HEINZ Magazin Oberhausen 10-2016
HEINZ Magazin Oktober 2016, Ausgabe für Duisburg, Oberhausen, Mülheim
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KINO<br />
ÜBERSICHT<br />
<strong>HEINZ</strong>-AUTOR<br />
X-VERLEIH<br />
PERSPEKTIVWECHSEL<br />
Frantz<br />
■ Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg<br />
begibt sich François Ozon quasi noch einmal<br />
in den Grabenkrieg und schlägt eine Brücke<br />
der Liebe über die tiefen Verwerfungen zwischen<br />
den „Erbfeinden“. Als Sieger ins Feindesland<br />
schickt er den Franzosen Adrien 1919<br />
auf eine mysteriöse Mission. Adrien besucht<br />
Frantz’ Grab und trifft dort dessen trauernde<br />
Verlobte Anna, der er erklärt, dass er vor dem<br />
Krieg mit Frantz in Paris befreundet war und<br />
sie dort ihrer gemeinsamen Leidenschaft für<br />
die Musik nachhingen. Anna hofft von Adrien<br />
zu erfahren, wie Frantz starb, derweil gibt<br />
Frantz’ Vater Adrien deutlich zu verstehen,<br />
dass er alle Franzosen als Mörder seines Sohnes<br />
betrachtet. Auch die kleinstädtische Umgebung<br />
beäugt den Fremden misstrauisch.<br />
In behutsamen Schwarzweiß-Bildern und binationaler<br />
Besetzung nähert sich Ozon einer<br />
Zeit an, die heute sehr fern wirkt.<br />
pk<br />
❚ (FRANTZ) F/D <strong>2016</strong>, 114 Min., Regie: François Ozon, mit:<br />
Pierre Niney, Paula Beer, Ernst Stötzner, Anton von Lucke,<br />
Marie Gruber; Start: 29.9.<br />
FURZ DER FREIHEIT<br />
Swiss Army Man<br />
■ Daniel Radcliffe hat schon so manche Rolle<br />
angenommen, um den Harry-Potter-Fluch<br />
loszuwerden. Doch als Multifunktionsleiche<br />
hat er nun die bizarrste Robinsonade der<br />
Filmgeschichte abgeliefert. Und gegen die<br />
Dialoge dieses grotesken Dramas um die Einsamkeit<br />
sind selbst Tom Hanks’ Gespräche<br />
mit dem Volleyball Wilson eher bodenständig.<br />
Hank (Paul Dana) schickt verzweifelte Hilferufe<br />
per Flaschenpost, doch dann wird die<br />
ersehnte Rettung als Leiche an den Strand<br />
gespült. Hank entdeckt, dass der Tote mit<br />
seiner enormen Gasbildung nicht nur als Jetski<br />
(!) einsetzbar ist. So soll der blasse Untote<br />
ihm auch bei der Eroberung seiner Liebe und<br />
der Rückkehr in die Gesellschaft helfen. Und<br />
dabei muss man nicht nur das Pups-Tabu brechen.<br />
Daniel Kwan und Daniel Schreinert inszenieren<br />
ein sehr spezielles Buddy-Märchen<br />
mit tragikomischem Einschlag.<br />
pk<br />
❚ (SWISS ARMY MAN) USA 2015, 97 Min., Regie: Daniel<br />
Kwan, Daniel Schreinert, mit: Paul Dano, Daniel Radcliffe,<br />
Mary Elizabeth Winstead; Start: 13.<strong>10</strong>.<br />
CAPELIGHT PICTURES<br />
PHILIPP KOEP<br />
Von der Eifel bis in<br />
den Schwarzwald<br />
Ausgerechnet im Oktober<br />
lüftet „Nebel im August“<br />
den Schleier des Vergessens<br />
über einen besonderen<br />
Aspekt des Holocaust: die<br />
Ermordung „unwerten<br />
Lebens“ in den Kinderkliniken<br />
des Dritten Reiches.<br />
Unter all den Nazi-Gräueln,<br />
die die Leinwand ans Licht<br />
der Kinoöffentlichkeit<br />
gebracht hat, wurde die<br />
Euthanasie fast nicht berücksichtigt<br />
– schon allein<br />
deshalb ist der Film von Kai<br />
Wessel (s. Story, Start: 29.9.)<br />
sehenswert. Sehenswert im<br />
Oktober ist auch François<br />
Ozons Abhandlung „Frantz“<br />
über die Annäherung der<br />
„Erbfeinde“ nach dem<br />
Ersten Weltkrieg (Start:<br />
29.9.). Ansonsten begibt<br />
sich der deutsche Film in<br />
die Provinz: „Weiße Ritter“<br />
(13.<strong>10</strong>.) schickt seine Antihelden<br />
in die Eifler Landschaft,<br />
„Auf einmal“ (6.<strong>10</strong>.) begibt<br />
sich ins märkische Altena,<br />
„Jonathan“ (6.<strong>10</strong>.) in den<br />
bäuerlichen Odenwald und<br />
„Das kalte Herz“ (20.<strong>10</strong>.) in<br />
die dunkelsten Ecken des<br />
Schwarzwaldes, die cineastisch<br />
