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Die Rote Mitte - Sinologie im Design<br />
Bachelorthesis Zhaowei Jia<br />
1
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INHALTSVERZEICHNIS<br />
1. EINLEITUNG S.05<br />
2. DIE WURZELN DES HANDWERKS S.06-09<br />
3. CHINESISCHES DESIGN S.10-15<br />
4. CHINESISCHE HANDWERKSKÜNSTE S.16-25<br />
5. LACKKÜNSTE S.26-39<br />
6. KITSCH UND KULTUR S.40-41<br />
7. PRAKTISCHE ARBEIT: KOOPERATION UND RECHERSCHE S.42-45<br />
8. IDYL - PRODUKTSERIE S.46-119<br />
9. NEUINTERPRETATION S.120-129<br />
10. AUSBLICK S.130<br />
11. DANKSAGUNG S.131<br />
12. QUELLEN S.132-133<br />
4
EINLEITUNG<br />
China ist ein geheimnisvolles Land. Einerseits gilt es als eine rapide<br />
wachsende Industriemacht mit stark kapitalistischen Idealen, andererseits<br />
dokumentieren zahlreiche Bücher die zauberhafte Welt jahrtausendealter<br />
Traditionen, die mit ihren Mythen und Sagen das Denken<br />
vieler Künstler geprägt haben. Das chinesische Design unterliegt<br />
einem ständigen Wandel, beeinflusst durch traditionelle Handwerkskünste<br />
und modernen Designrichtungen aus dem Westen.<br />
‚‚Die Rote Mitte - Sinologie im Design” ist eine Arbeit, die sich mit<br />
diesen Gegensätzen auseinandersetzt und einen Ausblick über die<br />
weitere Entwicklung des chinesischen Designs gibt.<br />
Die ostasiatische Lack- und Holzkunst dient als ein praktisches<br />
Beispiel zur Theorie. In Zusammenarbeit mit der renommierten Lackmanufaktur<br />
‚‚Yang Zhou Qi Qi Chang‘‘ in Yangzhou, China und unter<br />
der Betreuung von Professor Wolfgang Sattler und Professor Martin<br />
Kuban, wurde ein theoretisches und praktisches Ergebnis ausgearbeitet,<br />
welches in dieser Arbeit in Bild und Wort dokumentiert ist.<br />
5
DIE WURZELN DES HANDWERKS<br />
Tradition ist alles. Die ostasiatische<br />
Handwerkskunst lehnt Veränderungen<br />
grundsätzlich ab. Was vor vielen Jahrtausenden<br />
einmal eingeführt wurde, gilt als<br />
perfekt und unantastbar. Der Fortschritt<br />
ist unnötig, das Alte ist das Neue. Um als<br />
eine von westlichen Einflüssen geprägte<br />
Person Verständnis für dieses Denken zu<br />
erlangen, sollte man zunächst versuchen,<br />
die eigene Denkweise abzulegen. Anders<br />
als die Chinesen haben Europäer in<br />
ihrer Entwicklung durchwegs versucht,<br />
Produkte praktisch, dauerhaft und effizient<br />
herzustellen. Immer wieder fanden<br />
Optimierungsversuche statt, der Alltag<br />
im Westen war und ist immer noch von<br />
starken Veränderungen geprägt. Es wurde<br />
viel herumexperimentiert, Altes durch<br />
Neues ersetzt und der ewige Fortschritt als<br />
das Optimum gefeiert. Traditionen haben<br />
im Westen einen deutlich niedrigeren Wert<br />
als in der asiatischen Kultur.<br />
Die seit Jahrhunderte andauernde Stagnation<br />
ist dem verminderten Interessengebiet<br />
der Chinesen zu verschulden, die<br />
sich aus sozialen und familiären Gründen<br />
weigern, neue Strukturen im Alltag zu<br />
akzeptieren. Seit Jahrtausenden blieb die<br />
Landwirtschaft und die damit verbundene<br />
Ernährung unverändert. Das Verwaltungssystem<br />
im Kaiserreich versuchte mit<br />
allen Mitteln das einfache Volk materiell<br />
und moralisch zu unterdrücken, um Revolutionen<br />
zu unterbinden. Das Verlangen<br />
nach besseren Produkten und Gütern<br />
fehlte. Der Fortschritt im Design und auch<br />
im alltäglichen Leben fand keinen Platz,<br />
während die bereits vorhandenen Interessensgebiete<br />
und Handwerkstechniken<br />
stärker ausgearbeitet und perfektioniert<br />
wurden. Diese Tatsache erklärt, weshalb<br />
das Handwerk noch bis in die heutige Zeit<br />
das Alte schätzt und das Neue fürchtet.<br />
6
Aus dieser künstlich erzeugten Gewohnheit<br />
formten sich allmählich Prinzipien<br />
für das Design verschiedenster<br />
Kulturgüter. Jeder Gegenstand behielt,<br />
trotz leichten Stilwechseln im Laufe der<br />
Jahrhunderte, das ursprüngliche Material<br />
und die Grundform bei. Die allererste<br />
Form ist ein Zufallsprodukt, welches aus<br />
den Bedürfnissen und Einflüssen der<br />
damals vorherrschenden Verhältnissen<br />
entstand. Diese Urform wird niemals in<br />
Frage gestellt und über Generationen<br />
weiter vererbt, sodass Material, Form und<br />
Ornamentik weitgehend gleich bleiben.<br />
Dieses Phänomen zeigt auf, wie wichtig<br />
die Hinterlassenschaften der Ahnen und<br />
die Ahnen selbst für die Chinesen sind.<br />
Die Frage im altchinesischen Design war<br />
daher niemals die nach Effizienz, Preis<br />
und Materialität, sondern nach Kompatibilität<br />
mit gebräuchlichen Sitten, Ahnenvermächtnissen<br />
und Traditionen. Die<br />
Produktgestaltung im alten China wurde<br />
von religiösen und geistigen Gegebenheiten<br />
geprägt. Das Produktdesign besaß<br />
eine rein symbolische Bedeutung. Zwar<br />
beeinflussten sich die Handwerker und<br />
Handwerkskünste untereinander, jedoch<br />
wiederholten sich Stil und Sujet in leicht<br />
abgeänderten Formen immer wieder. 1<br />
1) Münsterberg, Oskar: Chinesische Kunstgeschichte, Bd. 2, 2. Aufl., Esslingen 1924, S.90-91<br />
7
Dass die Chinesen gerne Kopien von hochwertigen<br />
Produkten anfertigen, wird in unserer<br />
modernen Gesellschaft nicht gerade sehr<br />
geschätzt. Das *Made in China* Siegel birgt<br />
ein eher abwertendes als aufwertendes Image.<br />
Zurecht, denn die unter dem Einfluß der Globalisierung<br />
entstandenen Kopien sind wirkliche<br />
Fälschungen mit minderwertiger Qualität.<br />
Man sollte jedoch einen kurzen Blick auf die<br />
Herkunft und Geschichte des Kopierens in<br />
China werfen. Die Kunst der Herstellung von<br />
Fabrikaten ist tief in dem Gestaltungsideal<br />
der Chinesen verankert. Bereits in der frühen<br />
Antike wurden direkte Nachahmungen von<br />
wertvollen Kunstobjekten wie Bronzevasen<br />
und Jadezeptern ausgeführt. Man kann hierbei<br />
jedoch nicht von Fälschungen, so wie wir sie<br />
heute kennen, sprechen.<br />
Handwerker, die damals im Stande waren,<br />
Kopien von komplexen Gütern so exakt<br />
anzufertigen, sodass man diese nicht mehr<br />
vom Original unterscheiden konnte, bekamen<br />
sogar einen Ehrentitel verliehen. Das Kreieren<br />
von perfekten Abbildern war teilweise schwieriger<br />
und zeitaufwendiger als die Herstellung<br />
der Originale selbst, weshalb man diese<br />
Kopien als gleichwertig, wenn nicht sogar als<br />
wertvoller geschätzt hatte. Es wurden auch für<br />
die Nachahmungen Materialien von höchster<br />
Qualität verwendet. Viele Forscher sind der<br />
Meinung, dass das Niveau der Porzellankunst<br />
aus dem 17. Jahrhundert sogar die besten<br />
Stücke aus der Ming-Dynastie übertroffen<br />
hätten. Die Produktgestaltung der jeweiligen<br />
Dynastien waren sich immer in Form und<br />
Material ähnlich, niemals aber in der Qualität.<br />
8
Das Gleiche betrifft auch die Ornamentik, die<br />
sich im Laufe der Zeit immer stärker von der<br />
ursprünglichen Vorlage getrennt hatte. Die ältesten<br />
Verzierungen sind von naturalistischer<br />
Natur, wohingegen fremde Einflüsse und modische<br />
Erscheinungen dazu führten, dass die<br />
moderne Ornamentik häufig frei von realen<br />
Assoziationen und fast nur rein symbolisch<br />
interpretiert werden kann. Man erkennt,<br />
dass die Gesetze Chinas für das europäische<br />
Volk, welches schon immer nach technischer,<br />
sozialer, politischer und nicht zuletzt gestalterischer<br />
Entwicklung strebte, völlig sinnfrei<br />
erscheinen. Obwohl sich China zurzeit<br />
stark an westlichen Idealen orientiert, bleibt<br />
ein fest verwurzelter Glaube an die eigenen<br />
Traditionen tief in den Köpfen der Menschen<br />
bestehen. Aufgrund dieses unveränderlichen<br />
Axioms in der Gestaltung entwickelten sich im<br />
Laufe der Jahrhunderte eine Vielzahl an feinen<br />
Variationen, die das Produkt zwar nicht in der<br />
Gänze, aber im Detail veränderten.<br />
Dass sich die Handwerker und Entwerfer auf<br />
nur wenige Materialien und Formen konzentrieren<br />
konnten führte dazu, dass das Auge des<br />
Handwerkers und Kenners sogar feinste Nuancenunterschiede<br />
erkennen konnte. Für den<br />
europäischen Käufer fast unsichtbare Differenzen<br />
in der Linienführung und Ornamentik<br />
sind für den Chinesen massive Qualitätsunterschiede,<br />
die die Spreu vom Weizen trennt.<br />
Gute Gestaltung lässt sich zusammenfassend<br />
nicht mit geistreichen Einfällen und kreativen<br />
Neuheiten beschreiben, sondern beschränkt<br />
sich einzig und allein auf die Ausführung und<br />
Verarbeitung der edlen Formen und Verzierungen.<br />
2<br />
2) Münsterberg, Oskar: Chinesische Kunstgeschichte, Bd. 2, 2. Aufl., Esslingen 1924, S.92-95<br />
9
CHINESICHES DESIGN<br />
China hat sich in den letzten dreißig Jahren<br />
trotz alten Werten und Traditionen von einer<br />
abgeschotteten und protektionistischen Gesellschaft<br />
zu einem offeneren und globalen<br />
Markt entwickelt. Obwohl diese Entwicklung<br />
nicht von allen Parteien befürwortet wird,<br />
investieren immer mehr Firmen und Selbstständige<br />
auf neue Technologien, Design und<br />
Forschung. Dass China sich so rasant entwickeln<br />
konnte lag vor allem daran, dass man<br />
verschiedene, erfolgreiche Geschäftsmodelle<br />
aus allen Ländern der Welt studierte, um eigene<br />
Strategien aufstellen zu können. Mit dem<br />
Anstieg des Reichtums der Gesellschaftsklassen<br />
können es sich die Menschen leisten, beim<br />
Kauf nicht nur auf den Preis, sondern auch auf<br />
das Design zu achten. Vom Westen hat China<br />
gelernt, dass Innovation, Trend und Design<br />
große Unterschiede in der Qualität von Produkten<br />
ausmachen können.<br />
Ein großes Hindernis ist jedoch der geringe<br />
Schutz von Patenten und Ideen, weshalb die<br />
Regierung versucht, die neue Generation als<br />
Kreative auszubilden, die Respekt und Interesse<br />
für neue Geschäftsideen und Innovationen<br />
haben. Die älteren Generationen, die direkt<br />
oder indirekt von der Kulturrevolution Chinas<br />
betroffen sind, können durch ihre mangelnde<br />
Bildung die Gedanken der neuen Generation<br />
nicht verstehen. Während Europa und<br />
Amerika in den letzten sechzig Jahren die<br />
Zeit damit verbrachten, das Verständnis von<br />
Vermarktung, Markenführung und Design zu<br />
verbessern, stagnierten chinesische Märkte.<br />
Die nun aggressive Wirtschaftspolitik Chinas<br />
ruft einen chaotischen und instabilen Zustand<br />
herbei, der keinen guten Nährboden für lokale<br />
und junge Unternehmen darstellt.<br />
10
Die neue Generation weiß nicht, wie Aspekte<br />
wie Innovation, geistiges Eigentum und<br />
Designforschung auf dem Markt wirklich<br />
zu werten sind. China reagiert und errichtet<br />
zahlreiche Schulen und Universitätsprogramme,<br />
die sich auf Design und Kreativität<br />
spezialisieren. Es wird jedoch noch lange<br />
dauern, bis sich alle chinesische Firmen von<br />
dem Gedanken verabschiedet haben, dass<br />
Design und Marktforschung Zeit- und Geldverschwendung<br />
sind und das Kopieren die<br />
beste Möglichkeit für schnelles und gutes<br />
Geld darstellt. Chinesische Designer kämpfen<br />
gegen dieses veraltete Denken an, indem sie<br />
nach inländischen und ausländischen Kunden<br />
suchen, die neue Ideen und nie Gewagtes<br />
verstehen und akzeptieren. Kulturelle Unterschiede<br />
machen es jedoch für chinesische<br />
Designer nicht einfach, Produkte für den<br />
globalen Markt zu entwerfen. Das Denken im<br />
weltweiten Kontext ist ein Phänomen, was sich<br />
erst kürzlich in China etablieren konnte.<br />
Wie kann Design individuell, einzigartig<br />
und gleichzeitig verstanden werden, und das<br />
überall auf der Welt? Für viele ist diese Frage<br />
ein unlösbares Problem, und von Seiten der<br />
Kunden kommt nur wenig Unterstützung. Tatsache<br />
ist, dass chinesische Firmen wenig bis<br />
gar kein Verständnis für Konzeptentwürfe und<br />
Design besitzen und die Arbeit der Designer<br />
weder finanziell noch gesellschaftlich gewürdigt<br />
wird. Sie sind ebenfalls der Meinung, dass<br />
die Qualität der Ausbildung an chinesischen<br />
Hochschulen minderwertig ist, weshalb viel<br />
mehr Designer aus Hongkong oder aus dem<br />
Ausland eingestellt und belohnt werden. Dies<br />
führt dazu, dass das Selbstvertrauen der lokalen<br />
Designergemeinschaft stetig schwindet. Es<br />
lässt sich zusammenfassen, dass die Designer<br />
in China zwar kreativ sind, das System, in dem<br />
sie leben, jedoch nicht. Der Konfuzianismus<br />
hat seine Spuren im Design hinterlassen, die<br />
nur schwer zu beseitigen sind. 3<br />
3) Justice, Lorraine: China’s Design Revolution, London 1955, S.xv-xviii<br />
11
Sowohl die Funktion als auch das Aussehen<br />
von chinesischen Produkten orientiert sich<br />
zurzeit an westlichen Vorstellungen. Dies<br />
wird sich jedoch ändern, da China immer<br />
mehr den Fokus auf den eigenen Markt setzt<br />
und dazu aufruft, chinesisches Design und<br />
chinesische Innovation voranzutreiben. Das<br />
Produktdesign soll die Kultur Chinas durch<br />
Farben, Formen, Texturen und Inhalt zum<br />
Ausdruck bringen und etwas Einzigartiges<br />
erschaffen. Viele junge Entwerfer benutzen<br />
das Internet oder reisen viel umher, um<br />
Informationen und Inspiration aus anderen<br />
Kulturen zu erlangen. Nach der Rückkehr sind<br />
sie dann imstande, interkulturelle Ideologien<br />
und Bilder miteinander zu verschmelzen. Das<br />
Ergebnis sind Produkte, die sich keiner spezifischen<br />
Designrichtung einordnen lassen.<br />
Die vierte und somit neueste Generation<br />
der Designer weiß, was für Unterschiede im<br />
Design existieren. Sie sind sich zwar markenbewusst,<br />
aber nicht markenloyal. Aufgrund<br />
der Tatsache, dass sich chinesische Marken<br />
noch nicht von westlichen Marken wie Microsoft<br />
oder Siemens abheben konnten, besteht<br />
immer noch ein recht einseitiges Konsumverhalten.<br />
