Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
16 20 JAHRE AARGAUER ZEITUNG<br />
NORDWESTSCHWEIZ<br />
FREITAG, 4. NOVEMBER 2016<br />
To dream the impossible dream<br />
Der Titelsong aus «The Man of La Mancha» – der Roman von Cervantes als Musical – erweckt Parallelen zur AZ-Fusion.<br />
von<br />
Jürg Schärer<br />
Rechtsanwalt und ehemaliger<br />
Verwaltungsratspräsident<br />
der AZ Medien<br />
W<br />
enn man, wie ich gerade<br />
jetzt, auf einer sonnenüberfluteten<br />
Terrasse in<br />
Spanien sitzt, ist es wohl<br />
unvermeidlich, an Don<br />
Quixote und seinen Diener<br />
Sancho Panza zu denken. Etwas überraschender<br />
ist es aber, wenn man dann plötzlich Peter<br />
Wanner mit dem Ritter assoziiert und ihn, teilweise<br />
mit dem Schreibenden als Jorge Panza,<br />
als Don Pedro durch die Medienwelt der letzten<br />
20 Jahre reiten sieht. Die Fusion von AT<br />
und BT wurde damals wohl von den meisten<br />
als Schlussstein verstanden: causa locuta, causa<br />
finita! Don Pedro dagegen, eben erst der<br />
väterlichen Obhut entflohen, sah die Fusion<br />
als Grundstein für höhere Ziele.<br />
Sein Gesellenstück waren die Windmühlen<br />
in Zofingen und Olten, die ihm ein Dorn im<br />
Auge waren und die es flugs zu bekämpfen<br />
galt: Die Schaffung gerechter Verhältnisse war<br />
ihm dabei wichtiger als Vertragsklauseln, die<br />
die Auflösung der damaligen «Mittelland-Zeitung»<br />
eigentlich verunmöglichten. Zugegeben,<br />
der Ausritt war teuer: Die «Schlichtungsdelegation»<br />
des Verwaltungsrats, die den Canossagang<br />
nach Zofingen auf sich nahm, um<br />
dort zu erklären, dass alles ganz anders gemeint<br />
und die unzeitige Vertragskündigung<br />
zurückgenommen sei, wurde trotz der Abwesenheit<br />
des tapferen Ritters mit Schmähungen<br />
überhäuft und zog unverrichteter Dinge, dafür<br />
mit einem Prozess am Hals, wieder ab.<br />
Tröstlich ist, dass am Ende auch der streitlustige<br />
Anwalt der Gegenparteien nicht verhindern<br />
konnte, dass sich die Partner am Ende<br />
in der heutigen Aargauer Zeitung wieder<br />
zusammenfanden.<br />
Ab und zu gönnte sich Don Pedro in den<br />
vergangenen 20 Jahren auch Ferien – für amtierende<br />
Chefredaktoren eine gefährliche Zeit!<br />
Denn wenn der Ritter von seiner Rosinante<br />
herabstieg und sich Zeit nahm, den nächsten<br />
Ausritt zu planen, kamen unweigerlich die<br />
Chefredaktoren ins Visier. Und so kehrte dann<br />
Don Pedro mit leuchtenden Augen zu Jorge<br />
Panza zurück und erzählte ihm mit ansteckender<br />
Begeisterung, dass er nun den idealen<br />
Chefredaktor gefunden habe: klug, mit guter<br />
Schreibe, führungsstark, bestens vernetzt und<br />
national bekannt, kurz: ein wirklicher «crack»<br />
eben (unnötig zu sagen, dass wir ausschliesslich<br />
Cracks anstellten). Der Rest der Geschichte<br />
ist rasch erzählt: Jorge Panza übernahm es,<br />
den amtierenden Chefredaktoren die gute<br />
Nachricht zu überbringen, dass sie nun nicht<br />
mehr Chefredaktoren seien, weil Don Pedro<br />
einen noch fähigeren Mann gefunden habe.<br />
Ernüchternd war es allerdings festzustellen,<br />
dass die Halbwertszeit solcher Cracks zwar<br />
