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03/2016

Fritz + Fränzi

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Psychologie & Gesellschaft<br />

Von Helikoptereltern<br />

und Tigermüttern<br />

Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind. Manchmal ist das Beste aber nicht<br />

das Richtige. Wenn Eltern zu viel wollen – und Kinder daran zerbrechen.<br />

Text: Susan Edthofer<br />

Kinder sollen ihre Bedürfnisse äussern und<br />

sich frei entfalten dürfen. Doch viele<br />

Eltern setzen Leistung und Disziplin vor<br />

Spiel, Spass und persönliche Interessen<br />

ihrer Kinder. Berufliche Karriere, Familie,<br />

Lebensstil, Freizeit – alles wird geplant. Wer Dinge dem<br />

Zufall überlasse, gehe leicht unter, ist die Sorge vieler.<br />

Weil sich Kinder Anerkennung und Lob sichern und<br />

gefallen möchten, strengen sie sich an. Nicht nur in der<br />

Schule, auch in der Freizeit wird gelernt, Sport getrieben,<br />

ein Instrument geübt. Kinder sind von Natur aus neugierig<br />

und wissbegierig. Lernen sie nur, um zu genügen,<br />

bleibt die Freude am Lernen schnell aus. Braucht Erziehung<br />

um des Erfolgs willen wirklich so viel Disziplin?<br />

Kontroverse um eine Erziehungsmethode<br />

Vor fünf Jahren hat die in Amerika lebende Juristin und<br />

Dozentin Amy Chua mit ihrem Buch «Battle Hymn of<br />

the Tiger Mother», zu Deutsch mit dem vergleichsweise<br />

harmlosen Titel «Die Mutter des Erfolgs», eine heftige<br />

Kontroverse ausgelöst. Die Autorin mit philippinisch-chinesischen<br />

Wurzeln beschreibt, wie sie ihre<br />

beiden Töchter mit einem bedingungslosen Erziehungsstil<br />

zum Erfolg trieb. Als sich die jüngere Tochter mit<br />

etwa dreizehn Jahren widersetzte, musste die ehrgeizige<br />

Mutter – im wahrsten Sinne des Wortes – kleinbeigeben.<br />

Ob dieser radikalen Haltung sträubten sich bei einer<br />

grossen Leserschaft sämtliche Nackenhaare. Dass die<br />

Kinder nach den Hausaufgaben stundenlang Klavier<br />

spielen und Geige üben mussten, klang nach Folter. Bei<br />

aller Ablehnung schien die Radikalität dieser Erziehungsmethode<br />

doch eine gewisse Faszination auszuüben.<br />

Denn das Beispiel von Amy Chuas Töchtern<br />

machte deutlich, dass dieser unbarmherzige Drill tatsächlich<br />

Wirkung zeigte. Disziplin und Ausdauer als<br />

Schlüssel zum Erfolg?<br />

Leistung bringt Erfolg<br />

Stimmt der Eindruck, dass Eltern, die beruflich und<br />

finanziell Karriere machen, bei ihren Kindern eher auf<br />

Leistung pochen? Ist eine Familie nur dann perfekt, wenn<br />

die Kinder mit guten Noten punkten? Wir<br />

leben in einer Leistungsgesellschaft und<br />

definieren uns über das Erreichte. Um<br />

erfolgreich zu sein, nehmen wir immer wieder<br />

Opfer auf uns. Im Gegenzug erhalten<br />

wir soziale Sicherheit und gesellschaftliches<br />

Ansehen. Es ist nicht bloss die Schule, die<br />

Leistung verlangt, der Leistungsdruck stammt oft von<br />

den Eltern selbst.<br />

Doch was geschieht, wenn dieser Druck zu gross<br />

wird? Nicht alle Kinder sind stark und rebellisch, viele<br />

zerbrechen an zu hohen Erwartungen. Die Fachleute<br />

der Beratung + Hilfe 147 und auch die Elternberatung<br />

von Pro Juventute sind immer wieder mit solchen Fällen<br />

konfrontiert.<br />

«Lassen Sie zu,<br />

dass Ihr Kind seinen<br />

Weg geht und<br />

den eigenen<br />

Interessen folgt.»<br />

Susan Edthofer ist Redaktorin<br />

im Bereich Kommunikation<br />

von Pro Juventute.<br />

Was Eltern tun können – vier Tipps<br />

Kinder sind eigenständige Wesen und nicht dazu da, die<br />

Erwartungen der Eltern zu erfüllen.<br />

Respektieren Sie die Persönlichkeit Ihres Kindes. Lassen Sie zu,<br />

dass Ihre Tochter, Ihr Sohn einen eigenen Weg findet und<br />

persönlichen Interessen nachgehen kann.<br />

Machen Sie Motivation nicht durch übertriebenen Ehrgeiz zunichte<br />

und setzen Sie Ihr Kind nicht einem überhöhten Leistungsdruck aus.<br />

Orientieren Sie sich nicht bloss an messbaren Leistungen, sondern<br />

gewichten Sie auch die Sensibilität, die Fantasie und die Kreativität<br />

Ihres Kindes hoch. Werten Sie diese Tugenden als Stärken und nicht<br />

als Zeichen von Schwäche.<br />

Pro Juventute Elternberatung und Beratung + Hilfe 147<br />

Bei der Elternberatung von Pro Juventute können Fragen zum Familienalltag,<br />

zur Erziehung jederzeit telefonisch (058 261 61 61) oder per Mail<br />

(www.projuventute-elternberatung.ch) gestellt werden. Ausser den normalen<br />

Telefongebühren fallen keine Kosten an. Mit allem, was sie bewegt, können<br />

sich Kinder und Jugendliche vertraulich, kostenlos und rund um die Uhr an<br />

das Beratungsangebot von Pro Juventute Beratung + Hilfe 147 wenden.<br />

38 März <strong>2016</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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