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Grundschule aktuell 94

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Heft Nr. <strong>94</strong> • II. Quartal • Mai 2006 • Best. Nr. 6029 • D9607F<br />

Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />

Mehr Bildungszeit für Kinder<br />

Schritte auf dem Weg<br />

zum Ganztag


Editorial<br />

Mehr Bildungszeit<br />

für Kinder<br />

Inhalt<br />

… und Jugendliche!<br />

»Mehr Bildungszeit für Kinder« lautete das Motto des Grundschulforums, über<br />

das wir in diesem Heft ausführlich berichten. Zeitgleich mit dem »Grundschulforum«<br />

bewegte der öffentliche Hilferuf des Kollegiums der Berliner<br />

Rütli-Ober- (d. h. Haupt-)schule die Öffentlichkeit. Die durch den »Rütli-Ruf«<br />

neu entflammte Debatte macht den Doppelsinn dieser Forderung schlagartig<br />

deutlich: »Mehr Bildungszeit für Kinder« meint nicht nur den Ganztag, sondern<br />

auch diese politische Dimension: Lasst Kinder und Jugendliche »länger<br />

gemeinsam lernen« und: Kinder und Jugendliche brauchen Aussichten auf<br />

tatsächliche Chancen in Schule und Beruf, die Perspektive eines sinnvollen<br />

Lebens.<br />

Der Grundschulverband ist einer der Träger der Initiative »Länger gemeinsam<br />

lernen« (Informationen unter www.grundschulverband.de). Er fordert seit<br />

langem die Überwindung der frühen Auslese. Kinder und Jugendliche sollen<br />

bis zum Ende der Pflichtschulzeit gemeinsam miteinander und voneinander<br />

lernen und dabei individuell gefördert werden: »Alle mitnehmen – keine/n<br />

zurücklassen – niemanden ausgrenzen!«<br />

Grundschulpreise: Die Jury<br />

Es war ein schönes Bild beim Grundschulforum: Die Vertreter der ausgezeichneten<br />

Schulen auf der Bühne, dazu die Jurymitglieder und Laudator/<br />

innen – im Gespräch über die gemeinsame Sache. So bleibt noch, den Jurymitgliedern<br />

für die intensive inhaltliche Vorbereitung zu danken: Maresi<br />

Lassek (Stellv. Vorsitzende des Grundschulverbandes), Wilfried Steinert<br />

(Vorsitzender des Bundeselternrates), Andreas Knoke (Deutsche Kinderund<br />

Jugendstiftung), Susanne Peters (Grundschulverband, Landesgruppe<br />

Hamburg), Fred Goosmann (Grundschulverband, Landesgruppe Rheinland-Pfalz)<br />

und Sylvia Reinisch (Geschäftsstelle des Grundschulverbandes,<br />

Koordination).<br />

Verbindungen<br />

Vielleicht wollen Sie sich noch näher informieren oder Kontakt aufnehmen,<br />

hier die Verbindungen: Bundeselternrat: www.bundeselternrat.de;<br />

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung: www.dkjs.de;<br />

Reinhard Kahl: www.reinhardkahl.de; Grundschulverband, »Standpunkt<br />

Ganztagsschule«: www.grundschulverband.de/stp_ganztag.html<br />

Ulrich Hecker<br />

Impressum<br />

, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />

viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />

für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />

Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />

Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />

Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />

Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />

E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />

Redaktionelle Mitarbeit: Friederike Heinzel (Forschung);<br />

Edgar Bohn, Sibylle Jaszovics, Beate Schweitzer (aus den Lan des grup pen)<br />

Fotos: Bert Butzke, Mülheim / Ruhr (S. 6), Marlies Hergarten, Blankenheim (S. 7, 20),<br />

Axel Reinisch, Friedrichsdorf (S. 1, 9, 22), Stadt Herford (S. 5) sowie jeweilige Schulen<br />

Titelfotos: Bert Butzke, Mülheim / Ruhr (2), Marlies Hergarten, Blankenheim (2),<br />

Axel Reinisch, Friedrichsdorf (4)<br />

Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />

Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />

Anzeigenverwaltung: Brigitte Bell, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 80,<br />

Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />

Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />

ISSN 1860-8604<br />

Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage; Beilage der Zeitschrift<br />

»Schulleitung intern«; Beilage »Deutsch differenziert« des Westermann-Verlages<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

1


Tagebuch<br />

Ein Aufklärer-Buch<br />

Horst Bartnitzky,<br />

Vorsitzender des<br />

Grundschulverbandes<br />

■ Kleinere Klassen erbringen nicht bessere Leistungen.<br />

■ Flächendeckende Leistungstests tragen zur Qualitätsförderung<br />

der Schulen bei.<br />

■ Die Leistungen der Schüler werden ständig schlechter.<br />

■ Immer weniger Kinder lesen. Schuld ist das Fernsehen.<br />

Die Liste solcher Behauptungen ist schier<br />

endlos. Mal werden sie mit wissenschaftlicher<br />

Autorität vorgetragen, mal gehören<br />

sie zu den Glaubenssätzen der Politik oder<br />

der Schulpraxis, mal zum Allgemeingut<br />

und werden im privaten Gespräch oder in<br />

den Medien so oft wiederholt, dass an ihrem<br />

Wahrheitsgehalt kaum noch jemand<br />

zweifelt. Nun sind solche Behauptungen<br />

ja nicht nur Themen fürs Small Talk in der<br />

Kaffeepause. Sie haben vielmehr erhebliche<br />

Auswirkungen auf die Bedingungen, unter<br />

denen Kinder lernen – auf die Einstellungen<br />

zu Kindern, auf schulische Maßnahmen, auf finanzielle<br />

Zuteilungen, auf politische Entscheidungen.<br />

Deshalb muss die Frage gestellt werden: Stimmen die<br />

Behauptungen eigentlich? Gibt es dafür evidente empirische<br />

Belege?<br />

Auf dem Prüfstand<br />

Ich habe gerade das neue Buch von Hans Brügelmann<br />

gelesen: Schule verstehen und gestalten*. Hier werden<br />

solche und viele andere gebräuchliche Behauptungen<br />

auf den Prüfstand der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnislage<br />

gebracht. Dabei werden empirische Befunde<br />

aus nationalen und internationalen Untersuchungen herangezogen.<br />

Das Ergebnis ist in vielen Fällen verblüffend:<br />

Die geläufigen Behauptungen halten der empirischen Erkenntnislage<br />

häufig nicht stand. Sie stimmen nicht so absolut<br />

oder sie können empirisch nicht belegt werden oder<br />

sie sind schlicht falsch.<br />

Hans Brügelmann diskutiert strittige Themen und<br />

Schulreformaspekte wie die Ziffernnoten, Integration Behinderter,<br />

Koedukation, Migrantenförderung, jahrgangsübergreifenden<br />

Unterricht, Gesamtschule, immer auch<br />

von der wissenschaftlichen Erkenntnislage her, zieht empirische<br />

Befunde heran, klärt auf.<br />

Das ist aber nur eine Art, wie man das Buch lesen kann.<br />

Es ist auch ein Buch über wissenschaftliches Arbeiten und<br />

Denken, über Methoden und die Bezugswissenschaften<br />

der Schulpädagogik: über die Psychoanalyse und die moderne<br />

Hirnforschung, über Rollentheorien und über Kindheitsforschung,<br />

über Lerntheorien, über das Evergreen-<br />

Thema Anlage und Umwelt.<br />

Kenntnisreich, aber ohne Fachchinesisch<br />

Das Buch ist umfassend und kenntnisreich und es ist gut<br />

zu lesen, verzichtet auf jede Imponiersprache und jedes<br />

Insider-Chinesisch, veranschaulicht immer wieder mit<br />

einleuchtenden Beispielen. Es ist ein Aufklärerbuch der<br />

sachlichen Art, engagiert für das Bildungsrecht jedes einzelnen<br />

Kindes, aber ohne Eifer oder Dogmatismus.<br />

Es ist in 63 Kapitel eingeteilt mit informativen Titeln wie<br />

»Öffnung des Unterrichts« – mehr als nur eine andere Methode;<br />

Lernen »schwache« Schüler anders als die erfolgreichen?<br />

Jahrgangsklassen oder Altersmischung … Jedes<br />

Kapitel kann man isoliert für sich lesen und wird daraus<br />

Gewinn ziehen. Ein alphabetisches Register am Ende des<br />

Buches macht es auch zum Nachschlagewerk: Bilinguale<br />

Erziehung, Latein als Denkschulung, Rollenspiel, Legasthenie<br />

…<br />

Um das Buch ständig auf dem <strong>aktuell</strong>en Stand zu halten,<br />

nutzt Hans Brügelmann das Internet. Unter www.unisiegen.de/agprim/schuleverstehen<br />

