Grundschule aktuell 94
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Heft Nr. <strong>94</strong> • II. Quartal • Mai 2006 • Best. Nr. 6029 • D9607F<br />
Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />
Mehr Bildungszeit für Kinder<br />
Schritte auf dem Weg<br />
zum Ganztag
Editorial<br />
Mehr Bildungszeit<br />
für Kinder<br />
Inhalt<br />
… und Jugendliche!<br />
»Mehr Bildungszeit für Kinder« lautete das Motto des Grundschulforums, über<br />
das wir in diesem Heft ausführlich berichten. Zeitgleich mit dem »Grundschulforum«<br />
bewegte der öffentliche Hilferuf des Kollegiums der Berliner<br />
Rütli-Ober- (d. h. Haupt-)schule die Öffentlichkeit. Die durch den »Rütli-Ruf«<br />
neu entflammte Debatte macht den Doppelsinn dieser Forderung schlagartig<br />
deutlich: »Mehr Bildungszeit für Kinder« meint nicht nur den Ganztag, sondern<br />
auch diese politische Dimension: Lasst Kinder und Jugendliche »länger<br />
gemeinsam lernen« und: Kinder und Jugendliche brauchen Aussichten auf<br />
tatsächliche Chancen in Schule und Beruf, die Perspektive eines sinnvollen<br />
Lebens.<br />
Der Grundschulverband ist einer der Träger der Initiative »Länger gemeinsam<br />
lernen« (Informationen unter www.grundschulverband.de). Er fordert seit<br />
langem die Überwindung der frühen Auslese. Kinder und Jugendliche sollen<br />
bis zum Ende der Pflichtschulzeit gemeinsam miteinander und voneinander<br />
lernen und dabei individuell gefördert werden: »Alle mitnehmen – keine/n<br />
zurücklassen – niemanden ausgrenzen!«<br />
Grundschulpreise: Die Jury<br />
Es war ein schönes Bild beim Grundschulforum: Die Vertreter der ausgezeichneten<br />
Schulen auf der Bühne, dazu die Jurymitglieder und Laudator/<br />
innen – im Gespräch über die gemeinsame Sache. So bleibt noch, den Jurymitgliedern<br />
für die intensive inhaltliche Vorbereitung zu danken: Maresi<br />
Lassek (Stellv. Vorsitzende des Grundschulverbandes), Wilfried Steinert<br />
(Vorsitzender des Bundeselternrates), Andreas Knoke (Deutsche Kinderund<br />
Jugendstiftung), Susanne Peters (Grundschulverband, Landesgruppe<br />
Hamburg), Fred Goosmann (Grundschulverband, Landesgruppe Rheinland-Pfalz)<br />
und Sylvia Reinisch (Geschäftsstelle des Grundschulverbandes,<br />
Koordination).<br />
Verbindungen<br />
Vielleicht wollen Sie sich noch näher informieren oder Kontakt aufnehmen,<br />
hier die Verbindungen: Bundeselternrat: www.bundeselternrat.de;<br />
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung: www.dkjs.de;<br />
Reinhard Kahl: www.reinhardkahl.de; Grundschulverband, »Standpunkt<br />
Ganztagsschule«: www.grundschulverband.de/stp_ganztag.html<br />
Ulrich Hecker<br />
Impressum<br />
, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />
viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />
für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />
Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />
Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />
Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />
Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />
E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />
Redaktionelle Mitarbeit: Friederike Heinzel (Forschung);<br />
Edgar Bohn, Sibylle Jaszovics, Beate Schweitzer (aus den Lan des grup pen)<br />
Fotos: Bert Butzke, Mülheim / Ruhr (S. 6), Marlies Hergarten, Blankenheim (S. 7, 20),<br />
Axel Reinisch, Friedrichsdorf (S. 1, 9, 22), Stadt Herford (S. 5) sowie jeweilige Schulen<br />
Titelfotos: Bert Butzke, Mülheim / Ruhr (2), Marlies Hergarten, Blankenheim (2),<br />
Axel Reinisch, Friedrichsdorf (4)<br />
Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />
Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />
Anzeigenverwaltung: Brigitte Bell, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 80,<br />
Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />
Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />
ISSN 1860-8604<br />
Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage; Beilage der Zeitschrift<br />
»Schulleitung intern«; Beilage »Deutsch differenziert« des Westermann-Verlages<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
1
Tagebuch<br />
Ein Aufklärer-Buch<br />
Horst Bartnitzky,<br />
Vorsitzender des<br />
Grundschulverbandes<br />
■ Kleinere Klassen erbringen nicht bessere Leistungen.<br />
■ Flächendeckende Leistungstests tragen zur Qualitätsförderung<br />
der Schulen bei.<br />
■ Die Leistungen der Schüler werden ständig schlechter.<br />
■ Immer weniger Kinder lesen. Schuld ist das Fernsehen.<br />
Die Liste solcher Behauptungen ist schier<br />
endlos. Mal werden sie mit wissenschaftlicher<br />
Autorität vorgetragen, mal gehören<br />
sie zu den Glaubenssätzen der Politik oder<br />
der Schulpraxis, mal zum Allgemeingut<br />
und werden im privaten Gespräch oder in<br />
den Medien so oft wiederholt, dass an ihrem<br />
Wahrheitsgehalt kaum noch jemand<br />
zweifelt. Nun sind solche Behauptungen<br />
ja nicht nur Themen fürs Small Talk in der<br />
Kaffeepause. Sie haben vielmehr erhebliche<br />
Auswirkungen auf die Bedingungen, unter<br />
denen Kinder lernen – auf die Einstellungen<br />
zu Kindern, auf schulische Maßnahmen, auf finanzielle<br />
Zuteilungen, auf politische Entscheidungen.<br />
Deshalb muss die Frage gestellt werden: Stimmen die<br />
Behauptungen eigentlich? Gibt es dafür evidente empirische<br />
Belege?<br />
Auf dem Prüfstand<br />
Ich habe gerade das neue Buch von Hans Brügelmann<br />
gelesen: Schule verstehen und gestalten*. Hier werden<br />
solche und viele andere gebräuchliche Behauptungen<br />
auf den Prüfstand der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnislage<br />
gebracht. Dabei werden empirische Befunde<br />
aus nationalen und internationalen Untersuchungen herangezogen.<br />
Das Ergebnis ist in vielen Fällen verblüffend:<br />
Die geläufigen Behauptungen halten der empirischen Erkenntnislage<br />
häufig nicht stand. Sie stimmen nicht so absolut<br />
oder sie können empirisch nicht belegt werden oder<br />
sie sind schlicht falsch.<br />
Hans Brügelmann diskutiert strittige Themen und<br />
Schulreformaspekte wie die Ziffernnoten, Integration Behinderter,<br />
Koedukation, Migrantenförderung, jahrgangsübergreifenden<br />
Unterricht, Gesamtschule, immer auch<br />
von der wissenschaftlichen Erkenntnislage her, zieht empirische<br />
Befunde heran, klärt auf.<br />
Das ist aber nur eine Art, wie man das Buch lesen kann.<br />
Es ist auch ein Buch über wissenschaftliches Arbeiten und<br />
Denken, über Methoden und die Bezugswissenschaften<br />
der Schulpädagogik: über die Psychoanalyse und die moderne<br />
Hirnforschung, über Rollentheorien und über Kindheitsforschung,<br />
über Lerntheorien, über das Evergreen-<br />
Thema Anlage und Umwelt.<br />
Kenntnisreich, aber ohne Fachchinesisch<br />
Das Buch ist umfassend und kenntnisreich und es ist gut<br />
zu lesen, verzichtet auf jede Imponiersprache und jedes<br />
Insider-Chinesisch, veranschaulicht immer wieder mit<br />
einleuchtenden Beispielen. Es ist ein Aufklärerbuch der<br />
sachlichen Art, engagiert für das Bildungsrecht jedes einzelnen<br />
Kindes, aber ohne Eifer oder Dogmatismus.<br />
Es ist in 63 Kapitel eingeteilt mit informativen Titeln wie<br />
»Öffnung des Unterrichts« – mehr als nur eine andere Methode;<br />
Lernen »schwache« Schüler anders als die erfolgreichen?<br />
Jahrgangsklassen oder Altersmischung … Jedes<br />
Kapitel kann man isoliert für sich lesen und wird daraus<br />
Gewinn ziehen. Ein alphabetisches Register am Ende des<br />
Buches macht es auch zum Nachschlagewerk: Bilinguale<br />
Erziehung, Latein als Denkschulung, Rollenspiel, Legasthenie<br />
…<br />
Um das Buch ständig auf dem <strong>aktuell</strong>en Stand zu halten,<br />
nutzt Hans Brügelmann das Internet. Unter www.unisiegen.de/agprim/schuleverstehen<br />
werden regelmäßig<br />
Aktualisierungen veröffentlicht, sie sind für jedermann<br />
und jedefrau zugänglich.<br />
Für den Grundschulverband ist dieses Buch aus mehreren<br />
Gründen wichtig:<br />
Hans Brügelmann aktualisiert hier eine Reihe der Themen,<br />
die er für unseren Verband schon bearbeitet hatte,<br />
und ordnet sie ein, zum Beispiel zu den Themen Kerncurriculum<br />
und Leistungstests. Darüber hinaus erörtert er<br />
die wissenschaftliche Erkenntnislage zu zahlreichen Themen<br />
der Grundschularbeit und der <strong>Grundschule</strong>ntwicklung.<br />
Und er wird in allen Einschätzungen und Wertungen<br />
geleitet von einer pädagogischen Ethik, die dem Respekt<br />
vor der Individualität und dem Bildungsrecht jedes einzelnen<br />
Kindes verpflichtet ist. Ein Aufklärer-Handbuch für<br />
den täglichen Gebrauch.<br />
Horst Bartnitzky<br />
* Hans Brügelmann: Schule verstehen und gestalten.<br />
Konstanz (Libelle) 2005<br />
2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zum<br />
ganztägigen Lebens- und Lernort<br />
Das Thema »Ganztagsschule« hat<br />
Hochkonjunktur und wird von vielen<br />
Eltern, Pädagogen, Bildungsplanern<br />
und Politikern als Problemlöser für das<br />
als desolat empfundene Schulwesen<br />
angesehen. Schaut man auf die Programme,<br />
Tagungen und Veröffentlichungen,<br />
zum Beispiel der Deutschen<br />
Kinder- und Jugendstiftung, scheint<br />
inzwischen jedes Reformvorhaben im<br />
Schulbereich mit dem Thema Ganztagsschule<br />
verbunden zu werden und<br />
die Lösung für fast alle Probleme des<br />
Bildungswesens durch die Einrichtung<br />
von Ganztagsschulen erreichbar. Darüber<br />
hinaus wird der Eindruck suggeriert,<br />
die Ganztagsschule sei eine<br />
Antwort auf gesellschaftliche Fragen<br />
im Kontext sozialer und ökonomischer<br />
Krisen.<br />
Kann die Ganztagsschule diese<br />
vielfältigen Erwartungen, reformpädagogischen<br />
Hoffnungen und Wünsche<br />
erfüllen? Skepsis stellt sich ein schon<br />
angesichts der personellen Minimalversorgung<br />
an <strong>Grundschule</strong>n.<br />
Aber der Hinweis auf die Umsetzungsprobleme<br />
und die ungelöste<br />
(vielleicht auch unlösbare) Ressourcenfrage<br />
genügt nicht. In Frage zu stellen<br />
sind auch die überhohen Erwartungen<br />
selbst, die mit dem Konzept der<br />
Ganztagsschule verbunden werden.<br />
Anders gesagt: Es bedarf einer grundschulpädagogischen<br />
Verortung der<br />
Ganztagsschulthematik, um Chancen<br />
und Grenzen der Ganztagsgrundschule<br />
schon im Konzept deutlich zu markieren.<br />
Einige Aspekte werden hier kurz<br />
angesprochen. (Sie werden ausführlicher<br />
in dem neuen Band des Grundschulverbandes<br />
»<strong>Grundschule</strong> auf dem<br />
Weg zum ganztägigen Lebens- und<br />
Lernort« erörtert.)<br />
Ganztagsschule<br />
als Familienersatz<br />
Die Landerziehungsheimbewegung um<br />
1900 wollte die Schule von einer Unterrichtsanstalt<br />
zu einer Erziehungs schule<br />
umgestalten und die Familienerziehung<br />
ersetzen, da nach Auffassung der<br />
Reformpädagogen die Familie aufgrund<br />
der ökonomischen Veränderungen<br />
und der industriellen Produktionsbedingungen<br />
die Erziehungsarbeit nicht<br />
mehr leisten könne. »Das Elternhaus<br />
kann jetzt auch beim besten Willen<br />
nicht mehr erziehen« (Lietz 1897/1970,<br />
S. 7). Der soziale Wandel der Familien<br />
spielt auch heute in der Diskussion<br />
eine Rolle; zum einen sollen bestimmte<br />
Erfahrungen mit Gleichaltrigen in der<br />
Schule bereitgestellt werden, die von<br />
der »Ein-Kind-Familie« nicht erwartet<br />
werden können, vor allem jedoch soll<br />
die Schule einen Beitrag leisten, das<br />
Betreuungsproblem der Familien lösen<br />
zu helfen, um die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit<br />
und Familie besser zu<br />
ermöglichen. Die nähere Bestimmung<br />
des Verhältnisses von Familie und<br />
Schule entscheidet mit über die Erwartungen<br />
an die Ganztagschule: Soll die<br />
Schule nur einen Beitrag zur Bewältigung<br />
des Betreuungsproblems leisten<br />
oder soll sie Aufgaben übernehmen,<br />
die seither den Familien zugeschrieben<br />
wurden? Die Ganztagsschulmodelle<br />
von der »Unterrichtsschule plus Betreuung«<br />
bzw. von der »Stundenschule plus<br />
Suppen küche«, wie Spötter sagen, bis<br />
zur gebundenen Ganztagsgrundschule<br />
von 8 – 17 Uhr bieten hier für die Erwartungen<br />
unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten.<br />
Der Grundschulverband<br />
nimmt hier eine moderate Position ein<br />
und fordert für alle Kinder Bildungszeit<br />
von 30 Zeitstunden pro Woche.<br />
Ganztagsschule bleibt Schule<br />
Rasch, häufig allzu rasch werden der<br />
Schule die Aufgaben aufgebürdet, für<br />
die sonst niemand die Verantwortung<br />
übernehmen möchte, oder es werden<br />
der Schule mangelnde Flexibilität oder<br />
Versagen vorgeworfen, wenn (neue)<br />
Probleme mit Kindern und Jugendlichen<br />
auftreten. Die Schule muss vor<br />
allem pädagogisch bestimmen, welche<br />
Aufgaben sie übernehmen kann und<br />
will.<br />
Die klein gewordene, krisenanfällige<br />
Familie benötigt ohne Zweifel ein<br />
Netz informeller und formeller nachbarschaftlicher<br />
Kontakte sowie von<br />
öffentlichen Einrichtungen, das Väter<br />
und Mütter in der anspruchsvollen<br />
Aufgabe der Kindererziehung unterstützt.<br />
Vor dem Hintergrund der Forderung<br />
nach Gleichberechtigung von<br />
Mann und Frau und den verbesserten<br />
Bildungschancen für Männer und<br />
Frauen wird es in den nächsten Jahren<br />
zu einem weiteren Auf- bzw. Ausbau<br />
einer Infrastruktur für die Betreuung<br />
der Kinder kommen müssen. Jedoch<br />
kann das nicht vornehmlich der Schule<br />
aufgebürdet werden. Betreuung und<br />
Erziehung von Kindern sollte getragen<br />
werden von einem Zusammenspiel<br />
institutionalisierter Dienste einerseits<br />
und selbstorganisierter privater Initiativen<br />
andererseits. Die Schule kann<br />
hier im Kontext ihrer Bildungsaufgaben<br />
einen Anteil übernehmen. Die<br />
Ganztagsschule legitimiert sich nicht<br />
als familienersetzende Institution weder<br />
in Form der reformpädagogischen<br />
Erziehungsschule noch als Unterrichtsschule<br />
plus Betreuung.<br />
Ganztagsschule<br />
als »Lebensort«<br />
In der reformpädagogischen Bewegung<br />
um 1900 wird immer wieder die<br />
Abschaffung der alten Buchschule mit<br />
ihren portionierten Lektionen und ihrer<br />
rezeptiven Lernweise gefordert.<br />
»Der Schule der Jetztzeit ist etwas gelungen,<br />
das nach den Naturgesetzen<br />
unmöglich sein soll: die Vernichtung<br />
eines einmal vorhanden gewesenen<br />
Stoffes. Der Kenntnisdrang, die Selbsttätigkeit<br />
und die Beobachtungsgabe,<br />
die die Kinder dorthin mitbringen, sind<br />
nach Schluss der Schulzeit in der Regel<br />
verschwunden, ohne sich in Kenntnisse<br />
oder Interessen umgesetzt zu haben«,<br />
schreibt Ellen Key (1902). Daher<br />
soll das Leben den Unterricht ersetzen,<br />
Schule soll das Leben in die Schule<br />
holen, die Schule »entschult« werden.<br />
von<br />
Karlheinz Burk<br />
Heike Deckert-<br />
Peaceman<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
3
Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Prof. Dr. Heike Deckert-Peaceman,<br />
Tätigkeit als Grundschullehrerin,<br />
in der Aus- und Fortbildung für das<br />
Lehramt sowie als wissen schaftliche<br />
Mitarbeiterin, Professorin am<br />
Institut für Erziehungs wissenschaft<br />
an der Pädagogischen Hochschule<br />
Ludwigsburg.<br />
Arbeitsschwerpunkte:<br />
Historisch-politische Bildung in der<br />
<strong>Grundschule</strong> (vor allem zum Thema<br />
Holocaust), Unterrichtsforschung,<br />
Lesesozialisation, Ganztagsschule,<br />
Kindheitsforschung.<br />
»Alte Schule« und »neue Schule« (Rang)<br />
stehen sich seit dem 19. Jahrhundert<br />
teils unversöhnlich, teils als polare Modelle<br />
gegenüber. In der Ganztagsschuldebatte<br />
findet sich diese Polarisierung<br />
wieder: Die Unterrichtsschule, die ihre<br />
Inhalte in Lektionen im 45-Minuten-<br />
Takt den Kindern zu vermitteln sucht<br />
und die Ganztagsschule, die nicht<br />
nur Unterrichtsstätte, sondern auch<br />
Lebens- und Lernort gleichzeitig sein<br />
will. Mit der Formel »Schule soll mehr<br />
sein als Unterricht« kann ein breiter<br />
Konsens gestiftet werden. Doch was<br />
dieses Mehr konkret heißt, bleibt umstritten.<br />
Je nachdem wie dieses »Mehr«<br />
definiert wird, kommt es zu einem anderen<br />
Ganztagschulkonzept.<br />
Im Kern geht es um den Bildungsauftrag<br />
der (Grund-)Schule, der Unterricht<br />
und Erziehung gleichermaßen<br />
umfasst, und eine kindgerechte Gestaltung<br />
der (Grund-)Schule im Hinblick<br />
auf die personalen Beziehungen<br />
und bezogen auf Zeit und Raum.<br />
Mehr Zeit für eine<br />
neue Lernkultur<br />
Unterricht und Leben sollen miteinander<br />
verknüpft werden und eine Einheit<br />
bilden. Diese Erwartungen sind nicht<br />
bzw. nur begrenzt zu erfüllen. Zum<br />
Kerngeschäft der Schule gehört Unterricht<br />
und dieser ist (immer auch) »wissenschaftsorientiert«<br />
– hinter diesen<br />
Anspruch kann Schule nicht zurück,<br />
wenn sie sich nicht selbst aufgeben<br />
will. Die Differenz zwischen Leben<br />
und Schule konnte erst mit dem neuzeitlichen<br />
Wissenschaftsverständnis<br />
auftreten. »Wissenschaft konnte solange<br />
problemlos als Grundlage von<br />
Unterricht angesehen werden, solange<br />
unter Wissenschaft die Gesamtheit<br />
des menschlichen Wissens überhaupt<br />
verstanden wurde und nur durch Wissenschaft<br />
Sinn- und Weltverstehen,<br />
aber auch sinnvolles, verantwortliches<br />
Handeln möglich erschien. Diesem<br />
weiten Wissenschaftsbegriff, der Rationalität,<br />
Sinnbestimmung, Handeln<br />
und Enga gement mit einschließt, steht<br />
ein neuzeitlicher Wissenschaftsbegriff<br />
gegenüber, der in seiner positivistischen<br />
Ausprägung ebenfalls Wissenschaft<br />
und Erkenntnis in eins setzt,<br />
doch Selbst- und Sinnreflexion sowie<br />
Weltbezug zu eliminieren sucht« (Burk<br />
1976, S. 56). Wissenschaft ist an der Vermehrung<br />
von (speziellem) Wissen und<br />
nicht an der Lösung von Lebensfragen<br />
interessiert. Das Problem Unterricht<br />
und Leben konnte erst aufkommen, als<br />
Wissenschaft und Leben, Wissenschaft<br />
und allgemeine Menschenbildung<br />
auseinander traten. »Wir fühlen, dass<br />
selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen<br />
Fragen beantwortet sind,<br />
unsere Lebensprobleme noch gar nicht<br />
berührt sind« (Wittgenstein 1969,<br />
S. 82, Nr. 6.52). Die Ganztagsschule<br />
kann dieses Problem, das mit der Wissenschaftsorientierung<br />
des Unterrichts<br />
verbunden ist, nicht lösen; sie<br />
kann eine Lernkultur entwickeln, in der<br />
immer auch ein an den Wissenschaften<br />
orientierter Unterricht und ein an Lebensfragen<br />
und -problemen orientierter<br />
Unterricht gleichermaßen Berücksichtigung<br />
finden.<br />
Mehr Zeit für einen<br />
kindgerechteren Umgang<br />
mit der Zeit<br />
Die Vorstellung, dass Kinder länger am<br />
Tag als bisher in der Schule bleiben sollen,<br />
löst unterschiedliche Emotionen<br />
und Reaktionen aus – bei Lehrern und<br />
Eltern, aber vor allem auch bei Kindern.<br />
Soll diese Schule, wie wir sie kennen,<br />
zeitlich verlängert werden? Oh, toll!<br />
Oder: eine schreckliche Vorstellung!<br />
Strukturelle Veränderungen schaffen<br />
noch keine kindgerechtere Schule.<br />
Mit der Zeit pädagogisch verantwortungsvoll<br />
umzugehen verlangt, dem<br />
Tag einen kindgerechten Rhythmus zu<br />
geben und unterschiedliche Bedürfnisse<br />
und Anforderungen in eine sinnvolle<br />
Balance zu bringen. Mehr Zeit in der<br />
Schule bedeutet nicht die quantitative<br />
Ausweitung von herkömmlichem Unterricht,<br />
sondern die Schule soll einen<br />
anderen Umgang mit Zeit entwickeln:<br />
Kinder in deutschen Schulen leiden gerade<br />
darunter, dass alles sehr schnell<br />
gehen muss, gemeinsames Spielen<br />
kaum möglich ist und soziale Interaktion<br />
nur begrenzt stattfinden kann. Eine<br />
»Verdichtung der Arbeitsabläufe« führt<br />
jedoch in der Schule nicht zu einer Pro-<br />
4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
duktivitätssteigerung, sondern eher zu<br />
Hektik und Störungen der Lernprozesse.<br />
Neben dem Lernen mit zeitlichen<br />
Vorgaben gilt es, »unsere individuelle<br />
Zeit zu entschleunigen … und die Produktivität<br />
der Langsamkeit zu entdecken<br />
und zu fördern« (Petillon 1998,<br />
S. 7). Die Schule braucht für die Erfüllung<br />
ihres Bildungsauftrags einen<br />
größeren zeitlichen Rahmen für alle<br />
Kinder. So kann sie einen Rahmen bereitstellen,<br />
innerhalb dessen individuelle<br />
Tempi möglich sind. Auch dem<br />
kindlichen Verhältnis zur Zeit kann<br />
stärker Rechnung getragen werden. Für<br />
die Bemühungen, den Kindern »mehr<br />
Zeit zu geben«, ist entscheidend der<br />
Umgang mit der zur Verfügung stehenden<br />
Zeit, die zeitliche Abfolge und<br />
Strukturiertheit, kurz die Rhythmisierung<br />
vor allem des Schultages, aber<br />
auch der Schulwoche und des Schuljahres.<br />
Mehr Zeit für die Beziehungen<br />
zwischen den Menschen<br />
Die Beziehungen zwischen Kindern<br />
und Kindern, zwischen Kindern und<br />
Erwachsenen bestimmen wesentlich<br />
Qualität und Wirksamkeit von Bildungs-<br />
und Erziehungsprozessen. Die<br />
Ganztagsschule bietet gerade besondere<br />
Chancen und Möglichkeiten. Sie<br />
kann eine Vielfalt an Beziehungen eröffnen<br />
und deren Qualität fördern oder<br />
trotz eines »Mehr an Zeit« begrenzen<br />
bzw. beeinträchtigen.<br />
Die längere Verweildauer sowie die<br />
anderen Aktivitäten, beispielsweise<br />
Mittagessen, Spielpausen und Arbeitsgemeinschaften,<br />
geben Kindern<br />
neue schulische Gelegenheiten für den<br />
Kontakt mit Gleichaltrigen. Für einige<br />
Kinder, wenn auch längst nicht für<br />
alle, bietet sich hier eine notwendige<br />
Erfahrung, die in ihrer häuslichen Umgebung<br />
fehlt. Allerdings unterscheidet<br />
sich der Kontakt in der Schule von dem<br />
der außerschulischen Peer-Kultur. Die<br />
Bedeutung der Beziehungen zwischen<br />
Kindern in der Ganztagsgrundschule<br />
misst sich an dem Grad der Annäherung<br />
an informelle Lebenssituationen.<br />
Nur wenn der Tagesablauf genügend<br />
Frei-Zeiten und Frei-Räume für weitgehend<br />
selbstbestimmte Interaktionen<br />
erlaubt, kann die Ganztagsschule annähernd<br />
vermeintliche Erfahrungsdefizite<br />
kompensieren. Strukturiert sie<br />
die Zeit von 8 bis 16 Uhr weitestgehend<br />
nach schulischem Muster, läuft sie in<br />
Gefahr, notwendige Erfahrungen zu<br />
verhindern. Auf die Frage, wie er die neu<br />
eingeführte Ganztagsbetreuung an der<br />
Schule fände, antwortet ein Zehnjähriger<br />
(sinngemäß): »Meistens gut, weil<br />
ich dann nicht so viel alleine bin. Aber<br />
wenn Schnee liegt (wie an dem Interviewtag)<br />
