Neue Szene Augsburg 2016-11
Das Stadtmagazin für Augsburg
Das Stadtmagazin für Augsburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
28 Zoom<br />
DIE<br />
10<br />
EURO<br />
REPORTAGE<br />
Unglaublich<br />
heiß!<br />
Das war wieder eine dieser Reportage-Ideen, die aus einem seltsamen<br />
dunklen masochistischen Trieb heraus geboren wurde, der<br />
einen dazu bewegt, sich in Situationen zu begeben, die man zeitlebens<br />
vermieden hat. Aus gutem Grund! Meint man! Allerdings<br />
sind die Gründe, die mich auf den Besuch einer Sauna verzichten lassen, durchaus<br />
gewichtig. In der Sauna vereinigen sich ja verschiedenste Probleme des modernen<br />
Lebens. Das ist nicht allen Menschen bewusst und als ich dem geschätzten Chefredakteur<br />
erläutern wollte, welcher Gestalt diese zivilisatorischen Probleme seien, hat<br />
er nur abgewinkt und gesagt: „Geh einfach hin und schreib drüber.“<br />
Mit diesen Fragen im Kopf betrete ich etwas beklommen das alte Stadtbad am<br />
Leonhardsberg. Wunderschöner Bau! Solche Bäder wurden damals ja nicht allein zu<br />
dem Zweck gebaut, dass sich die Menschen dort vergnügen. Das Stadtbad war eine<br />
Art öffentlicher Hygieneeinrichtung, die allerwenigsten Menschen hatten in ihren<br />
Wohnungen eine Badewanne oder eine Dusche, die einzigen Vollbäder ihres Lebens<br />
nahmen sie im Stadtbad. Die Eingangshalle ist grün gekachelt, ein bisschen wie eine<br />
Grotte und dann gleich dieser dampfige Chlorgeruch nach Schwimmbad, eigentlich<br />
ganz angenehm. Nach dem Zahlen gehe ich, angeleitet von meinem kundigen Begleiter<br />
Fabian, in die Welt der Sauna.<br />
Gut, das mache ich natürlich und fange gleich damit an, mich diesen Problemen zu<br />
widmen. Die Sauna ist ein unglaublich körperlicher Ort. Ich glaube, man kann sagen,<br />
dass es sogar der körperlichste Ort ist, den man mit fremden Menschen teilen kann,<br />
ohne dass man miteinander Sex hat. Und da beginnen theoretisch die Probleme.<br />
Hätte man keinen Körper, wäre die Sauna völlig unproblematisch. Nehmen wir die<br />
Nacktheit. Laut einer Studie sehen 80% der Menschen nackt eher schlechter als<br />
angezogen aus, die restlichen 20% sind wunderschön oder kaufen bei KiK ein. Ich<br />
gehöre mutmaßlich zu den 80% und bin dementsprechend verklemmt. Was ja an<br />
sich kein Problem wäre, wenn man aber mit lauter nackten Fremden beiderlei Geschlechts<br />
in einem kleinen Raum sitzt und schwitzt, kann es schon dazu kommen,<br />
dass man sich geniert. Und dann natürlich das Schwitzen! Ich hasse es, zu schwitzen.<br />
Deswegen liebe ich die Kälte. Die Vorstellung, mir gezielt die Seele aus dem<br />
geschundenen Leib zu schwitzen, finde ich absurd. Aber am meisten beschäftigt<br />
mich die Frage, wie ich es schaffen soll, in der Sauna nicht die nackten Frauen zu<br />
betrachten. Und wie sollen die es wiederum schaffen, meine Geschlechtsmerkmale<br />
und möglicherweise meinen kleinen Bauch nicht zu mustern?<br />
Es gibt so gesehen keine Umkleidekabinen. Man steht eben in einem Flur mit Spinden<br />
und zieht sich aus. Es wäre ja auch widersinnig, wenn man sich in einer Kabine<br />
auszieht und den Rest der Zeit sowieso nackt durch die Gegend läuft. So, jetzt sind<br />
wir nackt und um uns herum stehen und gehen einige alte Männer mit erfreulich<br />
runden Bäuchen umher. Wir legen uns die großen Handtücher um den Unterleib und<br />
gehen zum Heiligtum, der Sauna und den „Kühlbecken“.<br />
Schwitzen bei 100 Grad<br />
Es ist seltsam, wie schnell man sich an eine neue Umgebung und ihre Eigenheiten<br />
gewöhnt. Es irritiert mich kein bisschen, dass ich jede Menge behaarte Hintern und<br />
Rücken sehe (noch ist keine Frau aufgetaucht). Jetzt stehen wir vor der Sauna an<br />
sich. So, wie man sie kennt. Ein kleiner dunkler Raum aus Holz mit Sitzbänken auf<br />
drei Ebenen. Wir legen ab. Fabian öffnet die Tür. Wir treten ein. Und es ist heiß,<br />
ja doch, ziemlich heiß. Aber heiß ist nicht ganz das richtige Wort. Wir tauchen ein<br />
in einen dunklen Raum, der riecht wie eine glühende Herdplatte und sich auch so