„Berufliche Erstausbildung in Brandenburg – Bilanz und ... - Lasa

„Berufliche Erstausbildung in
Brandenburg – Bilanz und
Perspektiven“
Fachtagung
am 6. Juni 2005
in Potsdam
Dokumentation

Impressum
Titel „Berufliche Erstausbildung in Brandenburg – Bilanz und
Perspektiven“
Dokumentation der Fachtagung vom 6.6.2005 im Auftrag
des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie
des Landes Brandenburg
Bearbeitung Sylvia Schöne, Horst Haefker
Herausgeber Landesagentur für Struktur und Arbeit (LASA) Brandenburg
GmbH
Wetzlarer Straße 54
14482 Potsdam
Telefon: 0331 6002-200
E-mail: office@lasa-brandenburg.de
Copyright LASA Brandenburg GmbH
Alle Rechte vorbehalten
2006
Diese Dokumentation wurde aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.
Die folgenden Beiträge entsprechen dem zeitlichen Verlauf der Tagung.
Die Verantwortung für die Beiträge in dieser Dokumentation obliegt den jeweiligen
Autor/innen.

Inhaltsverzeichnis
Tagungsablauf 6
Begrüßung 11
Prof. Dr. Wolfgang Kubiczek, Geschäftsführer der Landesagentur
für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH, Potsdam
Berufliche Bildung – Standortfaktor für Brandenburg vor 15
dem Hintergrund der demografischen Entwicklung
Dagmar Ziegler, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit
und Familie des Landes Brandenburg, Potsdam
Die Berufsbildungsreform in Deutschland – Chancen für 23
mehr Quantität und Qualität in der Erstausbildung
Veronika Pahl, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für
Bildung und Forschung, Berlin
Impulsreferate aus dem Forum 1:
Berufsausbildung in Brandenburg und Berlin 33
– eine Bestandsaufnahme
Dr. Holger Seibert, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Berlin-Brandenburg, Berlin
Erstausbildung an der Fachhochschule Brandenburg 41
Dr. Claudia Appelius, Heiko Farwer,
Fachhochschule Brandenburg (FHB), Brandenburg an der Havel
„Praxislernen“ in den Ausbildungsstätten der 49
Handwerkskammer Cottbus
Horst Freimann, Handwerkskammer Cottbus
Das „Kunststoffnetzwerk Brandenburg“ 57
Dr. Rainer Schaller, Z.E.I.T. GmbH Schwarzheide
Berufsorientierung im Raum Sächsisches Elbland 63
Ulrich Wagner, Wirtschaftsforum Sächsisches Elbland e. V.,
Meißen
„Berufsstart“ – wirtschaftsnahe Berufsorientierung 69
während der Schulzeit
Dr. Gunter Dreßler, Günter Supp, Handwerkskammer Südthüringen, Suhl
Simone Kaltbach, Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung
Thüringen mbH, Erfurt
Rechtzeitige und individuelle berufliche Orientierung für 81
Jugendliche im Bereich des Staatlichen Schulamtes Frankfurt (Oder)
Hilmar Fritsche, Torsten Weyer, Jens Pursche,
Staatliches Schulamt Frankfurt (Oder)
Gemeinsam Verantwortung tragen für Berufsorientierung: 87
das „Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für Brandenburg“
Andrea Griese-Pelikan, Beate Günther,
Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für Brandenburg, Potsdam

Impulsreferate aus dem Forum 2:
Benachteiligte fördern – Anregungen für die berufliche Bildung 95
Dr. Friedel Schier, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn
Gedanken zum Thema 99
Heinz-Wilhelm Müller, Agentur für Arbeit Eberswalde
Erfahrungen aus der Bildungsarbeit für benachteiligte Jugendliche 103
Thomas Enkelmann, Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum
gGmbH, Fürstenwalde
„Berufsabschluss für junge Mütter“ – ein Modellprojekt für 109
benachteiligte junge Frauen
Bodo Teubert, Astrid Haupt, bbw Bildungszentrum
Frankfurt (Oder) GmbH
Das Ausbildungsmodellprojekt: „Fit for Future“ – bedarfsgerecht 115
ausbilden für den Gesundheitsmarkt im Land Brandenburg
Karin Smettan, SSI am Alex, Institut für Tourismus und Marketing, Berlin
„trans-fer“– ein Modellprojekt zur Förderung von Bildungsmobilität 121
Elke Swolinski, Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH, Merseburg
Fachkräftebedarf und Kooperationsentwicklung 131
Dr. Jürgen Smettan, Konwips e. V., Dresden
Impulsreferate aus dem Forum 3:
Das BMBF- Projekt „Regio-Kompetenz-Ausbildung“ im Kontext 135
von Ausbildung und Regionalentwicklung
Prof. Dr. Günter Albrecht, GEBIFO-Berlin Gesellschaft zur Förderung
von Bildungsforschung und Qualifizierung mbH
Betriebliche Erstausbildung – Status quo, Trends, 147
Rahmenbedingungen und Handlungsperspektiven
Dr. Karsten Schuldt, PIW Progress-Institut für
Wirtschaftsförderung GmbH, Teltow
Voraussetzungen schaffen für mehr Ausbildungsangebote 153
und Ausbildungsqualität – Stärkung und Ausweitung der
betrieblichen Praxis
Reiner Heinze, TÜV Akademie GmbH, Cottbus
Betriebsnahe Ausbildung in Brandenburg: zusätzliche 159
Ausbildungsplätze durch geförderte Ausbildung im
dualen System
Dr. Fritz Wegner, Ausbildungsring Potsdam-Brandenburg e.V.,
Potsdam

Impulsreferate aus dem Forum 4:
Vollschulische Angebote in der Berufsausbildung nach 165
dem neuen Berufsbildungsreformgesetz
Wolf-Dietrich Greinert,
Technische Universität Berlin
Das Brandenburger „Kooperative Modell“ – Zielsetzungen 173
und Ergebnisse
Rainer Pietsch, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
des Landes Brandenburg, Potsdam
Erfahrungen mit dem Kooperativen Modell 177
im Ausbildungsverbund Teltow e. V.
Solvay Knopf,
Ausbildungsverbund Teltow e. V. – Bildungszentrum
der IHK Potsdam
Resümee 185
Ute Tenkhof,
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und
Familie des Landes Brandenburg, Potsdam
Teilnehmer/innen der Fachtagung 189

Tagungsablauf
„Berufliche Erstausbildung in Brandenburg – Bilanz und
Perspektiven“
am 6. Juni 2005
10:00 Uhr Eröffnung
Prof. Dr. Wolfgang Kubiczek, Geschäftsführer, Landesagentur für Struktur
und Arbeit Brandenburg GmbH, Potsdam
11:00 Uhr Kaffeepause
Berufliche Bildung – Standortfaktor für Brandenburg vor dem
Hintergrund der demografischen Entwicklung
Dagmar Ziegler, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie
des Landes Brandenburg, Potsdam
Die Berufsbildungsreform in Deutschland – Chancen für mehr
Quantität und Qualität in der Erstausbildung
Veronika Pahl, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Bildung und
Forschung, Berlin
11:15 Uhr Podiumsgespräch:
Ausbildung in Brandenburg – Einschätzungen und Ausblicke
GesprächspartnerInnen:
Dagmar Ziegler, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie
des Landes Brandenburg, Potsdam
Jürgen Hegemann, Abteilungsleiter im Ministerium für Bildung, Jugend
und Sport des Landes Brandenburg, Potsdam
Wolfgang Spieß, Leiter des Fachbereiches Aus- und Weiterbildung der
Industrie- und Handelskammer Potsdam
Rainer Schmidt, Leiter Berufliche Bildung, Heidelberger Druckmaschinen
AG, Brandenburg
Dr. Karsten Schuldt, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Progress-Institut
für Wirtschaftsforschung, Teltow
David Kabus, Auszubildender
Moderation: Alfred Eichhorn, rbb InfoRadio
12:15 Uhr Würdigung der Stadt Prenzlau als regionaler Gewinner des
Deichmann-Förderpreises gegen Jugendarbeitslosigkeit
durch Frau Ministerin Dagmar Ziegler und Herrn Ulrich Effing,
Vertreter der Unternehmensleitung der Heinrich-Deichmann-Schuhe
GmbH & Co KG
.
12:30 Uhr Mittagspause
zeitgleich Pressekonferenz

13:30 Uhr Berufliche Erstausbildung im Kontext der bundesweiten
Reformdiskussion
Diskussion von innovativen Ansätzen und Erfahrungen in vier Foren
dazwischen ca. 14:45 Uhr – Kaffeepause
Forum 1: Bessere Ausbildungschancen für Jugendliche durch rechtzeitige und
individuelle berufliche Orientierung
Zielgruppenspezifische Berufsorientierung und -planung von der Schule an sind entscheidend
dafür, dass Jugendliche ihre eigenen Fähigkeiten erkennen, entwickeln und eine realistische,
zukunftsfähige und an den Voraussetzungen des Arbeitsmarktes ausgerichtete Berufswahl
treffen können. Gegenstand des Forums ist, wie Bedarfe von Arbeitgeber/innen
nach interessierten, qualifizierten Auszubildenden und zukünftigen Fachkräften sinnvoll mit
individuellen Lebensentscheidungen junger Menschen verbunden werden können und welche
praxisorientierten Strategien, Modelle und Projekte – z.B. WAT-Unterricht, Berufswahlpass
und Fachkräftenetzwerke – dafür besonders geeignet sind.
GesprächspartnerInnen:
Dr. Holger Seibert Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Berlin-Brandenburg, Berlin
Dr. Claudia Appelius und Fachhochschule Brandenburg (FHB), Brandenburg
Heiko Farwer an der Havel
Horst Freimann Handwerkskammer Cottbus
Dr. Rainer Schaller Z.E.I.T. GmbH Schwarzheide
Ulrich Wagner Wirtschaftsforum Sächsisches Elbland e.V., Meißen
Dr. Gunter Dreßler, Handwerkskammer Südthüringen, Suhl
Günter Supp
Simone Kaltbach Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsforschung Thüringen
mbH, Erfurt
Hilmar Fritzsche, Staatliches Schulamt Frankfurt (Oder)
Torsten Weyer, Jens Pursche
Andrea Griese-Pelikan Projektverbund „Praxislernen“ Potsdam
Moderation: Beate Günther, Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für
Brandenburg
Forum 2: Zukunftschancen nutzen: Begabungsreserven erkennen und erschließen
– Potenzial zur Fachkräftesicherung von morgen
Geeigneten und motivierten Fachkräftenachwuchs zu entwickeln, liegt ebenso im Interesse
von Unternehmen wie der politisch Verantwortlichen. Aber Begabungen unabhängig von
sozialer Herkunft zu fördern und Chancen auch für junge Arbeitslose ohne Berufsabschluss
zu erschließen, erfordert Anstrengungen in den Betrieben und stellt auch Forderungen an
Trägerer der Rechtskreise SGB II und SGB III. Wie durch intelligente Kooperation und Netzwerkarbeit,
durch modulare und Teilzeitausbildungen bis hin zur Internationalisierung der
Berufsausbildung passgenauere Ausbildungsformen angeboten werden können, ist Gegenstand
des Forums.

GesprächpartnerInnen:
Dr. Friedel Schier Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn
Heinz-Wilhelm Müller Agentur für Arbeit Eberswalde
Thomas Enkelmann Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum gGmbH
Bodo Teubert und bbw Bildungszentrum Frankfurt (Oder) GmbH
Astrid Haag
Karin Smettan SSI Institut für Tourismus und Marketing Berlin
Elke Swolinski Qualifizierungsförderwerk Chemie GmbH, Halle
Dr. Jürgen Smettan Konwips e.V., Dresden
Moderation: Ute Tenkhof, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit
und Familie des Landes Brandenburg, Potsdam
Forum 3: Voraussetzungen schaffen für mehr Ausbildungsangebote und Ausbildungsqualität
– Stärkung und Ausweitung der betrieblichen Basis
Zusammen mit den Akteur/innen des Brandenburger Ausbildungskonsenses, Vertreter/innen
der Ausbildungspraxis sowie der beteiligten Ministerien geht es darum, Wege zu diskutieren,
wie die Ausbildungsbereitschaft und -fähigkeit der Unternehmen gesteigert werden kann. Im
Vordergrund steht das Modell der Verbundausbildung, das angesichts der vorherrschenden
kleinbetrieblichen Struktur von besonderer Relevanz ist. Weitere Diskussionsschwerpunkte
sind die Verbesserung der Ausbildungsqualität sowie die Gestaltungspotentiale des novellierten
Berufsbildungsgesetzes. Das Forum dient auch zur Festlegung der Konturen der neuen
INNOPUNKT-Kampagne des MASGF, die eine Verstärkung der betrieblichen Ausbildungsbeteiligung
anstrebt.
GesprächspartnerInnen:
Prof. Dr. Günter Albrecht Gesellschaft zur Förderung von Bildungsforschung und
Qualifizierung, Berlin
Dr. Karsten Schuldt Progress-Institut für Wirtschaftsforschung, Teltow
Wolfgang Spieß Industrie- und Handelskammer Potsdam
Ralf-Michael Rath Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und
Brandenburg e.V., Berlin
Reiner Heinze TÜV Akademie GmbH, Cottbus
Dr. Fritz Wegner Ausbildungsring Potsdam-Brandenburg e.V., Potsdam
Jörg Jurkeit DGB Bildungswerk Berlin-Brandenburg e.V., Berlin
Moderation: Michael Zaske, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit
und Familie des Landes Brandenburg, Potsdam

Forum 4: Erfahrungen mit dem Kooperativen Modell Brandenburg: Modell für
vollzeitschulische Angebote nach der Berufsbildungsreform?
Das „Kooperative Modell“ wird in Brandenburg seit 1997 als öffentlich finanziertes Programm
in Ergänzung zur betrieblichen dualen Ausbildung in schulisch-kooperativer Form durchgeführt.
In Diskussion mit Vertreter/innen des Brandenburger Ausbildungskonsenses, der Ober-
stufenzentren und Bildungsträgern sollen die bisherigen Erfahrungen bilanziert und weiterführende
Vorschläge erörtert werden. Im Mittelpunkt stehen Fragen der Ausbildungsqualität
und der Realisierung von Ausbildungspraktika, die Möglichkeiten des novellierten Berufsbildungsgesetzes
sowie Ausbau bzw. Verstetigung von berufsfachschulischen Ausbildungswegen.
GesprächspartnerInnen:
Prof. Dr.
Wolf-Dietrich Greinert Technische Universität Berlin
Rainer Pietsch Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg,
Potsdam
Claudia Brestrich Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur
für Arbeit, Berlin
Eva Gatzky Handwerkskammer Potsdam
Solvay Knopf Ausbildungsverbund Teltow e.V. – Bildungszentrum der IHK
Potsdam
Dr. Peter Müller Oberstufenzentrum Oberhavel 2, Hennigsdorf
Dirk Bachmann Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit,
Dresden
Moderation: Dieter Hölterhoff, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
des Landes Brandenburg, Potsdam
17:00 Uhr Resümee:
Neue Impulse der beruflichen Bildung in Brandenburg
Ute Tenkhof, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie
des Landes Brandenburg, Potsdam
17:30 Uhr Imbiss und Gelegenheit zum individuellen
Erfahrungsaustausch

Prof. Dr. Wolfgang Kubiczek
Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH, Potsdam
11
Begrüßung

Sehr geehrte Frau Ministerin Ziegler, sehr geehrte Frau Pahl,
sehr geehrte Mitwirkende und Gäste unserer Fachtagung „Berufliche Erstausbildung in
Brandenburg – Bilanz und Perspektiven“, sehr geehrte Damen und Herren !
Die LASA Brandenburg GmbH wurde vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und
Familie mit der Vorbereitung und Durchführung der heutigen Tagung beauftragt. Mir wird
daher auch die Ehre zuteil, die Tagung zu eröffnen und sie ganz herzlich zu begrüßen.
Das Thema „berufliche Erstausbildung“ spielt seit Beginn des Transformationsprozesses in
allen ostdeutschen Bundesländern – und so auch in Brandenburg – in den wirtschafts- und
arbeitsmarktpolitischen Debatten eine herausragende Rolle.
Auf der Grundlage einer Art Bilanz der 15-jährigen Entwicklung der beruflichen Erstausbildung
in Brandenburg wollen wir uns auf der heutigen Tagung vor allem mit den neuen Herausforderungen
der Gegenwart und Zukunft zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses beschäftigen.
Es freut mich, dass es uns gelungen ist, für die heutige Tagung zum einen verantwortliche
und sachkundige Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner zu gewinnen und zum anderen,
dass wir auch einen ausgesprochen sachkundigen Teilnehmerkreis in unserer Tagung
haben.
So können wir Vertreter/innen von Fachministerien und Kammern verschiedener Bundesländer
begrüßen; der schulische Bereich wie auch Hoch- und Fachschulen, Unternehmen,
die Sozialpartner, kommunale Verwaltungen, Arbeitsagenturen, Forschungseinrichtungen
und Bildungsträger sind auf der Tagung vertreten. Besonders freut es mich, dass wir auch
einige von denjenigen hier haben, über die wir reden – nämlich junge Menschen, Auszubildende
– die sich auch inhaltlich einbringen werden.
Meine Damen und Herren !
In einer von der Landesregierung herausgegebenen Untersuchung wurde die bisherige Ausbildungspolitik
des Landes Brandenburg in drei Phasen unterteilt:
� die erste Phase von 1990 bis 1992 war durch die Bewältigung der Anfangsschwierigkeiten
bei der Einführung des Dualen Systems gekennzeichnet; neben der
Tatsache, dass ein Großteil der traditionellen Ausbildungskapazitäten durch die wirtschaftlichen
Transformationsprozesse verloren ging, mussten gleichzeitig die Institutionen
der Berufsbildungspolitik komplett neu aufgebaut werden;
12

� in der zweiten Phase von 1993 bis 1995 wurde deutlich, dass sich die Anzahl der betrieblichen
Ausbildungsplätze nicht nennenswert steigern ließ; der Lückenschluss
zwischen Angebot und Nachfrage von Ausbildungsplätzen erfolgte durch staatliches
Engagement;
� die dritte Phase der Ausbildungspolitik des Landes schließlich war und ist geprägt
durch Maßnahmen der Qualitätsverbesserung im Rahmen der Förderpolitik;
Jetzt kommen neue Herausforderungen auf uns zu.
Sie sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der Geburtenknick von 1990/91, von dessen
Folgen bislang in erster Linie die schulische Ausbildung betroffen war, nunmehr auf die
berufliche Erstausbildung in Brandenburg zukommt.
Die sich daraus konsequenterweise ergebende Frage lautet: Wie gestaltet sich die Berufsbildungspolitik
angesichts dieser sich verändernden Situation?
Meine Damen und Herren, es freut mich besonders, dass sich die für berufliche Erstausbildung
in Brandenburg zuständige Ministerin, Frau Dagmar Ziegler, bereit gefunden hat, das
Grußwort zu sprechen und sich aktiv in die inhaltliche Diskussion auf unserer Tagung einzubringen.
Daher räume ich schnell das Feld und darf Frau Ziegler um ihr Grußwort bitten.
13

Dagmar Ziegler
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes
Brandenburg, Potsdam
Berufliche Bildung –
Standortfaktor für Brandenburg vor dem
Hintergrund der demografischen Entwicklung
15

