Mittelstand
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Der <strong>Mittelstand</strong>. | 6 | 2016<br />
POLITIK<br />
7<br />
Foto oben rechts: © peshkov - Fotolia.com<br />
Big Brother neues<br />
Verpackungsgesetz<br />
Die bisherigen Regularien zur lizensierten Entsorgung<br />
von Verpackungen haben für Wettbewerb<br />
unter den Dualen Systemen in Deutschland<br />
gesorgt. So ist das Preisniveau rund 50 Prozent<br />
unter das des Ex-Monopolisten Duales System<br />
Deutschland GmbH, auch bekannt als „Grüner<br />
Punkt“, gesunken. Die ehemaligen Monopolgewinne<br />
kommen nun dem Verbraucher zugute.<br />
Nun plant die Bundesregierung ein neues Verpackungsgesetz.<br />
Kernpunkt ist die Einführung einer<br />
Zentralen Stelle (ZS), von der niemand weiß, wie<br />
sie aufgebaut ist und was sie kosten wird. „Es sollte<br />
keine Behörde sein, die sich selbst kontrolliert,<br />
sondern eine Institution, die dafür sorgt, dass die<br />
Finanzierung der Rücknahme und Verwertung<br />
von Verpackungen ordentlich funktioniert. Deshalb<br />
fordern wir eine schlanke Zentrale Stelle“, so<br />
Timothy Glaz vom Reinigungsmittelproduzenten<br />
Werner & Mertz GmbH aus Mainz. Der Marktführer<br />
engagiert sich in der Umweltkommission des<br />
BVMW.<br />
Mittelständische Unternehmen und ihre Partner<br />
in der Entsorgungswirtschaft fürchten, dass<br />
hier ein neues Bürokratiemonster entsteht. Markus<br />
Höfels, Geschäftsführer des Kölner Entsorgungsdienstleisters<br />
Noventiz und einer der zehn<br />
Anbieter eines Dualen Systems in Deutschland,<br />
moniert, dass die ZS neben einem kompletten<br />
Marktüberblick Kenntnis über sämtliche Kunden<br />
Dualer Systeme und deren Verpackungsmengen<br />
erhält: „Das wird der ´Big Brother` der deutschen<br />
Verpackungswirtschaft.“<br />
Ebenso ungeklärt ist die Finanzierung der ZS. Bei<br />
den mittelständischen Unternehmen geht die<br />
Angst um, durch willkürlich festgelegte Umlageverfahren<br />
zur unverhältnismäßigen Mitfinanzierung<br />
der Zentralen Stelle gezwungen zu werden.<br />
Das neue Verpackungsgesetz solle deshalb vor<br />
allem „ökologisch sein und eine funktionierende<br />
Kreislaufwirtschaft abbilden können“, so<br />
BVMW-Kommissionsmitglied Glaz. Vor allem müsse<br />
die ZS eine Rekommunalisierung von Entsorgungsdienstleistungen<br />
verhindern. „Geraten die<br />
Dualen Systeme in Schieflage, müssen die Kommunen<br />
einspringen. Das aber würde unweigerlich die<br />
Kosten weiter in die Höhe treiben“, so Glaz.<br />
Brexit-Breakfast<br />
Über die Folgen des Brexit diskutierte der BVMW in der Bundeszentrale<br />
Berlin mit Mitgliedsunternehmen bei einem Informationsfrühstück mit<br />
George McGregor, Standortleiter London und Managing Partner der Interel<br />
Group. Nach Ansicht von McGregor wird die englische Ministerpräsidentin<br />
Theresa May am Brexit festhalten. Die Umsetzung wird aber in<br />
der vorgegebenen Zeit schwierig werden, da Großbritannien schlicht das<br />
Personal dafür fehlt. McGregor sieht keine Chancen für einen Austritt<br />
Schottlands aus dem Vereinigten Königreich, um dann der EU beizutreten.<br />
Dies wäre nur mit einer neuen Unabhängigkeitsabstimmung möglich.<br />
EU-Staaten wie Spanien werden einem Sonderstatus Schottlands in der<br />
EU nicht zustimmen, da dies die Unabhängigkeitsbewegungen im eigenen<br />
Land unterstützen kann. Die Brexit Verhandlungen werden die EU und<br />
Großbritannien noch die nächsten Jahre beschäftigen. McGregor appellierte<br />
an die EU, faire Verhandlungen zu führen. Vor allem aus deutscher<br />
Sicht sollten die wirtschaftlichen Risiken minimiert werden. Großbritannien<br />
ist mit seinen 60 Millionen Konsumenten einer der wichtigsten Handelspartner<br />
Deutschlands innerhalb der EU. Allein 2015 exportierten<br />
deutsche Unternehmen Waren in Wert von knapp 90 Milliarden Euro in<br />
das Vereinigte Königreich.<br />
V. li.: Dr. Hans-Jürgen Völz (BVMW Chefvolkswirt), George McGregor (Interel<br />
Group) und Enno Bernzen (Generalsekretär BVMW Bundeswirtschaftssenat).