SN-AuLa_Nov2016_LowRes
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REGIONALES<br />
DerkatholischeFriedhofanderHermanstraße<br />
AugsburgerPèreLachaise<br />
GustavGuisez<br />
Autor<br />
historischer<br />
Geschichten<br />
Nur wenige Schritte von der<br />
lärmvollen Hermanstraße entfernt,<br />
kann man nach dem Passieren<br />
der Friedhofspforte eintauchen<br />
in die Stille dieser Gräberstadt.<br />
Kaum irgendwo auf der<br />
Welt liegen die Verstorbenen so<br />
still, so friedlich, wie aus dem<br />
Hermanfiredhof, der sich wie einegroße,blühendeOasepräsentiert.<br />
Alte Bäume rauschen feierlich,<br />
flüstern sich bei einer Beisetzung<br />
Namen und Stand des neuen<br />
Gastes zu, halb verwaschene,<br />
von Efeu umrankte Steinfiguren<br />
nicken, ganze Reihen blinkender<br />
Grabmäler grüßen ihn und zum<br />
Schluss tut sich ein Bett vor dem<br />
müden Wanderer auf, nicht hart<br />
und steinig wie anderswo, sondern<br />
weich, von guter Augsburger<br />
Erde, in dem derVerstorbene<br />
sanft ausruht von all den Mühsalen<br />
des Lebens. Wenn dann das<br />
Glöckchen der nahen Friedhofskapelle<br />
ertönt, rollen keine Steine,<br />
keine groben Schollen auf<br />
den Sargdeckel herab, sondern<br />
weiche Humuserde deckt den<br />
Totenschrein neben vielen Blumenzu.<br />
Die Geburtsstunde des Gottesackers<br />
schlug, als am 27. Juli<br />
1599 die Katholiken vom Rat der<br />
Freien Reichsstadt die Erlaubnis<br />
erhielten, von der Hospitalstiftung<br />
einen vor dem Gögginger<br />
Tor gelegenen Garten für<br />
600 Gulden zu erwerben, um<br />
hier einen eigenen Totenacker<br />
anzulegen. Ein Jahr später wurde<br />
das angrenzende Grundstück<br />
des Marx Rehlinger für 1300 Gulden<br />
dazugekauft. Weihbischof<br />
Sebastian Breuning nahm am<br />
19. Oktober 1600 die feierliche<br />
Einweihung vor. Die neue Begräbnisstätte<br />
erhielt anno 1603<br />
die St.-Michaels-Kapelle. Aber<br />
bereits 1632 erfolgte die Zerstörung<br />
der Friedhofskapelle und<br />
Kirchhofmauer, 1652 wieder aufgebaut,<br />
erlitt sie 1703 erneut eine<br />
Demolierung. Dann 1708 von<br />
Grund auf neu errichtet, bekam<br />
das Kirchlein sein heutiges Bild<br />
mit dem schlanken Spätbarocktürmchen<br />
und dem wuchtigen<br />
Steildach auf dem Rundbau. Der<br />
Friedhof wurde in den Jahren<br />
1799 und 1830 vergrößert und<br />
1838 ein neues Leichenhaus fertiggestellt.<br />
DieMichaelskapelle–MittelpunktdeskatholischenFriedhofs<br />
anderHermanstraßeinihrerbarockenErscheinungsform.<br />
Bild:Guisez<br />
Blättern wir im Archiv des Friedhofamtes<br />
oder spazieren von<br />
Grab zu Grab und pflücken die<br />
PoesievondenGrabdenkmälern,<br />
so stoßen wir auf die Namen bedeutender<br />
Persönlichkeiten, die<br />
hier in diesem Monument Augsburger<br />
Geschichte ihre letzte Ruhe<br />
gefunden haben. Es waren<br />
das u.a.: Von Zabuesnig Johann<br />
Christoph, Bürgermeister von<br />
Augsburg (9.11.1747–27.6.1827);<br />
Thelott Carl, Portraitmaler<br />
(3.10.1792–19.11.1830);VonLinck<br />
Arnold Franz, Kgl. Reg. Präsident<br />
von Schwaben und Neuburg<br />
(15.1.1769–17.1.1838); Dr. Du Val<br />
Carron Richard Heinrich Nikolaus,<br />
rechtskundiger Bürgermeister<br />
von Augsburg (19.3.1793–<br />
29.12.1846); Von Schmid Christoph,<br />
Jugendschriftsteller,<br />
Sprachforscher, Ehrendoktor der<br />
Universität Prag (15.8.1768–<br />
3.9.1854); Dr. Reisinger Franz, kgl.<br />
Hofrat, kgl. Universitätsprofessor<br />
(3.4.1787–20.4.1855); Von<br />
Forndra, Johann Georg, rechtskundiger<br />
Bürgermeister von<br />
Augsburg (gest. 28.3.1871);<br />
Kempter Karl, Domkapellmeister,<br />
Komponist (17.1.1819–11.3.1871);<br />
Dr. von Allioli Franz Domprobst,<br />
Rektor der Universität München,<br />
Mitglied der dortigen Akademie<br />
d. Wissenschaften (10.8.1793–<br />
22.5.1873); Wagner Ferdinand,<br />
Historienmaler (16.8.1819–<br />
12.6.1881);Dr.VölkJosef,kgl.Advokat,<br />
lib. Parlamentarier, Vorkämpfer<br />
der deutschen Einheit<br />
(9.5.1819–22.1.1882); Von Biber<br />
Maximilian, kgl. Bayer. Generalmajor(25.1.1815–4.1.1890);Rösle<br />
Johann, Gründer des schwäbisch-bayerischen<br />
Sängerbundes<br />
und der Augsburger Liedertafel<br />
(10.10.1813–28.61891); Leybold<br />
Ludwig, städt. Oberbaurat<br />
(5.8.1835–24.3.1891);Kammerlander<br />
Karl, Domkapellmeister, Komponist<br />
(30.4.1828–30.4.1892);<br />
Dr.Müller Peter, Generalarzt<br />
(22.4.1827–19.9.1895); Schleicher<br />
Max, kgl. Stabauditeur (gest.<br />
2.2.1899); Von Fischer Ludwig,<br />
1. Bürgermeister, Geh. Hofrat<br />
(5.10.1832–8.1.1900); Hohenleitner<br />
Bernhard, kgl. Appelgerichtsrat<br />
a. D. (28.2.1815–1.6.1904);<br />
Britzelmayr Max, kgl. Kreisschulrat<br />
(gest. 6.12.1909); Heiss Karl,<br />
kgl. Kreisschulinspektor a. D.<br />
(gest. 18.4.1911); Schubert Johann,<br />
Oberlehrer a. D., Schulrat<br />
(gest. 27.6.1920); Brach Georg,<br />
Kommerzienrat, Magistratsrat,<br />
Landtagsabgeordneter, Gründer<br />
und Leiter der freiwilligen Sanitätskolonne,<br />
Augsburger Ehrenbürger<br />
(5.2.1839–21.2.1925);<br />
Dr. Müller Nikolaus Josef, Oberbürgermeister<br />
von Augsburg<br />
(19.4.1892–6.8.1980).<br />
GustavGuisez ■<br />
DerkatholischeGottesackervordemGöggingerTor.<br />
Bild:J.C.Weyermann,Städt.KunstsammlungenAugsburg. Guisez<br />
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