor,<br />
Herr Oberrat Detlefshorst, verließ<br />
die amtli che Wirkungsstätte<br />
in Brüssel als letzter. Die Aktentasche<br />
zog seine rechte Schulter<br />
herunter. „Fast alle Ak ten abgezeichnet“,<br />
an Ernst-Friedrich nagte<br />
eine nervöse Ausgezehrtheit,<br />
„da sollte ich eigentlich zufrieden<br />
sein“.<br />
Er hörte ein Auto mit lautem<br />
Motor, das Krei schen von Reifen,<br />
in seiner Erschöpfung mochte<br />
er sich nicht umschauen. Ein<br />
Trippeln, rasch nahe, Adrenalin-<br />
Alarm, und im selben Moment<br />
wurde er an der Schulter nach<br />
hinten gerissen, seine Beine wurden<br />
gepackt und nach vorne geschleudert,<br />
wie im Schraubstock<br />
gehalten, er be kam ein feuchtes<br />
Tuch auf Mund und Nase gepresst:<br />
„Chloroform?“ fragte er<br />
sich, schon versank alles im Nebel.<br />
Als Ernst-Friedrich wie von<br />
weit her zu sich kam, war er in<br />
taumelige Beklommenheit gehüllt.<br />
Er hatte den Eindruck auf<br />
Stroh zu liegen, feucht modriger<br />
Geruch, er wurde leicht durchgerüttelt,<br />
es war dunkel, nur an einer<br />
Seite meinte er schemenhaft ein<br />
Fenster zu erkennen, das manchmal<br />
für einen Moment blendend<br />
erhellt wurde. Offenbar wurde er<br />
in einem Lieferwagen entführt.<br />
Ähnlich huschten Gedanken vorüber,<br />
ohne dass er sie fassen konn-<br />
te: „Wieso mich, wozu, vielleicht<br />
eine Verwechslung?“<br />
Was würgte ihn da? Ernst-<br />
Friedrich ertastete einen Lederriemen<br />
am Hals, mit einer schweren<br />
kurzen Kette dran, er konnte<br />
sich kaum be wegen. Er fröstelte,<br />
und was war das? Ein befremdlich<br />
nacktes Gefühl um Beine<br />
und Po, er tastete, ja peinlich, er<br />
genierte sich ein wenig vor sich<br />
selbst, bemühte sich krampfhaft<br />
hellwach zu werden, hatte dumpfe<br />
Kopfschmerzen. Wer konnte so<br />
ein Interesse an ihm haben, an einem<br />
Brüsseler Verwaltungsbeamten<br />
für die Kontroll techniken bei<br />
der Viehzucht? Er war ratlos, eine<br />
fi ebrige Wehleidigkeit griff nach<br />
ihm ...<br />
Verzweifelt versuchte er sich<br />
zu konzentrieren. Da erinnerte er<br />
sich plötzlich, wie am Bildschirm,<br />
direkt in seinem<br />
Büro, vor einem halben<br />
Jahr, eine „WARNUNG“<br />
erschienen war, mit zwei<br />
Zei len:<br />
TIERQUÄLER WER-<br />
DEN<br />
BESTRAFT Mach nur so<br />
weiter – und du bist dran!<br />
sowie mit einem Bild von<br />
einem Stall, und einem Entwurf<br />
einer Verordnung aus<br />
seiner Abteilung. Provozierend!<br />
Dieses pop-up ließ<br />
sich nicht wegklicken, das<br />
konnten nur Hacker verursacht<br />
haben. Er hatte selbstverständlich<br />
die Sicherheitskräfte<br />
alarmiert, und<br />
kurz danach war der Spuk<br />
beseitigt.<br />
Wochen später war ein<br />
Schweinskopf an seine Tür genagelt<br />
worden, mit grob zerfetztem<br />
Ohr, das kam von einer Blechmarke,<br />
die genau ge mäß seiner Vorschrift<br />
ins Ohr gezwickt worden<br />
war, mit einer Art Zange. Ein Bild<br />
von diesem Schweinskopf war ein<br />
paar Mal mit e-mails er schienen,<br />
die sich gezielt als harmlos getarnt<br />