werden regelmäßig<br />

Aktualisierungen veröffentlicht, sie sind für jedermann<br />

und jedefrau zugänglich.<br />

Für den Grundschulverband ist dieses Buch aus mehreren<br />

Gründen wichtig:<br />

Hans Brügelmann aktualisiert hier eine Reihe der Themen,<br />

die er für unseren Verband schon bearbeitet hatte,<br />

und ordnet sie ein, zum Beispiel zu den Themen Kerncurriculum<br />

und Leistungstests. Darüber hinaus erörtert er<br />

die wissenschaftliche Erkenntnislage zu zahlreichen Themen<br />

der Grundschularbeit und der <strong>Grundschule</strong>ntwicklung.<br />

Und er wird in allen Einschätzungen und Wertungen<br />

geleitet von einer pädagogischen Ethik, die dem Respekt<br />

vor der Individualität und dem Bildungsrecht jedes einzelnen<br />

Kindes verpflichtet ist. Ein Aufklärer-Handbuch für<br />

den täglichen Gebrauch.<br />

Horst Bartnitzky<br />

* Hans Brügelmann: Schule verstehen und gestalten.<br />

Konstanz (Libelle) 2005<br />

2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zum<br />

ganztägigen Lebens- und Lernort<br />

Das Thema »Ganztagsschule« hat<br />

Hochkonjunktur und wird von vielen<br />

Eltern, Pädagogen, Bildungsplanern<br />

und Politikern als Problemlöser für das<br />

als desolat empfundene Schulwesen<br />

angesehen. Schaut man auf die Programme,<br />

Tagungen und Veröffentlichungen,<br />

zum Beispiel der Deutschen<br />

Kinder- und Jugendstiftung, scheint<br />

inzwischen jedes Reformvorhaben im<br />

Schulbereich mit dem Thema Ganztagsschule<br />

verbunden zu werden und<br />

die Lösung für fast alle Probleme des<br />

Bildungswesens durch die Einrichtung<br />

von Ganztagsschulen erreichbar. Darüber<br />

hinaus wird der Eindruck suggeriert,<br />

die Ganztagsschule sei eine<br />

Antwort auf gesellschaftliche Fragen<br />

im Kontext sozialer und ökonomischer<br />

Krisen.<br />

Kann die Ganztagsschule diese<br />

vielfältigen Erwartungen, reformpädagogischen<br />

Hoffnungen und Wünsche<br />

erfüllen? Skepsis stellt sich ein schon<br />

angesichts der personellen Minimalversorgung<br />

an <strong>Grundschule</strong>n.<br />

Aber der Hinweis auf die Umsetzungsprobleme<br />

und die ungelöste<br />

(vielleicht auch unlösbare) Ressourcenfrage<br />

genügt nicht. In Frage zu stellen<br />

sind auch die überhohen Erwartungen<br />

selbst, die mit dem Konzept der<br />

Ganztagsschule verbunden werden.<br />

Anders gesagt: Es bedarf einer grundschulpädagogischen<br />

Verortung der<br />

Ganztagsschulthematik, um Chancen<br />

und Grenzen der Ganztagsgrundschule<br />

schon im Konzept deutlich zu markieren.<br />

Einige Aspekte werden hier kurz<br />

angesprochen. (Sie werden ausführlicher<br />

in dem neuen Band des Grundschulverbandes<br />

»<strong>Grundschule</strong> auf dem<br />

Weg zum ganztägigen Lebens- und<br />

Lernort« erörtert.)<br />

Ganztagsschule<br />

als Familienersatz<br />

Die Landerziehungsheimbewegung um<br />

1900 wollte die Schule von einer Unterrichtsanstalt<br />

zu einer Erziehungs schule<br />

umgestalten und die Familienerziehung<br />

ersetzen, da nach Auffassung der<br />

Reformpädagogen die Familie aufgrund<br />

der ökonomischen Veränderungen<br />

und der industriellen Produktionsbedingungen<br />

die Erziehungsarbeit nicht<br />

mehr leisten könne. »Das Elternhaus<br />

kann jetzt auch beim besten Willen<br />

nicht mehr erziehen« (Lietz 1897/1970,<br />

S. 7). Der soziale Wandel der Familien<br />

spielt auch heute in der Diskussion<br />

eine Rolle; zum einen sollen bestimmte<br />

Erfahrungen mit Gleichaltrigen in der<br />

Schule bereitgestellt werden, die von<br />

der »Ein-Kind-Familie« nicht erwartet<br />

werden können, vor allem jedoch soll<br />

die Schule einen Beitrag leisten, das<br />

Betreuungsproblem der Familien lösen<br />

zu helfen, um die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit<br />

und Familie besser zu<br />

ermöglichen. Die nähere Bestimmung<br />

des Verhältnisses von Familie und<br />

Schule entscheidet mit über die Erwartungen<br />

an die Ganztagschule: Soll die<br />

Schule nur einen Beitrag zur Bewältigung<br />

des Betreuungsproblems leisten<br />

oder soll sie Aufgaben übernehmen,<br />

die seither den Familien zugeschrieben<br />

wurden? Die Ganztagsschulmodelle<br />

von der »Unterrichtsschule plus Betreuung«<br />

bzw. von der »Stundenschule plus<br />

Suppen küche«, wie Spötter sagen, bis<br />

zur gebundenen Ganztagsgrundschule<br />

von 8 – 17 Uhr bieten hier für die Erwartungen<br />

unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten.<br />

Der Grundschulverband<br />

nimmt hier eine moderate Position ein<br />

und fordert für alle Kinder Bildungszeit<br />

von 30 Zeitstunden pro Woche.<br />

Ganztagsschule bleibt Schule<br />

Rasch, häufig allzu rasch werden der<br />

Schule die Aufgaben aufgebürdet, für<br />

die sonst niemand die Verantwortung<br />

übernehmen möchte, oder es werden<br />

der Schule mangelnde Flexibilität oder<br />

Versagen vorgeworfen, wenn (neue)<br />

Probleme mit Kindern und Jugendlichen<br />

auftreten. Die Schule muss vor<br />

allem pädagogisch bestimmen, welche<br />

Aufgaben sie übernehmen kann und<br />

will.<br />

Die klein gewordene, krisenanfällige<br />

Familie benötigt ohne Zweifel ein<br />

Netz informeller und formeller nachbarschaftlicher<br />

Kontakte sowie von<br />

öffentlichen Einrichtungen, das Väter<br />

und Mütter in der anspruchsvollen<br />

Aufgabe der Kindererziehung unterstützt.<br />

Vor dem Hintergrund der Forderung<br />

nach Gleichberechtigung von<br />

Mann und Frau und den verbesserten<br />

Bildungschancen für Männer und<br />

Frauen wird es in den nächsten Jahren<br />

zu einem weiteren Auf- bzw. Ausbau<br />

einer Infrastruktur für die Betreuung<br />

der Kinder kommen müssen. Jedoch<br />

kann das nicht vornehmlich der Schule<br />

aufgebürdet werden. Betreuung und<br />

Erziehung von Kindern sollte getragen<br />

werden von einem Zusammenspiel<br />

institutionalisierter Dienste einerseits<br />

und selbstorganisierter privater Initiativen<br />

andererseits. Die Schule kann<br />

hier im Kontext ihrer Bildungsaufgaben<br />

einen Anteil übernehmen. Die<br />

Ganztagsschule legitimiert sich nicht<br />

als familienersetzende Institution weder<br />

in Form der reformpädagogischen<br />

Erziehungsschule noch als Unterrichtsschule<br />

plus Betreuung.<br />

Ganztagsschule<br />

als »Lebensort«<br />

In der reformpädagogischen Bewegung<br />

um 1900 wird immer wieder die<br />

Abschaffung der alten Buchschule mit<br />

ihren portionierten Lektionen und ihrer<br />

rezeptiven Lernweise gefordert.<br />

»Der Schule der Jetztzeit ist etwas gelungen,<br />

das nach den Naturgesetzen<br />

unmöglich sein soll: die Vernichtung<br />

eines einmal vorhanden gewesenen<br />

Stoffes. Der Kenntnisdrang, die Selbsttätigkeit<br />

und die Beobachtungsgabe,<br />

die die Kinder dorthin mitbringen, sind<br />

nach Schluss der Schulzeit in der Regel<br />

verschwunden, ohne sich in Kenntnisse<br />

oder Interessen umgesetzt zu haben«,<br />

schreibt Ellen Key (1902). Daher<br />

soll das Leben den Unterricht ersetzen,<br />

Schule soll das Leben in die Schule<br />

holen, die Schule »entschult« werden.<br />

von<br />

Karlheinz Burk<br />

Heike Deckert-<br />

Peaceman<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

3


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Prof. Dr. Heike Deckert-Peaceman,<br />