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie herzlich begrüßen und freue mich auf eine spannende Diskussion und nachhaltige
Erkenntnisse für die Berufliche Bildung in Brandenburg.
Ende letzten Jahres wurden zwei Evaluationen veröffentlicht, die vom MASGF in Auftrag
gegeben wurden, um die Ausbildungspolitik der letzten 15 Jahre zu beleuchten und die sich
daraus ergebenden Schlussfolgerungen zu diskutieren:
„10 Jahre berufliche Erstausbildung“ und „Evaluation des kooperativen Modells“.
In beiden Studien wird festgestellt, dass eine gute Ausbildung nicht mehr lebenslang hält,
aber die unabdingbare Basis darstellt, auf der das weitere Lernen aufbaut.
Für jeden jungen Menschen ist eine fundierte Ausbildung wichtig, um seine Chancen am
Arbeitsmarkt zu verbessern und seine Beschäftigung zu sichern.
Für Unternehmen ist die Investition in die Ausbildung lohnend, denn Produktinnovationen,
die den Wettbewerbsvorteil sichern und ausbauen, entstehen nur mit klugen, kreativen Köpfen
im eigenen Unternehmen. In Brandenburg gibt es viele gute Beispiele dafür: nicht nur die
Leuchttürme, sondern auch die vielen erfolgreichen Leuchtfeuer des Mittelstandes sind vonnöten.
Herausforderungen am Standort Brandenburg
Die demografische Entwicklung ist kein Thema für Feuilletons, sondern mittlerweile ein Megathema
für Gesellschaft und Wirtschaft geworden. Die Konsequenzen müssen jetzt bedacht
werden, – wer das nicht bedenkt, hat die Zukunft schon hinter sich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Brandenburger Bevölkerung wird sich bis zum
Jahr 2020 um rund 7 Prozent – verglichen mit dem Jahr 2002 – verringern. Davon wird die
Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 65 Jahren maßgeblich betroffen sein. Der
Rückgang wird sich besonders im äußeren Entwicklungsraum bemerkbar machen. Wir haben
eine Verringerung des Arbeitsangebots und Engpässe bei qualifizierten Arbeitskräften
zu erwarten.
Schon in wenigen Jahren werden – wegen des Geburtenrückgangs nach der Wende – den
Betrieben deutlich weniger Nachwuchskräfte zur Verfügung stehen. Gleichzeitig werden viele
ältere Arbeitnehmer ausscheiden.
16

Die Abwanderung überwiegend junger, gut ausgebildeter Menschen führt zu einer weiteren
Verknappung der qualifizierten Arbeitnehmerschaft. Die Daten zeigen, dass vor allem Personen
im Alter zwischen 18 und 30 Jahren die Region verlassen, also gerade die Altersgruppen,
die für den Fachkräftenachschub in den Brandenburger Unternehmen von großer Bedeutung
sind. Und es sind vor allem junge und qualifizierte Frauen, die Brandenburg den
Rücken kehren.
Die Abwanderung hat mit fehlenden Arbeitsplätzen, aber auch mit Verdienstmöglichkeiten
sowie weiteren Arbeits- und Lebensbedingungen zu tun. Das wirft perspektivisch schon die
Frage auf, dass sich der Produktionsvorteil niedriger Löhne in Zeiten von Fachkräftemangel
als Hemmnis für die weitere Entwicklung erweist. Eine schwierige Situation für die Betriebe.
Fachkräfte sind eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen
und damit für die Sicherung von Beschäftigung und Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Ein fehlendes Reservoir an Fachkräften bis hin zu einem Fachkräftemangel könnte insbesondere
Klein- und Mittelunternehmen in ihrer Substanz gefährden.
Ein solches Szenario halten mehr als zwei Drittel der befragten Industrieunternehmen für
realistisch. Leistungsfähige Unternehmen und gut qualifizierte Arbeitskräfte sind wichtige
Standortfaktoren. Sie entscheiden über die Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Qualifizierte
und qualifizierbare Fachkräfte sind heutzutage ein entscheidendes Kriterium bei Ansiedlungen.
Die Brandenburger Fachkräfteprognose ist ein zentrales Ergebnis der Fachkräftestudie.
Ermittelt wurde der Ersatz- und saldierte Erweiterungsbedarf für das gesamte Land Brandenburg:
� In den kommenden Jahren bis Ende 2010 ist mit einem Fachkräftebedarf von annähernd
100.000 Personen in der Brandenburger Wirtschaft zu rechnen.
� Bis zum Jahr 2015 werden weitere knapp 100.000 Personen in den Betrieben benötigt.
� In den kommenden zehn Jahren bis zum Jahr 2015 beläuft sich der Fachkräftebedarf
folglich auf bis zu 200.000 Personen. Jeder vierte Beschäftigte im Land Brandenburg
muss bis 2015 ersetzt werden. Im Berechnungsjahr 2004 waren 24 Prozent der Beschäftigten
50 Jahre oder älter.
� Ein bedeutender Fachkräftebedarf entsteht bei Absolventen von Fachhochschulen und
Universitäten. Jede fünfte neu eingestellte Fachkraft wird ein entsprechendes Diplom benötigen.
Das ist fast doppelt so hoch wie der aktuelle Anteil der Hochschulabsolventen an
den Beschäftigten.
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� Personalbedarfe in größerer Größenordnung werden von den Betrieben bei den Fachangestellten
und Facharbeitern nachgefragt. Der Ersatz- und Erweiterungsbedarf ist hingegen
bei den gering qualifizierten Beschäftigten mit rund 10 Prozent vergleichsweise wenig
ausgeprägt. Die Qualifikation, die am Leichtesten auch aufgrund der hohen Zahl gering
qualifizierter Arbeitsloser zu haben ist, wird zukünftig nicht so stark nachgefragt.
� Je komplexer und anspruchsvoller die zukünftigen Qualifikationsanforderungen an Beschäftigte
in der Brandenburger Wirtschaft sind, umso zeitaufwendiger und schwieriger
wird es sein, Personalengpässe zu vermeiden. Personallücken bei ungelernten Arbeitskräften
sind leichter zu schließen als Lücken bei hoch qualifizierten Spezialisten mit aufwendiger
Ausbildung.
Ein weiteres Ergebnis der Fachkräftestudie halte ich für immens beachtenswert:
Brandenburg und insbesondere die Brandenburger Unternehmen befinden sich derzeit in
einer Situation, dass sie in den nächsten drei, vier oder vielleicht maximal fünf Jahren ihre
Strategien zur Fachkräftesicherung entwickelt und umgesetzt haben müssen, bevor die Lage
ganz gravierend ist.
Wenn das Problem fehlender Fachkräfte erst zur betrieblichen Realität geworden ist, sind die
kurz- bis mittelfristigen Handlungsstrategien des Managements beschränkt.
Mehr betriebliche Ausbildung, verstärkte Weiterbildungsanstrengungen, zunehmende Bedarfsermittlung
und passgenaue Qualifizierungen sind entscheidende Mittel zur Schaffung
ausreichender Kapazitäten an Fachkräften.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Brandenburger Betriebe sind gut beraten, verstärkt
auf Nachwuchskräfte und Ausbildung in den Unternehmen zu setzen, auch wenn dies
einer vordergründigen Kostenlogik widerspricht. Die Altersgruppe der 16-jährigen bis unter
19-jährigen wird sich – verglichen mit dem Jahr 2004 – bis zum Jahr 2010 circa halbieren.
Für die Wirtschaft bedeutet dies, dass sich die Zahl der Jugendlichen im Lehrlingsalter drastisch
verringern wird und damit das Rennen um die besten Absolventen und Nachwuchskräfte
härter wird. Verstärkt werden die Bewerber die Wahl haben.
Betriebliche Ausbildungsbasis vergrößern
Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird in den nächsten Jahren nicht unwesentlich
davon abhängen, ob es gelingt, rechtzeitig genügend engagierte und gut ausgebildete Leute
„an Bord“ zu holen. Deshalb plädieren wir auch immer wieder für mehr Ausbildung. Der
Brandenburger Ausbildungskonsens hat hier eine ganz wichtige Funktion.
18

In den vergangenen Jahren konnte eine ausreichende Versorgung von Ausbildungsplatzbewerbern
mit Ausbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen neben den Ausbildungsleistungen
der brandenburgischen Betriebe nur durch die gemeinsamen Anstrengungen von Bund,
Land und Agenturen für Arbeit erreicht werden. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen
Lage sowie einer recht hohen Altnachfrage nach Ausbildungsplätzen in unmittelbarer Zukunft
sind staatlich geförderte Programme im Bereich der beruflichen Erstausbildung auch weiterhin
notwendig.
Wir brauchen also auch dringend ein Ausbildungsprogramm Bund/Land für 2006.
Die Partner des brandenburgischen Ausbildungskonsenses, bestehend aus Landesregierung,
Kammern, Gewerkschaften, der Vereinigung der Unternehmensverbände und den Agenturen
für Arbeit, haben gleichwohl die Besetzung aller betrieblichen Ausbildungsplätze
mit geeigneten Bewerbern sowie die Möglichkeit der Berufsausbildung und Qualifizierung für
alle ausbildungsfähigen und –willigen Jugendlichen zum Ziel. Die Schaffung von weiteren
betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten ist von besonderer Bedeutung. Um den Betrieben
direkt zu helfen, fördert das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie Ausbildungsverbünde
zwischen mehreren Unternehmen.
Wichtig ist mir festzuhalten, dass Fachkräftemangel nicht gleich Arbeitskräftemangel heißt.
Wir werden zunehmend eine Situation der Gleichzeitigkeit von Arbeitslosigkeit und Fachkräfteknappheit
haben. Grund ist eine nur schwer zu verringernde Passgenauigkeit der Qualifikationen
von Arbeitslosen und der Qualifikationen der von den Betrieben benötigten Fachkräfte.
Hier sehe ich insbesondere die Arbeitsagenturen, die Argen und die Optionskommunen
gefordert. Die berufliche Weiterbildung von Arbeitslosen muss an den Bedarfen ausgerichtet
sein, darf aber nicht zu einer Restgröße verkümmern, wie die nur noch 189 neuen
Maßnahmen im April 2005 vermuten lassen.
In den Foren der heutigen Fachtagung werden diese Fragen im Mittelpunkt stehen.
Es ist mir dabei eine besondere Freude, dass die bundesweite Reformdiskussion um das am
01.04.2005 in Kraft getretene Berufsbildungsgesetz in Brandenburg auf eine Komponente in
der Erstausbildung trifft, die hier schon seit Jahren einen festen Bestandteil des Ausbildungsplatzprogramms
dargestellt: das kooperative Modell.
Die Evaluation der vollzeitschulischen Ausbildung zeigt auf, dass Änderungsbedarf besteht
hinsichtlich der Dauer der Betriebspraktika und es ist zu fragen nach dem Ausbau und der
Verstetigung von berufsfachschulischen Ausbildungswegen.
80 % aller Brandenburger Unternehmen haben nur bis 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Jede Politik, die am Mittelstand vorbeigeht, schlägt fehl.
19

Es geht in Brandenburg also entscheidend darum, die kleinen und mittleren Unternehmen
des Landes zu stärken. Ein Instrument dafür sind seit dem Jahr 2000 die INNOPUNKT-
Kampagnen. Sie laufen bis 2006.
Nach vorsichtigen Schätzungen werden durch die bisherigen Kampagnen rund 4.000 Arbeitsplätze
gesichert beziehungsweise neu geschaffen. Über 6.000 Unternehmen sind bisher
in den Kampagnen sensibilisiert worden. Bereits mehr als 1.000 Betriebe erhalten bereits
jetzt konkrete Unterstützung für Umstellungs- und Einstellungsaktivitäten.
Nur durch Innovation und zukunftsträchtige Branchen wird sich mittelfristig die Zahl der
Arbeitsplätze steigern lassen.
Die Unterstützung durch INNOPUNKT, die Richtlinie zur Kompetenzentwicklung durch Qualifizierung
und die Ausbildungsförderung meines Hauses sind für viele Betriebe notwendig vor
dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, des künftigen Fachkräftebedarfs und
der oft unzureichenden strategischen Kompetenz der Unternehmen. Im täglichen Überlebenskampf
ist für mittelfristige Überlegungen, Kooperationen, Personal- und Organisationsentwicklung
und Ausbildung oft kein Platz.
Deshalb wird gegenwärtig ein Projektwettbewerb im Rahmen der Innopunktkampagne vorbereitet,
mit dem die Ausbildungsbereitschaft und -fähigkeit der Unternehmen gesteigert werden
soll. Im Vordergrund soll das Modell der Verbundausbildung stehen, das angesichts vorherschauender/kleinbetrieblicher
Strukturen von besonderer Relevanz ist.
Berufsorientierung und Ausbildungsfähigkeit
Zunehmende Bedeutung hat der Bereich der Berufsorientierung in den Schulen. Hieran arbeitet
die Landesregierung mit abgestimmten Initiativen. Das Bildungsministerium hat das
sogenannte Praxislernen für die Schulen verbindlich vorgeschrieben. Das Arbeitsministerium
hat eine Kampagne für ein bedarfsorientiert aufeinander abgestimmtes System der Berufsorientierung
und -ausbildung auch für Jugendliche mit schlechten Startchancen gestartet.
In Zukunft muss der Oberschulaufbau dafür genutzt werden, ab den 7. Klassen Praxislernen,
Berufsorientierung und Betriebspraktika zum Bestandteil des Unterrichts zu machen.
Nach wie vor wissen viele Schüler und Schülerinnen (und Lehrer) nicht, wie der Betriebsalltag
aussieht und welche Qualifikation sie für welches Berufsbild benötigen. Betriebe müssen
verstärkt in die Schulen und Schüler in die Betriebe, um Enttäuschungen und Ausbildungsabbrüche
auf beiden Seiten zu vermeiden. Ausbildungsabbrüche führen im schlechtesten
Fall dazu, dass der Ausbildungsplatz nicht ein zweites Mal angeboten wird oder der junge
Mensch bei der BA künftig als arbeitslos ohne Berufsabschluss geführt wird.
20

Ohne zusätzliche Qualifizierung hat diese Personengruppe dann ein risikoreiches Erwerbsleben
vor sich. Wir sollten deshalb – auch angesichts des bevorstehenden Fachkräftemangels
– die jungen Arbeitslosen ohne Berufsabschluss nicht länger als Problemgruppe auf
dem Arbeitsmarkt ansehen, sondern als mögliche Bildungsreserve.
Während das MASGF im Bereich der beruflichen Qualifizierung in starkem Maße zur Entwicklung
der Potentiale der Beschäftigten und zur Kompetenzentwicklung in den Unternehmen
beiträgt, steht bei den Arbeitsagenturen – wie auch nunmehr bei den Argen und Optionskommunen
– die Stärkung der Potentiale der Arbeitslosen im Vordergrund.
Dies darf auch von den Trägern der Grundsicherung nicht vernachlässigt werden.
Arbeitsmarktpolitik muss dabei die vorhandenen Potentiale in den Unternehmen und Regionen
berücksichtigen und diese ausbauen. Sie ist zudem umso wirksamer, je besser sie verknüpft
wird mit Wirtschafts- und Strukturpolitik. Ich stelle mir vor, durch verzahnte Politikansätze
zukunftsfähige Wachstumskerne nachhaltig zu befördern und Beschäftigungspotenziale
zu erschließen.
Fordern und Fördern
Die Tagung wird sich heute mit einer qualitätsorientierten Förderung der beruflichen Bildung
befassen.
Einerseits sind hier die Akteure Wirtschaft und Öffentliche Hand angesprochen:
Das Land hat vor einer Woche die Vereinbarung mit dem Bund zum Ausbildungsprogramm
Ost unterzeichnet. Die Programmkomponente „betriebsnahe Plätze“ wurde qualitativ verbessert.
Die Anstrengungen der Partner des Ausbildungskonsenses werden hoffentlich dazu
beitragen, das betriebliche Ausbildungsangebot zu erhöhen.
Andererseits stelle ich aber auch eine Forderung an die anderen Akteure, die Jugendlichen:
Lernt! Eine gute Ausbildung verbessert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt!
Die Ergebnisse der PISA-Studie können nicht allein den Schulen angelastet werden – hier
sind Jugendliche und ihre Eltern gleichermaßen gefordert.
Ausbildungsfragen sind Zukunftsfragen – das gilt für jeden einzelnen!
Deshalb auch mein Appell an die Abiturienten in Brandenburg: Beginnt ein Studium – am
besten in Brandenburg!
21

Perspektiven
Im Zeitalter der Wissensgesellschaft muss Brandenburg sich als Hochtechnologiestandort
profilieren.
Innovation ist letztlich die Anwendung von Wissen, von Phantasie und von Kreativität auf
Wertschöpfungsprozesse. Das heißt zielgerichtete Verwertung von Wissen für die Entwicklung
verbesserter oder neuer Verfahren, Produkte oder Dienstleistungen. Dies erfordert eine
enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.
Im Zeitalter der Wissensgesellschaft sind qualifizierte Arbeitskräfte deshalb ein wichtiger
Standortfaktor.
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Standortvorteil „hohes Qualifikationsniveau“ auch
künftig erhalten bleibt.
Angesichts des Trends zu höherwertigen Tätigkeiten in der Arbeitswelt müssen wir schon
heute mit der Unterstützung des lebenslangen Lernens in die Qualifikation der jungen Leute,
der Arbeitslosen und Beschäftigten investieren.
Wichtig ist: Die Zukunft Deutschlands und insbesondere Ostdeutschlands liegt in der Entwicklung
und Produktion wissensintensiver Produkte und Dienstleistungen. Es gibt keine
Alternative zu einer auf modernem Human- und Sachkapital beruhenden Wirtschaftsstruktur,
die in stärkerem Maße als heute exportfähig ist. Eckpunkte dafür sind Bildung, Wissenschaft,
Forschung und Existenzgründungen als zentrale Elemente einer Wertschöpfungskette, die
auf eine nachhaltige Strukturentwicklung ausgerichtet ist.
Wir müssen alle Akteure sensibilisieren und zusammenbringen, um Strategien für die Fachkräftesicherung
zu entwickeln.
Wir haben uns deshalb in Brandenburg vorgenommen, zusammen mit der Wirtschaft, den
Gewerkschaften und der Wissenschaft ein Konzept für die Fachkräftesicherung zu entwickeln
und umzusetzen, um die Betriebe vor Ort im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unterstützen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen gute und nachhaltige Erkenntnisse
vom heutigen Tag!
22

Veronika Pahl
Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin
Die Berufsbildungsreform in Deutschland
Chancen für mehr Quantität und Qualität
23
in der Erstausbildung

Sehr geehrte Frau Ministerin Ziegler, sehr geehrter Herr Kubiczek, meine Damen und
Herren,
ich freue mich sehr über ihre Einladung zu der heutigen Fachtagung „Berufliche Erstausbildung
in Brandenburg – Bilanz und Perspektiven“ und überbringe Ihnen sehr gerne die Grüße
der Bundesministerin, Frau Edelgard Bulmahn, die leider nicht selbst an der Tagung teilnehmen
kann.
Die heutige Veranstaltung befasst sich mit der Ausbildungsplatzsituation unter anderem im
Land Brandenburg. Schon in der kurzen Darstellung des Veranstaltungsprogramms mit den
Begriffen Wettbewerbsfähigkeit und Fachkräftesicherung der Brandenburger Wirtschaft werden
zentrale Problemstellungen aufgegriffen. Zentral nicht nur für das Land Brandenburg,
sondern für die Bundesrepublik insgesamt. Ich glaube, es ist sehr wichtig, hier ein vielfältiges
Meinungsspektrum zu erhalten.
Hinter dem im Programmtext ausgedrucktem Titel „Die Bildungsreform und Qualität in der
Erstausbildung“ versteckt sich ein ganz wesentlicher Begriff: Innovation. Innovation in der
Berufsausbildung und Innovation für das Berufsausbildungssystem. Zugleich sind Ausbildung
und Qualifizierung wesentliche Eckpfeiler für die Sicherung der Innovationsfähigkeit
und für den Ausbau der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, Deutschland ist ein starkes, modernes und weltoffenes Land, wir
haben eine leistungsfähige Wirtschaft und gehören zu den führenden Export-Nationen. Bei
allen Problemen und Herausforderungen, die ich gar nicht leugnen will, geht es auch um
unser soziales Netz, das den Menschen Sicherheit bietet. Wir werden darum weltweit beneidet,
auch wenn es manchmal nicht so klingt. Grundlage für die Stärken sind die Menschen,
die sich nicht mit dem Bestehenden zufrieden geben und die mit ihrem Können, ihrem Einsatz
und ihrer Kreativität die anstehenden Aufgaben lösen. Diese Menschen durchlaufen alle
unser Bildungssystem und sie werden dort wesentlich geprägt. Deshalb ist es von entscheidender
Bedeutung, dass wir genau dieses Bildungssystem, das System der beruflichen
Erstausbildung, sichern, damit wir die Leistungsfähigkeit und die Zukunft unseres Landes
stärken.
Wir müssen uns auf einen globalen Innovationswettlauf einstellen, der längst im vollen Gange
ist. Die technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands ist hoch, aber unsere Nachbarn
werden immer besser. Insofern müssen die Investitionen, die dort massiv getätigt werden,
bei uns in gleicher Weise in Bildung und in Forschung investiert werden. Wir müssen uns
daran orientieren und dabei die Menschen, für die und mit denen wir diese Innovationen tätigen
wollen, immer im Blick behalten.
24

