50 Heimatklänge Ehrlich brennen Der <strong>Augsburg</strong>er Singersongwriter Benni Benson veröffentlicht im November sein neues Album Foto: Maximilian Stephan
Heimatklänge 51 Foto: Maxim Abrossimow A ngesichts der Präsenz des <strong>Augsburg</strong>er Singersongwriters Benjamin Rademann alias Benni Benson nimmt es etwas wunder, dass ein komplettes Album von ihm erst jetzt erscheint. Seit der Sechs-Song-Debüt-EP „Für etwas wirklich brennen“ aus dem Jahr 2012 hat der 33-Jährige unzählige Auftritte in seiner Heimatstadt und im ganzen Land absolviert, alleine und mit Band. Er war mehrmals auf dem Modular zu hören, hat dort 2013 den <strong>Augsburg</strong>er Poppreis „Roy“ überreicht bekommen und zwei Jahre später mit seinem T-Shirt- Appell „Modular jedes Jahr“ einen Slogan geprägt, an dem so schnell keine Stadtregierung mehr vorbeikommt. Konzert- und Festivalgängern sind Songs wie „Flimmern“ oder „Tsunami“ also längst ein Begriff, auch wenn sie jetzt erst auf Platte und CD erscheinen. Das spricht für die Qualität der Lieder ebenso wie die der Darbietung, aber eben auch für einen unerwartet langen Entstehungsprozess. „Die EP war ein Schnellschuss, kleiner instrumentiert, in einer Woche aufgenommen“, erklärt Benni, „in der aktuellen Platte steckt ein Jahr Arbeit.“ Tatsächlich hatte er bereits im Juni 2012, kurz nach Erscheinen der EP, ein komplettes Album mit Band für den Herbst desselben Jahres angekündigt. „Das muss ich noch lernen: die Klappe halten und mir nicht selber Druck machen“, sagt er heute. Bei Konzerten experimentierte der in Fürstenfeldbruck geborene ausgebildete Einzelhandelskaufmann und „staatlich geprüfte Leiter in der Popularmusik“ mit unterschiedlichen Besetzungen, bis er einerseits die passenden Mitmusiker fand, in ihm andererseits der Entschluss reifte, bei der Platte möglichst alles selber zu machen. „Es war einfach zu umständlich, meine Klangvorstellungen zu vermitteln, das kann ich schneller, wenn ich’s alleine mache.“ Der lange, eigene Weg Die Voraussetzungen sind da: Im gemeinsamen Proberaum, dem bereits legendären „Albert Matong Atelier für Musik“, das er sich mit Kollegen der Bands Carpet und Der Herr Polaris teilt, sind Technik und Instrumente ebenso vorhanden wie eine hilfreiche Hand. Zunächst saß Benni auf dem „Spielplatz“ aber alleine. Im heißen Sommer 2015 legte er Kilometer zwischen Schlagzeug und Mischpult zurück bei dem Versuch, ohne Unterstützung die Drums einzuspielen - sowie Posaune, Bass, Klavier, Banjo, Vibraphon, Mundharmonika Melodica, Glockenspiel und natürlich sämtliche Gitarren. „Das hat schon mal zwanzig Takes gebraucht, so gut Schlagzeugspielen kann ich ja nicht. Und für das, was ich nicht konnte, habe ich mir Unterstützung geholt.“ Als da wären: Maximilian Stephan und Jakob Mader von Carpet, Markus Christ (Schnitt, Kitty Empire), Bruno Tenschert alias Der Herr Polaris, hier in der ungewohnten Rolle als Percussionist, eine Cellistin und eine ganze Reihe Backgroundsänger. Für die Mischung zeichnet Tom Körbler verantwortlich, einen Song übernahm Michael Kamm. Den Produzentenhut ließ sich Benni aber nicht nehmen. Einen anderen Hut hat er indes abgelegt: Während ihn das Cover seiner EP noch in einer Blumenwiese mit Strohhut zeigte und eher aussah wie der „Frühjahrskatalog von H&M“, wie Benni damals scherzhaft sagte, ist auf dem neuen Album ein wesentlich ernster blickender Benni Benson zu sehen. Passend zum Titel, könnte man meinen, doch ganz so einfach ist es nicht. Die Songzeile „Alles ist ehrlich“ entstammt einem Lied über seine verstorbene Großmutter, der bereits die EP gewidmet war. „’Ich war noch nie hier’ ist wohl mein persönlichster Song und so gesehen vielleicht auch der erwachsenste, den ich bisher geschrieben habe.