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Llora por el Amor 1 - Weine aus Liebe

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Die Männer kommen direkt auf mich zu und

sehen mich etwas verwundert an, was sie aber nicht

ungefährlicher wirken lässt. Es sind insgesamt sechs

und ohne jeden Zweifel gehören sie zu den Les

Surenas.

Zwei von ihnen sind feiner angezogen, die

anderen sehen aus, als kämen sie direkt aus einer

Straßenschlacht. Sofort verstehe ich, warum die

Leute sagen, die Surenas wirken so brutal. Bei einem,

der lange glänzende Haare hat, die er zum Zopf trägt,

sieht man vorne am Hosengürtel den Halfter einer

Pistole, ich bin mir aber mehr als sicher, dass die

anderen ebenfalls bewaffnet sind. Ich versuche ruhig

zu bleiben, aber mein Herz schlägt bis zum Hals.

Meine Plaka am Handgelenk brennt auf meiner Haut.

Das Mädchen muss sie entdeckt haben, als ich das

Buch aus dem Regal holen wollte. Die Sechs bleiben

genau vor meinem Tisch stehen. Die zwei etwas

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feiner gekleideten Männer stehen in der Mitte, alle

scheinen mich einen Moment lang zu mustern. Ich

weiß, wie man sich solchen Männern gegenüber zu

verhalten hat. Das Wichtigste ist, keine Angst zeigen,

also halte ich ihrem Blick stand und bete innerlich

zum Himmel.

»Sieh mal an, als wir gehört haben, jemand von

den Trez Puntos sei auf unserem Gebiet, hätten wir

nicht mit ... so etwas gerechnet.« Einer der etwas

brutaler wirkenden, mit hellbraunen Haaren und

einer großen Narbe auf der Wange zeigt an mir

herunter. »Wie kommt es, dass du hier bist?«, fragt

einer der feiner angezogenen Männer. Er wirkt

etwas jünger als der andere, wobei mir auffällt, dass

die beiden sich sehr ähnlich sehen. Beide haben

schwarze kurze Haare, sehr dunkle Augen. Beide

sind groß und offenbar sehr breit gebaut und haben

ähnliche Gesichtszüge.

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»Ich lerne hier. Ich wusste nicht, dass sich die

Bibliothek schon auf eurem Gebiet befindet, ich

dachte, es gehört noch zum neutralen Teil«, gebe

ich zurück und bin erstaunt, wie sicher sich meine

Stimme anhört, im Gegensatz zu meinem Inneren,

wo ich zittere und hoffe, dass ich gut lüge.

»Hast du gehört, Paco? Sie lernt. Habt ihr in

eurem Teil keine Bibliothek?« Mein Herz setzt aus.

Nicht nur, dass ich auf Mitglieder der Les Surenas

treffe, nein, ich treffe gleich auf den Anführer. Der

Ältere der beiden wurde angesprochen, also ist

er Paco und der andere muss dann sein jüngerer

Bruder Rodriguez sein. Pacos Blick ruht ruhig auf

mir, er scheint mich ganz genau zu fixieren. Er wirkt

gelassen, aber in seinen Augen sehe ich, dass er

wirklich absolut tödlich sein kann. Ich stehe auf und

packe meine Bücher in die Tasche.

»Wohin so schnell?« Der mit der Narbe ist

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offensichtlich sehr angriffslustig im Gegensatz zu

den anderen, die sich noch ziemlich zurückgehalten

haben, er packt meinen Arm in der Bewegung

und hält ihn fest. Er schaut auf meine Hand. »Wo

ist deine verfluchte Punto-Plaka?« Egal wie viel

Angst ich in dem Moment spüre, ich habe noch nie

klein beigegeben und musste mich schon bei viel

gefährlicheren Typen durchsetzen. »Fass mich nicht

an«, zische ich ihm zu und es scheint zu wirken.