Investitionen in die berufliche Bildung dienen also einer doppelten Zielsetzung: zum einen ist
sicherzustellen, dass die Menschen ausgebildet sind.
Die Ministerin hat darauf hingewiesen, wie wichtig es für die jungen Leute ist, eine gute Ausbildung
zu haben. Aber es ist natürlich auch für die Unternehmen von großer Bedeutung,
denn nur mit gut qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen können sich Unternehmen
im internationalen Wettbewerb behaupten. Darüber hinaus ist eine abgeschlossene Berufsausbildung
auch weiterhin für die Mehrheit der Jugendlichen der sicherste Weg in eine
dauerhafte Beschäftigung für die Verwirklichung ihrer selbst gesteckten Ziele und für die
Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Das Ziel der Bundesregierung ist es, allen jungen Menschen in unserem Land gute Perspektiven
für ihre Berufsausbildung zu ermöglichen.
Frau Ministerin Ziegler hat darauf hingewiesen, dass wir auf Grund unserer demografischen
Entwicklung auf einen Fachkräftemangel im gesamten Land zusteuern.
Zwar steigen, bezogen auf das Bundesgebiet, immer noch die Schulabgängerzahlen; aber
insbesondere in den neuen Ländern sieht das schon ab 2006 ganz anders aus. Oder, wie
die Ministerin Bulmahn am letzten Montag bei einem Vortrag zum Tag des Ausbildungsplatzes
im niedersächsischen Georgsmarienhütte formuliert hatte: „in vielen Regionen sind
die Schulhöfe heute schon leer“.
Die Zahl der Abgängerinnen und Abgänger geht ab dem nächsten Schuljahr in den neuen
Ländern sehr drastisch zurück, in einigen Jahren dann auch im gesamten Bundesgebiet.
Wenn wir also jetzt die Weichen nicht richtig stellen, dann fehlen uns in zehn bis 15 Jahren
ca. 3,5 Mill. Fachkräfte. Das bedeutet eine ernsthafte Bedrohung für die Leistungs- und
Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Schon deshalb müssen wir heute alle Qualifikationspotentiale
entwickeln und nutzen. Die Bundesregierung hat daher Bildung und Innovation
ins Zentrum ihrer Politik gestellt. Unser Ziel ist es, das Bildungssystem weiter zu modernisieren
und die Bildungsbeteiligung auf allen Ebenen auszuweiten. Die stetige Steigerung des
Bildungsetats, die Prioritätensetzung im Bereich von Bildung und Forschung in der Agenda
2010 sowie die gezielte Integration der Bildung bei der Modernisierung des Arbeitsmarktes
sind dabei wichtige Eckpunkte.
Mit den Reformen zu Bafög, zur Aufstiegsfortbildungsförderung, zur Stärkung der frühkindlichen
Erziehung und Bildung sowie mit dem Ausbau von Ganztagsschulangeboten wurden
zahlreiche Schritte zur Verbesserung des Bildungsangebotes insgesamt erreicht.
Die Liste ließe sich fortsetzen.
25

Unser berufliches Ausbildungssystem ist eines unserer Pfunde, um das uns andere Länder
beneiden.
Wir müssen alles daran setzen – und ich glaube, wir haben das mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes
gezeigt – dass das duale System auch mittel- und langfristig ein Referenzmittel
bleibt. Es ist unser Ziel, dieses System zu stärken und zukunftssicher zu machen.
Vor einem Monat ist das Berufsbildungsgesetz in Kraft getreten. Wir haben damit gezeigt,
dass es nicht nur um Quantität geht, sondern auch um Qualität. Leitlinien zu dieser Qualitätsdebatte
hatten wir im vergangenen Jahr mit den Eckwerten zur beruflichen Bildung vorgestellt.
Jetzt ist das Gesetz in Kraft und ist meines Erachtens ein deutliches Zeichen dafür, dass wir
die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes stärken können. Immerhin hat das Berufsbildungssystem
dazu beigetragen, dass die Zahl der Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zu
Europa verhältnismäßig gering ist. Wenn wir also über die gerade in Kraft getretene Novelle
sprechen, sprechen wir nicht über einen System- oder Paradigmenwechsel. Aber wir müssen
die duale Berufsbildung an den neuen Herausforderungen messen und durch gezielte
Innovationen im Gesetz zukunftsfest machen.
Wir haben mit dem neuen Berufsbildungsrecht den Ländern und den Regionen Verantwortungen
übertragen. Es ermöglicht mehr regionale Lösungen, denn es geht dabei ja auch um
den Wettbewerb für die erfolgreichsten Leader in den Regionen.
Lassen Sie mich einige Beispiele hervorheben, von denen ich weiß, dass sie nicht überall
unumstritten befürwortet werden:
In Zukunft können vor Ort vielfältige, neue inhaltliche und zeitliche Kombinationen betrieblicher
und schulischer Ausbildungskooperationen vereinbart werden, um die Ausbildungsqualität
zu steigern, um alle Kapazitäten optimal zu nutzen und strukturellen Veränderungen in
der Wirtschaft besser zu entsprechen. Brandenburg war sozusagen beispielhaft für die Novelle.
Wir haben den Ländern die Möglichkeit eröffnet, neue Kombinationen von betrieblicher
und schulischer Ausbildung zu vereinbaren. Dadurch kann etwa ein regionaler Mangel an
betrieblichen Ausbildungsplätzen ausgeglichen werden und es kann den Betrieben, die bisher
nicht ausbilden, der Einstieg in die Berufsausbildung durch die Stärkung des Verbundes
ermöglicht werden. Es kann neuer Qualifizierungsbedarf, zum Beispiel in neu entstehenden
Branchen oder für neue Berufstätigkeiten, bereits schulisch gedeckt werden, wenn Betriebe
noch nicht zur Verfügung stehen, oder die betrieblichen Ausbildungskapazitäten noch nicht
ausreichen und es kann auf den in vielen Ausbildungsberufen gestiegenen Theoriebedarf
entsprechend und angemessen reagiert werden.
26

Möglich wird dies, weil das neue Berufsbildungsgesetz den Ländern die Möglichkeit eröffnet
sicherzustellen, dass schulische Berufsausbildungszeiten in anerkannten Ausbildungsberufen
genau so zählen wie betriebliche Ausbildungszeiten.
Das bringt Vorteile für die Jugendlichen: jeder junge Mann und jede junge Frau kann künftig
in der Regelausbildungszeit zum Ausbildungsabschluss gelangen.
Es gibt keine Bildungsverschwendung und keine Warteschleife mehr. Schulische Ausbildungszeiten
werden so angerechnet und berechtigen ebenso zur Kammerabschlussprüfung
wie die betriebliche Ausbildung. Die Verbindung von Berufsausbildung und höheren Schulabschlüssen
wird genauso möglich.
Der Vorteil für die Betriebe ist: sie können sich an der Ausbildung auch dann beteiligen,
wenn sie nicht oder noch nicht alle Ausbildungsinhalte vermitteln können. Sie müssen also
nicht immer die drei vollen Ausbildungsjahre schultern, es können Konstellationen vereinbart
werden, bei denen zum Beispiel die Vergütung nur für die betriebliche Ausbildungszeit zu
zahlen ist.
Vorteil für die Regionen: die Verantwortlichen in der Region erhalten neue Instrumente, um
zeitliche Ausbildungsknappheiten auszugleichen und neue regionale Qualifizierungsbedarfe
zu decken oder die Einführung neuer Berufe aktiv zu unterstützen.
Und schließlich Vorteile für die Länder: sie können, wie Brandenburg, Kooperationsmodelle
vereinbaren und die dafür erforderlichen Investitionen in berufliche Schulen und Personal
durch Gleichwertigkeits- und Anrechnungsmöglichkeiten absichern. Und sie erhalten dadurch
die notwendige Planungssicherheit. Mehrfache Beschulung, erst Vollzeitberufschule
dann Teilzeitberufschule während einer Ausbildung, ist nicht mehr nötig.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Baustein in der Novelle ist die Verknüpfung von Innland-
und Auslandausbildung, von Berufs- und Allgemeinbildung sowie von Aus- und Weiterbildung.
Wenn sie so wollen, Innovation durch Kombination.
Mit dem neuen Berufsbildungsgesetz werden Ausbildungsabschnitte im Ausland erstmals
gleichwertiger Teil einer anerkannten Berufsausbildung im dualen System. Deutschland beteiligt
sich darüber hinaus an dem europäischen Qualifikationsrahmen in der Europäischen
Union. Dazu soll ein Leistungspunktesystem für berufliche Qualifikationen entwickelt werden.
Das neue Gesetz trägt zudem dazu bei, starre Grenzen zwischen den Bildungsbereichen
aufzuheben.
27

Mit den neuen Chancen der beruflichen Schulen zur Beteiligung an der dualen Berufsausbildung
werden zugleich die Möglichkeiten der Länder deutlich verbessert, berufliche Ausbildung
mit weiterführenden, allgemeinbildenden Abschlüssen bis hin zur Hochschulreife zu
kombinieren. .
Mit dem neuen Gesetz werden wir auch die Zusatzqualifikationen stärken, die über die Ausbildung
hinaus bereits während der Ausbildung Inhalte vermitteln können und die dann gesondert
geprüft und zertifiziert werden. Damit wird es möglich, dass bereits Teile der Aufstiegsfortbildung
während der Erstausbildung absolviert werden können. Mit diesen Verknüpfungen
von nationaler und internationaler Ausbildung, von Allgemein- und Berufsbildung sowie
von Aus- und Weiterbildung schaffen wir konkrete Perspektiven für das berufliche Fortkommen
gerade leistungsstärkerer junger Menschen. Wir erhöhen die Attraktivität der dualen
Ausbildung für Leistungsstärke und reagieren auf steigende Qualifikationsanforderungen in
einer globalisierten Welt.
Die Reform wird dazu beitragen, dass das duale Ausbildungssystem auch künftig auf europäischer
wie auch auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig bleibt und mit Innovationen
und technologischen Entwicklungen Schritt hält.
Wir ermöglichen mit der gerade beschriebenen Öffnung die Verkürzung von Bildungszeiten.
Wir entlasten die Jugendlichen aus Warteschleifen und wir entlasten auch das Bildungssystem
von wachsenden Durchgängen. Insgesamt werden dadurch junge Menschen schneller
an qualifizierte Ausbildung herangeführt. Das gilt auch für diejenigen, die Schwierigkeiten
bei der Ausbildungsplatzsuche haben, weil sie zum Beispiel in der Schule keine ausreichenden
Leistungen erzielt haben oder weil sie die Sprache nicht ausreichend beherrschen. Wir
haben mit den Einstiegsqualifikationen und mit den Qualifizierungsbausteinen auch für diese
Jugendlichen eine Chance eröffnet, die sie hoffentlich schneller an Ausbildung heranführt.
Meine Damen und Herren, es gibt eine ganze Reihe von Unternehmen und Betrieben, die
mit ihrem großen Einsatz für die berufliche Bildung eine Vorbildfunktion ausüben – auch in
Brandenburg.
Aber die betriebliche Ausbildungsquote im Land Brandenburg liegt mit 4,6% deutlich unter
dem Bundesdurchschnitt von 5,6% und auch unter dem Schnitt der neuen Länder einschließlich
Berlins von 5,0%. Zwar beziehen sich diese Werte, wegen der noch nicht zur Verfügung
stehenden Daten von 2004 auf 2003; aber es geht mir auch gar nicht so sehr darum,
jede Zahl hinter dem Komma genau zu definieren. Ich möchte nur deutlich machen, dass
eine Herausforderung vor uns steht, die aufgegriffen werden muss.
28

In Deutschland beteiligen sich 30% der Betriebe an Ausbildung, das reicht ganz einfach nicht
aus, um auch in Zukunft den jungen Menschen qualifizierte Ausbildungen zu eröffnen und
ihnen die Chance zu geben, die sie brauchen. Ich bin deshalb froh, dass wir im vergangenen
Jahr zwischen Wirtschaft und Bundesregierung den Pakt für Ausbildung geschlossen haben.
Noch in dieser Woche werden sich die Pakt-Partner erneut treffen. Die Wirtschaft wird sich
erneut verpflichten, jedes Jahr 30.000 neue Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen und
die 25.000 Praktikumsplätze für Jugendliche werden ebenfalls wieder eröffnet.
Insgesamt hat der Pakt im vergangenen Jahr Wirkung gezeigt. Erstmals hatten wir seit 1999
wieder mehr betriebliche Ausbildungsplätze, nämlich ein Plus von 22.000 Verträgen. Die
Trendwende ist im vergangenen Jahr gelungen. Nun steht dieses Jahr die Bewährungsprobe
aus. Auch in Brandenburg hat es im vergangenen Jahr einen Anstieg von 7,5% betrieblicher
Ausbildungsplätze gegeben. Ich glaube, das ist eine erfreuliche Vorausschau und hat eine
Vorbildfunktion für dieses Jahr.
Danken möchte ich all denjenigen, die daran beteiligt waren. Aber wir dürfen uns keineswegs
auf diesen Lorbeeren ausruhen. Im Moment verzeichnen die Statistiken der Bundesagentur
für Arbeit im Vorjahresvergleich wiederum einen sehr beträchtlichen Rückgang. Hier gilt es
gegenzusteuern und alle Kräfte gemeinsam zu mobilisieren.
Die Betriebe müssen auch in diesem Jahr die zugesagten Ausbildungsplätze und Einstiegsqualifikationen
schaffen. Kein Einmaleffekt, sondern eine stetige Verbesserung der Ausbildungssituation
ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Zu einem modernen Berufsausbildungssystem, zur modernen Arbeitswelt gehören die richtigen
und zukunftsfesten Berufe. Mit modernen Berufen erschließen wir auch neue Ausbildungsplätze.
Dabei geht es nicht nur darum, die traditionellen Berufe den aktuellen Entwicklungen
anzupassen. Es geht auch darum, wichtige Zukunftsbranchen verstärkt an die duale
Ausbildung heranzuführen. Ich nenne hier beispielhaft innovative Technologien, aber auch
die Wachstumsfelder Logistik, Tourismus, Luftfahrt und die innovativen Dienstleistungen generell.
Gerade angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs und der starken Exportorientierung
unserer Wirtschaft müssen wir alles dafür tun, dass wir gerade in diesen Branchen
die damit verbundenen Wachstums- und Beschäftigungspotentiale optimal erschließen.
Zum Herbst werden wir 19 Ausbildungsberufe modernisieren und fünf neue schaffen, davon
sind zwei 2-jährig. Damit haben wir dann seit 1998 über 180 Ausbildungsberufe neu geordnet
und 46 neue geschaffen.
Der Erfolg lässt sich auch daran ablesen, dass inzwischen die Hälfte aller Jugendlichen in
diesen rund 180 Ausbildungsberufen ausgebildet werden.
29

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung nimmt die Verantwortung für unsere jungen
Menschen ernst. Die Zusagen, die wir im Ausbildungspakt gemacht haben, haben wir nicht
nur erfüllt, sondern weit übertroffen. Allein in der Bundesverwaltung konnten innerhalb eines
Jahres die Ausbildungsleistungen um 30% gesteigert werden. Wir werden also die Wirtschaft
bei ihren Anstrengungen, neue und zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, weiterhin
offensiv unterstützen. Schwerpunkt unserer Ausbildungsoffensive in diesem Jahr sind die
ausgewählten Regionen mit besonders großem Lehrstellenrückgang. Hier gilt es, gegenzusteuern.
Ein wichtiger Schwerpunkt sind neue und zusätzliche Ausbildungsplätze in wichtigen Innovations-
und Wachstumsbranchen sowie bessere Chancen für die Jugendlichen mit
Migrationshintergrund.
Ministerin Ziegler hat darauf hingewiesen: vor einer Woche ist das Bund-Länder-Programm
für die neuen Länder und Berlin, mit dem wir uns an 14.000 Ausbildungsplätzen beteiligen,
abgeschlossen worden.
Am 27. 05. 2005 haben die Bundesministerin Bulmahn und die Ministerpräsidenten der fünf
neuen Länder und der regierende Bürgermeister von Berlin das Programm unterzeichnet. Mit
92 Mill. Euro unterstützen wir die neuen Länder, davon fallen 18 Mill. Euro auf Brandenburg.
Auch die im Pakt genannten Einstellungsqualifizierungen werden von der Bundesregierung
mit erheblichen Mitteln unterstützt. Insgesamt stellt die Bundesregierung für EQJ bis 2006
270 Mill. Euro zur Verfügung.
Um ein Beispiel herauszugreifen: Mit dem erfolgreichen Programm „Region, Kompetenz,
Ausbildung“ hat das BMBF wirkungsvolle Hilfe und Unterstützung für die Verbesserung der
Ausbildungssituation in den neuen Bundesländern in Bewegung gesetzt. Hier, ich weiß das
aus einer Reihe von Besuchen vor Ort, ist ein wirklich spannender und dynamischer Prozess
zu beobachten. Ausbildung wird als Teil der regionalen Wirtschaftsentwicklung, als Teil der
regionalen Vernetzung bis hin zur gezielten regionalen Wirtschaftsförderung verstanden und
aktiv gestaltet.
Zu unseren weiteren Initiativen gehört schließlich auch ein neues integrales Ausbildungsstrukturprogramm
unseres Hauses, das in seiner Grundstruktur im Kabinett am 20.04.05
bestätigt wurde. Mit diesem Programm wird die eher statistische Trennung zwischen Ostund
Westförderung aufgehoben und eine an den Bedürfnissen der einzelnen Regionen orientierte
Förderung mit höherer Schlagkraft und Transparenz ermöglicht.
Dieses Programm wird auch den neuen Ländern neue Fördermöglichkeiten eröffnen. Dabei
geht es in Anlehnung an das STARregio-Programm um effektive Förderung von Verbund-
Ausbildung.
30

Meine Damen und Herren, die Sicherung einer hochwertigen beruflichen Bildung bleibt eine
zentrale Aufgabe. Sie sichert den Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit und eröffnet Jugendlichen
gute Zukunftschancen.
Mit ihren Reformen der beruflichen Bildung treibt die Bundesregierung deren Weiterentwicklung
konsequent voran und schafft Raum für Flexibilität und Wettbewerb.
Dauerhafte Stabilität der Ausbildung – dieses Ziel werden wir nur erreichen, wenn auf allen
Ebenen Verantwortung übernommen wird. In den Betrieben, in den Kammern und in den
Berufsschulen.
Das kostet Kraft und natürlich Geld, dessen bin ich mir bewusst. Aber dieses Geld ist gut
investiert oder um es mit den Worten des ehemaligen Präsidenten der Harvard-Universität
zu sagen: „Wenn du denkst, Bildung ist teuer, versuch’s mal mit Dummheit“.
Meine Damen und Herren, ich wünsche der heutigen Veranstaltung einen guten Verlauf,
spannende Diskussionen und gute Ergebnisse für das Land Brandenburg, aber auch für unser
gesamtes Land.
Herzlichen Dank.
31

Dr. Holger Seibert
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Berlin-Brandenburg, Berlin
Berufsausbildung
in Brandenburg und Berlin
33
– eine Bestandsaufnahme

26.000
24.000
22.000
20.000
18.000
16.000
14.000
26.000
24.000
22.000
20.000
18.000
16.000
14.000
24,1%
Angebot & Nachfrage in Brandenburg
21,9%
30,2%
1999 2000 2001 2002 2003 2004
außerbetr. Ausb. in % Ausbildungsplatzangbot
Bewerber neue Ausbildungsverträge
Quelle: Berufsbildungsberichte 2000-2004
30,0%
21,6%
34,8%
22,9%
38,1%
Angebot & Nachfrage in Berlin
1999 2000 2001 2002 2003 2004
außerbetr. Ausb. in % Ausbildungsplatzangbot
Bewerber neue Ausbildungsverträge
Quelle: Berufsbildungsberichte 2000-2004
Ausbildungsbeteiligung
(neue Ausbildungsverträge bezogen auf die Schulabgänger, 1999-2003,
inkl. außerbetriebliche Ausbildungen)
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
26,4%
31,3%
23,8%
Berlin Brandenburg
Westdeutschland Ostdeutschland
1999 2000 2001 2002 2003
35
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%

