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stadtMAGAZIN köln-süd | Ausgabe August/September 2016

Magazin für Zeitgeschehen, Kunst, Kultur und Lebensart in Köln.

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<strong>köln</strong> lokal<br />

Borlaug gelang es dann, kürzere Halme zu züchten,<br />

damit die Pflanzen nicht umknicken. Die Urform des<br />

Getreides ist brusthoch. Diese Auslese, die sich im Lehrgarten<br />

schrittweise verfolgen lässt, hat einen großen<br />

Entwicklungsabschnitt für die Menschheit ausgelöst:<br />

Sammler und Jäger wurden sesshaft. Die ersten Siedlungsstätten<br />

sind in der östlichen Türkei nachgewiesen.<br />

Bei archäologischen Grabungen wurden die Wild- und<br />

Kultursorten gefunden, übrigens auch die von Gerste,<br />

Linsen und Erbsen.<br />

Der Streifzug bleibt weiter spannend. Weizensorten<br />

in den Beeten zeigen, wie vielfältig sie sind. Gleichzeitig<br />

wird klar, dass es weiter großer Anstrengungen bedarf,<br />

die Sorten gesund und ertragreich zu halten, herauszufinden,<br />

ob sie auch in Dürregebieten wachsen können,<br />

was dann wieder züchterisch unterstützt werden müsste.<br />

„Es sind stets sehr komplexe Systeme, mit denen sich die<br />

Forscher beschäftigen,“ sagt Wolfgang Schuchert.<br />

Führung durch den Lehrgarten des Max-Planck-Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung<br />

Fotos: © WissenschaftsScheune/MPIPZ<br />

In der Wissenschaftsscheune können die Besucher experimentieren<br />

Neue Parzellen tun sich auf – wiederum mit Wildformen und Kulturpflanzen.<br />

Gerste, Hafer, Sorghum, Amaranth, Buchweizen. In anderen<br />

Beeten wachsen die Heil- und Gewürzpflanzen sowie die Ölpflanzen.<br />

Letztere sind wegen ihrer besonderen Fettsäuren interessant. Und Wolfgang<br />

Schuchert spart nicht mit aufschlussreichen Details, sowohl geschichtlicher<br />

als auch naturkundlicher Art.<br />

Wir stehen vor einem sogenannten Indianerbeet. Die Indianer Mittel-<br />

und Südamerikas seien überhaupt die größten Züchter gewesen,<br />

betont Schuchert. Ohne sie hätten wir keine Tomaten, keine Kartoffeln,<br />

keine Paprika, keine Gartenbohne, kein Mais, kein Kürbis. Und er hat<br />

schon wieder einen verblüffenden Hinweis: Der Urmaiskolben war früher<br />

nicht größer als ein Daumen. Er stammt aus einer Zeit um 4.200 v. Chr.<br />

und wurde in einer Höhle in Südmexiko gefunden, nahe der Region, wo<br />

die Urform heute noch wächst. Übrigens ist die Domestizierung von Mais<br />

auch einer der Themen- Schwerpunkte in der WissenschaftsScheune.<br />

Doch zurück zum Indianerbeet. Hier werden alte Anbauformen demonstriert.<br />

Mais, Kürbis, Bohnen wachsen zusammen in einer Parzelle.<br />

Sie beeinflussen sich günstig in puncto Düngung und Boden- Feuchtigkeit<br />

und fördern so das Wachstum. Tabak, Tomaten, alte Landsorten<br />

und moderne Hybridformen zeigen ihre unterschiedlichen Merkmale;<br />

ebenfalls die Kartoffeln.<br />

Knubbelig und klein, rot und blau gefärbt, zeigen sich Urformen<br />

aus den Anden und alte Landsorten im krassen Unterschied zur heutigen<br />

glatten, runden oder länglichen Knolle, die gezielt auf ihre spezielle<br />

Verwendung u.a. zum Beispiel zu Pommes frites gezüchtet wird.<br />

Wie eine weitere Spielart der Natur mutet ein Gewächs an, das<br />

für den Laien alles mögliche sein könnte, nur kein Kohl. Diese Wildform<br />

wächst heute noch an der Küste von Helgoland und des Atlantiks.<br />

„Hier“, sagt Schuchert, „hat der Mensch auf ganz bestimmte Organvergrößerung<br />

hin selektiert, und es entstanden solche Gemüse wie Kohlrabi,<br />

Blumenkohl, Kopfkohl und Rosenkohl.“<br />

Wieder etwas Besonderes enthält eine weitere Parzelle. Dort wachsen<br />

Hülsenfrüchte wie Linsen, Sojabohnen und Lupinen, aber auch Erdnüsse.<br />

Die Pflanze ist vorgezogen. In unseren Breitengraden gedeiht sie<br />

nicht. Die Erdnuss ist keine Nuss, sondern botanisch gesehen eine Hülse.<br />

Und das macht die Pflanze ganz raffiniert: Aus ihren Schmetterlingsblüten<br />

wachsen die Fruchtstiele in den Boden, und dort entwickeln sich<br />

dann die Hülsen – also die Erdnüsse.<br />

Kurzweilig und spannend geht es in der WissenschaftsScheune<br />

weiter. Vieles, was man zuvor im Lehrgarten erfahren hat, kann hier<br />

auf anderer Ebene vertieft werden. Die Dinge sind mehr auf Erforschen<br />

ausgerichtet. Das Themenspektrum ist groß, und durch die technische<br />

Ausstattung können sich die Besucher - Kinder, Jugendliche, Erwachsene<br />

- betätigen, können experimentieren, mit dem Mikroskop arbeiten, der<br />

Photosynthese nachspüren, DNA aus Pflanzen oder Früchten isolieren.<br />

Lebendiger geht Wissenschaft nicht.<br />

INFO: Die WissenschaftsScheune hat von April bis November geöffnet,<br />

der Schaugarten ist von Juni bis <strong>September</strong> am schönsten.<br />

Spezielle Programme für Kindergarten und Grundschulen,<br />

Erwachsene, Feiern in der WissenschaftsScheune, Ferienangebote,<br />

Einzelbesuche Informationen:WiS Büro<br />

Info@wissenschaftsscheune.de Tel.: 0221/5062670/671<br />

Der Verein der Freunde und Förderer des Max-Planck-Instituts<br />

für Pflanzenzüchtungsforschung e.V.·<br />

Carl-von-Linné-Weg 10· 50829 Köln <br />

6<br />

<strong>köln</strong> <strong>süd</strong> stadt MAGAZIN Nr. 4/ <strong>2016</strong> 27. Jahrgang

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