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Lindenhof Hotelzeitung \"Ausgabe I Frühling 2015\"

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SEITE 05<br />

DIE LINDENHOF HOTELZEITUNG<br />

GOURMET<br />

„Der Star ist das Team“, sagt der Küchenchef<br />

Andreas Pircher (rechts) – und testet zusammen<br />

mit seinem Stellvertreter Benny Perkmann die<br />

neuesten Gerichte<br />

Monate immer verändern. „Das sind wir schon unserer<br />

eigenen Ehre schuldig, nicht alle drei Wochen die gleichen<br />

Menüs auf den Speiseplan zu schreiben“, sagt der<br />

Chef über elf Köche.<br />

Schon beim Erzählen merkt man ihm an, wie er sich auf<br />

den nächsten Tag freut. Sie haben heute Süßkartoffeln<br />

bestellt und wollen morgen kreativ an einer neuen Suppe<br />

arbeiten. Mango, rote Zwiebeln, Chilly – weiß der Teufel<br />

noch was der Mann alles aufzählt, was er da probieren<br />

will. Und das Erstaunliche daran: die beiden Künstler-<br />

Köche brauchen das Gericht gar nicht auf dem Ofen zu<br />

machen und nachher zu testen, schon beim Aufschreiben<br />

der weiteren Zutaten können sich Perkmann und Pircher<br />

vorstellen, wie es fertig schmeckt. Das sei wichtig, sagt<br />

Pircher, und es zeichne einen guten Koch auch aus.<br />

Jetzt ist der Journalist müde, aber Andreas Pircher in<br />

seinem Element. Von den Diätkursen berichtet er, die er<br />

demnächst besuchen wird, weil auch diese Art des Kochens<br />

immer wichtiger wird, von der Zeit zwischen den<br />

Jahren, in denen er sich noch intensiver darum kümmern<br />

kann, was die Konkurrenz so macht. „Es ist wichtig, auf<br />

dem Laufenden zu sein.“ Deshalb sitzt er auch abends zu<br />

Haus am Computer, wenn Frau und Kinder schon längst<br />

schlafen, und schaut, was die anderen so auf Facebook posten<br />

oder was es Neues in der Kochszene gibt.<br />

Das Bier ist alle – und die private Frage, was er denn sonst<br />

so treibe, holt den Mann urplötzlich wieder in die Müdigkeit<br />

zurück. Früher habe er viel Sport in seiner Freizeit<br />

getrieben, aber heute würden ihn natürlich seine zwei<br />

Kinder fordern. Und welche Fernsehsendungen sieht er?<br />

Am liebsten Reportagen. Spiegel TV und so. Er schaut<br />

auf die Uhr.<br />

Soll doch Witzigmann von seinem Privatleben erzählen,<br />

Andreas Pircher muss jetzt ins Bett.<br />

Andreas Pircher ist seit 1997 im Hotel <strong>Lindenhof</strong>,<br />

seit zehn Jahren als Chefkoch. Gelernt hat er im „Rössl“ in<br />

Rabland und auf der Landesberufsfachschule Savoy in Meran.<br />

Bevor er in den <strong>Lindenhof</strong> kam, arbeitete er im Romantikhotel<br />