Ungenutztes Ausbildungspotenzial
(Betriebliche Ausbildungslücke im Land Brandenburg)
1999
2000
2001
2002
2003
35%
30%
28%
26%
27%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
mit Ausbildungsberechtigung ohne Ausbildungsberechtigung
ausbildende Betriebe nicht ausbildende Betriebe
Ausbildungspotenzial
Quelle: IAB-Betriebspanel Brandenburg (4.-8. Welle)
1999
2000
2001
2002
2003
Ungenutztes Ausbildungspotenzial
(Betriebliche Ausbildungslücke in Berlin)
22%
25%
21%
31%
34%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
mit Ausbildungsberechtigung ohne Ausbildungsberechtigung
ausbildende Betriebe nicht ausbildende Betriebe
Ausbildungspotenzial
Quelle: IAB-Betriebspanel Berlin (4.-8. Welle)
36

Ein- und auspendelnde Auszubildende am 30.06.2004
(nur betriebliche Ausbildungen)
10.000
5.000
0
-5.000
-10.000
3.262
12.442
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
1.804
53,8%
-9.180
Einpendler Auspendler Saldo
9.006
3.355
Brandenburg Berlin
268
8,0%
1.283
38,2%
7.053
56,7%
1.790
14,4%
3.599
28,9%
5.651
Auspendelnde Azubis nach Zielregionen am 30.06.2004
(nur betriebliche Ausbildungen)
Brandenburg
Berlin
0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
Berlin Brandenburg übrige Ostländer Westländer
37

Top 10 der Ausbildungsberufe in Brandenburg – Männer
(erste betriebliche Ausbildung pro Person, 2000-2003)
Ausbildungsberuf
1. Maurer
2. Elektroinstallateur
3. Koch
4. KFZ-Mechatroniker
5. Rohrinstallateur
6. Maler/Lackierer
7. Tischler
8. Bürofachmann
9. Sonstige Mechaniker
10. Zimmermann
Summe Top 10
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
Anteil an
allen Azubis
9,8%
7,0%
5,6%
5,5%
5,0%
4,2%
4,2%
3,8%
3,5%
3,3%
52,0%
Top 10 der Ausbildungsberufe in Berlin – Männer
(erste betriebliche Ausbildung pro Person, 2000-2003)
Ausbildungsberuf
Anteil an
allen Azubis
1. Bürofachmann
7,3%
2. Elektroinstallateur
7,1%
3. Maler, Lackierer
7,0%
4. Rohrinstallateur
6,3%
5. Koch
4,2%
6. KFZ-Mechatroniker
3,7%
7. Tischler
3,6%
8. Groß- und Einzelhandelskaufmann
3,6%
9. Verkäufer
3,4%
10. Maurer
3,0%
Summe Top 10
49,3%
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
38

Top 10 der Ausbildungsberufe in Brandenburg – Frauen
(erste betriebliche Ausbildung pro Person, 2000-2003)
Ausbildungsberuf
Anteil an
allen Azubis
1. Bürofachfrau
20,3%
2. Verkäuferin
13,0%
3. Groß- und Einzelhandelskauffrau
8,1%
4. Restaurantfachfrau
6,6%
5. Frisörin
5,3%
6. Köchin
5,1%
7. Sprechstundenhelferin
4,9%
8. Krankenschwerster
4,8%
9. Hotelfachfrau
4,3%
10. Übrige Gästebetreuer
2,3%
Summe Top 10
74,7%
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
Top 10 der Ausbildungsberufe in Berlin – Frauen
(erste betriebliche Ausbildung pro Person, 2000-2003)
Ausbildungsberuf
Anteil an
allen Azubis
1. Bürofachfrau
18,9%
2. Sprechstundenhelferin
12,3%
3. Krankenschwerster
10,3%
4. Verkäuferin
9,9%
5. Frisörin
9,5%
6. Groß- und Einzelhandelskauffrau
4,1%
7. Restaurantfachfrau
2,5%
8. Kindergärtnerin
2,4%
9. Hotelfachfrau
2,1%
10. Übrige Gästebetreuer
1,5%
Summe Top 10
73,6%
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
Männer
Frauen
Ausbildungsberufe in Brandenburg & Berlin
(betriebliche Ausbildung)
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
Brandenburg
Überwiegend
gewerbliche Berufe
Top 10 = 52,0%
Kaufmännische und
Dienstleistungsberufe;
Gesundheitswesen
Top 10 = 74,7%
39
Berlin
Gewerbliche und
kaufmännische Berufe
Top 10 = 49,7%
Kaufmännische und
Dienstleistungsberufe;
Gesundheitswesen
Top 10 = 73,6%

Fazit
Beschäftigungsentwicklung in ausgewählten Berufsgruppen
(jahresdurchschnittliche Entwicklung 1999-2004)
Quelle: BA-Beschäftigtenstatistik
-1,9%
-1,8%
-1,9%
-2,0%
-1,8%
-5,7%
-10,8%
-13,4%
-12,4%
-8,7%
-9,0%
-6,3%
-8,0%
-17,2%
-13,1%
-6,6%
-11,0%
1,9%
0,1%
0,3%
-18% -15% -12% -9% -6% -3% 0% 3%
� Schlechte Lehrstellen- und Arbeitsmarktsituation
� Nachfrage nach Lehrstellen deutlich über dem Angebot
� Hoher Anteil an überbetrieblichen Ausbildungsgängen
� Ausbildungsbeteiligung nur noch bei 50%
� Ungenutztes Ausbildungspotenzial seitens der Betriebe
� Hohe Auspendlerquote von Brandenburg nach Berlin
Elekriker
Installateure, Blechner
Maurer, Betonbauer
Zimmerleute
Tischler
Maler, Lackierer
Warenkaufleute
Büroberufe
Gesundheitsberufe
Friseure u. Gastgewerbe
Elekriker
Installateure, Blechner
Maurer, Betonbauer
Zimmerleute
Tischler
Maler, Lackierer
Warenkaufleute
Büroberufe
Gesundheitsberufe
Friseure u. Gastgewerbe
� Konzentration auf gewerbliche Lehrberufe
(Männer in Brandenburg) = schlechte Beschäftigungsaussichten
Ohne den Berliner Lehrstellenmarkt wäre die Lage in Brandenburg
deutlich schlechter.
40
Brandenburg
Berlin

Dr. Claudia Appelius, Heiko Farwer
Fachhochschule Brandenburg (FHB), Brandenburg an der Havel
Erstausbildung an der
Fachhochschule Brandenburg
41

Mein Name ist Claudia Appelius und bin als Referentin des Präsidenten an der Fachhochschule
Brandenburg in der Stadt Brandenburg an der Havel tätig. Ich bedanke mich für die
Einladung und möchte mit meinem Kollegen einen Aspekt der Erstausbildung im Bereich der
Hochschullandschaft darstellen.
Vorab ein paar Worte zur Fachhochschule: Sie wurde 1992 gegründet und ist die einzige
Hochschulneugründung im Land Brandenburg. Es gab keine Vorgängereinrichtung der
Fachhochschule Brandenburg, sondern wir haben 1992 wirklich von Null angefangen.
Wir bieten drei Fachbereiche an: Wirtschaft, Technik sowie Informatik und Medien. Derzeit
befinden wir uns mitten im so genannten Bologna-Prozess. Bisher wurden nur Fachhochschuldiplome
als Abschlüsse vergeben. Diese werden aber nun nach und nach abgeschafft,
an ihre Stelle treten die neuen Abschlüsse Bachelor und Master. Ein Fachbereich, Informatik
und Medien, wird bereits zum Wintersemester 2005/2006 nur noch in den neuen Bachelorund
Master-Abschlüssen immatrikulieren. Die anderen Fachbereiche werden in Kürze nachfolgen.
In der Fachhochschule sind momentan etwa 2.400 Studierende eingeschrieben, Tendenz
steigend. Langfristig ist jedoch mit sinkenden Studierendenzahlen zu rechnen. Wir spüren
dies bereits an der Zahl der Bewerbungen, die allmählich zurückgeht. Der demographische
Wandel im Land Brandenburg wird auch die Hochschullandschaft ereichen.
Die Fachhochschule hat etwa 180 Beschäftigte inklusive Drittmittel-Beschäftigte. Davon sind
55 Professorinnen und Professoren. Dies sind – nebenbei bemerkt – viel zu wenige. Für
2.400 Studierende wird normalerweise die doppelte Anzahl von Professorenstellen benötigt!
Im Jahr 2004 hatten wir ein Haushaltsvolumen von etwa 8,3 Millionen Euro im Globalhaushalt
plus nochmals 3,2 Millionen Euro, die über Drittmittel eingeworben wurden.
Wir beschäftigen uns seit Gründung der Hochschule mit der Anwerbung von Studieninteressenten
und haben dafür bereits seit Jahren viele verschiedene, kleinere Projekte entwickelt.
Dazu gehören der „Tag der offenen Tür“, der jedes Jahr stattfindet und das Projekt „JUWEL“,
die Mädchensommeruniversität, die Mädchen in so genannte Männerberufe einführen soll.
Die jungen Frauen und Mädchen können sich bei uns zum Beispiel einen technischen Studiengang
ansehen und testen, ob ihnen eine derartige Studienrichtung zusagt.
Dazu gehört auch die „Lego-League“, die jedes Jahr vom Fachbereich Informatik und Medien
angeboten wird. In diesem weltweiten Wettbewerb werden Roboter aus Legosteinen
gebaut, die bestimmte Aufgaben erfüllen müssen. Das Projekt richtet sich vor allem an Schülergruppen
und dieses Jahr, und das hat uns ganz besonders gefreut, durfte eine Gruppe
42

des Märkischen Gymnasiums Grasow in Brandenburg zur Endausscheidung nach Atlanta
fahren.
Es gibt auch eine Mathematik-Olympiade, einen Mathematik-Studienkreis, der von einem
Professor geleitet wird und viele weitere Aktivitäten.
Wir haben uns unlängst die Herkunftsgebiete unserer Studienanfänger im Immatrikulationsjahrgang
von 2001 einmal genauer angeschaut. Da stellten sich Zahlen heraus, die wir erschreckend
fanden. Nur 31 von 886 Schulabgängern mit mindestens einer Fachhochschulzugangsberechtigung
haben sich an der Fachhochschule Brandenburg immatrikuliert! Das
ergibt einen Schnitt von lediglich 3,5 %. Zusätzlich ist die Quote aus den anderen Einzugsgebieten
der FHB nicht besser. Wir sind daher zu dem Schluss gekommen, dass etwas getan
werden muss, denn die geburtenschwachen Jahrgänge kommen erst noch auf uns zu.
Die Fachhochschule profitiert – und da kann ich den Kollegen Dr. Seibert nur unterstützen –
natürlich von der Nähe zu Berlin, vom Semesterticket und vom Regionalexpress.
Gäbe es diese Bedingungen nicht, hätten wir vermutlich keine so hohe Anzahl an Studierenden.
Wir profitieren auch von den so genannten Hochschulwechslern aus Berlin. Das sind
Studierende, die entweder in ein anderes Fach wechseln wollen und keine Zusage aus Berlin
erhalten oder die keinen Studienplatz aufgrund des Numerus Clausus zugeteilt bekommen.
Es gibt an den Berliner Fachhochschulen darüber hinaus noch so genannte Studienkonten,
das heißt, wer einen bestimmten Zeitraum überschritten hat, ohne eine Zwischenprüfung
zu machen, wird automatisch exmatrikuliert. Diese Studierenden kommen ebenfalls zu
uns. Trotzdem wird in Zukunft dieses Studierenden-Reservoir allein nicht ausreichen, um die
Auswirkungen des demografischen Wandels abzufedern.
Die Nähe zu Berlin hat für uns nicht nur Vorteile. Ein Nachteil ist, dass sie die Identifikation
unserer Studierenden mit ihrem Studienort Brandenburg verhindert.
Wir haben aber auch sehr mit eigenen Hochschulwechslern zu kämpfen.
In unserem Fall sind es meistens Schulabgänger, die sich über ihren zukünftigen Berufsweg
noch nicht im Klaren sind. Sie beginnen bei uns vor allem ein Studium, um erstmal auszuprobieren,
ob und wie sie an einer Fachhochschule zurecht kommen. Vielleicht schreiben sie
sich aufgrund des Semestertickets ein oder die Eltern wünschen die Immatrikulation. Oft wird
ein Studium als so genanntes Parkstudium genutzt, um die Wartezeit bis zur Aufnahme in
einer anderen Ausbildungseinrichtungen zu nutzen, oder sie brechen das Studium ganz ab.
Wie dem auch sei, es gibt viele Gründe.
43

Besonders kämpfen wir gegen die Abwanderung junger Leute in andere Bundesländer, insbesondere
von jungen Frauen. Allerdings ist für diese Arbeit das Studienangebot der Fachhochschule
undankbar. Informatik und Technik sind keine typischen Studiengänge, die weibliche
Studierende anziehen. Es sind nun aber einmal unsere Studienangebote. Deshalb bemühen
wir uns außerordentlich, den Weg in technische Berufe oder in die Informatik für junge
Frauen und auch Studentinnen interessant zu gestalten und zu erleichtern.
Wir haben daher seit Beginn dieses Jahres, ein Projekt gestartet, in dessen Fokus der Übergang
zwischen Schule und Hochschule steht. Das Projekt wird mit Hilfe des Ministeriums für
Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie über den Europäischen Sozialfond finanziert und
soll jungen Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung Perspektiven und auch Alternativen
in der Region aufzeigen. Wir möchten dazu beitragen, die jungen Leute in der Region zu
halten und zeigen, dass ein Fachhochschulstudium eine gute Wahl für eine spätere Berufstätigkeit
ist.
Damit möchte ich an meinen Kollegen, Herrn Farwer, weitergeben, der Ihnen das Projekt
näher vorstellen wird.
Danke. Mein Name ist Heiko Farwer und ich werde das Projekt kurz skizzieren und die Ausgangsproblematik
aufzeigen.
Frau Dr. Appelius hat bereits angedeutet, dass in Brandenburg nur relativ wenige junge
Menschen mit entsprechender Qualifikation den Weg zur Hochschule suchen. Sie bevorzugen
im bundesrepublikanischen Vergleich eher eine betriebliche Ausbildung. Wird die Brutto-
Studierquote 1 des Landes Brandenburg mit dem Bundesdurchschnitt verglichen, so zeigt
sich, dass Brandenburg die schwächste Brutto-Studierquote im Jahre 2002 besitzt. Die Quote
liegt mit 63% der Befragten zehn Prozentpunkte unterhalb des Bundesdurchschnittes und
weist einen deutlichen Abstand zum vorletzten Platz auf. Es ist nicht davon auszugehen,
dass sich diese Situation in wenigen Jahren ändern wird. Anscheinend gibt es hier im Land
eine besondere Situation, die die für eine höhere Ausbildung geeigneten Jugendlichen in
eine Lehre treibt. Subjektiv und für das einzelne Individuum gesehen mag dies rational sein.
Abiturienten versprechen sich nicht zu Unrecht bessere Chancen auf dem Lehrstellenmarkt,
wenn Sie sich in einen Konkurrenzkampf mit Bewerbern aus Realschulen begeben.
Gesamtgesellschaftlich ist diese Entwicklung natürlich kontraproduktiv, da eine Verdrängung
der weniger qualifizierten Schulabgänger stattfindet.
1 Die Brutto-Studierquote wird definiert als Anteil der Studienberechtigten eines Jahrganges, die ihr
Studium bereits angefangen bzw. die feste Absicht haben, dies zu einem späteren Zeitpunkt zu tun.
44

Dieser vertikale Verdrängungswettbewerb auf dem Lehrstellenmarkt lässt Schulabgängern
mit Mittlerer Reife oft nur zwei Alternativen: Abwanderung oder Arbeitslosigkeit.
Das zweite Problem hier in Brandenburg ist, dass junge Menschen durchaus mobil sind und
zunehmend das Land verlassen. Ich habe einmal ein so genanntes Wanderungssaldo ausgerechnet,
das aufzeigt, wie viele Menschen einer bestimmten Altersgruppe in ein Land einwandern
und wie viele es verlassen.
Ich habe mich auf die beiden uns interessierenden Gruppen konzentriert: die 18 bis
25jährigen und die 25 bis 30jährigen. Sie sehen, dass in der Tat besonders junge Menschen
dem Land den Rücken kehren.
4.000
2.000
0
-2.000
-4.000
-6.000
-8.000
-10.000
Wanderungssaldo des Landes Brandenburg für
ausgewählte Altersgruppen
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003
18 bis unter 25 Jahre 25 bis unter 30 Jahre
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, eigene Berechnungen
Dies kann für ein Land durchaus ein vorteilhaftes Verhalten sein. Beispielsweise wird den
Baden-Württembergern die Tradition nachgesagt, dass junge Leute für ein paar Jahre in der
Fremde arbeiten und dann mit den gesammelten Erfahrungen – zum Teil auch mit Fremdsprachenkenntnissen
– zurückkommen und ihr Potential ins Land wieder einbringen.
Das geschieht in Brandenburg leider nicht. Die jungen Leute kommen nicht zurück und auch
die 25 bis 30-jährigen – und das ist ein großes Problem – verlassen mittlerweile das Land.
45

Überlegen Sie mal: Es handelt sich um diejenigen Bürger, die noch am Anfang ihres Lebens
stehen. Es ist der Personenkreis, der sich erst einen gewissen Lebensstill aufbauen muss,
der einen entscheidenden Anteil am Innovationspotential der Gesellschaft hat und der im
Alter ist, eine Familie zu gründen. Wenn ein hoher Anteil dieser Generation das Land verlässt
beziehungsweise nicht wieder zurückkehrt, stehen die Zeichen für Brandenburg
schlecht.
Vor diesem Hintergrund lassen sich die beiden Ziele des Projektes bestimmen.
Wir wollen zum einen erreichen, dass mehr junge Leute studieren und zum anderen hier im
Land bleiben. Dazu haben wir einige Thesen aufgestellt:
Die erste These ist, dass Bildung für ein Land sehr wichtig ist.
Die zweite These besagt, dass im Hochschulbereich das Land Brandenburg – besonders,
wenn das Land Berlin mit einbezogen wird – genügend verschiedene und attraktive Angebote
zur akademischen Ausbildung für junge Menschen bietet. Das Problem ist, dass die vorhandenen
Chancen und Möglichkeiten nicht ausreichend in den Köpfen verankert sind. Das
heißt, dass wir kein Angebotsproblem, sondern ein Nachfrageproblem haben.
Unsere Methode geht von einem kommunikationsbezogenen und netzwerkorientierten Ansatz
aus. Wir drucken keine Plakate mit Aufrufen wie „Liebe Brandenburger, geht studieren!“
sondern wir wollen auf die Zielgruppe zugehen und die jungen Leute dort abholen, wo sie
sind, nämlich in den Schulen. Und wir wollen mit den „richtigen Leuten“ sprechen. Das sind
die Schüler selber, ihre Eltern und Lehrer.
Wie fällt nun ein Schüler oder eine Schülerin in Brandenburg die Entscheidung für oder gegen
ein Studium?
Wir haben dieses Problemfeld mit Hilfe soziologischer Theorien beleuchtet, die wir hier nur
sehr knapp erläutern können. Im Mittelpunkt steht im Prinzip das Individuum, welches, durch
verschiedene Faktoren beeinflusst, einen Entscheidungsprozess durchläuft. Es entscheidet
nicht nur anhand intrinsischer Faktoren, wie zum Beispiel Fachinteresse oder Lebensvorstellungen,
sondern es lässt sich auch von äußeren Faktoren lenken. Dies sind zum einen die
Signale des Arbeitsmarktes sowie die Einschätzung des eigenen Erfolges auf demselben,
aber zum anderen auch das unmittelbare, soziale Umfeld. So beeinflussen die Entscheidungen
der Freunde oder die Wünsche der Eltern die Studien- und Berufswahl. Gesellschaftliche
Normen und Werte haben ebenfalls eine entscheidende Wirkung.
Nicht unerheblich wirkt sich leider der so genannte „Bildungstrichter“ aus.
46