und ich immer meine Jacke<br />
anziehen muss und keine Schneebälle<br />
werfen darf, dann nicht.«<br />
Eine Chance der Ganztagsschule<br />
liegt in der Auflösung von Klassenverbänden<br />
und Jahrgangsgruppen während<br />
der Nachmittagszeit. Allerdings<br />
muss an dieser Stelle über eine Aufteilung<br />
in zwei Welten nachgedacht<br />
werden. Zum einen die Vormittagswelt<br />
mit starren Einteilungen und weitgehend<br />
homogenen Altersgruppen, zum<br />
anderen die Nachmittagswelt, die nach<br />
anderen Regeln organisiert ist. Ein Problem<br />
entsteht dann, wenn die Schulgemeinschaft<br />
in diesem Zusammenhang<br />
in neue Gruppen bzw. neue Welten<br />
geteilt wird. Zum Beispiel: Privilegierte<br />
Kinder müssen nur am Vormittag in die<br />
Schule gehen, benachteiligte auch am<br />
Nachmittag. Anderes Beispiel: Manche<br />
Kinder haben Zugang zu vielen interessanten<br />
Aktivitäten in der Schule, andere<br />
sind davon ausgeschlossen.<br />
Die Beispiele zeigen, dass die in der<br />
Mehrheit additiven Umsetzungen des<br />
Ganztagsschulprogramms weit mehr<br />
als nur organisatorische Probleme mit<br />
sich bringen. Sie verändern die Schulgemeinschaft.<br />
Sie haben Auswirkung<br />
auf individuelle und kollektive Schüleridentitäten.<br />
Die Ganztagsschule verändert auch<br />
die Beziehungen zwischen Kindern<br />
und Erwachsenen sowie zwischen den<br />
in der Schule tätigen Erwachsenen. Regelmäßig<br />
gemeinsam zu Mittag essen<br />
bedeutet eine neue Beziehung zwischen<br />
Schülern und Lehrern in vielerlei<br />
Hinsicht. Allerdings wird dabei das Verhältnis<br />
zwischen Unterricht und Leben<br />
immer wieder auf die Probe gestellt:<br />
Inwieweit verändert die gemeinsame<br />
Erfahrung den Unterricht? Oder: Wird<br />
das Mittagessen zur unterrichtlichen<br />
Situation?<br />
In den Beziehungen zwischen den<br />
Erwachsenen, deren Zusammensetzung<br />
in der Ganztagsschule heterogener<br />
wird, spiegeln sich die Hierarchien<br />
unseres Bildungswesens. Unterschiede<br />
im Status, in der Anwesenheitspflicht,<br />
in den Aufgaben während des Schultages<br />
– dies alles hat Auswirkung auf<br />
die Zusammenarbeit und erschwert<br />
einen gemeinsamen Bildungs- und Erziehungsauftrag.<br />
Das professionelle<br />
Selbstverständnis der verschiedenen<br />
Berufsgruppen muss im Kontext der<br />
ganztägigen Schulgemeinschaft hinterfragt<br />
und neu formuliert werden.<br />
Aus der Perspektive der Kinder ist zu<br />
bedenken, warum sie den ganzen Tag<br />
in der Schule bleiben können / müssen,<br />
während sich für die Erwachsenen<br />
kaum etwas ändert.<br />
Die Bedeutung des Raums<br />
Die Mittel des nationalen Investitionsprogramms<br />
»Zukunft, Bildung und<br />
Betreuung« sind zweckgebunden. Das<br />
dringend benötigte Personal kann davon<br />
nicht finanziert werden. Die Gelder<br />
fließen u. a. in die Ausstattung und<br />
Umgestaltung von Räumen. Schulen<br />
sehen darin auch die Chance für notwendige<br />
Sanierungsmaßnahmen, die<br />
angesichts leerer Kassen in weite Fer-<br />
Dr. Karlheinz Burk<br />
Vertretungsprofessor für Pädagogik<br />
der Elementar- und Primarstufe<br />
im Fachbereich Erziehungswissenschaften<br />
der J. W. Goethe-Universität,<br />
Frankfurt/M.<br />
Fachreferent des Grundschulverbandes<br />
zu Fragen der Schulentwicklung<br />
und Schulgestaltung.<br />
Zahlreiche Veröffentlichungen, vor<br />
allem in der Reihe »Beiträge zur<br />
Reform der <strong>Grundschule</strong>«.<br />
Von der Pädagogik<br />
zum Raum,<br />
vom Raum der<br />
Pädagogik –<br />
z. B. Herford<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
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Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
ne gerückt waren.<br />
Im Zuge der<br />
Ganztagsschulentwicklung<br />
wird<br />
ein Impuls für die<br />
Schularchitektur<br />
sichtbar, dessen<br />
Wirkung mangels<br />
Finanzmittel begrenzt<br />
ist.<br />
Jedoch bedeuten<br />
Räume mehr<br />
als ihre unmittelbare<br />
Funktion.<br />
Der Raumbegriff<br />
präsentiert sich<br />
aus der Perspektive verschiedener Disziplinen<br />
als äußerst komplex und vieldeutig<br />
(vgl. Jelich / Kemnitz 2003). Er<br />
beinhaltet ein dialektisches Verhältnis<br />
zwischen seiner materiellen und seiner<br />
kulturellen sowie sozialen Dimension.<br />
Die neuere sozialwissenschaftliche Diskussion<br />
betont vor allem die subjektive<br />
Wahrnehmung von Räumen: das Raumempfinden<br />
(vgl. Alhans 2001, S. 19).<br />
Die pädagogische Bedeutung des<br />
Raums lässt sich von mehreren Seiten<br />
beschreiben. Zum einen spiegeln<br />
Räume den in Institutionalisierungsprozessen<br />
immer wieder hergestellten<br />
Zusammenhang von Bildung und<br />
Ordnung. Sie sind Ausdruck pädagogischer<br />
Intentionen und Praktiken (vgl.<br />
Jelich / Kemnitz 2003). Zum anderen<br />
werden Räume jeweils unterschiedlich<br />
empfunden, beispielsweise von Kindern<br />
und Erwachsenen. Sie werden von<br />
ihren Bewohnern ständig neu gestaltet<br />
und re-inszeniert (vgl. Wulf u. a. 2001,<br />
S. 11). Das Wechselspiel an pädagogischer<br />
Ordnung und performativem<br />
Charakter von Räumen erschließt oder<br />
verhindert Lern- und Erfahrungswelten.<br />
Priorität in der Raumgestaltung von<br />
Ganztagsschulen haben zunächst die<br />
funktionsgerechte und hygienischen<br />
Standards entsprechende Küche sowie<br />
der Speiseraum. Daran schließt sich die<br />
Ausstattung weiterer Funktionsräume<br />
an, beispielsweise mit »pädagogisch<br />
wertvollem Lern- und Spielmaterial«.<br />
Kinder nutzen solche Angebote, jedoch<br />
suchen sie in der Ganztagsschule auch<br />
Nischen und Grauzonen wie Flure,<br />
Kellerecken, Vorräume, den Platz unter<br />
der Treppe. Räume, die noch nicht<br />
durchorganisiert sind, die Schutz,<br />
Rückzug sowie die Gestaltung einer<br />
eigenen Welt bieten, in der sie ungestört<br />
gemeinschaftliche Erfahrungen<br />
machen können. Ähnliches gilt für das<br />
Außengelände, dessen Bedeutung bei<br />
ganztägigem Aufenthalt in der Schule<br />
zunimmt.<br />
Damit die Ganztagsgrundschule zu<br />
einem altersgerechten Lern-, Lebensund<br />
Erfahrungsraum werden kann,<br />
muss sie unterschiedliche Räume zur<br />
Verfügung stellen sowie eine multifunktionale<br />
Nutzung erlauben. Teilt<br />
sich die Schule durch ein additives Modell<br />
in zwei Welten, eine am Vormittag<br />
und eine am Nachmittag, dann hat das<br />
Auswirkung auf die Raumfrage. Findet<br />
beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung<br />
in Klassenräumen statt, werden<br />
Rechte, Verantwortlichkeiten und<br />
Zugehörigkeiten verhandelt. Hierbei<br />
zeigt sich konkret, dass die Raumgestaltung<br />
zentrale soziale und pädagogische<br />
Aspekte beinhaltet, die nur im<br />
Zusammenhang gedacht und bearbeitet<br />
werden können.<br />
Ein neuer Band zur<br />
Ganztagsgrundschule<br />
Der Grundschulverband wird in diesem<br />
Jahr einen neuen Band mit dem Titel<br />
»<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zum ganztägigen<br />
Lebens- und Lernort« herausgeben.<br />
Dieser Band setzt sich mit der<br />
Ganztagsschuldebatte auseinander,<br />
kommentiert die konkrete Schulentwicklung<br />
und diskutiert verschiedene<br />
bildungspolitische Tendenzen. Er will<br />
einen Beitrag leisten zur <strong>aktuell</strong>en<br />
grundschulpädagogischen Verortung<br />
der Thematik, die bislang noch nicht<br />
erfolgt ist. Die Verortung erfolgt anhand<br />
zentraler grundschulpädagogischer<br />
Fragen: Raum, Zeit, Lernkultur,<br />
Gemeinschaftsbildung, Perspektiven<br />
von Kindern, Eltern, Kooperationspartnern,<br />
körperliche und ästhetische<br />
Erfahrungen. Weiterhin enthält er eine<br />
Vielzahl an Praxisbeispielen, die von<br />
konkreten lokalen Antworten zeugen.<br />
Ideen zur räumlichen, zeitlichen, sozialen,<br />
kulturellen und vor allem pädagogischen<br />
Gestaltung von neu eingerichteten<br />
Ganztagsgrundschulen können<br />
sowohl zum Nachdenken anregen als<br />
auch als Beispiel für andere Umsetzungen<br />
dienen. Die Herausgabe des Bandes<br />
ist zum 3. Ganztagsschulkongress<br />
der Kinder- und Jugendstiftung im September<br />
2006 geplant.<br />
Literatur<br />
Althans, B. (2001): Die Stadt als performa tiver Raum. In: WULF, CH.<br />
u. a. (2001), S. 19 – 36<br />
Burk, K. (1976): <strong>Grundschule</strong>: Kinderschule oder Vorschule der Wissenschaft,<br />
Frankfurt<br />
Jelich, F.-J./kemnitz, H. (2003) (Hrsg.): Die pädagogische Gestaltung<br />
des Raums. Geschichte und Modernität. Bad Heilbrunn<br />
Key, E. (dt. 1902): Das Jahrhundert des Kindes. In: Die pädagogische<br />
Bewegung »Vom Kinde aus«. Klinkhardts pädagogische Quellen texte.<br />
Hrsg. von Dietrich, Th., Bad Heilbrunn 1963, S. 5 – 35<br />
Lietz, H. (1897): Emlohstobba. Roman oder Wirklichkeit. Bilder aus der<br />
Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft?. In: Lietz, H.: Schulreform<br />
durch Neugründung. Ausgewählte pädagogische Schriften. Hrsg. von<br />
R. Lassahn, Paderborn 1970, S. 4 – 31<br />
Petillon, H. (1998): Mehr Zeit in der <strong>Grundschule</strong> für Kinder,<br />
Lehrer(innen) und Eltern. In: Forum E. Heft 2, S. 6 – 13<br />
Wittgenstein, L. (1969): Tractatus logico-philosophicus. In: Ders.,<br />
Schriften 1, Frankfurt, S. 11 – 83.<br />
Wulf, Ch. u. a. (2001): Das Sozial als Ritual. Zur performativen Bildung<br />
von Gemein schaften. Opladen<br />
6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Grundschulforum 2006: Preise für Schulpraxis, Schulpolitik und Forschung<br />
Gegen das »Bikini-Modell« –<br />
Ideen und Initiativen für eine echte Ganztagsschule<br />
»Mehr Bildungszeit für Kinder: Schritte<br />
auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule«<br />
war das Motto des »Grundschulforums«<br />
in Frankfurt am Main. Mehr<br />
als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
waren am 25. März zur Verleihung<br />
der Preise des Grundschulverbandes<br />
für innovative »Schritte auf dem Weg<br />
zum Ganztag« in die großzügigen,<br />
lichtdurchfluteten Räume der »Deutschen<br />
Bibliothek« gekommen.<br />
»Kinder brauchen zum erfolgreichen Lernen<br />
mehr Bildungszeit, als in der <strong>Grundschule</strong><br />
mit den vier oder fünf Schulstunden<br />
bisher vorgesehen ist«, betonte der<br />
Vorsitzende des Grundschulverbandes,<br />
Horst Bartnitzky.<br />
In den letzten Jahren hat die Entwicklung<br />
von Ganztagsschulen an<br />
Fahrt gewonnen. Häufig aber wird<br />
Ganztagsschule als Billiglösung realisiert:<br />
An die vier oder fünf Schulstunden<br />
am Vormittag werden Betreuungszeiten<br />
und Veranstaltungen von<br />
Wilfried W. Steinert,<br />
Vorsitzender des Bundes elternrates<br />
»Gelingende <strong>Grundschule</strong>n und noch mehr gelingende<br />
Ganztagsgrundschulen sind Motivation und Ansporn<br />
schulisches Lernen endlich neu zu gestalten.<br />
Es darf doch nicht so sein, wie mir vor kurzem<br />
jemand erzählte: Ein Fernsehtechniker und ein Lehrer<br />
haben vor 40 Jahren ihre Berufstätigkeit unterbrochen:<br />
Nun steigen sie wieder neu ein: Der Fernsehtechniker<br />
schüttelt den Kopf und sagt: ›Ich muss<br />
völlig neu lernen.‹ Der Lehrer nimmt seine Tasche,<br />
geht in die Klasse – und fängt an. Die Schulen,<br />
die heute ausgezeichnet<br />
werden,<br />
sind Beispiele<br />
gelingenden<br />
Lernens. Sie<br />
machen Mut.<br />
Im Namen des<br />
Bundeselternrates<br />
danke ich<br />
Ihnen, dass sie<br />
sich auf neue<br />
Wege gewagt<br />
haben!«<br />
Kirchen oder Vereinen angehängt, und<br />
diese Angebote gelten oft nicht für alle<br />
Kinder der Schule und müssen zusätzlich<br />
bezahlt werden.<br />
Als »Bikinimodell« von Ganztagsschule<br />
bezeichnete dies dann auch der<br />
Schulleiter einer der ausgezeichneten<br />
Schulen: »Morgens und nachmittags<br />
das Notwendigste abdecken und dazwischen<br />
irgend etwas für den Magen!«<br />
Dagegen steht die Forderung des<br />
Grundschulverbandes, die bisherigen<br />
Schulstunden zu mehr echter Bildungszeit<br />
für alle Grundschulkinder<br />
auszubauen.<br />
Der Vorschlag, in diesem Jahr die<br />
Grundschulpreise dem Thema »Ganztag«<br />
zu widmen, wurde vor knapp<br />
zwei Jahren gewählt, denn hier konnte<br />
eingelöst werden, was einer alten Forderung<br />
des Grundschulverbandes entspricht:<br />
»Mehr Zeit für Kinder.«<br />
Und so war diese Veranstaltung lebendiger<br />
Ausdruck des Engagements<br />
des Verbandes, ermutigende Beispiele<br />
in den Blickpunkt der Öffentlichkeit<br />
zu bringen.<br />
Als Unterstützer wurden<br />
Elternvertreter gewonnen,<br />
der Bundeselternrat, zudem<br />
die Deutsche Kinder- und<br />
Jugendstiftung, die einen<br />
Arbeitsschwerpunkt in der<br />
Unterstützung der Ganztagsschulentwicklung<br />
hat.<br />
Beide Institutionen waren<br />
in der Jury vertreten und begrüßten<br />
die Teilnehmer des<br />
Grundschulforums: Wilfried<br />
W. Steinert, Vorsitzender<br />
des Bundeselternrates, und<br />
Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin<br />
der Deutschen Kinder-<br />
und Jugendstiftung.<br />
Als Moderator führte Reinhard<br />
Kahl durch den Tag,<br />
einer der wichtigsten und populärsten<br />
Bildungsjournalisten,<br />
vielen bekannt durch seine Filme,<br />
»Lob des Fehlers« und »Treibhäuser der<br />
Zukunft« seien exemplarisch genannt.<br />
Zwischenräume<br />
»Ideen zu Raum und Zeit der gelungenen<br />
Schule« präsentierte Reinhard Kahl in<br />
seinem eineinhalbstündigen »Vortrag«:<br />
Spannende Reflexionen, verbunden<br />
mit filmischen Porträts und Impressionen<br />
– ein glitzerndes pädagogisches<br />
Kaleidoskop. Das Vergnügen des Mit-<br />
Denkens war greifbar im Saal und ließ<br />
Hartmut Von Hentigs Satz lebendig<br />
von<br />
Ulrich Hecker<br />
Reinhard Kahl,<br />
Bildungs journalist und Produzent von Fernseh- und Videodokumentationen<br />
»Aber wehe einer Schule, die als gestresste, gegen wartslose und<br />
verwahrloste Vormittagsschule ganztägig wird. Die hält keiner<br />
aus. Je mehr Zeit eine Schule hat, umso dringender stellt sich die<br />
Frage nach ihrer Kultur. Wenn sich jetzt Schulen, nur um an Mittel<br />
für den Ausbau einer Kantine zu kommen, zur Ganztagsschule erklären<br />
und ihre Schüler nachmittags zwei Stunden in der Kantine<br />
von einer schnell angelernten Kraft die Hausaufgaben ›betreuen‹<br />
lassen, und das heißt häufig, die<br />
Zeit totzuschlagen, dann könnte<br />
es uns in Deutschland gelingen,<br />
auch noch diese gute Idee zu<br />
diskreditieren.«<br />
Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin<br />
Deutsche Kinder- und<br />
Jugendstiftung<br />
»Für die Deutsche Kinder- und<br />
Jugendstiftung ist ›ganztägiges<br />
Lernen‹ eines der zentralen<br />
Themen. Gern haben wir in der<br />
Jury mitgearbeitet. Für das, was Lehrerinnen und Lehrer tun, gibt<br />
es oft zu wenig Bestätigung und Anerkennung. Darum sind solche<br />
Tage wichtig. Wichtig bei Foren wie diesem ist auch, ›sich in die<br />
Kochtöpfe zu schauen‹, nicht nur für mehr Ressourcen zu streiten.<br />
Jeder muss und kann mit dem kochen, was er hat. Wettbewerbe<br />
sind ein Instrument, solchen Praxisaustausch zu befördern.«<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
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Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
werden: »Pädagogik ist etwas wie Politik,<br />
Philosophie, Poesie.«<br />
In Raum und Zeit sieht Reinhard Kahl<br />
die »Geheim-Grammatik« einer Gesellschaft.<br />
Die Idee des »Zwischen« ist<br />
ihm zentral. Gleich eingangs zitiert er<br />
den argentinischen Schriftsteller Jorge<br />
Luis Borges (1899 – 1986), der kurz vor<br />
seinem Tod überlegte, was er denn tun<br />
würde, könnte er sein Leben noch einmal<br />
leben:<br />
»Ich war einer dieser klugen Menschen,<br />
die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten;<br />
freilich hatte ich auch Momente der Freude,<br />
aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,<br />
würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.<br />
Falls du es noch nicht weißt,<br />
aus diesen besteht nämlich das Leben;<br />
nur aus Augenblicken;<br />
vergiss nicht den jetzigen.«<br />
Ulrich Hecker<br />
Rektor einer<br />
<strong>Grundschule</strong><br />
in Moers,<br />
Redakteur<br />
»<strong>Grundschule</strong><br />
<strong>aktuell</strong>«<br />
Welche Qualität haben die ungezählten<br />
Augenblicke der Schul-Zeit, die ja<br />
Lebens-Zeit ist?<br />
»Der Raum ist der dritte Pädagoge«,<br />
sagte der 19<strong>94</strong> verstorbene Begründer<br />
der »Reggiopädagogik«, Loris Malaguzzi.<br />
In den kommunalen Vorschulen<br />
der norditalienischen Reggio<br />
Emilia Romagna begann man<br />
schon in den 80er Jahren,<br />
Kinder als Forscher und Dichter<br />
anzusehen. Respekt und<br />
Neugier wurden als kognitive<br />
und moralische Tugenden entdeckt.<br />
Die Brisanz des Satzes<br />
vom dritten Pädagogen wird<br />
deutlich, zitiert man ihn vollständig:<br />
»Die anderen Kinder<br />
sind der erste Pädagoge. Lehrer<br />
sind der zweite und der Raum ist<br />
der dritte Pädagoge.«<br />
»Die Zeit noch als vierten Pädagogen<br />
hinzuzufügen«, so Reinhard Kahl,<br />
»wäre gewiss in Malaguzzis Sinn. Betrachtet<br />
man die hierzulande üblichen<br />
Klassenzimmer unter dem Aspekt dieser<br />
vier Pädagogen, dann wird schlagartig<br />
klar, was schief läuft. Die deutsche Schule<br />
setzt traditionell nur auf den einen<br />
Pädagogen, den Lehrer, und überfordert<br />
und schwächt ihn damit.«<br />
Für eine große Zahl von <strong>Grundschule</strong>n<br />
gilt das nicht mehr. Aber die meisten<br />
Schulräume sind schmucklos. Reinhard<br />
Kahl meint: »Das Interieur ist<br />
häufig zum Verzweifeln karg. Die Zeit<br />
wird so linear konstruiert, dass sie fast<br />
zum Punkt schrumpft. Kein Wunder, dass<br />
die meisten Lehrer behaupten, gar keine<br />
Zeit zu haben, und dass sich ihre Schüler<br />
in der verklumpten Zeit langweilen. Wo<br />
man nicht Individuum sein darf, wird das<br />
Unumgängliche zum notwendigen Übel.<br />
Weder Kooperation noch Gemeinschaft<br />
bilden sich. Von Eleganz und Schönheit<br />
ganz zu schweigen. Erst wenn die Verschiedenheit<br />
nicht als Abweichung und<br />
Nachteil angesehen wird, hört der Raum<br />
auf, Container zu sein und kann ein reizvoller<br />
Ort werden. Und weil die Verschiedenen<br />
jeweils ihre Eigenzeit haben, kommen<br />
Rhythmen auf. Sind Raum und Zeit<br />
als Koordinaten für Differenzen erst mal<br />
akzeptiert, dann entstehen in Schulen<br />
Lernlandschaften.«<br />
Wie könnte die Pädagogik das »Zwischen«<br />
zu ihrer Leitidee machen, fragte<br />
Reinhard Kahl sich und seine Zuhörer/innen:<br />
»Wenn man sich die Schule<br />
nicht mehr als leeren Raum zur Vermittlung<br />
von Inhalten vorstellt, in denen der<br />
kürzeste Weg als der beste gilt, kommt<br />
es zum Beispiel auf Rituale, Regeln, Reviere,<br />
Rhythmen und auch Rock ’n’ Roll<br />
an. Dann gerät die Atmosphäre ins Zentrum,<br />
aus der ›Wirklichkeit‹ erst auskristallisiert.<br />
Dann wird man verstehen, dass<br />
der Raum ›der dritte Pädagoge‹ ist. Und<br />
die rhythmisierte Zeit könnte nach Mitschülern,<br />
Lehrern und dem Ort der vierte<br />
Pädagoge werden.«<br />
Bezugnehmend auf skandinavische<br />
Beispiele verlangte Reinhard Kahl,<br />
für Kinder »irdische Kathedralen« zu<br />
bauen. Dies sei der »Mindesteinsatz«<br />
der Gesellschaft: Orte für Kinder, an<br />
denen die Gesellschaft zeigt, was sie<br />
mit ihnen will. Zum Weitersagen zitierte<br />
er einen Satz von Bildungsministerin<br />
Annette Schavan: »Jede Schule sollte<br />
schöner und besser ausgestattet sein als<br />
die größte Sparkasse der Stadt.«<br />
Von der Stundenschule<br />
zur Ganztagsgrundschule<br />
Das Thema »Ganztag« hat Widerhaken.<br />
Die »alte« Forderung nach »Mehr Zeit<br />
für Kinder« meinte den ganzen Halbtag,<br />
also die »Schule von 8 bis 1 für alle<br />
Kinder«, zuverlässig 5 Zeitstunden am<br />
Tag. Diese Forderung ist längst noch<br />
nicht realisiert.<br />
Familienpolitisch ist die verlässliche<br />
Schulzeit (in Form von Unterricht und<br />
dazu addierter Betreuung) auf dem<br />
Weg, pädagogisch aber existiert vielfach<br />
Flickschusterei: Kinder und Lehrer/innen<br />
haben eben keine »Mehrzeit«<br />
für individuelle Förderung, gemeinsame<br />
Projekte und die Gestaltung des<br />
demokratischen Miteinander. Zementiert<br />
wird die traditionelle Stundentafel,<br />
ergänzt durch Betreuungszeiten:<br />
Eine Billiglösung.<br />
Ganztag heute setzt in vielen Fällen<br />
diese Flickschusterei in den Nachmittag<br />
hinein fort. Die Arbeit der Horte,<br />
von Vereinen und Kirchen werden ins<br />
Schulgebäude geholt und damit die<br />
»Ganztagszeit« gefüllt, ohne dass am<br />
Unterricht mit 4 bis 5 Schulstunden etwas<br />
geändert würde.<br />
Angesichts dieser Situation nun<br />
aber »das Erstaunliche«, wie Horst<br />
Bartnitzky hervorhob: »Kreative Schulen<br />
entwickeln auch aus diesem Patchwork<br />
von Unterricht und diversen Betreuungsangeboten<br />
pädagogisch stimmige<br />
Konzepte, die dem ein Stück näher kommen,<br />
was wir ›pädagogische Gestaltung<br />
des Ganztags‹ nennen.<br />
Wir im Grundschulverband haben diese<br />
Vision von Ganztag im Kopf – und die<br />
Realität (die betrübliche wie die erfreuliche)<br />
vor Augen. Zwischenziele haben wir<br />
in einem neuen ›Standpunkt‹ formuliert,<br />
die Kernpunkte:<br />
■ Für alle Kinder mindestens 30 Zeitstunden<br />
(2 Ganztage, darüber hinaus<br />
Angebote),<br />
■ verantwortlich ist pädagogisch qualifiziertes<br />
Fachpersonal,<br />
■ die Ausstattung (Personal, Sachen,<br />
Räume) trägt dem Verständnis von Schule<br />
als Lebensstätte für den ganzen Tag<br />
Rechnung.«<br />
Der Grundschulverband ist seit seiner<br />
Gründung (1969) entschieden ein Reformverband.<br />
Das ist auch weiter notwendig,<br />
denn die <strong>Grundschule</strong> kann bis<br />
heute dem Anspruch aller Kinder nach<br />
grundlegender Bildung nicht voll gerecht<br />
werden. Ein wesentlicher Grund<br />
dafür ist die zu knappe Unterrichtszeit.<br />
Horst Bartnitzky: »Nach wie vor<br />
werden Kinder nach der Stundentafel der<br />
preußischen Stillsitzschule unterrichtet,<br />
bleibt ihnen die Zeit versagt, die sie<br />
brauchen, um eigenaktiv zu lernen, zu<br />
experimentieren, ihre Welt zu erforschen<br />
8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
und ihr Miteinanderleben und -lernen zu<br />
gestalten.<br />
Deshalb unterstützt der Grundschulverband<br />
alle Bemühungen, <strong>Grundschule</strong><br />
kindgerechter zu machen, Auslesemechanismen<br />
abzubauen und mehr Bildungszeit<br />
für alle Kinder durchzusetzen.«<br />
Aktiv ist der Grundschulverband auf<br />