hatten, als kämen sie aus<br />
seinen Netzwerken. Der Ton der<br />
Anklagen war schärfer geworden,<br />
seine Ignorierung bald Routine,<br />
click und weg.<br />
Hatte seine Entführung hier etwas<br />
damit zu tun? Er schaute sich<br />
um. Er war wohl in einem umgebauten<br />
Wohnwagen, wo war eine<br />
Toilette? Er musste dringend, aber<br />
bei der kurzen Kette, wie sollte<br />
das gehen? Er merkte wie er<br />
wegdäm merte, war es Schlaf oder<br />
Ohnmacht, er ließ sich in die Erschöpfung<br />
hineinfallen.<br />
Da wurde Ernst-Friedrich am<br />
Halsband grob nach oben gerissen,<br />
sah im Halbdunkel zwei<br />
breite Gestalten vor sich, von<br />
Philipp<br />
Sonntag<br />
Unser Autor<br />
ist vielen Lesern<br />
seit dem<br />
ersten Rentenkurier<br />
im Mai<br />
2005 durch seine laufenden Beiträge<br />
bekannt. 2007 kamen zwei neue<br />
Bücher von ihm heraus, die Sie beim<br />
Verlag und im Buchhandel erwerben<br />
können: Das EMO-Handbuch ist das<br />
neue soziale Werkzeug! Für das Kinderbuch<br />
„Jaul“ hat seine Großnichte<br />
Sabine Kaemmel – trotz ihrer<br />
schweren Behinderungen – 22 bunte<br />
Bilder gemalt, die zugleich kindgerecht,<br />
pädagogisch ansprechend<br />
und künstlerisch ausdrucksvoll sind.<br />
Ein ideales Geschenk für viele Gelegenheiten.<br />
Philipp Sonntag kommt gerne zu Ihnen<br />
ins Heim, in eine Buchhandlung<br />
usw., für eine Lesung! Bitte Anfragen<br />
an<br />
phil.sonntag@t-online.de<br />
oder an<br />
Dr. Philipp Sonntag,<br />
Lepsiusstr. 45<br />
12163 Berlin<br />
oder an Tel. 030 - 791 97 77<br />
EMO-Handbuch jetzt auch im<br />
Buchhandel!<br />
seitlich hinten meinte er auffallend<br />
kurze Beine und große runde<br />
Bäuche erkennen zu können.<br />
Und was war das? Beide hatten<br />
Ringelschwänzchen am Kreuz<br />
– ein gequältes Schmunzeln wollte<br />
Ernst-Friedrich nicht unterdrücken.<br />
Wenn das ein grober Scherz<br />
sein sollte, war es allemal besser<br />
als wenn es Gewalttäter wären<br />
– obwohl, an Grobheiten fehlte<br />
es ja keineswegs. Beide wandten<br />
sich ihm zu, ja, beide hatten<br />
Schweinege sichter, klobig, eine<br />
gelungene Verkleidung, mit typischen<br />
Schweineschnauzen. Sie<br />
packten ihn grob an und hielten<br />
ihm ein Plakat hin, mit dem Text:<br />
Du Mensch! = Schimpfwort im<br />
Schweinestall<br />
Sie stellten zwei Näpfe auf den<br />
Boden, Wasser und einen klebrigen,<br />
ranzigen Brei, mit Spelzen,<br />
faserigen Stengeln und erdigen<br />
Wurzeln drin. Ernst-Friedrich hatte<br />
lieber Bauchweh vor Hun ger.<br />
Er kauerte sich tief ins Stroh, die<br />
aufgeris sene Haut, die Hitze, der<br />
fürchterliche Gestank, noch dazu<br />
der eigene, ihm wurde schwindlig,<br />
die Auszehrung ließ ihn heftig<br />
zittern ...<br />
Da wurde die Tür aufgerissen,<br />
grelles Licht, einer hatte eine Videokamera<br />
in der Hand, der andere<br />
hielt ihm ein Plakat vor die<br />
Nase:<br />
Bundesverfl ixtkreuz<br />
für Verursacher großer Leiden<br />
Fortsetzung und Ende der Geschichte<br />
„Das Bundesverfl ixtkreuz“<br />
folgen im der nächsten<br />
A 50.