Es ist aus meiner Sicht eine ziemlich traurige Angelegenheit, dass die Bildung, die ein Kind
erreichen kann, weniger von den eigenen Leistungen abhängt, sondern überwiegend von der
Herkunft und vom Bildungsniveau der Eltern. Von 100 Kindern aus so genannten bildungsnahen
Schichten (das sind Kinder, von denen mindestens ein Elterteil eine Hochschulbildung
47

esitzt), schaffen 81 Kinder ebenfalls den Weg zur Hochschule. Von 100 Kindern, deren Eltern
keine Hochschulbildung besitzen, sondern Volksschule oder Mittlere Reife haben, schaffen
es lediglich nur 11 %!
Beim Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Chancengleichheit in Deutschland
wird oft kritisiert, dass in kaum einer anderen Industrienation die Bildung letztendlich so
schichtabhängig ist.
Zur Lösung dieses und der anderen aufgezeigten Problemfelder möchten wir und das Projekt
– ein wenig – beitragen.
Falls Sie Fragen oder Ideen haben, wie wir das ändern können, stehe ich Ihnen gern zur
Verfügung.
Vielen Dank
48

Horst Freimann
Handwerkskammer Cottbus
„Praxislernen“
in den Ausbildungsstätten
der Handwerkskammer Cottbus
49

Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Handwerkskammer Cottbus stellt sich seit geraumer Zeit der Herausforderung, junge
Menschen auf das Wirtschafts- und Arbeitsleben, über das System „Schule“ hinaus, vorzubereiten.
Als Kooperationspartner im Netzwerk Schule + Wirtschaft für Brandenburg, durch
aktive Mitarbeit im Brandenburgischen Beirat „Praxislernen“, im Regionalen Arbeitskreis
Schule + Wirtschaft und durch das Modellprojekt „Praxislernen“ wird mit viel Engagement die
Bündelung der Kräfte und Ressourcen der Region im Interesse der Schulabgänger auf den
Weg gebracht.
Ausgehend von der gegenwärtig sehr in der Kritik stehenden Ausbildungsreife der Lehrstellenbewerber
und ihrer offensichtlichen Orientierungslosigkeit bezüglich der Berufswahlentscheidung,
geht die Handwerkskammer Cottbus mit dem Projekt „Praxislernen‘ neue Wege,
um die Schüler/innen beim Übergang von der Schule ins Berufsleben zu unterstützen.
Durch erlebbare Berufsorientierung in den Ausbildungsstätten der Handwerkskammer Cottbus
haben die Schüler/innen die Möglichkeit, Interessen, Neigungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten
sowie mögliche Zukunftschancen verschiedener handwerklicher Berufszweige zu erkennen
und zu erfahren. Sie sehen die Berufs- und Arbeitswelt in einem ganz neuen Licht,
weil sie diese erleben können. Darüber hinaus ermöglicht das Projekt den Schülern/innen
persönliche Stärken und Schwächen zu erkennen. Die Schüler/innen lernen ihre Chancen
bei der Berufswahl objektiver einzuschätzen und Fehlentscheidungen, die zum Festhalten an
unrealistischen Berufswünschen bis hin zu Ausbildungsabbrüchen führen können, möglichst
zu vermeiden. Gleichzeitig soll die Motivation für einen erfolgreichen Schulabschluss erhöht
werden.
Bereits im Schuljahr 2003/ 2004 wurden innerhalb einer Phase der Erprobung die Projektideen
und -ziele in kleinerem Rahmen getestet. Die positive Resonanz war Anlass zur Entscheidung
der Geschäftsführung, das Projekt im Schuljahr 2004/ 2005 nicht nur fortzuführen,
sondern im Umfang sogar zu erweitern. 277 Schüler/innen aus 8., 9. und einer 10. Klasse
aus 4 allgemein bildenden Schulen der Region waren Projektteilnehmer.
Die Agentur für Arbeit förderte das Projekt mit ca. 1/3 der Gesamtkosten.
Partner für das Projekt sind im Lehrbauhof Großräschen die Gesamtschule Großräschen
und die Allgemeine Förderschule für Lernbehinderte Senftenberg.
Partner im Berufsbildungs- und Technologiezentrum Gallinchen sind die Realschule Sandow
und die Realschule Kahren.
Projektträger ist die Handwerkskammer Cottbus, Akademie des Handwerks.
50

Ziele des Projekts sind:
� Sicherung einer nachhaltigen Berufswahlorientierung durch praxisorientiertes Lernen,
� Transparenz der handwerklichen Ausbildung und Berufe,
� Verbesserung der Erkenntnisse zu berufsspezifischen Anforderungen,
� Optimierung des Übergangs von der Schule in die Ausbildung,
� Vermeidung von Fehlentscheidungen bei der Berufswahl,
� Ausrichtung der Lernmotivation auf die Anforderungen der Arbeitswelt.
Inhalte sind
im Lehrbauhof die Berufsfelder Mauerer, Zimmerer, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Dachdecker,
Stuckateur, Straßenbau, Maler und Lackierer, Hauswirtschaft.
Berufsfeld wesentliche Tätigkeiten
Maurerarbeiten Herstellen von einfachen Baukörpern aus Steinen unterschiedlicher
Formate
Zimmerarbeiten Bearbeiten von Holz und Herstellen von einfachen Holzverbindungen
Fliesen-, Platten- und
Mosaiklegearbeiten
Ansetzen und Verlegen von einfachen Fliesen und Platten
Dachdeckerarbeiten Ausführen von einfachen Dachdeckungen und Dachabdichtungen
Stuckateurarbeiten Herstellen von einfachen Bauteilen aus Stuck und Verarbeiten von
Trockenbauelementen
Straßenbauerarbeiten Herstellen von einfachen Verkehrswegen (Rad- und Fußwege)
Maler/Lackierer Gestaltung eines Innenraumes
Hauswirtschaft Pflege von Grünanlagen, Unterrichtsräume und Verkehrsflächen,
Pflege der Gebäudeaußenhülle
und im Berufsbildungs- und Technologiezentrum die Berufsfelder Metallbau, Installateur- und
Heizungsbau, Karosserie- und Fahrzeugbau, Kraftfahrzeugtechnik, Friseur und Kosmetik :
51

Berufsfeld wesentliche Tätigkeiten
Metalltechnik Feilen, Bohren, Messen, Anreißen, Biegen, Nieten, Sägen, Gewindeschneiden
Sanitär- und Heizungstechnik
Biegen, Löten, Messen, Verdrahten, Programmieren
Kfz-Technik Arbeiten am Motor, am Fahrwerk, an den Bremsen, Messungen
Elektrotechnik Aufbau von elektrischen Schaltungen, Messungen, Verdrahten,
Löten
Friseur/ Kosmetik Kundenempfang und -beratung, Pflege von Haar, Haut und Kopfhaut,
Maniküre, Hautreinigung
Teilnehmer / Stunden
in der Ausbildungsstätte Berufsbildungs- und Technologiezentrum Cottbus
Schule 2. Realschule Realschule Kahren
Teilnehmer Klasse 8a 28 Klasse 8a 28
Gesamt Teilnehmer
Std. pro Teilnehmer
Klasse 8b 27 Klasse 8b 28
Klasse 8c 28 Klasse 9a 28
Klasse 8d 27 Klasse 9b 29
110
36
(Projektzeitraum 03.01.2005 bis 22.04.2005; Abschlussveranstaltungen am 18. und 24. Mai 2005 mit
Übergabe der Teilnahmebestätigungen an die Schülerinnen und Schüler)
113
36
in der Ausbildungsstätte Lehrbauhof der Handwerkskammer Cottbus in Großräschen
Schule Gesamtschule Großräschen Allgemeine Förderschule für Lernbehinderte
Teilnehmer Klasse 8a 29 Klasse 10 9
Gesamt Teilnehmer
Stunden pro Teilnehmer
Klasse 9 16
45
90
52
9
204

Projektkosten im Schuljahr 2004/2005
Ausbildungsstätte Kosten (€)
BTZ 34209,00
LBH 26908,20
gesamt 61.117,20
Kostenverteilung
Ausbildungsstätte Projektkosten gesamt (€) Antrag auf Zuschuss (€) Kosten HWK (€)
BTZ 34.209,00 12.042,00 22.167,00
LBH 26.908,20 8.235,00 18.673,20
gesamt 61.117,20 20.277,00 40.840,20
Ca. 2/3 der Kosten trägt die Handwerkskammer Cottbus aus ihren Haushaltsmitteln!
Einschätzung
Diese Erfolge lassen sich in der 2-jährigen Modellprojektphase feststellen:
� Vorbereitung der Schüler auf einen möglichst reibungslosen Übergang von der
Schule in den Beruf.
� Die Schüler erhielten Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt.
� Durch eigene Erfahrungen und eigenes Erleben in der Ausbildungsstätte wird theoretisch
in der Schule Erlerntes in einem ganz neuen Licht gesehen und realistisch
bewertet.
� Die Schüler konnten Neigungen, Interessen und Fähigkeiten in der Praxis testen
und herausfinden, ob sie sich eine spätere Arbeit in diesem Berufsfeld vorstellen
können.
� Information über fachliche Anforderungsprofile handwerklicher Berufe.
� Ausrichtung der Lernmotivation auf die Anforderungen der Arbeitswelt.
� Schüler arbeiten allein und im Team, Teamfähigkeit prägt sich aus.
� Erkenntnis: in der Schule Gelerntes wird in der Praxis gebraucht.
� Förderung der Konzentration auf die Erfüllung einer übertragenen Aufgabe bei
geändertem Tagesablauf.
� Motivation für einen erfolgreichen Schulabschluss.
Die Handwerkskammer wird entsprechend ihrer Möglichkeiten den Weg der Schüler ins Berufsleben
weiterverfolgen!
53

Erwartungen :
� Die neu erlassene Verwaltungsverordnung über „Praxislernen“ gibt den rechtlichen Rahmen
für die Verlagerung des Unterrichts in andere Lernorte, beispielsweise auch in Betriebe
und Ausbildungsstätten (Basis für „Praxislernen“).
� Dabei bietet sich die Nutzung der in der Fläche des Landes Brandenburg vorhandenen
Ressourcen in Form der modern eingerichteten Ausbildungsstätten und des qualifizierten
Ausbildungspersonals für „Praxislernen“ in geradezu idealer Weise an, um nahe dem
Wohn- beziehungsweise dem Schulort diese Form des Unterrichtes anzubieten.
� „Praxislernen“ ist gegenwärtig eine freiwillige Angelegenheit der Schulen, die Finanzierung
ist nicht geregelt.
� Eine Fortführung kann nur unter der Maßgabe einer öffentlichen Finanzierungsbeteiligung
gewährleistet werden, denn schulische Bildung ist Aufgabe des Landes (Anträge von den
bisher beteiligten vier Schulen zur Fortführung sowie der Sachsendorfer Gesamtschule
Cottbus für 85 Schülerinnen und Schüler zur Aufnahme in das Projekt liegen vor).
� Das Handwerk fordert, „Praxislernen“ außerhalb von Schule muss obligatorischer Unterricht
werden und ist im Brandenburgischen Schulgesetz festzuschreiben. Damit sind auch
Haushaltsmittel für die Finanzierung einzustellen.
� Bis dahin wird eine lnterimslösung erwartet: eine Finanzierung über Fördermittel, die vom
MBJS und/oder MASGF (z.B. durch INNOPUNKT - Projekte) bereit gestellt werden sollten,
um die Berufsbildungsfähigkeit und Berufswahlreife der Schulabgänger zu verbessern.
In Auswertung des Modellprojektes unterbreiten wir folgenden Vorschlag:
� Der Stundenumfang pro Schuljahr sollte mindestens 60 Stunden (10 Tage) betragen; die
Vermittlung von Praxisunterricht erfolgt für alle Schüler allgemein bildender Schulen gestaffelt
und aufbauend ab Klassestufe 8 bis 10.
� Der Kostensatz pro Schülerteilnehmerstunde beträgt 4,30 €.
54

Klassenstufe Kosten für 60 Stunden (10Tage) pro Schuljahr
und Schüler in €
8 258,00
9 258,00
10 258,00
8-10 774,00
(30 Tage, 180 Std.)
� Pro Schüler beläuft sich die Kostenbelastung von Klasse 8 bis l0 auf 774,00 €.
� Die HWK Cottbus stellt ihre Ausbildungsstätten für die handwerkliche Ausbildung von
Schülern der Region zur Verfügung (Fortführung und Erweiterung des Projektes ist möglich).
� Andere Partner können sein: Ausbildungswerkstätten großer Industriebetriebe, des Handels
und freier Träger, die bisher auch Partner im „kooperativen Modell“ sind.
55

Dr. Rainer Schaller
Z.E.I.T. GmbH Schwarzheide
Das „Kunststoffnetzwerk Brandenburg“
57

Meine Damen und Herren, ich werde mich bemühen, Ihnen heute das Aktuellste aus der
Initiative, die wir im Kunststoffnetzwerk Brandenburg gestartet haben, zu berichten.
Ich möchte mich selbst und unsere Institution, die Z.E.I.T, kurz vorstellen.
„Z.E.I.T“ heißt Zentrum für Entwicklung, Innovation und Technologie. Es ist nichts anderes
als eines der vielen – meiner Ansicht nach zu vielen – Technologie- und Gründerzentren in
Brandenburg, und zwar in Schwarzheide, nicht einmal 20 km von der Grenze nach Sachsen
entfernt. Sie entnehmen meiner Sprache, dass ich weder Brandenburger bin noch Sachse,
sondern Franke. Ich bin seit 1999 in Brandenburg; habe früher als Geschäftsführer der Trevira
GmbH in Guben gearbeitet und bin jetzt seit 2002 letzten Endes für die Industrieansiedlung,
erst in Premnitz und jetzt in Schwarzheide tätig. Ich kenne also ein Stück dieses schönen
Landes und auch einen ganzen Teil seiner Probleme.
Ein Kernproblem ist meines Erachtens die weit verbreitete Meinung bei Lehrern, Eltern und
Schülern, dass dieses Land im Prinzip nicht zukunftsfähig ist.
Eine Position, die die Landesregierung natürlich immer wieder zu bekämpfen versucht, die
aber auch die Unternehmen, die hier ansässig sind, bekämpfen müssen. Denn wenn das
Land nicht zukunftsfähig ist, dann ist es auch die hier ansässige Industrie nicht.
Einer der Industriezweige, die wir von Schwarzheide aus für gesamt Brandenburg unterstützen,
ist die Kunststoffbranche. Gemeint sind nicht nur die Kunststofferzeuger – obwohl die
BASF letztlich Pate für das Kunststoffkompetenzzentrum durch die Übernahme des Synthesewerkes
Schwarzheide ist, sondern die Kunststoffverarbeiter. Das sind in Brandenburg 52
Firmen mit über 20 Beschäftigten und ca. 180 Firmen mit unter 20 Beschäftigten.
Diese kleinen mittelständischen Unternehmen, die außerordentlich innovativ und flexibel arbeiten,
haben mittlerweile echte Nachwuchsprobleme. Es gibt in vielen Fällen aus vielfältigen
Gründen Probleme, die Lehrstellen zu besetzen; zum Beispiel werden sehr oft Ausbildungsangebote
nicht angenommen.
Insofern ist das, was Sie zu Beginn dieses Arbeitskreises dargelegt haben, Herr Dr. Seibert,
nämlich dass ein Überhang an Nachfrage für Ausbildungsplätze besteht, für die Kunststoffbranche
nicht zutreffend.
In den letzten Jahren ist – nicht zuletzt aufgrund der Ansiedlung von Industrieunternehmen,
die Automobile, andere Fahrzeuge und Flugzeuge herstellen – in Brandenburg, Berlin und
Sachsen ein Sog für Zulieferer entstanden, sich niederzulassen. Die Zahl der Arbeitsplätze in
dieser Branche und die Ausbildungsangebote sind enorm gestiegen. Wir haben in der
58

Kunststoff verarbeitenden Industrie Zuwachsraten, wie man sie sonst nur in China kennt.
Von 2003 auf 2004, belegen die Statistiken einen Anstieg von 9% beim Umsatz und einen
Anstieg von 6% bei den Arbeitskräften. Die Branche ist natürlich im Vergleich zu anderen
klein, die Automobilbranche als Leitbranche ist wesentlich größer. Aber immerhin, deutschlandweit
hat die Kunststoffverarbeitungsbranche einen Anteil von ca. 7% und einen Exportanteil
von nur 33%; und wenn Sie bedenken, dass der Gesamtdurchschnitt der deutschen
Industrie bei 66% Exportorientierung liegt, dann sehen Sie, dass hier noch gewaltiges Potential
für weiteres Wachstum besteht.
Womit wir kämpfen, ist eine Folgelast von vielen Jahren der Ideologisierung auch der mit der
Chemie verknüpften Berufe. Chemie und „Plaste und Elaste“ ist so ziemlich das Letzte, was
man einem Menschen antun will. Man verbindet damit immer noch die dunklen Wolken über
Bitterfeld. Es handelt sich aber um eine der innovativsten Branchen; und nicht nur ein Großteil
unserer Gebrauchsgegenstände, wie zum Beispiel die Stühle und alles, was wir heute
hier anfassen, ist irgendwo mit Kunststoff verbunden; sondern Chemie ist auch und gerade
in den Zukunftsbranchen, Leichtbau zum Beispiel, außerordentlich stark vertreten.
Damit komme ich zum Anlass unserer Initiative.
Ich bin Regionalmanager im Auftrag des Wirtschaftsministeriums, und wenn sich ein Unternehmen
nach vielen Bemühungen unsererseits zum Beispiel in Elsterwerda ansiedeln möchte,
kann ich, als einer, der die Ansiedler hierher locken soll, mich nicht hinstellen und sagen:
„Vorsicht, hier gibt es keine Fachkräfte!“.
Im Gegenteil, die Zukunftsagentur Brandenburg, die sich mit der Zukunft nicht unbedingt
beschäftigt, sondern mit der Wirtschaft, stellt immer wieder ganz klar nach außen dar, dass
es hier genügend Fachkräfte gibt. Und dies ist ja auch eines der wesentlichsten Argumente,
um Unternehmen ins Land zu holen.
Wenn Unternehmen dann aber hier sind – und das war in Elsterwerda der Fall –, dann finden
sie oft plötzlich keine Arbeitskräfte vor. Und ich finde es dramatisch, dass man dann bis in
den Westerwald gehen muss, um Pensionäre von dort in einem Zeitkontrakt nach Brandenburg
zu delegieren, damit man hier das Werk aufbauen kann, weil man vor Ort niemanden
findet.
Leider kommt es auch häufig vor, dass man nicht einmal perspektivisch die mittlere Führungskräfteebene
mit Kräften vor Ort besetzen kann, denn – und da kommen wir zu den
bereits erwähnten Wanderungsverlusten – die flexibel und gut ausgebildeten Arbeitskräfte,
die für diese Jobs in Frage kämen, haben das Land längst verlassen.
59

Und hier beginnt der Teufelskreis: die Chancen im eigenen Lande sind nicht genügend bekannt,
viele motivierte und gut ausgebildete Menschen verlassen deshalb das Land, und es
gibt damit in Zukunft für diese Regionen tatsächlich keine Chancen mehr.
Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, hat die Kunststoffbranche eine Ausbildungsinitiative
gestartet.
Wir haben mittlerweile drei Workshops dazu veranstaltet, und ich habe den Ausführungen
der Ministerin heute sehr erfreut entnommen, dass nahezu wortwörtlich die in den genannten
Workshops geäußerten Meinungen der Unternehmer und Ausbilder in diesem Ministerium
angekommen sind oder diese Positionen dort bereits vorhanden waren. Im Wirtschaftsministerium,
und das ist das Problem, hört man manches davon nicht so gerne, aber ich glaube,
auch dort wird kein Weg daran vorbei führen.
In den ersten Workshops haben wir die wesentlichen Gründe für unsere Aktivität formuliert.
Dazu gehört, dass der Wegzug junger Familien und Nachwuchsfachkräfte den deutschlandweit
spürbaren demografischen Effekt in Brandenburg verstärkt beziehungsweise ihn zeitlich
vorzieht. Der absehbare Mangel an Fachkräften wird hier bereits deutlich. Im Jahr 2010, so
geht aus einer Statistik des Gesamtverbandes Kunststoff hervor, wird die Anzahl der Schulabsolventen
geringer sein als die Anzahl der nachgefragten Berufsanfänger in Brandenburg.
Und wenn Sie berücksichtigen, dass es gar nicht so einfach ist, jemanden aus Baden-
Würthemberg, Nordrhein-Westfalen oder Bayern hierher zu „locken“, dann sehen Sie, vor
welchen Problemen man steht.
Leider wurde es in Brandenburg in den letzten Jahren vernachlässigt, die Gesamtattraktivität
des Landes anzuheben. Natürlich gibt es attraktive Städte, wie zum Beispiel Potsdam, die
hervorragend geeignet sind, Menschen aus jeder Gegend, auch international, zu gewinnen .
Aber es gibt auch weite Bereiche hier im Land, wo viele Familien fragen „ja – und wo ist die
nächste Schule?, ja – und wo ist das nächste Theater?“
Unser Standort Schwarzheide – man darf es als Brandenburger fast nicht sagen – hat den
Vorteil, dass Dresden in der Nähe ist. Ohne diese Nähe zu einer pulsierenden Großstadt
hätten wir sicher wesentlich mehr Schwierigkeiten gehabt, Führungs- und Fachkräften von
außerhalb zu gewinnen. Ich glaube, dass es enorm wichtig ist, den Ausbau der Infrastruktur
zu befördern.
Meines Erachtens kann die Kunststoffbranche einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass
die jungen Menschen aus der Region Brandenburg auch in der eigenen Region einen Arbeitsplatz
finden.
60