drei Feldern, deren Zusammenspiel die<br />
Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong><br />
ermöglicht und stützt:<br />
■ Schulpraxis, die die Verschiedenheit<br />
der Kinder respektiert und Kinder in ihrer<br />
Entwicklung förderlich begleitet,<br />
■ Schulpolitik, die Rahmenbedingungen<br />
für eine moderne, d. h. kindgerechte<br />
<strong>Grundschule</strong> schafft und<br />
■ Forschung, die wichtige Entwicklungsaspekte<br />
untersucht, erhellt und<br />
Schulentwicklung kritisch-konstruktiv<br />
begleitet.<br />
Solche Bemühungen wurden beim<br />
»Grundschulforum« mit entsprechenden<br />
Preisen gewürdigt:<br />
■ Der Praxispreis für Schulen, die<br />
einfallsreich und engagiert mit solchen<br />
Schritten neue Wege gehen und<br />
befestigen. Fünf Schulen aus verschiedenen<br />
Bundesländern erhielten<br />
den mit jeweils 2.000 Euro dotierten<br />
Preis: In Bremen die Tami-Oelfken-<br />
Schule, in Brandenburg die Evangelische<br />
Schule Potsdam, in Berlin die<br />
Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> und in Baden-<br />
Württemberg die Burgschule Esslingen<br />
sowie die Französische Schule Tübingen<br />
(S. 10 ff).<br />
■ Der Politikpreis ging an eine aktive<br />
Kommune, die ihre <strong>Grundschule</strong>n<br />
beim Aufbau und der pädagogischen<br />
Entwicklung ihrer Ganztagsschulen<br />
ideell und materiell unterstützt: die<br />
Stadt Herford in Nordrhein-Westfalen<br />
(S. 22).<br />
■ Den Forschungsförderpreis, ausgestattet<br />
mit 6.000 Euro, teilten sich<br />
zwei junge Wissenschaftlerinnen,<br />
Nadine Budych und Doreen Weide<br />
(S. 20 f).<br />
»Dieser Wettbewerb«, so Reinhard<br />
Kahl, der auch die Preisvergabe moderierte,<br />
»stärkt etwas, was auf dem Weg<br />
ist – prozessbegleitende Bestätigung<br />
und Ermutigung!«<br />
Die Preisträger waren allesamt sehr zu<br />
Recht stolz auf ihre Preise und haben<br />
dies in Interviews und Dankesworten<br />
auf sehr persönliche Weise ausgedrückt.<br />
Die musikalischen Zwischentöne<br />
von Moritz Reinisch und Christian<br />
Keul schließlich sorgten für eine Atmosphäre<br />
gelassener Heiterkeit, die<br />
einfach wohltuend war.<br />
Die Lehrerinnen und Lehrer, Eltern<br />
und Kinder aus den Schulen fühlten<br />
sich ganz persönlich wahrgenommen<br />
und gewürdigt, ihre ganz konkrete<br />
Arbeit stand im Mittelpunkt. Auf der<br />
Bühne, gruppiert um Stehtische, entspannen<br />
sich lebhafte Dialoge. Ein Verdienst<br />
der Moderation von Reinhard<br />
Kahl und der Laudatoren, denen man<br />
die Lust und das Vergnügen anmerkte,<br />
mit den Preisträger/innen ins Gespräch<br />
zu kommen. Preisverleihung als Dialog<br />
– ein bemerkenswerter Vorgang.<br />
Fazit: Das »Grundschulforum 2006«<br />
war eine rundum gelungene, weil kurzweilige<br />
und würdige Veranstaltung,<br />
gut inszeniert und organisiert. Keine<br />
hohle Repräsentation wurde geboten,<br />
sondern Anstöße zum Nachdenken<br />
und Nachmachen.<br />
»Mehr Bildungszeit für Kinder« war<br />
das Motto. Und so war auch dieses<br />
»Grundschulforum 2006« ein Schritt<br />
auf diesem Weg. Horst Bartnitzky in<br />
seinem Schlusswort: »Denn nur, wer ein<br />
großes Ziel hat, kann die richtigen kleinen<br />
Schritte tun!«<br />
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Moritz Reinisch (Saxophon)<br />
und Christian Keul (Kontrabass)<br />
Die beiden jungen Musiker gaben dem Grundschulforum<br />
mit ihren musikalischen Zwischentönen<br />
einen künstlerischen Rahmen und eine<br />
ganz besondere, beschwingte Atmosphäre.<br />
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Praxispreis<br />
Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>,<br />
Berlin<br />
»… weil an der Schule Lehrkräfte im Team<br />
mit Erzieherinnen die Integration von<br />
Kindern aus verschiedenen Kulturkreisen<br />
und mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />
individuell fördern.« (aus der Laudatio)<br />
Der »Kiez«<br />
Die Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> liegt im<br />
Zentrum des Ortsteils Kreuzberg des<br />
Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg am<br />
Fraenkelufer. Der ehemalige Standort<br />
in der Manteuffelstraße musste im<br />
Jahr 2000 wegen der bevorstehenden<br />
Asbestsanierung und des Umbaus<br />
des Schulgebäudes verlassen werden.<br />
Das jetzige Schulgebäude ist ein alter<br />
viergeschossiger Backsteinbau direkt<br />
neben der Synagoge Kreuzberg.<br />
Der Sozialstrukturatlas Berlin weist<br />
den Ortsteil Kreuzberg insgesamt als<br />
eines der benachteiligtsten und strukturschwächsten<br />
Gebiete der Stadt aus.<br />
Der Bereich rund um das Kottbusser<br />
Tor steht dabei neben dem Wrangelkiez<br />
am schlechtesten da. Die Arbeitslosigkeit<br />
alleine unter den ausländischen<br />
Mitbürgern in Kreuzberg beträgt<br />
zurzeit etwa 42 %. Viele Eltern leben<br />
von Arbeitslosenunterstützung oder<br />
Sozialhilfe.<br />
Die Kinder<br />
Bis zum Beginn des Schuljahres<br />
2002/2003 wurde die Mischung der<br />
Klassen mit deutschen und nichtdeutschen<br />
Kindern sowie Kindern aus<br />
den verschiedensten sozialen Schichten<br />
zunehmend geringer, weil immer<br />
mehr deutsche und ausländische<br />
Mittelschichteltern aus dem Bezirk<br />
wegzogen. Durch den hohen Anteil<br />
von Kindern nichtdeutscher Herkunft<br />
wurden viele Kinder deutscher Herkunft<br />
im Laufe der Grundschulzeit von<br />
der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> an andere<br />
<strong>Grundschule</strong>n – häufig außerhalb<br />
Kreuzbergs – umgemeldet, so dass der<br />
Anteil Schüler nichtdeutscher Herkunft<br />
in den oberen Klassenstufen deutlich<br />
höher lag (zum Teil 100 %) als in den<br />
unteren Klassenstufen.<br />
Seit etwa zwei Jahren ist ein verstärktes<br />
Interesse von deutschen Eltern<br />
an der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> festzustellen.<br />
Die Gründe liegen offensichtlich<br />
in der pädagogischen Arbeit des<br />
Kollegiums, der Einrichtung von Förderklassen<br />
für Schüler nichtdeutscher<br />
Herkunft mit schlechten deutschen<br />
Sprachkenntnissen, der Einrichtung einer<br />
gebundenen Ganztagsgrundschule<br />
sowie einer besseren Außendarstellung<br />
der Schule.<br />
Dieses verstärkte Interesse hatte<br />
zur Folge, dass in der jetzigen zweiten<br />
Jahrgangsstufe neben zwei Förderklassen<br />
eine Regelklasse mit 38 % Schülern<br />
deutscher Herkunft eingerichtet werden<br />
konnte. Bei den Anmeldungen zur<br />
derzeitigen ersten Jahrgangsstufe gab<br />
es erstmals seit Jahren weit mehr Anträge<br />
auf Beschulung an der Hunsrück-<br />
<strong>Grundschule</strong> aus anderen Einzugsbereichen<br />
als es Anträge auf Einschulung<br />
in einer anderen als dieser Schule gab.<br />
Der Ganztag<br />
Die Planungen für ein Ganztagsangebot<br />
an der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong><br />
Zum Raumkonzept gehören<br />
die Remisen. Sie sind durch<br />
eine Brücke mit dem Hauptgebäude<br />
verbunden. In ihrem<br />
Erdgeschoss befinden sich<br />
vornehmlich die folgenden<br />
Fachräume bzw. Werkstätten:<br />
Tonwerkraum, Holzwerkraum,<br />
Fotolabor, Malatelier, Fahrradwerkstatt,<br />
Fachraum für<br />
technisch-naturwissenschaftlichen<br />
Unterricht. Außerdem<br />
befindet sich im Erdgeschoss<br />
noch ein Raum, der sowohl<br />
als Elterncafé wie auch für<br />
den Deutschunterricht für<br />
Migranten der Volkshochschule<br />
genutzt werden kann.<br />
Des Weiteren soll ein Raum<br />
für Ausstellungen im Rahmen<br />
des projektorientierten Unterrichts<br />
genutzt werden.<br />
10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
reichen in das Jahr 1988 zurück. Allerdings<br />
schoben die finanziellen Belastungen<br />
durch die Wiedervereinigung<br />
den Schulneu- und Schulumbau bis<br />
in das Jahr 2000 und die Umsetzung<br />
eines Ganztagskonzepts auf das Jahr<br />
2004 hinaus. In dieser Zeit erfuhr das<br />
Ganztagskonzept eine grundlegende<br />
Veränderung: Aus dem für ein Viertel<br />
der Schülerschaft geplanten additiven<br />
Ganztagsangebot wurde – und das<br />
entsprach der Überzeugung des Kollegiums<br />
– eine gebundene sechsjährige<br />
Ganztagsgrundschule für 450 Schülerinnen<br />
und Schüler, die zu mehr als<br />
zwei Dritteln aus Familien mit Migrationshintergrund<br />
kommen.<br />
Die Leitziele der Schule drücken aus,<br />
was sich im pädagogischen Konzept<br />
widerspiegelt:<br />
■ Alle in der Schule arbeitenden Menschen<br />
(Schüler, Pädagogen, Eltern u. a.)<br />
gehen achtungsvoll und wertschätzend<br />
miteinander um.<br />
■ Alle übernehmen gemeinsam Verantwortung<br />
für das Lernen und die<br />
Erziehung der Kinder und arbeiten zusammen.<br />
■ Alle sehen in der Individualität und<br />
Unterschiedlichkeit der Kinder eine<br />
Chance.<br />
■ Die Schule ist geprägt durch selbstbestimmtes<br />
Lernen in einer lernfördernden<br />
Umgebung, denn Lust und<br />
Leistung gehören zusammen.<br />
Die Teamarbeit zwischen Lehrkräften<br />
und Erzieherinnen wird auf dieser<br />
Grundlage als selbstverständlich empfunden,<br />
ebenso die Integration von<br />
Kindern aus vielen Kulturen und mit<br />
ganz unterschiedlichen Voraussetzungen<br />
im Leben und beim Lernen.<br />
Die Förderung leistungsstarker und<br />
leistungsschwacher Schülerinnen und<br />
Schüler findet innerhalb des Regelunterrichts<br />
ebenso ihren Platz wie die<br />
Prinzipien des »Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts«.<br />
Die Rhythmisierung der Schultage<br />
mit der Verzahnung von Vor- und Nachmittag<br />
sowie Unterricht und Freizeit<br />
ist intensiv durchdacht, wobei gerade<br />
daran immer wieder gearbeitet wird.<br />
Die Hunsrückschule versteht sich<br />
als Einrichtung im Wohngebiet (»Kiez«).<br />
Sie lässt das Wohnumfeld nicht nur in<br />
ihren Projekten von den Schülerinnen<br />
und Schülern erkunden, sondern holt<br />
es mit seinen Angeboten in die Schule<br />
hinein. Konsequent öffnet die Schule<br />
ihre Räume für Nutzer von außen.<br />
Sie sei auf dem Weg, stellt die Hunsrückschule<br />
fest, und möchte ihre Entwicklung<br />
dabei immer wieder auf den<br />
Prüfstand stellen. Vier Schwerpunkte<br />
liegen ihr derzeit besonders am Herzen:<br />
■ eine noch gezieltere Orientierung<br />
an den Kindern bei der Rhythmisierung<br />
des Schultages,<br />
■ die Mischung von gebundener und<br />
ungebundener Freizeit,<br />
■ die Schaffung »Freier Lernorte« wie<br />
Medien-/Computerraum, Bibliothek,<br />
Freinet-Druckerei, Schulgarten und<br />
■ die Zusammenarbeit der pädagogischen<br />
Kräfte (Lehrer/innen und Erzieher/innen)<br />
»auf gleicher Augenhöhe«.<br />
»Die eingeschlagene Richtung der<br />
Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>«, stellte die<br />
Jury in ihrer Laudatio fest, »ist erfolgversprechend.«<br />
Kontakt<br />
Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>, Manteuffelstraße 79, 10999 Berlin<br />
Kontakt: Mario Dobe (Schulleiter), Tel.: 0 30 / 22 50 31 11<br />
Web: www.Hunsrueck-<strong>Grundschule</strong>.de<br />
Mail: Schulleitung@hunsrueck-grundschule.de<br />
Fördern<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
11
Praxispreis<br />
Evangelische <strong>Grundschule</strong><br />
Potsdam<br />
»… weil sie nicht nur für Kinder ein anregender<br />
Lern- und Lebensort sein will, sondern auch<br />
Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher,<br />
Träger und Kooperationspartner als Lernende<br />
mit einbezieht.« (aus der Laudatio)<br />
Daten zur Schule<br />
Der Ganztag<br />
Die Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam<br />
wird bisher als Ganztagsschule in<br />
»offener Form« geführt. Die Praxis hat<br />
diese Form bereits überholt: Als Schule,<br />
in der Menschen mit unterschiedlichen<br />
Professionen tätig sind, als Schule,<br />
in der sich Phasen von Anspannung<br />
und Entspannung ebenso abwechseln<br />
Zahl der Schüler/innen: 269<br />
Pädagogische Mitarbeiter/innen: 22 Frauen, 8 Männer<br />
Lehrer/innen: 19 (6 Vollzeit/13 Teilzeit)<br />
Erzieher/innen: 11 (alle Teilzeit)<br />
Besonderheiten: öffentliche Schule in freier Trägerschaft;<br />
jahrgangsübergreifende Lerngruppen;<br />
Gemeinsamer Unterricht (Inklusion); genehmigte<br />
Ganztagsschule<br />
Kooperationspartner: Zirkus Montelino e.V. Potsdam,<br />
UJKC Potsdam (Judo), Musikschule, Institut für Grundschulpädagogik,<br />
Universität Potsdam<br />
wie gebundene und offene Handlungsund<br />
Lernphasen, als Schule, in der die<br />
Unterscheidung zwischen »Unterricht«<br />
und »Betreuung« zunehmend hinfällig<br />
wird bzw. werden soll. Aus diesem<br />
Grund ist ein Antrag auf Genehmigung<br />
als Ganztagsschule in teilweise gebundener<br />
Form beim staatlichen Schulamt<br />
geplant.<br />
11:30 – Mittagsband an der Ev. <strong>Grundschule</strong><br />
– es wird gelacht und geschwatzt.<br />
Einige stürzen nach draußen auf den<br />
Hof. In der Mensa geht es heute ruhig zu:<br />
vereinzelt sitzen Kinder, Erwachsene an<br />
den Tischen, plaudern und essen. Die Türen<br />
zu den Gruppenräumen sind offen. In<br />
kleineren Gruppen sitzen Kinder zusammen<br />
und spielen Karten, malen, einige<br />
sind in Schreibarbeiten vertieft. Drei Kinder<br />
proben mit einem Erwachsenen Texte<br />
für ein Musical. In einem der Kellerräume<br />
trifft sich heute die »Red House Revolution<br />
Band«. Von weitem dringen E-Gitarre-<br />
Klänge und Tonfolgen eines Keyboards in<br />
den Ruheraum. Hier haben es sich einige<br />
Kinder gemütlich gemacht und sich einen<br />
Rückzugsort zum Lesen geschaffen …<br />
Die Erfahrungen mit Querstrukturen<br />
wie dem »Mittagsband« zeigen, dass<br />
eine Öffnung von Zeitfenstern Chancen<br />
für die Verzahnung von formellen und<br />
informellen Lernprozessen ermöglicht:<br />
Sie lassen Raum für Initiativen und Aktivitäten,<br />
an denen Kinder wie Erwachsene<br />
teilhaben und aus denen sich Impulse<br />
für gemeinsame oder individuelle<br />
(Lern-)Vorhaben ergeben können.<br />
»Öffnung von Schule« meint daher<br />
auch eine Binnenstruktur, in der sich<br />
Kinder und Erwachsene als miteinander<br />
Agierende und Lernende erfahren können.<br />
Dies muss noch stärker als bislang<br />
verbunden w erden mit einer zunehmenden<br />
Abkehr vom Denken in »Unterrichtsstunden«,<br />
in »Stoff ein heiten« und<br />
in »Lehrzielen«, die in bestimmten Zeitspannen<br />
für alle Schüler/innen gleichschrittig<br />
erreicht werden müssen.<br />
Ganztag braucht<br />
Beteiligung –<br />
Kinder, Eltern und<br />
MitarbeiterInnen<br />
bewegen<br />
ihre Schule<br />
gemeinsam<br />
12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Eindrucksvoller<br />
Entwicklungsprozess<br />
Die Bewerbung der Schule um den<br />
Praxispreis des Grundschulverbandes,<br />
stellt die Jury in ihrer Laudatio fest,<br />
»zeichnet einen beeindruckenden Entwicklungsprozess<br />
nach und zeigt, wie<br />
aus der ›<strong>Grundschule</strong> plus Hort‹ Schritt<br />
für Schritt eine kooperative Schul-Hort-<br />
Einrichtung und schließlich eine Ganztagsschule<br />
wurde, die ihren Schülerinnen<br />
und Schülern Zeit, Raum und vielfältige<br />
Gelegenheiten bietet, sich zu begegnen<br />
und mit- und voneinander zu lernen.<br />
Das Besondere ist, dass die Evangelische<br />
<strong>Grundschule</strong> in Potsdam nicht nur<br />
ein anregender Lern- und Lebensort für<br />
ihre Kinder sein will, sondern dass auch<br />
die Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und<br />
Erzieher, Träger und Kooperationspartner<br />
sich als Lernende verstehen. So wurde beispielsweise<br />
an der Schule eine ›Gemeinsinn-Werkstatt‹<br />
ins Leben gerufen, in der<br />
Vertreter der verschiedenen schulischen<br />
Akteure und von außerschulischen Partnern<br />
gemeinsam nach Entwicklungsperspektiven<br />
suchen, sich austauschen und<br />
mit allen Beteiligten an der Umsetzung<br />
arbeiten.«<br />
Dieser Prozess, dessen Kern die Weiterentwicklung<br />
der Ganztagskonzeption<br />
bildet, ist noch längst nicht abgeschlossen.<br />
Er hat aber schon viele<br />
Früchte getragen. Stichworte sind:<br />
Eine breite Beteiligungskultur; eine<br />
veränderte Zeitstruktur mit offenem<br />
Tages anfang; Unterrichtsrhythmisierung;<br />
jahrgangsübergreifende Lerngruppen;<br />
eine eindrucksvolle Rückmeldekultur,<br />
die mit Lernportfolios,<br />
Selbsteinschätzungen, Entwicklungsgesprächen<br />
und Zeugnisbriefen arbeitet<br />
und die bis zur 4. Klasse ganz ohne<br />
Noten auskommt; die Einbeziehung<br />
außerschulischer Lernorte oder Kooperation<br />
nach Innen und Außen.<br />
Die Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam<br />
wurde 1998 gegründet und befand sich<br />
bis vor kurzem noch im Aufbau zu einer<br />
zweizügigen <strong>Grundschule</strong> (Jahrgänge<br />
1 – 6). Ihre Geschichte ist seit ihrer Gründung<br />
die einer Ganztags-<strong>Grundschule</strong>:<br />
Von Anfang an bestand eine enge Kooperation<br />
zwischen Schule und Hort. Als<br />
»<strong>Grundschule</strong> mit festen Öffnungszeiten<br />
plus angegliedertem Hort« arbeiteten<br />
Schule und Hort schon bald nach<br />
Gründung »unter einem<br />
Dach« zusammen.<br />
Nach sechs Jahren, als<br />
nunmehr »ausgewachsene«<br />
zweizügige und<br />
auch offiziell als Ganztagsschule<br />
genehmigte<br />
<strong>Grundschule</strong> hat sie sich<br />
erneut auf den Weg gemacht:<br />
»Ein Traum von<br />
Schule – gemeinsam<br />
Schule bewegen« unter<br />
diesem Motto haben<br />
sich Kinder, Eltern, Lehrer/innen,<br />
Erzieher/innen,<br />
Träger und Kooperationspartner/innen<br />
zusammengefunden,<br />
um ihre Schule als einen<br />
Lebens- und Lernort weiter zu gestalten,<br />
der Raum, Zeit und Gelegenheit<br />
bietet sich zu begegnen und mit- und<br />
voneinander zu lernen. Im Januar 2004<br />
wurde eine »Gemeinsinn-Werkstatt«<br />
initiiert. Diese brachte im Entwicklungsprozess<br />
der Schule und für die<br />
Ausgestaltung des Ganztagskonzeptes<br />
eine neue Qualität ins Spiel: Kinder, Eltern,<br />
Erzieher/innen, Lehrer/innen und<br />
Kooperationspartner/innen wurden in<br />
neuer Weise zu Trägern der Entwicklung<br />
und der Realisierung des Ganztags.<br />
Dieser Prozess wurde von einem<br />
externen Beratungs- und Begleitteam<br />
unterstützt.<br />
Mehr Informationen dazu im Internet<br />
unter: http://gemeinsinn-egsp.<br />
blogspot.com/<br />
Die Laudatio schließt: »Gerade weil diese<br />
Schule kein abgeschlossenes und unerreichbares<br />
Modell, kein statisches Denkmal<br />
ist, eignet sie sich außerordentlich<br />
als Beispiel. Sie zeigt, dass der Weg und<br />
die Bewegung das Ausschlaggebende<br />
sind, wenn eine neue und lebendige Lernkultur<br />
geschaffen werden soll. In diesem<br />
Sinne bleibt nur, der Schule und den in<br />
ihr Schaffenden weiterhin viel Kraft, Mut<br />
und Erfolg für diesen eingeschlagenen<br />
Weg zu wünschen!«<br />
Ganztag braucht Frei-Räume –<br />
Kunstaktion auf dem Gelände des Roten<br />
Hauses (Jahrgänge vier bis sechs).<br />
Kontakt<br />
Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam,<br />
Große Weinmeister str. 49, 14469 Potsdam<br />
Markus Althoff, Tel.: 03 31 – 280 36 60<br />
Web: www.grundschule.hoffbauer-stiftung.de/p/<br />
E-Mail: grundschule@hoffbauer-Stiftung.de<br />
Ganztag braucht Rückzugsorte und Rückzugsgelegenheiten<br />
– Lesepause im Mittagsband auf dem Hof des »Gelben<br />
Hauses«, in dem die Jahrgänge eins bis drei in jahrgangsübergreifenden<br />
Gruppen untergebracht sind.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
13
Praxispreis<br />
Tami-Oelfken-Schule,<br />
Bremen<br />
»… weil sie ein verlässliches ganzheitliches Angebot aus<br />
einem Guss bietet und in einem den Bedürfnissen der<br />
Kinder entsprechenden Raum eine Atmosphäre und ein<br />
Lernklima schafft, in dem Kinder mit Migrationshintergrund<br />
eine eigene Identität entwickeln und wertschätzen<br />
können.« (aus der Laudatio)<br />
Der Stadtteil<br />
Die Schulkinder der Tami-Oelfken-Schule<br />
auf dem Weg zum Mittagessen<br />
Die Tami-Oelfken-Schule liegt im<br />
Stadtteil Lüssum-Bockhorn in einem<br />
sehr eng begrenzten Wohngebiet. Die<br />
mehrgeschossigen Wohnhäuser wurden<br />
ab 1965 errichtet. Der Anteil von<br />
Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
ist sehr hoch. Ein Großteil der<br />
Kinder wächst unter schwierigen Entwicklungsbedingungen<br />
auf.<br />
Gleichzeitig gibt es im Stadtteil<br />
viele soziale Einrichtungen. Ein städtisches<br />
und ein evangelisches Kindertagesheim<br />
betreuen einen Großteil der<br />
Vorschulkinder des Stadtteils. Nach<br />
der Schule und in den frühen Abendstunden<br />
ist das »Spielhaus« mit dazu<br />
gehörigem Abenteuerspielplatz eine<br />
beliebte Anlaufstelle. Das »Haus der<br />
Zukunft« steht mit seinen vielfältigen<br />
Angeboten für Kinder und ihre Eltern<br />
offen. Alle Einrichtungen arbeiten sehr<br />
intensiv zusammen.<br />
Das Schulgebäude<br />
Das Schulgebäude ist ein funktionaler<br />
roter Backsteinbau mit zwei Etagen,<br />
der 1969 entstand. Eine Halle, die als<br />
Theater- und Versammlungsraum genutzt<br />
wird, bietet Platz für die gesamte<br />
Schülerschaft. Die Turnhalle wird von<br />
diversen Sportvereinen mit genutzt.<br />
Unsere umfangreiche Schulbücherei<br />
wird von vielen Kindern gern besucht.<br />
An Fachräumen stehen ein Musikraum,<br />
ein Werkraum mit Tonarbeitsraum<br />
und Brennofen, ein PC-Raum,<br />
ein Zirkusraum und ein naturwissenschaftlicher<br />
Raum zur Verfügung.<br />
Eine Cafeteria mit gut ausgestatteter<br />
Küchenzeile bereichert das Schulleben.<br />
Der Außenbereich gliedert sich in<br />
den verzweigten Pausenhof, einen<br />
kleinen Sportplatz, einen Schulgarten,<br />
einen Bereich mit Kletter- und Spielgeräten<br />
und im Innenhof das Klassenzimmer<br />
im Freien.<br />
Der Ganztag<br />
Wilfried Steiner, der Vorsitzende des<br />
Bundeselternrates, schilderte die Schule<br />
in seiner Laudatio:<br />
»Friedlich, freundlich, leise , langsam …<br />
… so werden Schülerinnen, Schüler<br />
und Besucher auf einem großen Plakat<br />
neben der Schultür begrüßt. Eine lichtdurchflutete,<br />
freundliche Atmosphäre<br />
prägt Flure, Klassen- und Gruppenräume.<br />
Eine Schule, in der man sich gerne<br />
aufhält.<br />
Eine Schule in einem sozialen Brennpunkt<br />
mit einer Lernumgebung, in der<br />
man nichts von Aggression und Gewalt<br />
wahrnimmt – ausgesprochene Höflichkeit,<br />
Fröhlichkeit und Lebendigkeit der<br />
Schülerinnen und Schüler empfängt die<br />
Besucher.<br />
Lehrerinnen und Lehrer übernehmen<br />
Verantwortung für ihren Stundenplan,<br />
gestalten zusammen mit pädagogischen<br />
Fachkräften einen rhythmisierten<br />
Tagesablauf mit den Kindern. Die Integration<br />
des Hortes in die Zuständigkeit<br />
