Neue Szene Augsburg 2016-11
Das Stadtmagazin für Augsburg
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Cinerama<br />
47<br />
AMERIKANISCHES<br />
IDYLL<br />
Regie: Ewan McGregor<br />
Mit: Ewan McGregor, Jennifer<br />
Connelly, Dakota Fanning, David<br />
Strathairn u.a.<br />
Das langerwartete Regiedebüt von<br />
Ewan Mc Gregor feierte Weltpremiere<br />
auf dem internationalen Filmfestival<br />
von Toronto. Als Vorlage hat sich der<br />
Schotte den mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten<br />
Roman „Amerikanisches<br />
Idyll“ des ständigen Literaturnobelpreisanwärters<br />
Philip Roth ausgesucht.<br />
Die Story ist schnell erzählt: Amerikanisches<br />
Vorzeigeehepaar in den 60ern<br />
bekommt Probleme als die Tochter<br />
gegen den Vietnamkrieg demonstriert<br />
und nach einem Bombenanschlag<br />
verschwindet. Wir zitieren aus dem<br />
Infozettel: „Für Seymour und seine<br />
Frau beginnt ein Albtraum, in dem sich<br />
die Tragödie einer ganzen Nation widerspiegelt.“<br />
Das ist natürlich Quatsch,<br />
aber leider scheint es auch McGregor so<br />
staatstragend zu sehen, die Umsetzung<br />
der schwierigen Romanvorlage gerät<br />
zum allzu hochglanzinszenierten Vatersucht-Tochter-Thriller.<br />
Bezeichnenderweise<br />
wurde die Verfilmung schon vor<br />
über zehn Jahren mal begonnen – und<br />
dann wieder abgebrochen... (flo) (Kinostart:<br />
17.<strong>11</strong>.)<br />
<br />
PATERSON<br />
Regie: Jim Jarmusch<br />
Mit: Adam Driver, Golshifteh Farahani<br />
u.a.<br />
Der 63jährige Kultregisseur ist aktiv<br />
wie selten, neben dieser Ode an das<br />
einfache Leben und die Poesie bringt<br />
Jim Jarmusch noch seine Stooges-Hommage<br />
„Gimme Danger“ an den Start.<br />
„Paterson“ ist so ziemlich das genaue<br />
Gegenteil davon, acht Tage im Leben<br />
eines Busfahrers, der genauso heißt wie<br />
die 145.000-Einwohnerstadt, in der er<br />
wohnt: Paterson. Bei Literaturexperten<br />
klingelt’s da schon, die Stadt wurde<br />
berühmt durch den gleichnamigen Gedichtzyklus<br />
von William Carlos Williams.<br />
Und auch unser Busfahrer schreibt<br />
Gedichte, während seine etwas überaktive<br />
(und schwangere) Ehefrau im<br />
Haus rumwerkelt, E-Gitarre lernen und<br />
einen Laden aufmachen will.<br />
Es passiere „peinigend wenig“ schrieb<br />
eine Kritikerin und für Hyperaktive<br />
dürfte der Film eine wahre Tortur sein.<br />
Wer sich aber auf dieses seltsam zeitlose,<br />
melancholische Amerika einlässt,<br />
wird mit einem lakonisch schönen<br />
Kinoerlebnis belohnt, das nur noch an<br />
einem scheitern kann: dem elenden<br />
deutschen Synchronisierungswahnsinn.<br />
(flo) (Kinostart: 17.<strong>11</strong>.)<br />
<br />
DIE MITTE DER WELT<br />
Regie: Jakob M. Erwa<br />
Mit: Louis Hofmann, Sabine Timoteo,<br />
Inka Friedrich, Nina Proll u.a.<br />
Andreas Steinhöfel ist spätestens seit<br />
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“<br />
einer der bekanntesten deutschen<br />
Kinder- und Jugendbuchautoren<br />
und wurde von der Zeit mal als „Beschützer<br />
der Leser“ bezeichnet. Sein<br />
Roman „Die Mitte der Welt“ entstand<br />
bereits 1998: Der siebzehnjährige Phil<br />
weiß wenig bis gar nichts von seinem<br />
Vater, seine Mutter hat einen neuen<br />
Liebhaber und in der Patchworkfamilie<br />
läuft auch sonst einiges drunter<br />
und drüber. Und dann auch noch das:<br />
Die erste Liebe von Phil ist der neue<br />
Mitschüler Nicholas.<br />
Es ist vielleicht der schönste Dreh in<br />
„Die Mitte der Welt“, dass in dem ausufernden<br />
Coming-Of-Age-Panorama<br />
die Homosexualität wie nebenbei<br />
thematisiert wird. Die pubertäre<br />
Achterbahn inklusive verborgener Familiengeheimnisse<br />
räumte in Deutschland<br />
schon mehrere Auszeichnungen<br />
ab und es dürften noch ein paar<br />
dazukommen. Dass auch ein Preis<br />
beim Filmfestival in Moskau drin war,<br />
dürfte nicht nur den Grazer Regisseur<br />
Jakob M. Erwa überrascht haben. (flo)<br />
(Kinostart: 10.<strong>11</strong>.)<br />
<br />
OPERATION<br />
AVALANCHE<br />
Mit: Matt Johnson, Owen Williams u.a<br />
Regie: Matt Johnson<br />
Die wohl beliebteste Verschwörungsgeschichte<br />
überhaupt steht im<br />
Mittelpunkt dieser Mockumentary:<br />
Um einen russischen Spion im Apollo-Mondlandungsteam<br />
zu enttarnen,<br />
geben sich zwei CIA-Agenten als<br />
Filmemacher aus und stöbern in der<br />
NASA rum. Dabei kommen sie ganz<br />
anderen dunklen Geheimnissen auf<br />
die Spur... Das Ganze ist streckenweise<br />
wunderbar LoFi gedreht, mit<br />
Handkamera und improvisierten<br />
<strong>Szene</strong>n sowie einer spannenden<br />
Nebengeschichte, über die man<br />
natürlich auch schon wieder spekulieren<br />
kann. Angeblich haben sich<br />
Regisseur und Schauspieler Matt<br />
Johnson und sein Kollege für den<br />
Dreh selbst im Johnson Space Center<br />
in Houston eingeschmuggelt und<br />
dort ohne offizielle Genehmigung<br />
gefilmt – die Verschwörungstheorie<br />
zur Verschwörungstheorie quasi. Die<br />
“fake documentary about faking the<br />
moon landing” ist auf jeden Fall ein<br />
Fest für Cineasten - und Verschwörungstheorien<br />
lieben wir doch eh<br />
alle, oder? (Kinostart: 17.<strong>11</strong>.)<br />
<br />
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