Tätigkeit als Grundschullehrerin,<br />

in der Aus- und Fortbildung für das<br />

Lehramt sowie als wissen schaftliche<br />

Mitarbeiterin, Professorin am<br />

Institut für Erziehungs wissenschaft<br />

an der Pädagogischen Hochschule<br />

Ludwigsburg.<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

Historisch-politische Bildung in der<br />

<strong>Grundschule</strong> (vor allem zum Thema<br />

Holocaust), Unterrichtsforschung,<br />

Lesesozialisation, Ganztagsschule,<br />

Kindheitsforschung.<br />

»Alte Schule« und »neue Schule« (Rang)<br />

stehen sich seit dem 19. Jahrhundert<br />

teils unversöhnlich, teils als polare Modelle<br />

gegenüber. In der Ganztagsschuldebatte<br />

findet sich diese Polarisierung<br />

wieder: Die Unterrichtsschule, die ihre<br />

Inhalte in Lektionen im 45-Minuten-<br />

Takt den Kindern zu vermitteln sucht<br />

und die Ganztagsschule, die nicht<br />

nur Unterrichtsstätte, sondern auch<br />

Lebens- und Lernort gleichzeitig sein<br />

will. Mit der Formel »Schule soll mehr<br />

sein als Unterricht« kann ein breiter<br />

Konsens gestiftet werden. Doch was<br />

dieses Mehr konkret heißt, bleibt umstritten.<br />

Je nachdem wie dieses »Mehr«<br />

definiert wird, kommt es zu einem anderen<br />

Ganztagschulkonzept.<br />

Im Kern geht es um den Bildungsauftrag<br />

der (Grund-)Schule, der Unterricht<br />

und Erziehung gleichermaßen<br />

umfasst, und eine kindgerechte Gestaltung<br />

der (Grund-)Schule im Hinblick<br />

auf die personalen Beziehungen<br />

und bezogen auf Zeit und Raum.<br />

Mehr Zeit für eine<br />

neue Lernkultur<br />

Unterricht und Leben sollen miteinander<br />

verknüpft werden und eine Einheit<br />

bilden. Diese Erwartungen sind nicht<br />

bzw. nur begrenzt zu erfüllen. Zum<br />

Kerngeschäft der Schule gehört Unterricht<br />

und dieser ist (immer auch) »wissenschaftsorientiert«<br />

– hinter diesen<br />

Anspruch kann Schule nicht zurück,<br />

wenn sie sich nicht selbst aufgeben<br />

will. Die Differenz zwischen Leben<br />

und Schule konnte erst mit dem neuzeitlichen<br />

Wissenschaftsverständnis<br />

auftreten. »Wissenschaft konnte solange<br />

problemlos als Grundlage von<br />

Unterricht angesehen werden, solange<br />

unter Wissenschaft die Gesamtheit<br />

des menschlichen Wissens überhaupt<br />

verstanden wurde und nur durch Wissenschaft<br />

Sinn- und Weltverstehen,<br />

aber auch sinnvolles, verantwortliches<br />

Handeln möglich erschien. Diesem<br />

weiten Wissenschaftsbegriff, der Rationalität,<br />

Sinnbestimmung, Handeln<br />

und Enga gement mit einschließt, steht<br />

ein neuzeitlicher Wissenschaftsbegriff<br />

gegenüber, der in seiner positivistischen<br />

Ausprägung ebenfalls Wissenschaft<br />

und Erkenntnis in eins setzt,<br />

doch Selbst- und Sinnreflexion sowie<br />

Weltbezug zu eliminieren sucht« (Burk<br />

1976, S. 56). Wissenschaft ist an der Vermehrung<br />

von (speziellem) Wissen und<br />

nicht an der Lösung von Lebensfragen<br />

interessiert. Das Problem Unterricht<br />

und Leben konnte erst aufkommen, als<br />

Wissenschaft und Leben, Wissenschaft<br />

und allgemeine Menschenbildung<br />

auseinander traten. »Wir fühlen, dass<br />

selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen<br />

Fragen beantwortet sind,<br />

unsere Lebensprobleme noch gar nicht<br />

berührt sind« (Wittgenstein 1969,<br />

S. 82, Nr. 6.52). Die Ganztagsschule<br />

kann dieses Problem, das mit der Wissenschaftsorientierung<br />

des Unterrichts<br />

verbunden ist, nicht lösen; sie<br />

kann eine Lernkultur entwickeln, in der<br />

immer auch ein an den Wissenschaften<br />

orientierter Unterricht und ein an Lebensfragen<br />

und -problemen orientierter<br />

Unterricht gleichermaßen Berücksichtigung<br />

finden.<br />

Mehr Zeit für einen<br />

kindgerechteren Umgang<br />

mit der Zeit<br />

Die Vorstellung, dass Kinder länger am<br />

Tag als bisher in der Schule bleiben sollen,<br />

löst unterschiedliche Emotionen<br />

und Reaktionen aus – bei Lehrern und<br />

Eltern, aber vor allem auch bei Kindern.<br />

Soll diese Schule, wie wir sie kennen,<br />

zeitlich verlängert werden? Oh, toll!<br />

Oder: eine schreckliche Vorstellung!<br />

Strukturelle Veränderungen schaffen<br />

noch keine kindgerechtere Schule.<br />

Mit der Zeit pädagogisch verantwortungsvoll<br />

umzugehen verlangt, dem<br />

Tag einen kindgerechten Rhythmus zu<br />

geben und unterschiedliche Bedürfnisse<br />

und Anforderungen in eine sinnvolle<br />

Balance zu bringen. Mehr Zeit in der<br />

Schule bedeutet nicht die quantitative<br />

Ausweitung von herkömmlichem Unterricht,<br />

sondern die Schule soll einen<br />

anderen Umgang mit Zeit entwickeln:<br />

Kinder in deutschen Schulen leiden gerade<br />

darunter, dass alles sehr schnell<br />

gehen muss, gemeinsames Spielen<br />

kaum möglich ist und soziale Interaktion<br />

nur begrenzt stattfinden kann. Eine<br />

»Verdichtung der Arbeitsabläufe« führt<br />

jedoch in der Schule nicht zu einer Pro-<br />

4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

duktivitätssteigerung, sondern eher zu<br />

Hektik und Störungen der Lernprozesse.<br />

Neben dem Lernen mit zeitlichen<br />

Vorgaben gilt es, »unsere individuelle<br />

Zeit zu entschleunigen … und die Produktivität<br />

der Langsamkeit zu entdecken<br />

und zu fördern« (Petillon 1998,<br />

S. 7). Die Schule braucht für die Erfüllung<br />

ihres Bildungsauftrags einen<br />

größeren zeitlichen Rahmen für alle<br />

Kinder. So kann sie einen Rahmen bereitstellen,<br />

innerhalb dessen individuelle<br />

Tempi möglich sind. Auch dem<br />

kindlichen Verhältnis zur Zeit kann<br />

stärker Rechnung getragen werden. Für<br />

die Bemühungen, den Kindern »mehr<br />

Zeit zu geben«, ist entscheidend der<br />

Umgang mit der zur Verfügung stehenden<br />

Zeit, die zeitliche Abfolge und<br />

Strukturiertheit, kurz die Rhythmisierung<br />

vor allem des Schultages, aber<br />

auch der Schulwoche und des Schuljahres.<br />

Mehr Zeit für die Beziehungen<br />

zwischen den Menschen<br />

Die Beziehungen zwischen Kindern<br />

und Kindern, zwischen Kindern und<br />

Erwachsenen bestimmen wesentlich<br />

Qualität und Wirksamkeit von Bildungs-<br />

und Erziehungsprozessen. Die<br />

Ganztagsschule bietet gerade besondere<br />

Chancen und Möglichkeiten. Sie<br />

kann eine Vielfalt an Beziehungen eröffnen<br />

und deren Qualität fördern oder<br />

trotz eines »Mehr an Zeit« begrenzen<br />

bzw. beeinträchtigen.<br />

Die längere Verweildauer sowie die<br />

anderen Aktivitäten, beispielsweise<br />

Mittagessen, Spielpausen und Arbeitsgemeinschaften,<br />

geben Kindern<br />

neue schulische Gelegenheiten für den<br />

Kontakt mit Gleichaltrigen. Für einige<br />

Kinder, wenn auch längst nicht für<br />

alle, bietet sich hier eine notwendige<br />

Erfahrung, die in ihrer häuslichen Umgebung<br />

fehlt. Allerdings unterscheidet<br />

sich der Kontakt in der Schule von dem<br />

der außerschulischen Peer-Kultur. Die<br />

Bedeutung der Beziehungen zwischen<br />

Kindern in der Ganztagsgrundschule<br />

misst sich an dem Grad der Annäherung<br />

an informelle Lebenssituationen.<br />

Nur wenn der Tagesablauf genügend<br />

Frei-Zeiten und Frei-Räume für weitgehend<br />

selbstbestimmte Interaktionen<br />

erlaubt, kann die Ganztagsschule annähernd<br />

vermeintliche Erfahrungsdefizite<br />

kompensieren. Strukturiert sie<br />

die Zeit von 8 bis 16 Uhr weitestgehend<br />

nach schulischem Muster, läuft sie in<br />

Gefahr, notwendige Erfahrungen zu<br />

verhindern. Auf die Frage, wie er die neu<br />

eingeführte Ganztagsbetreuung an der<br />

Schule fände, antwortet ein Zehnjähriger<br />

(sinngemäß): »Meistens gut, weil<br />

ich dann nicht so viel alleine bin. Aber<br />

wenn Schnee liegt (wie an dem Interviewtag)<br />

und ich immer meine Jacke<br />

anziehen muss und keine Schneebälle<br />

werfen darf, dann nicht.«<br />

Eine Chance der Ganztagsschule<br />

liegt in der Auflösung von Klassenverbänden<br />

und Jahrgangsgruppen während<br />

der Nachmittagszeit. Allerdings<br />

muss an dieser Stelle über eine Aufteilung<br />

in zwei Welten nachgedacht<br />