Zwar lässt er meinen Arm nicht los, aber er sieht

mich ungläubig an, anscheinend hört er nicht oft

Widerworte von einer Frau.

»Lass sie los, Chico!« Mein Blick wandert zu Paco,

der den Befehl gegeben hat, seine Stimme ist rau und

dunkel. Chico lässt meine Hand los und grummelt

leise. »Sind alle Punto-Frauen so frech? Die armen

Trez Puntos, da tun sie mir ja mal richtig leid.« Chico

denkt wohl, er wäre witzig. Ich stemme meine Arme

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in die Hüften und funkele ihn böse an, was ihn nur

noch mehr zu amüsieren scheint. »Hübsch seid ihr

ja, das muss man euch schon lassen, aber dafür, dass

du hier auf unserem Gebiet bist, etwas zu mutig. Wir

können mit dir machen, was wir wollen und kein

Trez Punto darf dich rächen.«

Ich senke den Blick, er hat recht, aber ich weiß,

dass, wenn sie mich anfassen, Juan hier einfallen wird,

egal was das Abkommen sagt. Zum Glück scheinen

sie nicht zu ahnen, wer ich bin. »Lasst uns kurz

alleine, ich will mit ihr reden.« Paco redet mit seinen

Männern, lässt mich aber nicht eine Sekunde aus den

Augen. Man merkt, dass sie es nicht gerne tun, aber

die anderen ziehen sich zurück. Paco wendet seinen

Blick nicht von mir und ich starre zurück.

Seine Augen sind so dunkel, dass ich kurz das

Gefühl habe darin zu versinken. Ich schüttele leicht

den Kopf und packe meine Bücher weiter ein. »Wie

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heißt du? Und wieso bist du so verrückt hier zu

sein?« Im Gegensatz zu vorher wirkt seine Stimme

immer noch rau, aber schon etwas weicher als

vorhin. Ich trete hinter meinem Tisch hervor, bleibe

vor ihm stehen und hänge mir meine Tasche um, um

zu zeigen, dass ich gehen will ... wenn sie mich lassen.

»Ich wollte einfach nur lernen, hier gibt es viel

mehr Bücher als bei mir an der Uni und hier habe

ich meine Ruhe.« Ich hebe meine Hände. »Ich habe

keinen Anschlag auf euch vor, falls ihr das annehmt.«

Ich bin wirklich erstaunt, wie fest meine Stimme in

Anbetracht der gefährlichen Situation ist und wenn

man bedenkt, wer gerade vor mir steht.

Paco ist sicher anderthalb Köpfe größer als ich

und blickt auf mich herab. Ich stehe nah genug

bei ihm, um seinen würzigen männlichen Duft

einzuatmen. »Paco, hier ist Maria. Sie hat angerufen«,

lässt uns der jüngere Bruder Rodriguez wissen und

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tatsächlich steht das Mädchen von vorhin bei den

Jungs und grinst breit, als hätte sie die Welt vor

einem Weltuntergang bewahrt. Sie kommt ohne

die anderen Männer auf uns zu. »Paco, lange nicht

gesehen.« Man hört deutlich ihr Interesse und es

ist nicht verwunderlich. Paco wirkt unglaublich

gefährlich und sieht auch unwahrscheinlich gut aus,

selbst in meiner Situation ist mir das aufgefallen,

er hat genau die richtige Mischung, um alle Frauen

verrückt zu machen.

»Maria, ich kläre das gerade.« Paco wirkt nicht

sonderlich interessiert. »Ich wollte dir ihre Plaka

zeigen, sie trägt sie nicht dort, wo es üblich ist.«

Sie will an mich herantreten, doch ich begegne

ihrem Blick. »Denk nicht mal dran!« Sie hebt die

Augenbrauen und mein Blick fällt auf Paco, der

anfängt zu schmunzeln, als hätte er nichts anderes

von mir erwartet. »Tut mir leid, aber es ist meine

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Pflicht, einen Trez Punto zu melden, jeder würde das

tun.« Als würde ich ihr abkaufen, dass es ihr leidtut.