„La Perla“ in Corvara. Pircher lebt in Plaus, ist 39 Jahre,<br />

verheiratet und hat zwei Kinder: Raphael (5) und Josef (4).<br />

EIN PIRCHER-REZEPT<br />

BOCKSHORN-<br />

TORTELLONI<br />

GEFÜLLT MIT<br />

VINSCHGER<br />

BERGKÄSE, DAZU<br />

KÜRBISCREME<br />

Nudelteig:<br />

125g Weizenmehl<br />

125g Hartweizenmehl<br />

50g Bockshornmehl (evtl. durch Sieb<br />

abseihen)<br />

150g Eier (ca. 3 Stück)<br />

1 Tl. Olivenöl<br />

Käsefülle:<br />

125ml Milch<br />

125ml Sahne<br />

100g Vinschger Bergkäse, gehobelt<br />

10g Butter<br />

10g Weizenmehl<br />

Salz, Pfeffer<br />

Kürbispüree:<br />

500g Kürbis, geputzt und<br />

klein geschnitten<br />

Salz, Pfeffer<br />

50g Butter<br />

Zubereitung Nudelteig:<br />

Alle Zutaten in einer Schüssel verrühren,<br />

auf den Tisch geben und zu einem glatten<br />

Teig kneten. In Klarsichtfolie einpacken<br />

und eine halbe Stunde ruhen lassen.<br />

Zubereitung Käsefülle:<br />

Mit Mehl und Butter eine Mehlschwitze<br />

herstellen. Die Milch und die Sahne in<br />

einem Topf erhitzen und würzen. Einmal<br />

aufkochen und in den Topf mit der<br />

Mehlschwitze schütten. Unter ständigem<br />

Rühren ca. 5 Min. kochen lassen. Den<br />

gehobelten Bergkäse dazugeben, gut<br />

vermengen und auskühlen lassen<br />

(ca. 3-4 Stunden).<br />

Zubereitung Kürbispüree:<br />

Den geputzten und geschnittenen Kürbis<br />

mit Salz und Pfeffer abschmecken, die<br />

geschmolzene Butter dazugeben und<br />

vakuumieren. In einen Dampfgarer geben<br />

und ca. 30-40 Min. dämpfen, bis der<br />

Kürbis weich ist. Noch heiß und evtl. mit<br />

etwas Flüssigkeit (vom Vakuumsack)<br />

aufmixen und abschmecken. Sie können<br />

den geschnittenen Kürbis auch in einen<br />

Topf mit Butter anziehen, würzen, mit ein<br />

wenig Gemüsebrühe (oder Wasser)<br />

aufgießen und zugedeckt weichgaren.<br />

(Ohne Vakuumiergerät).<br />

Fertigstellung:<br />

Den Nudelteig mit der Nudelmaschine<br />

dünn ausrollen und mit einem Ausstecher<br />

rund ausstechen. Den halben Teig mit<br />

Wasser bestreichen und in der Mitte die<br />

kalte Fülle mit einem Spritzsack<br />

daraufgeben. Das Nudelblatt zusammen<br />

klappen und gut andrücken. Die beiden<br />

Teigenden zusammendrücken und einen<br />

Raviolo formen. Die Tortelloni in<br />

Salzwasser bissfest kochen und mit heißer<br />

Butter und Parmesan abschmelzen. Das<br />

Kürbispüree auf einem Teller aufstreichen<br />

und die Tortelloni darauf anrichten.<br />

GAST-ANSICHTEN<br />

ICH KLAGE AN<br />

Der Mann ist gefährlich. Aber Sie merken es nicht. Meist<br />

lächelt er. Nicht aufgesetzt. Freundlich. Wie in der Colgate-<br />

Werbung. Er hat grüngraue Augen der Marke „ich-kannkeiner-Fliege-was-zuleide-tun“.<br />

Sie strahlen dich an. Er gibt<br />

sich zurückhaltend, abwartend, freundlich. Keinesfalls aufdringlich.<br />

Er ist wahrscheinlich ein Frauentyp. Auch einer,<br />

auf den die Schwiegermutter steht.<br />

Und doch. Ich klage an.<br />

Name: Josef Martin<br />

Alter: 51<br />

Familienstand: ledig<br />

Derzeitiger Aufenthaltsort: Hotel <strong>Lindenhof</strong>, Naturns<br />

Ich gestehe: ich bin ein Martin-Opfer. Und ich finde, es ist höchste Zeit, damit an<br />

die Öffentlichkeit zu gehen. Denn der Kampf, der sich jeden Tag in diesem Hotel<br />

mit diesem Josef Martin abspielt, ist ein verzweifelter. Einer, der einem letztendlich<br />

keine Chance lässt und jede Hoffnung auf die eigene Willensstärke raubt. In seiner<br />

ihm eigenen subtilen Art gewinnt der Mann wohl jede Auseinandersetzung, sein<br />

Gegenüber ist ihm stets machtlos ausgeliefert.<br />

Jeden Tag hatte ich bis gegen 20.30 Uhr das Gefühl, das Duell mit Martin<br />

gewinnen zu können. Jeden Tag so gegen 20.30 Uhr hatte ich es verloren.<br />

Mandelcrostata mit Honignüssen und Mascarpone-Feigenvariegato, Herbstfrüchte<br />

gratiniert, dazu Ribessorbet auf Moscatogranité, Schokoladensüppchen mit<br />

weißem Mousse und Mandelcroûtons, Ziegenricotta-Küchlein an Torroneparfait<br />

und Kumquatskompott – wie soll einer bei diesem vorsätzlich-süßen Bombardement<br />

seinem Ziel treu bleiben, heute bestimmt mal kein Dessert zu essen? Zumal<br />

man als Gast spätestens nach dem zweiten Dessert weiß, dass dieser Josef Martin<br />

in unverantwortlicher Weise genau auf die Geschmacksnerven seiner Kundschaft<br />

zielt – und sie auch noch trifft wie kein anderer Patissier.<br />

Das ist Vorsatz. Übler Vorsatz.<br />

Wenn er sich donnerstags beim Dessert-Buffet auch noch den Gästen zum<br />

direkten Zweikampf stellt, lächelt er, als könne er kein Stückchen Kuchen<br />

versüßen. Er lässt die anderen angesichts des wahnsinnigen Angebots über<br />

Kalorien witzeln, was man immer nur in höchster Verzweiflung tut und wohlwissend,<br />

dass dieser Windbeutel wieder das nächste Gürtelloch bedeutet – und er tut<br />

so, als könne er das Wort Gewichtszunahme nicht mal buchstabieren. „Wenn Sie<br />

sich morgen bewegen, ist das wieder weg“, sagt der Hotelchef, der Martin so in<br />

unverantwortlicher Weise auch noch verteidigt.<br />

Ja, und wenn ich mich nicht bewege? Und um 20.30 Uhr den Kampf wieder<br />

verliere?<br />

Es gibt keine Waage in den Zimmern im <strong>Lindenhof</strong>. Aus gutem Grund. So fehlen<br />

mir die letzten Beweise gegen Josef Martin.<br />

Aber wissen Sie, was das Schlimmste ist: Der Mann ist schlank. Richtig schlank.<br />

Und ich?<br />

Ich hole mir noch ein Stückchen von dieser Irish-Coffee-Torte – und ziehe die<br />

Anklage zurück. Und die alte Jeans halt nicht mehr an.<br />

In unserer nächsten SUITE-<strong>Ausgabe</strong> werden wir Ihnen den Patissier Josef Martin<br />

und seine Kunst vorstellen.

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