und tricktechnisch am<br />
hellsten leuchten.<br />
Philipp Koep<br />
JEREMY ROUSE, FARBFILM<br />
KAURISMÄKI AUF KÖLSCH<br />
Weiße Ritter<br />
SPÄTGEBURT<br />
Bridget Jones’ Baby<br />
■ Sie sind keine edlen Retter, sondern schon<br />
eher Ritter von der traurigen Gestalt und<br />
dennoch verleihen die beiden Kölner Filmemacher<br />
Markus Mischkowski und Kai Maria<br />
Steinkühler sich als Hauptdarsteller zum<br />
Showdown in Düsseldorf einen Triumph im<br />
schelmischen Stil des Don Quijote. Die Abenteuer<br />
der Langzeitarbeitslosen Mike und<br />
Alfred knüpfen an den 2002 gedrehten Film<br />
„Westend“ an. Erneut werden die Taugenichtse<br />
von Kumpel Rasto für ein haarsträubendes<br />
Unternehmen engagiert, dem sie nur durch<br />
eine ganz eigene Mischung aus Inkompetenz<br />
und Ignoranz zu einem halbwegs guten Ende<br />
verhelfen können. Ihr Kurierdienst ist jedenfalls<br />
im Sinne des Geldwäschegesetzes nicht<br />
ganz legal. Die lokal-kultige Underdog-Mär<br />
in Schwarzweiß erinnert an Kaurismäkis lakonische<br />
Antiheldengeschichten, bleibt aber<br />
erzählerisch bescheiden.<br />
pk<br />
❚ WEISSE RITTER D 2015, Regie: Markus Mischkowski<br />
und Kai Maria Steinkühler, mit: Markus Mischkowski, Kai<br />
Maria Steinkühler, Steffi Gosejohann; Start: 13.<strong>10</strong>.<br />
STUDIOCANAL GMBH, UNIVERSAL PICTURES<br />
EIN JUNGER MANN VOLLER WUT<br />
Jonathan<br />
■ Nach dem frühen Tod seiner Mutter muss<br />
sich Jonathan (Jannis Niewöhner) nicht nur<br />
allein um den elterlichen Bauernhof kümmern,<br />
sondern auch um den schwer krebskranken<br />
Vater Burghardt. Da ist die Pflegerin<br />
Anka ein Lichtblick. Nicht nur weil sie ihm<br />
bei der Pflege des schwierigen Patienten<br />
hilft, sondern auch weil die lebenslustige<br />
junge Frau ausgesprochen hübsch ist. Doch<br />
während sich durch Anka das Leben wieder<br />
etwas entspannt, offenbart sich mit dem Auftauchen<br />
von Burghardts Jugendfreund Ron<br />
eine völlig neue Sicht auf die Familie. Denn<br />
Burghardt und Ron waren einst viel mehr<br />
als „gute Freunde”. Jonathan wirft dem sterbenden<br />
Vater die Schuld am Selbstmord der<br />
Mutter vor und versucht ihm die Erfüllung<br />
seiner Liebe zu verbieten. Das Provinzdrama<br />
von Piotr Lewandowski ist eine Art deutsches<br />
„Brokeback Mountain”, ein Tabuthema, das<br />
glaubwürdig und intensiv inszeniert ist. pk<br />
❚ JONATHAN D <strong>2016</strong>, 99 Min., Regie: Piotr J. Lewandowski,<br />
mit: Jannis Niewöhner, Julia Koschitz, André<br />
Hennicke, Thomas Sarbacher; Start: 6.<strong>10</strong>.<br />
■ Die Wiederaufnahme des Fremdschmunzel-Franchises<br />
bringt Altbekanntes wieder<br />
zusammen: Renée Zellweger nach etlichen<br />
Botox-statt-Schokolade-Abenteuern wieder<br />
in der Titelrolle, Colin Firth als immer noch<br />
verstockter Ehekandidat und Sharon Maguire<br />
auf dem Regiestuhl. Freilich wurde Hugh<br />
Grant durch Patrick Dempsey etwas „verjüngt“.<br />
Dafür startet die „Stolz & Vorurteil“-<br />
Variante mit einer ungeplanten Schwangerschaft<br />
und zwei möglichen Vätern recht frivol<br />
in den Comeback-Plot. Die Sache mit dem<br />
gerissenen Kondom ist hochnotpeinlich, aber<br />
an das Haltbarkeitsdatum hatte Bridget nicht<br />
gedacht. So kommt der smarte Dating-Website-Milliardär<br />
Jack ebenso in Betracht wie<br />
Bridgets Expartner Mark Es beginnt eine Balz<br />
im geriatrischen Maternitätsambiente, in der<br />
vor allem die Gynäkologin Rawlings (Emma<br />
Thompson) mit süffisanten Gags brilliert. pk<br />
❚ (BRIDGET JONES’ BABY) GB <strong>2016</strong>, 123 Min., Regie:<br />
Sharon Maguire, mit: Renée Zellweger, Colin Firth, Patrick<br />
Dempsey, Jim Broadbent; Start: 20.<strong>10</strong>.<br />
OLYMP FILM<br />
50 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>10</strong>.<strong>2016</strong>