Chinesische Großfirmen wie zum<br />
Beispiel Haier und Lenovo sind sich dieser<br />
Situation bewusst und arbeiten regelmässig<br />
mit chinesischen Designern zusammen. Mit<br />
Erfolg, denn diese Marken haben sich dank<br />
gutem Design zu weltweit führenden Unternehmen<br />
entwickelt.<br />
12
Unvergleichbar luxuriöses Produktdesign lässt<br />
sich in China genauso gut verkaufen wie das<br />
billigste Massenprodukt aus einer unbekannten<br />
Manufaktur. Konkret gibt es drei Bereiche im<br />
Produktdesign, die in China besonders gefragt<br />
sind. Die Reichen wünschen sich Luxusgüter<br />
wie Autos und Ledertaschen.Insgesamt besteht<br />
ebenfalls eine große Nachfrage nach Produkten<br />
aus dem Technologie-Sektor wie Smartphones<br />
und Fernseher. Beauty und Mode haben auch<br />
ihren Platz auf dem chinesischen Markt gefunden<br />
und bieten eine gute Möglichkeit für Modedesigner<br />
aus aller Welt, sich dort zu entfalten.<br />
In der Zwischenzeit haben westliche Firmen<br />
wie BMW oder Mercedes diese Entwicklung<br />
genau studiert und bringen Produkte heraus,<br />
die nicht mehr nur auf die Bedürfnisse der<br />
eigenen Bevölkerung, sondern exakt auf den<br />
chinesischen Markt angepasst sind.<br />
Um genau diese Produkte herauszubringen,<br />
suchen sich westliche Firmen viele chinesische<br />
Designer, die mittlerweile nicht mehr wie die<br />
alten Handwerksmeister für sich alleine, sondern<br />
für Agenturen, Großfirmen oder Regierungsprogramme<br />
arbeiten. Doch was genau<br />
ist typisch chinesisches Design und welche<br />
Formen wird es in Zukunft annehmen? Diese<br />
Frage ist sogar für viele Chinesen, die in China<br />
aufgewachsen sind, ungeklärt. China ist riesig,<br />
die kulturellen Unterschiede innerhalb des<br />
Landes immens. An dieser Stelle ist es hilfreich,<br />
verschiedene führende Designer-Persönlichkeiten<br />
im heutigen China zu befragen und zu<br />
versuchen, deren Denkweisen und Vorstellungen<br />
auf einen Punkt zu bringen, um eine wage<br />
Vermutung über die zukünftige Entwicklung<br />
des chinesischen Designs aufstellen zu können. 4<br />
4) Justice, Lorraine: China’s Design Revolution, London 1955, S.77-94<br />
13
Huang Yu Yu, eine der ersten Professorinnen<br />
im Bereich Produktdesign in China behauptet,<br />
dass das gegenwärtige chinesische Design viel<br />
zu künstlerisch und somit für die Industrie<br />
ungeeignet sei. Auch Cai Jun, einer der ersten<br />
Industriedesigner und Professor an der Tsinghua<br />
University in Peking ist der gleichen<br />
Meinung. Anders als die Gelehrten gehen<br />
chinesische Designer aus der Praxis davon aus,<br />
dass Design sehr wohl künstlerisch und schön<br />
sein kann. Die international bekannte Designerin<br />
Ma Ke legt beim Entwurf einen großen<br />
Wert auf natürliche Materialien und ökologische<br />
Nachhaltigkeit. Ihr ist es wichtig, dass<br />
Design eine harmonische Beziehung zwischen<br />
Mensch und Natur ermöglicht. Dies spiegelt<br />
sich auch im Design von Neri & Hu wider,<br />
eine Designagentur aus Shanghai.<br />
David Jia, Gründer der LKK-Agentur in Peking<br />
denkt, dass neben Funktion die Ästhetik<br />
und Nachhaltigkeit wichtige Säulen im Design<br />
sein sollten. In seinen Werken findet man viele<br />
Assoziationen zu chinesischer Kalligraphie<br />
und Malerei. Er ist der Meinung, dass chinesisches<br />
Design erst dann definiert werden<br />
kann, wenn eine große Sammlung von erfolgreichen,<br />
chinesischen Designbeispielen exisitiert<br />
und allen zugänglich ist. Junge Designer<br />
sollten versuchen, chinesisches Design für<br />
sich selbst zu definieren und an die eigenen<br />
Vorstellungen und Visionen zu glauben. Auch<br />
in Zukunft wird China immer mehr auf die<br />
Ausbildung inländischer Designer investieren.<br />
14
Schon jetzt ist China mit 400 Produkdesign-Schulen<br />
und 1900 Hochschulen der<br />
größte Markt für Designausbildungen. Die<br />
nächste Phase in der Entwicklung besteht darin,<br />
erweiterte Studienmöglichkeiten wie Master<br />
oder Doktor-Studiengänge einzuführen, da<br />
China in Zukunft nicht nur Designer, sondern<br />
auch Design-Manager und Design-Strategen<br />
braucht. Außerdem wurden viele Innovation-Parks<br />
errichtet, wo der normale Bürger<br />
etwas von Design, Kunst und Ideenreichtum<br />
zu sehen bekommt. Viele Firmen und auch<br />
Designer nehmen regelmässig an diesen Events<br />
teil, um sich zu inspirieren. In Peking repräsentiert<br />
der 789 Kunst und Design Park unzählige<br />
Künstler und Designer und bieten deren Werke<br />
entweder zur Schau oder zum Verkauf an.<br />
Die Herausforderung kommender Generationen<br />
besteht darin, Gemeinsamkeiten innerhalb<br />
unterschiedlicher Welten zu erkennen<br />
und auf das Design zu übertragen. China hat<br />
bereits alles, es muss nur wissen, was es will.<br />
Anders formuliert, sollte die jetzige Generation<br />
an Designern, die offiziell als die vierte<br />
Generation definiert wird wissen, was es will.<br />
Ist es eine Rückbesinnung auf alte Traditionen<br />
oder ist es eine Verschmelzung verschiedener<br />
Kulturen? Möchte man Design weiterhin von<br />
anderen kopieren oder kann man auch neue,<br />
aber riskantere Wege gehen? Die Tage des<br />
Konfuzianismus sind gezählt, das Verständnis<br />
von gutem Design und Vermarktung gewinnt<br />
immer mehr an Bedeutung. 5<br />
5) Justice, Lorraine: China’s Design Revolution, London 1955, S.95-130<br />
15
CHINESICHE HANDWERKSKÜNSTE<br />
Der Ursprung der chinesischen Formenvielfalt ist bis heute ein Mysterium. Die Formen<br />
und Motive, die man in den Kaiserpalästen und Tempeln vorfindet, können nicht von<br />
einem einzigen Phänomen hergeleitet werden. Man geht prinzipiell davon aus, dass von<br />
Anbeginn der Zeit einige Hauptmotive existierten, die als Vorreiter für alle späteren Ornamente<br />
dienten. Eines der wichtigsten Symbole ist das Ying-Yang Prinzip, welches versucht,<br />
die Welt in eine positive und in eine negative Seite einzuteilen.<br />
Bei näherer Betrachtung der Bilder und Bauwerken aus den ersten Dynastien erkennt man<br />
Abbilder von Tieren, die symbolhaft für verschiedene Götter oder Weisheiten standen. Die<br />
Bedeutungen dieser Tiere sind bis heute relativ unverändert geblieben. So steht der Drache<br />
für den männlichen Beschützer des Volkes, dem Kaiser und der Phönix stellte die Kaiserin<br />
dar. Die Schildkröte steht für Langlebigkeit und Überwinterung, der weiße Tiger für Ernte<br />
und Tod. Parallel zu den Erkenntnissen aus dem Tierreich fanden die damaligen Künstler<br />
und Entwerfer Inspirationen in Religionen und in der Philosophie. Das ideale Paradies im<br />
Taoismus ist der Mensch im Einklang mit der Natur.<br />
Der Höhepunkt chinesischer Formenkunst wurde mit der Einführung des Buddhismus<br />
aus Indien erreicht. Die Einflüsse benötigten fast drei Jahrhunderte, um sich schließlich<br />
während der Sung-Dynastie durchzusetzen. Die religiöse Liebe der Buddhisten zu allen<br />
Lebewesen auf dieser Welt sorgten für einen Aufschwung von Blumen- und Pflanzenmotiven<br />
in den Werken der Künstler. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Künstler<br />
bis zur Gründung der ersten Republik im Jahre 1912 nur für sich selbst oder für den<br />
kaiserlichen Hof arbeiteten. Der erste westliche Einfluss im 19. Jahrhundert sorgte<br />
jedoch für ein Umdenken unter den Künstlern, die nun ihre Kunstobjekte vorrangig an<br />
Ausländer verkauften. Es wurden Jademärkte und Elfenbeinstraßen etabliert, um den<br />
großen Hunger der Fremden nach chinesischer Kunst stillen zu können. Obwohl die<br />
Nachfrage enorm war, blieben die meisten Kunsthandwerker ihren Traditionen treu<br />
und ließen sich Monate bis Jahre für ein hochwertiges Produkt Zeit. 6<br />
16<br />
6) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.6-11
Der expandierende Exportmarkt übte jedoch schließlich ausreichenden Druck auf<br />
das Kunsthandwerk aus, sodass dieser an Qualität einbüßen musste. Besonders stark<br />
traf es die schwierigeren Künste wie die Jade-, Elfenbein- und Holzschnitzereien, da<br />
diese üblicherweise viel Zeit benötigen, um etwas Niveauvolles zu erzeugen. Ausländische<br />
Verkäufer setzten außerdem häufig auf westliche Formen und Motive, die die<br />
Arbeitsweisen der Handwerker maßgeblich veränderten. Der ästhetische Wert der<br />
ursprünglichen, chinesischen Kunst ging langsam verloren. Um dieser Entwicklung<br />
entgegenzuwirken, beschloß die Volksrepublik China Volkskunstzentralen zu errichten,<br />
die das traditionelle Handwerk unverfälscht in seiner ursprünglichen Form lehren<br />
und fördern. Seit der Kulturrevolution gewann das chinesische Kunsthandwerk<br />
allmählich wieder an Bedeutung.<br />
7) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.12-15<br />
17
Im Folgenden werde ich einige wichtige Handwerke<br />
und Materialien Chinas vorstellen und erläutern.<br />
Jadeschnitzereien<br />
Bis heute ist China von den magischen und spirituellen<br />
Eigenschaften des Halbedelsteins Jade (Nephrit)<br />
überzeugt. Auf den Handelsmärkten schnellen die<br />
Preise der kostbarsten Jadeskulpturen und Schmuckerzeugnisse<br />
in die Höhe, ein wertvolles Exemplar<br />
kann teurer sein als Haus und Auto. Ähnlich wie<br />
Gold dient es als eine sichere Investition des Geldes,<br />
aber der Ursprung dieser Faszination liegt weit<br />
zurück und ist von mystischer Natur.<br />
Jade galt seit Jahrhunderten als ein vitalisierendes,<br />
reines und göttliches Element in China. Man<br />
glaubte, dass Jade die Seele eines Menschen sogar<br />
im Tod noch beschützen kann. Ein fiktiver Aggregatzustand<br />
von Jade als Flüssigkeit soll die Fähigkeit<br />
besitzen, einem Menschen die Unsterblichkeit zu<br />
schenken. Heutzutage trägt man Jade als Armband,<br />
Talisman oder Ohrring, um sich Glück und Gesundheit<br />
herbeizuführen. Das bedeutendste Zentrum<br />
für den Jadehandel war früher ein riesiger Marktplatz<br />
in der Nähe des Tempels der fünfhundert<br />
Buddha-Jünger in Canton. Dort wurde gearbeitet,<br />
gehandelt und Gespräche über die Eigenschaften der<br />
verschiedenen Jadesorten geführt.<br />
Jade wird in zwei Steinarten eingeteilt: Nephrit-<br />
Jade und Jadeit. Letzteres dient als Ersatz für die<br />
echten Nephritjadesteine. Beide Sorten kommen<br />
in vielen Farbvariationen vor, die vom beinhalteten<br />
Eisengehalt abhängig sind. Es gibt indigo-blaue,<br />
grüne, gelbe, schwarze und farblose Steine, die alle<br />
für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Jade<br />
wurde vorwiegend in Ablagerungen von Flüssen<br />
gefunden und abgebaut. Sowohl der Abbauprozess,<br />
als auch der Transport dieses Steins war eine<br />
mühsame Angelegenheit, die in den alten Zeiten<br />
bis zu sechs Monate dauern konnte. Besonders der<br />
Jadeschnitzer musste sich gut über die Herkunft,<br />
Farbe und Art der unbearbeiteten Jadesteine informieren.<br />
Schon beim Kauf sollte dieser wissen,<br />
wie der Stein am Ende aussehen sollte. Ein guter<br />
Jadeschnitzer prüft das Stück Jade und entscheidet<br />
dann, wie er es entsprechend seiner Farbe, Struktur,<br />
Körnung, Adern und Tupfen am Besten gestalten<br />
sollte. Kleine Tupfen könnten später die Augen eines<br />
Tieres werden, Adern die Rinde eines Baues und<br />
Flecken die Flügeln des Eisvogels. Besonders beliebte<br />
Jadeschnitzereien waren spirituelle Tiere wie<br />
Schildkröten und Rehe, aber auch kleine Vasen und<br />
Schüsseln, die für den täglichen Gebrauch bestimmt<br />
waren, ließen sich gut verkaufen. 8<br />
18<br />
8) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.18-24
19
Elfenbein<br />
Der Elfenbeinschnitzer benutzt ähnliche Werkzeuge wie<br />
die der Jadekünstler, muss aber weniger physische Kraft<br />
bei der Arbeit anwenden, da Elfenbein ein sehr weiches<br />
Material ist. Nichtsdestotrotz muss ein Experte wissen,<br />
wie man die Maserung des Zahns behandeln sollte, sodass<br />
diese zum Teil des Musters wird. Das Inkrustieren des Materials<br />
mit Perlmutter gilt ebenfalls als eine der wichtigsten<br />
Techniken der Elfenbeinschnitzer. Besonders die Künstler<br />
aus der Tang-Periode sind dafür berühmt, Verzierungen<br />
mit Perlmutterstücken zu versehen, um interessante<br />
Lichteffekte zu erzeugen. Auch heute werden noch an<br />
vielen Orten Chinas Künstler ausgebildet, um schöne und<br />
kunstvolle Schnitzereien anzufertigen, die nicht nur im Inland,<br />
sondern auch im Ausland sehr gefragt sind. Cantons<br />
Elfenbeinschnitzer waren bekannt dafür, dass sie große<br />
Elfenbeinstücke verarbeiteten konnten. Der Prozess der<br />
Verarbeitung beginnt mit der Aushöhlung der Stoßzähne,<br />
bis diese extrem dünnwandig wurden, um dann mit der<br />
Oberflächenbearbeitung zu beginnen. Ein einziger Zahn<br />
konnte eine ganze Serie von kleineren Schnitzobjekten<br />
hervorbringen. Speziell das Pekinger Elfenbein war mit<br />
Tieren, Pflanzen und Schriftzeichen verziert, die sogar<br />
ganze Gedichte abbildeten. Immer wieder traten taoistische<br />
und buddhistische Sujets in Form von Relieffiguren<br />
auf, die geistige Themen wie Unsterblichkeit oder Fruchtbarkeit<br />
behandelten. 9<br />
20<br />
9) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.25-29
Seidenkunst und Stickerei<br />
Vor neunzehnhundert Jahren stellte die chinesische<br />
Seide einen wertvollen Besitz für jeden<br />
Händler dar und war von der Qualität her unübertroffen.<br />
Das Geheimnis der Seidenherstellung<br />
wurde sogar fünfhundert Jahre nach dem<br />
Beginn des Handels mit anderen Ländern geheim<br />
gehalten. Schließlich schafften es angeblich indische<br />
Mönche einen Stock Eier der Seidenraupen<br />
zu entwenden, um diese dann dem Kaiserreich<br />
Byzanz zu übergeben. Um genug Seidenmaterial<br />
für eine gelungene Stickerei zu gewinnen, musste<br />
man zunächst eine Vielzahl an Seidenraupen<br />