der Schulleiterin – einschließlich der Personalverantwortung<br />
und der finanziellen<br />
Ressourcen ist gelungen.<br />
Auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />
haben sich auf die Ganztagsschule<br />
eingelassen; im Rahmen<br />
der Präsenzzeit sind sie den ganzen<br />
Tag in der Schule – nicht nur zur Arbeit<br />
mit den Schülerinnen und Schülern<br />
– und zur Vorbereitung stehen auch PC-<br />
Arbeitsplätze zur Verfügung.<br />
Kontakt<br />
Tami-Oelfken-Schule,<br />
Lüssumer Ring 55, 28777 Bremen<br />
Syltje Töpper-Hurrle,<br />
Tel.: 04 21 / 3 61 - 77 55<br />
Web: www.tami-oelfken-schule.de<br />
E-Mail: 077@bildung.bremen.de<br />
14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
»Musische Förderung –<br />
wir feiern Mozarts<br />
250. Geburtstag«<br />
Spannende Projekte wie das Zirkusprojekt,<br />
der Trommelkurs, das Theaterprojekt,<br />
um die Sprachfähigkeit der<br />
Kinder zu fördern und Wirkung nach<br />
außen zu erreichen, schaffen alternative<br />
Lernzugänge. Muttersprachlicher Unterricht<br />
in Türkisch und Kurdisch ermöglicht<br />
den Kindern Zugänge zur eigenen Identität<br />
und wertet ihre Herkunft auf.<br />
Das Projekt ›Elternarbeit‹ zusammen<br />
mit der Uni Bremen versucht gerade die<br />
Eltern zu erreichen, deren Erziehungskompetenz<br />
die größten Unterstützungen<br />
braucht.<br />
Das Kollegium der Tami-Oelfken-<br />
Schule zeigt, wie eine Schule als Ganztagschule<br />
durch mehr Bildungszeit für<br />
die Schülerinnen und Schüler deren Kompetenzen<br />
fördern und soziale Defizite<br />
auszugleichen beginnen kann … friedlich,<br />
freundlich, leise , langsam.«<br />
»Ohne Eltern geht es nicht –<br />
Senator Willi Lemke zu Besuch der<br />
Auftaktveranstaltung unseres<br />
interkulturellen Elternprojektes<br />
»Hand in Hand««<br />
Willi Lemke, Bremer Senator für Bildung<br />
und Wissenschaft, gratulierte der<br />
Schule zu ihrem gelungenen Ganztagskonzept<br />
und wies lobend darauf hin,<br />
dass deren »gute Arbeit für die Kinder<br />
mit Migrationshintergrund von der Jury<br />
besonders gewürdigt wird«.<br />
»Eigenständigkeit ist uns wichtig –<br />
Kinder bereiten Frühstück für Kinder«<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
15
Praxispreis<br />
Burgschule<br />
Esslingen<br />
»… weil die Schule zu allen relevanten Fragen eines ganztägigen<br />
Angebotes überzeugende Antworten gefunden hat.<br />
Die Aufspaltung in eine Vormittagschule für alle und eine Nachmittagsschule<br />
für einige wird wirksam verhindert. Die Burgschule<br />
ist zu einem Lern- und Lebensort geworden, in dem Kinder um 16 Uhr<br />
eigentlich lieber noch eine Höhle bauen wollen, als nach Hause zu<br />
gehen.« (aus der Laudatio)<br />
»Bodenspiele –<br />
die Außenanlage<br />
gewinnt neue<br />
Bedeutung an<br />
einer Ganztagesschule«<br />
Die Schule<br />
Die Burgschule ist eine Grund- und<br />
Hauptschule. In der Burgschule lernen<br />
rund 400 Kinder und Jugendliche, davon<br />
175 in den Grundschulklassen. Der Anteil<br />
an Kindern mit Migrantenhintergrund<br />
beträgt etwa 60 %, »Pass-Ausländer«<br />
lediglich 53 %.<br />
Die 40 Lehrer/innen des Kollegiums<br />
werden von einem Jugendsozialarbeiter<br />
sowie zwei Freizeitpädagoginnen im<br />
Hauptschulbereich sowie drei Freizeitpädagoginnen<br />
in der <strong>Grundschule</strong> kollegial<br />
und gleichberechtigt begleitet.<br />
Zusätzliches bürgerschaftliches<br />
Engagement und Vernetzung mit Institutionen<br />
des Sozialraums ergänzt<br />
die pädagogische Arbeit im Selbstverständnis<br />
als »offene Stadtteilschule«.<br />
2004 feierte die traditionsreiche<br />
Schule den 100. Geburtstag. Ihr Schulbezirk<br />
umfasst die Altstadt Esslingens<br />
(93000 Einwohner). Dies bringt besondere<br />
soziale Herausforderungen als<br />
klassische Brennpunktschule.<br />
Das Umfeld des Schulbezirks<br />
■ Doppelt so hoher Ausländerwohnanteil<br />
von 39,1 % im Vergleich zur Gesamtstadt<br />
mit 22,4 %.<br />
■ Wesentlich höhere Quote an »Hilfen<br />
zur Erziehung« durch Heimunterbringung<br />
und andere Betreuungsformen<br />
(Kinder im Frauenhaus, Tagesgruppen,<br />
Jugendwohnen, Mädchenwohngruppen<br />
usw.).<br />
■ Ein Drittel aller Empfänger/innen von<br />
Hilfen zum Lebensunterhalt der Gesamtstadt<br />
stammen aus diesem Schulbezirk.<br />
Dies zeugt von großen materiellen<br />
und sozialen Notlagen.<br />
■ Besorgniserregend steigen die Fälle<br />
wohnungsloser Jugendlicher als »Straßenkinder«<br />
– vorrangig männlicher.<br />
■ Burgschulkinder geben an, dass es<br />
ihnen in ihrem Umfeld »an freundlichen<br />
Menschen« fehlt. Sie wünschen sich<br />
mehr Freunde (71,8 %), vor allem Erwachsene,<br />
die »auch mal zuhören«.<br />
Fazit des Kollegiums<br />
■ Erziehung und Beziehung sind an<br />
dieser Schule nötig, um überhaupt unterrichten<br />
zu können.<br />
■ Familien brauchen Unterstützung in<br />
ihrer Erziehungsaufgabe und akzeptieren<br />
die Professionalität der Schule,<br />
nehmen Hilfen an.<br />
■ Wenn Schule sich nicht um diese<br />
Betreuungsaufgaben und die pädagogische<br />
Begleitung der Kinder und ihrer<br />
Familien kümmert, wirken sich die<br />
genannten Belastungen und Überforderungen<br />
störend auf die Unterrichtsund<br />
Bildungsarbeit der Schule aus, ja,<br />
machen sie in einigen älteren Klassenstufen<br />
fast unmöglich.<br />
Der Ganztag<br />
Die Entwicklung zur ganztägig betreuenden<br />
Schule wurde 1996 mit der Einrichtung<br />
des Ganztagesbetriebs in der<br />
Hauptschule praktisch begonnen. 2003<br />
wurde die Einrichtung als 9. Ganztagesgrundschule<br />
in Baden-Württemberg<br />
überhaupt vom Kultusministerium genehmigt.<br />
Eine große Schwierigkeit war<br />
in der Vorbereitung, dass das Kollegium<br />
der Burgschule und der Schulträger<br />
konzeptionell völlig auf sich alleine<br />
gestellt waren, weil kein vergleichbares<br />
Ganztagesmodell einer <strong>Grundschule</strong> in<br />
Baden-Württemberg bestand.<br />
Hilfen seitens der staatlichen Verwaltung<br />
gab es nicht. Gleichzeitig erlebte<br />
die Schule dies als Freiheit bei der<br />
Ausgestaltung der Ganztagesschule.<br />
Ganztagsschul-Zeiten<br />
■ Betreuungszeiten: Montag bis Donnerstag<br />
wird zwischen 12 und 16 Uhr<br />
betreut. Freitags bis 14 Uhr. An allen<br />
5 Wochentagen gibt es optional ein<br />
warmes Zweimenüangebot für 2 € in<br />
der Cafeteria. Grundsätzlich gibt es<br />
keine Elternkosten für die Ganztagesbetreuung.<br />
■ Nachhaltig gesicherte Ausstattung<br />
mit Lehrer/innenstunden durch das Land.<br />
Der Erlass des Landes sichert 10 Lehrer/innenstunden<br />
pro Grundschulklasse<br />
zu. Somit haben alle Grundschulkinder<br />
zwischen 32 und 26 Wochenstunden ein<br />
Angebot an Erziehung, Beziehung und<br />
unterrichtlichem Lernen pro Woche.<br />
■ Die Konzeption sieht an zwei Nachmittagen<br />
ein verpflichtendes Lehrer/innenangebot<br />
vor. Enthalten im rhythmisierten,<br />
verbindlichen Stundenplan sind<br />
sowohl Projekte wie Lernzeiten – offen<br />
nach Klassenstufen oder altersübergreifend<br />
– als Gantagsschul-Zeit zur<br />
Förderung in Kleinstgruppen. Die Teilnahme<br />
an AGs wird zusätzlich erwartet,<br />
bleibt aber freiwillig.<br />
■ Das Mittagsband zwischen 12 und<br />
14 Uhr verbindet Vormittag und Nachmittag<br />
konzeptionell – die Rhythmisierung<br />
des verlängerten Lerntages ist in<br />
Arbeit.<br />
■ Das Mittagsband in Kleingruppen<br />
wird differenziert in einem Netzwerk angeboten.<br />
Es ist ein komplexes System<br />
aus offenen AGs, festen AGs zur Betreuung,<br />
Lernen, freiem Spiel und gut<br />
organisiertem Mittagessen.<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Das gemeinsame Mittagessen in festen<br />
Betreuungsgruppen ist eine feste<br />
Größe.<br />
■ Es ergibt einen abgesprochenen,<br />
geplanten Angebotsmix aus Kollegium,<br />
Freizeitpädagogik, unentgeltlichen<br />
Vorleserinnen und anderem Ehrenamt,<br />
Sprachhelferinnen mit Förderangeboten,<br />
Lernzeiten und Lerninseln<br />
für die Aufgabenbetreuung bei Bedarf<br />
der Kinder, dem Jugendsozialarbeiter,<br />
dem Sportangebot einer Übungsleiterin<br />
eines Sportvereins (mit Bezahlung<br />
durch das Land nach dem Lehrbeauftragtenprogramm).<br />
So wird den Grundschulkindern<br />
– zunehmend stufenübergreifend<br />
– eine ganze Palette an AGs<br />
angeboten.<br />
■ Der Stundenplan versucht, Lernen<br />
mit Kopf, Herz und Hand gleichermaßen<br />
und differenziert über den langen<br />
Tag anzusprechen. Dies ist in Arbeit<br />
und ein Prozess, weil sehr viele Faktoren<br />
unter einen Hut gebracht werden<br />
müssen.<br />
■ Seit September 2005 wurde (auch<br />
für die Hauptschule!) der Stundentag in<br />
2-Stundenblöcke gegossen, die jeweils<br />
eine längere Pause von 20 Minuten haben.<br />
So folgt den ersten beiden Stunden<br />
eine Bäckerpause im Freien, den<br />
nächsten beiden Stunden eine animierte<br />
Bewegungspause, dem nächsten<br />
Zweistundenblock das Mittagsband<br />
mit nachfolgenden Angeboten. Der<br />
45-Minuten-Takt ist faktisch aufgelöst.<br />
Das Läuten der Schulglocke wurde auf<br />
das Mindestmaß reduziert und erinnert<br />
die Kinder nur nach Pausen im Freien,<br />
dass nun wieder eine Lernzeit im Zimmer<br />
folgt.<br />
■ Statt Hausaufgaben werden im<br />
Stundenplan rhythmisiert klassen- wie<br />
stufenübergreifende Lerninseln und<br />
Lernzeiten angeboten. Hauptsächlich<br />
noch im Klassenverband. Die Schule<br />
arbeitet an der Organisation von Förderprogrammen<br />
für überdurchschnittliche<br />
Lerner.<br />
Raumausstattung als Hülle<br />
für Ganztagspädagogik<br />
Der <strong>Grundschule</strong> stehen zur Nutzung<br />
zur Verfügung:<br />
■ die Klassenräume mit ergonomischgesunden,<br />
dänischen Möbeln, wegen<br />
des verlängerten Aufenthalts in der<br />
Schule ein Ablagefach für jedes Kind,<br />
um die Schultaschen zu entlasten,<br />
■ die Fachräume, Sport- und Gymnastikhalle<br />
für Naturphänomene, Internetangebote,<br />
Sportangebote, Tonarbeiten,<br />
Technik, Kunst, Musikprojekte<br />
usw.<br />
■ die Erlebnisbereiche drinnen wie<br />
draußen: Klettern in der Turnhalle und<br />
auf dem Niedrigseilparcours sowie der<br />
Sinnespfad im Außenbereich. Der in<br />
Betrieb genommene Hochseilparcours<br />
wird zuerst von der Hauptschule erprobt.<br />
Versuche mit den Grundschulkindern<br />
sind vorgesehen.<br />
■ die Spielothek mit 3 Multi-Media-PC,<br />
einer Kinderbücherei mit stufenbezogener<br />
Literatur, Sachbücheranteil und<br />
Kunstbänden, Spielecken zum Vorlesen<br />
ausgestaltet, an den Wänden Wechselrahmen<br />
für Kinderbilderausstellungen<br />
usw.<br />
■ die Betreuungsräume zum Spielen<br />
und Bauen, mit einer Kletterburg und<br />
einer Kreativwerkstatt für Malen und<br />
Basteln,<br />
■ der Aktivraum zum Tanzen und Musik-Hören.<br />
■ der Schulgarten am Schulhaus,<br />
■ die übrigen Programmflächen des<br />
großen Hauses (Flure und Treppenhäuser)<br />
werden als gestaltete Lernumgebungen<br />
genutzt (Bilderrahmen;<br />
Arbeiten der Kinder; Lehrmittel, die<br />
Anschauungsmittel sind; Projektarbeiten;<br />
Arbeiten auf Leinwänden; Naturprodukte<br />
aus Projekten wie »Apfelwochen«,<br />
»Elemente der Natur« usw.)<br />
Allen Arbeiten im Schulhaus ist in<br />
10 Jahren noch nichts geschehen.<br />
Vandalismus ist in der Burgschule ein<br />
Fremdwort!<br />
»Kunst und Schule –<br />
Gerade ›sprachlose‹<br />
Kinder finden<br />
andere, kreative<br />
Ausdrucksformen,<br />
Welt zu gestalten«<br />
»Wir wollen keine »Bikini-Schule« sein«,<br />
sagte Schulleiter Klaus Hummel bei<br />
der Preisverleihung, »die morgens wie<br />
nachmittags nur das Nötigste abdeckt<br />
und dazwischen irgendwas für den<br />
Magen bietet. Wir arbeiten an einer kooperativen<br />
Pädagogik aller Professionen<br />
aus einem Guss!«<br />
Kontakt<br />
Burgschule Esslingen, Blumenstraße 31, 73728 Esslingen<br />
Klaus Hummel, Tel.: 07 11 / 35 12 - 23 15<br />
Web: www.Burgschule-Esslingen.de<br />
E-Mail: GHS_Burgschule@esslingen.de<br />
»An unserer Schule werden<br />
nun viele Bücher gelesen«<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
17
Praxispreis<br />
Französische Schule<br />
Tübingen<br />
»… weil es der Schule gelingt, den individuellen<br />
Lernrhythmus und das unterschiedliche Lerntempo der<br />
Kinder zu berücksichtigen und damit verstärkt Lern- und<br />
Arbeitsformen zum Zuge kommen lässt, die selbst gestaltetes<br />
und am Erfahrungsprozess ausgerichtetes Lernen<br />
ermöglichen und fördern.« (aus der Laudatio)<br />
Pädagogische Leitideen<br />
»Gleichen Schritt und Tritt zu verlangen<br />
beachtet nicht die unterschiedliche Anstrengung<br />
für kleine oder große Beine.«<br />
(Ruth C. Cohn)<br />
Dieses Zitat ist charakteristisch für<br />
das pädagogische Konzept der Französischen<br />
Schule.<br />
Sie möchte ein Ort sein, an dem<br />
Kinder und Erwachsene gerne leben,<br />
lehren und lernen. Insofern soll die<br />
Französische Schule auch mehr als<br />
Unterricht bieten. Ihre Konzeption ist<br />
deshalb überschrieben mit den Stichworten:<br />
Lernen – Erfahren – Entdecken<br />
»Damit wollen wir zum Ausdruck bringen,<br />
dass der Unterricht an unserer<br />
Schule in starkem Maße von den Kindern<br />
getragen und gestaltet wird. Sie<br />
sind die entscheidenden Mitarchitekten<br />
ihres Lern- und Entwicklungsprozesses.<br />
Deshalb haben die Formen der Freien<br />
Arbeit, des Werkstattunterrichts und des<br />
Projektlernens einen hohen Stellenwert.<br />
Dies wird in jahrgangsübergreifenden<br />
Lerngruppen umgesetzt.«<br />
Die Chancen der Vielfalt aufgreifen<br />
»Unser Verständnis von Chancengleichheit<br />
verlangt, dem wachsenden Anspruch<br />
der Kinder auf Autonomie und<br />
soziale Bindung Rechnung zu tragen.<br />
So begreift die Schule die Lebensräume<br />
des Stadtteils als Lernräume und nimmt<br />
die Bewohner immer wieder in Anspruch<br />
(z. B. als Handwerker und Künstler). Umgekehrt<br />
sucht die Französische Schule<br />
auch im Stadtteil verantwortungsvolle<br />
Aufgaben (z. B. Mitwirkung bei der ›Zukunftswerkstatt<br />
Gestaltung des öffentlichen<br />
Raums‹). Zusammenarbeit besteht<br />
auch mit verschiedenen Initiativen und<br />
Einrichtungen (z. B. Vereine, ausländische<br />
Kulturarbeit, Gesprächskreise für Eltern<br />
zu verschiedenen Themen, Sprachkurse<br />
für ausländische Mütter, kommunale<br />
Einrichtungen).<br />
Ein besonderer Schwerpunkt ist die<br />
theaterpädagogische Arbeit an der Schule,<br />
die auch in Zusammenarbeit mit dem<br />
im Stadtteil ansässigen Theater erfolgt.«<br />
Kurzprofil der Schule<br />
Integratives pädagogisches Konzept<br />
Schule wird für viele berufstätige Eltern<br />
und Alleinerziehende zu einer<br />
Institution, die Kinder in verlässliche<br />
Obhut nimmt.<br />
Rhythmisierung zwischen Anspannung,<br />
Entspannung, Lernen und<br />
Entlastung. Entdeckendes und experimentierendes<br />
Lernen, freies Arbeiten,<br />
Angebote in Mathematik, Deutsch und<br />
Sachkunde wechseln ab mit AG-Angeboten,<br />
Sport- und Gestaltungsangeboten.<br />
Das Lernen wird so in starkem<br />
Maße von den Kindern mitgetragen<br />
und ihre Selbständigkeit<br />
und Selbstverantwortung damit<br />
bestärkt.<br />
Jahrgangsübergreifendes<br />
Lernen<br />
■ Die Kinder arbeiten und lernen<br />
in jahrgangsgemischten<br />
Lerngruppen, die aus etwa je<br />
einem Drittel Kinder der Stufe 1,<br />
2 und 3 zusammengesetzt sind.<br />
Die Klassen 4 werden als Jahrgangsklassen<br />
geführt.<br />
■ Unterricht oder: Kinder lernen<br />
Lernen. Schwerpunkt der<br />
Unterrichtsformen und -methoden:<br />
Arbeit mit dem Wochenplan,<br />
Projekt- und Werkstattunterricht.<br />
Demokratisierung und Selbstorganisation<br />
der Kinder<br />
In den einzelnen Lerngruppen<br />
und Klassen sind Formen der<br />
Selbstverwaltung eingeführt<br />
und werden weiter entwickelt.<br />
Das Gremium »Kinderrat« (zwei<br />
Kinder jeder Lerngruppe / Klasse)<br />
tagt regelmäßig, die dort gefassten<br />
Beschlüsse werden dann<br />
in die Lerngruppen / Klassen eingebracht.<br />
Schulversammlungen<br />
finden regelmäßig statt.<br />
Integration von Kindern in schwierigen<br />
Lebenslagen<br />
Die Lebensprobleme der Kinder, in der<br />
Mehrzahl aus sozial benachteiligten<br />
Familien, führen häufig zu Lern- und<br />
Leistungsproblemen. Differenzierte<br />
Angebote und gezielte Hilfen wurden<br />
/ werden erreicht durch:<br />
■ weiterentwickelte Unterrichtsmethoden<br />
■ Kooperation mit der Förderschule<br />
■ Kooperation mit Allgemeinem<br />
Sozialen Dienst, Jugendamt<br />
■ Einrichtung einer Schulstation<br />
»Jugendhilfe« (andere Form der<br />
Schulsozialarbeit)<br />
■ »freie« Mitarbeiter (finanziert durch<br />
Förderverein)<br />
Zur Ruhe kommen<br />
Altersmischung<br />
18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Stadtteilschule<br />
■ Treff- und Kommunikationsraum<br />
■ Zusammenarbeit mit Vereinen /<br />
Einrichtungen / Initiativen<br />
■ Stadtteil als Lernraum entdecken<br />
Kinder versorgen die schuleigenen Ziegen<br />
Schulhaus<br />
■ Einrichtung von Lern-, Arbeits-,<br />
Kommunikations- und Spielecken<br />
im Treppenhaus und Flurbereich<br />
■ wechselnde Ausstellungen<br />
■ Veröffentlichung der Unterrichtsarbeit<br />
/ Projekte<br />
■ Hauspostbriefkasten<br />
(betreut durch Kinderrat)<br />
■ Info-Brett »Eltern an Eltern«<br />
■ Pausenradio<br />
Tierhaltung<br />
Mit der Tierhaltung an unserer Schule<br />
verfolgt die Schule unter anderem folgende<br />
Ziele:<br />
Liebe zum Leben, Begegnung mit<br />
der Natur, sinnlicher Kontakt zu Tieren<br />
und schonender Umgang mit der Umwelt.<br />
Die Kinder übernehmen bei der<br />
Pflege der Ziegen die Verantwortung<br />
für diese Tiere – jeden Tag, jede Woche,<br />
ob Unterrichtszeit, Wochenende oder<br />
Ferien sind. Dabei arbeiten sie im Freien<br />
und entdecken täglich Neues.<br />
Der Ganztag<br />
In der Laudatio heißt es: »Die Französische<br />
<strong>Grundschule</strong> Tübingen wird für die<br />
konsequente und überzeugende Umsetzung<br />
ihres Ganztagsschulkonzeptes ausgezeichnet.<br />
Ausgehend von ihrem Schulkonzept,<br />
in dem das Kind als Akteur des<br />
Lernens innerhalb seiner Lebenswelt in<br />
den Mittelpunkt gestellt wird, hat sich<br />
die Französische Schule Tübingen schon<br />
vor einigen Jahren auf den Weg zur Ganztagsgrundschule<br />
gemacht.<br />
Initiiert durch den Elternbeirat der<br />
Schule nahmen Eltern, Lehrkräfte und<br />
Erzieherinnen gemeinsam bereits im<br />
Jahr 2000 das Projekt ›Die Französische<br />
Schule wird Ganztagsschule‹ in Angriff.<br />
Die Mühe und das Engagement der<br />
Schulgemeinschaft und das Durchhaltevermögen<br />
aller haben sich gelohnt: Seit<br />
Beginn des Schuljahres 2005 / 2006 ist<br />
die Französische Schule eine der wenigen<br />
gebundenen Ganztagsgrundschulen in<br />
der Bundesrepublik Deutschland.«<br />
Die Welt entdecken<br />
Durch die konsequente Umsetzung<br />
des Ganztagsschulgedankens greift die<br />
Französische Schule die Veränderung<br />
der Lebenswelten von Kindern und den<br />
steigenden Betreuungsbedarf von Eltern<br />
auf. Darüber hinaus gelingt es der<br />
Schule durch die Rhythmisierung des<br />
Schulalltags den individuellen Lernrhythmus<br />
und das unterschiedliche<br />
Lerntempo der Kinder zu berücksichtigen<br />
und damit verstärkt Lern- und<br />
Arbeitsformen zum Zuge kommen zu<br />
lassen, die selbst gestaltetes und am<br />
Erfahrungsprozess ausgerichtetes Lernen<br />
ermöglichen und fördern (zur Gestaltung<br />
vgl. Tabelle).<br />
Die Französische Schule kennzeichnet<br />
ihre Arbeit in einer Broschüre unter der<br />
Überschrift »Lernen braucht Zeit« mit<br />
einem Zitat:<br />
»… Zeit, damit eben nicht mehr alle das<br />
Gleiche machen müssen, sondern jeder<br />
das Seine erledigen kann.<br />
Zeit zum Luftholen zwischendurch.<br />
Zeit zum Nachdenken und Träumen.<br />
Zeit, langsam sein zu dürfen und doch<br />
fertig zu werden …«<br />
Schulgebäude<br />
Die Schule gibt Kindern, Pädagog/innen<br />
und Eltern diese Zeit – und dabei<br />
ruht sie sich selbst nicht aus. Mit den<br />
derzeitigen Planungen für die Erweiterung<br />
der Schule um eine Sekundarstufe<br />
schaut sie in die Zukunft und will<br />
weitere Schritte gehen.<br />
Kontakt<br />
Französische Schule, Galgenbergstr. 86, 72072 Tübingen<br />
Jutta Baitsch, Doris Hertkorn-Gärtner<br />
Tel.: 0 70 71 / 3 66 97-0<br />
Web: www.franzoesische-schule.de<br />
E-Mail: franzoesische.schule@t-online.de<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
19
Forschungsförderpreis<br />
Forschungsförderpreis für<br />
junge Wissenschaftlerinnen<br />
von<br />
Friederike<br />
Heinzel<br />
Der mit 6000 € dotierte Forschungsförderpreis<br />
des Grundschulverbandes<br />
wurde geteilt und an zwei junge Wissenschaftlerinnen<br />
vergeben: Nadine<br />
Budych (Doktorandin an der Universität<br />
Duisburg-Essen) und Doreen Weide<br />
(Doktorandin an der Technischen Universität<br />
Berlin). Der Grundschulverband<br />
unterstützt mit seinem Forschungsförderpreis<br />
laufende Forschungsarbeiten<br />
zum Thema »Ganztagsgrundschule«.<br />
Es wurden Qualifizierungsarbeiten<br />
zweier junger Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
ausgezeichnet. Prämiert<br />
wurden empirische Vorhaben,<br />
die zur Praxisförderung beitragen und<br />
den Kenntnisstand darüber erweitern,<br />
wie Ganztagsgrundschulen konzipiert<br />
und eingeführt werden, mit welchen<br />
Konsequenzen dies geschieht und wie<br />
der schulische Alltag an bestehenden<br />
Ganztagsgrundschulen beschaffen<br />
ist. Beide Untersuchungen evaluieren<br />
Ganztagsgrundschulen und tragen zur<br />
Weiterentwicklung von Konzepten bei.<br />
Die Preisträgerinnen<br />
Nadine Budych, Essen,<br />
Doktorandin an der Universität Duisburg-Essen<br />
»… weil sie mit ihrem Forschungsvorhaben einen<br />
wichtigen Beitrag zu Fragen der Schulentwicklung<br />
und Qualitätsentwicklung im Hinblick auf die<br />
Implementierung von Konzepten der Ganztagsschule<br />
leisten kann.«<br />
Dissertationsvorhaben zum Thema »Ganztagsgrundschule:<br />
Dezentrale Entwicklungsmodelle und Qualitätskriterien«<br />
(Betreuer der Dissertation: Prof. Dr. Tassilo Knauf )<br />
Doreen Weide, Potsdam,<br />
Doktorandin an der Technischen Universität Berlin<br />
»… weil ihr Forschungsvorhaben Konsequenzen der<br />
Einführung der Ganztagsschule für Kinder untersucht<br />
und deren Perspektiven rekonstruiert.«<br />
Dissertationsvorhaben zum Thema »Zur Entwicklung von Zeitumgang<br />
und Zeitverständnis bei Schülerinnen und Schülern an<br />
Ganztagsschulen«<br />
(Betreuerin der Dissertation: Prof. Dr. Sabine Reh)<br />
Kontakt<br />
Nadine Budych, Philippstraße 70, 45327 Essen<br />
Tel.: 02 01 / 8 37 28 78, Mail: n.budych@web.de<br />
