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Schwerpunkt • Unterwasserwelt<br />
Abtauchen im Riff<br />
Die österreichische Meeresbiologin Verena Schöpf<br />
erforscht in Australien resistente Super-Korallen. Für die<br />
Riffe wünscht sie sich kühlere Temperaturen.<br />
Bilder: David Hettich, Michael Parger<br />
Von Nicole Schnyder<br />
Redaktion <strong>Zoo</strong>journal<br />
Was ist ein gesundes, was ein<br />
gebleichtes Riff?<br />
Das intakte Riff ist voller Farben und einer<br />
unglaublichen Vielzahl an Lebewesen.<br />
Es hat eine stark dreidimensionale<br />
Struktur, die vielen Lebewesen die unterschiedlichsten<br />
ökologischen Nischen<br />
bietet. Im gebleichten Riff werden die<br />
Korallen schneeweiss. Sobald sie tot sind,<br />
werden sie von Algen überwachsen, die<br />
ihnen eine grau-grüne Farbe verleihen.<br />
Wenn die toten Korallenskelette erodieren<br />
und zusammenfallen, verschwindet<br />
auch die dreidimensionale Struktur immer<br />
mehr und damit auch viele Bewohner.<br />
Solche Riffe erfüllen auch die vielen<br />
Funktionen nicht mehr, die gerade auch<br />
für uns Menschen wichtig sind, wie der<br />
Schutz der Küsten, der Tourismus usw.<br />
Vom Great Barrier Reef hörten<br />
wir traurige Nachrichten – was ist<br />
passiert?<br />
<strong>2016</strong> wird leider als das Jahr in die Geschichte<br />
eingehen, wo das Great Barrier<br />
Reef die dritte und bisher schlimmste<br />
Massenkorallenbleiche erlebt hat. Nur<br />
sieben Prozent sind der Korallenbleiche<br />
entkommen. Es ist nicht nur das Great<br />
Barrier Reef betroffen, sondern die Korallenriffe<br />
weltweit.<br />
Ausgelöst wurde diese Korallenbleiche<br />
durch eine Kombination von Klimaerwärmung<br />
und einem sehr starken El-<br />
Niño-Jahr, das in vielen Meeren der Welt<br />
zu wärmeren Wassertemperaturen führt.<br />
Hitze ist der Hauptstressfaktor. Intensive<br />
Sonneneinstrahlung durch Windstille<br />
und wenig Wolken verstärkt den Hitzestress.<br />
Abgesehen vom Klimawandel gibt es<br />
noch andere Belastungen für Korallenriffe.<br />
Zum Beispiel die Versauerung der<br />
Ozeane, die bewirkt, dass es immer<br />
schwieriger wird für Korallen, ihr Kalkskelett<br />
zu bilden. Oder auch die Überfischung,<br />
die Zyklone oder die Dornenkronenseesterne,<br />
die die Riffe buchstäblich<br />
auffressen.<br />
Wo setzt Ihre Forschung an?<br />
Ich erforsche besonders stressresistente<br />
Korallen, die in der Kimberley Region in<br />
Nordwest-Australien vorkommen. Diese<br />
Super-Korallen halten mehr Stress aus<br />
als andere Korallen, da sie in einer sehr<br />
extremen Gegend vorkommen. Ich versuche,<br />
die Mechanismen zu studieren,<br />
die ihnen das ermöglichen. Das hilft uns<br />
zu verstehen, ob und wie Korallen sich<br />
an den Klimawandel anpassen können.<br />
Die Tatsache, dass es Korallen wie die in<br />
Kimberley gibt, beweist, dass Korallen<br />
insgesamt sehr viel aushalten können –<br />
aber man muss ihnen genug Zeit geben,<br />
so dass Evolution passieren kann. Leider<br />
findet der Klimawandel so schnell statt,<br />
dass ihnen da fast keine Zeit bleibt.<br />
Wie beeinträchtigen Plastikmüll und<br />
Mikroplastik die Riffe?<br />
Mikroplastik wird von sehr vielen Meeresbewohnern<br />
als Nahrung aufgenommen<br />
und richtet dadurch grosse Schäden<br />
an. Weiter treiben Plastiksäcke und an-<br />
derer Müll im Riff und schädigen Riffbewohner<br />
und auch die Korallen, da sie<br />
oft an ihnen hängen bleiben.<br />
Was können wir für die Riffe tun?<br />
Als Konsument oder Wahlberechtigter<br />
kann jeder einen kleinen Beitrag dazu leisten,<br />
den Markt und die Politik in umweltund<br />
klimafreundlichere Richtungen zu<br />
lenken. Das Wichtigste ist aber, die globalen<br />
CO 2 -Emissionen zu reduzieren und<br />
auf erneuerbare Energien umzusteigen.<br />
Mehr zu Verena Schöpfs erfüllten Kinderträumen,<br />
ihrer Liebe zum Meer und<br />
ihrem Respekt vor den Gefahren im ungekürzten<br />
Interview.<br />
www.zoo.ch/interview<br />
Die Meeresbiologin Dr. Verena Schöpf, 33,<br />
studierte in Wien und Innsbruck, doktorierte<br />
in den USA und forscht heute an der<br />
University of Western Australia in Perth.<br />
Hier lebt sie erstmals am Meer und geniesst<br />
es, die Korallen fast vor der Haustüre zu<br />
haben.<br />
ZOOJOURNAL <strong>2016</strong> 9