Haftbedingungen und die Behandlung Strafgefangener

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Informationsblatt – Haftbedingungen und Behandlung Strafgefangener Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 3 fest (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung). Leibesvisitationen von Strafgefangenen Iwańczuk gegen Polen (25196/94) 15.11.2001 (Kammer) Während seiner Untersuchungshaft beantragte Krysztof Iwánczuk 1993 eine Wahlgenehmigung für die Parlamentswahlen. Eine Gruppe von Gefängniswärtern teilte ihm daraufhin mit, dass er sich, um wählen zu dürfen, entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen müsse. Er entkleidete sich bis auf die Unterwäsche, woraufhin die Wärter ihn verspotteten, erniedrigende Bemerkungen über seinen Körper machten und ihn verbal attackierten. Er wurde angewiesen, sich nackt auszuziehen, was er jedoch verweigerte. Daraufhin wurde er in seine Zelle zurückgebracht, ohne eine Wahlerlaubnis erhalten zu haben. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass dieses Verhalten eine erniedrigende Behandlung darstellte und somit eine Verletzung von Artikel 3 vorlag. Es lagen keine zwingenden Gründe für eine Leibesvisitation durch die Gefängniswärter vor. Diese ließ sich auch nicht durch Sicherheitsgründe rechtfertigen, da Iwánczuk sich während seiner Inhaftierung immer friedlich verhalten hatte, er nicht wegen eines Gewaltverbrechens verurteilt worden war, keine Vorstrafen hatte und nicht nachgewiesen werden konnte, dass ein gewalttätiges Verhalten seinerseits zu befürchten war. Leibesvisitationen können zwar in bestimmten Fällen notwendig sein, um die Sicherheit innerhalb eines Gefängnisses zu gewährleisten oder Unruhen zu vermeiden, sie müssen jedoch in angemessener Weise durchgeführt werden. Verhaltensweisen, die, wie in diesem Fall, darauf abzielen, Gefühle von Erniedrigung oder Minderwertigkeit auszulösen, zeugen von einem Mangel an Respekt für die Menschenwürde von Strafgefangenen. Valašinas gegen Litauen (44558/98) 24.07.2001 (Kammer) Während er eine Gefängnisstrafe wegen Diebstahls, Besitzes und Verkaufs von Schusswaffen verbüßte, wurde Juozas Valašinas, nachdem ihn ein Verwandter besucht hatte, dazu aufgefordert, sich in Anwesenheit einer weiblichen Vollzugsbeamtin nackt auszuziehen, was seiner Meinung nach dazu dienen sollte, ihn zu demütigen. Danach wurde er angewiesen, in die Hocke zu gehen, woraufhin seine Geschlechtsorgane und das Essen, das er von seinem Besucher erhalten hatte, von den Wärtern untersucht wurden, ohne dass diese Handschuhe trugen. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Art und Weise, in der die Durchsuchung durchgeführt worden war, einen klaren Mangel an Respekt für Valašinas erkennen ließ und seine Menschenwürde dadurch angegriffen wurde. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass eine erniedrigende Behandlung nach Artikel 3 der Konvention vorlag. Frérot gegen Frankreich (70204/01) 12.06.2007 (Kammer) Maxime Frérot, ehemaliges Mitglied einer linksextremen, bewaffneten Bewegung, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen einer Reihe von Straftaten, darunter Mord und bewaffneter Raubüberfall. Von 1994 bis 1996 war er im Gefängnis von Fresnes inhaftiert und musste sich regelmäßig einer Leibesvisitation unterziehen, wenn er den Besucherraum des Gefängnisses verließ. Wenn er sich weigerte, wurde er in eine Strafzelle gebracht. Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 3 fest. Zwar erkannte er an, dass die Leibesvisitationen von Frérot der Sicherheit und der Verhinderung von Straftaten dienten, der Gerichtshof zeigte sich jedoch erstaunt darüber, dass das Vorgehen bei der Durchsuchung von einem Gefängnis zum anderen variierte. Nur in Fresnes, wo davon ausgegangen wurde, dass jeder Gefangene, der vom Besucherraum zurückkehrt, 4