Doreen Weide, Stahnsdorfer Straße 156c,<br />
14482 Potsdam, Mail: Dreenchen78@gmx.de<br />
Zudem werden Handlungsperspektiven<br />
der<br />
Betroffenen durch Befragungen<br />
oder Beobachtungen<br />
von pädagogischen Fachkräften,<br />
Schul- und Projektleitungen,<br />
Schülerinnen und Schülern, Eltern und<br />
außerschulischen Kooperationspartnern<br />
erfasst sowie Fragen der Partizipation<br />
untersucht.<br />
Qualitätsentwicklung<br />
von Ganztagsschulen<br />
In der Arbeit von Nadine Budych geht<br />
es um dezentrale Entwicklungsmodelle<br />
und Qualitätskriterien. Das Dissertationsvorhaben,<br />
das von Prof. Dr. Tassilo<br />
Knauf betreut wird, befasst sich<br />
mit dem Vergleich von Standorten, die<br />
Ganztagsschulen in unterschiedlicher<br />
Form eingeführt haben. In Fallstudien<br />
soll gezeigt werden, wie die Umwandlung<br />
von <strong>Grundschule</strong>n in offene Ganztagsgrundschulen<br />
vollzogen wurde.<br />
Der Entwicklungsprozess wird im Hinblick<br />
auf Qualitätskriterien überprüft,<br />
wie raum-zeitliche Bedingungen von<br />
Lernkultur oder Partizipationsmöglichkeiten<br />
der Beteiligten. Überdies<br />
sollen sowohl mit der Ganztagsschule<br />
verbundene Hoffnungen als auch Vorbehalte<br />
und Einwände gegen die Ganztagsschule<br />
in die Analysen einbezogen<br />
werden. Die Untersuchung von Nadine<br />
Budych berücksichtigt den langsam<br />
sich vollziehenden Paradigmenwechsel<br />
von einer zentralen Systemsteuerung<br />
zu kooperativen Prozess-Strukturen,<br />
die im Rahmen von Organisationsentwicklungsprozessen<br />
von den Akteuren<br />
vor Ort geleistet werden.<br />
In der Laudatio für Nadine Budych<br />
heißt es: »Für die Entwicklung von<br />
Ganztagsgrundschulen ist es wichtig,<br />
standortspezifische bedarfsgerechte<br />
Konzepte zu fördern. Schulentwicklung<br />
wird in der Einzelschule geleistet, wobei<br />
Lernkultur, Gestaltung des Schullebens<br />
und Schulorganisation abhängen von<br />
den Vorstellungen und Kompetenzen<br />
Prof. Dr. Friederike Heinzel (Mitte) hielt<br />
die Laudatio auf die beiden ausgezeichneten<br />
jungen Wissenschaftlerinnen:<br />
Nadine Budych (links) und Doreen Weide<br />
(rechts im Bild).<br />
Friederike Heinzel, Fachreferentin für<br />
Grundschulforschung des Grundschulverbandes,<br />
ist die Autorin dieses Beitrags.<br />
des Kollegiums, den Bedürfnissen der<br />
Kinder, den Anliegen der Eltern und den<br />
Kooperationsbeziehungen. Heißt dies jedoch,<br />
dass es keine verallgemeinerbaren<br />
Erfahrungen und Modelle für die Umgestaltung<br />
von <strong>Grundschule</strong>n in Ganztagsgrundschulen<br />
geben kann?<br />
Diese wichtige Frage untersucht Nadine<br />
Budych in ihrer Dissertation. Sie<br />
befasst sich zunächst mit dem Entstehungs-<br />
und Entwicklungsprozess der<br />
Ganztagsgrundschulen der Städte Herford<br />
und Haan, die Ganztagsschulen in<br />
unterschiedlicher Form eingeführt haben.<br />
Sie vergleicht die Qualität der Ganztagsschulen<br />
im verpflichtenden System<br />
in Herford und im Angebotsmodell in<br />
Haan. Überdies will Nadine Budych herausfinden,<br />
ob es generalisierbare Planungsmodelle<br />
für die Umgestaltung von<br />
<strong>Grundschule</strong>n in offene Ganztagsschulen<br />
gibt oder ob nur jeweils vor Ort sinnvolle<br />
und angemessene Strukturen entwickelt<br />
werden können.<br />
Die Untersuchung des Entwicklungsprozess<br />
in Herford, wo alle elf <strong>Grundschule</strong>n<br />
in Ganztagsschulen umgewandelt<br />
wurden, erscheint dem Grundschulverband<br />
im Hinblick auf Modellentwicklung<br />
besonders interessant, weil hier die Stadt<br />
wesentlicher Kooperationspartner ist<br />
und sich aktiv und konstruktiv an der<br />
Entwicklung beteiligt.<br />
Das Forschungsvorhaben von Nadine<br />
Budych kann einen wichtigen Beitrag zu<br />
Fragen der Schulentwicklung und Qualitätsentwicklung<br />
im Hinblick auf die Implementierung<br />
von Konzepten der Ganztagsgrundschule<br />
leisten.«<br />
20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Zeitumgang und Zeitverständnis<br />
im Ganztag<br />
Die Studie der zweiten Preisträgerin<br />
des Forschungsförderpreises, Doreen<br />
Weide, setzt sich mit dem Versuch<br />
der Ganztagsgrundschule auseinander,<br />
durch Rhythmisierung des Tages und<br />
flexible Zeitstrukturen einer anderen<br />
Zeiterfahrung in der Schule Raum zu<br />
geben. In der Untersuchung wird davon<br />
ausgegangen, dass Zeit in der postindustriellen<br />
Welt eine spezielle Rolle<br />
spielt. Gesellschaftlich hat sich das<br />
Verständnis einer linearen und messbaren<br />
Zeit herausgebildet, gleichzeitig<br />
gibt es die Vorstellung einer subjektiv<br />
erlebten Zeit, einer Eigenzeit und Bildungszeit.<br />
Allerdings trägt gerade die<br />
Schule wesentlich zur Entwicklung des<br />
gesellschaftlichen Zeitverständnisses<br />
bei, weil Schülerinnen und Schüler mit<br />
dem Eintritt in die Schule nach starren<br />
Zeitvorgaben zu leben lernen.<br />
Durch intensive Beobachtungen von<br />
Kindern und Gespräche mit Kindern an<br />
zwei Ganztagsgrundschulen untersucht<br />
Doreen Weide die Auswirkungen<br />
von Zeitstrukturen und veränderter<br />
Tages- und Unterrichtsorganisation<br />
auf den Zeitumgang und das Zeitverständnis<br />
der Schülerinnen und Schüler.<br />
Die Studie entsteht im Kontext des<br />
vom BMBF geförderten Forschungsprojektes<br />
»Lernkultur und Unterrichtsentwicklung<br />
an Ganztagsschulen in Berlin,<br />
Brandenburg und Rheinland-Pfalz«, das<br />
von Prof. Dr. Sabine Reh und Prof. Dr.<br />
Fritz-ulrich Kolbe geleitet wird.<br />
In der Laudatio für Doreen Weide heißt<br />
es: »Durch die Einführung von Ganztagsschulen<br />
sollen Kinder mehr Bildungszeit<br />
erhalten. Handlungsspielräume sollen<br />
gewonnen und interaktives Lernen ermöglicht<br />
werden durch längere Schulzeiten,<br />
eine Rhythmisierung des Schulalltags<br />
und flexible Zeitstrukturen. Doch<br />
nutzen Kinder die zusätzliche Zeit in<br />
Ganztagsschulen als Bildungszeit?<br />
Dieser interessanten Frage geht<br />
Doreen Weide mit ihrer Dissertation<br />
nach. Sie beschäftigt sich in ihrem Forschungsvorhaben<br />
mit der Entwicklung<br />
von Zeitumgang und Zeitverständnis<br />
bei Schülerinnen und Schülern an Ganztagsschulen.<br />
Doreen Weide untersucht,<br />
wie sich die Einführung ganztägiger<br />
Peter Heyer ist 75<br />
– wir gratulieren!<br />
Die Schule ohne Auslese. Das ist seine<br />
zentrale Botschaft, die in jeder Diskussion<br />
mit Peter Heyer und in seinen<br />
vielfältigen Aktivitäten immer wieder<br />
durchscheint:<br />
Kinder nicht aus der allgemeinen Schule<br />
ausgrenzen, weil sie anders sind, zum<br />
Beispiel behinderte Kinder. Dabei ist in<br />
Wahrheit doch jedes Kind anders. Die<br />
Vielfalt der Kinder in der Schule akzeptieren<br />
und sie konstruktiv nutzen, dies<br />
ist nicht nur pädagogisch sondern auch<br />
gesellschaftlich eine hoch bedeutsame<br />
Aufgabe. Und dann die Auslese nach vier,<br />
in zwei Bundesländern nach sechs Jahren.<br />
Viel zu früh, auch mit dem Blick auf schulisch<br />
erfolgreichere Länder.<br />
Der Kampf um die Schule ohne Auslese<br />
ist ein Kampf gegen die Schule der Privilegien,<br />
die aus der vordemokratischen<br />
ständischen Gesellschaft in die Demokratie<br />
hinübergerettet wurde. Peter Heyers<br />
Engagement ist mit dieser Denkweise<br />
immer politisch und zugleich immer pädagogisch.<br />
Wir schätzen ihn als scharfen<br />
und beharrlichen Argumentierer, als Anreger<br />
und Förderer von Initiativen, die eine<br />
Schule ohne Auslese zum Anliegen haben.<br />
Er trat zum Beispiel in Berlin und bundesweit<br />
wirkungsvoll für die Integration Behinderter<br />
in die allgemeine Schule ein, ein<br />
Thema, das ihn nicht loslässt, auch weil es<br />
aus der Bildungsdebatte derzeit nahezu<br />
verschwunden ist. Er initiierte zuletzt das<br />
Projekt »Länger gemeinsam lernen«, das<br />
der Grundschulverband mit dem Gesamtschulverband<br />
gründete und dem sich inzwischen<br />
zehn Verbände angeschlossen<br />
haben.<br />
Schulangebote auf die Entwicklung des Zeitumgangs und Zeitverständnisses<br />
von Schülerinnen und Schülern auswirkt. In der<br />
Arbeit soll geprüft werden, wie die vorgegebene Tagesstruktur<br />
in den Ganztagsschulen die Entwicklung von Fähigkeiten zu einem<br />
selbstgesteuerten Umgang mit Zeit beeinflusst.<br />
Dabei geht Doreen Weide von einer zentralen Rolle der Schule<br />
bei der Entwicklung des Zeitverständnisses von Kindern aus.<br />
Ein bewusster Umgang von Kindern mit Zeit ist für sie nicht so<br />
sehr Ausdruck einer ›verplanten Kindheit‹. Vielmehr gehört für<br />
sie die Förderung des Zeitverständnisses bei Kindern zu einer<br />
wesentlichen Voraussetzung von Selbstbestimmung und Selbständigkeit.<br />
Dem Forschungsvorhaben von Doreen Weide misst der<br />
Grundschulverband große Bedeutung zu, weil es Konsequenzen<br />
der Einführung der Ganztagsschule für Kinder untersucht und<br />
deren Perspektiven rekonstruiert. Ihre Forschungsarbeit lässt<br />
einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um die Ganztagsschule<br />
erwarten.«<br />
Der Grundschulverband freute sich, Nadine Budych und<br />
Doreen Weide für ihre Qualifizierungsarbeiten den Forschungsförderpreis<br />
überreichen zu können und sie damit<br />
bei Ihren Forschungsvorhaben zu unterstützen.<br />
Peter Heyer war von Anfang an dabei, als<br />
der Grundschulverband noch Arbeitskreis<br />
<strong>Grundschule</strong> hieß: Er war in den Anfangsjahren,<br />
den Siebzigern, fünf Jahre Stellvertreter<br />
des Gründers und ersten Vorsitzenden<br />
Erwin Schwartz. Später leitete er die<br />
Landesgruppe Berlin mit vielen Initiativen.<br />
Seit dem Jahr 2000 ist er auf der Bundesebene<br />
des<br />
Grundschulverbandes<br />
Fachreferent,<br />
zur Zeit<br />
für das Referat<br />
»Länger gemeinsam<br />
lernen«.<br />
Nun ist Peter Heyer 75 geworden. Wer<br />
seine pointierten Diskussionsbeiträge erlebt,<br />
seine Streitbereitschaft, wenn es um<br />
die Sache geht, seine konstruktive Arbeit<br />
in vielen Arbeitsgruppen, seine Überzeugungskraft<br />
durch große Sachkenntnis,<br />
der hofft, dass er ans Ausruhen noch nicht<br />
denkt und freut sich darauf, noch einiges<br />
mit ihm gemeinsam bewegen zu können.<br />
Lieber Peter Heyer, im Namen des Grundschulverbandes<br />
– herzlichen Glückwunsch<br />
und weiter so für unser gemeinsames Anliegen,<br />
der Schule ohne Auslese!<br />
Horst Bartnitzky, Vorsitzender<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
21
Politikpreis: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />
Politikpreis für die Stadt Herford<br />
»Zukunftsweisende«<br />
Ganztagsschul-Entwicklung<br />
»… weil die Stadt aus ihrem kommunalen<br />
Etat erhebliche Mittel für die Entwicklung<br />
ihrer elf <strong>Grundschule</strong>n zu Ganztagsschulen<br />
bereitstellt und in Kooperation mit den<br />
Schulen, einem wissenschaftlichem Beirat<br />
und außerschulischen Institutionen stetig<br />
an der Weiterentwicklung ihres Modells<br />
arbeitet.« (aus der Laudatio)<br />
von<br />
Ulrich Hecker<br />
(v. l. n. r.:) Ernst<br />
Meihöfer (Schuldezernent<br />
der Stadt<br />
Herford), Horst<br />
Bartnitzky, Rainer<br />
Schweppe (Leiter<br />
der Schulabteilung)<br />
und Reinhard Kahl,<br />
der Moderator der<br />
Preisverleihung<br />
Elternvertreter hatten für Kaffee und<br />
Brötchen gesorgt, Schulleiterin Stürcken-Schäfer<br />
verteilte Schokolade,<br />
Schuldezernent Meihöfer Lakritzkonfekt:<br />
Es war eine vergnügte Reise,<br />
fast wie ein Schulausflug, als sich am<br />
25. März ein Bus mit Schulleiter/innen,<br />
Kommunalpolitiker/innen, Eltern,<br />
Kooperationspartnern und Mitarbeitern<br />
der Schul- und Bauverwaltung<br />
auf den Weg zum<br />
»Grundschulforum« nach<br />
Frankfurt machte, um für die Stadt<br />
Herford den Politikpreis des Grundschulverbandes<br />
entgegenzunehmen.<br />
Mit seinem Politikpreis würdigte der<br />
Grundschulverband das Engagement<br />
der Stadt Herford bei der Einführung<br />
des Ganztags an allen städtischen<br />
<strong>Grundschule</strong>n als herausragend. Herford<br />
investiert 16 Millionen Euro in die<br />
notwendige Erweiterung der Schulgebäude.<br />
Nur die Hälfte davon können<br />
aus Fördermitteln des Bundes bestritten<br />
werden.<br />
»Ein weiterer Teil des Qualitätsunterschiedes<br />
zu anderen Schulträgern, die<br />
auch Ganztagsbetrieb eingeführt haben,<br />
ist der wissenschaftliche Unterbau<br />
des Projektes, die Finanzierung weiterer<br />
Stellen und von Fortbildung sowie die<br />
Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />
Partnern«, sagte der Vorsitzende des<br />
Verbandes, Horst Bartnitzky. Er überreichte<br />
eine Urkunde und Blumen an<br />
Herfords Schuldezernenten Ernst Meihöfer<br />
und den Leiter der Schulabteilung,<br />
Reiner Schweppe.<br />
In seiner Laudatio hob Horst Bartnitzky<br />
hervor:<br />
»Die Stadt Herford überzeugt mit dem<br />
von ihr vorgelegten Leit- und Handlungskonzept<br />
für eine offene Ganztagsschule.<br />
Dieses Konzept wurde in Zusammenarbeit<br />
mit einem wissenschaftlichen<br />
Beirat und<br />
Expertinnen und Experten<br />
aus den Bereichen Schule, Schulaufsicht,<br />
Kultur, Weiterbildung und Sport entwickelt.<br />
Es ist als Entwicklungsmodell<br />
konzipiert, das in seiner letzten Stufe die<br />
gebundene Ganztagsschule mit rhythmisierter<br />
Zeitstruktur vorsieht.«<br />
Der Prozess der Umwandlung von<br />
<strong>Grundschule</strong>n in Ganztagsgrundschulen<br />
wird von der Stadt Herford seit<br />
dem Jahre 2003 begleitet. Derzeit gibt<br />
es in allen 11 Herforder <strong>Grundschule</strong>n<br />
Ganztagsangebote. »Bis zum Sommer<br />
2007«, so heißt es im Konzept, »sollen<br />
sämtliche <strong>Grundschule</strong>n zu ganztägig<br />
genutzten Lern- und Lebensräumen<br />
umgestaltet werden, in denen Kinder<br />
mit unterschiedlicher Herkunft unter<br />
multiprofessioneller Anleitung ihren<br />
Entdeckungsdrang ausleben und ihre<br />
Wissensbegierde befriedigen können.«<br />
Vor dem Hintergrund dieser pädagogischen<br />
Zielbeschreibung hat die<br />
Stadt ein Raumkonzept entwickelt und<br />
zeichnet in ihm die Vision einer Schule,<br />
in der der Faktor Raum eine zentrale<br />
Bedeutung erhält »von der Pädagogik<br />
zum Raum – vom Raum der Pädagogik«.<br />
Die Stadt Herford hat den Politikpreis<br />
erhalten,<br />
■ weil sie aus ihrem kommunalen Etat<br />
erhebliche Mittel für die Entwicklung<br />
ihrer 11 <strong>Grundschule</strong>n zu Ganztagsschulen<br />
bereitstellt und in Kooperation<br />
mit den Schulen, einem wissenschaftlichem<br />
Beirat und außerschulischen<br />
Institutionen stetig an der Weiterentwicklung<br />
ihres Modells arbeitet;<br />
■ weil sie in Kooperation mit dem<br />
Schulamt und außerschulischen Institutionen<br />
Lehrerfortbildung und Fortbildung<br />
der ergänzenden pädagogischen<br />
Kräfte anbietet und den Lehreraustausch<br />
zwischen schwedischen und<br />
Herforder Schulen vorantreiben will;<br />
■ weil sie logistische Unterstützung<br />
bietet und kommunale Zuschüsse für<br />
zusätzliche Stellen, Sachmittel und<br />
Baumaßnahmen bereitstellt;<br />
■ weil sie mit Experten Qualitätskriterien<br />
für die Raumgestaltung entwickelt<br />
und fachliche Beratung und Unterstützung<br />
bei der Umgestaltung von<br />
<strong>Grundschule</strong>n in Lern- und Lebensräume<br />
gewährleistet;<br />
■ weil sie mit Institutionen, wie z. B.<br />
der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />
kooperiert mit dem Ziel, das<br />
Modell Ganztag stetig weiterzuentwickeln,<br />
Nachhaltigkeit zu gewährleisten<br />
und der überregionalen Implementierung<br />
Vorschub zu leisten.<br />
»Damit«, so Horst Bartnitzky im Namen<br />
der Jury, »hat die Stadt Herford ein<br />
zukunftsweisendes Modell geschaffen,<br />
welches der Grundschulverband mit der<br />
Preisvergabe auszeichnet.«<br />
Eine weitere Auszeichnung kommt Herford<br />
ebenfalls zu Gute: Nadine Budych<br />
aus Essen bekam mit 3.000 Euro eine<br />
Hälfte des Forschungsförderpreises<br />
des Grundschulverbandes. Sie will in<br />
ihrer Dissertation den Ganztagsbetrieb<br />
in Herford und Haan vergleichen und<br />
ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen<br />
prüfen. Ihr Doktorvater an der Uni<br />
Duisburg-Essen ist übrigens Prof. Dr.<br />
Tassilo Knauf, der die Herforder bei<br />
der Entwicklung ihres Ganztagskonzepts<br />
beraten hat.<br />
Kontakt<br />
Stadt Herford, Rainer Schweppe, Abt.<br />
Schule, Postfach 2843, 32046 Herford<br />
Tel.: 0 52 21 / 1 89 - 3 42<br />
Mail: rainer.schweppe@herford.de<br />
22
Dokumentation<br />
Ganztagsgrundschulen –<br />
Zur Entwicklung in den Bundesländern<br />
Es wurde und wird schon etwas bewegt<br />
mit dem Investitionsprogramm<br />
»Zukunft Bildung und Betreuung«,<br />
in dem der Bund den Ländern für die<br />
Einrichtung neuer Ganztagsschulen<br />
und die qualitative Weiterentwicklung<br />
4 Mrd. € für den Zeitraum von 2003<br />
bis 2007 zur Verfügung stellt. Nach<br />
anfänglichem Zögern sind alle Bundesländer<br />
in diesen Zug eingestiegen bzw.<br />
sind noch auf den bereits fahrenden<br />
Zug aufgesprungen und versuchen nun<br />
Tempo und Richtung des Zuges länderspezifisch<br />
zu bestimmen. So entsteht<br />
leicht der Eindruck, dass sich viel bewegt,<br />
aber nichts vorankommt. Doch<br />
bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass<br />
alle Bundesländer eine Tür – wenn auch<br />
manchmal nur einen Spalt weit – geöffnet<br />
haben und sich Schulen auf den<br />
Weg begeben mit ihren Möglichkeiten<br />
und unter den örtlichen Rahmenbedingungen<br />
sowie den teils förderlichen<br />
und teils hinderlichen ministeriellen<br />
Rahmenvorgaben, ihre Schule zu einem<br />
ganztägigen Lebens- und Lernort<br />
weiter zu entwickeln.<br />
Wie unterschiedlich die Konzepte<br />
und Rahmenvorgaben zu Ganztagsgrundschulen<br />
in den 16 Bundesländern<br />
sind, wurde in GSV-<strong>aktuell</strong> Nr. 87 (September<br />
2004) bereits im Überblick dargestellt.<br />
Aktuellere Zahlen und Daten<br />
liegen hierzu von der KMK nicht vor.<br />
Doch gibt es eine Recherche, die das<br />
Sozialpädagogische Institut NRW, Fachhochschule<br />
Köln (SPI NRW, FH Köln) im<br />
Auftrag des Bundesministeriums für<br />
Bildung und Forschung durchgeführt<br />
hat (http://www.ganztagsschulen.org/<br />
1108.php.). Sie gibt zum einen fundierten<br />
Einblick in die Rahmenvorgaben<br />
und informiert detailliert über die<br />
rechtlichen und pädagogisch-konzeptionellen<br />
sowie die organisatorischbetrieblichen<br />
Grundlagen in den einzelnen<br />
Bundesländern. Als Quellen<br />
dienten in erster Linie Veröffentlichungen<br />
der jeweiligen Landesregierung.<br />
Die Auswertung erfolgt nach Kategorien,<br />
die im SPI NRW erarbeitet wurden.<br />
Mit diesen Kategorien können nicht<br />
nur Konzepte und Rahmenvorgaben<br />
jedes Bundeslandes analysiert und mit<br />
anderen verglichen und übersichtlich<br />
dargestellt werden, sondern die Kategorien<br />
können auch als »Checkliste«<br />
und Anregung für die Entwicklung eines<br />
Entwicklungsprogramms von jeder<br />
Schule, die sich auf den Weg machen<br />
will, genutzt werden. Sie sollen daher<br />
genannt und mit einigen Beispielen<br />
aus den Ländern, aus denen die Preisträgerschulen<br />
kommen, konkretisiert<br />
werden:<br />
Die »Pädagogisch konzeptionellen<br />
Grundlagen« sind nach folgenden<br />
Kategorien gegliedert:<br />
■ Pädagogische Leitziele<br />
■ Qualitätsentwicklung<br />
■ Gestaltung des Schultages / Ganztages<br />
■ Raumkonzept<br />
■ Verpflegung<br />
■ Personaleinsatz<br />
■ Zeitkonzept<br />
■ Kooperationsmöglichkeiten<br />
■ Wissenschaftliche Begleitung / Interne<br />
Evaluation<br />
Die »Organisatorisch-betrieblichen<br />
Grundlagen« sind nach folgenden<br />
Kategorien gegliedert:<br />
■ Verpflegung<br />
■ Raumprogramm/ Sachausstattung<br />
■ Kooperationsoptionen/-ziele<br />
■ Kooperationsvereinbarungen<br />
■ Zeitrahmen<br />
■ GTS-Angebote<br />
■ Personalstruktur<br />
■ Finanzierung<br />
■ Genehmigungsverfahren<br />
Pädagogische Leitziele<br />
Hier werden vor allem die unterschiedlichen<br />
Grundpositionen der Länder<br />
deutlich. Einige Länder halten sich in<br />
den konzeptionellen Aussagen zurück<br />
und geben nur den bildungspolitischen<br />
Schwerpunkt an:<br />
Die Ganztagsschulen mit besonderer<br />
pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung,<br />
insbesondere Hauptschulen,<br />
sollen bedarfsorientiert weiter ausgebaut<br />
werden. (Baden-Württemberg http://<br />
www.ganztagsschulen.org/1112.php)<br />
Andere Bundesländer geben den bildungspolitischen<br />
Schwerpunkt an und<br />
formulieren einen Gestaltungsauftrag:<br />
Das Ziel ist die Schaffung eines ausgewogenen<br />
und bedarfsorientierten Schulnetzes<br />
im Grundschulbereich, das sowohl<br />
die ganztägige Betreuung sichert als<br />
auch die intensive Förderung aller Kinder<br />
unterstützt. Schulen mit Ganztagsangeboten<br />
sollen Lern- und Lebensorte sein,<br />
die den 45-Minuten-Takt der bisherigen<br />
Unterrichtsorganisation überwinden. Es<br />
geht darum, Lernprozesse zu rhythmisieren,<br />
außerschulische Lernorte und Freizeitaktivitäten<br />
in die Arbeit der Schule<br />
einzubeziehen und vor allem selbständige<br />
und eigenverantwortliche Lernprozesse<br />
zu fördern. (Berlin http://www.ganz<br />
tagsschulen.org/1131.php)<br />
Andere Bundesländer formulieren<br />
einen Zielkatalog, der die vielfältigen<br />
reformpädagogischen Hoffnungen der<br />
<strong>aktuell</strong>en Diskussion enthält:<br />
Die Ganztagsschule soll Bildungsbarrieren<br />
abbauen, soziale Ausgrenzung<br />
verhindern, Lern- und Lebensort<br />
sein, gezielte individuelle Förderung von<br />
Talenten ermöglichen, mehr Raum für<br />
die persönliche Begegnung zwischen<br />
Schülern und Lehrkräften sowie für die<br />
Verbindung von fachlichem und sozialem<br />
Lernen schaffen, vertiefte Lern- und<br />
Förderangebote bei der Bildung und Erziehung<br />
für möglichst viele Schülerlnnen<br />
ermöglichen. Durch Kooperation von<br />
Schule, Jugendhilfe und anderen Trägern<br />
sollen attraktive Lern- und Lebensorte<br />
für junge Mensch entstehen. Die Ganztagsschule<br />
soll die Erreichbarkeit jugendkultureller<br />
Angebote in dünn besiedelten<br />
ländlichen Regionen sichern und Ressourcen,<br />
die im Gemeinwesen vorhanden<br />
sind, für SchülerInnen nutzbar machen.<br />
( Brandenburg http://www.ganztags<br />
schulen.org/1133.php)<br />
von<br />
Karlheinz Burk<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
23
Dokumentation<br />
Dr. Karlheinz Burk<br />
Fachreferent des<br />
Grund schulverbandes<br />
zu Fragen der<br />
