HEINZ Magazin Essen 09-2016
HEINZ Magazin September 2016, Ausgabe für Essen
HEINZ Magazin September 2016, Ausgabe für Essen
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AUSSTELLUNGEN<br />
ÜBERSICHT<br />
<strong>HEINZ</strong>-AUTORIN<br />
DIRK SCHLICHTING<br />
JUBILÄUMSAUSSTELLUNG IN HERNE<br />
Flottmann 30 hoch<br />
■ Zum 30-jährigen Bestehen als Veranstaltungs-<br />
und Ausstellungsort haben sich die<br />
Kunst-Verantwortlichen der Herner Flottmann-Hallen<br />
ein besonderes Projekt ausgedacht:<br />
Alle Künstler, die seit 1986 in der<br />
600 m² großen ehem. Industriehalle ausgestellt<br />
hatten, wurden aufgerufen, für einen<br />
umfassenden Jubiläumsüberblick Werke im<br />
Quadratformat einzureichen: 30 x 30 cm im<br />
Idealfall, aber auch 60 x 60, 90 x 90 oder<br />
120 x 120 cm waren genehm (dem Anlass entsprechend<br />
teilbar durch 30), um die Präsentation<br />
formal zu rastern. Es wird, dank hohem<br />
Rücklauf, erwartungsgemäß eng an der Wand<br />
und auf dem Boden. Denn fast alle Ehemaligen<br />
machen mit: 152 Künstlerinnen und<br />
Künstler, von A wie Susanne Adami bis Z wie<br />
Günther Zins – die Fülle künstlerischer Vielfalt<br />
aus der Region. In „Petersburger Hängung“<br />
erhält alles eine gewisse Gleichrangigkeit. ch<br />
❚ FLOTTMANN 30 hoch Flottmann-Hallen, Straße des Bohrhammers<br />
5, Herne; Dauer: 3.9.-16.10., Di-So 14-18 Uhr;<br />
www.flottmann-hallen.de<br />
FARBEREIGNISSE<br />
Jerry Zeniuk<br />
■ Der frühere Professor an der Münchner<br />
Akademie Jerry Zeniuk (geb. 1945 in Bardowick,<br />
Niedersachsen) schafft Raum für Farb-<br />
Sensationen. Monochrome Farbüberlagerungen<br />
und -flächen werden zu Bildgefügen<br />
mit bunten Punkten, Flecken, Farbinseln und<br />
-geflechten. In der exquisiten Reihe „Albers<br />
im Kontext“ zeigen sie eine eigene Position<br />
von Farb-Sensationen, die er in seiner Schrift<br />
„How to paint“ erörtert. „Zeniuks Malerei“,<br />
sagt Museumsleiter Liesbrock, „konzentriert<br />
sich auf die Farbe und ihren Auftrag sowie<br />
auf die Frage der Komposition. Eine Verknappung<br />
aller Bildelemente ist zu beobachten. Er<br />
steht damit in einer Tradition der Malerei des<br />
20. Jahrhunderts, wie sie in den Gemälden<br />
von Albers und den ‚letzten Bildern‘ Ad Reinhardts<br />
kulminierte.“ So trifft auf Albers’ Leidenschaft<br />
an der Farbe Zeniuks Idee: „Farbe<br />
ist für mich wie das Leben“.<br />
bws<br />
❚ JERRY ZENIUK. How to Paint Josef Albers Museum<br />
Quadrat Bottrop, Im Stadtgarten 20; Dauer: 4.9.-27.11.,<br />
Di-Sa 11-17, So 10-17 Uhr; www.quadrat-bottrop.de<br />
JERRY ZENIUK, FOTO: WERNER J. HANNAPPEL (AUSSCHNITT)<br />
CLAUDIA HEINRICH<br />
Damals in den<br />
80ern<br />
Das Ruhrgebiet in den<br />
80ern – möchte man sich<br />
eigentlich daran erinnern?<br />
Ja, man möchte! Zumindest<br />
wenn es so rüberkommt wie<br />
auf den Fotos von Reinhard<br />
Krause, gebürtiger <strong>Essen</strong>er,<br />
jetzt Fotochef der Nachrichtenagentur<br />
Reuters und<br />
längst in London ansässig.<br />
Seine Fotos sind schwarzweiß,<br />
denn damals gab es<br />
im Ruhrgebiet bekanntlich<br />
ja noch gar keine Farben.<br />
Die Menschen im Pott<br />
machten Sonderbares an<br />
tristen Orten. Da sieht man<br />
den frisch gekürten „Mister<br />
Pilswampe“, ein Männerballett,<br />
Unterwäschemodels,<br />
muffelige Straßenbahnnutzer,<br />
Disco-Dancer, Stadtbummler<br />
am Bier- oder<br />
Bratwurststand, Rangeleien<br />
und alkoholseligen Unfug<br />
rund um Kirmes, Rosenmontag<br />
und Strandbad. Na,<br />
so war das eben. Und zuweilen<br />
auch ganz lustig. Wie<br />
Krauses Bilder: entlarvend<br />
und amüsant zugleich, aber<br />
nie bösartig, sondern so,<br />
dass die Porträtierten sicher<br />
mitlachen würden, wenn<br />
sie sich so sehen könnten.<br />
Das könnten sie noch bis<br />
4.9. in der Ping Pong Gallery<br />
c/o „Trinkhalle“ an der<br />
Herner Straße in Bochum.<br />
Oder dauerhaft im Netz<br />