züchten. Eine Tätigkeit, die überwiegend von<br />
Frauen übernommen wurde. Nach zehn Tagen<br />
Inkubationszeit schlüpfen winzige Würmer aus<br />
den Eiern und essen sich fünfunddreißig Tage<br />
lang mit Maulbeerblättern satt. Danach spinnen<br />
sie ihre Kokons, wobei ungefähr nur die Hälfte der<br />
Kokons wirklich gut genug ist, um für hochwertige<br />
Seidenwerke verwendet zu werden.<br />
Sobald das Material gewonnen wurde, konnten<br />
die hochqualifizierten Stickerinnen der<br />
Werkstätten und Höfen anfangen, Kleidung<br />
und Seidenbilder für hohe Beamte oder sogar<br />
für den Kaiser anzufertigen. Von allen Sticharten<br />
wie den Kettenstich, den Spaltstich oder<br />
den Atlasstich ist letzterer die schönste und<br />
zarteste Art der Verarbeitung, da man hierfür<br />
feine und fast spinnwebartige Doppelschichten<br />
anbringt, die zu unglaublich detaillierten<br />
Schattierungen und Mustern führen konnten.<br />
Knallige Farben, von der Natur inspirierte<br />
Formen, geheimnisvolle Fabelwesen wie<br />
Drachen und Phönixe verzieren die Gewänder<br />
der Hofbeamten des Kaisers. Der Kaiser selbst<br />
bediente sich hauptsächlich goldenen Farben,<br />
um seinen heiligen Status als Gesandter Gottes<br />
zu unterstreichen. 10<br />
10) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.31-41<br />
21
Porzellanherstellung<br />
Die Entdeckung des Feldspats führte zu der berühmten Porzellanherstellung,<br />
für die China noch heute so bekannt ist. Die Chinesen lernten schnell, dass<br />
man für Porzellan hauptsächlich Kaolin und ein hartes Gestein bestehend aus<br />
Feldspat und Quarz benötigt. Die Qualität des Porzellans war und ist stark<br />
abhängig von dem Mischungsverhältnis dieser beiden Zutaten. Der Arbeitsprozess<br />
war langwierig und mühselig. Kaolin und Wasser wurde in eine<br />
große Grube geschüttet und solange von einem Wasserbüffel zerstampft, bis<br />
man aus dieser Mischung die verfeinerten Tonpartikeln gewann. Es folgten<br />
mehrere Stadien der Verarbeitung, bis man gutes, weißes Porzellan formen<br />
konnte. Das Material kann erst dann geformt werden, wenn es eine Lederhärte<br />
aufweist. Es ist zwar dann noch weich und fragil, jedoch gleichzeitig robust<br />
genug für handwerkliche Tätigkeiten. Nach der Glasur wurde das Porzellan<br />
in Drachenöfen bei etwa 1300 Grad Celsius gebrannt. Jeder Brennofen<br />
hatte damals einen Wächter, der sich jederzeit um den Brand kümmerte und<br />
den Vorgang nach Gefühl steuern musste. Die Verzierungsmethoden der<br />
Töpferprodukte sind vielseitig. Die einfachste Technik war das Brennen von<br />
unterschiedlichen Metallen wie Kupfer oder Eisen, um mannigfaltige Farbeffekte<br />
in der Glasur zu erzielen. Die farbigen Glasuren variierten sowohl nach<br />
Belüftungsart, Brenndauer und Temperatur. Die Glasurmalerei hingegen lässt<br />
sich in zwei eindeutige Grundtechniken einteilen: die Überglasur- und Unterglasurmalerei.<br />
Bei letzterem wird blaues Kobalterz auf die unglasierte Masse<br />
aufgetragen. Nach dem Brand wirkt es so, als ob sich die Farbe zwischen Oberfläche<br />
und Material befände. Bei der Überglasur wird stattdessen das bereits<br />
glasierte Porzellan bemalt. Diese Technik erfordert letztendlich einen zweiten<br />
Brand. Andere Techniken beinhalten zum Beispiel das Schnitzen des ungebrannten<br />
Tons und das Einpressen von Reiskörnern für die Erzeugung reliefartiger<br />
Oberflächen. Besonders reizvoll für die Geschmäcker der Chinesen waren Blumenverzierungen<br />
und Symbole aus taoistischen Mythen und Legenden. 11<br />
22<br />
11) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.49-57
Teigfiguren<br />
Weiches Spielzeug aus China war bei kleinen Kindern<br />
sehr beliebt. So formte man aus Brotteig Figuren und<br />
Puppen, die man dann mit schönen Gewändern und<br />
Seide einkleidete. Die bunten Teigfiguren wurden oft von<br />
Bauern gebacken und stellen meist stilisierte Formen<br />
von Tieren und Menschen dar. Das erforderliche Arbeitsmaterial<br />
kann in jeder Küche aufgefunden werden, da<br />
man hauptsächlich nur Mehl und Salz benötigt. Teigfiguren<br />
werden heutzutage in vielen Werkstätten Chinas<br />
hergestellt, aber besonders reizvoll wird es erst dann,<br />
wenn man umherreisenden Teigmännern bei der Arbeit<br />
auf der Straße zuschaut und die fertigen Ergebnisse unverfälscht<br />
und frischgebacken gleich mitnehmen darf. 12<br />
12) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.66-73<br />
23
Bambusarbeiten<br />
Die Tatsache, dass Bambus trotz seinen hölzernen Eigenschaften<br />
ein Gras und kein Baum ist, ist in China schon<br />
lange bekannt. Der schnellwachsende Rohstoff kann eine<br />
Höhe von fünfunddreißig Metern erreichen, wobei unter<br />
günstigen Umweltbedingungen das Gewächs innerhalb<br />
von zwei Tagen sechzig Zentimeter erreichen kann. Mit<br />
dem Bambus fertigen die Chinesen Werkzeuge, Möbeln,<br />
Becher, Matten und viele andere Produkte an, die mittlerweile<br />
auch im Ausland sehr willkommen sind. Verschiedene<br />
Bambussorten werden jedoch auch unterschiedlich<br />
behandelt. Dicker Bambus wird zu Brettern verarbeitet,<br />
feiner Bambus zu filigranen Möbelstücken. Im Prinzip<br />
kann normaler Bambus bereits nur mit einem Messer berarbeitet<br />
werden. Es gilt nicht das ganze Bambusrohr, sondern<br />
nur bestimmte Abschnitte davon zu verwenden. Das<br />
Messer muss mit etwas Kraft auf den senkrecht stehenden<br />
Bambus gedrückt werden, um den Spaltvorgang zu initiieren.<br />
Der chinesische Kuli-Hut wird zum Beispiel aus feinen<br />
Bambusspänen hergestellt. Die feinsten Fasern können<br />
für Spielzeugfiguren verwendet werden. Der Fächer, der<br />
seit Jahrhunderten als ein Kultsymbol chinesischer Tradition<br />
gilt, wird auch noch heute durch gespaltene Bambusrippen<br />
zusammengehalten. Das Produktrepertoire<br />
ist riesig, die Variationen unzählig. Trotzdem nimmt die<br />
Nachfrage nach neuen Bambusprodukten immer weiter<br />
zu. Dies führte zu ausgedehnten Bambuskulturen und der<br />
Entwicklung von professionellen Bambuswerkstätten in<br />
China, um den benötigten Nachschub zu garantieren. 13<br />
24<br />
13) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.85-93
Papierdrachen<br />
Bei chinesischen Feiern und Zeremonien durften früher Papierdrachen<br />
auf keinen Fall fehlen. Ursprünglich für militärische<br />
Zwecke gedacht, werden Drachen heutzutage nur noch zum<br />
Vergnügen gebaut. Das Drachensteigen war ein lustiger Zeitvertreib<br />
für Kinder in China, wobei es auch professionelle<br />
Wettbewerbe gab, die das Können und die handwerklichen<br />
Fähigkeiten jedes Teilnehmers auf den Prüfstand setzten. Die<br />
ersten Drachen wurden aus Stoff und Holz angefertigt, da<br />
Papier weitgehend unbekannt war. Fliegende Tiere galten als<br />
besonders interessant, da sie dem Drachen eine natürliche Lebendigkeit<br />
verleihen. Einer der kompliziertesten Drachen ist der<br />
Tausendfüßler, der bis zu zwanzig Meter lang werden kann und<br />
aus Bambusrahmen und Papier überzogen ist. Es ist bereits<br />
sehr schwierig für den Drachenkünstler, das richtige Verhältnis<br />
der Holzstangen bei der Herstellung zu finden, der Tausendfüßler<br />
kann daher dessen Konzentration für mehrere Wochen<br />
beanspruchen. Es ist erstaunlich, dass diese Handwerkskunst<br />
trotz ihrer Vergangenheit im modernen China verpönt und<br />
sogar von der Regierung verboten wurde, da es als ein Hobby<br />
für Faule betrachtet wird. Chinas Drachen werden jedoch immer<br />
noch in Massen produziert, überwiegend für den Export. 14<br />
14) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977, S.109-15<br />
25
LACKKÜNSTE<br />
„Keine Materie ist so ausschließlich fernöstlich wie der Lack.“ „Die Ostasiaten haben selbst alle Möglichkeiten ausgenutzt, die in dem Naturprodukt<br />
schlummern, freilich zunächst ohne seinem Wesen Gewalt anzutun.“ - Alfred Salmony (1890-1958, Professor am Institute of Fine Arts, New<br />
York University).<br />
Der Lack ist ein Baumharz, das Bestandteil aller Lackprodukte Ostasiens ist. Dieser Saft wird aus dem Lackbaum (Rhus vernicifera, jap.Urushino-ki,<br />
chin. Ch’i-shu) gewonnen, der im südlichen China heimisch ist. Dieser wird zwischen acht bis zwanzig Metern hoch. Beim Vorgang des<br />
Abzapfens kommt der unfiltrierte Rohlack zum Vorschein, welcher milchig ist und an der Luft eine gelbliche Farbe annimmt. Der Lack beinhaltet<br />
das Enzym Laccase, das die Substanz bei warmer Luft trocknen lässt. Wasser, Gummi, stickstoffartige Stoffe bilden den Hauptbestandteil des<br />
Lacks, welcher nach der Filterung kühl und verschlossen gelagert werden muss. Fast alle Farbpigmente werden durch den Lacksaft geschwärzt,<br />
weshalb es lange Zeit nur Farben wie Rot und Schwarz in Kombination mit dem Lack zu finden gab. Ab dem 19. Jahrhundert entdeckte man<br />
Möglichkeiten, andere Farbverbindungen mit Lack zu erzeugen. Holz, Textilien und Bambus eignen sich hervorragend für den Lackauftrag, sogar<br />
Porzellan und Leder können als Trägermaterial in Frage kommen. Bei qualitativ hochwertigen Lackerzeugnissen wird der Lacksaft Schicht für<br />
Schicht übereinander aufgetragen, von denen jede Schicht trocknen muss, bevor man mit der nächsten beginnen kann. Der zeitliche Aufwand<br />
für ein einziges Lackobjekt ist demnach immens und konnte in Extremfällen bis zu mehreren Jahren dauern. Aufgrund der steigenden Nachfrage<br />
existieren heutzutage auch billige und teils giftige Lacke, die aus Leim, chemischen Stoffen und Ziegelpulvern bestehen. Diese trocknen wesentlich<br />
schneller und haben einen deutlich kürzeren Herstellungsprozess. Die Ostasiaten kannten die interessanten Eigenschaften des Lacks bereits<br />
seit etwa 4000 v. Chr. Sie entwickelten eine große Vielfalt an Techniken, die den Lack auf dekorativer Art und Weise bearbeiten. 15<br />
26<br />
15) Gabbert, Gunhild: Ostasiatische Lackkunst, Frankfurt am Main 1978, S.7-8
27
Gemalter Lack<br />
Die einfachste aber auch zugleich älteste Technik ist das Auf- und<br />
Bemalen von Objekten mit Lack. Der Rohlack ist eine milchige<br />
Substanz und oxidiert sofort an der Luft. Als Trägermaterial<br />
kamen hauptsächlich Keramiken und Holz in Frage. Kleinere Gefäße,<br />
Dosen, Körben, Waffen und sogar Särge konnten großflächig<br />
mit Lack überzogen werden. Üblich war auch das Lackieren von<br />
Möbeln wie Tische und Stühle. Dabei wird das Holz als erstes<br />
geglättet, mit einer Rohlackgrundierung versehen und dann mit<br />
drei bis vier Lackschichten überdeckt. Das Auftragen der anschließenden<br />
Dekorschicht wurde mit einfachen Pinsel ausgeführt.<br />
Während der Han-Dynastie entwickelte sich das Lackhandwerk<br />
zu einer organisierten Massenproduktion mit professionellen<br />
Handwerken, von denen jeder nur eine einzige Aufgabe innerhalb<br />
der kaiserlichen Manufaktur innehatte, um höchstmögliche Qualitäten<br />
zu erreichen. Ausgrabungen, die in den letzten 50 Jahren<br />
stattgefunden hatten, brachten eine große Bandbreite an wertvollen<br />
Lackgegenständen hervor, die verdeutlichen, wie beliebt diese<br />
für die Reichen der damaligen Zeit gewesen sein mussten.<br />
Die große Nachfrage führte auch zur Entdeckung und Entwicklung<br />
neuer Techniken, wie zum Beispiel der Trockenlacktechnik<br />
(tuo tai). Hierfür legte der Lackmeister mehrere<br />
in Lack getränkte Hanftücher auf ein Gefäß, ließ diese trocknen,<br />
damit sie die Form des Gegenstands annahmen. Danach<br />
wurden dann mehrere Schichten aufgetragen, um so Becher,<br />
Schalen und Teller herzustellen. Der gemalte Lack diente in<br />
späteren Dynastien als Verzierungsmethode schöner Tellern<br />
und Tabletts. Der flüssige Lack wurde entweder mit einem<br />
Pinsel per Hand dekorativ aufgetragen, oder es wurden<br />
Ornament-Schablonen verwendet, die speziell an bestimmte<br />
Gegenstände angepasst waren. Jagdszenen, Landschaften und<br />
Zeremonien sind häufig auf den Gegenständen zu beobachten.<br />
Einen besonderen Touch lieferten Lackfarben mit feinem<br />
Goldstaub, was das Produkt edler und wertvoller erschienen<br />
ließ. Bis in die heutige Zeit sind bemalte Lacke in China sehr<br />
beliebt, weshalb die Lackmanufakturen von der Bevölkerung<br />
sehr respektiert und geschätzt werden. 16<br />
28<br />
16) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006, S.46-47
29
Monochromer Lack<br />
Unter dieser Lackform versteht man einfarbige<br />
Lackerzeugnisse, die ohne Dekor und Motiven auskommen<br />
und einen schlichten Charakter aufweisen.<br />
Der Lacksaft dient hierbei als schützendes Material<br />
und weniger der Verzierung. Auch hier sind die Farben<br />
Rußschwarz und Zinnoberrot die favorisierten<br />
Pigmente, die über Jahrtausende hinweg die Farbgebung<br />
monochromer Lacke dominierten. Später<br />
wurden auch andersfarbige Lackschichten aufgetragen,<br />
wobei die Grundierung auch heute immer noch<br />
rot oder schwarz ist. Gegen Ende der Tang-Dynastie<br />
tauchten die ersten ganz monochromen Lacke auf,<br />
die mit ihren reduzierten und einfarbigen Erscheinungsbildern<br />
eine neue Stilform und Ästhetik<br />
in China einführten. Besonders die Intellektuellen<br />
und Reichen der Song-Dynastie bevorzugten<br />
schlichte und hochglänzige Lacke, wobei dieser Stil<br />
je nach Ortschaft unterschiedlich aufgenommen<br />
und weiterentwickelt wurde. So konzentrierten sich<br />
die Handwerker des Nordens auf die Herstellung<br />
von Lackgegenständen, die für den täglichen Gebrauch<br />
geeignet waren. Der Süden hingegen versuchte,<br />
feines Porzellan mit Lack zu kombinieren.<br />
Schalenständer aus Lack sind typische Beispiele für<br />
die Harmonie zwischen Lack und Keramik.<br />
Besonders interessant für Sammler und Forscher<br />
sind die Signierungen und Datierungen, die sich<br />
auf den monochromen Lacken befinden. Anders<br />
als in anderen Perioden, war es üblich, dass<br />
Handwerker in der Han-Zeit darauf bestanden, das<br />