Schul entwicklung<br />
und Schulgestaltung.<br />
Und besonders ausführlich<br />
im Bundesland Bremen (http://<br />
www.ganztagsschulen.org/<br />
1135.php):<br />
Im Primar- und Sekundarstufe-I-Bereich<br />
erfolgt schrittweise<br />
ein bedarfsgerechter Ausbau<br />
von Ganztagsangeboten.<br />
Sie können Benachteiligungen<br />
vermindern und neue Fördermöglichkeiten<br />
auch für leistungsstärkere<br />
Schülerinnen und<br />
Schüler eröffnen.<br />
Ganztagsschulen bieten besonders<br />
gute Voraussetzungen dafür, durch eine<br />
entsprechende Unterrichtsorganisation<br />
Schülerinnen und Schüler zum selbst verantworteten<br />
Lernen zu führen verbunden<br />
mit einem umfassenden Förderkonzept<br />
für leistungsstarke und leistungsschwache<br />
Schülerinnen und Schüler.<br />
Dazu gehören:<br />
■ die Förderung des selbst verantworteten<br />
Lernens von Schülerinnen und Schülern<br />
durch Unterrichtskonzeptionen,<br />
die die spezifischen Möglichkeiten von<br />
Ganztagsschulen zur Öffnung des Unterrichts<br />
und zur Freien Arbeit entsprechend<br />
nutzen,<br />
■ Formen der integrativen, auch außerunterrichtlichen<br />
Lernförderung im kognitiven,<br />
manuellen, sozialen und emotionalen<br />
Bereich,<br />
■ Lernarrangements und gezielte Angebote,<br />
die eine Förderung und Entwicklung<br />
von Talenten und Stärken bei allen<br />
Schülerinnen und Schülern ermöglichen,<br />
■ die systematische und verbindliche<br />
jahrgangs- und fächerübergreifende Zusammenarbeit<br />
der Lehrkräfte und deren<br />
Einsatz über den ganzen Tag,<br />
■ die inhaltliche Verzahnung von Unterricht,<br />
unterrichtsergänzenden und<br />
anderen Angeboten durch die inhaltliche<br />
Einbeziehung der sozialpädagogischen<br />
Fachkräfte in die Unterrichtsplanung<br />
und – gestaltung sowie die Einbeziehung<br />
von themenbezogenen Vorhaben,<br />
Arbeitsgemeinschaften und Projekten<br />
(auch außerschulischer Anbieter und Kooperationspartner),<br />
■ die Nutzung des Zeitvolumens zur<br />
verstärkten Einbeziehung lebens- und<br />
arbeitsweltlicher sowie sozialer Praxis<br />
und Erfahrung,<br />
■ der Ersatz der (traditionellen) Hausaufgaben<br />
durch schulische Angebote<br />
und Freiarbeitsräume im Ganztag sowie<br />
die Verknüpfung und Weiterentwicklung<br />
von Trainings- und Förderprogrammen,<br />
■ die Förderung eines aktiven, kritischen<br />
und der Gesundheit sowie der kulturellen<br />
Integration dienenden Freizeitverhaltens.<br />
Bei der Realisierung von Ganztagsschulen<br />
verfolgt der Senator für Bildung<br />
und Wissenschaft das Ziel, in Kooperation<br />
mit dem Senator für Arbeit, Frauen,<br />
Gesundheit, Jugend und Soziales und mit<br />
freien Trägern ein offenes Angebot zu<br />
gestalten, dieses aber schrittweise in gebundene<br />
Form zu überführen, das heißt,<br />
den Unterricht, unterrichtsergänzende<br />
Angebote und Betreuung eng zu verzahnen<br />
und die Teilnahme für Schülerinnen<br />
und Schüler verbindlich zu machen. (Bremen)<br />
Qualitätsentwicklung<br />
Hier verweisen die Länder auf unterschiedliche<br />
länderspezifische Entwicklungsprojekte,<br />
Rahmenvorgaben und<br />
Qualitätskriterien allgemeiner und<br />
ganztagsschulspezifischer Art sowie<br />
auf die Beteiligung am Verbundprojekt<br />
der Bund-Länderkommission für<br />
Bildungsplanung und Forschungsförderung<br />
»Lernen für den GanzTag – Entwicklung<br />
von Qualifikationsprofilen<br />
und Fortbildungsbausteinen für pädagogisches<br />
Personal an Ganztagsschulen«<br />
und die in Zusammenarbeit mit<br />
der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />
erfolgte Einrichtung der Serviceagentur<br />
»Ideen für mehr! ganztägig<br />
lernen«, sofern das Land (z. B. Baden-<br />
Württemberg) sich nicht aus grundsätzlichen<br />
Erwägungen (Neuordnung<br />
der Zuständigkeit von Bund und Ländern<br />
im Bildungsbereich) an Bundesprogrammen<br />
nicht beteiligt.<br />
Gestaltung des Schultages /<br />
Ganztages<br />
Je nach Grundposition werden die Rahmenvorgaben<br />
für die Gestaltung des<br />
Schultages formuliert. In Ganztagsschulen<br />
der voll oder teilweise gebundenen<br />
Form bilden der Unterricht und die<br />
zusätzlichen Angebote der Schule sowie<br />
der Kooperationspartner eine pädagogische<br />
Einheit. Es sollen des weiteren Angebote<br />
von Kooperationspartnern aus den<br />
Bereichen Jugend, Kultur, Sport, Religionsgemeinschaften,<br />
Arbeit, Umwelt oder<br />
Soziales über Kooperationsvereinbarungen<br />
angeboten werden. Offene Form:<br />
Zusätzlich zu einem im Wesentlichen unverändert<br />
bleibenden Unterrichtsteil am<br />
Vormittag gibt es außerunterrichtliche<br />
Bildungsangebote, pädagogisch begleitete<br />
oder selbstorganisierte Freizeitaktivitäten,<br />
jugendkulturelle Angebote und<br />
Betreuungsformen, die nicht zwingend<br />
mit dem Lerngeschehen der Schule in<br />
Verbindung stehen. Ganztagsangebote<br />
nach diesem Modell erfordern ebenfalls<br />
eine pädagogische Gesamtkonzeption,<br />
in der die unterrichtlichen und die offenen<br />
Angebote nach der Unterrichtszeit<br />
inhaltlich verknüpft und aufeinander bezogen<br />
sind. (Brandenburg)<br />
Das pädagogische Konzept soll auf<br />
die Situation und das Profil der jeweiligen<br />
Schule vor Ort zugeschnitten sein.<br />
Nachmittagsangebote können Schulen,<br />
Schulträger und außerschulische Kooperationspartner<br />
wie beispielsweise Vereine,<br />
Verbände, Musik- und Kunstschulen,<br />
aber auch die Jugendhilfe und Eltern<br />
machen. Nachmittägliche Angebote an<br />
den Schulen müssen unter der Aufsicht<br />
und Verantwortung der Schulleitung organisiert<br />
und in enger Kooperation mit<br />
der Schulleitung durchgeführt werden<br />
sowie in einem konzeptionellen Zusammenhang<br />
mit dem vormittäglichen Unterricht.<br />
(Baden-Württemberg)<br />
Raumkonzept<br />
Hier wird in der Regel auf die Rahmenbedingungen<br />
bzw. Modellraumprogramme<br />
für allgemein bildende<br />
Schulen bei der Einrichtung von Fachräumen<br />
verwiesen, da die Bedingungen<br />
in den einzelnen Schulen sehr<br />
unterschiedlich sind oder es werden<br />
Mindestanforderung an eine Ganztagsschule<br />
formuliert:<br />
■ Bereiche für Lernen, Verpflegung, Spiel<br />
und Erholung, Rückzug, Begegnung /<br />
Sozialerfahrung<br />
■ begründetes Raumkonzept sowie<br />
Stammraumkonzept<br />
■ Räume für Lehrkräfte, um Vor- und<br />
Nachbereitungsarbeiten zum Unterricht<br />
erledigen zu können.<br />
Die Gestaltung der Räume soll das<br />
Wohlbefinden fördern, zu eigenaktivem<br />
Lernen anregen und zu einem entwicklungsförderlichen<br />
Klima beitragen. Im<br />
Rahmen des Raumkonzeptes sind nicht<br />
nur die Räume des Schulhauses, sondern<br />
auch Räumlichkeiten des Kooperationspartners<br />
mitzudenken. (Brandenburg)<br />
Verpflegung<br />
In der Regel wird darauf hingewiesen,<br />
dass ein qualitatives Mittagessen angeboten<br />
werden soll.<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Dokumentation<br />
Personaleinsatz<br />
Je nach Konzept kommt es zu unterschiedlichen<br />
Lösungen:<br />
Lehraufträge können im Bereich der<br />
Freiwilligen Unterrichtsangebote an öffentlichen<br />
Schulen im Umfang von bis zu<br />
acht Wochenstunden durch die Schulleitungen<br />
im Rahmen der verfügbaren Mittel<br />
vergeben werden. Erfahrungsgemäß<br />
kommen Lehrbeauftragte für folgende<br />
Veranstaltungen in Betracht: Arbeitsgemeinschaften<br />
(z. B. Schultheater, Sport,<br />
Computer, Sprachen), Chor, Orchester<br />
und Instrumentalgruppen, Stütz- und<br />
Förderkurse, Einzelprojekte wie etwa Vorbereitung<br />
und Durchführung einer Theateraufführung,<br />
Workshop »Ballett«, Kurs<br />
über Graphik, PC-Software oder Sport.<br />
(Baden-Württemberg)<br />
Lehrer an einer gebundenen Ganztagsschule<br />
haben die gleiche Unterrichtsverpflichtung<br />
wie Lehrer an anderen<br />
Schulen; auch die Erzieherausstattung<br />
entspricht der, die im Hortbereich an<br />
Kindertagesstätten sowie im offenen<br />
Ganztagsbetrieb vorhanden ist. Erzieherinnen<br />
stehen am Schulvormittag vor<br />
allem in der Schulanfangsphase den Kindern<br />
für zusätzliche Unterstützung zur<br />
Verfügung, z. B. für basale Förderung,<br />
motorische Übungen, Lernspiele. (Berlin)<br />
Zeitkonzept<br />
Es reicht von Hinweisen auf das Zeitkontingent<br />
bis zu Gestaltungsempfehlungen<br />
und Kriterien eines rhythmisierten<br />
Schultages.<br />
Über den vormittäglichen Unterricht<br />
hinaus soll an mindestens drei Tagen in<br />
der Woche ein ganztägiges Angebot für<br />
die Schülerinnen und Schüler bereitgestellt<br />
werden, das täglich mindestens<br />
sieben Zeitstunden umfasst. (Baden-<br />
Württemberg)<br />
Über den Vor- und Nachmittag erstreckende,<br />
jugend- und lerngerechte Rhythmisierung,<br />
die sowohl an den physiologischen<br />
und psychologischen Belastungen<br />
und am Lerntempo der Schülerinnen orientiert<br />
sind.<br />
Darüber hinaus wird zwischen äußerer<br />
Rhythmisierung von Tagesorganisation<br />
und innerer Rhythmisierung in<br />
didaktisch-methodischen Konzeptionen<br />
unterschieden.<br />
Offene Form: Unterricht in täglich<br />
gleich bleibenden und geregelten Schulzeiten<br />
bis zum Mittag, anschließend pädagogische<br />
Angebote / außerunterrichtliche<br />
Bildungsangebote am Nachmittag<br />
(ohne Teilnahmepflicht).<br />
Mit der ganzheitlichen Organisationsform<br />
vollgebundener und teilgebundener<br />
Ganztagsgrundschulen soll eine<br />
Rhythmisierung des Schultages erreicht<br />
werden. (Brandenburg)<br />
Ganztagsschulen nutzen ein Mehr<br />
an pädagogisch gestaltbarer Lernzeit in<br />
einer auf den ganzen Tag abgestimmten<br />
Organisation von Unterricht, Freizeit und<br />
Schulleben. Dazu gehören:<br />
■ die Überwindung des 45/90-Minuten-<br />
Rhythmus,<br />
■ eine dem Ganztagsrhythmus angemessene<br />
Dauer und Anordnung der Pausen<br />
(insbesondere der Mittagspause),<br />
■ Wechsel und Verbindung von unterrichtlichen<br />
und nicht-unterrichtlichen<br />
Elementen,<br />
■ Verteilung der verpflichtenden Unterrichtsstunden<br />
auf den Vor- und Nachmittag,<br />
■ eine Konzeption des Wechsels von<br />
gelenkter und selbstverantworteter Tätigkeit<br />
inner- und außerhalb des Unterrichts.<br />
(Bremen)<br />
Kooperationsmöglichkeiten<br />
Da alle Länder in der Kooperation mit<br />
außerschulischen Trägern einen zentralen<br />
Schwerpunkt im Ausbau der<br />
Ganztagsschulen sehen, finden sich<br />
unter dieser Kategorie vielfältige Anregungen<br />
und Hinweise:<br />
Eine wesentlich neue Qualität sollen<br />
die Ganztagsangebote auch dadurch<br />
erreichen, dass die vielfältigen Angebote<br />
unterschiedlicher Träger im jeweiligen<br />
Stadtteil für eine engere Zusammenarbeit<br />
in Unterrichtsprojekte und Freizeitaktivitäten<br />
einbezogen werden. Bisher<br />
nur teilweise genutzte spezielle Freizeitangebote<br />
der Jugendeinrichtungen im<br />
Bezirk oder im überregionalen Bereich<br />
sollen damit planmäßig in die Bildungsund<br />
Erziehungsprozesse einbezogen werden.<br />
Zu diesen Möglichkeiten gehören<br />
z. B. Jugendfreizeitheime, Jugendverbände,<br />
Musikschulen, Bibliotheken, Sportvereine<br />
in der Umgebung der Schule …<br />
In Zusammenarbeit von Jugendhilfe und<br />
Schule sollten Netzwerke entstehen, die<br />
Impulse und Unterstützung für die Bildungsprozesse<br />
der Kinder und Jugendlichen<br />
im schulischen und außerschulischen<br />
Bereich geben … Das erweiterte<br />
Zeitkontingent der Ganztagsschulen bietet<br />
auch effektive Möglichkeiten der präventiven<br />
Unterstützung für Kinder und<br />
deren Eltern. (Berlin)<br />
Ganztagsschulen entwickeln und<br />
öffnen sich unter Einbeziehung von Eltern,<br />
Schülerinnen und Schülern, aller<br />
in Schule beschäftigten Kräfte und in<br />
Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />
Partnern unter Nutzung anderer Lernorte<br />
und verschiedener Professionen (insbesondere<br />
Einrichtungen der Kinder- und<br />
Jugendhilfe, Sportvereine, soziale und<br />
kulturelle Einrichtungen sowie Betriebe<br />
der Region). Zur Erfüllung ihres Auftrages<br />
arbeitet die Schule zusammen mit Institutionen,<br />
die allgemein für die Angebote<br />
und Hilfe in gesundheitlichen, sozialen<br />
und berufsbezogenen Fragen zuständig<br />
sind, insbesondere mit den außerschulischen<br />
Bildungs-, Förderungs- und Beratungsangeboten<br />
der Jugendhilfe, mit den<br />
örtlichen Beiräten sowie sozialen und<br />
kulturellen Einrichtungen der Region einschließlich<br />
der Kirchen … (Bremen)<br />
Wissenschaftliche Begleitung<br />
/ Interne Evaluation<br />
Hier wird in der Regel auf interne und<br />
externe Evaluationsmöglichkeiten (unter<br />
Einschluss der Kooperationspartner)<br />
verwiesen. Sie sind meist Bestandteil<br />
der Schulprogrammentwicklung.<br />
Bei den »Organisatorisch-betrieblichen<br />
Grundlagen« spielen länderspezifische<br />
Grundüberzeugungen, Organisationsformen<br />
und länderspezifische<br />
Berechnungen eine besondere Rolle. Es<br />
bedürfte einer längeren Abhandlung,<br />
auf die hier aus Platzgründen verzichtet<br />
werden muss.<br />
Die Frage, welche der pädagogischen<br />
Leitideen, Konzepte und Rahmenvorgaben<br />
für die einzelne Schule hilfreich,<br />
förderlich oder hinderlich sind auf dem<br />
Weg zur Ganztagsgrundschule, ist<br />
schwer zu beantworten. Entscheidend<br />
sind zum einen die Unterstützung der<br />
einzelnen Schule (von welcher Seite<br />
auch immer), die Ausstattung und die<br />
personellen Ressourcen. Aber auch der<br />
Satz »Wer will, findet Wege, wer nicht<br />
will, findet Gründe«, wird mit Blick auf<br />
die Entwicklung einzelner Schulen in<br />
verschiedenen Bundesländern mit den<br />
unterschiedlichen Rahmenbedingungen<br />
bestätigt.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
25
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Baden-Württemberg<br />
Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen; www.gsv-bw.de<br />
Bayern<br />
Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht,<br />
Landeselternausschuss<br />
für freie Grundschulwahl<br />
Die in den Berliner Landeselternausschuss<br />
gewählten Bezirksvertreter(innen)<br />
der Erziehungsberechtigten<br />
haben »Bildungspolitische<br />
Ziele der Berliner Eltern« formuliert<br />
und zur Diskussion gestellt. Als<br />
Grundschulverband stimmen wir<br />
vielen dieser Ziele ausdrücklich zu,<br />
haben jedoch gegenüber einigen<br />
Zielen kritische Einwände.<br />
Wir stimmen ausdrücklich zu, wenn<br />
auch Eltern Chancengleichheit fordern<br />
und dafür eintreten, dass alle<br />
Kinder und Jugendlichen individuell<br />
bestmöglich zu fördern und zu fordern<br />
sind. Wir stimmen ausdrücklich<br />
zu, wenn auch Eltern fordern,<br />
Schule brauche verlässliche Finanzierung;<br />
Haushaltssperren und Kürzungen<br />
würden Schule lähmen und<br />
Gemeinsame Bildungsverantwortung<br />
von Kindergarten<br />
und <strong>Grundschule</strong><br />
Im Januar 2006 führten Mitglieder<br />
der Landesgruppe ein Gespräch mit<br />
der Staatssekretärin im Kultusministerium,<br />
Frau Dr. Monika Stolz,<br />
und weiteren Vertretern des Ministeriums.<br />
Frau Dr. Stolz ist inzwischen<br />
zur Ministerin für Arbeit<br />
und Soziales ernannt worden. Ihr<br />
Nachfolger im Amt des Staatssekretärs<br />
ist der ehemalige bildungspolitische<br />
Sprecher der CDU, Georg<br />
Wacker.<br />
In dem anderthalbstündigen Gespräch<br />
konnte weitgehende Einigkeit<br />
darüber erzielt werden, dass<br />
frühe, grundlegende Bildung nicht<br />
banalisiert und trivialisiert werden<br />
darf, sondern im Vergleich zu späteren<br />
Bildungsphasen aufgewertet<br />
werden muss. Bildung bedarf der<br />
Kontinuität. Pädagogische Brüche<br />
zwischen frühen und späteren Bildungsphasen<br />
müssen geschlossen<br />
werden. Dabei bedürfen Bildung<br />
und Entwicklung der Förderung<br />
und Ermutigung. Das Bildungswesen<br />
muss frühzeitig Ressourcen,<br />
Förderangebote und genügend Zeit<br />
bereitstellen, die allen Kindern bei<br />
unterschiedlichen Voraussetzungen<br />
ermöglichen, Bildungsansprüche<br />
einzulösen. Bildung darf nicht<br />
von oben und vom Ende her standardisiert<br />
und eingefordert werden.<br />
Sie muss vielmehr von ihren Anfängen<br />
her angeregt, herausgefordert,<br />
entfaltet werden, vom Kind, vom<br />
Individuum, vom Subjekt her. Dabei<br />
müssen Schule und Kindergarten<br />
einander auf Augenhöhe begegnen.<br />
Es bedarf einer pädagogischen<br />
Annäherung. Kindergärten müssen<br />
sich auf die Bildungsthemen der<br />
Schule einlassen. Aber es darf keine<br />
Verschulung des Kindergartens<br />
geben. Die Zusammenfassung der<br />
Bereiche Vorschulische und Schulische<br />
Bildung unter dem gemeinsamen<br />
Dach des Kultusministeriums<br />
wird von der Landesgruppe begrüßt.<br />
Sie muss nun pädagogisch<br />
entwickelt werden. Die Kooperation<br />
zweier getrennter Institutionen<br />
muss zu einer Pädagogik aus einem<br />
Guss weiterentwickelt und für unterschiedliche<br />
Träger verbindlich<br />
Berlin<br />
Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; ikornmesser@yahoo.de<br />
werden. Auch der neue Orientierungsplan<br />
stärkt den Bildungsgedanken<br />
des Kindergartens, auch<br />
wenn er im Detail noch verbessert<br />
werden kann. Bei ErzieherInnen<br />
herrscht eine große Fortbildungsbereitschaft.<br />
Die Ausbildung von<br />
ErzieherInnen gehört jedoch – wie<br />
fast überall in Europa – an wissenschaftliche<br />
Hochschulen. Die Pädagogischen<br />
Hochschulen Baden-<br />
Württembergs bieten hier eine<br />
enge Vernetzungsmöglichkeit mit<br />
der Ausbildung für die Lehrämter.<br />
Davon können ErzieherInnen und<br />
LehrerInnen gleichermaßen profitieren.<br />
Von Bedeutung ist auch,<br />
dass der Kindergarten in der Breite<br />
zum Gegenstand von Bildungsforschung<br />
wird. Hervorgehoben wurde,<br />
dass es bei der notwendigen<br />
Annäherung von Kindergarten und<br />
<strong>Grundschule</strong> um eine Aufwertung<br />
des Kindergartens, nicht etwa um<br />
eine Abwertung der <strong>Grundschule</strong><br />
geht und dass nicht neue Lücken<br />
zur Sekundarstufe aufgerissen werden<br />
dürfen.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Hans-Joachim Fischer)<br />
Zukunft behindern. Kritisch stehen<br />
wir jedoch z. B. zur Vorstellung des<br />
Landeselternausschusses, ständiger<br />
Wettbewerb der Bildungseinrichtungen<br />
untereinander sei ein<br />
wichtiges Instrument zur Verbesserung<br />
schulischer Qualität: So förderlich<br />
für die Entwicklung einer<br />
Schule die Auseinandersetzung mit<br />
guter Praxis anderer Schulen sein<br />
kann, so wenig förderlich ist Lernen<br />
unter ständigen Wettbewerbsbedingungen<br />
nicht nur für die Entwicklung<br />
der Kinder, sondern auch<br />
für die Entwicklung einer Schule als<br />
Bildungseinrichtung. Völlig kontrovers<br />
ist die Position des Grundschulverbandes<br />
zur Forderung des<br />
Landeselternausschusses, den Eltern<br />
sei das Recht auf freie Wahl<br />
der <strong>Grundschule</strong> ihres Kindes einzuräumen.<br />
Kinder im Grundschulalter<br />
brauchen für ihre Gesamtentwicklung<br />
aus vielen Gründen eine<br />
wohnungsnahe Schule (s. Brügelmann:<br />
Feste Schulbezirke oder<br />
freie Schulwahl?; www.gsv-berlin.<br />
de/Fundgrube). Außerdem würde<br />
die Freigabe der Grundschulwahl<br />
zwangsläufig zur sozialen Entmischung<br />
der <strong>Grundschule</strong> führen;<br />
gemeinsame Grunderfahrungen<br />
aller Kinder unabhängig von ihrer<br />
sozialen Herkunft sind jedoch<br />
wichtig für den gesellschaftlichen<br />
Zusammenhalt.<br />
2. Forum <strong>Grundschule</strong>,<br />
Donnerstag, 1. Juni 2006<br />
zum Stand der konkreten<br />
Umsetzung der Berliner Grundschulreformmaßnahmen.<br />
Genaueres<br />
entnehmen Sie bitte dem<br />
Internet (www.gsv-berlin.de).<br />
(für die Landesgruppe: Peter Heyer)<br />
Praktische Ideen für eine<br />
veränderte Leistungskultur<br />
Im Februar fand an der Grund- und<br />
Teilhauptschule I Schorndorf-Sattelbogen<br />
ein Grundschultag zur<br />
Thematik »Fördern und Fordern in<br />
einer pädagogischen Leistungskultur«<br />
statt. 150 Lehrerinnen und Lehrer<br />
aus ganz Bayern und vor allem<br />
aus dem Landkreis Cham besuchten<br />
die ganztägige Veranstaltung.<br />
Hauptanliegen<br />
Die Landesgruppe möchte viele<br />
praktische Ideen zu einer veränderten<br />
Leistungskultur vermitteln und<br />
bekannt machen. Unser Ziel ist es,<br />
die Lehrer so mit Material zu unterstützen,<br />
dass sie nicht noch weiter<br />
unter der sowieso großen täglichen<br />
Arbeitsbelastung leiden müssen,<br />
sondern einzelne Ideen direkt umsetzen<br />
können.<br />
Durchführung<br />
Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />
begrüßte als Landesvorsitzende<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
und bedankte sich besonders<br />
bei dem Tagungsteam »Zukunftswerkstatt<br />
Cham« unter der Leitung<br />
von Bianca Ederer. Diese hatte<br />
sich vor zwei Jahren in Zusammenarbeit<br />
mit dem Schulamt Cham gegründet<br />
und bietet Lehrerinnen<br />
und Lehrern die Möglichkeit zum<br />
Austausch und Kennenlernen von<br />
pädagogischen Konzepten und<br />
Ideen. Besonderer Dank galt dem<br />
Kollegium aus Schorndorf-Sattelbogen<br />
unter der Leitung von Rektor<br />
Richard Kreuzer, das den Grundschultag<br />
gemeinsam mit dem Elternbeirat<br />
erst ermöglichte. Frau<br />
Schönknecht bedankte sich des<br />
Weiteren beim Schulamt Cham und<br />
der Gemeinde Schorndorf für ihre<br />
Unterstützung bei der Planung des<br />
Grundschul tages. Frau Schulamtsdirektorin<br />
Melanie Heigl sprach<br />
ebenso wie der Bürgermeister Max<br />
Schmaderer ein kurzes Grußwort.<br />
26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />
Hauptvortrag »Pädagogische Leistungskultur<br />
in der <strong>Grundschule</strong>«<br />
Gabriele Klenk führte in das Thema<br />
»Pädagogische Leistungskultur<br />
in der <strong>Grundschule</strong>« unter den<br />
Aspekten »Leistungen der Kinder<br />
wahrnehmen«, »Leistungen der<br />
Kinder würdigen«, »Kinder individuell<br />
fördern« und »Lernwege öffnen«<br />
theoretisch und mit vielfältigen<br />
praktischen Anregungen aus<br />
ihrer Unterrichtspraxis ein.<br />
Markt der Möglichkeiten<br />
Als besonderes Angebot stellte<br />
die Landesgruppe einen Markt<br />
der Möglichkeiten zusammen, damit<br />
die Besucherinnen und Besucher<br />
vor Ort Materialien aus der<br />
täglichen Praxis einsehen und sich<br />
so selbst überzeugen können. So<br />
stellte Gabriele Klenk vielfältige<br />
Materialien zu alternativen Leistungsbewertungen<br />
aus jahrgangsgemischten<br />
Klassenstufen 1/2 aus.<br />
Bianca Ederer ergänzte mit Schüler-<br />
