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Menschenrechte in der Pflegepraxis

Analyse_Menschenrechte_in_der_Pflegepraxis_26Sep2016

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36 DIE uMsETZung DER MEnsCHEnRECHTE In DER PFLEgEPRaXIs<br />

5.4.1 Stärkung <strong>der</strong> sozialen Inklusion<br />

durch Integration <strong>der</strong> Heime <strong>in</strong> den<br />

Geme<strong>in</strong>den vor Ort<br />

Die von uns untersuchten Heime unterhalten mit<br />

diversen kommunalen strukturen Verb<strong>in</strong>dungen<br />

und Partnerschaften: mit religiösen Organisationen,<br />

schulen, sport- und gartenvere<strong>in</strong>en und<br />

so weiter. Die Zusammenarbeit auf kommunaler<br />

Ebene kann unterschiedliche Formen annehmen,<br />

von <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Organisation von jahreszeitabhängigen<br />

Festen bis h<strong>in</strong> zur ausübung von<br />

aktivitäten durch Freiwillige.<br />

Die meisten Pflegedienstleiter_<strong>in</strong>nen betrachteten<br />

die unterstützung von Freiwilligenverbänden<br />

und E<strong>in</strong>zelpersonen als unabd<strong>in</strong>gbaren und<br />

festen Bestandteil des Heimlebens, ohne die e<strong>in</strong>e<br />

auf Respekt basierende und menschenwürdige<br />

Pflege nicht möglich wäre. geme<strong>in</strong>nützige arbeit<br />

kann neue aktivitäten ermöglichen und hilft, den<br />

Bedürfnissen verschiedener Bewohner_<strong>in</strong>nen<br />

gerecht zu werden, da sie dadurch an unterschiedlichen<br />

Veranstaltungen teilnehmen können.<br />

„Mehr Ehrenamtliche s<strong>in</strong>d immer wünschenswert,<br />

weil das ist nochmal e<strong>in</strong> Punkt, wo<br />

wir dann teilweise auch an unsere grenzen<br />

stoßen, wenn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Mensch irgende<strong>in</strong>en<br />

Wunsch hat, und ich habe jetzt gerade<br />

da ke<strong>in</strong>en Ehrenamtlichen, <strong>der</strong> gerade diesem<br />

Wunsch nachkommen kann. also: gerne noch<br />

mehr! Die dann halt auch <strong>in</strong>dividuell auch E<strong>in</strong>zelbetreuung<br />

bei Bewohnern machen können.“<br />

Pflegedienstleiter<strong>in</strong>, Heim 1<br />

5.4.2 Stärkung <strong>der</strong> Mitgestaltung des<br />

Heimlebens: Heimbeiräte<br />

Die wichtigste Form <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von sozialer Inklusion<br />

<strong>in</strong> Pflegeheimen ist die direkte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

von älteren Menschen <strong>in</strong> das alltagsleben und<br />

<strong>in</strong> die Hauswirtschaft ihres Heims (siehe 4. 3. 1).<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus bedeutet soziale Inklusion auch,<br />

Bewohner_<strong>in</strong>nen die Möglichkeit zu geben, über<br />

gewisse aspekte <strong>der</strong> Organisationsstruktur zu<br />

entscheiden. Dieser aspekt <strong>der</strong> sozialen Inklusion<br />

wird durch Heimbeiräte ausgeübt: gewählte gremien,<br />

die nicht nur aus Bewohner_<strong>in</strong>nen, son<strong>der</strong>n<br />

auch aus Ehrenamtlichen bestehen. Die Tätigkeit<br />

<strong>der</strong> Heimbeiräte ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimmitwirkungsverordnung<br />

geregelt. sie legt fest, dass Heimbeiräte<br />

e<strong>in</strong>en Rechtsanspruch darauf haben, über alle<br />

wesentlichen Pflegeaspekte <strong>in</strong> kenntnis gesetzt<br />

zu werden, seien sie materieller, organisatorischer<br />

o<strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischer natur. allerd<strong>in</strong>gs können die<br />

Beiräte nur e<strong>in</strong>en Bruchteil dieser Themen <strong>in</strong> ihre<br />

agenda aufnehmen. 61<br />

Die arbeit <strong>der</strong> Heimbeiräte sche<strong>in</strong>t für die meisten<br />

Langzeitpflegeheimbewohner_<strong>in</strong>nen und auch<br />

die Mitglie<strong>der</strong> des Beirats e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Relevanz<br />

zu haben. E<strong>in</strong>erseits gibt es nur wenig kontakt<br />

zwischen dem Beirat und den an<strong>der</strong>en Bewohner_<strong>in</strong>nen<br />

– e<strong>in</strong> umstand, den die Beiratsmitglie<strong>der</strong><br />

mit dem schlechten gesundheitszustand<br />

und den kognitiven E<strong>in</strong>schränkungen <strong>der</strong> meisten<br />

Bewohner_<strong>in</strong>nen erklären. an<strong>der</strong>erseits ist unklar,<br />

ob die arbeit des Beirats sich tatsächlich auf die<br />

Organisation des Heimlebens und <strong>der</strong> Heimdienste<br />

auswirkt. Mitglie<strong>der</strong> des Beirats können nicht<br />

mit sicherheit sagen, ob „irgendetwas überhaupt<br />

geän<strong>der</strong>t werden kann“ und die anregungen und<br />

Lösungsvorschläge des Beirats, selbst wenn<br />

sie protokolliert wurden, umgesetzt werden. Ist<br />

e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>getreten, s<strong>in</strong>d sie sich nicht<br />

sicher, ob dies mit ihrer eigenen Beteiligung an <strong>der</strong><br />

angelegenheit zu tun hat.<br />

„Was s<strong>in</strong>d die Themen, die sie hier zuletzt<br />

besprochen haben?“<br />

Interviewer<br />

„naja, wir haben Raucher im Heim. und<br />

manchmal rollen sie mit ihren Rollstühlen<br />

direkt zum E<strong>in</strong>gang und lassen niemanden<br />

durch. Dabei zieht auch <strong>der</strong> Rauch <strong>in</strong>s Haus.<br />

Wir haben schon mal bei <strong>der</strong> Leitung Bescheid<br />

gegeben, dass so was nicht geht, aber<br />

ob sich was än<strong>der</strong>t, weiß ich nicht.“<br />

Bewohner, Mitglied im Beirat, Heim 5, 77 Jahre<br />

Empirische untersuchungen 62 und auch unsere<br />

Befragung legen nahe, dass die schlechte gesund-<br />

61 Diese Beobachtung von M<strong>in</strong>got, karö / Ritter, Joachim / stiehr, kar<strong>in</strong> (2007) können wir auf grundlage des vorliegenden Interviewmaterials<br />

voll und ganz bestätigen.<br />

62 Vgl. M<strong>in</strong>got, karö / Ritter, Joachim / stiehr, kar<strong>in</strong> (2007).

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