eigene Werk mit dem eigenen Namen zu versehen.<br />
Ausgrabungen belegen, dass die Hauptquelle<br />
dieser Lacke aus den Provinzen Jiangsu, Hunan<br />
und Hubei kommen, - Orte, wo der Lackbaum<br />
gut gedeihen kann. Die monochromen Lacke<br />
beherrschten bis zum Ende der Song-Dynastie<br />
den Markt, wurden jedoch nach und nach von<br />
den künstlerischen Schnitzlacken verdrängt. Eine<br />
Wiederbelebung fand seither nicht mehr statt, zu<br />
atemberaubend waren die Schnitz- und Perlmutterlacke<br />
späterer Generationen. 17<br />
30<br />
17) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006, S.80-81
31
Schnitzlack<br />
So gilt der Schnitzlack (daoqi) als die edelste und wertvollste<br />
Form der Lackbearbeitung in China. Diese Technik<br />
erlebte seine Blütezeit im 14. und 15. Jahrhundert der<br />
Ming-Dynastie und gilt bis heute als die wohl bedeutendste<br />
Kunstform des chinesischen Lacks. Der Lack wird<br />
schichtweise aufgetragen und nach der vollständigen<br />
Trocknung mit einem feinem Messer herausgeschnitten,<br />
sodass Ornamente und Texturen die Oberfläche der<br />
Produkte verzieren. Die Fertigstellung war eine zeit- und<br />
kostenintensive Angelegenheit. Zunächst werden Grundierungsschichten<br />
aufgetragen, die nach der Trocknung<br />
geschliffen und poliert werden müssen. Erst dann können<br />
Feinlackschichten nacheinander angebracht werden, die<br />
im Durchschnitt hauchdünne 0,04 Millimeter dick sind.<br />
Jede einzelne Schicht muss für mehrere Tage trocknen.<br />
Wird eine der Schichten zu dick oder ungleichmäßig<br />
aufgetragen, so kann es zu Problemen bei der Aushärtung<br />
kommen, die zu irreparablen Schäden führen können.<br />
Die meisten Lackobjekte besitzen eine Gesamtdicke von<br />
drei bis vier Millimetern, was in etwa hundert und mehr<br />
Feinlackschichten entspricht. Um Zeit zu sparen, greifen<br />
Künstler und Handwerker immer öfter nach vorgeformten<br />
Dekorteilen aus Lack, um sie direkt an das Trägermaterial<br />
anzuheften. Es entwickelte sich eine Vielzahl an Dekormotiven,<br />
die heutzutage einen wesentlichen Beitrag zur<br />
Datierung der Stücke leisten. Besonders bevorzugt wurden<br />
Jahreszeitenblüten wie Päonie, Kamelie und Chrysanthemen,<br />
aber auch Vogelpaare in Kombination mit floralen<br />
Hintergründen werden häufig beobachtet.<br />
Der Schnitzmeister beginnt seine Arbeit häufig mit einer<br />
schwarzen Führungsschicht, die ihm vor zu tiefen Schnitten<br />
bewahrte. Die Gesamtkomposition des Rotlacks wirkt<br />
flächenfüllend und durch seine feinen, rhythmischen<br />
Ornamenten plastisch und räumlich. Es erfordert viel künstlerisches<br />
Geschick, um das Dekormuster herauszuarbeiten.<br />
Eine vielschichtige Überlappung der Motive ist dabei<br />
keine Seltenheit, In Fachkreisen bezeichnet man diese<br />
Technik als „close-knit-Stil“. Ein weiteres Merkmal sind die<br />
mit Gold versehen und eingeritzten Regierungsmarken,<br />
die Aufschluss darüber geben, welcher Kaiser welches<br />
Produkt hat produzieren lassen. Diese Marken werden erst<br />
nach Fertigstellung der Produkte eingebracht, welche aber<br />
nicht immer von authentischer Natur sind. Der Grund ist<br />
der, dass die Herstellung einzelner Stücke sogar gesamte<br />
Herrschaftsperioden überdauern konnte und manche Projekte<br />
demnach erst viel später beendet werden konnten.<br />
Auch ist die Schnitzlackkunst ein guter Indikator für die<br />
wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der unterschiedlichen<br />
Dynastien. Erfolgreiche Wirtschaftsperioden<br />
konnten sich den Erhalt der kostenintensiven Lackwerkstätten<br />
leisten, wohingegen von Niedergang und Verfall<br />
geprägte Dynastien die Lackproduktion anhalten mussten.<br />
32<br />
18) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006, S.92-95
33
Lack mit Einlagen aus Perlmutter und Metall<br />
Metalleinlagen gewannen zum Beginn der Han-Dynastie immer<br />
mehr an Bedeutung. Es wurden Gold- und Silberstücke<br />
in die Lacke integriert, um die Pracht dieser Arbeiten erneut<br />
zu unterstreichen. Bei Ausgrabungen wurden vorwiegend<br />
Speißegefäße und Kosmetikkästen in diesem Stil gefunden.<br />
Die sogenannte pingtuo-Technik beschreibt das Ausheben<br />
kleinerer Lackflächen aus dem schwarzen Lackgrund, um<br />
diese Lücken schließlich mit glänzenden Metallen wie Silber<br />
und Gold zu füllen. Der farbliche Kontrast, der hierbei<br />
entsteht, galt als ästhetisch und edel. Diese Technik wurde<br />
bevorzugt an Dosen, Tablets und Bronzespiegeln angewendet.<br />
Zeitgleich entwickelte sich in dieser Zeit eine andere, ähnliche<br />
Technik, die mit feinen Einlagen aus Perlmutter (luodian)<br />
arbeitete. Auch hier wird aus dem mehrschichtigen Lackfundament<br />
Vertiefungen durch das Ausschneiden einzelner<br />
Lackstücke erzeugt, worauf entsprechend angepasste Perlmutterteile<br />
eingepresst und festgeleimt werden. Im nächsten<br />
Schritt wird die Oberfläche mit Transparentlack überzogen,<br />
mehrmals poliert und glattgeschliffen. Der Fokus dieser Technik<br />
liegt ebenfalls auf den sich farblich kontrastierenden Materialien.<br />
Luxuriöse Gegenstände der frühen Song-Dynastie<br />
beinhalten reichlich Gold, Silber, Perlmutter und Edelsteine.<br />
Besonders die Produktion von Perlmutterlacken wurde in<br />
großem Stile betrieben, da es von kaiserlicher Seite stetig<br />
gefördert und finanziell unterstützt wurde.<br />
Neben Gefäßen und Bechern wurden auch kleinere Lackmöbel<br />
mit Perlmutter angefertigt. Am Anfang der Song-Zeit<br />
verwendete man harte Perlmutter aus der Schale diverser Kegel-<br />
und Kreiselschnecken, die jedoch ab dem 13. Jahrhundert<br />
durch das weiche Schaleninnere der Haliotis, einer<br />
auch als Seeohr oder Abalone bezeichneten Seeschnecke,<br />
ersetzt wurden. Die Schale dieses Tieres ist farblich facettenreicher<br />
und schimmert meist in grünlich, blau-violett und<br />
rosafarbenen Tönen. Das Material ist so weich, dass es in<br />
papierdünne Plättchen geschnitten und angebracht werden<br />
kann. Die Haliotis-Schnecke wurde in Frankreich unter den<br />
Namen „burgau“ bekannt, weshalb man diese Lacken in<br />
Europa auch als „Laque burgaute“ bezeichnet. Das Dekor<br />
der Perlmutterlacke orientierte sich an szenischen Darstellungen<br />
und Charakteristiken der Holzschnittillustrationen.<br />
Aufgrund von Stilwechseln und Verschlechterungen der<br />
wirtschaftlichen Verhältnisse musste diese Form der Lackkunst<br />
zugunsten der anerkannteren Schnitzlacke aufgegeben<br />
werden. Dafür wurde sie in anderen Kulturen wie Japan und<br />
vor allem in Korea wieder aufgegriffen und perfektioniert. 19<br />
34<br />
19) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006, S.188-189
35
Gefüllter und gravierter Lack<br />
Die Vertiefungen der noch nicht vollständig ausgehärteten<br />
Lackschichten werden bei der qiangjin-Technik<br />
mit einer Mischung aus Lack und Auripigmenten<br />
bestrichen und mit Blattgold überzogen. Statt des<br />
Blattgoldes kann auch Goldpulver verwendet werden.<br />
Das Gleiche ist auch in Bleiweiß und Silber denkbar.<br />
Dadurch ergeben sich gravierte und vergoldete bzw.<br />
versilberte Linien, die sich gestalterisch in die Lackdekore<br />
miteinbeziehen. Die qiangjin-Technik wurde in<br />
China nur bedingt weiterentwickelt, kann aber dank<br />
unzähliger Produktbeispiele, die bei Ausgrabungen zu<br />
Tage gefördert wurden, problemlos dokumentiert und<br />
geschichtlich eingeordnet werden. Die gefüllten Lacke<br />
hingegen erfuhren kaiserliche Unterstützung und erlangten<br />
ihre Blütezeit in der Song-Dynastie. Bei dieser<br />
Technik entstehen die Vertiefungen durch das Ausheben<br />
von Lackfragmenten, die dann mit andersfarbigen<br />
Lacken gefüllt werden.<br />
Man nennt diese Herangehensweise auch die loukan-Technik,<br />
die wiederum in zwei Arten unterschieden<br />
wird. Das trockene loukan-Verfahren lässt sich das<br />
externe Lackstück in die Vertiefungen einpassen, wohingegen<br />
beim nassen Verfahren die Aushöhlung erst<br />
mit Klarlack gefüllt und dann mit Pigmenten gefärbt<br />
wird. Der Ansatz der moxian-Methode basiert auf das<br />
Anbringen der Dekorelemente in farblich vielseitigen<br />
Schichten auf die bereits grundierte Oberfläche, bis die<br />
geplante Höhe des Werkes erreicht ist. Danach wird<br />
die Grundfläche solange mit Lack beschichtet, bis die<br />
davor aufgebaute Dekorschicht nicht mehr zu sehen<br />
ist. Die Oberfläche wird dann solange abgeschabt und<br />
geschliffen, bis man die dekorativen Schichten wieder<br />
erkennen kann. Die qualitativ hochwertigsten Werke<br />
dieser Technik verdanken ihrem Ursprung dem vierten<br />
Kaiser Qianlong (1736-1796) der Qing Dynastie, der<br />
diese Methode sehr schätzte und förderte. 20<br />
36<br />
20) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006, S.208-209
37
Lack in anderen Kulturen<br />
Japan<br />
Obwohl die Sammlung japanischer Lackgegenstände nicht<br />
so umfangreich wie die der Chinesen ist, so sind vor allem<br />
stilistische und kulturelle Veränderung dieser Handwerkskunst<br />
deutlich zu erkennen. Erst dank der frühzeitigen,<br />
globalen Öffnung Japans wurde der Lack weltweit bekannt<br />
und verstanden. Viele Meisterwerke inspirierten Künstler<br />
und Sammler aus westlichen Ländern, sich mit dieser<br />
Thematik auseinanderzusetzen, um eigene Versionen dieser<br />
Kunstform zu kreieren. Besonderen Status hat vor allem<br />
die Makie-Technik, bei der Gold- und Silberstaub auf den<br />
meist noch feuchten Lackgrund gestreut und dann zu<br />
feinen Motiven zusammengefügt wird. Nach dem Trocknen<br />
werden Lackschichten solange angebracht, bis das Dekor<br />
verschwunden ist. Der letzte Schritt ist das Freipolieren<br />
der Darstellungen. Anders als die Chinesen bewunderten<br />
die Japaner auch die Kunst des Zufalls und das Hinterlassen<br />
menschlicher Spuren statt handwerklicher Perfektion.<br />
Die Negoro-Technik setzt voraus, dass der Lackmeister die<br />
roten und schwarzen Lackschichten ungleichmässig abpoliert,<br />
um zufällige Texturen und Muster entstehen zu lassen.<br />
Dies und vieles mehr sind Erfindungen Japans und Symbole<br />
einer Kultur, die sich einerseits viel an chinesischen<br />
Einflüssen orientiert hatte, gleichzeitig aber auch eigene<br />
Wege in der Gestaltung der Dinge gehen konnte. 21<br />
Korea<br />
Wenn man von ostasiatischer Lackkunst spricht, dann werden im wesentlichen<br />
China und Japan in einem Atemzug genannt. Die Lacke aus Korea sind<br />
stark an chinesischen Vorbildern orientiert, die auf dem ersten Blick von den<br />
Originalen aus China nicht zu unterscheiden sind. Erst mit der Einführung der<br />
Perlmutter-Lacke entwickelte sich eine spezielle Form der koreanischen Lackkunst,<br />
die so perfektioniert wurde, dass japanische und europäische Märkte<br />
eine unersättliche Nachfrage danach hatten. Der Großteil der Perlmutterwerke<br />
(najeon chilgi) stammen aus der Joseon-Dynastie (1392-1910). Hauptmotive<br />
sind florale Themen wie zum Beispiel Chrysanthemen. Bemerkenswert ist die<br />
Tatsache, dass die Perlmuttereinlagen, anders als bei chinesischen Werken, oft<br />
die komplette Oberfläche der Kästchen und Becher bedeckten. 22<br />
Europa<br />
Anders als beim Porzellan war die Herstellung von Lackerzeugnissen im Westen<br />
kein Geheimnis. Es gelang Europa trotzdem nicht, richtige Lacke anzufertigen,<br />
da der Lackbaum in Europa nicht gedeihen konnte. Im 13. Jahrhundert<br />
berichtete Marco Polo als erster über den Lack, später der Araber Ibn Batuta.<br />
Zunächst importierte man Lacke aus Japan, jedoch versuchte man später auch<br />
in Paris eigene Werke herzustellen. Anstatt des natürlichen Lacksaftes benutzte<br />
man Schellack, was weniger resistente Eigenschaften aufwies und deswegen<br />
Arbeiten europäischer Herkunft heute im schlechten Zustand sind. Nichtsdestotrotz<br />
existieren auch atemberaubende Arbeiten aus Europa, die einen<br />
erfrischend anderen Stil im Vergleich zur ostasiatischen Konkurrenz besitzen. 23<br />
38<br />
21) Gabbert, Gunhild: Ostasiatische Lackkunst, Frankfurt am Main 1978, S.11-12<br />
22) Frick, Patricia; Jung, Soon-Chim: Die Lackkunst Koreas - Ästhethik in Vollendung, Oktober 2012 - Januar 2013, S.8 ff.<br />
23) Gabbert, Gunhild: Ostasiatische Lackkunst, Frankfurt am Main 1978, S.7-8
39
KITSCH UND KULTUR<br />
Das Wort „Kitsch“ steht für eine scheinkünstlerische Gestaltung die versucht,<br />
Mängel durch übertriebene Reize zu verdecken. Im klassischen<br />
Sinne versteht man unter „Kitsch“ einen schlechten Geschmack, der sich<br />
von der reduzierten und funktionsorientierten Gestaltung verabschiedet.<br />
Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Wahrnehmung und<br />
der Eindruck von Kitsch generationsabhängig ist. Produkte, die in der Vergangenheit<br />
entworfen wurden, empfinden wir heute als kitschig, wohingegen<br />
diese zur Entstehungszeit nicht auffällig waren oder vielleicht sogar<br />
als ästhetisch empfunden wurden. Es ist offensichtlich, dass Geschmäcker<br />
nicht nur von Person zu Person variieren, sondern auch maßgeblich durch<br />
Zeitperioden und unterschiedlichen Kulturen beeinflusst werden. Es müssen<br />
Maßstäbe bei der Beurteilung künstlerisch, gestalterischer Produkte<br />
gesetzt werden, die sich zwischen ethischen, ästhetischen, politischen und<br />
technischen Grenzen einer Gesellschaft flexibel bewegen können. Der<br />
Kitsch steht trotz seinen negativen Eigenschaften für standhafte Merkmale<br />
in Kunst und Kultur, die tief in den Köpfen der Menschen verankert sind.<br />
Seien es kitschige Figuren von Walt Disney oder kitschbeladene Bücher<br />
oder Bilder, sie alle rufen Erinnerungen und Assoziationen vor, die wir alle<br />
auf irgendeiner Art und Weise kennen. 24<br />
40<br />
24) Dorfles, Gillo: Der Kitsch, Sonderausgabe für den Prisma Verlag, Gütersloh 1977, S.10 ff.