unterschiedlich, aber doch einheitlich relativ<br />
kurz war: Kaum war Don Pedro wieder einmal<br />
in den Ferien gewesen oder hatte er an einem<br />
Verlegerkongress an der Bar mit einem besonders<br />
begabten Journalisten ein paar Whiskys<br />
getrunken, tauchte schon der nächste Chefredaktor<br />
am Horizont auf – diesmal «der absolute<br />
crack», wie Don Pedro mit wiederum<br />
leuchtenden Augen und ansteckender Begeisterung<br />
versicherte. Fortsetzung siehe oben –<br />
oder «affaire à suivre», wie ein ausgezeichneter<br />
Journalist der AZ jeweils seine Artikel abzuschliessen<br />
pflegte.<br />
Undenkbares auch umsetzen<br />
Es ist aber diese bewundernswerte Gabe<br />
Don Pedros, auch Undenkbares nicht nur zu<br />
denken, sondern es auch umzusetzen, die die<br />
AZ Medien zu dem machten, was sie heute<br />
sind: eine in allen Medien und Kanälen tätige<br />
erfolgreiche Gruppe, die der Nordwestschweiz<br />
von Solothurn bis nach Dietikon und von Basel<br />
bis ins Luzernische hinein ihren Stempel aufdrückt.<br />
Dazu waren mit dem Schlachtruf «to<br />
reach the unreachable star» nicht nur Windmühlen<br />
in Affoltern, Liestal, Solothurn, Bern,<br />
Basel, Lausanne und Olten beherzt anzugreifen,<br />
sondern nach epischen Schlachten auch<br />
zu erobern (verschiedene kürzere Ausritte<br />
nach Zofingen dagegen brachten nicht mehr<br />
ein als karge Picknicks . . .).<br />
Die Krönung der ritterlichen Erfolge Don<br />
Pedros ist aber zweifellos die Wiedergeburt<br />
seiner heimlichen Geliebten Dulcinea, d. h.<br />
des «Badener Tagblatts». Mit seinem hoch entwickelten<br />
Sensorium war es Don Pedro nämlich<br />
nicht entgangen, dass es dem bekanntlich<br />
weltoffenen Geist der Badener nicht länger<br />
zuzumuten war, die – man stelle sich das vor!<br />
– «Aargauer Zeitung» zu lesen. Und so wurde<br />
für einmal eine klitzekleine Ausnahme vom<br />
einheitlichen branding gemacht und den Badenern<br />
wieder ihre eigene Zeitung geschenkt<br />
– Jorge Panza, der sich gegen dieses schon lange<br />
gehegte Projekt Don Pedros immer wieder<br />
erfolgreich gewehrt hatte, konnte seine Umsetzung<br />
leider nicht mehr verhindern, war er<br />
doch altershalber vom Esel gestiegen und hatte<br />
die ritterliche Begleitung Don Pedros seinem<br />
Nachfolger überlassen.<br />
Unabhängig davon: War Don Pedro vor<br />
20 Jahren von der deutschschweizerischen<br />
Medienwelt noch herablassend als Ritter von<br />
der traurigen Gestalt belächelt worden, ist<br />
ihm heute der Respekt und die Hochachtung<br />
der Konkurrenz gewiss. Sein Credo<br />
«This is my quest to follow that star<br />
no matter how hopeless, no matter how far<br />
to fight for the right without question or pause<br />
to be willing to march into hell<br />
for that heavenly cause»<br />
wird es ihm erlauben, auch in Zukunft nicht<br />
nur Unmögliches zu träumen, sondern diese<br />
Träume auch zu realisieren. Jorge Panza<br />
wünscht ihm und den AZ Medien für die zukünftigen<br />
Ausritte dazu von Herzen alles Gute!<br />
Impressionen aus Spanien: Man landet unweigerlich beim Nationalepos «Don Quixote».<br />
THINKSTOCK