»Ich nicht, ich hätte das nicht getan«, entgegne ich

ihr kühl und meine es ernst. »Oder wirke ich so

bedrohlich? Hätte ich dich auf unserem Gebiet

entdeckt, hätte ich dich gebeten zu gehen, aber ich

hätte keine Männer gerufen. Es ist ja nicht so, dass

ich schwer bewaffnet hier gesessen und meine Plaka

hochgehalten habe, ich wollte nur lernen.«

Langsam wird mir das Ganze zu viel. Ich spüre,

wie ich meine äußere Fassade nicht mehr lange

aufrechterhalten kann. »Maria, ich kläre das«, geht

Paco dazwischen, bevor Maria auf meine Vorwürfe

reagieren kann. Ich sehe ihr hinterher, wie sie zu den

Jungs geht und wende mich dann wieder an Paco,

der lächelt. Ich muss mich beherrschen nicht zu

zwinkern, als ich sein unverschämt gutaussehendes

schiefes Grinsen entdecke, was seine weißen Zähne

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zeigt. Irgendwie scheine ich ihn zu amüsieren, auch

wenn mir gar nicht zum Lachen zumute ist.

»Also ... wie heißt du?« Die Frage ist heikel, ich kann

nur hoffen, dass er nicht weiß, wie die Schwester von

Juan heißt. Es ist eine Sache, ein Mitglied der Familia

zu sein, aber eine andere, wenn man auch noch die

Schwester des Anführers ist. Wenn sie mir nicht den

Kopf abreißen, tut Juan es. »Bella.« Diesmal klingt meine

Stimme nicht mehr so sicher. »Wie passend«, noch

immer grinst er. »Dir ist schon bewusst, was wir mit dir

machen könnten, weil du auf unserem Gebiet bist? Zeig

mir mal bitte deine Plaka.« Was bleibt mir für eine Wahl

und im Gegensatz zu den anderen bittet er mich darum.

Ich schiebe meine Strickjacke hoch und halte ihm mein

Handgelenk hin, er nimmt es in die Hand und streicht

mit seinem Daumen über die Plaka. »Warum hast du es

an dieser Stelle?« Ich ziehe mein Handgelenk weg und

schiebe die Strickjacke wieder herunter.

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Ich kann ihm diese Frage nicht beantworten und

nachdem er mich etwas länger als normal betrachtet

hat, wird sein Blick wieder härter. »Du hast Glück,

Bella, dass ich heute mit hier war, hätten die Jungs

dich alleine erwischt ...« Er stoppt. »Ich komme nicht

mehr her.« Wieder treffen sich unsere Augen. »Das

wäre besser für dich, das nächste Mal hast du sicher

nicht so ein Glück.« Diese Aussage war klar und

deutlich. Ich nicke und gehe in Richtung Ausgang,

innerlich kommen meine Tränen, doch ich schaue

stur zur Tür.

Die Jungs, die etwas weiter weg mit dieser Maria

stehen und sich unterhalten, schauen zu mir und

Chico will auf mich zukommen. »Lasst sie gehen!«

Ich drehe mich nicht mehr um. »Paco, was soll der

Scheiß? Lass uns doch etwas Spaß mit ihr haben, sie

ist heiß und das wäre doch mal ein Zeichen, dass

sich nicht noch einer von ihnen hierher verläuft.«

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Ein anderer lacht, doch offenbar hält Paco nichts

davon, denn ich kann raustreten und gehe schnell zu

meinem Auto.

Ohne zu halten, fahre ich die zwei Straßen bis zum

neutralen Gebiet und halte auf dem Parkplatz vor der

Uni. Dann erst setzt mein Verstand richtig ein und

mir wird bewusst, was für ein Glück ich da gerade

hatte, meine Tränen laufen mir die Wange herunter

und ich zittere.

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