An dieser Stelle ist es wichtig zu vermerken, dass der Unterschied hinsichtlich<br />
der Geschmäcker zwischen westlichen und asiatischen Kulturen<br />
immens ist. Ein Großteil der chinesischen Bevölkerung ist trotz westlicher<br />
Einflüsse immer noch sehr traditionsgebunden und konservativ. Aspekte<br />
in der Produktgestaltung wie Opulenz und Ornamentik gelten für sie<br />
noch als Zeichen hoher Qualität. Im Gegensatz zu älteren Generationen<br />
pflegen die jungen Menschen von China ein tendenziell westlicheres<br />
Denken mit Fokus auf Einfachheit, Funktionalität und Erneuerungen. Es<br />
wird klar, dass gutes Produktdesign in diesen beiden Kulturen trotz der<br />
modernen Globalisierung der Welt anders wahrgenommen wird. Was in<br />
Deutschland als kitschig ankommt, ist in China alltägliche Gestaltung,<br />
zumindest was die handwerksorientierten Gewerkschaften betrifft. Eine<br />
Schnittstelle zwischen diesen beiden Welten existiert kaum, da hybride<br />
Lösungen generell unbefriedigend sind. Es ist daher wichtig für beide Kulturen,<br />
Gegensätze und Unterschiede akzeptieren zu können, um kreative<br />
Entwicklungsmöglichkeiten voranzutreiben. Mit diesen Informationen im<br />
Hinterkopf wurde nun die praktische Arbeit dieser Bachelorthesis angefertigt,<br />
die im Folgenden nun vorgestellt wird.<br />
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PRAKTISCHE ARBEIT: KOOPERATION UND RECHERSCHE<br />
Die Frage nach der wahren Form des chinesischen Designs kann vielleicht beantwortet werden, wenn man sich die Entwicklungen Japans anschaut<br />
und verinnerlicht. Auch Japan befand sich in einer ähnlichen Situation, bei der die japanischen Gestalter nicht wussten, was japanisches<br />
Design eigentlich beinhaltet und vermittelt. Ein kurzer Blick zurück in die Vergangenheit offenbarte jedoch die einzigartigen Traditionen und<br />
Handwerkskünste, die das Design unterschiedlicher, japanischer Produkte seit Jahrtausenden geprägt hatten. Aus alten Wurzeln konnte man<br />
neue Prinzipien und Ansätze formen, die das japanische Design zu das gemacht haben, was wir heute kennen und schätzen. China muss sich<br />
in dieser Hinsicht nicht verstecken und besitzt ebenfalls eine reichhaltige Vergangenheit mit unzähligen Traditionskünsten. Ich habe es mir<br />
zur Aufgabe gemacht, das chinesische Design anhand von realen Produktbeispielen aus der Lackkunst näher zu definieren. Zusammen mit der<br />
berühmten Lack- und Holzmanufaktur “Yangzhou Qi Qi Chang” in Yangzhou, China konnte ich eine erfolgreiche Kooperation etablieren, die<br />
mir es ermöglichte, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Dabei war es mir besonders wichtig, das Handwerk zu verstehen und die entsprechenden<br />
Techniken zu erlernen, um sie auf meine Konzepte anzuwenden.<br />
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Yangzhou selbst ist eine bezirksfreie Stadt in der Provinz Jiangsu und Heimat für 4,5 Millionen Menschen. Sie ist nicht nur historisch, sondern<br />
auch kulturell von hoher Bedeutung, da viele berühmte Künstler, Handwerker und Dichter in dieser Stadt gelebt und gearbeitet hatten.<br />
Die berühmteste aller Handwerkskünste Yangzhous ist die Lackkunst, die sonst in keiner anderen Stadt Chinas so geehrt und gefördert wird.<br />
Spricht man von Yangzhou, dann spricht man von Lacke. Die Yangzhou Lack-Manufaktur wurde 1955 gegründet und war eine private Institution,<br />
die aber nach der Kulturrevolution verstaatlicht wurde. Sie gilt als die führende Firma für Lacke jeglicher Art und wird seit Jahrzehnten<br />
traditionell geführt. Die Verschmelzung der Manufaktur mit lokalen Möbelherstellern erweiterte das Produktsortiment um lackiertes<br />
Möbiliar und Holzskulpturen. Als eine in Deutschland aufgewachsene Person mit chinesischen Wurzeln sehe ich mich in einer neutralen<br />
Moderatorenrolle, die versucht, zwischen diesen beiden Ländern zu vermitteln, ohne dabei eine voreingenommene Haltung zu entwickeln.<br />
Gemeinsam und in enger Zusammenarbeit habe ich die Produkte mit den in der Firma anwesenden Führungskräften, Werkstattleitern und<br />
auch mit Familienangehörigen und Freunden entwickelt.<br />
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Ich besuchte Museen, Ausstellungen, Handelsstraßen und befragte Freunde und Familie, um mir ein Bild von der aktuellen Lage<br />
in China zu machen. In der Firma selbst hatte ich regen Kontakt zu den Werkstattleitern und die Möglichkeit, Meinungen aus der<br />
Praxis einzuholen, was Design und Handwerk betrifft. Es wurde mir immer klarer, dass ein riesiger Widerspruch existiert, der<br />
dem Handwerk sicherlich nicht zu Gute kommt. China liebt trotz der westlichen Einflüsse, die Reduktion und Schlichtheit als Maß<br />
schöner Dinge definieren, auch die übertriebene Opulenz in den eigenen vier Wänden. Eine schöne Skulptur erfüllt jedoch neben<br />
ihrem Dekorationscharakter keinerlei Zweck, nimmt oft viel Platz ein und endet irgendwann als Staubfänger. Die Chinesen haben im<br />
Laufe der Industrialisierung gelernt, dass der Umgang mit Raum und Geld effizient sein sollte. Teure Skulpturen oder Behälter aus<br />
geschnitztem Rotlack sind für die meisten eine unvernünftige Verkaufsentscheidung und ergeben wenig Sinn, außer man möchte in<br />
Kunst und Handwerk investieren. Die Idee dieser Arbeit ist es, die Produkte dieser Handwerkskunst mit einer Funktion bzw. einem<br />
Nutzen zu versehen, um sie in hilfreiche Gebrauchsgegenstände zu verwandeln. Dabei soll die Verschmelzung von Tradition und<br />
Moderne veraltete Werte und Gesetze des chinesische Handwerks in Frage stellen und neu interpretieren. Um dies zu erreichen,<br />
wollte ich Produkte erschaffen, die vorwiegend die charakteristischen Merkmale wie Handarbeit und Opulenz des Holz- und Lackhandwerks<br />
aufweisen, gleichzeitig aber Funktionen beherbergen, die auf dem ersten Blick nicht sofort ersichtlich sein sollten. Grund<br />
dafür ist die erhoffte, aktive Auseinandersetzung des Benutzers mit den Objekten und das Erwecken seiner Neugier, um sich selbst<br />
ein neues Bild von traditioneller Handwerkskunst zu machen. Die Funktionen sind ebenfalls nicht willkürlich gewählt, sondern ergeben<br />
sich aus der Beobachtung des alltäglichen Lebens in China und aus meinem persönlichen Aufenthalt in Yangzhou.<br />
Obwohl es eine offensichtliche und banale Herangehensweise ist, die fehlende Funktion einfach hinzuzufügen, ist es dennoch ein erster<br />
Schritt, der in vielen Handwerksbereichen noch nicht unternommen wurde. Grund dafür ist das im theoretischen Part erläuterte<br />
Ankämpfen gegen jegliche Neuerungen in der anscheinend perfekten und unveränderbaren Handwerkswelt. Ich habe zunächst eine<br />
Vielzahl an Ideen zeichnerisch visualisiert und diese den Werkstattsleitern und Arbeitern vorgestellt. Gemeinsam sind wir alle Ideen<br />
durchgegangen und haben zusammen eine Hand voll Konzepte entwickelt, die sowohl meinen Vorstellungen als auch der Firmenphilosophie<br />
gerecht wurden. Aspekte wie Umsetzbarkeit, Kosten und Zeitaufwand wurden berücksichtigt und haben letztendlich<br />
dann zu fünf Produktkonzepten geführt. Ich übernehme überwiegend eine leitende Rolle: Ich treffe Entscheidungen über das Design,<br />
Details im Modell und arbeite selber an den Modellen, wenn die Mitarbeiter keine Zeit haben oder mit realen Aufträgen beschäftigt<br />
sind. Die Werkstattleiter nehmen sich oft Zeit, um mir wichtige Holzverarbeitungstechniken zu zeigen.<br />
In den folgenden Seiten möchte ich die Ideen detaillierter vorstellen. Gegen Ende soll dann ein zusammenfassender Ausblick gegeben<br />
werden, der die Früchte dieser Arbeit konkretisiert, um eine Prognose für die Zukunft zu geben.<br />
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IDYL - PRODUKTSERIE<br />
Der Taoismus beschreibt das chinesische Paradies als ein von Nebel umhüllter Ort, begleitet von unzähligen Bergen und Flüßen, die eine<br />
verschwommene, aber anmuitge Landschaft abbilden. Diese Schönheit wurde im Miniaturformat auf chinesische Gärten übertragen, die<br />
seit Jahrtausenden Symbol für Indiviudalität und Status stehen. Kai-Yin Lo, eine berühmte Historikerin und Designerin glaubt, dass chinesische<br />
Gärten nicht nur die finanzielle Lage einer Familie, sondern auch das Niveau der Bildung und Ausbildung der jeweiligen Familie<br />
widerspiegelt. Chinesische Gärten sind heilige Rückzugsorte, wo man den Alltagsstress ablegen kann, Kunst und Musik genießen und in tiefe<br />
Gedanken versinken kann. Auf Eleganz aber auch Schlichtheit wurde bei der Gestaltung dieser Gärten viel Wert gelegt, denn schließlich sollen<br />
diese Generationen überdauen und auch auf die Urenkelkinder angenehm und wohlfühlend wirken. Typisch für den chinesischen Garten<br />
sind Höhen und Tiefen, Steine, hinter denen sich unbekannte Wege verstecken und eine fast endlos sprudelnde Wasserquelle. Dieser idyllische<br />
Ort bildet die Hauptinspiration meines Konzepts, weshalb meine Entwürfe in ihrer Gesamtheit versuchen, einen chinesischen Garten<br />
mithilfe einer Produktsprache nachzuempfinden. Der Titel der entstandenen Serie trägt den Namen “Idyl”.<br />
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Sun’s Root<br />
Der Kieferbaum gilt als ein Symbol der Langlebigkeit<br />
und Reinheit in China. Ähnlich wie<br />
beim Bonsai-Baum muss dieser oft gepflegt<br />
und gestutzt werden, um eine schöne und gute<br />
Form zu erzielen. Taoistischen Überlieferungen<br />
zufolge beherbergt das Paradies viele solcher<br />
Kiefern, die das zu Hause zwitschernder Vögel<br />
sind. Zwischen den Zweigen und Blättern<br />
schwindet oder taucht die Sonne auf, die für<br />
spektakuläre Lichteffekte sorgt. Die Vorstellung<br />
dieses Szenarios motivierte mich, eine<br />
Kiefern-Lampe für den Hausflur oder als<br />
Nachttischlampe zu entwerfen, die schummriges<br />
Licht verbreitet, um die Wohnung an der<br />
taoistischen Schönheit teilhaben zu lassen. Die<br />
Lichtquelle soll sich dabei mittig platziert innerhalb<br />
der Baumkrone befinden, wo Äste und<br />
Blätter dafür sorgen, dass das Licht gestreut<br />
wird. Bei genauerer Betrachtung kommt einem<br />
die runde LED-Birne wie eine Sonne vor. Erste<br />
Skizzen verhalfen mir, dieses Konzept den<br />
Werkstattarbeitern vorzustellen, um auf Basis<br />
dessen gemeinsam das finale Erscheinungsbild<br />
für die Lampe auszuarbeiten.<br />
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Nach der entgültigen Entscheidung über das<br />
Design des Lampenbaums ging es direkt an die<br />
Umsetzung. Es dauerte etwa zwei Tage, bis das<br />
entsprechende Rohmaterial ausgesucht, geliefert<br />
und für die Verarbeitung vorbereitet wurde.<br />
Die Maßen wurden den Skizzen entnommen,<br />
die ich mit den Werkstattarbeitern zusammen<br />
gezeichnet hatte. Für alle Modelle dieser Produktserie<br />
verwendeten wir ausschließlich rotes<br />
Palisanderholz aus Indien und teilweise aus<br />
Brasilien importiert, da wir den charakteristischen<br />
Rotton, der sich nach dem Lackauftrag<br />
in ein edles Rotbraun verwandelt, sehr anziehend<br />
fanden. Das Material ist außerdem relativ<br />
robust und weich genug, um es mit Hand zu<br />
bearbeiten. Wir besprachen nun die letzten<br />
Details und fingen dann damit an, die Zeichnung<br />
grob auf das Holz zu übertragen. Der<br />
Handwerksmeister zögerte nicht lange, nahm<br />
seine Werkzeuge und schlug den größten Teil<br />
der unbrauchbaren Masse aus dem Holzquader<br />
heraus. Dieser Vorgang dauerte nicht mal eine<br />
Stunde. Bei seiner Abwesenheit übernahm ich<br />
seine Aufgabe, obwohl ich nicht wirklich viel<br />
zu tun hatte, da er unglaublich schnell und<br />
effizient arbeitete.