und Lehrerprodukten aus den<br />
Jahrgangsstufen 3/4. Besonders interessant<br />
erschien den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern, Materialien<br />
(wie sie im Band 119 des GSV<br />
vorgestellt wurden) in praktischer<br />
Erprobung zu sehen.<br />
Für viele waren die ausgestellten<br />
Referate aus der Jahrgangsstufe<br />
1/2 zum Thema »Haustiere« erstaunlich.<br />
Gerne blätterten die Kollegen<br />
in Portfolios zu Flächen, zur<br />
Wiese, zur Heimatgeschichte oder<br />
zum Wald.<br />
Wie Leistungsrückmeldungen über<br />
Lerngespräche oder schriftliche Bögen<br />
ermöglicht werden können,<br />
interessierte viele Lehrkräfte. Diagnostische<br />
Materialien aus den<br />
Bereichen Schriftspracherwerb,<br />
Mathematik und Texte verfassen<br />
konnten eingesehen werden. Viele<br />
Lehrer waren besonders begeistert<br />
von dem Angebot, derartige<br />
Materialien vor Ort in die Hand zu<br />
nehmen und zu betrachten. Tenor<br />
war daher bei den Gästen einhellig,<br />
dass der Markt der Möglichkeiten<br />
eine wahre Fundgrube für neue<br />
Ideen und Anregungen darstellte.<br />
So konnten wir unserem Anliegen,<br />
Lehrer tatsächlich zu unterstützen,<br />
anstatt sie noch zusätzlich zu belasten,<br />
nachkommen.<br />
Workshops zum Thema<br />
»Fördern und Fordern«<br />
In sieben verschiedenen Workshops<br />
zu den Fächern Mathematik,<br />
Deutsch und Heimat- und Sachunterricht,<br />
die zweimal parallel angeboten<br />
wurden, konnten einzelne<br />
Materialien und Strategien näher<br />
vorgestellt, erläutert und diskutiert<br />
werden. Christine Gerhardt übernahm<br />
den Bereich Leistungsfeststellung<br />
in einem entwicklungsorientierten<br />
Schriftspracherwerb.<br />
Kreatives Schreiben in der <strong>Grundschule</strong><br />
stellte Dr. Wilma Aigner mit<br />
vielfältigen Ideen vor. Prof. Dr. Gudrun<br />
Schönknecht referierte zum<br />
Thema Lernen und Leisten im Sachunterricht<br />
1/2. Nachhaltiges Lernen<br />
im Heimat- und Sachunterricht 3/4<br />
initiieren, begleiten, dokumentieren<br />
und bewerten war Schwerpunkt<br />
im Workshop von Bianca Ederer.<br />
Wie man der Heterogenität im Anfangsunterricht<br />
Mathematik gerecht<br />
werden kann, zeigte Gabriele<br />
Klenk auf. Franz Sperl erläuterte<br />
materialgeleitete Ideen zur Förderung<br />
in den Jahrgangsstufen 3/4 im<br />
Mathematikunterricht.<br />
Zusammenarbeit mit Sonderschullehrern<br />
als besonderes<br />
Anliegen der Integration<br />
Ergänzt wurde das Förderprogramm<br />
zu den Fächern durch einen<br />
Workshop mit dem Titel »Kinder<br />
mit erhöhtem Förderbedarf in der<br />
<strong>Grundschule</strong>«. Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />
erläuterte aus Sicht<br />
der Sonderschullehrerin Kennzeichen<br />
für erhöhten Förderbedarf in<br />
den Lernbereichen Deutsch und<br />
Mathematik. Sie besprach mögliche<br />
individuelle Fördermaßnahmen<br />
im Rahmen des Grundschulunterrichts.<br />
Intensiv diskutiert<br />
wurde über Einschulungsverfahren<br />
bei erhöhtem individuellem Förderbedarf.<br />
Die Verknüpfung von Sonder-<br />
und Grundschulpädagogik ist<br />
der Landesgruppe Bayern ein besonderes<br />
Anliegen, was mit diesem<br />
Angebot auch rege angenommen<br />
wurde.<br />
(für die Landesgruppe: Bianca Ederer)<br />
Brandenburg<br />
Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf<br />
Ganztag an unseren Schulen<br />
Ziel unseres Landes ist es, bis zum<br />
Schuljahr 2007/2008 für rund 25 %<br />
aller Grundschulkinder einen Platz<br />
in einer <strong>Grundschule</strong> mit Ganztagsangeboten<br />
vorzuhalten. Gegenwärtig<br />
gibt es in der Primarstufe<br />
79 Ganztagseinrichtungen. Davon<br />
sind 42 Verlässliche Halbtagsgrundschulen<br />
und 37 offene Ganztagsangebote.<br />
Die Kooperation mit dem<br />
Hort ist im Primarbereich verpflichtend.<br />
Die Qualitätsentwicklung<br />
und -sicherung an Ganztagsschulen<br />
ist ein Schwerpunkt der Arbeit<br />
in diesem Bereich. Hierfür werden<br />
einerseits die bundesweit genutzten<br />
Methoden und Verfahren verwendet,<br />
aber andererseits auch<br />
das im Brandenburger Grundschulbereich<br />
schon mehrfach erprobte<br />
Verfahren der Netzwerkbildung.<br />
8 Ganztagseinrichtungen im Primarbereich<br />
sind Konsultationsstandorte,<br />
die für künftige und<br />
bestehende Ganztagseinrichtungen<br />
ihrer Region Beratungs- und<br />
Begleitungsaufgaben wahrnehmen.<br />
Unterstützt werden sie dabei<br />
durch die Service Agentur Ganztag<br />
von Brandenburg und durch die am<br />
LISUM Brandenburg ausgebildeten<br />
Ganztagsberaterinnen und -berater.<br />
Einblick in diese anspruchsvolle<br />
Arbeit, aber auch in ihre eigene Entwicklung<br />
als Ganztagseinrichtung,<br />
haben z. B. die Konsultationsstandorte<br />
Brück und Missen auf dem<br />
bundesweiten Ganztagskon gress<br />
2005 in Berlin gegeben.<br />
Zu dem positiven Bild von Ganztag<br />
in Brandenburg tragen aber auch<br />
Schulen in freier Trägerschaft bei.<br />
So hat sich die Evangelische <strong>Grundschule</strong><br />
in Potsdam erfolgreich an<br />
dem Wettbewerb des Grundschulverbandes<br />
»Mehr Bildungszeit für<br />
Kinder – Schritte auf dem Weg zum<br />
Ganztag« beteiligt und als eine von<br />
fünf <strong>Grundschule</strong>n in Deutschland<br />
den Praxispreis erhalten. Es bleibt<br />
zu hoffen, dass dies mit dazu beiträgt,<br />
dass Ganztagsangebote auch<br />
bei Schulen in freier Trägerschaft<br />
die den staatlichen Einrichtungen<br />
entsprechenden staatlichen Zuschüsse<br />
erhalten.<br />
(für die Landesgruppe: Barbara Wegner)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
27
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Bremen<br />
Vorsitzende: Karin Sanders, Langenstr. 11, 28816 Stuhr<br />
Hessen<br />
Anschrift: Ilse Marie Krauth, Steigerwaldweg 3, 63456 Hanau<br />
Not mit den Noten<br />
Der Zentralelternbeirat plante gemeinsam<br />
mit der Landesgruppe<br />
eine Veranstaltung für die Elternvertreter/innen<br />
der Schulen, um<br />
sie für die Problematik der Notengebung<br />
zu sensibilisieren. So kann<br />
eine Diskussionsgrundlage für die<br />
Informationsgespräche zum Schulanfang<br />
geschaffen werden. Die Veranstaltung<br />
fand am 20. März im<br />
Landesinstitut für Schule statt.<br />
Ankündigung Fachtagung<br />
Die Landesgruppe veranstaltet in<br />
Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut<br />
für Schule Bremen, dem<br />
Lehrerfortbildungsinstitut Bremerhaven<br />
und der GEW die Fachtagung:<br />
»Auf den Anfang kommt<br />
es an – jahrgangsübergreifendes<br />
Lehren und Lernen<br />
in der <strong>Grundschule</strong>«<br />
17. Juni 2006<br />
9.00 bis 16.00 Uhr<br />
im Landesinstitut für Schule<br />
Eingeladen sind Grund- und Sonderschullehrerinnen,<br />
Erzieherinnen,<br />
Referendarinnen, Studentinnen<br />
und Eltern.<br />
Ablauf der Tagung:<br />
■ Begrüßung durch den Leiter des<br />
Landesinstituts<br />
■ Grußwort der Grundschulreferentin<br />
■ Vortrag von Prof. Dr. Erika<br />
Brinkmann (Schwäbisch-Gmünd)<br />
■ Workshops: Schulen aus anderen<br />
Bundesländern (mit guter Praxis<br />
im jahrgangsübergreifenden<br />
Unterricht) geben ihre Erfahrungen<br />
weiter (Peter-Petersen Schule Köln,<br />
Clara-Grundwald-Schule Hamburg,<br />
Am Paulsberg Achim, <strong>Grundschule</strong><br />
Nordholz, <strong>Grundschule</strong> Grumbrechtstr.<br />
Hamburg, Wartburg<br />
<strong>Grundschule</strong> Münster, <strong>Grundschule</strong><br />
Frankenburg Lilienthal, <strong>Grundschule</strong><br />
Salzböden Lollar, Michael-Ende-<br />
Schule Minden, <strong>Grundschule</strong> Lindenstraße<br />
Osterholz, <strong>Grundschule</strong><br />
Edewecht).<br />
■ Marktbummel: Salatbuffet,<br />
Ausstellung Bremer Schulen, Bücherstand,<br />
Filmecke, Fachaustausch<br />
■ Workshops: Thematische<br />
Schwerpunkte (Fächer, Übergang<br />
Kindergarten / <strong>Grundschule</strong>, Schulstruktur<br />
/ Lernumgebung, Integrative<br />
Förderung, Hochbegabung,<br />
Leistungskultur, Elternsicht )<br />
(für die Landesgruppe: Roswitha Kremin)<br />
Hessen – ein Bildungsland?<br />
Zu einem Meinungsaustausch trafen<br />
sich der Vorstand der Landesgruppe<br />
und der bildungspolitische<br />
Sprecher der Landtagsfraktion von<br />
BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN, Mathias<br />
Wagner. Ziel dieses Treffens war<br />
die Klärung, ob es gemeinsame Ziele<br />
gibt und ob sich die Landtagsfraktion<br />
als fortschrittlicher Partner<br />
erweist, mit dem diese Ziele<br />
verwirklicht werden können.<br />
Mathias Wagner stellte klar, dass<br />
er dem Konzept der hessischen Bildungspolitik<br />
zwar inhaltlich nicht<br />
zustimmt, jedoch die Modernisierung<br />
der Schulverwaltung und<br />
die Systematisierung der Lehrerausbildung<br />
und Lehrerfortbildung<br />
trotz der vielen ungelösten Fragen<br />
durchaus begrüßt.<br />
Folgende Themen wurden diskutiert:<br />
■ Vergleichsarbeiten: Wir sind einig<br />
darüber, dass die Startbedingungen<br />
nicht berücksichtigt werden.<br />
Die Ergebnisse sagen somit<br />
wenig über die tatsächliche Leistung<br />
aus und sind als Grundlage für<br />
Konsequenzen kaum geeignet.<br />
■ Notengebung in Klasse 2: Bei<br />
unserer nachdrücklichen Forderung<br />
nach Abschaffung der Ziffernnoten<br />
im Grundschulbereich zugunsten<br />
von Entwicklungsberichten finden<br />
wir für Klasse 2 die Zustimmung,<br />
die wir erwarten, jedoch nicht für<br />
die Klassen 3 und 4. Mathias Wagner<br />
weist darauf hin, dass die Abschaffung<br />
der Noten allein noch<br />
keine hinreichende Bedingung für<br />
individuelle Förderung ist.<br />
■ Dreigliedriges Schulsystem: Wir<br />
sind uns einig, dass das im hessischen<br />
Schulgesetz verankerte dreigliedrige<br />
System, das die Kinder<br />
viel zu früh in Schubladen sortiert<br />
und einen Übergang in die nächst<br />
höhere Schulstufe immer schwerer<br />
macht – nach unten geht es leichter!<br />
– abträglich ist und sind gemeinsam<br />
dafür, dass Kinder länger<br />
gemeinsam lernen. Mathias Wagner<br />
plädiert dafür, bei der Reform<br />
des Bildungssystems schrittweise<br />
vorzugehen und nicht in den Schulkampf<br />
früherer Jahre und Jahrzehnte<br />
zurückzufallen. Er ist der<br />
Meinung, dass ohne gesellschaftliche<br />
Mehrheiten und einen von<br />
den Schulen vor Ort getragenen<br />
Reformwillen eine grundsätzliche<br />
Veränderung unseres Schulsystems<br />
erneut scheitern wird.<br />
■ Schulinspektoren: Schulen werden<br />
extern evaluiert. Wir sind einig<br />
darüber, dass dies nur Sinn macht,<br />
wenn die Ergebnisse konstruktive<br />
Folgen haben und Schulen, die<br />
etwas ändern wollen und müssen,<br />
Unterstützung erfahren.<br />
■ Ganztagsschulen: Das Ganztagsschulprogramm<br />
muss aufgestockt<br />
und anders akzentuiert<br />
Hamburg<br />
Vorsitzender: Dirk Erdmann, Klotzenmoor 38 d, 22453 Hamburg<br />
Reform des<br />
Hamburger Schulgesetzes<br />
Voraussichtlich zum 1. 8. 2006 wird<br />
eine Reform des Schulgesetzes in<br />
Hamburg in Kraft treten, deren Ziel<br />
die Steigerung der schulischen und<br />
unterrichtlichen Qualität sein soll.<br />
Unter dem Stichwort ›Schulqualität‹<br />
geht sowohl ein größeres Maß<br />
an Handlungsspielraum für die<br />
Schulleitungen als auch ein höheres<br />
Maß an Selbstverantwortung<br />
der einzelnen Schule einher. Gleichzeitig<br />
wird in Hamburg die externe<br />
Schulinspektion eingeführt.<br />
Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
Bereits bis zum 30.6.2006 müssen<br />
die Schulleitungen mit den Schulaufsichten<br />
eine Ziel- und Leistungsvereinbarung<br />
in mehreren<br />
Bereichen abschließen, die sich auf<br />
konkrete Entwicklungsprozesse<br />
der Einzelschule bezieht. Über die<br />
Festlegung von Zielen hinaus wird<br />
erwartet, dass die Schulleitungen<br />
auch Indikatoren und Kriterien benennen,<br />
die innerhalb eines Schuljahres<br />
erreichbar sind. Durch die<br />
Einführung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
soll mehr Zielklarheit,<br />
Terminklarheit und Transparenz<br />
in ausgewählten Bereichen der<br />
Schulentwicklung geschaffen werden.<br />
Es ist zu fragen, in welcher Form die<br />
Behörde für Bildung und Sport und<br />
die Schulen tatsächlich als gleichberechtigte<br />
Vertragspartner agieren.<br />
Zu beklagen ist auch der Zeitdruck,<br />
unter dem die Hamburger Schulen<br />
sich mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
auseinander setzen<br />
müssen. Eine breite Beteiligung<br />
der Schulgemeinschaft ist auf diese<br />
Weise nicht möglich.<br />
Dadurch wird der Orientierungsrahmen<br />
Schulqualität als ein eigentlich<br />
wertvolles Instrument der<br />
Qualitätsentwicklung in seiner Akzeptanz<br />
gefährdet. Die Landesgruppe<br />
Hamburg hofft dennoch, dass<br />
sich für die <strong>Grundschule</strong>n durch die<br />
Gesetzesänderung neue Möglichkeiten<br />
der Schulentwicklung ergeben,<br />
beispielsweise der Verzicht auf<br />
Ziffernzeugnisse, die Möglichkeit<br />
zu schulspezifischen Stundentafeln<br />
oder eine individuelle Profilbildung<br />
der Einzelschulen.<br />
für die Landesgruppe: Susanne Peters<br />
susanne.peters@gsvhh.de<br />
28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Niedersachsen<br />
Vorsitzende: Dr. Eva Gläser, Fasanenstr. 1, 38 102 Braunschweig<br />
werden. Der Pädagogische Mittagstisch<br />
allein ist für uns keine Akzentuierung.<br />
Richtige offene und<br />
gebundene Ganztagsangebote sind<br />
notwendig.<br />
■ Unterrichtsgarantie plus: Wir<br />
sind uns einig darüber, dass wir das<br />
Programm ablehnen, so lange lediglich<br />
die Verwaltung des Lehrermangels<br />
auf die Schule delegiert<br />
werden soll.<br />
■ Mathias Wagners Forderung<br />
nach Besetzung der 1000 in Hessen<br />
gestrichenen Lehrerstellen unterstützen<br />
wir nachdrücklich.<br />
Während unserer Diskussion wurde<br />
deutlich, dass Mathias Wagner<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk<br />
als Politiker darauf achtet, ob seine<br />
Vorstellungen der Bildungspolitik<br />
beim Wähler Zustimmung finden.<br />
Sein Fazit lautete: »Nicht alle<br />
Probleme im Schulsystem haben<br />
mit Geld zu tun, es muss aber auch<br />
mehr Geld ins System.« Dem haben<br />
wir nichts hinzuzufügen.<br />
Bundesweites Treffen der<br />
Lernwerkstätten:<br />
11. – 14. September 2006<br />
im Odenwald.<br />
(www.gsv-hessen.de)<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Ilse Marie Krauth)<br />
Projekt »Soziale Schulqualität«<br />
In Zusammenarbeit mit der Universität<br />
Potsdam hat das Institut für<br />
berufliche Bildung und Weiterbildung<br />
e. V. aus Göttingen in 7 Bundesländern<br />
an 80 <strong>Grundschule</strong>n<br />
die Schüler nach ihrer Sicht auf die<br />
Schule befragt. Unterstützt wird<br />
die Studie durch das Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung<br />
und die Bildungsministerien der<br />
Länder.<br />
Aus unserem Bundesland nehmen<br />
16 <strong>Grundschule</strong>n an diesem Projekt<br />
teil, das bis Ende 2007 gestaltet<br />
wird.<br />
Ziel ist die Sicherung und Verbesserung<br />
der sozialen Schulqualität.<br />
Kinder sollen gern zur Schule gehen<br />
und sollen dort Entwicklungsbedingungen<br />
vorfinden und mitgestalten<br />
können, die ihnen Raum für<br />
die Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />
bieten.<br />
Dieses Projekt verbindet deshalb<br />
zwei Aufgabenstellungen: die Bewertung<br />
der Schulqualität und<br />
die Erarbeitung eines schulspezifischen<br />
Fort- und Weiterbildungsprogramms<br />
für die Lehrkräfte der<br />
einzelnen Schule.<br />
Speziell für dieses Projekt wurden<br />
Befragungsmöglichkeiten für<br />
Grundschüler entwickelt, die in<br />
spielerischer Form auf insgesamt<br />
69 Fragen antworten mussten.<br />
Gemeinsam mit den Mitarbeitern<br />
der Universität Potsdam und des<br />
Göttinger Institutes wird nun ein<br />
Fortbildungskatalog erstellt, der<br />
die Schulqualität weiter verbessern<br />
soll.<br />
Dabei stehen Fragen von neuen<br />
Lehr- und Lernmethoden und Beteiligung<br />
der Kinder am Unterricht<br />
im Vordergrund.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.ibbw.de.<br />
(für die Landesgruppe: Ralph Grothe)<br />
Fachtagung<br />
»Zusammenarbeit von<br />
<strong>Grundschule</strong> und Kindergarten«,<br />
9. September 2006<br />
in Rothenklempenow<br />
Das Tagungsprogramm kann unter<br />
ralphgrothe@aol.com angefordert<br />
werden.<br />
Kritische Punkte in den neuen<br />
Kerncurricula für die <strong>Grundschule</strong><br />
Das Niedersächsische Bildungsbündnis,<br />
in dem auch die Landesgruppe<br />
des Grundschulverbandes<br />
seit Jahren aktiv mitarbeitet, hat in<br />
seiner gemeinsamen Stellungnahme<br />
Kritik an den neuen Kerncurricula<br />
geübt. Gemeinsam mit der<br />
GEW, dem VBE, dem VDS und mit<br />
»Gemeinsam lernen – Gemeinsam<br />
leben« sieht der Grundschulverband<br />
einige kritische Punkte in den<br />
Kerncurricula. Grundsätzlich stellt<br />
sich die Frage, wie die Entwicklung<br />
von Kerncurricula vollzogen werden<br />
konnte, zumal die Kultusministerkonferenz<br />
noch keine Vorgaben<br />
für alle Fächer vorlegte. Das verwundert<br />
nicht, denn viele Fachdidaktiken,<br />
nicht nur in Niedersachsen,<br />
sondern bundesweit, können<br />
noch keine »Anforderungsniveaus«<br />
benennen. Es fragt sich, wie die in<br />
den niedersächsischen Kerncurricula<br />
festgeschriebenen Anforderungsniveaus<br />
begründet werden<br />
können.<br />
Generell bleibt der Leistungsbegriff,<br />
der sich hinter den »erwarteten<br />
Kompetenzen« verbirgt, undeutlich<br />
und ungenau. So finden<br />
sich insbesondere im Kerncurriculum<br />
Deutsch für die <strong>Grundschule</strong><br />
»Überprüfungsmöglichkeiten«, die<br />
aus fachdidaktischer Sicht überholt<br />
sind. Auch werden »Überprüfungsmöglichkeiten«<br />
formuliert,<br />
die keine »Überprüfung« zulassen:<br />
So kann der schlichte Hinweis<br />
»Bibliotheksbesuch«, der dem dritten<br />
bzw. vierten Schuljahr zugeordnet<br />
ist, als methodische Anregung<br />
für Lehrende gelesen werden,<br />
aber nicht als »Überprüfungsmöglichkeit«<br />
für Lernende. Im »Kompetenzbereich<br />
Lesen – mit Texten<br />
und Medien umgehen« werden<br />
zudem Leistungssituationen umschrieben,<br />
die fachdidaktisch nicht<br />
haltbar sind. Die Leseleistung, insbesondere<br />
das sinnverstehende<br />
Lesen, das mehr als Lesefertigkeit<br />
meint, soll durch das »flüssige«<br />
Vorlesen von »kurzen, ungeübten<br />
Texten« ermittelt werden. Diese<br />
unsinnigen Umschreibungen verwundern<br />
umso mehr, da insbesondere<br />
für dieses Fach bereits Vorgaben<br />
durch die »Bildungsstandards<br />
im Fach Deutsch für den Primarbereich«<br />
der Kultusministerkonferenz<br />
vorlagen und auch die Fachdidaktik<br />
Deutsch selbst zahlreiche Hinweise<br />
zur Überprüfung der Leseleistung<br />
vorsieht.<br />
Grundschultag am 10. Mai<br />
in Bruchhausen-Vilsen<br />
Am 10. Mai wird die Thematik<br />
» ›Hast Du heute schon gelebt<br />
– im Haus des Lernens?‹<br />
– Schule im Spannungsfeld zwischen<br />
Anspruch und Wirklichkeit«<br />
näher beleuchtet. Am Vormittag<br />
wird Prof. Dr. Bernhard Sieland<br />
von der Universität Lüneburg einen<br />
Vortrag zu diesem Thema halten,<br />
am Nachmittag werden zahlreiche<br />
Worksshops Gelegenheit zur<br />
aktiven Auseinandersetzung geben.<br />
Zu folgenden Themen werden<br />
unter anderem Workshops angeboten:<br />
Leseförderung von Anfang<br />
an, Förderpläne und Lernstandsbeschreibung,<br />
Aufmerksamkeitsdefizite<br />
beheben, pädagogische Mitarbeiter,<br />
Streitschlichterprogramm,<br />
Entwicklung des phonologischen<br />
Bewusstseins, ästhetisch-kreative<br />
Erziehung, Projektarbeit im Englischunterricht,<br />
Kerncurriculum<br />
Sachunterricht, Deutsch als Zweitsprache<br />
u. a. m.<br />
Veranstalter sind die Akademie für<br />
Leseförderung der Stiftung Lesen,<br />
der Grundschulverband, die Regionale<br />
Lehrerfortbildung Diepholz/<br />
Nienburg (Kurs-Nr. H005.619.029)<br />
der LschB-Abtl. Hannover, der Verband<br />
Bildung und Erziehung (VBE)<br />
und der Verband Sonderpädagogik<br />
(vds).<br />
Anmeldungen bei:<br />
Regionale Lehrerfortbildung Diepholz<br />
/ Nienburg<br />
28857 Syke, Herrlichkeit 21,<br />
Tel. 0 42 42 / 37 74,<br />
Fax 0 42 42 / 37 75,<br />
E-Mail: Annegret.Huscheck<br />
@lschb-h.niedersachsen.de<br />
(für die Landesgruppe: Dr. Eva Gläser,<br />
e.glaeser@tu-bs.de)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
29
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />
Saarland<br />
Vorsitzende: Lilo Groll,<br />
Neues Schulgesetz:<br />
Grundschulverband im Landtag<br />
Im Zusammenhang mit der von der<br />
CDU / FDP-Koalition geplanten Änderung<br />
des Schulgesetzes (s. auch<br />
die letzten Berichte in GS <strong>aktuell</strong>)<br />
wurde der Grundschulverband zu<br />
zwei Anhörungen des Ausschusses<br />
für Schule und Weiterbildung des<br />
Landtags NRW eingeladen.<br />
Zum Thema Elternrechte bewahren<br />
machte Gisela Cappel als Vorsitzende<br />
der Landesgruppe die Position<br />
des Grundschulverbandes in<br />
Bezug auf die Planungen zur Änderung<br />
des Übergangsverfahrens<br />
nach Klasse vier deutlich: Die sogenannte<br />
›verbindlichere <strong>Grundschule</strong>mpfehlung‹<br />
ist abzulehnen,<br />
da sie zum einen die gewünschte<br />
Erziehungspartnerschaft zwischen<br />
Schule und Elternhaus unnötig belastet<br />
und Eltern die Verantwortung<br />
für die Schullaufbahn ihrer<br />
Kinder abnimmt. Zum anderen gilt<br />
insbesondere aufgrund der seit langem<br />
empirisch nachgewiesenen<br />
Unmöglichkeit einer gesicherten<br />
Prognose des zukünftigen Lernerfolgs<br />
zu diesem Zeitpunkt jede verbindlichere<br />
Form einer Empfehlung<br />
als nicht haltbar. Statt diese Aussagen<br />
ernst zu nehmen und über<br />
die zu frühe Selektion von Grundschulkindern<br />
und die Unzulänglichkeiten<br />
der gegliederten Sekundarstufe<br />
nachzudenken, erprobt sich<br />
die Landesregierung im dilettantischen<br />
Agieren und erhöht mit der<br />
Wiederaufnahme des Instrumentariuns<br />
»Probeunterricht« bei abweichender<br />
Eltern-Lehrer-Einschätzung<br />
den Druck auf das einzelne<br />
Kind, an wenigen Stichtagen seine<br />
›Eignung‹ beweisen zu müssen.<br />
Diese Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen<br />
Aussagen zeigte sich<br />
auch bei der Anhörung zum Thema<br />
Individuelle Förderung. Hier konnte<br />
Baldur Bertling als stellvertretender<br />
Vorsitzender überzeugend<br />
die Position des Grundschulverbands<br />
vertreten: Individuelle Förderung<br />
braucht eine Schule, die<br />
