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PT-Magazin_01_2017

Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung

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Schutzwall gegen Investoren<br />

Von Rittern in Europa oder vom Sinn und Unsinn<br />

strategischer Industriepolitik<br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN 1/2<strong>01</strong>7<br />

Gesellschaft<br />

6<br />

Die Welt der Ritter ist lange Vergangenheit.<br />

Auch mit Blick in die<br />

Wirtschaftswelt kommen Erinnerungen<br />

an vergangene Zeiten. Beispiel<br />

ist die Debatte um einen Schutzwall<br />

gegen ausländische Investoren, die als<br />

schwarze Ritter daherkommen und eine<br />

feindliche Unternehmensübernahme<br />

anstreben. Diese industriepolitische Diskussion<br />

– mit Blick auf Beispiele wie<br />

Kuka, Aixtron oder Osram – ist nichts<br />

Neues. Bereits 2<strong>01</strong>0 schrieb „Der Spiegel“<br />

von der „Angst vor dem Ausverkauf“1),<br />

damals blickend auf den Einstieg der<br />

spanischen ACS-Gruppe bei Hochtief.<br />

Und damals wie heute gelten die gleichen<br />

Argumente.<br />

Fakt ist: Deutsches Außenwirtschaftsrecht<br />

sieht bereits heute<br />

Beschränkungsmöglichkeiten beim<br />

Erwerb inländischer Unternehmen<br />

durch ausländische Interessenten vor,<br />

insbesondere in sicherheitssensiblen<br />

Bereichen wie der Rüstungsindustrie.<br />

Rechtsgeschäfte, die den Erwerb von<br />

mindestens 25 Prozent der Stimmrechte<br />

eines Betriebes vorsehen, sind schwebend<br />

unwirksam bis das Bundeswirtschaftsministerium<br />

die meldepflichtige<br />

Investition freigibt. Auch branchenunabhängige<br />

und sektorübergreifende<br />

Beschränkungen sind denkbar: So gilt<br />

bei einem möglichen Investor außerhalb<br />

der EU, dass eine Prüfung beim geplanten<br />

Erwerb mindestens eines Viertels<br />

der Unternehmensstimmrechte denkbar<br />

ist. Maßstab der Beurteilung ist eine<br />

tatsächliche oder hinreichend schwere<br />

Gefährdung von Gesellschaftsinteressen.<br />

Neu in der aktuellen Diskussion<br />

ist die Idee, derartige Mechanismen<br />

auf europäischer Ebene zu installieren.<br />

Diese strategische Industriepolitik zum<br />

Schutz europäischer Unternehmen und<br />

der Übernahme von Schlüsselindustrien<br />

wurde früher häufig auf nationaler<br />

Ebene diskutiert, beispielsweise in<br />

Frankreich oder Spanien. Auf EU-Ebene<br />

würde diese Politik eine Rückkehr in die<br />

Kindertage der europäischen Industriepolitik<br />

bedeuten als Kohle- und Stahlbranche<br />

im Fokus standen.<br />

© AIXTRON<br />

Damals wie heute ist die Wirkung<br />

des diskutierten interventionistischen<br />

Instrumentes zur Abwehr ausländischer<br />

Investoren aus dreierlei Gründen kritisch<br />

zu hinterfragen:<br />

Übernahmen sind Teil<br />

des Wettbewerbs<br />

Unternehmen stehen lokal und global<br />

im Wettbewerb. Sie konkurrieren um<br />

Kunden, Absatznischen oder qualifizierte<br />

Mitarbeiter. Das Erfordernis, sich<br />

im Wettbewerb behaupten zu müssen,<br />

ist hierbei Anreiz, die Leistungsfähigkeit<br />

stets zu optimieren Produkt- oder<br />

Prozessinnovationen. Bequemlichkeit<br />

und Sicherheit machen satt. Insofern<br />

ist eine gelungene Politik zur Förderung<br />

unternehmerischer Wettbewerbsfähigkeit<br />

diejenige, die auf offene und freie<br />

Märkte mit gleichen Wettbewerbsbedingungen<br />

hinwirkt. Die Übernahme<br />

eines Unternehmens durch einen Dritten<br />

ist Bestandteil betriebswirtschaftlicher<br />

Entscheidungen und Teil des Wettbewerbs,<br />

Machtmissbrauch ist durch<br />

Wettbewerbsrecht zu überwachen. Mit<br />

Blick auf die Abwehr ausländischer<br />

AIXTRON Konzernzentrale in<br />

Herzogenrath/Aachen, Deutschland<br />

Investoren stellt sich bei kompetitiven<br />

Märkten letztlich die Frage, weshalb ein<br />

inländischer Unternehmenseigner ein<br />

anderes Ziel als ein ausländischer haben<br />

sollte, fernab der bestmöglichen Unternehmensentwicklung.<br />

Informationsmangel bedingt Fehlern<br />

Selektive Industriepolitik durch die Förderung<br />

einzelner Branche oder Unternehmen<br />

und deren Schutz setzt voraus,<br />

dass der Entscheider weiß, wen es<br />

besonders zu berücksichtigen gilt. Es<br />

darf gefragt werden, woher verlässlich<br />

gewusst wird, welche Technologien<br />

heute und zukünftig bedeutsam sind.<br />

Was sind die Branchen der Zukunft? Allwissenheit<br />

gibt es nicht, womit politisch<br />

selektive Entscheidungen mit Fehlern<br />

behaftet sind. Weiterhin führt eine politische<br />

Ressourcenallokation immer zu<br />

fehlenden Mitteln andernorts und zu<br />

falschen „Investitionen“, weil womöglich<br />

auf das falsche Pferd und eine nicht<br />

zukunftsweisende Technologie gesetzt

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