Wir wollen mit unserer Initiative erreichen, dass nicht nur diese berufliche Perspektive entsteht,
sondern dass auch innerhalb Brandenburgs die entsprechende Ausbildung gewährleistet
werden kann.
Und da stehen wir wieder vor einem Dilemma: aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten hat
die Landesregierung, in diesem Fall das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur,
entschieden, dass die Technische Fachhochschule Wildau das früher dort zentral gelehrte
Fachgebiet Kunststofftechniken nicht weiterhin wahrnimmt, sondern dass diese Fachrichtung
jetzt in der Fachhochschule Senftenberg angeboten werden soll. Dort ist der Fachbereich
aber erst im Entwicklungsstadium begriffen. Man beschäftigt sich jetzt erst einmal damit, dort
eine Professur für 2006 vorzubereiten. Das heißt, man hat inmitten eines dynamischen Prozesses
„die Pferde gewechselt“, und jeder weiß, was das heißt.
Die Umgebung schläft ja nicht. Sowohl die Region Usti nad Laben in Tschechien, als auch
die angrenzenden Regionen in Polen verfügen über gut ausgebildetes, hoch motiviertes
Fachpersonal. Das Land Brandenburg muss sich also wohl überlegen, wie es eine kontinuierliche
Ausbildung und damit berufliche Chancen für die „nachwachsenden“ Fachkräfte der
eigenen Regionen sichert.
Die dynamische Entwicklung einer modernen Industrielandschaft ist Voraussetzung für wirtschaftliche
und soziale Leistungsfähigkeit. Das ist ein bekannter Satz, aber ich glaube, in
manchen Köpfen hierzulande noch nicht angekommen. Ein wesentlicher Punkt ist auch die
Tatsache, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes die entscheidende Voraussetzung
für die soziale Leistungsfähigkeit darstellt. Ich habe den Eindruck, dass diese Botschaften
andernorts schon deutlicher beachtet und auch umgesetzt werden.
Dazu gehört auch die Konzentration und Bündelung der Kräfte und Kapazitäten. Ich halte es
zum Beispiel für sinnvoller, weniger Regionalmanager zu haben, dafür aber mit mehr Entscheidungsbefugnissen.
Also, es gibt zahlreiche Ansatzpunkte für unser Anliegen und ich habe heute in Vorträgen
und Gesprächen viele ähnliche Ansätze und Denkrichtungen wieder gefunden.
Unsere Aufgabe ist es, die Attraktivität der Berufe in unserer Wachstumsbranche zu steigern
und wir greifen sehr gerne alle Vorschläge auf, die es dazu gibt.
Wir haben festgestellt, dass bereits eine ganze Reihe verschiedener spannender und Erfolg
versprechender – zum Teil auch Länder übergreifender – Initiativen existieren, an die wir anknüpfen
können. Einige davon wurden heute auch vorgestellt.
Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um die jungen Menschen darüber zu informieren, welche
Chance unsere Branche bietet. Denn vieles, auch das klang heute bereits an, scheitert
an fehlender Kommunikation.
61

Eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen solcher Bemühungen ist das gemeinsame
Handeln der verantwortlichen Instanzen. Wir müssen unbedingt darauf drängen, auch wenn
es schwer ist, dass die zuständigen Fachministerien im Lande zusammenkommen: das hier
vertretene Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, das Wirtschaftsministerium,
das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und das Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kultur.
Diese Fachministerien können und müssen ein entsprechendes Ausbildungsangebot und die
notwendige Kommunikationsstruktur zwischen Schule, Fachhochschule und berufsbildenden
Schulen gewährleisten.
Wenn das gelingt, wird sich zeigen, welche einmaligen Chancen für einen Anstieg von Ausbildungs-
und Arbeitsplätzen in unsere Branche bestehen.
Die Boom-Branche Chemie darf mit ihren Nachwuchssorgen nicht allein gelassen werden,
denn so viele Boom-Branchen gibt es nicht.
Dankeschön.
62

Ulrich Wagner
Wirtschaftsforum Sächsisches Elbland e. V., Meißen
Berufsorientierung
im Raum Sächsisches Elbland
63

Meine Damen und Herren,
ich darf Ihnen heute ein praktisches Beispiel aus der Berufsorientierung vorstellen.
Die Grundlagen für das Projekt waren Anfragen von verschiedenen Unternehmen, die Probleme
mit Berufsabbrechern hatten.
Das Projekt wird in den Regierungsbezirken Chemnitz und Dresden umgesetzt. Es besteht
schon seit 5 Jahren und wurde ursprünglich von der Initiative „Süd-West- Sachsen“ entwickelt.
Wir haben im vergangenen Jahr dieses Modell aufgegriffen und es erst einmal in zwei
Landkreisen erprobt. Im kommenden Jahr soll es flächendeckend im ganzen Land Sachsen
eingeführt werden. Das Wirtschaftsforum „Sächsisches Elbland“ arbeitet sehr intensiv mit
einem vom Land Sachsen geförderten Regionalprojekt zusammen, das sich um Kooperationen
von Schule und Wirtschaft kümmert, ebenso mit dem „Regionalen Lernforum im Wirtschaftsraum
zwischen Elbe und Elster“.
Warum ist das Projekt entstanden?
Wie bereits erwähnt, waren Anregung aus der Wirtschaft der Ausgangspunkt und nicht Vorgaben
aus der Verwaltung oder von Institutionen. Unsere Erfahrung ist, dass Firmen sich oft
durchaus selbst zu helfen wissen, vor allem, wenn sich ein engagierter Personenkreis zusammenfindet
oder zusammengebracht wird.
Die Zielgruppe des Projekts
ist festgelegt auf die Schüler der Mittelschulen aus den achten und neunten Klassen. Wir
haben ganz bewusst diese Klassenstufen gewählt, weil wir dadurch erreichen wollen, dass
die Schüler auf der einen Seite die Chance haben, in die Betriebe hinein zu kommen; auf der
anderen Seite haben aber auch die Betriebe die Möglichkeit, den Schülern in der Woche der
offenen Unternehmen einen Einblick zu geben, welche Anforderungen an sie gestellt werden
und welche Voraussetzungen sie mitbringen müssen, um sich zu bewerben. Wir arbeiten bei
der Vorbereitung in erster Linie mit den Schulen und mit den Wirtschaftsförderern vor Ort
zusammen, weil diese in der Regel über die entsprechenden Beziehungen und Kontakte zu
den in der Region ansässigen Firmen verfügen.
Zum organisatorischen Ablauf
ist zu sagen, dass wir immer schon ein Jahr zuvor über die Regionalschulämter die Schulen
informieren, wann die „Woche der offenen Unternehmen“ stattfindet, so dass sie entsprechend
planen und sich für den betreffenden Zeitraum bereit halten können.
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Wir sind auch bemüht, über die Presse und über die Medien der verschiedensten Einrichtungen
und Institutionen, wie die IHK, die Handwerkskammern und Berufsverbände, die Menschen
zu erreichen. Sehr wichtig sind auch rechtzeitige Informationen über die Amtsblätter
der einzelnen Regionen, weil wir so gewährleisten können, dass in den Schulen auch über
die Elternschaft nachgefragt wird, ob und wann die „Woche der Unternehmen“ in ihrem
Wohnbereich stattfindet.
Zum Ende des Jahres schreiben wir die Firmen über die Wirtschaftsförderer der einzelnen
Landkreise an mit der Bitte, uns mitzuteilen, ob sie an dieser Informationswoche teilnehmen
möchten. So können wir auch gewährleisten, dass ein regionaler Bezug besteht. Die Briefe
werden von dem jeweiligen Landrat mit unterschrieben.
Im Anschluss sprechen wir die einzelnen Firmen noch einmal direkt an. In einem kurzen Gespräch
wird geklärt, welche Berufe an welchem Tag zu welcher Uhrzeit in dieser Woche angeboten
werden und wie viele Schüler teilnehmen dürfen. Wir besprechen dann mit den Firmen
auch den einzelnen Ablauf, weil wir großen Wert darauf legen, dass es eben nicht nur
eine Betriebsführung gibt, sondern dass die Jugendlichen ganz gezielt diejenigen Berufe
kennen lernen, die sie interessieren. Wir sorgen auch dafür, dass man ihnen die betreffenden
Arbeitsplätze zeigt und dass sie nach Möglichkeit auch mit Auszubildenden sprechen
können; denn untereinander verständigen sich die Jugendlichen schneller und vermitteln die
Informationen besser, als wenn wir große Referate halten.
Nachdem aufgrund der Rückmeldungen und telefonischen Absprachen mit den Firmen eine
Art Angebotstabelle mit Zeit- und Ortsangaben der Besuchtage entstanden ist, wird diese
Übersicht den entsprechenden Schulen zu gemailt. Die Schulen haben dann die Möglichkeit
uns mitzuteilen, an welchen Tagen, mit wie vielen Schülern sie in welchen Betrieb möchten.
Aber da beginnen in der Regel auch unsere Probleme, denn Angebot und Nachfrage stimmen
oft nicht überein, so dass wir im Nachgang noch einmal die fehlenden Kapazitäten ausfindig
machen müssen.
Dabei werden durchaus interessante Entwicklungen sichtbar:
Den Berufsbereich Agrarwirtschaft zum Beispiel hatten wir nicht als den „großen Renner“
eingestuft. Aber im Gegenteil gab es ein enormes Interesse an diesen Berufen und wir hatten
Mühe, noch im Nachhinein entsprechende Betriebe zu akquirieren.
Ein weiterer interessanter Aspekt war, dass diejenigen Betriebe, die einen großen Bekanntheitsgrad
haben, viel Eigenwerbung betreiben und sehr viele Tage der offenen Tür in der
Region anbieten, wesentlich weniger stark frequentiert waren als diejenigen Unternehmen, in
die man nicht so direkt hineinschauen kann beziehungsweise die Ausbildungen von weniger
bekannten Berufen anbieten.
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Das zeigt meines Erachtens, dass sich die jungen Leute ganz bewusst für solche Angebote
interessiert haben, wo seltener Informationen zur Verfügung stehen, dass sie neugierig sind
auf das Unbekannte und sich darauf auch einlassen wollen.
Sehr wichtig ist, dass mit den Schulen ein enger Kontakt entsteht.
Denn in den Schulen müssen die Jugendlichen schon darauf vorbereitet werden, welche
beruflichen Sparten in der Region zur Verfügung stehen. Wir wollen keine „Klassenreisen“,
wo vielleicht zwei Schüler interessiert sind und die anderen gelangweilt durch den Betrieb
laufen nach dem Motto „einmal durch und abgehakt“. Sondern wir wollen den Unternehmen
gegenüber gewährleisten, dass sie die Jugendlichen bekommen, die auch Interesse an den
betreffenden Berufen haben.
Insgesamt wurde das Projekt sehr gut angenommen.
Sowohl von den Schulen als auch von den Unternehmen haben wir sehr positive Rückmeldungen
erhalten und seit den vier Jahren unseres Bestehens haben sich immer mehr Schulen
und Schüler beteiligt.
Das erfordert natürlich einen hohen Koordinationsaufwand.
Die Vorbereitung auf die Betriebsbesuche muss ganz gezielt schon in den Schulen erfolgen
und dafür ist eine gute, langfristige Abstimmung erforderlich. Wichtig ist es auch zu erkennen,
dass die Berufsorientierung aus vielen unterschiedlichen kleinen Mosaiksteinen besteht.
Es gibt Berufsorientierungstage in den Berufsschulen, es gibt Tage der offenen Tür in den
Betrieben – es wird schon sehr viel geleistet; und die Ansätze, die wir heute kennen gelernt
haben, finde ich ganz hervorragend.
Mein Traum wäre es, wenn man diese vielen guten Ideen und diese Denkweise in die Schulen
transferieren könnte, damit die Jugendlichen wirklich die Möglichkeit haben, sich in den
verschiedenen Arbeitsbereichen einfach einmal umzuschauen, ohne dass sie sich schon
festlegen müssen. Wenn die Schüler bei den Betriebsbesuchen feststellen, dass ihr Berufswunsch
in der Realität anders aussieht, als sie dachten und ihnen und auch den Ausbildungsbetrieben
dadurch Enttäuschungen erspart bleiben, dann ist das ein Erfolg für uns,
nichts Negatives.
Eine Anekdote zum Schluss:
Wir waren in einem gastronomischen Betrieb mit Schülern, die Koch werden wollten. Und auf
die Frage, warum sie denn diesen Beruf gewählt hätten, sagte ein junger Mann, er hätte im
Fernsehen mal den Biolek gesehen, und was der so gemacht hätte, das wäre doch ganz nett
gewesen: so wie der im Fernsehen kochen würde, das wäre so sein Berufswunsch.
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Und genau darum geht es:
Ich denke, die Wochen der offenen Unternehmen können sehr gut dazu dienen, um eine Art
„Datenausgleich“ bei den jungen Menschen herzustellen zwischen ihren Vorstellungen von
einem Beruf und der Realität.
Sie müssen die berufliche Atmosphäre riechen, schmecken, fühlen, anschauen, anfassen
können, damit sie wissen, was auf sie zu kommt.
Dann brechen zum Beispiel Maurerlehrlinge vielleicht nicht nach einem halben Jahr die Lehre
ab, weil sie feststellen, sie müssen im Freien arbeiten; das sollte man ihnen vorher schon
vermittelt haben.
Wir hoffen, dass wir mit unserer Initiative dazu beitragen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Dr. Gunter Dreßler, Günter Supp, Simone Kaltbach
Handwerkskammer Südthüringen, Suhl
Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung Thüringen mbH, Erfurt
„BERUFSSTART“ – wirtschaftsnahe
Berufsorientierung während der Schulzeit
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Guten Tag, meine Damen und Herren,
die Welt ist arbeitsteilig angelegt, und so wollen wir es auch mit unserem Beitrag halten.
Gestatten Sie mir, das Projekt „BERUFSSTART“– wirtschaftsnahe Berufsorientierung während
der Schulzeit“ kurz vorzustellen. Herr Supp und Frau Kaltbach werden anschließend zur
Struktur und Finanzierung dieses Projektes Auskunft geben.
Die Handwerkskammer Südthüringen ist der Projektträger, aber alle drei Industrie- und Handelskammern
Thüringens und auch alle drei Handwerkskammern Thüringens sind in diesem
Projekt verbunden und ich möchte ihnen die Gründe schildern weshalb es zu „BERUFS-
START“ kam.
Ich kann sehr gut an Herrn Freimann, meinen „Amtsbruder“ von der Handwerkskammer
Cottbus, anschließen, denn im Grunde genommen bestehen in Thüringen und Brandenburg
gleiche Rahmenbedingungen für die berufliche Ausbildung:
Erstens: das Prädikat für die individuellen Voraussetzungen künftiger Auszubildender lautet
sehr häufig „ Ausbildungsreife mangelhaft“, ich denke, das ist in Brandenburg nicht anders.
Zweitens ist die Akquise von Ausbildungsplätzen auf Grund der negativen ökonomischen
Rahmendaten (eine vornehme Umschreibung der gegenwärtigen schlechten wirtschaftlichen
Situation) schwierig, und – das spürt man auch in Einzelgesprächen bei Berufsinformationsveranstaltungen
– es bestehen
drittens hohe Defizite bei den Jugendlichen hinsichtlich der Kenntnis über Berufsprofile und
Perspektiven in Handwerksberufen.
Die Betriebe suchen gute und motivierte Schulabgänger, denn ihr Ziel ist ja ein ordentlicher
