Haftbedingungen und die Behandlung Strafgefangener
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Informationsblatt – <strong>Haftbedingungen</strong> <strong>und</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>Strafgefangener</strong><br />
(Hygienische) Bedingungen in Gefängniszellen<br />
Kalashnikov gegen Russland (47095/99)<br />
15.07.2002 (Kammer)<br />
Valeriy Kalashnikov verbrachte wegen Veruntreuung fast fünf Jahre in<br />
Untersuchungshaft, bevor er im Jahr 2000 freigelassen wurde. Er beanstandete <strong>die</strong><br />
Zustände in den Zellen der Haftanstalt, in der er einsaß, <strong>und</strong> insbesondere, dass seine<br />
Zelle überbelegt sei. Auf 17 m² seien 24 Häftlinge untergebracht, <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der<br />
Tatsache, dass er von starken Rauchern umgeben war, sei er gezwungen gewesen,<br />
passiv zu rauchen. Darüber hinaus sei es unmöglich gewesen, richtig zu schlafen, da<br />
sowohl das Fernsehgerät als auch das Licht in der Zelle niemals ausgeschaltet worden<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Zelle voller Kakerlaken <strong>und</strong> Ameisen gewesen sei. Er habe sich verschiedene<br />
Hautkrankheiten <strong>und</strong> Pilzinfektionen zugezogen, infolge derer er seine Zehennägel <strong>und</strong><br />
einige seiner Fingernägel verloren habe.<br />
Obwohl der Gerichtshof anerkannte, dass es keinen Hinweis auf eine absichtliche<br />
Demütigung Kalashnikovs gab, kam er zu dem Schluss, dass <strong>die</strong> <strong>Haftbedingungen</strong> eine<br />
erniedrigende <strong>Behandlung</strong> <strong>und</strong> somit eine Verletzung von Artikel 3 darstellten. Zu <strong>die</strong>ser<br />
Schlussfolgerung trugen insbesondere <strong>die</strong> stark überbelegte Zelle <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
unhygienischen Verhältnisse sowie deren negative Auswirkungen auf <strong>die</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
das Wohlbefinden des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem langen Zeitraum, in<br />
dem er unter solchen Bedingungen festgehalten wurde, bei. In Bezug auf <strong>die</strong><br />
Überbelegung der Zelle betonte der Gerichtshof, dass das CPT 7 m² pro Gefangenem als<br />
anzustrebenden Richtwert für eine Haftzelle festgelegt hatte.<br />
Modârcă gegen Moldau (14437/05)<br />
10.05.2007 (Kammer)<br />
Im Jahr 2005 verbrachte Vladimir Modârcă, der an Osteoporose leidet, neun Monate<br />
seiner Untersuchungshaft in einer 10 m² großen Zelle, <strong>die</strong> er sich mit 3 anderen<br />
Insassen teilte. In der Zelle gab es nur sehr wenig Tageslicht, sie war weder beheizt<br />
noch belüftet, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Strom- <strong>und</strong> Wasserversorgung wurde regelmäßig abgestellt.<br />
Modârcă erhielt weder Bettwäsche noch Gefängnisbekleidung, der Esstisch befand sich in<br />
unmittelbarer Nähe zur Toilette, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ausgaben für Nahrung waren auf 0,28 € am Tag<br />
pro Gefangenem beschränkt. Nach einem Besuch des Gefängnisses im September 2004<br />
bezeichnete das CTP das Essen in einem Bericht als „ekelerregend <strong>und</strong> praktisch nicht<br />
essbar“.<br />
Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass <strong>die</strong> kumulative Wirkung von Modârcăs<br />
<strong>Haftbedingungen</strong> sowie der Zeitraum, über den er <strong>die</strong>sen ausgesetzt war, zu einer<br />
Verletzung von Artikel 3 führten.<br />
Florea gegen Rumänien (37186/03)<br />
14.09.2010 (Kammer)<br />
Gheorghe Florea, der an chronischer Hepatitis <strong>und</strong> Bluthochdruck leidet, war von 2002<br />
bis 2005 im Gefängnis von Botasani in Rumänien inhaftiert. Etwa neun Monate lang war<br />
er gezwungen, sich eine Zelle mit lediglich 35 Betten mit 110 bis 120 anderen<br />
Strafgefangenen zu teilen. Während der gesamten Dauer seiner Inhaftierung musste er<br />
sich <strong>die</strong> Zelle mit Rauchern teilen.<br />
Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass Floreas <strong>Haftbedingungen</strong> eine Verletzung von<br />
Artikel 3 darstellten. Der Staat hat sicherzustellen, dass Strafgefangene keinem<br />
unzumutbaren Maß an Schmerzen oder Leid ausgesetzt sind <strong>und</strong> dass ihre Ges<strong>und</strong>heit<br />
nicht gefährdet wird.<br />
Pavalache gegen Rumänien (38746/03)<br />
18.10.2011 (Kammer)<br />
Der Beschwerdeführer beanstandete nach Artikel 3 insbesondere, dass man ihn im<br />
Gefängnis unter unangemessenen Bedingungen festgehalten habe, da er Tabakrauch<br />
ausgesetzt gewesen <strong>und</strong> nicht rechtzeitig ärztlich behandelt worden sei.<br />
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