werden. Zum einen die Vormittagswelt<br />

mit starren Einteilungen und weitgehend<br />

homogenen Altersgruppen, zum<br />

anderen die Nachmittagswelt, die nach<br />

anderen Regeln organisiert ist. Ein Problem<br />

entsteht dann, wenn die Schulgemeinschaft<br />

in diesem Zusammenhang<br />

in neue Gruppen bzw. neue Welten<br />

geteilt wird. Zum Beispiel: Privilegierte<br />

Kinder müssen nur am Vormittag in die<br />

Schule gehen, benachteiligte auch am<br />

Nachmittag. Anderes Beispiel: Manche<br />

Kinder haben Zugang zu vielen interessanten<br />

Aktivitäten in der Schule, andere<br />

sind davon ausgeschlossen.<br />

Die Beispiele zeigen, dass die in der<br />

Mehrheit additiven Umsetzungen des<br />

Ganztagsschulprogramms weit mehr<br />

als nur organisatorische Probleme mit<br />

sich bringen. Sie verändern die Schulgemeinschaft.<br />

Sie haben Auswirkung<br />

auf individuelle und kollektive Schüleridentitäten.<br />

Die Ganztagsschule verändert auch<br />

die Beziehungen zwischen Kindern<br />

und Erwachsenen sowie zwischen den<br />

in der Schule tätigen Erwachsenen. Regelmäßig<br />

gemeinsam zu Mittag essen<br />

bedeutet eine neue Beziehung zwischen<br />

Schülern und Lehrern in vielerlei<br />

Hinsicht. Allerdings wird dabei das Verhältnis<br />

zwischen Unterricht und Leben<br />

immer wieder auf die Probe gestellt:<br />

Inwieweit verändert die gemeinsame<br />

Erfahrung den Unterricht? Oder: Wird<br />

das Mittagessen zur unterrichtlichen<br />

Situation?<br />

In den Beziehungen zwischen den<br />

Erwachsenen, deren Zusammensetzung<br />

in der Ganztagsschule heterogener<br />

wird, spiegeln sich die Hierarchien<br />

unseres Bildungswesens. Unterschiede<br />

im Status, in der Anwesenheitspflicht,<br />

in den Aufgaben während des Schultages<br />

– dies alles hat Auswirkung auf<br />

die Zusammenarbeit und erschwert<br />

einen gemeinsamen Bildungs- und Erziehungsauftrag.<br />

Das professionelle<br />

Selbstverständnis der verschiedenen<br />

Berufsgruppen muss im Kontext der<br />

ganztägigen Schulgemeinschaft hinterfragt<br />

und neu formuliert werden.<br />

Aus der Perspektive der Kinder ist zu<br />

bedenken, warum sie den ganzen Tag<br />

in der Schule bleiben können / müssen,<br />

während sich für die Erwachsenen<br />

kaum etwas ändert.<br />

Die Bedeutung des Raums<br />

Die Mittel des nationalen Investitionsprogramms<br />

»Zukunft, Bildung und<br />

Betreuung« sind zweckgebunden. Das<br />

dringend benötigte Personal kann davon<br />

nicht finanziert werden. Die Gelder<br />

fließen u. a. in die Ausstattung und<br />

Umgestaltung von Räumen. Schulen<br />

sehen darin auch die Chance für notwendige<br />

Sanierungsmaßnahmen, die<br />

angesichts leerer Kassen in weite Fer-<br />

Dr. Karlheinz Burk<br />

Vertretungsprofessor für Pädagogik<br />

der Elementar- und Primarstufe<br />

im Fachbereich Erziehungswissenschaften<br />

der J. W. Goethe-Universität,<br />

Frankfurt/M.<br />

Fachreferent des Grundschulverbandes<br />

zu Fragen der Schulentwicklung<br />

und Schulgestaltung.<br />

Zahlreiche Veröffentlichungen, vor<br />

allem in der Reihe »Beiträge zur<br />

Reform der <strong>Grundschule</strong>«.<br />

Von der Pädagogik<br />

zum Raum,<br />

vom Raum der<br />

Pädagogik –<br />

z. B. Herford<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

5


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

ne gerückt waren.<br />

Im Zuge der<br />

Ganztagsschulentwicklung<br />

wird<br />

ein Impuls für die<br />

Schularchitektur<br />

sichtbar, dessen<br />

Wirkung mangels<br />

Finanzmittel begrenzt<br />

ist.<br />

Jedoch bedeuten<br />

Räume mehr<br />

als ihre unmittelbare<br />

Funktion.<br />

Der Raumbegriff<br />

präsentiert sich<br />

aus der Perspektive verschiedener Disziplinen<br />

als äußerst komplex und vieldeutig<br />

(vgl. Jelich / Kemnitz 2003). Er<br />

beinhaltet ein dialektisches Verhältnis<br />

zwischen seiner materiellen und seiner<br />

kulturellen sowie sozialen Dimension.<br />

Die neuere sozialwissenschaftliche Diskussion<br />

betont vor allem die subjektive<br />

Wahrnehmung von Räumen: das Raumempfinden<br />

(vgl. Alhans 2001, S. 19).<br />

Die pädagogische Bedeutung des<br />

Raums lässt sich von mehreren Seiten<br />

beschreiben. Zum einen spiegeln<br />

Räume den in Institutionalisierungsprozessen<br />

immer wieder hergestellten<br />

Zusammenhang von Bildung und<br />

Ordnung. Sie sind Ausdruck pädagogischer<br />

Intentionen und Praktiken (vgl.<br />

Jelich / Kemnitz 2003). Zum anderen<br />

werden Räume jeweils unterschiedlich<br />

empfunden, beispielsweise von Kindern<br />

und Erwachsenen. Sie werden von<br />

ihren Bewohnern ständig neu gestaltet<br />

und re-inszeniert (vgl. Wulf u. a. 2001,<br />

S. 11). Das Wechselspiel an pädagogischer<br />

Ordnung und performativem<br />

Charakter von Räumen erschließt oder<br />

verhindert Lern- und Erfahrungswelten.<br />

Priorität in der Raumgestaltung von<br />

Ganztagsschulen haben zunächst die<br />

funktionsgerechte und hygienischen<br />

Standards entsprechende Küche sowie<br />

der Speiseraum. Daran schließt sich die<br />

Ausstattung weiterer Funktionsräume<br />

an, beispielsweise mit »pädagogisch<br />

wertvollem Lern- und Spielmaterial«.<br />

Kinder nutzen solche Angebote, jedoch<br />

suchen sie in der Ganztagsschule auch<br />

Nischen und Grauzonen wie Flure,<br />

Kellerecken, Vorräume, den Platz unter<br />

der Treppe. Räume, die noch nicht<br />

durchorganisiert sind, die Schutz,<br />

Rückzug sowie die Gestaltung einer<br />

eigenen Welt bieten, in der sie ungestört<br />

gemeinschaftliche Erfahrungen<br />

machen können. Ähnliches gilt für das<br />

Außengelände, dessen Bedeutung bei<br />

ganztägigem Aufenthalt in der Schule<br />

zunimmt.<br />

Damit die Ganztagsgrundschule zu<br />

einem altersgerechten Lern-, Lebensund<br />

Erfahrungsraum werden kann,<br />

muss sie unterschiedliche Räume zur<br />

Verfügung stellen sowie eine multifunktionale<br />

Nutzung erlauben. Teilt<br />

sich die Schule durch ein additives Modell<br />

in zwei Welten, eine am Vormittag<br />

und eine am Nachmittag, dann hat das<br />

Auswirkung auf die Raumfrage. Findet<br />

beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung<br />

in Klassenräumen statt, werden<br />

Rechte, Verantwortlichkeiten und<br />

Zugehörigkeiten verhandelt. Hierbei<br />

zeigt sich konkret, dass die Raumgestaltung<br />

zentrale soziale und pädagogische<br />

Aspekte beinhaltet, die nur im<br />

Zusammenhang gedacht und bearbeitet<br />

werden können.<br />

Ein neuer Band zur<br />

Ganztagsgrundschule<br />

Der Grundschulverband wird in diesem<br />

Jahr einen neuen Band mit dem Titel<br />

»<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg zum ganztägigen<br />

Lebens- und Lernort« herausgeben.<br />

Dieser Band setzt sich mit der<br />

Ganztagsschuldebatte auseinander,<br />

kommentiert die konkrete Schulentwicklung<br />

und diskutiert verschiedene<br />

bildungspolitische Tendenzen. Er will<br />

einen Beitrag leisten zur <strong>aktuell</strong>en<br />

grundschulpädagogischen Verortung<br />

der Thematik, die bislang noch nicht<br />

erfolgt ist. Die Verortung erfolgt anhand<br />

zentraler grundschulpädagogischer<br />

Fragen: Raum, Zeit, Lernkultur,<br />

Gemeinschaftsbildung, Perspektiven<br />

von Kindern, Eltern, Kooperationspartnern,<br />

körperliche und ästhetische<br />

Erfahrungen. Weiterhin enthält er eine<br />

Vielzahl an Praxisbeispielen, die von<br />

konkreten lokalen Antworten zeugen.<br />

Ideen zur räumlichen, zeitlichen, sozialen,<br />

kulturellen und vor allem pädagogischen<br />

Gestaltung von neu eingerichteten<br />

Ganztagsgrundschulen können<br />

sowohl zum Nachdenken anregen als<br />

auch als Beispiel für andere Umsetzungen<br />

dienen. Die Herausgabe des Bandes<br />

ist zum 3. Ganztagsschulkongress<br />

der Kinder- und Jugendstiftung im September<br />

2006 geplant.<br />

Literatur<br />

Althans, B. (2001): Die Stadt als performa tiver Raum. In: WULF, CH.<br />

u. a. (2001), S. 19 – 36<br />

Burk, K. (1976): <strong>Grundschule</strong>: Kinderschule oder Vorschule der Wissenschaft,<br />