Gesellen- oder Facharbeiterabschluss der Lehrlinge, um das Arbeitskräfteproblem des Betriebes
zu lösen. Und wenn man die konkursbedingten Abbrüche und die individuellen Gründe
wie Diebstahl, Bummelei und so weiter einmal außer Acht lässt, dann bleiben aus betrieblicher
Sicht auch wieder nur die mangelnde Ausbildungsreife mit allen Konsequenzen und
die falschen Vorstellungen von Beruf und Lehre übrig.
Die bis hierher genannten Begründungen würden allein schon die Notwendigkeit einer guten
Berufsorientierung herausfordern. Aber als Geschäftsführer einer Handwerkskammer kann
ich noch einen weiteren Grund nennen: „Handwerk als Beruf“ findet bei vielen Schülern und
Schulabgängern im Kopf ganz einfach nicht statt, weil das Handwerk aus dem Blickwinkel
Jugendlicher oft negativ belastet ist. Man verbindet es mit Schmutz, mit viel Arbeit, mit einer
altmodischen Vergangenheit und sieht nicht die Modernität des Handwerkes insgesamt.
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Der Schornsteinfeger zum Beispiel ist eigentlich ein Umweltberater. Er trägt nur noch einen
Tag in der Woche das bekannte schwarze Outfit. Ähnliches lässt sich über den KFZ-Mechatroniker,
den Bäcker, eigentlich von allen Handwerksberufen sagen.
Mittlerweile hat sich auch eine Trendwende vollzogen. Noch im ersten Jahr nach der Wiedervereinigung
gab es im Handwerk mehr Ausbildungsplätze als in der Industrie. Damals
forderte der Präsident der Handwerksammer – ich zitiere: „Es wird Zeit, dass die Industrie
nachzieht, damit die wirtschaftliche Situation auch für das Handwerk günstiger wird.“ Nun hat
die Industrie nachgezogen, aber das Handwerk ist für viele Schüler nur zur zweiten Wahl bei
der Suche nach einem Ausbildungsplatz geworden.
Um hier Lösungen zu finden, habe wir im Kammerbereich Überlegungen angestellt, wie wir
herangehen und die Berufsorientierung besser organisieren können.
Und wir haben dafür folgende Kriterien festgelegt:
1. Wir müssen unbedingt Unternehmen in die Berufsorientierung einbinden. Berufsorientierung
darf nicht nur in einem Bildungszentrum durchgeführt werden, sondern muss eben
auch unmittelbar in den Unternehmen stattfinden.
2. Wir dürfen die Schüler nicht einfach nur in die Unternehmen schicken, sondern es muss
nach Qualifizierungsbausteinen gearbeitet werden.
3. Wir brauchen gleiche Zeit-Volumina für alle Schüler und wir brauchen eine Langfristigkeit
der Beratung über mehrere Schuljahre hinweg.
4. Wir müssen diejenigen Träger mit einbeziehen, die vor allen Dingen Wirtschaftsnähe
ermöglichen können.
Im Anschluss an die Formulierung des Projektkonzepts haben wir über die Finanzierung
und mögliche Förderung der Projektidee nachgedacht, eine sehr wichtige Frage. Und wir
sind zu dem Schluss gekommen, dass es leichter werden könnte, wenn Handwerkskammern
und Industrie- und Handelskammern gemeinsam mit ihrer Idee beim Fördermittelgeber vorstellig
werden. Diese Vermutung hat sich als richtig erwiesen.
Unsere Erfahrung ist auch, dass Parallelgespräche bei der Akquise von finanzieller Unterstützung
absolut kontraproduktiv sind. Deshalb haben wir uns bemüht, kompetente Entscheidungsträger
aus allen unserem Anliegen nach zu beteiligenden Institutionen – dem
Kultus- beziehungsweise dem Wirtschaftsministerium, der GFAW und der Regionaldirektion
der Bundesagentur, an einen Tisch zu bringen. Und daraus ist im Grunde genommen die
heutige Steuergruppe des Projektes entstanden.
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Heute spricht der Thüringer Kultusminister schon vom „strategischen Dreieck“.
Er nennt einmal die Berufsorientierung/Berufswahlvorbereitung als ersten Eckpunkt; der
zweite Eckpunkt ist der Berufswahlpass, und der dritte Eckpunkt ist dann das Qualitätssiegel
„Berufswahlfreundlichste Schule“, das aus der Taufe gehoben wurde und für das sich die
Schulen bewerben können.
Auch die Teilnahme der Jugendlichen hat sich sehr positiv entwickelt. Anfangs waren 2500
Schüler in das Projekt integriert; ab dem Schuljahr 2005/2006 sind wir mit 8900 teilnehmenden
Schülern in ganz Thüringen präsent. Wir meinen aber, dass alle Schülerinnen und Schüler
Thüringens in dieses Projekt einbezogen werden sollten.
Ein letzter Gedanke: Bis zu meinem Ausscheiden aus dem Schuldienst war ich Polytechnik-
Lehrer, und eigentlich stelle ich mich konsequent gegen die häufig geforderte Wiedereinführung
dieses Faches, zumindest in Bezug auf die Ökonomisierung und Politisierung, wie
sie früher praktiziert wurde. Aber die Frage nach einer sinnvollen Berufswahlvorbereitung
und Berufswahlorientierung stellt sich mehr denn je. Das ist sehr wohl ein Aspekt, den man
beachten muss.
Und das Projekt „Berufsstart“ ist vielleicht heute die auf die derzeitige wirtschaftliche Situation
zugeschnittene beste Struktur einer Berufswahlvorbereitung; das sage ich mit einem gewissen
Stolz.
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Günter Supp, ich bin stellvertetender Leiter
des Berufsbildungszentrums der Handwerkskammer Südthüringen, leite dort den Bereich
„Berufliche Förderung Handwerk“ und bin durch die Steuergruppe, die Herr Dr. Dreßler, mein
Geschäftsführer, gerade genannt hat, beauftragt, als Ansprechpartner im Land Thüringen für
dieses Projekt „Berufsstart“ zu arbeiten; dort also maßgeblich die Projektleitung mit zu prägen.
Bei „Berufstart handelt es sich um ein wirtschaftsnahes Projekt, in das die Wirtschaft in besonderem
Maße eingebunden ist. Wir legen großen Wert darauf, die Betriebe der einzelnen
Regionen aktiv mit einzubeziehen.
Wir beginnen mit der Berufsorientierung für die Schüler ab der Klassenstufe 7 und betreuen
sie bis zum Einmünden in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis, und zwar in Form der Bildungsbegleitung.
Vom ersten Tag an hatte dieses gemeinsame Projekt einen wichtigen Kooperationspartner,
die Regionaldirektion der Agentur für Arbeit, die die Bildungsbegleiter
finanziert. Diese sind Angestellte der Kammern und in deren Auftrag tätig. Die Jugendlichen
werden ab der 7. Klasse bis zum Einmünden in ein Ausbildungsverhältnis durch genau diese
Bildungsbegleiter beraten.
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Wie ist die Zusammenarbeit strukturiert?
Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, vertreten durch die Gesellschaft
für Arbeits- und Wirtschaftsförderung (GFAW mbH), finanziert im Land Thüringen unter
anderem bestimmte Modellprojekte, so auch BERUFSSTART.
Das Thüringer Kultusministerium sorgt dafür, dass Abminderungsstunden für die Schüler und
für die Klassenleiter an den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Der zuständige Abteilungsleiter
im Kultusministerium ist Mitglied der Steuergruppe des Projekts und hat das mit
den Schulleitungen geklärt.
Die Regionaldirektion der Bundesanstalt finanziert – wie bereits angedeutet – das Beratungspersonal
für die gesamte Laufzeit des Projekts.
Last but not least sind die Betriebe der Region einbezogen. Sie realisieren die einzelnen
Projektbausteine gemeinsam mit den Jugendlichen in ihren Unternehmen.
Ein Kernelement unseres Projektes ist eine obligatorische Kompetenzanalyse.
Die Schüler der 7. Klasse kommen in ihrer unterrichtsfreien Zeit, am Samstag, zu uns in die
Handwerkskammer. Ausgehend von ihren Berufswünschen werden sie dort „gecheckt“; dazu
haben wir eigene Programme erarbeitet. Die Schüler müssen beweisen, ob sie die Anforderungen
ihrer Traum- oder Wunschberufe erfüllen oder nicht.
Unsere Erfahrung ist, dass die deutliche Aussage: „Das kannst du aber noch nicht, da musst
du dich auf den Hosenboden setzen, wenn du das schaffen willst!“, sehr zur Lernmotivation
beiträgt. Das bestätigen uns die Schüler, die Eltern und auch die Lehrer. Ehrlichkeit spielt
hier eine große Rolle. Denn auch das ist ein positives Ergebnis, wenn der Eine oder Andere
rechtzeitig erkennt, dass der angestrebte Beruf vielleicht doch seine Fähigkeiten übersteigt.
Dann haben wir zumindest erreicht, dass ein späterer Abbruch der Ausbildung vermieden
wird.
Als nächstes bieten wir zwei Orientierungspraktika in einer außerbetrieblichen Einrichtung
an. Diese Orientierungsbausteine – in der Klassenstufe 7 jeweils zwei Bausteine a’ 40 Stunden
– werden von verschiedenen Bildungsträgern durchgeführt, die in einem Netzwerk zusammenarbeiten.
Unter der Mitwirkung und in Zuständigkeit einer durch BQF geförderten
wissenschaftlichen Begleitung wurden diese Orientierungsbausteine für alle Berufsfelder und
für die typischen Ausbildungsberufe unserer Region erarbeitet.
Ab der 8. Klassenstufe werden dann diese Bausteine vorrangig in den Betrieben durchgeführt,
auch dort nach klaren Vorgaben. Wir haben ein Raster erarbeitet, das wir den Jugendlichen
mit in den Betrieb geben. Nach den Vorgaben in diesem Raster betreut der Betrieb
dann die Jugendlichen.
Wir hatten zu Beginn gewisse Bedenken, dass sich die Betriebe möglicherweise nicht an
diese Raster halten könnten.
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Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Die Betriebe sind sehr dankbar dafür, dass sie
diese Handreichungen bekommen, die ihnen helfen, die Berufsorientierung, die sie ja letztlich
auch für die Gewinnung ihres eigenen Berufsnachwuchses durchführen, inhaltlich zu
gestalten.
Die Bildungsbegleiter haben die Aufgabe, vom ersten Tag an ab der 7. Klasse bis zum Einmünden
in das betriebliche Ausbildungsverhältnis eine Eingliederungsplanung zu erarbeiten
und eine Art Förderplan zu führen. Dort werden die Entwicklungsschritte nachgewiesen und
mit jedem einzelnen Jugendlichen abgestimmt und ausgewertet. Außerdem entwickeln sie
flankierende Angebote zur Erweiterung des Berufswahlspektrums und stimmen sich regelmäßig
mit den Lehrern ab. Wenn bei dem einen oder anderen Jugendlichen der Berufswunsch
mit den Möglichkeiten in der Region nicht übereinstimmt, werden auch andere Vorschläge
unterbreitet, so dass sich der Jugendliche gegebenenfalls umorientieren kann. In der
8. Klasse finden ebenfalls 2 Orientierungsbausteine zu jeweils 40 Stunden, also praktisch
eine Woche – aus Kostengründen meistens in den Betrieben – statt.
In den Abgangsklassen findet dann noch einmal ein Check statt.
Es gibt aber auch differenziertere Angebote für solche Schüler, bei denen wir der Meinung
sind, dass außerbetrieblich noch einmal nachgeholfen werden muss, weil die Berufswahlentscheidung
noch nicht im Lot ist. Für diejenigen Schüler werden dann bei einem Bildungsträger
weitere Orientierungsbausteine angeboten.
Sehr wichtig ist uns – besonders in den Klassenstufen 8 und 9 und in den Abgangsklassen,
die Zusammenarbeit mit der Schule und die Zusammenarbeit mit den Berufsberatern der
Agenturen für Arbeit. Die Berufsberater sind selbst sehr daran interessiert, mit eingebunden
zu werden.
Ebenso wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Eltern. Wir stellen fest: seit wir „BERUFS-
START“ anbieten und intensiv mit den Schülern arbeiten, spricht man auch zu Hause in der
Familie mehr über die Berufswahl. Oft gibt es wenig Kommunikation zwischen Eltern und
Schülern. Jetzt kommt der Jugendliche aus der Kompetenzfeststellung, bringt etwas mit, was
er selbst angefertigt hat, zeigt es seinen Eltern und sagt: „Das habe ich heute gemacht!“ Und
schon ist der Weg für Kommunikation geöffnet!
Wir sind uns sicher, dass wir die Schüler in unserem Projekt überwiegend in ein betriebliches
Ausbildungsverhältnis vermitteln können, weil die Zusammenarbeit mit den betreffenden Betrieben
mittlerweile bereits seit 2 Jahren und mehr besteht.
Wir versuchen außerdem, die mit Orientierungsbausteinen untersetzten Praktika auch zur
Akquise von Ausbildungsplätzen zu nutzen.
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Die Praxis zeigt: Wenn der Betriebsinhaber sieht: das ist ein Jugendlicher, der passt in die
Welt, dann sagt er auch „OK! Bis jetzt habe ich zwar nicht ausgebildet, aber weil du deinen
Kram ordentlich gemacht hast bei mir, bilde ich dich aus. Also komm her, dich stell ich ein,
und dann werden wir sehen was aus uns gemeinsam wird“.
Für den Fall, dass ein Jugendlicher doch keine Lehrstelle findet, werden nochmals zusätzliche
flankierende Maßnahmen eingeleitet und von den Bildungsbegleitern vor Ort persönliche
Gespräche mit Betrieben und mit den Lehrern geführt.
Wir erwarten, dass in deren Ergebnis eine Einmündung in ein Ausbildungsverhältnis erfolgen
wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Simone Kaltbach.
Die GFAW Thüringen mbH, in der ich als Abteilungsleiterin tätig bin, setzt im Auftrag des
Wirtschaftsministeriums größtenteils Förderrichtlinien um, die aus dem Europäischen Sozialfond
finanziert werden. In diesem Rahmen haben wir in Thüringen auch eine Richtlinie zur
Förderung der praxisorientierten Berufswahlvorbereitung. Auf Grund dieser Richtlinie können
wir Projekte wie „BERUFSSTART“, mitfinanzieren.
Es ist insgesamt eine maximale Beteiligung von 70% an den Gesamtkosten aus dem Europäischen
Sozialfonds möglich. Die restlichen 30% müssen durch andere Finanziers getragen
werden, entweder durch Eigenmittel, Verwaltungsmittel oder öffentliche Drittmittel.
Im Rahmen des Projektes BERUFSTART ist es uns gelungen, auf Grund der Beteiligung des
Kultusministeriums und der Agentur für Arbeit insgesamt eine Beteiligung des ESF von 50%
beziehungsweise von 60% einzusetzen. Der Rest wird von den anderen Institutionen getragen.
Bis zum Ende der gegenwärtigen Förderperiode des ESF in 2006 ist die Finanzierung
dieses Projektes auch gesichert, nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass sich alle Beteiligten
an einen Tisch gesetzt haben.
Wie es danach weiter geht, kann man nicht hundertprozentig sagen.
Da aber nicht zu erwarten ist, dass wir in der neuen Förderperiode keine ESF-Mittel mehr
erhalten werden, wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit bestehen, dieses Projekt
erfolgreich zum Abschluss zu bringen.
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Impressionen aus der Fachtagung
wichtig:
Orientierungen und Positionen
aus Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft zur Arbeits-und
Bildungspolitik

