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Der Sämann

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<strong>Der</strong> <strong>Sämann</strong> / 1888 / Van Gogh<br />

<strong>Der</strong> <strong>Sämann</strong><br />

<strong>Der</strong> Aktionskünstler Antonius Conte bekam von Bioland -einer Marke für<br />

Produkte aus kontrolliert oekologischer Landwirtschaft- den Auftrag, für<br />

das 25-Jahre-Bioland-Jubiläumsfest auf dem Hofgut Bisdamiz/Rügen einen<br />

künstlerischen Beitrag zu produzieren. Dabei ist die Arbeit “<strong>Der</strong> <strong>Sämann</strong>”<br />

entstanden.<br />

Was hat es mit dem <strong>Sämann</strong> auf sich?<br />

Mein <strong>Sämann</strong> ist ein Van Gogh-Zitat. Diese Gestalt ist eine der letzten<br />

großen anektodischen Figurenschöpfungen in der Malerei. Danach<br />

kommt die Anti-Anektodische Figur mit den Fauves, mit Picasso, Giacometti<br />

und die Abstraktion.<br />

In meiner Arbeit zitiere ich van Gogh, weil ich überzeugt bin, dass<br />

wir heutzutage nicht mehr in der Lage sind, solche Figuren zu kreieren,<br />

ohne dass diese naiv oder komisch oder einfach bedeutungslos<br />

sind. Van Gogh stand in einer Tradition, er war z.B. ein Verehrer Millets<br />

mit ihm endet diese Art Blick auf die Welt.<br />

Genauso wie es heute keine Sämänner mehr gibt, gibt es keine van<br />

Goghs mehr. Deshalb war es mir wichtig mit dieser Figur zu arbeiten<br />

und mit van Gogh als Repräsentant einer vergangenen Epoche -in der<br />

es noch sehr viel mehr Mut gekostet hat einen authentischen, von der<br />

inneren Wahrheit bestimmten Weg zu gehen und anderen Gesetzen zu<br />

gehorchen als denen der Gesellschaft- einen Verlust zu beklagen und<br />

zu betrauern als auch eine neue Hoffnung zu schaffen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Sämann</strong> als Symbolgestalt steht für die Phase der Investition. Sie<br />

ist absolut positiv! Sie wird erst in dem Moment tragisch wo „Schädlinge“<br />

oder „Unwetter“ den ausgelösten Prozess hemmen oder zerstören<br />

und den „Point on return“, die Blüte und die Ernte verhindern. Auch<br />

van Gogh war ein <strong>Sämann</strong>, der sich dem Risiko ausgeliefert hatte ohne<br />

„Lohn“ auszugehen...; unbeirrt folgte er seinem inneren Feuer. Obwohl<br />

er in seinem persönlichen Leben scheiterte ist er ein Vorbild!<br />

Was symbolisiert der <strong>Sämann</strong>?<br />

Für mich ist der <strong>Sämann</strong> die Initialfigur der Fruchtbarkeit, der Urheberschaft.<br />

Das ganze Leben ist ein Zusammenspiel von Säen und Ernten –<br />

Ursache und Wirkung. Es ist wichtig zu wissen, was man sät. Jedes<br />

Wort ist eine Saat, jede Handlung im Sinne des Karma; es kann sehr<br />

lange dauern bis sie aufgeht aber eines Tages geht sie auf. Heute wo<br />

wir mehr und mehr wissenschaftlich und instrumentell denken mutet<br />

das fremd an. Niemand will der Schöpfer seines Unglücks, seiner<br />

Krankheit oder seiner Pleite sein; es ist bequemer wenn man das Opfer<br />

ist. Wirklich Verantwortung zu übernehmen heißt für mich aber<br />

anzuerkennen dass ich auch mein Unglück gesät, das heißt der Autor<br />

davon bin. Nur durch diese Anerkennung nämlich können wir wirklich<br />

schöpferisch sein und mächtig. Alles was geschieht ist Ernte und Saat<br />

zugleich da immer ein Teil der Ernte die neue Saat ist und jede Ernte<br />

wurde irgendwann gesät [...] von uns!<br />

Für mich persönlich war oder ist der <strong>Sämann</strong> die Auseinandersetzung<br />

damit, dass ich selber gespalten bin. Auch einerseits in eine<br />

Urheber-Persönlichkeit die sät, kreiert, voll Verantwortung übernimmt<br />

und andererseits in einen armen Tropf der die Welt erleidet und sich<br />

beklagen muss; [...] und halt auch vergisst, was er alles sät und gesät<br />

hat.<br />

Nur selten sind uns diese Zusammenhänge wirklich bewusst. Wenn wir<br />

uns beispielsweise die modernen Medien ansehen, die uns regelmäßig<br />

mit irgendwelchen Schicksalsmeldungen überfluten, dann denken wir,<br />

dass wir damit eigentlich nichts zu tun haben und wir schimpfen dann<br />

über die anderen und denken es fällt vom Himmel. Wenn wir aber<br />

die Bereitschaft aufbringen, uns die dahinterstehenden Systeme anzuschauen,<br />

müssen wir uns letztlich zugestehen, dass wir mit unserem<br />

Verhalten an allem mitwirken und so einiges mittelbar und unmittelbar<br />

miterzeugen. Irgendwann haben wir mit unserem Handeln und Denken<br />

in der Vergangenheit eine Saat für ein Ereignis in der Zukunft gesetzt,<br />

die vielleicht schon zur Gegenwart geworden ist. Vielen ist dies nicht<br />

bewusst, dass sie heute das ernten, was sie gestern selber gesät haben,<br />

z.B in Form von negativen Erwartungen, Ängsten, Halbherzigkeit,<br />

Verachtung etc. und man wird dann tatsächlich krank oder verliert<br />

die Stelle oder den Partner oder führt ein unbefriedigendes Leben in<br />

Zwängen.<br />

Warum ist der <strong>Sämann</strong> alleine?<br />

Figur<br />

In diesem Feld wird tatsächlich nur der <strong>Sämann</strong> dargestellt. Oft ist es<br />

so, dass das Säen vom Ernten scheinbar abgekoppelt ist, weil soviel<br />

Zeit dazwischen ist. Meist sind die, die ernten andere als die, die gesät<br />

haben. Früher war in der Landwirtschaft der Säende auch oft ein<br />

Taglöhner, der bei der Ernte meist ganz woanders war. Dadurch das<br />

zwischen säen und ernten diese Zeit ist, wird es eben möglich zu vergessen.<br />

Im Leben liegt oft viel mehr Zeit als ein paar Monate zwischen<br />

diesen zwei Phasen. Da wir in manchen Dingen sehr vergesslich sind,<br />

wissen wir dann nicht, wenn Geschehnisse eintreffen, worin sie begründet<br />

sind und aus was für Quellen sie stammen. Wir können nicht<br />

nachvollziehen, dass wir die Urheber sind. Das gilt vor allem fürs „Negative“<br />

für das „Positive“ will jeder gleich die Urheberschaft an sich<br />

reißen, das heißt quasi das „Gute“ hat man „verdient“, das „Schlechte“<br />

hat man nicht „verdient“.<br />

Irgendwie ist der <strong>Sämann</strong> eine einsame Gestalt, die lediglich in einer<br />

Beziehung zur Erde und zum Kosmos steht. Bei van Gogh steht auch<br />

eine riesige Sonne am Horizont und im Vordergrund ein Baum. <strong>Der</strong><br />

<strong>Sämann</strong> selbst ist eine Art Gesetz. Ein Symbol für die Hingabe und Ein-

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