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Beim Formungsprozesses versuchten wir, uns so genau wie möglich an der<br />
Skizze zu orientieren. Dennoch fielen uns währenddessen auch optische<br />
oder technische Schwierigkeiten auf, auf die wir dann immer nach gemeinsamer<br />
Absprache eingegangen sind. So war es an manchen Stellen im Material<br />
zu dünn oder statisch fragil, sodass wir den Entwurf leicht verändern<br />
und anpassen mussten. Ich war froh, dass mein Entwurf nicht einfach stur<br />
umgesetzt wurde, sondern wirklich auch von vielen, erfahrenen Handwerkern<br />
beurteilt und beeinflusst wurde. Schließlich war es mir wichtig, verstehen<br />
zu lernen, wie Aspekte wie Ästhetik, Funktion und letztendlich Design<br />
in den Augen dieser Personen bewertet werden.<br />
Die Grundform des Baumstammes wurde nach nur wenigen Stunden<br />
ersichtlich und für den nächsten Schritt vorbereitet. Wir entschieden uns<br />
außerdem, eine Unterlage für den Baum zu entwerfen, um den Entwurf<br />
realistischer zu gestalten. Die Unterlage wurde von einem anderen Meister<br />
zunächst aus einem Holzkörper ausgefräst und in eine handliche Form<br />
gebracht, mit der der Schnitzmeister dann weiterarbeiten konnte. Es ging<br />
nun in die feinere und detailiertere Bearbeitung der Objekte. Der grob<br />
geschnitzte Stamm wurde mit weichen Übergängen versehen und immer<br />
wieder geglättet, um eine makellose Oberfläche zu erzielen. Mittlerweile<br />
arbeiten die Handwerker auch viel mit Maschinen und technischen Automatisierungsmitteln,<br />
was die Arbeit natürlich viel schneller und effektiver<br />
macht. Jedoch erzählten sie mir öfters, dass die Kunst der schönen Handarbeit<br />
nicht mit denen alter Meistern aus den allerersten Dynastien vergleichbar<br />
seien, da man früher wirklich alles mit der Hand machen musste. Eine<br />
Tatsache, die sie zwar akzeptieren, aber nicht davon abhält, viel Zeit und<br />
Geduld in die eigene Arbeit zu investieren.<br />
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Die Arbeit an den feinen Blättern und filigranen<br />
Zweigen des Kiefers war genauso<br />
wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als der<br />
Stamm selbst. Aus dünnen Palisanderplättchen<br />
schnitzten wir mehrere Blätter und Äste<br />
heraus. Die Arbeit war mühselig, dauerte pro<br />
Blatt mindestens eine Stunde und war zum<br />
Teil sehr anstrengend, da man aufpassen<br />
musste, nicht zu viel vom Material abzutragen.<br />
Die Arbeit hat sich jedoch gelohnt, da<br />
wir dank eines klugen Stecksystems einen<br />
ersten Eindruck von der Gesamtwirkung<br />
des Produktes bekommen konnten, ohne<br />
irgendetwas miteinander zu verkleben. Denn<br />
das Verleimen sollte erst ganz am Ende nach<br />
der Lackierung erfolgen, da man zwischendurch<br />
noch eventuelle Fehler oder Probleme<br />
beheben konnte. Ich war erstaunt über die<br />
Geschicklichkeit meines Handwerkmeisters,<br />
da er nicht nur jeden Schritt im Voraus<br />
planen konnte, aber auch intuitiv mit Schwierigkeiten<br />
umzugehen wusste, ohne dabei<br />
viel Zeit an Problemlösungen zu verlieren.
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Nachdem wir mit der Feinarbeit fertig waren, fingen wir mit der noch feineren Feinarbeit an. Optisch gesehen war der Baum eigentlich perfekt,<br />
jedes einzelne Teil hatte Textur und Plastizität. Für Herrn Zhou war es aber alles andere als fertig, er bestand darauf, die Blätter mit vielen<br />
schönen Musterungen zu verzieren und wenigstens Rindenornamente in den Baumstamm zu ritzen. Ich begrüßte seine Vorschläge, und war<br />
gespannt darauf, was er mit seinen Verzierungen wirklich im Sinne hatte. In unserem Arbeitsraum befanden sich mehrere Kollegen von ihm ,<br />
die immer wieder einhakten, um neue Ideen und Inspirationen miteinfließen zu lassen. So ergab eine gemeinsame Diskussion über die Verteilung<br />
der Blätter und Äste die Anfertigung mehrere kleinerer Blätter, um optische Lücken im Gesamtbild zu füllen. Wir verbrachten viel Zeit<br />
damit, die perfekte Anordnung der Modellteile zu finden, was mir aber ziemlich viel Spaß bereitet hatte.<br />
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Der technische Teil, der für die Funktion der Lampe zuständig ist, wurde von mir<br />
entworfen und eingesetzt. Es ist ein einfaches System aus einem im Baumstamm integrierten<br />
Schalter und einer E14 Fassung an der Spitze des Baumstammes, die durch ein<br />
Kabel verbunden werden. Hierfür benötigten wir eine Durchbohrung des Holzkörpers,<br />
um das Kabel durchzuführen.<br />
Nebenbei arbeiteten wir an den feinen Musterungen, die Herr Zhou in atemberaubender<br />
Präzision zu erzeugen wusste. Er brachte mir einpaar grundlegende Bearbeitungsmethoden<br />
bei, damit ich auch selbst Hand anlegen konnte, um die Arbeit zu beschleunigen.<br />
Anfangs dachte ich, dass ein Monat sehr knapp werden könnte, aber Herr Zhou konnte<br />
mich mit seinem Geschick vom Gegenteil überzeugen.<br />
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Die Rinde wurde mithilfe einer<br />
Schleifmaschine grob in Form<br />
gebracht und später von Hand<br />
bearbeitet. Der rein physische<br />
Aufwand war somit beendet. Alle<br />
Einzelteile wurden zur finalen Form<br />
des Kieferbaums zusammegesteckt,<br />
um sich ein Bild von der gesamten<br />
Erscheinung zu machen. Die Oberfläche<br />
jedes einzelnen Blattes und<br />
Zweiges wurde geglättet, poliert<br />
und geschliffen, damit der Lack<br />
gut haften konnte. Letzte Unstimmigkeiten<br />
beseitigten wir in einer<br />
gemeinsamen Gesprächsrunde und<br />
übergaben schließlich das Objekt der<br />
Lackabteilung der Manufaktur.<br />
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Der farblose Klarlack ist das standardisierte<br />
Material für die Oberflächenverarbeitung der<br />
Firma. In einem verschlossenen Raum wird eine<br />
Grundierung aufgetragen, die als erstes trocknen<br />
und dann poliert werden muss. Dann erfolgen<br />
vier bis fünf Schichten klaren Lacksaftes, die<br />
das Objekt leicht schwärzen. Grund dafür sind<br />
die chemischen Eigenschaften des Lacks, der<br />
schnell an der Luft oxidiert und die natürliche<br />
Pigmentierung anderer Materialien verdunkelt.<br />
Das Palisander erhält dadurch einen rötlich<br />
braunen Farbton, der in China als sehr edel und<br />
ästhetisch gilt. Die Lackierung dauerte mehr als<br />
eine Woche, fast genauso lang wie die Anfertigung<br />
des Baumes. Begründet wird die lange<br />
Dauer durch die langen Trocknungs- und Aushärtungsphasen<br />
jeder einzelnen Lackschicht, die<br />
nach jedem Auftrag auch per Hand poliert und<br />
nachgeschliffen werden muss. Außerdem gibt es<br />
spezielle Verarbeitungsmethoden, zu denen ich<br />
keinen Zugang hatte, da sie von der Manufaktur<br />
geheim gehalten werden. Nach erfolgreichem<br />
Abschluss der Lackierung verleimten wir die<br />
Teile, setzten die Technik ein und beendeten das<br />
Projekt mit einem fertigen Produkt.<br />
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Die “Sun’s Root” ist ein Konzept, das das taoistische Bild einer<br />
schönen Kiefer in Sonnenlicht gebadet verbildlicht. Die Zweigen<br />
und Blätter streuen das angenehm weiche Licht und sorgen für eine<br />
wohlfühlende Lichtatmosphäre im Flur oder im Wohnzimmer. Das<br />
Zusammenspiel zwischen Schatten und Licht kreiert meditative<br />
Momente für den Betrachter, der dadurch Ruhe und Entspannung<br />
erlangen kann. Die chinesische Idylle ist ein Ort, wo die Kiefer als<br />
Symbol der Langlebigkeit und Reinheit nicht fehlen darf.<br />
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Vase, erste Ansätze, Produktbeschreibung<br />
Rhythm’s Shell<br />
Zu den wichtigsten Komponenten der meditativen Synästhesie gehört die Fähigkeit, Geräusche und Töne harmonischer Natur wahrnehmen<br />
zu können. Das stille Plätschern der Wasserwellen wird in der chinesischen Fantasiewelt von den Gesängen zahlreicher Vögel<br />
begleitet, die zusammen die Harmonie der Natur zum Ausdruck bringen. Die Vorstellung von der Erzeugung schöner Klänge und Töne,<br />
die genau dieses Bild der Natürlichkeit chinesischer Gärten und Landschaften entsprechen, inspirierten mich zu dem Entwurf dieser<br />
Vase. Die chinesische Vase ist ein Kultsymbol in jeder asiatischen Kultur, hatte aber im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche Funktion als<br />
Wasser- oder Pflanzenträger verloren und dient nur noch der reinen Dekoration. Sie ist Bestandteil jeder traditionellen Behausung und<br />
repräsentiert den Geschmack und das Niveau des Besitzers. Auf den ersten Blick soll meine Idee auch wie eine normale, chinesische Dekorvase<br />
wirken. Bei näherer Betrachtung erkennt man, dass sich im Inneren ein Bluetooth-Lautsprecher befindet, der von der Unterseite<br />
aus bei Bedarf an- und ausgeschaltet werden kann.<br />
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Die Vase besteht aus dem Grundkörper und einer<br />
Unterlage, die abnehmbar ist, um den Lautpsprecher<br />
entweder aufzuladen oder durch andere<br />
Modelle zu ersetzen. Das Palisanderholz ist ein<br />
hevorragendes Material für musikalische Zwecke,<br />
da es gute Klangeigenschaften besitzt und Töne<br />
auf natürlicher Art und Weise verstärken kann.<br />
Es wird daher oft im Instrumentenbau eingesetzt,<br />
insbesondere Gitarren und anderen Streichinstrumente<br />
basieren auf Palisander. Die Möglichkeit,<br />
dieses edle Material verwenden zu dürfen,<br />
motivierte mich zu einer Vasenform, die komplett<br />
aus Palisander besteht. Gegen Ende plante<br />
ich einen Auftrag mehrerer Rotlack-Schichten<br />
ein, um dem Ganzen eine schöne Optik zu<br />
verleihen und Einblicke in die Schnitzlackkunst<br />
zu bekommen. Auch an diesem Entwurf arbeiteten<br />
wir in enger Zusammenarbeit, um etwas zu<br />
erschaffen, was technisch umsetzbar, ästhetisch<br />
und funktional für alle ist.<br />
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In einem Second-Hand-Shop konnte ich gebrauchte Lautsprecher besorgen, die in etwa dem Standard-Maß der in<br />
China derzeit erhältlichen Bluetooth-Lautsprecher entsprechen und basierte den Entwurf auf diese Objekte. An dieser<br />
Stelle möchte ich kurz erläutern, dass meine Produktidee nicht die Entwicklung eines Lautsprechers, sondern der Entwurf<br />
eines Klangkörpers für einen Lautsprecher ist. Bei Bedarf können natürlich auch andere Klangsysteme eingebaut<br />
werden, das ist dank der abnehmbaren Unterseite kein Problem.<br />
Der Anfang des Prozesses begann ebenfalls mit einer Materialauswahl, bei der wir uns, wie bei der Lampe, für Palisanderholz<br />
aus Indien entschieden haben. Wie bereits erwähnt sind es besonders die klangunterstützenden Eigenschaften<br />
dieses speziellen Holzes, die ausschlaggebend für unsere Wahl waren.