Frankfurt<br />

Jelich, F.-J./kemnitz, H. (2003) (Hrsg.): Die pädagogische Gestaltung<br />

des Raums. Geschichte und Modernität. Bad Heilbrunn<br />

Key, E. (dt. 1902): Das Jahrhundert des Kindes. In: Die pädagogische<br />

Bewegung »Vom Kinde aus«. Klinkhardts pädagogische Quellen texte.<br />

Hrsg. von Dietrich, Th., Bad Heilbrunn 1963, S. 5 – 35<br />

Lietz, H. (1897): Emlohstobba. Roman oder Wirklichkeit. Bilder aus der<br />

Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft?. In: Lietz, H.: Schulreform<br />

durch Neugründung. Ausgewählte pädagogische Schriften. Hrsg. von<br />

R. Lassahn, Paderborn 1970, S. 4 – 31<br />

Petillon, H. (1998): Mehr Zeit in der <strong>Grundschule</strong> für Kinder,<br />

Lehrer(innen) und Eltern. In: Forum E. Heft 2, S. 6 – 13<br />

Wittgenstein, L. (1969): Tractatus logico-philosophicus. In: Ders.,<br />

Schriften 1, Frankfurt, S. 11 – 83.<br />

Wulf, Ch. u. a. (2001): Das Sozial als Ritual. Zur performativen Bildung<br />

von Gemein schaften. Opladen<br />

6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Grundschulforum 2006: Preise für Schulpraxis, Schulpolitik und Forschung<br />

Gegen das »Bikini-Modell« –<br />

Ideen und Initiativen für eine echte Ganztagsschule<br />

»Mehr Bildungszeit für Kinder: Schritte<br />

auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule«<br />

war das Motto des »Grundschulforums«<br />

in Frankfurt am Main. Mehr<br />

als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

waren am 25. März zur Verleihung<br />

der Preise des Grundschulverbandes<br />

für innovative »Schritte auf dem Weg<br />

zum Ganztag« in die großzügigen,<br />

lichtdurchfluteten Räume der »Deutschen<br />

Bibliothek« gekommen.<br />

»Kinder brauchen zum erfolgreichen Lernen<br />

mehr Bildungszeit, als in der <strong>Grundschule</strong><br />

mit den vier oder fünf Schulstunden<br />

bisher vorgesehen ist«, betonte der<br />

Vorsitzende des Grundschulverbandes,<br />

Horst Bartnitzky.<br />

In den letzten Jahren hat die Entwicklung<br />

von Ganztagsschulen an<br />

Fahrt gewonnen. Häufig aber wird<br />

Ganztagsschule als Billiglösung realisiert:<br />

An die vier oder fünf Schulstunden<br />

am Vormittag werden Betreuungszeiten<br />

und Veranstaltungen von<br />

Wilfried W. Steinert,<br />

Vorsitzender des Bundes elternrates<br />

»Gelingende <strong>Grundschule</strong>n und noch mehr gelingende<br />

Ganztagsgrundschulen sind Motivation und Ansporn<br />

schulisches Lernen endlich neu zu gestalten.<br />

Es darf doch nicht so sein, wie mir vor kurzem<br />

jemand erzählte: Ein Fernsehtechniker und ein Lehrer<br />

haben vor 40 Jahren ihre Berufstätigkeit unterbrochen:<br />

Nun steigen sie wieder neu ein: Der Fernsehtechniker<br />

schüttelt den Kopf und sagt: ›Ich muss<br />

völlig neu lernen.‹ Der Lehrer nimmt seine Tasche,<br />

geht in die Klasse – und fängt an. Die Schulen,<br />

die heute ausgezeichnet<br />

werden,<br />

sind Beispiele<br />

gelingenden<br />

Lernens. Sie<br />

machen Mut.<br />

Im Namen des<br />

Bundeselternrates<br />

danke ich<br />

Ihnen, dass sie<br />

sich auf neue<br />

Wege gewagt<br />

haben!«<br />

Kirchen oder Vereinen angehängt, und<br />

diese Angebote gelten oft nicht für alle<br />

Kinder der Schule und müssen zusätzlich<br />

bezahlt werden.<br />

Als »Bikinimodell« von Ganztagsschule<br />

bezeichnete dies dann auch der<br />

Schulleiter einer der ausgezeichneten<br />

Schulen: »Morgens und nachmittags<br />

das Notwendigste abdecken und dazwischen<br />

irgend etwas für den Magen!«<br />

Dagegen steht die Forderung des<br />

Grundschulverbandes, die bisherigen<br />

Schulstunden zu mehr echter Bildungszeit<br />

für alle Grundschulkinder<br />

auszubauen.<br />

Der Vorschlag, in diesem Jahr die<br />

Grundschulpreise dem Thema »Ganztag«<br />

zu widmen, wurde vor knapp<br />

zwei Jahren gewählt, denn hier konnte<br />

eingelöst werden, was einer alten Forderung<br />

des Grundschulverbandes entspricht:<br />

»Mehr Zeit für Kinder.«<br />

Und so war diese Veranstaltung lebendiger<br />

Ausdruck des Engagements<br />

des Verbandes, ermutigende Beispiele<br />

in den Blickpunkt der Öffentlichkeit<br />

zu bringen.<br />

Als Unterstützer wurden<br />

Elternvertreter gewonnen,<br />

der Bundeselternrat, zudem<br />

die Deutsche Kinder- und<br />

Jugendstiftung, die einen<br />

Arbeitsschwerpunkt in der<br />

Unterstützung der Ganztagsschulentwicklung<br />

hat.<br />

Beide Institutionen waren<br />

in der Jury vertreten und begrüßten<br />

die Teilnehmer des<br />

Grundschulforums: Wilfried<br />

W. Steinert, Vorsitzender<br />

des Bundeselternrates, und<br />

Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin<br />

der Deutschen Kinder-<br />

und Jugendstiftung.<br />

Als Moderator führte Reinhard<br />

Kahl durch den Tag,<br />

einer der wichtigsten und populärsten<br />

Bildungsjournalisten,<br />

vielen bekannt durch seine Filme,<br />

»Lob des Fehlers« und »Treibhäuser der<br />

Zukunft« seien exemplarisch genannt.<br />

Zwischenräume<br />

»Ideen zu Raum und Zeit der gelungenen<br />

Schule« präsentierte Reinhard Kahl in<br />

seinem eineinhalbstündigen »Vortrag«:<br />

Spannende Reflexionen, verbunden<br />

mit filmischen Porträts und Impressionen<br />

– ein glitzerndes pädagogisches<br />

Kaleidoskop. Das Vergnügen des Mit-<br />

Denkens war greifbar im Saal und ließ<br />

Hartmut Von Hentigs Satz lebendig<br />

von<br />

Ulrich Hecker<br />

Reinhard Kahl,<br />

Bildungs journalist und Produzent von Fernseh- und Videodokumentationen<br />

»Aber wehe einer Schule, die als gestresste, gegen wartslose und<br />

verwahrloste Vormittagsschule ganztägig wird. Die hält keiner<br />

aus. Je mehr Zeit eine Schule hat, umso dringender stellt sich die<br />

Frage nach ihrer Kultur. Wenn sich jetzt Schulen, nur um an Mittel<br />

für den Ausbau einer Kantine zu kommen, zur Ganztagsschule erklären<br />

und ihre Schüler nachmittags zwei Stunden in der Kantine<br />

von einer schnell angelernten Kraft die Hausaufgaben ›betreuen‹<br />

lassen, und das heißt häufig, die<br />

Zeit totzuschlagen, dann könnte<br />

es uns in Deutschland gelingen,<br />

auch noch diese gute Idee zu<br />

diskreditieren.«<br />

Dr. Heike Kahl, Geschäftsführerin<br />

Deutsche Kinder- und<br />

Jugendstiftung<br />

»Für die Deutsche Kinder- und<br />

Jugendstiftung ist ›ganztägiges<br />

Lernen‹ eines der zentralen<br />

Themen. Gern haben wir in der<br />

Jury mitgearbeitet. Für das, was Lehrerinnen und Lehrer tun, gibt<br />

es oft zu wenig Bestätigung und Anerkennung. Darum sind solche<br />

Tage wichtig. Wichtig bei Foren wie diesem ist auch, ›sich in die<br />

Kochtöpfe zu schauen‹, nicht nur für mehr Ressourcen zu streiten.<br />

Jeder muss und kann mit dem kochen, was er hat. Wettbewerbe<br />

sind ein Instrument, solchen Praxisaustausch zu befördern.«<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