Heterogenität als Chance für erfolgreiches<br />
Lernen begreift und Abstand<br />
nimmt von dem Gedanken<br />
eines sogenannten begabungsgerechtem<br />
Sortieren und der angeblichen<br />
Sinnhaftigkeit von Noten.<br />
Insbesondere die Diskussion um<br />
die Wiedereinführung von Kopfnoten<br />
zeigte, dass die Komplexität<br />
und Problematik dieses Gedankens<br />
längst nicht zu Ende gedacht ist.<br />
Wenn Arbeits- und Sozialverhalten<br />
zensiert werden soll, kann dies aufgrund<br />
einer völlig unzureichenden<br />
Klärung der damit verbundenen<br />
Ziele und Kriterien nur zu einem<br />
weiteren Disziplinierungsmittel<br />
führen, das benachteiligte Kinder<br />
noch weiter benachteiligt und zu<br />
Etikettierungen führt, die keinerlei<br />
Aussagen über Fördermöglichkeiten<br />
zulassen.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.grundschulverband-nrw.de<br />
(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />
Verlässliche <strong>Grundschule</strong><br />
als Sparmodell<br />
Seit Beginn des Schuljahres<br />
2005 / 06 gilt im Saarland ein neues<br />
Schulordnungsgesetz, wonach alle<br />
<strong>Grundschule</strong>n zweizügig zu organisieren<br />
sind. Diese Neuerung – eine<br />
massive Sparmaßnahme wird als<br />
Qualitätsverbesserung verkauft –<br />
betrifft über die Hälfte aller <strong>Grundschule</strong>n<br />
und hat zu einer Schulschließungswelle<br />
nach folgendem<br />
Muster geführt:<br />
Ein Teil der betroffenen Schulen<br />
wurde mit sofortiger Wirkung geschlossen,<br />
ein Teil wird sukzessive<br />
in den nächsten drei Jahren auslaufen<br />
und alle anderen Schulen mit<br />
weniger als acht Klassen verlieren<br />
ihre Selbständigkeit und werden<br />
nur noch als Dependancen geführt.<br />
Selbst Protestaktionen, Unterschriftensammlungen<br />
und eine<br />
Bürgerinitiative »Rettet die <strong>Grundschule</strong>n«<br />
konnten diese Entwicklung<br />
nicht stoppen. Ein Antrag auf<br />
Zulassung eines Volksbegehrens<br />
wurde höchstrichterlich abgewiesen.<br />
Grundschultag 2006 in Landau<br />
Der Grundschultag 2006, in diesem<br />
Jahr an der Universität Koblenz-Landau,<br />
Campus Landau in<br />
Zusammenarbeit mit dem Institut<br />
für Bildung im Kindes- und Jugendalter,<br />
war wieder ein voller Erfolg.<br />
Mit dem Thema »Sprache« im<br />
Rahmen des Gesamtprojektes »Auf<br />
dem Weg zur neuen Lernkultur«<br />
wurde ein Bereich aufgegriffen, der<br />
auf breites Interesse stieß.<br />
Die Anmeldezahlen überstiegen<br />
bei weitem die vorhandene Kapazität,<br />
so dass die Veranstaltung drei<br />
Wochen vor Anmeldeschluss mit<br />
670 Teilnehmern völlig ausgebucht<br />
war und vielen Interessenten eine<br />
Absage erteilt werden musste. Viele<br />
Schulen nutzten die Veranstaltung<br />
als schulinternen Studientag und<br />
auch die Studienseminare nutzten<br />
das Fortbildungsangebot mit ihren<br />
Lehramtsanwärterinnen.<br />
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden<br />
der Landesgruppe, Werner<br />
Lang, brachte Frau Ministerin<br />
Doris Ahnen die zur Zeit vorherrschenden<br />
Themen der Bildungspolitik<br />
zur Sprache und präzisierte<br />
schon in Angriff genommene und<br />
zukünftig geplante Vorhaben.<br />
Das einführende Grundsatzreferat<br />
hielt der Bundesvorsitzende Horst<br />
Bartnitzky. Er stellte dar, wie »Themenzentrierter<br />
Deutschunterricht«<br />
auf der Basis des Teilrahmenplans<br />
Deutsch aussehen kann, und wie<br />
Schülerleistungen erkannt und bewertet<br />
werden können.<br />
Auf besondere Zustimmung stieß<br />
bei den Teilnehmern die Möglichkeit,<br />
zwei Workshops zu wählen.<br />
Aus mehr als 60 verschiedenen Angeboten<br />
konnten die Teilnehmer<br />
sowohl am Vormittag als auch am<br />
Nachmittag einen Workshop ihrer<br />
Wahl belegen. Damit wurden wesentlich<br />
tiefere Einsichten in die<br />
Tagungsthematik erzielt, als dies<br />
mit nur einem Workshop möglich<br />
ist. Alle Teilnehmer bewerteten die<br />
veränderte Tagungsstruktur gegenüber<br />
den vergangenen Jahren positiv.<br />
Neben den Weiterbildungsangeboten<br />
nutzen die Teilnehmer auch das<br />
breite Informationsangebot von<br />
mehr als 30 Verlagen und Institutionen,<br />
die ihre Produkte auf dem<br />
Grundschultag präsentierten.<br />
Die Landesgruppe dankt der Universität<br />
Koblenz-Landau und dem<br />
Institut für Bildung im Kindes- und<br />
Jugendalter für die vorzügliche Unterstützung<br />
und den reibungslosen<br />
Ablauf.<br />
(für die Landesgruppe: Rainer Mies)<br />
30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Vorsitzende: Petra Uhlig, Wilhelm-Külz-Str. 14, 06108 Halle<br />
Die auf diese Weise eingesparten<br />
Haushaltsmittel sollen im Sinne<br />
der vom Ministerium angekündigten<br />
Qualitätsverbesserung teilweise<br />
in die <strong>Grundschule</strong> zurückfließen.<br />
Hierzu zählt die Erweiterung<br />
der Stundentafel. Sie hat sich wieder<br />
dem Stand von vor 1985 angenähert<br />
bzw. diesen übertroffen und<br />
weist mit 100 Unterrichtsstunden<br />
den Umfang des wöchentlichen<br />
Pflichtunterrichts in den Jahrgängen<br />
eins bis vier aus, den auch die<br />
Landesgruppe eingefordert hatte.<br />
Damit verbunden ist die verlässliche<br />
<strong>Grundschule</strong>. Das heißt: Den<br />
Kindern und vor allem den Eltern<br />
wird eine Unterrichtszeit von mindestens<br />
fünf Unterrichtsstunden<br />
am Morgen zugesichert. Was auf<br />
der einen Seite aus pädagogischen<br />
Gründen zu begrüßen ist, stellt<br />
sich auf der anderen Seite als Problem<br />
dar.<br />
Bei Erkrankung der Lehrkräfte oder<br />
bei Besuch von Fortbildungsveranstaltungen<br />
ist der Unterricht kaum<br />
zu vertreten. Ein Großteil der bestehenden<br />
Lehrerfeuerwehr ist aufgrund<br />
längerfristiger Erkrankung<br />
von Lehrerinnen und Lehrern bereits<br />
bis zum Ende des Schuljahres<br />
fest verplant und steht bei neu auftretendem<br />
Bedarf nicht mehr zur<br />
Verfügung. Die Zusammenlegung<br />
von Klassen führt zu übergroßen<br />
Einheiten und stellt nur eine Notlösung,<br />
aber keine Qualitätsverbesserung<br />
dar. Der Einsatz von Teilzeitbeschäftigten,<br />
die wegen der<br />
Betreuung minderjähriger Kinder<br />
oder pflegebedürftiger Personen<br />
auf Einkommensanteile verzichten,<br />
führt zu Unmut bei den Betroffenen.<br />
Die Landesgruppe fordert ein<br />
schlüssiges Konzept. Ohne ein solches<br />
geht eine verlässliche Schule<br />
mit garantierten Unterrichtszeiten<br />
nicht nur zu Lasten der Lehrkräfte,<br />
sondern vor allem zu Lasten<br />
der Schülerinnen und Schüler –<br />
eine zweischneidige pädagogische<br />
Maßnahme. Ziel muss u. a. sein,<br />
dass mobile Einsatzkräfte in ausreichender<br />
Zahl zur Verfügung stehen.<br />
Alles andere verfehlt das angestrebte<br />
Ziel.<br />
(Landesgruppe Saarland)<br />
Ganztagsschulentwicklung<br />
in Sachsen-Anhalt<br />
In Sachsen-Anhalt wurden bisher<br />
10 % der verfügbaren Mittel aus<br />
dem Investitionsprogramm »Zukunft,<br />
Bildung und Betreuung« der<br />
Bundesregierung zur Entwicklung<br />
von Ganztagsschulen abgerufen.<br />
Der bisher so geringe Mittelabfluss<br />
erklärt sich nach Angaben des Kultusministeriums<br />
aus dem Bautempo<br />
der einzelnen Projekte.<br />
Nun ist das o. g. Programm »ein<br />
Beitrag des Bundes für eine nachhaltige<br />
Bildungsreform«. Erfreulich<br />
und notwendig ist, dass für die<br />
Entwicklung einer Ganztagsschule<br />
auch räumliche und sächliche Möglichkeiten<br />
durch die Schulträger geschaffen<br />
werden müssen.<br />
Die bauliche Veränderung ist aber<br />
nur ein Baustein in der Entwicklung<br />
zu einer Ganztagsschule.<br />
Für alle IZBB-Schulen gab es die<br />
Möglichkeit, sich durch das Zentrum<br />
für Schulforschung der MLU<br />
Halle-Wittenberg wissenschaftlich<br />
betreuen und auf dem Weg der inhaltlichen<br />
Ausgestaltung begleiten<br />
zu lassen.<br />
Es besteht die Hoffnung, dass viele<br />
Schulen dieses Angebot angenommen<br />
haben, denn Ganztagsschulen<br />
dürfen nicht als Schulen missverstanden<br />
werden, die den Unterricht<br />
in der bisherigen Form beibehalten<br />
und nur durch Betreuungsangebote<br />
ergänzen. Es stellt sich die Frage,<br />
inwieweit die kombinierten Modelle<br />
der <strong>Grundschule</strong> mit angeschlossenen<br />
Horten dem Anspruch »Mehr<br />
Zeit für Kinder. Von der Stundenschule<br />
zur Ganztagschule« auch<br />
gerecht werden können.<br />
Wir wünschen uns die Euphorie<br />
und Begeisterung der Berliner<br />
Ganztagsschulkongresse des Bundesministeriums<br />
für die Schulen<br />
unseres Landes, damit diese große<br />
Fördersumme ihre inhaltliche<br />
und bildungspolitische Bedeutung<br />
nicht verfehlt.<br />
(für die Landesgruppe: Susanne Horn)<br />
Grundschultag<br />
»Pädagogische Leistungskultur«<br />
oder »Was muss<br />
Schule leisten, damit Kinder<br />
leisten können?«<br />
14. Oktober 2006 in den Franckeschen<br />
Stiftungen, Halle (Saale)<br />
Sachsen<br />
Vorsitzende: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />
Entwurf zum Privatschulgesetz<br />
zurückgezogen<br />
Nach einem mehrwöchigen Anhörungsverfahren,<br />
das umfangreiche<br />
Änderungen im ursprünglichen Gesetzentwurf<br />
zur Folge hatte, zog<br />
Kultusminister Steffen Flath den<br />
Entwurf zum neuen Privatschulgesetz<br />
zurück. Er begründete den Entschluss<br />
damit, dass er keine Möglichkeit<br />
sehe, »ein Gesetz auf den<br />
Weg zu bringen, das dem Anspruch<br />
einer Reform genügt« (siehe auch<br />
Beitrag in Heft 93).<br />
Steiniger Weg zum Ganztag<br />
Kernstück beim Ausbau der Ganztagesangebote<br />
ist zweifellos die<br />
Rhythmisierung des Schultages.<br />
Auch in der sächsischen Förderrichtlinie<br />
wird dies betont. Alle<br />
Kinder sollen im Zuge der Chancengleichheit<br />
von den Angeboten,<br />
die der individuellen Leistungsentwicklung<br />
dienen, profitieren. Das<br />
scheint jedoch nur realisierbar zu<br />
sein, wenn auch alle Kinder im Hort<br />
angemeldet und möglichst nicht<br />
auf einen Bus angewiesen sind. Die<br />
Zahl der Kinder, die nur per Linienbus<br />
ihre Schule erreichen, wächst<br />
aufgrund der Schulschließungen<br />
jedoch ständig. So kann der Unterrichtsbeginn<br />
einer <strong>Grundschule</strong><br />
schon vom Stundenplan einer<br />
20 Kilometer entfernten Berufsschule<br />
abhängen. Denn die gleiche<br />
Linie transportiert Schüler aller<br />
Schularten. Auch bei aller Kooperationsbereitschaft<br />
von <strong>Grundschule</strong>,<br />
Hort, Landratsamt und Busunternehmen<br />
sind die angestrebten Veränderungen<br />
im Hinblick auf einen<br />
stressfreien Unterrichtstag kaum<br />
zufriedenstellend zu realisieren.<br />
Immer mehr (Grund-)Schulen und<br />
Eltern erkennen die Chancen der<br />
Ganztagesangebote für mehr Bildung.<br />
Die Kinder nehmen die Angebote,<br />
die von Honorarkräften realisiert<br />
werden, begeistert an.<br />
Wir hoffen, dass diese positive Entwicklung<br />
nicht an der Finanzknappheit<br />
der Busunternehmen scheitert.<br />
Der Landesgruppenvorstand möchte<br />
einen Erfahrungsaustausch unter<br />
den sächsischen <strong>Grundschule</strong>n,<br />
die Ganztagesangebote machen,<br />
initiieren. Wir bitten Sie deshalb,<br />
dieses Anliegen bekannt zu machen<br />
bzw. um Rückmeldungen unter<br />
jas.sib@gmx.de.<br />
(für die Landesgruppe: Sibylle Jaszovics)<br />
Grundschultag<br />
»Lernen lernen«<br />
23. September 2006<br />
in Leipzig/ Engelsdorf<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />
31
<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Schleswig-Holstein<br />
Vositzender: Bent Hirschelmann, Ostpreußenring 208, 23596 Lübeck<br />
Bildungspolitik unter<br />
der großen Koalition<br />
Zur Bildungspolitik der Koalition<br />
aus CDU und SPD hat die Landesgruppe<br />
des GSV Stellungnahmen<br />
abgegeben und stellt hier einige<br />
Punkte vor:<br />
Allen Grundschullehrkräften droht<br />
eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung<br />
von 27,5 auf 28 Stunden,<br />
was angesichts der vielfältigen neuen<br />
Aufgaben wie VERA, Verlässlichkeit,<br />
Fremdsprachenunterricht und<br />
Lernplänen eine Erhöhung der Arbeitsbelastung<br />
darstellt und kontraproduktiv<br />
ist.<br />
Die Landesgruppe des GSV begrüßt<br />
die gesetzliche Konkretisierung des<br />
ganzheitlichen Bildungsauftrages<br />
der Kitas und weist darauf hin, dass<br />
die notwendigen Ressourcen bereitzustellen<br />
sind.<br />
Die Regierung hält am gegliederten<br />
Schulwesen und dem Übergang<br />
nach Klasse 4 fest.<br />
Integration ist im Koalitionsvertrag<br />
verbindlich verankert für den Bereich<br />
vor der Schulzeit und für das<br />
Erwachsenenleben, jedoch nicht<br />
für die Schule.<br />
Die schleswig-holsteinischen Schulen<br />
sind zu rauch- und alkoholfreien<br />
Zonen erklärt worden.<br />
Für die vorschulische Sprachförderung<br />
sind seit Anfang des Schuljahres<br />
Stellen geschaffen worden. Kinder<br />
mit Deutsch als Zweitsprache<br />
werden in den Kitas in sogenannten<br />
SPRINT-Maßnahmen fit für den<br />
Schulstart gemacht. Auch Kinder<br />
mit Sprachauffälligkeiten erhalten<br />
Förderstunden vor Eintritt in die<br />
<strong>Grundschule</strong>.<br />
Die Stellungnahme ist ausführlich<br />
nachzulesen unter www.grund<br />
schulverband-sh.de.<br />
Veränderungen im Vorstand<br />
Sybille Pahlke hat ihr Amt als Vorstandsvorsitzende<br />
aufgegeben und<br />
sich ebenso wie Sabine Andresen<br />
aus der aktiven Vorstandsarbeit zurückgezogen.<br />
Wir danken beiden<br />
noch einmal herzlich für ihren langjährigen<br />
Einsatz und hoffen auch in<br />
Zukunft auf konstruktive Einmischung<br />
in die Vorhaben der Landesgruppe.<br />
Die Aufgabenbereiche der<br />
Vorstandsarbeit sind auf der letzten<br />
Vorstandssitzung im Februar<br />
neu verteilt worden. Den Vorsitz<br />
übernahm Bent Hirschelmann.<br />
Lesen durch Schreiben von und<br />
mit Jürgen Reichen im Norden<br />
Am Montag, 15. Mai 2006,<br />
hält Jürgen Reichen in<br />
Flensburg einen Grundsatzvortrag<br />
zur lautgetreuen<br />
Leselernmethode und zum<br />
Werkstattunterricht. Am darauffolgenden<br />
Dienstag gibt<br />
es in Rendsburg die Möglichkeit,<br />
praktische Erfahrungen<br />
mit der Methode<br />
und entsprechenden Materialien zu<br />
sammeln.<br />
Alle Interessierten finden auf der<br />
Internetseite unserer Landesgruppe<br />
genaue Informationen zu Ort<br />
und Zeit der Veranstaltungen.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Sabine Jesumann, Andrea Klimmek)<br />
Thüringen<br />
Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />
Konzept »Bildung und Betreuung<br />
2 bis 16« in Thüringen<br />
»Hort ist mehr als Hausaufgaben«,<br />
schreibt eine staatlich anerkannte<br />
Erzieherin eines Grundschulhortes.<br />
»Hort ist ein Platz zum Spielen,<br />
Träumen, Toben, Entspannen,<br />
Hausaufgaben anfertigen, zum Erzählen,<br />
um Freunde zu finden und<br />
um sich auszuprobieren.« 59,85 %<br />
aller Grundschüler besuchten im<br />
Schuljahr 2004 / 2005 den Hort einer<br />
<strong>Grundschule</strong>, Tendenz steigend.<br />
<strong>Grundschule</strong> und Hort sind nach<br />
dem Thüringer Schulgesetz eine organisatorische<br />
Einheit. Unterricht<br />
und außerunterrichtliche Angebote<br />
werden aufeinander abgestimmt.<br />
Die Erzieher sind in Unterrichtsprozesse<br />
und Schulentwicklung eingebunden.<br />
Die Eltern werden an den<br />
Kosten für einen Hortplatz beteiligt.<br />
Mit dem Konzept ›Bildung und<br />
Betreuung 2 – 16‹ sollen ab 2008 die<br />
Horte kommunalisiert werden, soll<br />
das bisherige Modell in Ganztagsgrundschulen<br />
mit bedarfsorientierten<br />
Angeboten übergehen. Das<br />
Land Thüringen hat geplant, eine<br />
verlässliche Betreuungszeit von<br />
35 Stunden je Unterrichtswoche<br />
(beispielsweise von 8:00 Uhr bis<br />
15:00 Uhr) zu gewährleisten, die für<br />
die Eltern kostenfrei sein soll. Ein<br />
positives Zeichen?!<br />
Die Elternschaft Thüringens und<br />
die Mitglieder der Landesgruppe<br />
Thüringen sind trotzdem in Sorge,<br />
hat sich doch das Modell ›<strong>Grundschule</strong><br />
und Hort‹ bewährt.<br />
Fraglich ist, wie Betreuungsangebote,<br />
die über die verbindlichen<br />
35 Stunden hinausgehen, durch<br />
kommunale und freie Träger abgesichert<br />
werden können, welche Wege<br />
für Grundschüler entstehen und<br />
wie eine inhaltliche Zusammenarbeit<br />
vor allem in ländlichen Gegenden<br />
zwischen den unterschiedlichen<br />
Einrichtungen gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Mit der Kommunalisierung des Personals<br />
soll die bildungspolitische<br />
Mitverantwortung vor Ort gestärkt<br />
werden, soll sich eine neue Vielfalt<br />
an Angeboten und Wahlmöglichkeiten<br />
ergeben. Viele Erzieher im<br />
Land Thüringen sind jedoch in Sorge<br />
um ihren Arbeitsplatz.<br />
Angestrebt wird ein bis zum Jahr<br />
2008 dauernder Pakt mit zwischen<br />
dem Land und den kommunalen<br />
Spitzenverbänden, in dem verlässliche<br />
Konditionen enthalten sind.<br />
Viele Fragen sind derzeit noch offen.<br />
(für die Landesgruppe: Katrin Heckert)<br />
32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006
16. /17. November 2006<br />
Bundesweite Fortbildung des Grundschulverbandes<br />
Pädagogische Leistungskultur: Klassen 3 und 4<br />
Die Tagung ist Teil des Projekts<br />
Pädagogische Leistungskultur<br />
des Grundschulverbandes.<br />
Wir wollen damit ein deutliches<br />
Zeichen für eine ermutigende<br />
Leistungsförderung aller Kinder<br />
setzen, die individuelle Lernentwicklungen<br />
im Blick behält und<br />
die Kinder dialogisch einbezieht.<br />
Nach den Materialien<br />
für die Klasse 1<br />
und 2 erarbeiten wir<br />
zur Zeit Materialien<br />
■ für Deutsch,<br />
Mathematik und<br />
Sachunterricht<br />
■ in den Klassen 3<br />
und 4.<br />
121<br />
Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />
k i n<br />
d<br />
Lernstände feststellen<br />
Horst Bartnitzky<br />
Hans Brügelmann<br />
Ulrich Hecker<br />
Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />
Lernentwicklungen bestätigen<br />
Eigene Lernwege beschreiben<br />
Lerngespräche führen<br />
Pädagogische<br />
Leistungskultur:<br />
Materialien für<br />
Klasse 3 und 4<br />
Sie sollen helfen, Lernstände<br />
festzustellen,<br />
Lernentwicklungen zu<br />
bestätigen, Lerngespräche<br />
miteinander zu<br />
führen, und sie sollen<br />
die Kinder darin unterstützen,<br />
eigene Lernwege<br />
zu beschreiben.<br />
Thematik<br />
der Tagung<br />
Tagungsverlauf<br />
Eine Arbeitsgruppe des Grundschulverbandes<br />
erarbeitet bis zum Sommer<br />
Beispiele für die Fächer Deutsch, Mathematik<br />
und Sachunterricht Klassen 3 und 4<br />
– und zwar für die Unterrichtspraxis und<br />
für die Moderation in Kollegien und<br />
Arbeitsgruppen. Bei der Tagung werden<br />
diese Materialien für Praxis und Modera tion<br />
von den Autorinnen und Autoren vorgestellt<br />
und mit den Teilnehmern diskutiert.<br />
Donnerstag, 16. November 2005, ab 15 Uhr:<br />
Pädagogische Leistungskultur und Beispiele<br />
für Deutsch, Mathematik, Sachunterricht<br />
Klassen 3 und 4 (Plenum)<br />
abends: Gesprächsrunde zum Thema<br />
Ziffernnoten und Alternativen<br />
Ort<br />
Zielgruppe<br />
Schmitten (in der Nähe von Frankfurt)<br />
Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus<br />
zur Tagungsstätte organisiert.<br />
Die Tagung richtet sich vor allem an<br />
Multiplikatorinnen und Multiplikatoren<br />
zur Thematik (z.B. Aus- und Fortbildner/innen,<br />
Fachkonferenz leiter/innen,<br />
Schulleiter/innen).<br />
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt auf 60.<br />
Sollten sich mehr als 60 Personen<br />
anmelden, dann werden Mitglieder des<br />
Grundschulverbandes vorrangig berücksichtigt.<br />
Referentinnen<br />
und Referenten<br />
Freitag, 17. November 2005, bis 15 Uhr:<br />
Vormittags: Arbeitsgruppen zu Deutsch,<br />
Mathematik, Sachunterricht<br />
Nachmittags: Berichte aus den Arbeitsgruppen,<br />
Anregungen zur Weiterarbeit<br />
Deutsch: Horst Bartnitzky und Ulrich Hecker,<br />
in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Erika Brinkmann,<br />
Prof. Dr. Hans Brügelmann,<br />
Mathematik: Fachleiterin Erika Sundermann,<br />
Prof. Dr. Christoph Selter, in Zusammenarbeit<br />
mit Lehrerin Henny Küppers<br />
Sachunterricht: Schulleiter Anton Höck,<br />
Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />
Tagungsbeitrag<br />
Anmeldung<br />
Für Mitglieder des Grundschulverbandes<br />
140 €, für Nicht-Mitglieder 180 €.<br />
Im Tagungspreis enthalten sind die<br />
Kosten für Übernachtung und Verpflegung<br />
sowie der Transfer vom und zum<br />
Frankfurter Hauptbahnhof.<br />
per Post: Grundschulverband,<br />
Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />
oder per Mail:<br />
info@grundschulverband.de<br />
oder über die Homepage:<br />
www.grundschulverband.de<br />
Anmeldeschluss: 15. Juni 2006<br />
Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />
Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />
Mitglied ja – nein;<br />
Anreise mit Auto oder Zug;<br />
derzeitige Funktion im Schulbereich
Lesekompetenz<br />
Ein Lese- und Arbeitsbuch<br />
des Grundschulverbandes<br />
Der Grundschulverband<br />
hat seit seiner<br />
Gründung 1969<br />
immer wieder die<br />
Leseförderung<br />
zum Thema seiner<br />
Mitgliedsbände,<br />
seiner Zeitschrift<br />
und seiner<br />
Veranstaltungen<br />
gemacht.<br />
Für das vorliegende<br />
Lese- und Arbeitsbuch<br />
wurden aus den<br />
Veröffentlichungen<br />
des Grundschulverbandes<br />
Beiträge<br />
ausgewählt,<br />
die diese Aspekte<br />
theoretisch und<br />
schulpraktisch<br />
konkretisieren.<br />
<br />
256 Seiten<br />
7,50 € + Versand<br />
Ab 10 Ex. 6 € + Versand<br />
ISBN 3-930024-91-8<br />
Best.-Nr. 2039<br />
Bestellungen<br />
postalisch<br />
Grundschulverband<br />
Niddastraße 52<br />
60329 Frankfurt/Main<br />
telefonisch<br />
(069) 77 60 06<br />
per Fax<br />
(069) 707 47 80<br />
per E-Mail<br />
info@grundschul<br />
verband.de<br />
Dieses<br />
Buch<br />
ist ein<br />
Lese- und<br />
Arbeits<br />
buch<br />
Ein Lesebuch weil es zur<br />
bedeutsamen Bildungsaufgabe<br />
»Lesekompetenz«<br />
<strong>aktuell</strong>e Texte verschiedener<br />
Autorinnen<br />
und Autoren aus Wissenschaft<br />
und Schulpraxis<br />
versammelt.<br />
Ein Arbeitsbuch weil es die Texte zu zentralen<br />
Fragestellungen sortiert und mit Impulsen, Fragestellungen<br />
und Anregungen zum Nachdenken,<br />
Recherchieren und zur Unterrichtspraxis versieht:<br />
Ein Serviceangebot des Grundschulverbandes<br />
für angehende wie für erfahrene Lehrkräfte, für<br />
»einsame« Leserinnen und Leser wie für Seminare,<br />
Konferenzen, Fortbildungen.