Die Firma selbst hatte keine CnC-Fräse und musste das Rohmaterial samt den technischen Skizzen und Erläuterungen<br />
einer anderen Firma schicken, die sich auf Holzfräserei spezialisiert hat. Leider hatte ich zu dieser Firma keinen direkten<br />
Kontakt, weshalb die <strong>Dokumentation</strong> an dieser Stelle kurzzeitig unterbrochen wurde. Nach genau zwei Tagen schickte die<br />
Firma die fertig gefrästen Modelle zurück und wir konnten mit unserem Teil der Arbeit beginnen. Zunächst musste der<br />
Körper der Vase komplett ausgehöhlt werden, damit die Lautsprecher überhaupt installiert werden konnte. Dazu maßen<br />
wir die Längen- und Höhendaten des Geräts ab. An der Unterseite der Vase war eine Bohrung geplant, die den Großteil<br />
des Materials entfernen sollte, bis nur noch eine dünne Wandstärke von wenigen Millimetern zurückblieb..<br />
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Aufgrund eines fehlenden Bohrkopfes für die genaue Größe der Öffnung, entschieden wir uns, mehrmals mit kleinen Bohrungen ins Material<br />
zu gehen, um später mit der Hand die restlichen Stellen sauber wegzubekommen. Die bestmögliche Tonqualität konnte nur durch immer dünner<br />
werdene Wandstärken und einem größerem Hohlraum erzielt werden, weshalb wir viel Zeit damit verbrachten, das Holz Schicht für Schicht<br />
abzutragen. Der Entwicklungsprozess der Vase dauerte in etwa zwei Tage.<br />
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Wir begannen im nächsten Schritt die Unterlage zu bauen, von wo man später aus den Lautsprecher an- oder ausschalten kann. In diesen<br />
bohrten wir ein Loch, der Zugang für die Knöpfe ermöglicht. Im Laufe der Entwicklung stellten wir fest, dass die Form sehr langweilig wirkte.<br />
Ich experimentierte mit anderen Möglichkeiten, um dann festzustellen, dass die Vase eine weitere Symbolik vermisste. Ich entwarf kleine Henkel,<br />
die die Formen von Buddha-Ohren gleichen, und stellte diese Idee den Meistern vor. Sie waren der gleichen Meinung, dass diese Henkel<br />
dem Ganzen mehr Lebendigkeit verleihen und vielleicht auch später dem Betrachter einen Hinweis darauf geben könnten, welche Funktion sich<br />
hinter der Fassade versteckt.<br />
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Das letzte Stadium findet diesmal in der Schnitzlackabteilung statt, die für normale Besucher eigentlich nicht betretbar ist. Hier<br />
bewahrt die Firma die Geheimnisse ihrer wertvollsten Handwerkskunst. Der Meister dieser Rubrik erklärte mir, wie kompliziert<br />
die Herstellung des Rohlacks sein kann. Die Manufaktur besteht darauf, auch in der heutigen Zeit komplett auf chemische Inhaltsstoffe<br />
zu verzichten und Farbpigmente aus reinen Naturprodukten wie Mineralien oder Pflanzen zu gewinnen. Die charakteristische,<br />
zinnoberrote Farbe ist unverwechselbar und ist das Markenzeichen der Manufaktur. Kopien oder Fakes fallen oft<br />
mit stärkeren und grelleren Farben auf, die in der Natur aber nicht vorkommen können. Die leichten Nuancen und Übergänge<br />
sind der Stolz der Lackkunst in Yangzhou. Der Lack selbst wird selbstverständlich schon seit Jahrhunderten aus dem Lackbaum<br />
gewonnen, der an seltenen, hochgelegenen Orten Südchinas gedeiht.<br />
Wie bei allen Lacken wird eine Grundierungsschicht aufgetragen, die sehr lange trocknen und kühl gelagert werden muss. Nach<br />
der Aushärtung beginnt man mit dem schichtweisen Auftrag des Lacks. Jeden Tag werden nur zwei hauchdünne Schichten<br />
aufgetragen, die dann die Nacht über trocknen müssen. Der Lack ist am anfang etwas geruchsstreng, der Geruch nimmt aber<br />
mit der Zeit immer weiter ab. Nach ungefähr 15 Schichten, die insgesamt eine ganze Woche benötigten, war das Werk vollendet.<br />
Aber noch nicht ganz, denn die obere, oxidierte Lackschicht ist immer noch stark geschwärzt und kann erst nach ein bis zwei<br />
Monaten mit Sandpapier abgerieben werden. Das Resultat ist letztendlich ein leuchtend warmes Rot, welches mit der Zeit und<br />
mit dem täglichen Gebrauch an Glanz und Intensität gewinnen wird.<br />
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Das Werk “Rythm’s Shell” ist von einem von Freiheit und<br />
Unbeschwertheit geprägten Lebens in der Natur inspiriert<br />
und versucht, die empfundene Natürlichkeit mithilfe von<br />
Klängen und Geräuschen wiederzugeben. Das Palisander<br />
verleiht der Vase einen gesättigten und weichen Klang, der<br />
der der abgespielten Musik eine hochwertige und naturbelassene<br />
Qualität verleiht. Zu Hause auf dem Tisch oder im<br />
Außenbereich erfüllt es einen dezenten Dekorationszweck<br />
und kann mit seiner musikalischen Seite für überraschenden<br />
Hörkomfort sorgen.<br />
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Dragon’s Breath<br />
Der Drache ist wohl das berühmteste Wesen in der Mythologie Asiens. Es steht in China für Stärke, Kraft und Leben. Schon die<br />
alten Kaiser verehrten diese Geschöpfe als Gottheiten. Die Chinesen sehen sich als die Nachkommen dieser Drachengottheiten,<br />
wobei der dominanteste und berühmteste von ihnen der Drachenkaiser des Ostmeeres ist. Er ist Herrscher über alle Gewässer und<br />
wird auch als Regenbringer bezeichnet. Wasserdrachen leben tief am Grund des Meeres, umschlingen Berge und thronen über alle<br />
Lebewesen. Das Konzept eines Luftbefeuchters in Form eines wasserspeienden Drachen leitete ich von diesen Assoziationen ab, die<br />
man schon als Kind von chinesischen Filmen oder Büchern kennt.<br />
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Für mich ist diese Idee eine schöne Art und Weise, wie man hochmodernen, technischen Produkten Tradition und kulturelle Lebendigkeit<br />
einhauchen kann. Luftbefeuchter sind eine dringende Notwendigkeit in China geworden, da die exzessive Nutzung von Klimaanlagen<br />
und Heizungen zu trocknenen Büro- oder Innenräumen geführt haben. Der heiße Sommer Chinas trägt ebenfalls seinen<br />
Anteil dazu bei. Die zusätzliche Funktion des Gerätes als Aroma Diffuser erlaubt es den Benutzer, seine Räume mit einem wohlriechenden<br />
Duft zu füllen. Das Riechen ist eines der essentiellen Sinneswahrnehmungen des Menschen, und dieses Produkt soll es jedem<br />
erleichtern, das eigene Zuhause zu einer Wohlfühloase der Düfte zu gestalten.<br />
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Ein marken- und namenloser Luftbefeuchter eines<br />
unbekannten Herstellers markierte den Beginn<br />
des Prozesses. Die Nutzung dieser bereits vorhandenen<br />
Technik dient lediglich der Funktionalität<br />
und hebt keinen Anspruch auf Originalität. Es war<br />
technisch und zeitlich gesehen unmöglich, eine<br />
eigene Anfertigung eines Luftbefeuchters in der<br />
Planungsphase zu initieren. Natürlich wäre das<br />
finale Produkt auch mit anderen Geräten möglich<br />
und umsetzbar. Es ging mir wie bei der Vase<br />
hauptsächlich darum, das äußere Erscheinungsbild,<br />
und nicht die Technik zu gestalten.<br />
Mithilfe einer Skizze schätzten wir zu Beginn<br />
der Arbeit die ungefähre Größe des Objektes<br />
ab und verleimten drei Palisanderholzplatten<br />
miteinander, um ein Grundmodell für den von<br />
uns entworfenen Drachen zu erstellen. Dieses<br />
Gebilde musste etwa einen Tag lang trocknen,<br />
eher man diesen bearbeiten konnte. Wir entschieden<br />
für einen insgesamt vierteiligen Aufbau<br />
des Gegenstands, da man dieses Konzept aus<br />
einem ganzen Stück Holz innerhalb dieser kurzen<br />
Zeit unmöglich verwirklichen konnte. Der oberste<br />
und erste Teil ist der Drachenkopf, der zweite Teil<br />
der Körper des Drachen. Der dritte und vierte Teil<br />
zusammen bilden einen zylindrischen Körper ab,<br />
worin der Luftbefeuchter untergebracht werden<br />
sollte. Während die verleimten Platten trockneten,<br />
arbeiteten wir an der zweiteiligen Zylinderform.
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Nachdem die Platten sorgfältig und exakt nach den Maßen des Gerätes<br />
markiert und beschriftet wurden, bohrten und ritzten ich und Herr Cai, ein<br />
erfahrener Handwerksmeister aus der Holzabteilung, die passende Unterlage<br />
für den Luftbefeuchter aus dem Holz heraus. Wir verbrachten in etwa einen<br />
Tag damit, die Innenseite des Zylinders anzufertigen, wobei die Außenform<br />
des Zylinders selbst noch nicht ersichtlich war. Um Zeit zu sparen, arbeiteten<br />
wir nebenbei an dem Kopf des Drachen. Auf einem Transparentpapier malte<br />
ich die Form des Kopfes auf und klebte das Papier auf das Holz. Dies war eine<br />
einfache Methode, eine ungefähre Form für den skizzierten Drachenschädel<br />
zu erhalten. Die meisten Maschinen durfte ich trotz meiner Werkstatterfahrung<br />
nicht bedienen. Eine Vorsichtsmaßnahme der Firma, um eventuelle<br />
Gefahren und Unfälle zu vermeiden. Dennoch konnte ich bei Ritz- und Gravierarbeiten<br />
Hand anlegen.
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Der handwerklich schwierigste Teil erforderte<br />
Präzision, Geschick und viel Geduld.<br />
Herr Cai brachte die ungefähre Form des<br />
Drachenkörpers in Sekundenschnelle zum<br />
Vorschein. Besonders schwierig sind laut ihm<br />
die vielen feinen Umwindungen, Schuppen<br />
und Vertiefungen in der Textur, ohne die<br />
das Geschöpf mehr einer Schlange als einem<br />
Drachen ähneln würde. Auch der Kopf war<br />
bereits in seiner Grundstruktur gegeben und<br />
erwartete seine Verarbeitung. Das ganze Repertoire<br />
an Werkzeugen, die die Manufaktur<br />
zu bieten hatte, kam zum Einsatz. Ganz am<br />
Anfang schaute ich zu und arbeitete verbal mit<br />
dem Meister zusammen. Ich erkärte ihm, in<br />
welchen Proportionen ich welche Teile anfertigen<br />
möchte und befragte ihn auch nach seiner<br />
Meinung, die er mir in einer sehr freundlichen<br />
Art und Weise mitteilte. Er sagte mir, dass der<br />
Drache nicht zu lang werden sollte, um eine<br />
Übertreibung zu vermeiden. Außerdem wären<br />
Wolken- und Krallenornamente angebracht,<br />
um die fiktiven Größenverhältnisse dieses in<br />
Szene gesetzten Objektes besser auszudrücken.<br />
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Mir wurde beigebracht, wie man kleine Ornamente und Verzierungen im Holz einarbeitet,<br />
sodass ich nach dieser kurzen Einleitung auch gleich mitmachen konnte. Immerhin sparten<br />
wir dadurch viel Zeit. Der Kopf wurde Tag für Tag plastischer und entsprechend realistischer,<br />
weshalb die Arbeit nach nur wenigen Tagen abgeschlossen war. Auch der Körper erhielt immer<br />
deutlichere Konturen und Linien.<br />
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Der noch nackte Körper des Wasserdrachen brauchte Schuppen, und davon sehr viele. Der erste Eindruck der Skulptur wirkte aber mit seinen<br />
Rundungen und den ersten Details bereits elegant und majestätisch. Wir waren beide zufrieden mit der Form, auch andere Werkstattmeister bewerteten<br />
unsere Arbeit als gelungen. Nun ging es in die berühmte Feinarbeit, bei der die ausschlaggebenden Ornamente, für die die chinesische<br />
Handwerkskkunst so berühmt ist, erzeugt wurden. Zusätzlich entwarfen wir noch einen Drachenschwanz, der das Endglied der Kreatur darstellen<br />
soll. Die bereits erwähnten Wolkenornamente besitzen neben ihrem dekorativen Charakter auch die Aufgabe, optische Freistellen und Lücken zu<br />
füllen. Mit einer unglaublichen Genauigkeit und Feinfühligkeit arbeitete Herr Cai sich Schuppe für Schuppe und Wolke für Wolke voran.<br />
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Ich war von davon überzeugt, dass<br />
der entstehende Wasserdampf aus<br />
dem Luftbefeuchter auf Dauer sehr<br />
schädigend und gefährlich für das<br />
Holz sein kann. Ich bestand daher auf<br />
die Nutzung eines Plastikschlauches,<br />
durch den der Wasserdampf eingeleitet<br />
und ausgelassen werden kann. Dabei<br />
beginnt das eine Ende des Schlauches<br />
natürlich im Luftbefeuchter selbst und<br />
endet im Maul der Kreatur, von wo aus<br />
der Nebel dann entweichen soll. Für<br />
den Schlauch benötigten wir daher<br />
eine tiefe Bohrung durch das Material,<br />
bei der wir aufpassen mussten,<br />
dass die große Kraft und der Druck,<br />
der dabei entsteht, das Material nicht<br />
schädigt. Das Bohren bereitete keine<br />
Schwierigkeiten, die Technik samt<br />
Luftbefeuchter wurden in die Skulptur<br />
integriert und das Ganze sicher verleimt.<br />
Für die Bedienung fügten wir im<br />
letzten Schritt noch Öffnungen hinzu,<br />
von wo man das Gerät an oder ausschalten,<br />
aufladen oder abstecken kann.<br />
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Der Drache war nun lackierbereit. Die Grundierung wurde noch am gleichen Tag nach der Fertigstellung aufgetragen. Mehrere Schichten Klarlack<br />
überzogen dann im Laufe der nächsten Woche das Objekt, von denen natürlich jede einzelne Schicht trocknen musste. Auch hier schliff<br />
man Unebenheiten im Lack weg, ehe man die nächste Schicht auftragen konnte.<br />
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Die rötlich geschwärzte Farbe intensivierte sich mit jedem Überzug und erreicht schließlich das charakteristische Rotbraun gegen Ende der<br />
Lackierungsperiode. Der Luftbefeuchter war nun sicher im Körper des Drachen untergebracht und funktionsbereit.<br />
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Das Produkt “ Dragon’s Breath” ist eine Mischung aus moderner Alltagstechnik<br />
und chinesischer Handwerkskultur. Das Bild einer mächtigen<br />
Drachengottheit, die mit ihrem Atem das ausgetrocknete Land<br />
mit auffrischenden Düften und Vitalität wieder fruchtbar macht,<br />
verleiht dem Konzept der Luftbefeuchtung und Aromatisierung in<br />
den trockenen Innenräumen Chinas einen belebenden Charakter.<br />
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Time’s Flow<br />
Das Design dieser Uhr soll die florale und tierische<br />
Symbolik aus alten Zeiten wieder aufgreifen und dabei<br />
Aspekte der chinesischen Bildkomposition betonen. Die<br />
Form der Uhr lehnt sich stark an den berühmten Lackplatten<br />
der Yangzhou Manufaktur, die eine lange Tradition<br />
haben und überall in China bekannt sind. Für mich<br />
war es wichtig, diese rein dekorativen Platten mit einer<br />
passenden Funktion zu versehen. Ich erhoffte mir durch<br />
den Prozess der Gestaltung dieses Objekts Kenntnisse<br />
über Lackkierungstechniken in Kombination mit Perlmuttereinlagen<br />
und Lackmalerei zu gewinnen.<br />
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Ich fertigte eine runde MDF-Platte an<br />
und zeichnete den Entwurf meiner Uhr<br />
direkt mit Bleistift ein. Auf zusätzliche<br />
Sekunden- und Minutenanzeigen verzichtete<br />
ich. Alle Angaben (bis auf die<br />
Zeiger) wollte ich mit Perlmutterstücken<br />
herstellen, da sie einerseits typisch für die<br />
kunstvollen Lackplatten sind und andererseits<br />
durch ihre schönen Lichtreflexionen<br />
interessante Kontraste erzeugen.<br />
Die Perlmutterscheiben stammen von der<br />
Haliotis-Schnecke. Aus größeren Stücken<br />
werden mittlerweile nicht mehr mit<br />
Handarbeit, sondern mit hochmodernen<br />
Maschinen millimetergenaue Einzelteile<br />
herausgelasert. Nach dem nur zehnminütigen<br />
Vorgang des Auslaserns leimte man<br />
alle Perlmutterstücke an die Platte an und<br />
legte sie an die frische Luft, damit alles<br />
gut aushärten und trocknen konnte.<br />
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Innerhalb der Manufaktur gibt es eine riesige<br />
Halle mit vielen Arbeitern, die sich nur auf<br />
die Herstellung von runden Lackplatten<br />
spezialisiert haben. Obwohl diese sich schon<br />
seit Ewigkeiten in Form und Farbe nicht<br />
verändert haben, besitzen diese Platten einen<br />
kulturellen Status, der in vielen Sammlerkreisen<br />
immer noch sehr geschätzt wird. Der<br />
Auftrag des flüßigen Schwarzlacks gestaltete<br />
sich einfacher als erwartet. Anders als beim<br />
Schnitz- oder Klarlack ist dieser von der<br />
Konsistenz zäh und dickflüssig, und besitzt<br />
anscheinend bessere Hafteigenschaften. Nur<br />
nach zwei Schichten bildete sich eine millimeterdicke<br />
Schicht, die innerhalb weniger<br />
Stunden trocknete. An einer langen Schleifbandmaschine<br />
schliff man die zarte Schicht<br />
der Oberfläche weg, sodass die Perlmutterstücke<br />
wieder zum Vorschein kamen. Danach<br />
polierte man die Platte und trug klaren Glanzlack<br />
auf, damit ein Glanzeffekt erzeugt wird.<br />
103
104<br />
Normalerweise fügt die Firma den<br />
fertigen Lackplatten weitere Perlmuttereinlagen<br />
oder Jadesteine<br />
hinzu, um ein malerisches Bild zu<br />
erzeugen. Häufig verwendete Motive<br />
sind Vögel, Bambuswälder oder<br />
Flußlandschaften, die zum Teil aus<br />
mehreren tausend Perlmutterstücken<br />
bestehen. Der Formenreichtum<br />
dieser Wertgegenstände kann sogar<br />
die der Lack- und Holzschnitzerei<br />
um ein Vielfaches übertreffen.<br />
Ich wollte diese traditionelle Kunstform<br />
und die Idee, die dahiner<br />
steckt nicht verwerfen und versuchte,<br />
einen Mittelweg zu finden.<br />
Anstatt eines starren Bildes sollen<br />
meine Stunden- und Minutenzeiger<br />
für Bewegung und Dynamik sorgen.<br />
Ein Vogel ist mit reinem Weißlack<br />
aufgemalt und befindet sich in der<br />
Mitte der Platte. Durch die kontinuierliche<br />
Drehung der blätterförmigen<br />
Zeiger erhält das Bild jede Minute<br />
ein neue Erscheinungsform.