unter reinhard-krause-80er.<br />
squarespace.com<br />
Claudia Heinrich<br />
© <strong>2016</strong> VG BILD-KUNST, BONN<br />
© VG BILD-KUNST, BONN, <strong>2016</strong> (AUSSCHNITT)<br />
JUBILÄUM IN SOLINGEN<br />
70. Internationale Bergische<br />
COLLAGEN UND MONTAGEN<br />
Hannah Höch<br />
DAVID CZUPRYN: PALENEONPLASTICS (AUSSCHNITT) © DAVID CZUPRYN<br />
IRONISCHER BLICK INS UNBEHAGEN<br />
Valérie Favre<br />
■ Mit altbekannten Geschichten und Archetypen,<br />
aus anderer Sicht neu erzählt, figürlich<br />
und abstrahierend surreal montiert, bevölkert<br />
Valérie Favre, Professorin für Malerei an<br />
der Universität der Künste Berlin, ihre bemerkenswerten-<br />
oft monumentalen – Bilder.<br />
Sie verweist auf Erzähltraditionen mit Titeln<br />
wie „Drei Hexen nach Füssli“ (2008), oder<br />
die Kreuzabnahme „Redescription #1 (nach<br />
Rembrandt)“. Ein Bild pro Jahr fertigt sie für<br />
ihre abstrakte Serie „Balls and Tunnels“. In<br />
der aktuellen Serie der „Théâtres“ finden sich<br />
Akrobaten, Figurinen, Trommler und Totenskelette,<br />
die mit Figuren ins Jenseits tanzen.<br />
Sie male, so Favre, das närrische Spiel des<br />
menschlichen Daseins und schaffe Bühnen<br />
(mit Rollen, Vorhang, Beleuchtung), auf denen<br />
sich die Parodien der Welt abspielten.<br />
Die Bilder lassen sich vergleichen mit Werken<br />
aus der Sammlung des Von der Heydt Museums,<br />
etwa von Beckmann und Dix. bws<br />
❚ VALÉRIE FAVRE Von der Heydt-Kunsthalle, Geschwister-<br />
Scholl-Platz 4-6, Wuppertal; Dauer: 28.8.<strong>2016</strong>-8.1.2017,<br />
Di-So 11-18 Uhr; www.von-der-heydt-kunsthalle.de<br />
■ „Schnitt mit dem Küchenmesser durch<br />
die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche<br />
Deutschlands“: Die Titel ihrer Bilder sind<br />
nicht immer so ausufernd, ihre geistvolle<br />
Fantasie schon. Hannah Höch (1889-1979) war<br />
nicht nur eine der wenigen Frauen der Dada-<br />
Avantgarde, die Grafikkünstlerin hat auch die<br />
Collage als eigenständiges Bildmedium in die<br />
Kunst eingeführt und zur Höchstform ausgebildet.<br />
Sie war rebellisch, revolutionär, unangepasst,<br />
vorbildhaft für viele nachfolgende<br />
Künstlerinnen und Künstler. Sie hatte längst<br />
begonnen, feine Brüsseler Spitze und banale<br />
Schnittmusterbögen zu anmutig-skurrilen<br />
Bildern zusammenzufügen, als Dada aus Zürich<br />
nach Berlin schwappte. Trotzdem stritt<br />
sie mit ihrem damaligen Lebensgefährten<br />
Raoul Hausmann über die Urheberschaft der<br />
Collage. Ist zwar egal, aber doch typisch. Eine<br />
Freude sind die Bilder allemal.<br />
kb<br />
❚ HANNAH HÖCH. Revolutionärin der Kunst Kunstmuseum<br />
Mülheim an der Ruhr, Synagogenplatz 1; Dauer:<br />
11.9.<strong>2016</strong>-8.1.2017; www.kunstmuseum-mh.de<br />
■ Ein renommierter Preis für junge Kunst<br />
mit überregionaler Strahlkraft wird am 2.9.,<br />
19 Uhr zum 70. Mal vergeben. 1946 feierte die<br />
Bergische Kunstausstellung im Solinger Museum<br />
Premiere. Seither kürt eine Fachjury alljährlich<br />
einen Preisträger, meist Absolvent/-in<br />
der Düsseldorfer Kunstakademie. 2015 fiel die<br />
Wahl auf David Czupryn (geb. 1983 in Duisburg)<br />
und sein Bild „PaleNeonPlastics, Radio,<br />
Marble etc.“ Das Ölgemälde zeigt in eigenwillig<br />
hyperrealistischem Stil ein rätselhaftes<br />
Traumszenarium aus bunten Fantasiegebilden;<br />
Natur und Synthetik verschmelzen. Die<br />
Ausstellung stellt nun nicht nur den Kunstpreisträger<br />
vor, sondern traditionell eine<br />
Bandbreite innovativer und spannender Positionen:<br />
15 Künstler sind dieses Mal vertreten<br />
– aus insgesamt 220 Bewerbungen. Auch die<br />
Besucher dürfen wählen; am Ausstellungsende<br />
winkt noch ein Publikumspreis. ch<br />
❚ 70. INTERN. BERG. KUNSTAUSSTELLUNG Kunstmuseum<br />
Solingen, Wuppertaler Str. 160; Dauer: 2.9.-30.10.,<br />
Di-So 10-17 Uhr; www.kunstmuseum-solingen.de<br />
54 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>09</strong>.<strong>2016</strong>