Der Sämann
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Alles was abfiel nahm ich mit und stupfte kleine <strong>Sämann</strong>-Silhouetten auf die Holzstücke. Die Verwertung des Abfalls vom Abfall. Damit ging ich<br />
am Tag des Bioland-Fests auf den Markt, der Teil der Jubiläumsveranstaltung war, und bot neben den Bäckern, Käsern und Gemüsehändlern die<br />
Stücke feil.<br />
und Produzenten oder Staatsführer, Wissenschaftler, Heiligen und Weisen<br />
sondern die Verkäufer!<br />
Die Mechanismen des Marktes haben mich schon immer fasziniert.<br />
Mit dem <strong>Sämann</strong>, der nach dem Prinzip einer großen Werbetafel geplant<br />
und gebaut wurde, wollte ich eine paradoxe Sache in eine Form<br />
bringen. Also eben den <strong>Sämann</strong> der bäuerliche Disziplin und Tradition,<br />
Ordnung, Aufgabentreue, Erd- und Naturverbundenheit aber -weil<br />
er von van Gogh ist- auch tragischer Individualismus, Bohème, Radikalismus<br />
und Bruch mit den ordnungsgebenden Insanzen verkörpert<br />
mit einer aktuellen Werbemethoden zu verbinden.<br />
Die Arbeit ist auf der Insel Rügen in der ehemaligen DDR entstanden.<br />
1996, also 7 Jahre nach der Wende. Hat diese Arbeit einen Bezug<br />
zur dortigen Situation?<br />
Die Wiedervereinigung hat die Kunst in Ost und West erst mal blokkiert;<br />
plötzlich floss spürbar weniger Geld und Support in die Kultur.<br />
Obwohl auch viel Hoffnung da war. Jedoch konnte man sehr spüren,<br />
was Priorität hatte. Es war eine Krise, die dazu führte, dass auch viele<br />
kleine Privatsammler kein Geld mehr für Kunst ausgaben. Und im<br />
Osten war sowieso nichts mehr los; die versuchten alle direkt oder<br />
indirekt im Westen anzudocken.<br />
In dieser intensiven Phase des Paradigmenwechsels befand ich mich<br />
in Berlin. Mir stellte sich die Frage, ob man die Kunst nicht an einen<br />
anderen Platz in der Gesellschaft rücken könnte, damit sie nicht unter<br />
der Dominanz der sogenannten Grundbedürfnissen und deren Ökonomie<br />
eine Schattenrolle bekommt. Es kann doch manchmal wichtiger<br />
sein, ein Bild anzuschauen oder Musik zu hören als etwas zu essen!<br />
Es ist auch möglich, geistig zu verhungern oder seelisch obdachlos zu<br />
sein!