Die Schönheit des Motivs geht dadurch nicht verloren, sie gewinnt sogar<br />
an Vielseitigkeit und Abwechslung. Ich denke, dass die ursprüngliche<br />
Intention einer malerischen Abbildung auf diesen Platten trotz dieser<br />
neuen Funktion nicht verloren gegangen ist. Um das Uhrwerk hinten an<br />
die Platte anzubringen, bohrte ich noch schließlich mittig ein Lock in die<br />
Lackplatte. Der Uhrenständer war eine vorgefertigtes Modell der Firma<br />
und gilt als ein unverwechselbares Markenzeichen der Manufaktur.<br />
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Das Werk “Time’s FLow” verwendet die traditionellen Lackplatte<br />
und verleiht ihr die Fähigkeit, Zeit in künstlerisch malerischer Form<br />
darzustellen. Die Zweigen und Blätter wirken durch die stetige<br />
Rotation so, als ob sie von einem zarten Wind angetrieben und in<br />
Bewegung gesetzt werden. Diese Dynamik in Kombination mit der<br />
schlichten Eleganz der Lackkunst ergeben ein Produkt, dass eine<br />
friedliche und lebendige Stimmung in den Raum bringt.<br />
109
110<br />
Das letzte Objekt ist aus eigenem Interesse entstanden und diente zunächst als ein Experiment. Ich wollte für mich<br />
selbst einen berührungssensitiven LED-Wecker aus reinem Schwarzlack entwerfen, der mit dezent aufgemalten Ornamenten<br />
zeigen soll, dass chinesische Handwerkskunst auch sehr einfach, unkompliziert und dennoch elegant wirken<br />
kann. An der Kreissäge fertigte ich mir eine Handvoll MDF-Platten an und verklebte diese miteinander. Danach<br />
baute ich die Elektronik eines LED-Weckers ein, die ich vorher aus einem Technik-und Kleinkramladen in Yangzhou<br />
besorgt hatte. Erst bei Berührung leuchtet die Anzeige auf, sodass eine gewisse Interaktion mit den Benutzer entsteht.<br />
Das Display bedeckte ich mit schwarzer Folie, die nur die weiße Digitalanzeige durchschienen ließ.
111
Das Gehäuse des bereits funktionierenden LED-Weckers habe ich so entworfen, dass die Rückseite mit einer schiebbaren Platte versehen ist,<br />
die man bei Bedarf herausnehmen kann, um zum Beispiel die Zeit oder den Wecker einzustellen. Somit bekommt das Produkt einen weniger<br />
technisches Aussehen, da die Elektronik tief im Inneren der Box verborgen ist und von außen das Ganze wie eine kleine Lack-Truhe aussieht,<br />
die im alten China oft verwendet wurde, um kleinere Wertgegenstände darin aufzubewahren. Der Wecker wurde mit mehreren Schichten<br />
Lack besprührt und anschließend zum Trocknen an einen staubfreien Platz gestellt. In der Lackmalerei-Abteilung der Manufaktur zeigte mir<br />
eine sehr erfahrene Malerin, wie man Lackfarben zusammenmischt und eigene Ornamente je nach Form und Farbe des zu bemalenden Objektes<br />
entwickelt. Ich entschied mich für eine florale und relativ moderne Verzierung der Seitenflächen des Gehäuses.<br />
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116
Der berührungssensitive LED-Wecker ist ein<br />
rein persönliches Projekt, das den Fokus auf<br />
digitale Geräte setzt. Aufgrund der leicht floralen<br />
Dekoration ist dieses Objekt ein Hybrid<br />
aus Opulenz und absoluter Reduktion. Dieses<br />
Produkt verdeutlicht, wie neue Materialien<br />
im Kontext interaktiver Technik zum Einsatz<br />
kommen können. Vorstellbar wäre in Zukunft<br />
beispielsweise die Nutzung von Lack als<br />
ein neues und nachhaltiges Material bei der<br />
Herstellung von Smartphones oder anderen<br />
Geräten mit integrierten Displays.<br />
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119
NEUINTERPRETATION “IDYL”<br />
Eine Neuinterpretation von „Idyl“ war notwendig, um sich von den von der Manufaktur gegebenen Gestaltungsidealen, die man im Vergleich<br />
zum bauhäuslichen Stil als kitschig und ironisch beschreiben kann, zu lösen und neue Wege im chinesischen Design zu gehen. Das Zusammenarbeiten<br />
mit der Firma war ein voller Erfolg, jedoch führten bestimmte Grenzen dazu, dass meine Produkte sich nicht voll und Ganz dem<br />
Design hingeben konnten. Zwar arbeitete ich so vereinfacht und reduziert wie möglich, dennoch sind die Ergebnisse von “Idyl” aufgrund des<br />
sehr handwerklichen und kunstvollen Charakters unbedingt vom klassischen Produktdesign zu unterscheiden. Die Ideen sollen in erster Linie<br />
einen Denkanstoß geben, um das alte Gestaltungssystem aufzubrechen und chinesische Handwerkstraditionen für mehr Menschen zugänglicher<br />
und sinnvoller zu gestalten. Erst auf dieser Basis können dann weitere Entwicklungen im Design stattfinden.<br />
Beim Entwurf der neuen Produktserie lag der Fokus daher auf einer nicht figürlichen, stark vereinfachten Formensprache und Abstraktion,<br />
die jedoch nicht mit einem Verlust der kulturellen Identität Chinas einhergehen sollte. Ziel war es, modernes Design für die aktuelle und<br />
zukünftige Generation der Chinesen zu entwerfen, die die Geschichte ihres Landes reduziert aber deutlich widerspiegelt. Wie kann Dekor so<br />
heruntergebrochen werden, dass man sie trotzdem erkennt? Für mich war es eine Herausforderung und auch eine Möglichkeit, komplett frei<br />
und unbeeinflusst an die Sache ranzugehen und Entwürfe zu kreieren, die meiner Meinung nach einen möglichen Weg für das chinesische<br />
Design der Zukunft darstellen. Anhand von Skizzen experimentierte ich mit zahlreichen Ornamenten und Verzierungen aus chinesischen<br />
Bildern und Produkten, um eine eigene Dekorsprache zu entwickeln. Besonders inspirieren lassen habe ich mich von asiatischen Fenstern aus<br />
der Vergangenheit, die schlicht aber durch ihre klassischen Mustern auch sehr opulent wirken können. Auf Basis dieser Ornamente erschuf ich<br />
ein einfaches, dezentes Muster, welches ich jeweils auf die vier Produktkonzepte von „Idyl“ anwendete, die ich vorher gedanklich und skizzenhaft<br />
stark abstrahiert hatte. Die Grundform aller Modelle sind Quader und Würfel, die schlicht und stimmig miteinander in unterschiedlichen<br />
Höhen und Längen kombiniert wurden.<br />
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Um dem Konzept des Abstrahierens gerecht zu werden, verwendete ich eine schwarzweiße Farbkombination,<br />
die ihren Ursprung aus der chinesischen Kalligraphie und dem Yin-Yang Symbol hat.<br />
Typisch für beide Bereiche ist die Nutzung einer dominanten Farbgebung mit einer dezenten Kontrastfarbe,<br />
in diesem Fall ein leichter Weißeinfluss auf einem dominanten Schwarz. Das Ergebnis ist<br />
eine neue Reihe von „Idyl“, die sich diesmal nicht durch Opulenz und Handwerkskunst, sondern<br />
durch eine schlichte Formensprache und chinesischer Eleganz ausdrücken kann.<br />
123
124<br />
Die Lampe mit ihren Blättern und Zweigen habe ich auf zwei Quadern<br />
gekürzt, die durch zwei rechtwinklig angeordnete Stäbe verbunden<br />
werden. Zwischen diesen Stäben wurde das von mir entwickelte Muster<br />
eingebaut, das einen stabilisierenden Effekt auf das Gebilde hat.
Der Luftbefeuchter orientiert sich an der Grundform der<br />
Vorgängerversion, konzentriert sich jedoch nur auf das Wesentliche.<br />
Der Drache wird diesmal nicht plastisch, sondern<br />
auf zweidimensionaler Ebene durch die zwei symmetrisch<br />
angeordneten Mustern zum Ausdruck gebracht.<br />
125
126<br />
Der neue Lautsprecher ist<br />
eine eckige Zusammenfassung<br />
der runden Vasenform und<br />
besticht durch eine mittig<br />
platzierte Musterung, die das<br />
ganze Werk bei genauerer<br />
Betrachtung wie ein Ohr erscheinen<br />
lässt.
Die einfache Form lässt sich ebenfalls auf die Uhr<br />
anwenden, die nun quadratisch statt rund ist und<br />
einen abstrahierten Standfuß besitzt, der seine florale<br />
Vergangenheit abgelegt hat und stattdessen nur aus<br />
zwei miteinander verbundenen Mustern besteht.<br />
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AUSBLICK<br />
Die Zusammenarbeit mit der Lackmanufaktur<br />
in Yangzhou war in meinen Augen ein voller<br />
Erfolg und bestätigte mir, dass kulturelle Barrieren<br />
durch Offenheit und Toleranz beseitigt<br />
werden können. Es hat mir viel Spaß bereitet,<br />
in allen Bereiche mal reinzuschnuppern und<br />
arbeiten zu dürfen.<br />
Ich selbst sehe in meinen Ergebnissen einen<br />
ersten Schritt, das Image der chinesischen<br />
Handwerkskunst in eine neue Richtung zu<br />
treiben. Es existiert trotz der unvorstellbar<br />
langen Tradition der Lacke kein etabliertes<br />
Markenbewusstsein. Sogar im Inland wird der<br />
Lack teilweise falsch interpretiert oder gar nicht<br />
wahrgenommen. Das Phänomen, dass man<br />
hauptsächlich dort verkauft, wo man produziert,<br />
ist leider alles andere als selten und führt<br />
dazu, dass diese seltenen Qualitätsprodukte<br />
Chinas immer stärker in Vergessenheit geraten.<br />
Schuld daran sind nicht nur Wirtschaft und<br />
Politik, sondern auch das Axiom der unveränderbaren<br />
Handwerkskunst. Das Handwerk<br />
sollte meiner Meinung nach lernen, neue Entwicklungen<br />
und Einflüsse zu akzeptieren und<br />
wenigstens versuchen, diese zu verstehen.<br />
Heutzutage ist es nicht mehr genug, sich nur<br />
nach vorhandenen Interessen zu richten. Es<br />
geht immer öfters darum, Interessen zu schaffen,<br />
um wirklich wirtschaftlich und kulturell<br />
voranzukommen. Dazu gehören nicht nur<br />
gewagte Produktideen, sondern auch banale<br />
Kommunikationselemente wie eine mehrsprachig<br />
aufgebaute Internetseite, die viele<br />
Firmen noch nicht besitzen. Die Kombination<br />
aus Funktion und Kunsthandwerk ist nicht<br />
unbedingt eine revolutionäre Erneuerung, sondern<br />
eher ein kleiner Schritt auf unbekanntem<br />
Territorium. Dabei bin ich mir auch nicht ganz<br />
sicher, ob diese Mischung auch absolut sinnvoll<br />
ist. Ich bin aber davon überzeugt, dass meine<br />
Produkte von nachhaltiger Natur sind, da sie<br />
durch ihren künstlerisch Sammlerwert einen<br />
ganz anderen Umgang mit ihnen erfordern.<br />
Kunstobjekte ersetzt man nicht einfach durch<br />
industriell in Massen produzierte Kopien, man<br />
pflegt, schätzt und gibt sie vielleicht sogar als<br />
Erbstücke an spätere Generationen weiter. Der<br />
Lack als reines Naturprodukt verstärkt den Aspekt<br />
der ökologischen Nachhaltigkeit ebenfalls.<br />
Ich möchte in Zukunft gerne in diesem Gebiet<br />
als Produktgestalter weiterarbeiten, da mich die<br />
interkulturelle Zusammenarbeit sehr interessiert<br />
und ich davon überzeugt bin, dass wichtige<br />
Aspekte wie Nachhaltigkeit und Toleranz<br />
für gutes Design aus den Früchten kultureller<br />
Auseinandersetzungen verwirklicht werden<br />
können. Ich möchte zwischen Ländern, Kulturen,<br />
Regionen, Provinzen und Städten vermitteln.<br />
Dabei ist es mir wichtig, Unterschiede<br />
zu erkennen und zu akzeptieren. „Die Rote<br />
Mitte - Sinologie im Design“ ist der Versuch,<br />
zwischen zwei Extremen den richtigen Weg zu<br />
finden. Sowohl Konfuzius als auch Aristoteles<br />
waren sich einig, dass dabei ein Mittelweg<br />
oft zu sinnvollen Resultaten führen kann. Im<br />
Falle Chinas ist es das traditionelle Handwerk<br />
und der moderne, kapitalistische Umgang mit<br />
Produkten und Design, die sich voneinander<br />
unterscheiden, was aber nicht bedeutet, dass<br />
diese sich nicht ergänzen könnten. Das chinesische<br />
Design hat seine Wurzeln im Handwerk,<br />
und seine Zukunft im Fortschrittsglauben.<br />
130
DANKSAGUNG<br />
Ich möchte mich hiermit bei allen Personen bedanken, die dieses<br />
Projekt ermöglicht haben!<br />
Besonders meinen Betreuern Professor Wolfgang Sattler und<br />
Professor Martin Kuban, den Werkstattleitern und Mitarbeitern<br />
der Firma “Yangzhou Qi Qi Chang”, die mir als kompetente Fachund<br />
Lehrkraft zur Hilfe standen, möchte ich meinen herzlichsten<br />
Dank aussprechen!<br />
Vielen Dank an:<br />
Professor Wolfgang Sattler ; Professor Martin Kuban ; Zhou<br />
Chang Shan ; Yang Jian, Ma Wei, Ma Zhiping, Jing Jianguo, Cai<br />
Xiang, Zhou Hongjian, Wu Jianjun und Shi Quan!<br />
131
QUELLEN<br />
Quellen aus Büchern:<br />
1) Carter, Michael: Bezauberndes Handarbeiten in China, Gebundene Ausgabe, Zürich 1977<br />
2) Dorfles, Gillo: Der Kitsch, Sonderausgabe für den Prisma Verlag, Gütersloh 1977<br />
3) Frick, Patricia; Jung, Soon-Chim: Die Lackkunst Koreas - Ästhethik in Vollendung, Oktober 2012 - Januar 2013<br />
4) Gabbert, Gunhild: Ostasiatische Lackkunst, Frankfurt am Main 1978<br />
5) Justice, Lorraine: China’s Design Revolution, London 1955<br />
6) Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006<br />
7) Münsterberg, Oskar: Chinesische Kunstgeschichte, Bd. 2, 2. Aufl., Esslingen 1924<br />
132
Bildquellen aus dem Internet:<br />
Bildquellen aus Büchern:<br />
Kopplin, Monika: Im Zeichen Des Drachen, München 2006<br />
(Sammlung von Fritz Löw-Beer)<br />
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C&ved=0CAkQ8wc&usg=AFQjCNHkZT0B-g5nrk5rLwxUyrndztfqoQ<br />
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http://www.eliteauction.com/catalogues/062412/images/642_1.jpg<br />
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https://reflectionsofchina.files.wordpress.com/2012/05/palace-of-celestial-purity.jpg<br />
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http://www.1001chinesefurniture.com/pictures/items/SCU_00212l.1.large.jpg<br />
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http://www.fashioncrust.com/wp-content/uploads/2013/06/latest-luxurious-living-room-decorations-2013-3.jpg<br />
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Die Rote Mitte - Sinologie im Design<br />
Bachelorthesis Zhaowei Jia<br />
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