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Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

werden: »Pädagogik ist etwas wie Politik,<br />

Philosophie, Poesie.«<br />

In Raum und Zeit sieht Reinhard Kahl<br />

die »Geheim-Grammatik« einer Gesellschaft.<br />

Die Idee des »Zwischen« ist<br />

ihm zentral. Gleich eingangs zitiert er<br />

den argentinischen Schriftsteller Jorge<br />

Luis Borges (1899 – 1986), der kurz vor<br />

seinem Tod überlegte, was er denn tun<br />

würde, könnte er sein Leben noch einmal<br />

leben:<br />

»Ich war einer dieser klugen Menschen,<br />

die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten;<br />

freilich hatte ich auch Momente der Freude,<br />

aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,<br />

würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.<br />

Falls du es noch nicht weißt,<br />

aus diesen besteht nämlich das Leben;<br />

nur aus Augenblicken;<br />

vergiss nicht den jetzigen.«<br />

Ulrich Hecker<br />

Rektor einer<br />

<strong>Grundschule</strong><br />

in Moers,<br />

Redakteur<br />

»<strong>Grundschule</strong><br />

<strong>aktuell</strong>«<br />

Welche Qualität haben die ungezählten<br />

Augenblicke der Schul-Zeit, die ja<br />

Lebens-Zeit ist?<br />

»Der Raum ist der dritte Pädagoge«,<br />

sagte der 19<strong>94</strong> verstorbene Begründer<br />

der »Reggiopädagogik«, Loris Malaguzzi.<br />

In den kommunalen Vorschulen<br />

der norditalienischen Reggio<br />

Emilia Romagna begann man<br />

schon in den 80er Jahren,<br />

Kinder als Forscher und Dichter<br />

anzusehen. Respekt und<br />

Neugier wurden als kognitive<br />

und moralische Tugenden entdeckt.<br />

Die Brisanz des Satzes<br />

vom dritten Pädagogen wird<br />

deutlich, zitiert man ihn vollständig:<br />

»Die anderen Kinder<br />

sind der erste Pädagoge. Lehrer<br />

sind der zweite und der Raum ist<br />

der dritte Pädagoge.«<br />

»Die Zeit noch als vierten Pädagogen<br />

hinzuzufügen«, so Reinhard Kahl,<br />

»wäre gewiss in Malaguzzis Sinn. Betrachtet<br />

man die hierzulande üblichen<br />

Klassenzimmer unter dem Aspekt dieser<br />

vier Pädagogen, dann wird schlagartig<br />

klar, was schief läuft. Die deutsche Schule<br />

setzt traditionell nur auf den einen<br />

Pädagogen, den Lehrer, und überfordert<br />

und schwächt ihn damit.«<br />

Für eine große Zahl von <strong>Grundschule</strong>n<br />

gilt das nicht mehr. Aber die meisten<br />

Schulräume sind schmucklos. Reinhard<br />

Kahl meint: »Das Interieur ist<br />

häufig zum Verzweifeln karg. Die Zeit<br />

wird so linear konstruiert, dass sie fast<br />

zum Punkt schrumpft. Kein Wunder, dass<br />

die meisten Lehrer behaupten, gar keine<br />

Zeit zu haben, und dass sich ihre Schüler<br />

in der verklumpten Zeit langweilen. Wo<br />

man nicht Individuum sein darf, wird das<br />

Unumgängliche zum notwendigen Übel.<br />

Weder Kooperation noch Gemeinschaft<br />

bilden sich. Von Eleganz und Schönheit<br />

ganz zu schweigen. Erst wenn die Verschiedenheit<br />

nicht als Abweichung und<br />

Nachteil angesehen wird, hört der Raum<br />

auf, Container zu sein und kann ein reizvoller<br />

Ort werden. Und weil die Verschiedenen<br />

jeweils ihre Eigenzeit haben, kommen<br />

Rhythmen auf. Sind Raum und Zeit<br />

als Koordinaten für Differenzen erst mal<br />

akzeptiert, dann entstehen in Schulen<br />

Lernlandschaften.«<br />

Wie könnte die Pädagogik das »Zwischen«<br />

zu ihrer Leitidee machen, fragte<br />

Reinhard Kahl sich und seine Zuhörer/innen:<br />

»Wenn man sich die Schule<br />

nicht mehr als leeren Raum zur Vermittlung<br />

von Inhalten vorstellt, in denen der<br />

kürzeste Weg als der beste gilt, kommt<br />

es zum Beispiel auf Rituale, Regeln, Reviere,<br />

Rhythmen und auch Rock ’n’ Roll<br />

an. Dann gerät die Atmosphäre ins Zentrum,<br />

aus der ›Wirklichkeit‹ erst auskristallisiert.<br />

Dann wird man verstehen, dass<br />

der Raum ›der dritte Pädagoge‹ ist. Und<br />

die rhythmisierte Zeit könnte nach Mitschülern,<br />

Lehrern und dem Ort der vierte<br />

Pädagoge werden.«<br />

Bezugnehmend auf skandinavische<br />

Beispiele verlangte Reinhard Kahl,<br />

für Kinder »irdische Kathedralen« zu<br />

bauen. Dies sei der »Mindesteinsatz«<br />

der Gesellschaft: Orte für Kinder, an<br />

denen die Gesellschaft zeigt, was sie<br />

mit ihnen will. Zum Weitersagen zitierte<br />

er einen Satz von Bildungsministerin<br />

Annette Schavan: »Jede Schule sollte<br />

schöner und besser ausgestattet sein als<br />

die größte Sparkasse der Stadt.«<br />

Von der Stundenschule<br />

zur Ganztagsgrundschule<br />

Das Thema »Ganztag« hat Widerhaken.<br />

Die »alte« Forderung nach »Mehr Zeit<br />

für Kinder« meinte den ganzen Halbtag,<br />

also die »Schule von 8 bis 1 für alle<br />

Kinder«, zuverlässig 5 Zeitstunden am<br />

Tag. Diese Forderung ist längst noch<br />

nicht realisiert.<br />

Familienpolitisch ist die verlässliche<br />

Schulzeit (in Form von Unterricht und<br />

dazu addierter Betreuung) auf dem<br />

Weg, pädagogisch aber existiert vielfach<br />

Flickschusterei: Kinder und Lehrer/innen<br />

haben eben keine »Mehrzeit«<br />

für individuelle Förderung, gemeinsame<br />

Projekte und die Gestaltung des<br />

demokratischen Miteinander. Zementiert<br />

wird die traditionelle Stundentafel,<br />

ergänzt durch Betreuungszeiten:<br />

Eine Billiglösung.<br />

Ganztag heute setzt in vielen Fällen<br />

diese Flickschusterei in den Nachmittag<br />

hinein fort. Die Arbeit der Horte,<br />

von Vereinen und Kirchen werden ins<br />

Schulgebäude geholt und damit die<br />

»Ganztagszeit« gefüllt, ohne dass am<br />

Unterricht mit 4 bis 5 Schulstunden etwas<br />

geändert würde.<br />

Angesichts dieser Situation nun<br />

aber »das Erstaunliche«, wie Horst<br />

Bartnitzky hervorhob: »Kreative Schulen<br />

entwickeln auch aus diesem Patchwork<br />

von Unterricht und diversen Betreuungsangeboten<br />

pädagogisch stimmige<br />

Konzepte, die dem ein Stück näher kommen,<br />

was wir ›pädagogische Gestaltung<br />

des Ganztags‹ nennen.<br />

Wir im Grundschulverband haben diese<br />

Vision von Ganztag im Kopf – und die<br />

Realität (die betrübliche wie die erfreuliche)<br />

vor Augen. Zwischenziele haben wir<br />

in einem neuen ›Standpunkt‹ formuliert,<br />

die Kernpunkte:<br />

■ Für alle Kinder mindestens 30 Zeitstunden<br />

(2 Ganztage, darüber hinaus<br />

Angebote),<br />

■ verantwortlich ist pädagogisch qualifiziertes<br />

Fachpersonal,<br />

■ die Ausstattung (Personal, Sachen,<br />

Räume) trägt dem Verständnis von Schule<br />

als Lebensstätte für den ganzen Tag<br />

Rechnung.«<br />

Der Grundschulverband ist seit seiner<br />

Gründung (1969) entschieden ein Reformverband.<br />

Das ist auch weiter notwendig,<br />

denn die <strong>Grundschule</strong> kann bis<br />

heute dem Anspruch aller Kinder nach<br />

grundlegender Bildung nicht voll gerecht<br />

werden. Ein wesentlicher Grund<br />

dafür ist die zu knappe Unterrichtszeit.<br />

Horst Bartnitzky: »Nach wie vor<br />

werden Kinder nach der Stundentafel der<br />

preußischen Stillsitzschule unterrichtet,<br />

bleibt ihnen die Zeit versagt, die sie<br />

brauchen, um eigenaktiv zu lernen, zu<br />

experimentieren, ihre Welt zu erforschen<br />

8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Thema: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

