Liebefeld Magazin 05.2016
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1986 in Dinslaken geboren, als Teenager<br />
nach Bielefeld gezogen – wie konnte das<br />
passieren?<br />
Paula Kalenberg Das habe ich mich<br />
damals auch gefragt. Ich war in der<br />
Pubertät und meine Mutter hatte sich<br />
entschlossen mit mir nach Bielefeld zu<br />
ziehen. Wir hatten zuvor im tiefsten<br />
Ruhrgebiet, in Essen, gelebt, sicher nicht<br />
der schönste Flecken Erde. Bielefeld klang<br />
in meinen Ohren jedoch extrem provinziell<br />
und dementsprechend ablehnend war<br />
anfänglich meine Haltung.<br />
»Anfänglich« klingt, als ob Sie sich<br />
arrangiert hätten mit der Stadt …<br />
Ja, auf jeden Fall. Dass ich meine bis<br />
heute engsten Freunde und eine herrliche<br />
Jugend dieser unliebsamen Entscheidung<br />
meiner Mutter zu verdanken habe,<br />
konnte ich erst viel später erkennen.<br />
Was haben Sie für sich als typisch<br />
bielefelderisch abgespeichert?<br />
Wir haben im Stadtzentrum gelebt, in der<br />
Nähe des Rathauses. Jeden Morgen habe<br />
ich die Linie 1 in Richtung Schildesche<br />
genommen und war ehrlich gesagt<br />
fasziniert davon, vielen aus #Bethel<br />
kommenden Menschen mit Behinderungen<br />
zu begegnen. Das war völlig neu für<br />
mich. Dieses lange gewachsene Selbstverständnis<br />
im Zusammenleben halte ich<br />
für einen großen gesellschaftlichen<br />
Schatz Bielefelds.<br />
Inwiefern hat Sie dieser Schatz persönlich<br />
bereichert – hat er Ihre Ansichten<br />
zum Anderssein geändert?<br />
Ich erinnere mich an eine Situation, in<br />
der mir eine Frau mit einem epileptischen<br />
Anfall in der Linie 1 direkt in die Arme<br />
gefallen ist. Eine erschreckende Situation,<br />
in der es jedoch einige Menschen<br />
drumherum gab, die wussten, was zu<br />
tun ist. Das hat mich beeindruckt und<br />
HASHTAGS<br />
#Bethel – v. Bodelschwinghsche<br />
Stiftungen Bethel<br />
Mittendrin statt außen vor:<br />
Seit fast 150 Jahren setzen sich<br />
die v. Bodelschwinghschen<br />
Stiftungen Bethel für alle ein,<br />
die auf Hilfe, Unterstützung oder<br />
Assistenz angewiesen sind.<br />
Königsweg 1 · 33617 Bielefeld<br />
0521 144-00<br />
#Obersee<br />
Plitsch, platsch ins Vergnügen<br />
Ein Naherholungsgebiet, wie es<br />
im Buche steht: zum Joggen,<br />
Radfahren und Entspannen.<br />
An den höchsten Punkten des<br />
Geländes gibt es einen geilen<br />
Ausblick über Schildesche in<br />
Richtung Teutoburger Wald<br />
als Zugabe obendrauf!<br />
Schildesche · Am Obersee<br />
33611 Bielefeld<br />
#Forum Bielefeld<br />
Eine Legende seit 1974<br />
Liveclub, Hammerkonzerte,<br />
Partys von Elektro über Metal,<br />
Soul, Indie und Balkan …<br />
Meller Straße 2 · 33613 Bielefeld<br />
0521 9679977<br />
info@forum-bielefeld.com<br />
> www.forum-bielefeld.com<br />
#Ringlokschuppen Bielefeld<br />
Bands und Musiktrends<br />
Der hippe Nachtclub in einer<br />
alten Lokhalle gibt Mottopartys<br />
von Charts bis Gothic sowie<br />
großen Livekonzerten einen<br />
Sound.<br />
Stadtheider Straße 11<br />
33609 Bielefeld<br />
info@ringlokschuppen.com<br />
0521 557388-0<br />
> www.ringlokschuppen.com<br />
angeregt, meine eigene Befangenheit,<br />
die Vorurteile und Ängste, die ich hatte,<br />
zu hinterfragen.<br />
Hinterfragen, sich engagieren, tolerant<br />
und offen sein – auch ein Ergebnis Ihrer<br />
schulischen Erfahrungen?<br />
Eine große Zäsur in meinem Leben<br />
war definitiv der Schulwechsel auf die<br />
Waldorfschule in Schildesche. Das war<br />
für mich ein bisschen wie nach Hause zu<br />
kommen. Ich wurde unglaublich herzlich<br />
aufgenommen und einige der damals<br />
geschlossenen Freundschaften haben<br />
in meinem Leben noch heute Bestand.<br />
Freunde, mit denen Sie auch mal<br />
gegen Missstände in der Welt<br />
rebellierten – den Jahnplatz sollen<br />
Sie mal gegen Ihr Bett zu Hause<br />
eingetauscht haben …<br />
Eine sehr intensive Zeit, in der wir<br />
nahezu täglich gegen den Irakkrieg<br />
demonstriert haben, der von der amerikanischen<br />
Regierung unter George W. Bush<br />
angezettelt wurde. Ich hatte wirklich aus<br />
tiefstem Herzen das Gefühl, Teil eines<br />
großen Umdenkens, einer neuen politisch<br />
relevanten Friedensbewegung zu sein.<br />
Einmal haben wir aus Protest bei der<br />
Mahnwache auf dem Jahnplatz übernachtet.<br />
Im Nachhinein vielleicht etwas<br />
albern und naiv zu glauben, damit etwas<br />
zu bewegen, aber die Einigkeit darüber,<br />
etwas tun zu müssen, und die Hilflosigkeit,<br />
nicht zu wissen, was, waren groß.<br />
Klingt, als ob Sie sich schon immer viele<br />
Gedanken gemacht hätten. Blieb da noch<br />
Platz für – sagen wir mal: trivialen Spaß?<br />
Lustigerweise war die Schule plötzlich<br />
auch kein Ort mehr, von dem man nach<br />
Schulschluss möglichst schnell geflüchtet<br />
ist, im Gegenteil. Wir haben oft ganz freiwillig<br />
unsere Nachmittage dort verbracht<br />
oder auch Partys am nahe gelegenen<br />
#Obersee gefeiert.<br />
LIEBEFELD - 12 - DAS INTERVIEW-MAGAZIN