“ Und obwohl die Textzeile im Songkontext eine ganz andere Bedeutung hat, steht sie doch auch programmatisch über seiner Arbeit generell: „Es ist ehrlichste Musik, hinter der kein Konzern, keine Plattenfirma steht“, so Benni. „Für mich muss Musik eine Bedeutung haben. Ich habe wahnsinnig viel Spaß daran, nehme sie aber sehr ernst und will auch, dass meine Musik ernstgenommen wird.“ Einen eigenen Weg hat Benni auch bei der Realisierung eingeschlagen. Mit dem Leipziger Label „Analogsoul“ hat er offensichtlich den richtigen Partner gefunden und sich für die Finanzierung direkt an die Fanbasis gewandt. Und die hat ihn nicht im Stich gelassen, ganz im Gegenteil: Das Crowdfunding brachte schon innerhalb einer Woche den angestrebten Betrag von über 3.000 Euro. Für Benni ein absolutes Highlight: „Ich hätte nie gerechnet, dass es so schnell geht! Ein Beweis, dass sich dieses Dranbleiben der letzten Jahre gelohnt hat.“ Den dadurch erreichten Grad an Unabhängigkeit will er nun mit seinen Fans teilen. „Die Aktion steht für ein großes Miteinander: Das ist möglich, das können wir erreichen.“ Zur Unabhängigkeit gehört allerdings auch, dass Benni nicht von der Musik leben kann, er unterrichtet „immer noch gerne“ am <strong>Augsburg</strong>er Downtown Music Institute. „Klar wäre es toll, davon leben zu können, aber ich weiß, wie schwer das ist. Und ich kann keine Hochzeitsgigs oder im Bierzelt spielen, da gebe ich lieber jungen Menschen etwas mit, das gibt auch mir mehr.“ „Einmal ne echt fette Show spielen“ Am 04. November stellt Benni Benson „Alles ist ehrlich“ live im Abraxas-Theater vor und hat den ambitionierten Plan, es „genau wie auf Platte“ klingen zu lassen. „Das wollte ich immer schon, einmal ne echt fette Show spielen!“ Konkret bedeutet das: Die Jungs aus dem Matong-Atelier karren nahezu den kompletten Proberaum von der Schertlin- in die Sommestraße, drei Techniker begleiten insgesamt zwölf Musiker. „Ich habe sogar einen Roadie an dem Abend“, erzählt Benni lachend und man muss schon ein sehr hartes Herz haben, ihm das nicht zu gönnen. Für den Rest des Jahres wird er dann noch rund 20 Gigs spielen, in wechselnden Formationen, von Erlangen bis Münster. Dass die Songs im „Orchester“ genauso gut funktionieren wie im Solo ist ein weiteres Kennzeichen von Bennis Musik, das er übrigens mit seinem langjährigen Weggefährten Bruno Polaris teilt. Der hat erst im Juli sein Album „Mehr innen als außen“ beim deutschen Parade-Indielabel Grand Hotel van Cleef veröffentlicht. Ein Erfolg, der für Benni im ersten Moment nicht ganz einfach zu verarbeiten war. „Ich habe es dort auch versucht und eine Absage bekommen. Das hat sich kurz mal schon ein bisschen komisch angefühlt“, gesteht er. Andererseits profitiert er als Mitglied der Liveband von Bruno genauso vom großen Partner. „Da war nie Eifersucht oder Neid im Spiel, wir sind ja Freunde und jeder hat was von dem Kuchen.“ Benni Benson ist mit seinem Teil der Torte auf jeden Fall äußerst zufrieden zurzeit, neben den Reisen in eigener Mission war er im August mit der irischen Folksängerin Liosa Murphy auf der Grünen Insel unterwegs. „Ein Höllenritt: 28 Stunden hochfahren, zwei Tage proben, fünf Tage spielen und dann wieder heim“, erzählt er. Und fügt an: „War geil!“ Ehrliche Musik halt. (flo) * Benni Benson präsentiert “Alles ist ehrlich” am 04.<strong>11</strong>., 20.00 Uhr, im Abraxas. Tickets übers Abraxas-Büro (0821-324 63 55). “Alles ist ehrlich” erscheint am selben Tag via Edition Analogsoul/Kick the Flame/Broken Silence auf Vinyl, CD und Digital.