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Liberal-02_2016

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geht auch aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages<br />

(DIHK) vom April 2015 hervor. „Die Verlagerung aus<br />

Kostengründen bedeutet Investitionsverzicht und zumindest mittelfristig<br />

weniger Beschäftigung an heimischen Standorten“, sagt DIHK-<br />

Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Die Unternehmen selbst sichern<br />

sich damit ihre Handlungsfähigkeit, wenn Deutschlands<br />

Energiepreise, Arbeits- und Bürokratiekosten zu hoch sind oder<br />

weiter steigen.“<br />

Trotz aller Unwägbarkeiten – noch genießt der Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland einen guten Ruf. Die hiesige Industrie setzt zum<br />

großen Teil nach wie vor auf den Forschungsstandort Deutschland.<br />

Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung<br />

vom April 2015 haben deutsche Industriebetriebe in<br />

den vergangenen Jahren deutlich weniger Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />

(FuE) ins Ausland verlegt als noch Mitte der 2000er-<br />

Jahre. Zugleich mahnt der Autor der Studie, Christoph Zanker: „Trotzdem<br />

sollten die Anstrengungen zur Weiterentwicklung des<br />

industriellen Forschungsstandorts Deutschland nicht zurückgefahren<br />

werden – im Gegenteil.“ Bereits heute sei der Engpass auf der<br />

Angebotsseite für qualifiziertes FuE-Personal deutlich zu spüren. In<br />

Zukunft könnte sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen und<br />

die Unternehmen wieder stärker ins Ausland treiben.<br />

Ruinierter Ruf der grünen Gentechnik<br />

Die grüne Gentechnik kehrt Deutschland aus einem anderen Grund<br />

den Rücken: Ihr Ruf bei weiten Teilen der politischen Klasse, der<br />

Medien und damit auch der Bevölkerung ist nahezu ruiniert –<br />

obwohl es bis heute keinen Beweis dafür gibt, dass sie tatsächlich<br />

gefährlich ist. Bei dem umstrittenen Verfahren wird Erbgut in einen<br />

Pflanzenorganismus eingebracht und neu kombiniert. Dabei züchten<br />

Biochemiker Agrarpflanzen wie Mais und Reis, die resistent<br />

gegen Schädlinge oder Pestizide sind und Dürrekatastrophen überleben<br />

können.<br />

Während Anhänger auf den nützlichen Fortschritt der Biotechnologie<br />

verweisen, warnen Kritiker und solche, die sich dafür halten,<br />

vor den ihrer Meinung nach unabsehbaren Folgen. Die anhaltende<br />

Skepsis in Europa veranlasste den Chemiekonzern BASF vor rund<br />

vier Jahren, die Erforschung der grünen Gentechnik von Limburgerhof<br />

in Rheinland-Pfalz in den US-Bundesstaat North Carolina zu<br />

verlegen. In Limburgerhof sollten von den 157 nur elf Stellen erhalten<br />

bleiben, die sich etwa um Regulierungsfragen in Europa kümmern.<br />

„In weiten Teilen Europas fehlt immer noch die Akzeptanz<br />

bei der Mehrheit der Verbraucher, Landwirte und Politiker für die<br />

Pflanzenbiotechnologie“, äußerte sich damals enttäuscht BASF-<br />

Vorstand Stefan Marcinowski. In Europa sei der Einsatz von Genpflanzen<br />

wegen hoher rechtlicher Hürden kaum möglich. „BASF<br />

wird sich daher auf die attraktivsten Märkte in Nord- und Südamerika<br />

und die Wachstumsmärkte in Asien konzentrieren“, verkündete<br />

der Dax-Konzern.<br />

Sachbeschädigung bleibt ohne Folgen<br />

Auch wenn die Bundesregierung damals die Verlegung der Pflanzen-<br />

Gentechniksparte von BASF in die USA nicht kommentieren wollte:<br />

Manche Politiker kritisierten den Rückzug aus Deutschland. Sie<br />

sahen in der Entscheidung des Konzerns eine schlechte Nachricht<br />

für Europa. „Die europäische Angewohnheit, technologische Neuerungen<br />

nicht als Chance, sondern hauptsächlich als Bedrohung<br />

wahrzunehmen, rächt sich“, monierte die damalige FDP-Europaparlamentarierin<br />

Britta Reimers.<br />

Wie aggressiv und zugleich skurril die Debatte um genetisch<br />

modifizierte Nahrungsmittel in Deutschland ist, verdeutlicht der<br />

Aspekt der „Feldbefreiung“. Dieser von Umweltaktivisten euphemistisch<br />

benutzte Begriff bedeutet nichts anderes als die Zerstörung der<br />

Genpflanzen, speziell auf Versuchsfeldern. Juristisch erfüllt die „Feldbefreiung“<br />

den Straftatbestand der Sachbeschädigung sowie bei<br />

umzäunten Feldern des Hausfriedensbruchs. Dennoch schrecken<br />

Gentechnikgegner nicht davor zurück – nicht zuletzt wegen der<br />

absehbar geringen Geldbußen, die von der Justiz in der Vergangenheit<br />

ausgesprochen wurden. ●<br />

GIAN HESSAMI denkt bei BASF immer zuerst<br />

an Tonbandkassetten. Mit denen hat er als<br />

Kind in den 1970er- und 1980er-Jahren Musik<br />

aus dem Radio aufgenommen.<br />

redaktion@libmag.de<br />

Motive für Auslandsinvestitionen<br />

keine<br />

Vertrieb und Kundendienst<br />

Befragung<br />

Auslandsproduktion zur Kostenersparnis<br />

46%<br />

Anzahl der Mitarbeiter der Siemens AG weltweit im Jahr 2015 (in Tausend)<br />

Deutschland<br />

114<br />

31%<br />

Europa, GUS, Afrika,<br />

Naher und Mittlerer Osten<br />

99<br />

Auslandsproduktion zur Markterschließung<br />

23%<br />

Amerika<br />

74<br />

2001 2005 2010 2015<br />

Quelle: DIHK<br />

Quelle: Statista 2015<br />

Asien, Australien<br />

62<br />

liberal 2.2016<br />

39

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