und ihr Miteinanderleben und -lernen zu<br />

gestalten.<br />

Deshalb unterstützt der Grundschulverband<br />

alle Bemühungen, <strong>Grundschule</strong><br />

kindgerechter zu machen, Auslesemechanismen<br />

abzubauen und mehr Bildungszeit<br />

für alle Kinder durchzusetzen.«<br />

Aktiv ist der Grundschulverband auf<br />

drei Feldern, deren Zusammenspiel die<br />

Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong><br />

ermöglicht und stützt:<br />

■ Schulpraxis, die die Verschiedenheit<br />

der Kinder respektiert und Kinder in ihrer<br />

Entwicklung förderlich begleitet,<br />

■ Schulpolitik, die Rahmenbedingungen<br />

für eine moderne, d. h. kindgerechte<br />

<strong>Grundschule</strong> schafft und<br />

■ Forschung, die wichtige Entwicklungsaspekte<br />

untersucht, erhellt und<br />

Schulentwicklung kritisch-konstruktiv<br />

begleitet.<br />

Solche Bemühungen wurden beim<br />

»Grundschulforum« mit entsprechenden<br />

Preisen gewürdigt:<br />

■ Der Praxispreis für Schulen, die<br />

einfallsreich und engagiert mit solchen<br />

Schritten neue Wege gehen und<br />

befestigen. Fünf Schulen aus verschiedenen<br />

Bundesländern erhielten<br />

den mit jeweils 2.000 Euro dotierten<br />

Preis: In Bremen die Tami-Oelfken-<br />

Schule, in Brandenburg die Evangelische<br />

Schule Potsdam, in Berlin die<br />

Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> und in Baden-<br />

Württemberg die Burgschule Esslingen<br />

sowie die Französische Schule Tübingen<br />

(S. 10 ff).<br />

■ Der Politikpreis ging an eine aktive<br />

Kommune, die ihre <strong>Grundschule</strong>n<br />

beim Aufbau und der pädagogischen<br />

Entwicklung ihrer Ganztagsschulen<br />

ideell und materiell unterstützt: die<br />

Stadt Herford in Nordrhein-Westfalen<br />

(S. 22).<br />

■ Den Forschungsförderpreis, ausgestattet<br />

mit 6.000 Euro, teilten sich<br />

zwei junge Wissenschaftlerinnen,<br />

Nadine Budych und Doreen Weide<br />

(S. 20 f).<br />

»Dieser Wettbewerb«, so Reinhard<br />

Kahl, der auch die Preisvergabe moderierte,<br />

»stärkt etwas, was auf dem Weg<br />

ist – prozessbegleitende Bestätigung<br />

und Ermutigung!«<br />

Die Preisträger waren allesamt sehr zu<br />

Recht stolz auf ihre Preise und haben<br />

dies in Interviews und Dankesworten<br />

auf sehr persönliche Weise ausgedrückt.<br />

Die musikalischen Zwischentöne<br />

von Moritz Reinisch und Christian<br />

Keul schließlich sorgten für eine Atmosphäre<br />

gelassener Heiterkeit, die<br />

einfach wohltuend war.<br />

Die Lehrerinnen und Lehrer, Eltern<br />

und Kinder aus den Schulen fühlten<br />

sich ganz persönlich wahrgenommen<br />

und gewürdigt, ihre ganz konkrete<br />

Arbeit stand im Mittelpunkt. Auf der<br />

Bühne, gruppiert um Stehtische, entspannen<br />

sich lebhafte Dialoge. Ein Verdienst<br />

der Moderation von Reinhard<br />

Kahl und der Laudatoren, denen man<br />

die Lust und das Vergnügen anmerkte,<br />

mit den Preisträger/innen ins Gespräch<br />

zu kommen. Preisverleihung als Dialog<br />

– ein bemerkenswerter Vorgang.<br />

Fazit: Das »Grundschulforum 2006«<br />

war eine rundum gelungene, weil kurzweilige<br />

und würdige Veranstaltung,<br />

gut inszeniert und organisiert. Keine<br />

hohle Repräsentation wurde geboten,<br />

sondern Anstöße zum Nachdenken<br />

und Nachmachen.<br />

»Mehr Bildungszeit für Kinder« war<br />

das Motto. Und so war auch dieses<br />

»Grundschulforum 2006« ein Schritt<br />

auf diesem Weg. Horst Bartnitzky in<br />

seinem Schlusswort: »Denn nur, wer ein<br />

großes Ziel hat, kann die richtigen kleinen<br />

Schritte tun!«<br />

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Moritz Reinisch (Saxophon)<br />

und Christian Keul (Kontrabass)<br />

Die beiden jungen Musiker gaben dem Grundschulforum<br />

mit ihren musikalischen Zwischentönen<br />

einen künstlerischen Rahmen und eine<br />

ganz besondere, beschwingte Atmosphäre.<br />

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GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

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Praxispreis<br />

Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>,<br />

Berlin<br />

»… weil an der Schule Lehrkräfte im Team<br />

mit Erzieherinnen die Integration von<br />

Kindern aus verschiedenen Kulturkreisen<br />

und mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />

individuell fördern.« (aus der Laudatio)<br />

Der »Kiez«<br />

Die Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> liegt im<br />

Zentrum des Ortsteils Kreuzberg des<br />

Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg am<br />

Fraenkelufer. Der ehemalige Standort<br />

in der Manteuffelstraße musste im<br />

Jahr 2000 wegen der bevorstehenden<br />

Asbestsanierung und des Umbaus<br />

des Schulgebäudes verlassen werden.<br />

Das jetzige Schulgebäude ist ein alter<br />

viergeschossiger Backsteinbau direkt<br />

neben der Synagoge Kreuzberg.<br />

Der Sozialstrukturatlas Berlin weist<br />

den Ortsteil Kreuzberg insgesamt als<br />

eines der benachteiligtsten und strukturschwächsten<br />

Gebiete der Stadt aus.<br />

Der Bereich rund um das Kottbusser<br />

Tor steht dabei neben dem Wrangelkiez<br />

am schlechtesten da. Die Arbeitslosigkeit<br />

alleine unter den ausländischen<br />

Mitbürgern in Kreuzberg beträgt<br />

zurzeit etwa 42 %. Viele Eltern leben<br />

von Arbeitslosenunterstützung oder<br />

Sozialhilfe.<br />

Die Kinder<br />

Bis zum Beginn des Schuljahres<br />

2002/2003 wurde die Mischung der<br />

Klassen mit deutschen und nichtdeutschen<br />

Kindern sowie Kindern aus<br />

den verschiedensten sozialen Schichten<br />

zunehmend geringer, weil immer<br />

mehr deutsche und ausländische<br />

Mittelschichteltern aus dem Bezirk<br />

wegzogen. Durch den hohen Anteil<br />

von Kindern nichtdeutscher Herkunft<br />

wurden viele Kinder deutscher Herkunft<br />

im Laufe der Grundschulzeit von<br />

der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> an andere<br />

<strong>Grundschule</strong>n – häufig außerhalb<br />

Kreuzbergs – umgemeldet, so dass der<br />

Anteil Schüler nichtdeutscher Herkunft<br />

in den oberen Klassenstufen deutlich<br />

höher lag (zum Teil 100 %) als in den<br />

unteren Klassenstufen.<br />

Seit etwa zwei Jahren ist ein verstärktes<br />

Interesse von deutschen Eltern<br />

an der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong> festzustellen.<br />