Informationsblatt – Haftbedingungen und Behandlung Strafgefangener Gegenstände oder Substanzen an den intimsten Körperstellen versteckt, wurde von Frérot erwartet, dass er sich Rektaluntersuchungen unterzieht. Aus diesem Grund zeigte der Gerichtshof Verständnis dafür, dass sich die betroffenen Gefangenen als Opfer willkürlicher Maßnahmen ansahen, insbesondere, da die Durchsuchungsprozedur in einem Rundschreiben geregelt war und jedem Gefängnisdirektor einen großen Ermessensspielraum einräumte. El Shennawy gegen Frankreich (51246/08) 20.01.2011 (Kammer) El Shennawy, der eine Freiheitsstrafe wegen einer Reihe von Straftaten verbüßte, beanstandete insbesondere die Leibesvisitationen, denen er sich während des gegen ihn laufenden Strafverfahrens unterziehen musste. Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 3 fest. Die Untersuchungen waren nicht durch dringende Sicherheitsbedürfnisse gerechtfertigt. Obwohl sie nur innerhalb eines kurzen Zeitraums stattfanden, hatten sie in El Shennawy Gefühle des Schikaniertwerdens, der Minderwertigkeit und der Angst ausgelöst, die den Grad an Erniedrigung, der mit Leibesvisitationen von Strafgefangenen zwangsläufig einhergeht, überschritten. Mehrfache Gefangenentransfers Khider gegen Frankreich (39364/05) 09.07.2009 (Kammer) Cyril Khider, der aufgrund gegen ihn laufender Verfahren, u.a. wegen bewaffneten Raubüberfalls als Mitglied einer Bande, inhaftiert war, beanstandete seine Haftbedingungen und die Sicherheitsmaßnahmen, die ihm als “Gefangenem mit besonderem Aufsichtsbedarf” auferlegt worden waren, insbesondere die wiederholten Überführungen in andere Gefängnisse, lange Zeiten der Isolationshaft sowie ständige Leibesvisitationen. Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 3 fest. Payet gegen Frankreich (19606/08) 20.01.2011 (Kammer) Payet, der eine Haftstrafe wegen Mordes verbüßt, beanstandete seine Haftbedingungen und seine aus Sicherheitsgründen erfolgende häufige Verlegung in andere Zellen und Gefängnisgebäude sowie die Disziplinarmaßnahme, die ihm auferlegt worden war. Diese beinhaltete die Unterbringung in Zellen ohne Tageslicht oder angemessene hygienische Bedingungen. In Bezug auf die schlechten Haftbedingungen in dem Gefängnisflügel, in dem Payet inhaftiert war (schmutzige und verwahrloste Räumlichkeiten, Rohrbrüche, kein ausreichendes Licht zum Lesen und Schreiben), stellte der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 3 fest. Hinsichtlich der sicherheitsbedingten Rotation stellte er jedoch keine Verletzung von Artikel 3 fest. Misshandlung Premininy gegen Russland (44973/04) 10.02.2011 (Kammer) Das Verfahren betraf die angebliche Misshandlung eines Strafgefangenen, der unter Verdacht stand, in das Online-Sicherheitssystem einer Bank eingedrungen zu sein, durch seine Mithäftlinge und Gefängniswärter sowie seine Beschwerde, dass sein Antrag auf Entlassung nicht zügig geprüft worden sei. Der Gerichtshof stellte eine Verletzung von Artikel 3 fest (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung), zwei weitere Verletzungen von Artikel 3 (Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung: Fehlen einer wirksamen 5
Seite 1 und 2: Informationsblatt zur Rechtsprechun
Seite 3: Informationsblatt - Haftbedingungen

Haftbedingungen und die Behandlung Strafgefangener

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?