informativ:
Austausch von Ideen,
Ergebnissen und
Erfahrungen aus der
praktischen Arbeit
mit Jugendlichen in
den Foren

erfreulich:
Würdigung der Stadt Prenzlau als
regionaler Gewinner des Deichmann-
Förderpreises gegen
Jugendarbeitslosigkeit

anregend:
Diskussionen zwischen
ReferentInnen, TeilnehmerInnen und
den jugendlichen Auszubildenden in
den Pausengesprächen

Hilmar Fritsche, Torsten Weyer, Jens Pursche
Staatliches Schulamt Frankfurt (Oder)
Rechtzeitige und individuelle
berufliche Orientierung für Jugendliche im Bereich
des Staatlichen Schulamtes Frankfurt (Oder)
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Sehr geehrte Damen und Herren,
in meinem Verantwortungsbereich bieten wir sowohl für Schüler als auch für Lehrer Praktika
an. Dazu wird nachher noch einiges ausgeführt.
Unser Schulaufsichtsbereich bezieht sich auf drei große Regionen: die Landkreise Oder/
Spree und Märkisch/Oderland sowie die Stadt Frankfurt/Oder. Um die Beratung innerhalb
der Schulen effektiv wirksam werden zu lassen, haben wir uns entschieden, Schulberater
einzusetzen, die einen ganz bestimmten, konkret abgegrenzten Kreis von Schulen direkt
betreuen, beraten und auch – mit Blick auf das Schülerbetriebspraktikum und die entsprechende
Anzahl von Betrieben – koordinieren. Wir kommen regelmäßig zusammen, tauschen
unsere Informationen und Ideen aus, stimmen uns ab und haben damit in diesem Bereich
einen guten Überblick über die Betriebe, die in der Lage sind, die Schüler zu informieren und
im Praktikum zu betreuen. Wir arbeiten aber nicht mit zentralen Vorgaben, sondern wir haben
mit der VV Praxislernen, zu der Frau Griese-Pelikan nachher noch einiges ausführlich
sagen wird, eindeutig die Möglichkeit, die Verantwortung der Schule zu erfüllen.
Und das ist unser Anliegen: Wir wollen, dass die Schulen stabile Beziehungen mit Partnern
herstellen. Dass diese auch tragfähig werden und bleiben, das hängt immer von den handelnden
Personen ab und ob sie in der Lage und gewillt sind, diesen Prozess langfristig zu
steuern.
Wir gehen nicht vordergründig von den Finanzierungsmöglichkeiten aus, sondern stellen in
den Mittelpunkt, dass die Schüler vor Ort bereits ab der 5.Klasse in einen gezielten, qualitativ
hochwertigen Berufsvorbereitungsprozess integriert werden.
Dabei ist uns jeder Partner willkommen. Wir haben auch schon eine ganze Reihe Absprachen
getroffen. Es gibt Verbände und auch einzelne Bildungsträger, die auf uns als Schulamt
zukommen und Verabredungen treffen möchten. Diese Angebote nehmen wir gerne auf und
werden die entsprechenden Vorhaben auch, soweit es uns möglich ist, weiter begleiten.
In Eigenverantwortung der Schulen entsteht zur Zeit ein großes Feld von Zusammenarbeit.
Allerdings sind wir noch lange nicht soweit, wie wir wollen. Wir haben beispielsweise festgestellt,
dass das Fach „Wirtschaft – Arbeit – Technik“ zwar eine zentrale Rolle spielt und dass
auch der Rahmenplan sehr klar vorgibt, was wir vor Ort tun können; dass es aber jetzt die
Hauptaufgabe der Schulleiter ist, eine fachlich übergreifende Zusammenarbeit zu sichern.
Gegenwärtig sind wir dabei, dass das Handlungsbewusstsein (etwas zu erreichen, mit zum
Erfolg beitragen zu können) sowohl bei den Lehrkräften als auch bei der Schulleitung, bei
den Fachkonferenzen und natürlich bei den Trägern selbstverständlich wird. Und wir haben
gute Erfahrungen gemacht.
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Ich kann nur bestätigen – und würde Sie bitten, das aufzunehmen, was Herr Pursche als
Berater Wirtschaft/Schule und Herr Weiher aus der Sicht des Fachberaters noch ausführen
werden: es geht darum, die Rahmenpläne, mit denen wir schon jetzt recht weit sind im Land
Brandenburg, zu realisieren und in den bereits vorhandenen, überwiegend gut funktionierenden
Netzwerkstrukturen keine Knoten zuzulassen, sondern sie noch stärker zu verknüpfen.
Vielen Dank. .
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Torsten Weyer, und als Fachberater bin ich
unter anderem für die inhaltliche Realisierung des Rahmenlehrplans Wirtschaft – Arbeit –
Technik (W-A-T) an den Schulen im Schulamt Frankfurt /Oder verantwortlich.
Intension meines Impulsreferates ist, dass wir eine rechtzeitige und individuelle berufliche
Orientierung an allgemeinbildenden Schulen im Schulamtsbereich brauchen und dass der
berufsorientierende Unterricht in Brandenburger Schulen unverzichtbar ist.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang folgende zwei Anmerkungen:
Erstens:
Die Aufgaben des Faches W-A-T an Schulen im Land Brandenburg und der verbindliche
Rahmenlehrplan beruhen auf drei Säulen:
� Säule W : wie Wirtschaft dient der Verwirklichung der ökonomischen Grundbil-
dung an Brandenburger Schulen.
� Säule A: wie Arbeit, Ausbildung und Beruf; in diesem Themenfeld gilt das
Fach, insbesondere an Gesamt- und Realschulen, als Ankerfach im Kontext mit der
Berufswahl und der Erleichterung des Übergangs in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem
junger Schulabsolventen. Betrachten wir in diesem Zusammenhang
kurz die Leitlinie „Berufliches Selbstkonzept im R-L-P“. Die Rahmenlehrpläne W-A-T
in der Primar- und Sekundarstufe und die VV Praxislernen schaffen somit eine Symbiose,
um Berufsorientierung und Berufswahl als Prozess in den Klassenstufen 5 bis
10 zu organisieren. Last but not least:
� Säule T: wie Technik definiert den Rahmen für die Förderung der technischen
Grundbildung unserer Schüler.
Zweitens:
Kooperation mit regionalen Unternehmen, Lehrbuchverlagen und Einrichtungen ist Basis für
die Durchführung der Lehrerfortbildung im Schulamt Frankfurt (Oder).
� Arbeitsagentur Frankfurt (Oder)
- „Der Klick zum Beruf“ (Berufsorientierung und Berufswahl online)“
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� Krankenkassen (GEK, DAK, AOK und Barmer)
- „Ein Unternehmen stellt sich vor“ - Aufgaben und Anforderungen an moderne
Dienstleistungsunternehmen
- Bewerbungstrainingscamp für Lehrer
� Arbeitskreise (Arbeit mit den Fachkonferenzen vor Ort) in Frankfurt/Oder und Storkow
- Unterrichtspraxis zum Themenfeld Arbeit, Ausbildung und Beruf
(Von den persönlichen Stärken und Schwächer bis zum Erhalt eines Studien-
oder Ausbildungsplatzes)
- Vom Rahmenlehrplan zum schuleigenen Lehrplan (SELP), die richtige Strategie
zum Entwickeln eines nachhaltigen und kompatiblen SELP, SP „Berufliches
Selbstkonzept“
� Perspektiven: Fortbildung für das Schuljahr 05/06 bei der Siemens AG, um Ausbildung
im Unternehmen kennen zu lernen und praktische Erfahrungen in einem
Assessmentcenter zu sammeln.
� Lehrbücher und Medienpaket oder Portfolio
- Ganz besonders stolz bin ich darauf, ein Lehrbuch an dieser Stelle zu zitieren,
welches 100% lehrplankonform ist und das Themenfeld Arbeit, Ausbildung
und Beruf sehr umfangreich und kausal beleuchtet
- Medienpaket beziehungsweise Portfolio „Die 3 Hürden zum Erhalt eines
Ausbildungsplatzes“, Sponsoring durch die Sparkasse Oder / Spree
� Fächer verbindender Unterricht und fachübergreifender Unterricht
- (Beispiel 2. Gesamtschule)
Bedenkenswertes:
� Leider ist nach der 10. Klasse beim Übergang in die gymnasialen Oberstufe ein zu
großer Bruch im Zusammenhang mit dem „Berufsorientierenden Unterricht“ zu verzeichnen;
die jährlichen Studienabbrüche sind ein Indikator dafür: Technik als Fortsetzung
des Faches W-A-T in der SEK II oder WiWi als freiwilliges Profil reichen eben
nicht aus.
� Nicht selten stelle ich in Gesprächen und Fortbildungen in unserer Region fest, dass
der Rahmenlehrplan für die unterrichtenden Lehrer nicht genug als verbindliches Instrument
für die zu unterrichtenden Unterrichtsinhalte gilt!
� die Teilnahme der Kolleginnen und Kollegen an Fortbildungsangeboten muss endlich
im Land Brandenburg klarer geregelt werden.
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Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Jens Pursche und ich möchte Ihnen einen
kurzen Erfahrungsbericht aus der Sicht des Schulberaters Schule/Wirtschaft geben:
Schwerpunkt einer qualifizierten beruflichen Orientierung an einer allgemeinbildenden Schule
ist ein Fächer verbindendes Berufsorientierungskonzept. Dieses Konzept ist ein wichtiger
Bestandteil der Schulkonzeption und variiert je nach Schulform und Schulstufe (Grundschule
ab Klasse 5, Sekundarstufe I bzw. Sekundarstufe II).
Im Rahmen meiner Aufgabenstellung als Schulberater habe ich ein Berufsorientierungskonzept
für die Gesamtschule Schlaubetal Müllrose (ab Schuljahr 2005/2006 Oberschule) erstellt.
Dieses Konzept wurde im Schuljahr 2004/2005 erfolgreich umgesetzt. Die Besonderheit
bestand darin, dass diese Schulen neben der intensiven Zusammenarbeit mit Betrieben
und Institutionen (BIZ, Arbeitsagentur) an Projekten wie „Produktives Lernen“ und dem Modellprojekt
„Praxislernen“ teilnehmen. Einen wichtigen Platz nehmen die Berufsinformationsveranstaltungen
wie zum Beispiel der Frankfurter Berufemarkt (im Januar 2005 fand der siebente
statt), die Jobbörse in Beeskow (beide an Schulen organisiert) sowie weitere Veranstaltungen,
initiiert durch die IHK, die HWK Frankfurt/Oder beziehungsweise Städte und Gemeinden,
ein.
Für eine umfassende berufliche Orientierung stehen uns eine Vielzahl an Partnern zur Seite:
- Betriebe der Region,
- Handwerkskammer Frankfurt/Oder,
- Industrie- und Handelskammer Frankfurt/Oder,
- Berufsbildungseinrichtungen, wie zum Beispiel: OSZ, Private Berufsschulen, BBW; ÜAZ,
- Einrichtungen im Bereich Forschung/ Lehre, zum Beispiel IHP Frankfurt, und die Europa-
Universität Frankfurt/Oder,
- Öffentliche Einrichtungen, Behörden
Mit dem Netzwerk Zukunft und dem regionalen Lernnetz Oderland Spree, kurz
„LeNeOS“, stehen uns weitere starke Partner bei der Unterstützung der Berufswahlvorbereitung
zur Verfügung. LeNeOS ist ein Netzwerk, das aus mehreren Teilnetzwerken besteht.
Diese haben verschiedene spezifische Ziele, wie zum Beispiel die Entwicklung von interkultureller
Kompetenz, Medienkompetenz bzw. die Verbesserung der Chancen auf dem Ausbildungs-
bzw. Arbeitsmarkt.
Eine sehr intensive Zusammenarbeit besteht in den Teil-Netzwerken Medienkompetenz und
Jugend – Schule – Wirtschaft. So wurde die Bad Freienwalder Ausbildungs- und Jugendinformationsbörse
gemeinsam mit Lehrern bereits in der Vorbereitung besprochen und Erfahrungen
ausgetauscht.
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Im Hinblick auf die Veränderungen in der Berufsausbildung wurde mit Beteiligung der IHK
Frankfurt/Oder eine Fortbildung für Lehrer im Fachbereich WAT zu neuen Berufen in der
Industrie und im Handel bzw. zu veränderten Berufsbildern durchgeführt.
Im Zuge der Globalisierung des Arbeitsmarktes und der EU - Osterweiterung gewinnt auch
die Berufsorientierung über Ländergrenzen hinweg an Bedeutung. Ganz in diesem Zeichen
steht das Projekt „Euregio Pro Viadrina – Mit MINT zum Beruf“.
Diesem Projekt, das durch EU-Fördermittel und das Ministerium für Bildung, Jugend und
Sport des Landes Brandenburg unterstützt wird, liegt das Konzept der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit von deutschen und polnischen Partnerschulen und Unternehmen zu
Grunde.
Am Euregio-Projekt nehmen fünf deutsche Schulen mit ihren polnischen Partnerschulen teil.
Die Schulen liegend weitestgehend im grenznahen Raum. Es fanden bereits mehrere Aktivitäten
statt. Unter anderem drei Futurcamps. Eine deutsche Schule besuchte mit einer Schülerdelegation
ihre Partnerschule in Polen.
Vielen Dank.
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Andrea Griese-Pelikan, Beate Günther
Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für Brandenburg, Potsdam
Gemeinsam Verantwortung tragen
für Berufsorientierung: das „Netzwerk Zukunft.
Schule + Wirtschaft für Brandenburg“
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Sehr geehrte Damen und Herren,
das „Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für Brandenburg“ wurde im November 2001 von
elf Partnern aus dem Land Brandenburg (drei Industrie- und Handelskammern, drei Handwerkskammern,
der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, der Bundesagentur für Arbeit, der
Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V., der Brandenburgischen
Landesrektorenkonferenz, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg
sowie dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg gegründet.
Die Ziele und die Zusammenarbeit im Netzwerk Zukunft wurden in einer Kooperationsvereinbarung
festgelegt und von den Partnern unterzeichnet. Das Netzwerk Zukunft ist daher
kein „Projekt“ im klassischen Sinne, sondern ein intermediärer Zusammenschluss; bisher
ohne eigene Rechtsform, das eigene und weitere Vorhaben integriert. Die Geschäftsstelle
des Netzwerk Zukunft einschließlich der in ihr verankerten Projekte ist derzeit in Trägerschaft
bei einem freien Träger der Jugendhilfe angesiedelt. Auf Beschluss der Kooperationspartner
erfolgt die Überführung des Netzwerk Zukunft in einen gemeinnützigen Verein. Dieser
Schritt wird im Frühjahr 2006 vollzogen. Der Satzungsentwurf orientiert sich bezüglich
des Vereinszweckes an der Kooperationsvereinbarung für das Netzwerk aus dem Jahr 2001.
Als übergreifende Zielstellungen des Netzwerk Zukunft wurden festgelegt:
� Entwicklung einer landesweiten und regionalen Zusammenarbeit zwischen Schulen,
Betrieben, Sozialpartnern und Hochschulen,
� Schülerinnen und Schüler stärken, damit sie den Anforderungen des sich rasant verändernden
Arbeitsmarktes gewachsen sind und sich im Wettbewerb um Ausbildungsund
Arbeitsplätze behaupten können,
� Realistische und ressourcenorientierte Berufs- und Studienorientierung als Teil der
Lebensplanung ermöglichen.
Diese Ziele verfolgen die einzelnen Netzwerk-Partner mit jeweils eigenen Schwerpunkten,
jedoch in dem Bewusstsein, gemeinsam verantwortlich dafür zu sein, die Perspektiven-Entwicklung
junger Menschen im Land Brandenburg zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen Entwicklung und der damit verbundenen
Notwendigkeit, den Fachkräftebedarf auch zukünftig für den Schul-, Hochschul- und Wirtschaftsstandort
Brandenburg abzusichern, müssen die genannten Ziele sowie die daraus
abzuleitenden Aktivitäten mehr denn je verfolgt und realisiert werden. Erste Erfolge, zum
Beispiel bei der Öffnung von Schulen für mehr Praxisbezug, beweisen, dass sich das Engagement
dafür lohnt!
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Arbeitsschwerpunkte und Handlungsfelder der Netzwerk-Aktivitäten
Die Ziele des Netzwerk Zukunft werden durch Projekte, Konzepte und Strategien insbesondere
in fünf Handlungsfeldern realisiert:
1. Strategieentwicklung, Vernetzung, Koordination,
2. Aufbau und Entwicklung regionaler Arbeitskreise Schule-Wirtschaft in den Regionen
des Landes Brandenburg,
3. Praxislernen für alle Schülerinnen und Schüler, Öffnung von Schule für mehr Praxisbezug,
4. Informations-, Beratungs- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte allgemeinbildender
Schulen sowie für weitere Bildungspartner,
5. Informations- und Transferaufgaben.
Landesweite Koordination durch die Geschäftsstelle des Netzwerk Zukunft in Potsdam
Zur Unterstützung der Netzwerk-Partner sowie des weiteren Auf- und Ausbaus der Netzwerk-Aktivitäten
in den Handlungsfeldern wurde auf Beschluss der Kooperationspartner eine
Geschäftsstelle eingerichtet. Diese arbeitet seit 2001 als landesweite Service- und Koordinierungsstelle
mit Sitz in Potsdam.
Sie ist eine von vier Agenturen, die als Projekt im Rahmen des Programms „Schule/Wirtschaft/Arbeitsleben“
(SWA) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bis September
2004 in Form einer Anschubfinanzierung gefördert wurden, und die einzige, die für ein
Flächenland zuständig ist. Partneragenturen gibt es in Berlin, Bremen und Hamburg.
Eine Verstetigung aller Aktivitäten und Beratungsangebote in den genannten Handlungsfeldern
wird angestrebt, so dass sich das Netzwerk Zukunft nach der Startphase weiter entwickeln
wird.
Die Geschäftsstelle unterstützt die Kooperationspartner und führt exemplarisch selbst Projekte
durch. Diese dienen als „Labor“ für Vorhaben und Entwicklungen, die die Netzwerk-
Ziele durch die Kooperation verschiedener Partner (zum Beispiel Schule, Wirtschaftsunternehmen,
kommunale Schulträger in den Regionen des Landes) sowie die Öffnung von Schule
und die Schulentwicklung im Sinne dieser Ziele unterstützen.
Einrichtung von Außenstellen des Netzwerk Zukunft in den Regionen des Landes
Brandenburg
Eine Erfahrung der vergangenen Jahre ist, dass die Netzwerk-Arbeit im Flächenland Brandenburg
stärker regionalisiert werden muss. Vor allem die Bündelung und Betreuung von
regionalen Arbeitskreisen „Schule-Wirtschaft“ sowie weiterer Netzwerk-Initiativen vor Ort soll
zukünftig weiter intensiviert werden, um regionale Kooperationen zwischen Schulen sowie
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Wirtschafts- und Sozialpartnern, aber auch kommunalen Partnern bei Bedarf zu unterstützen
und informatorisch zu vernetzen. Auf Grund dieser Erfahrung wurden ab dem Schuljahr
2004/05 in den Regionen des Landes sechs Außenstellen der Geschäftsstelle eingerichtet.
In den Außenstellen arbeiten abgeordnete Lehrkräfte und stehen den Kooperationspartnern
sowie weiteren Akteuren vor Ort als Ansprechpartner und Vermittler zur landesweit arbeitenden
Geschäftsstelle zur Verfügung.
Praxislernen für alle Schülerinnen und Schüler, Öffnung von Schule für mehr Praxisbezug
Seit 1999 führt das Land Brandenburg Projekte im Rahmen des Pädagogischen Ansatzes
Praxislernen durch. Anfangs wurde der Ansatz, wie auch heute noch in anderen Bundesländern
üblich, ausschließlich für Benachteiligte genutzt. Meist handelte es sich um Jugendliche,
die auf dem üblichen Wege keinen Schulabschluss erhalten hätten. Durch Erfahrungen
aus dem internationalen Kontext, aber vor allem durch die intensive wissenschaftliche Begleitung
des ersten Projekts in Brandenburg, ergab sich sehr schnell die Einsicht, Praxislernen
zur Schulentwicklung zu nutzen, es für alle Schülerinnen und Schüler von Regelschulen
ab Sekundarstufe I zur Verfügung zu stellen. In den zurzeit laufenden Praxislernprojekten
des Landes Brandenburg wurden spezifische Aspekte des Ansatzes erprobt. Alle Projekte
sind in der Sekundarstufe I (Jahrgangstufe 7 bis 10) in 36 Regelschulen angesiedelt. Weitere
circa 30 Schulen führen das Praxislernen in Eigenregie durch. Einige weitere Schulen verfolgen
darüber hinaus noch besondere Formen des Praxislernens im Rahmen des Produktiven
Lernens (Sonderform für schulmüde Jugendliche) sowie im Rahmen von EUREGIOS-
Projekten der Stiftung der Deutschen Wirtschaft.
Damit verfügt Brandenburg bundesweit über das dichteste Netz an Praxislernschulen.
Die nachfolgende Darstellung bezieht sich vor allem auf die Praxislernen – Erfahrungen, die
über die Geschäftsstelle des Netzwerk Zukunft betreut werden:
� Das aus ESF-Mitteln des Programms Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben (SWA) des
BMBF finanzierte Projekt „Praxislernen – Flexibilisierungsbausteine und Berufswahlpass“
ermöglichte die Erprobung verschiedenster Organisationsformen des Ansatzes
im Kontext zum Berufswahlpass.
� Das aus ESF-Mitteln des Landes Brandenburg unterstützte Projektduo zum Praxislernen,
„Praxislernen – Lernort Praxis“ und „Kooperative Schülerfirmen“ gibt einerseits
Einblicke in die Umsetzung von 40 Praxislerntagen pro Jahr, integriert in den
üblichen Schulalltag, andererseits wird die Nutzung des Schülerfirmenansatzes fürs
Praxislernen untersucht.
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� Das zurzeit dritte, ebenfalls aus SWA-Mitteln finanzierte Projekt „Praxislernen – Bildungs-
und Berufsbiografie entwickeln“ steht im Zeichen der Qualitätsentwicklung.
Hier werden auf die Rahmenpläne bezogene Praxislerncurricula entwickelt.
Brandenburg hat mit Hilfe der Projekte in den letzten sechs Jahren einen eigenständigen
Ansatz „Praxislernen“ entwickelt, der auch bundesweit auf Interesse stößt. Im Gegensatz zu
Brandenburg sind die Rahmenbedingungen in anderen Bundesländern weitaus schlechter.
Die Aufnahme des Praxislernens in die Sekundarstufen I-Verordnung und die darauf folgende
Verwaltungsvorschrift über das Praxislernen haben den Schulen sehr gute Bedingungen
zur selbst bestimmten Entwicklung eines Schulprofil „Praxislernen“ geboten.
Der Aufbau eines „Netzwerk Zukunft. Schule + Wirtschaft für Brandenburg“, die damit verbundene
Gründung einer Geschäftsstelle sowie die Berufung von Außenstellenleiterinnen
und -leitern des Netzwerks, die Einsetzung von Schulberaterinnen und Schulberatern für
Praxislernen und Schulrätinnen und Schulräten mit der Querschnittaufgabe Schule/Wirtschaft
in den sechs staatlichen Schulämtern des Landes Brandenburg haben die Arbeit für
Praxislernen im Land Brandenburg bedeutend unterstützt.
Alle aufgeführten Projekte basieren auf der Erkenntnis, dass ein so individuell angelegter
Ansatz wie das Praxislernen idealerweise in einer heterogenen Gruppe umgesetzt werden
sollte. Ein individueller Ansatz macht es möglich, Benachteiligte ebenso wie Hochbegabte zu
fordern. Darüber hinaus ermöglicht das Praxislernen den Schulen, gezielt Schulentwicklung
zu betreiben. Auch im Land Brandenburg brauchen wir in der Bildungspolitik eine Antwort auf
die Ergebnisse der Pisa-Studien. In den erfolgreichen skandinavischen Schulen spielen viele
in den Ansatz des Praxislernens integrierte Elemente eine große Rolle:
- langjährige heterogene Lerngruppen,
- Individualisierung des Lernens,
- Wissensvermittlung im handlungsorientierten Kontext,
- Anleitung zum Lernen lernen,
- Selbständige Reflexion der Bildungsentwicklung,
- Fächer verbindender beziehungsweise -übergreifender Unterricht,
- veränderte schulische Organisationsformen weg vom Frontalunterricht,
- integrierte Vermittlung von Allgemeinbildung und gesellschaftlicher sowie beruflicher
Orientierung,
- Veränderung der Rolle der Lehrkräfte vom Vermittler zum Lernbegleiter.
Die vielen, durch den Einsatz des Praxislernens erreichten positiven Veränderungen an den
Schulen haben sich im Land herumgesprochen. Viele noch nicht beteiligte Schulen bemühen
sich um die Aufnahme in eines der laufenden Projekte.
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Das Ziel wird nun sein, den Ansatz quantitativ zu verbreiten und gleichzeitig die Qualität an
allen Standorten auf einem hohen Niveau zu halten. Bei einer Einführung des Praxislernens
als Schulprofil an circa 70 Schulen des Landes, in allen Klassen der Sekundarstufe I, wären
circa 15.000 Schülerinnen und Schüler daran beteiligt.
Obwohl wir bereits in Brandenburg die Zahl von 70 Schulen erreicht haben, kann man nur
bei den wenigsten von einem Schulprofil sprechen. Schulentwicklung ist bekanntlich weder
von oben diskutierbar noch in kurzer Zeit zu erreichen.
Die Entwicklung und Implementierung von Schulprofilen braucht einen Zeitrahmen von circa
fünf bis acht Jahren, und das auch nur bei entsprechender Begleitung und Unterstützung von
außen. Zur Zeit erhalten die Projektschulen diese Unterstützung in Form von Beratung, Fortbildung,
Austausch mit anderen im Veränderungsprozess, durch Sachmittel für Transporte
und Materialien, Unterstützung bei der Suche und Kooperation mit außerschulischen Partnern.
Soweit als möglich werden am Praxislernen interessierte Schulen ebenfalls durch die
Koordinatorinnen und Koordinatoren der Projekte begleitet.
Das hat jedoch seine Grenzen.
Projekte, die für die Begleitung von 10 Schulen konzipiert sind, können nicht automatisch 20
begleiten, ohne von der Qualität massive Abstriche machen zu müssen. Außerdem sind alle
Projekte zeitlich begrenzt, definitiv enden alle laufenden und selbst das im Antragsverfahren
befindliche, im Herbst 2007. Ab diesem Zeitpunkt sind alle Schulen, die sich für das Praxislernen
entschieden haben, sich selbst überlassen. Vermutlich würden dann einige der Schulen,
vor allem diejenigen, die sich schon länger im Projektkontext entwickeln konnten, in der
Lage sein, ihr Qualitätsniveau beizubehalten. Diejenigen jedoch, deren Entwicklung noch
nicht abgeschlossen ist, werden vermutlich weiterhin ihre Schülerinnen und Schüler in die
Praxis schicken; jedoch wird die Schulentwicklung auf der Strecke bleiben.
Was Brandenburg zur Einführung eines Schulprofils Praxislernen an einem Drittel der Sekundarstufen
I-Schulen benötigt, ist die Begleitung der Schulen über den Projektzeitrahmen
hinaus für mindestens weitere 3 – 5 Jahre. Schulen, die als Multiplikatoren zu Verfügung
stehen, können hier unterstützend eingesetzt werden, haben jedoch bei der Fülle und Ausrichtung
der unterstützenden Aufgaben zu wenig Überblick.
Die stabile Nutzung des Ansatzes zur Entwicklung von Schule im Land Brandenburg bedarf
einer Institution, die koordiniert, fachlich berät und fortbildet, die Qualität sichert, weiterentwickelt
und neue Impulse setzt .
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Gelingensbedingungen:
Bislang sind die Praxislernprojekte in die Geschäftsstelle des Netzwerk Zukunft. Schule und
Wirtschaft für Brandenburg integriert. Dort profitieren sie von der Nähe zu anderen Projekten
und Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsstellenarbeit. Sie sind an der Informationsquelle für
neueste Entwicklungen und partizipieren am Zusammenschluss der elf großen gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Institutionen des Landes Brandenburg, die im Netzwerk zusammengeschlossen
sind.
Diese Einbindung sollte auch weiterhin fortgesetzt werden.
Gegenwärtig werden Wege und Finanzierungsmöglichkeiten gesucht, wie nach Abschluss
der derzeitigen Projektfinanzierungen die Beratung, Unterstützung und Durchführung von
Praxislernen in der Zusammenarbeit zwischen Schulen und außerschulischen Lernorten im
Regelbetrieb fortgesetzt werden kann.
Die Geschäftsstelle des Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft für Brandenburg strebt an,
nach Abschluss der aktuellen Praxislernprojekte ab August 2007 Beratungs- und Koordinationsaufgaben
für Schulen mit dem Praxislernansatz fortzusetzen und somit vor allem auch
die methodische und inhaltliche Qualität dieses pädagogischen Ansatzes zu gewährleisten.
Darüber hinaus sollen neue Impulse und ein Erfahrungsaustausch innerhalb Brandenburgs
sowie Länder übergreifend zur Weiterentwicklung des Praxislernens beitragen.
Vielen Dank!
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