Die Gründe liegen offensichtlich<br />

in der pädagogischen Arbeit des<br />

Kollegiums, der Einrichtung von Förderklassen<br />

für Schüler nichtdeutscher<br />

Herkunft mit schlechten deutschen<br />

Sprachkenntnissen, der Einrichtung einer<br />

gebundenen Ganztagsgrundschule<br />

sowie einer besseren Außendarstellung<br />

der Schule.<br />

Dieses verstärkte Interesse hatte<br />

zur Folge, dass in der jetzigen zweiten<br />

Jahrgangsstufe neben zwei Förderklassen<br />

eine Regelklasse mit 38 % Schülern<br />

deutscher Herkunft eingerichtet werden<br />

konnte. Bei den Anmeldungen zur<br />

derzeitigen ersten Jahrgangsstufe gab<br />

es erstmals seit Jahren weit mehr Anträge<br />

auf Beschulung an der Hunsrück-<br />

<strong>Grundschule</strong> aus anderen Einzugsbereichen<br />

als es Anträge auf Einschulung<br />

in einer anderen als dieser Schule gab.<br />

Der Ganztag<br />

Die Planungen für ein Ganztagsangebot<br />

an der Hunsrück-<strong>Grundschule</strong><br />

Zum Raumkonzept gehören<br />

die Remisen. Sie sind durch<br />

eine Brücke mit dem Hauptgebäude<br />

verbunden. In ihrem<br />

Erdgeschoss befinden sich<br />

vornehmlich die folgenden<br />

Fachräume bzw. Werkstätten:<br />

Tonwerkraum, Holzwerkraum,<br />

Fotolabor, Malatelier, Fahrradwerkstatt,<br />

Fachraum für<br />

technisch-naturwissenschaftlichen<br />

Unterricht. Außerdem<br />

befindet sich im Erdgeschoss<br />

noch ein Raum, der sowohl<br />

als Elterncafé wie auch für<br />

den Deutschunterricht für<br />

Migranten der Volkshochschule<br />

genutzt werden kann.<br />

Des Weiteren soll ein Raum<br />

für Ausstellungen im Rahmen<br />

des projektorientierten Unterrichts<br />

genutzt werden.<br />

10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

reichen in das Jahr 1988 zurück. Allerdings<br />

schoben die finanziellen Belastungen<br />

durch die Wiedervereinigung<br />

den Schulneu- und Schulumbau bis<br />

in das Jahr 2000 und die Umsetzung<br />

eines Ganztagskonzepts auf das Jahr<br />

2004 hinaus. In dieser Zeit erfuhr das<br />

Ganztagskonzept eine grundlegende<br />

Veränderung: Aus dem für ein Viertel<br />

der Schülerschaft geplanten additiven<br />

Ganztagsangebot wurde – und das<br />

entsprach der Überzeugung des Kollegiums<br />

– eine gebundene sechsjährige<br />

Ganztagsgrundschule für 450 Schülerinnen<br />

und Schüler, die zu mehr als<br />

zwei Dritteln aus Familien mit Migrationshintergrund<br />

kommen.<br />

Die Leitziele der Schule drücken aus,<br />

was sich im pädagogischen Konzept<br />

widerspiegelt:<br />

■ Alle in der Schule arbeitenden Menschen<br />

(Schüler, Pädagogen, Eltern u. a.)<br />

gehen achtungsvoll und wertschätzend<br />

miteinander um.<br />

■ Alle übernehmen gemeinsam Verantwortung<br />

für das Lernen und die<br />

Erziehung der Kinder und arbeiten zusammen.<br />

■ Alle sehen in der Individualität und<br />

Unterschiedlichkeit der Kinder eine<br />

Chance.<br />

■ Die Schule ist geprägt durch selbstbestimmtes<br />

Lernen in einer lernfördernden<br />

Umgebung, denn Lust und<br />

Leistung gehören zusammen.<br />

Die Teamarbeit zwischen Lehrkräften<br />

und Erzieherinnen wird auf dieser<br />

Grundlage als selbstverständlich empfunden,<br />

ebenso die Integration von<br />

Kindern aus vielen Kulturen und mit<br />

ganz unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

im Leben und beim Lernen.<br />

Die Förderung leistungsstarker und<br />

leistungsschwacher Schülerinnen und<br />

Schüler findet innerhalb des Regelunterrichts<br />

ebenso ihren Platz wie die<br />

Prinzipien des »Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts«.<br />

Die Rhythmisierung der Schultage<br />

mit der Verzahnung von Vor- und Nachmittag<br />

sowie Unterricht und Freizeit<br />

ist intensiv durchdacht, wobei gerade<br />

daran immer wieder gearbeitet wird.<br />

Die Hunsrückschule versteht sich<br />

als Einrichtung im Wohngebiet (»Kiez«).<br />

Sie lässt das Wohnumfeld nicht nur in<br />

ihren Projekten von den Schülerinnen<br />

und Schülern erkunden, sondern holt<br />

es mit seinen Angeboten in die Schule<br />

hinein. Konsequent öffnet die Schule<br />

ihre Räume für Nutzer von außen.<br />

Sie sei auf dem Weg, stellt die Hunsrückschule<br />

fest, und möchte ihre Entwicklung<br />

dabei immer wieder auf den<br />

Prüfstand stellen. Vier Schwerpunkte<br />

liegen ihr derzeit besonders am Herzen:<br />

■ eine noch gezieltere Orientierung<br />

an den Kindern bei der Rhythmisierung<br />

des Schultages,<br />

■ die Mischung von gebundener und<br />

ungebundener Freizeit,<br />

■ die Schaffung »Freier Lernorte« wie<br />

Medien-/Computerraum, Bibliothek,<br />

Freinet-Druckerei, Schulgarten und<br />

■ die Zusammenarbeit der pädagogischen<br />

Kräfte (Lehrer/innen und Erzieher/innen)<br />

»auf gleicher Augenhöhe«.<br />

»Die eingeschlagene Richtung der<br />

Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>«, stellte die<br />

Jury in ihrer Laudatio fest, »ist erfolgversprechend.«<br />

Kontakt<br />

Hunsrück-<strong>Grundschule</strong>, Manteuffelstraße 79, 10999 Berlin<br />

Kontakt: Mario Dobe (Schulleiter), Tel.: 0 30 / 22 50 31 11<br />

Web: www.Hunsrueck-<strong>Grundschule</strong>.de<br />

Mail: Schulleitung@hunsrueck-grundschule.de<br />

Fördern<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

11


Praxispreis<br />

Evangelische <strong>Grundschule</strong><br />

Potsdam<br />

»… weil sie nicht nur für Kinder ein anregender<br />

Lern- und Lebensort sein will, sondern auch<br />

Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher,<br />

Träger und Kooperationspartner als Lernende<br />

mit einbezieht.« (aus der Laudatio)<br />

Daten zur Schule<br />

Der Ganztag<br />

Die Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam<br />

wird bisher als Ganztagsschule in<br />

»offener Form« geführt. Die Praxis hat<br />

diese Form bereits überholt: Als Schule,<br />

in der Menschen mit unterschiedlichen<br />

Professionen tätig sind, als Schule,<br />

in der sich Phasen von Anspannung<br />

und Entspannung ebenso abwechseln<br />

Zahl der Schüler/innen: 269<br />

Pädagogische Mitarbeiter/innen: 22 Frauen, 8 Männer<br />

Lehrer/innen: 19 (6 Vollzeit/13 Teilzeit)<br />

Erzieher/innen: 11 (alle Teilzeit)<br />

Besonderheiten: öffentliche Schule in freier Trägerschaft;<br />

jahrgangsübergreifende Lerngruppen;<br />

Gemeinsamer Unterricht (Inklusion); genehmigte<br />

Ganztagsschule<br />

Kooperationspartner: Zirkus Montelino e.V. Potsdam,<br />

UJKC Potsdam (Judo), Musikschule, Institut für Grundschulpädagogik,<br />

Universität Potsdam<br />

wie gebundene und offene Handlungsund<br />

Lernphasen, als Schule, in der die<br />

Unterscheidung zwischen »Unterricht«<br />

und »Betreuung« zunehmend hinfällig<br />

wird bzw. werden soll. Aus diesem<br />

Grund ist ein Antrag auf Genehmigung<br />

als Ganztagsschule in teilweise gebundener<br />

Form beim staatlichen Schulamt<br />

geplant.<br />

11:30 – Mittagsband an der Ev. <strong>Grundschule</strong><br />

– es wird gelacht und geschwatzt.<br />

Einige stürzen nach draußen auf den<br />

Hof. In der Mensa geht es heute ruhig zu:<br />

vereinzelt sitzen Kinder, Erwachsene an<br />

den Tischen, plaudern und essen. Die Türen<br />

zu den Gruppenräumen sind offen. In<br />

kleineren Gruppen sitzen Kinder zusammen<br />

und spielen Karten, malen, einige<br />

sind in Schreibarbeiten vertieft. Drei Kinder<br />

proben mit einem Erwachsenen Texte<br />

für ein Musical. In einem der Kellerräume<br />

trifft sich heute die »Red House Revolution<br />

Band«. Von weitem dringen E-Gitarre-<br />

Klänge und Tonfolgen eines Keyboards in<br />

den Ruheraum. Hier haben es sich einige<br />

Kinder gemütlich gemacht und sich einen<br />

Rückzugsort zum Lesen geschaffen …<br />

Die Erfahrungen mit Querstrukturen<br />

wie dem »Mittagsband« zeigen, dass<br />

eine Öffnung von Zeitfenstern Chancen<br />

für die Verzahnung von formellen und<br />

informellen Lernprozessen ermöglicht:<br />

Sie lassen Raum für Initiativen und Aktivitäten,<br />

an denen Kinder wie Erwachsene<br />

teilhaben und aus denen sich Impulse<br />

für gemeinsame oder individuelle<br />

(Lern-)Vorhaben ergeben können.<br />

»Öffnung von Schule« meint daher<br />

auch eine Binnenstruktur, in der sich<br />

Kinder und Erwachsene als miteinander<br />

Agierende und Lernende erfahren können.<br />

Dies muss noch stärker als bislang<br />

verbunden w erden mit einer zunehmenden<br />

Abkehr vom Denken in »Unterrichtsstunden«,<br />

in »Stoff ein heiten« und<br />

in »Lehrzielen«, die in bestimmten Zeitspannen<br />

für alle Schüler/innen gleichschrittig<br />

erreicht werden müssen.<br />

Ganztag braucht<br />

Beteiligung –<br />

Kinder, Eltern und<br />

MitarbeiterInnen<br />

bewegen<br />

ihre Schule<br />

gemeinsam<br />

12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Eindrucksvoller<br />

Entwicklungsprozess<br />

Die Bewerbung der Schule um den<br />

Praxispreis des Grundschulverbandes,<br />

stellt die Jury in ihrer Laudatio fest,<br />

»zeichnet einen beeindruckenden Entwicklungsprozess<br />

nach und zeigt, wie<br />

aus der ›<strong>Grundschule</strong> plus Hort‹ Schritt<br />

für Schritt eine kooperative Schul-Hort-<br />

Einrichtung und schließlich eine Ganztagsschule<br />

wurde, die ihren Schülerinnen<br />

und Schülern Zeit, Raum und vielfältige<br />

Gelegenheiten bietet, sich zu begegnen<br />

und mit- und voneinander zu lernen.<br />

Das Besondere ist, dass die Evangelische<br />

<strong>Grundschule</strong> in Potsdam nicht nur<br />

ein anregender Lern- und Lebensort für<br />

ihre Kinder sein will, sondern dass auch<br />

die Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und<br />

Erzieher, Träger und Kooperationspartner<br />

sich als Lernende verstehen. So wurde beispielsweise<br />

an der Schule eine ›Gemeinsinn-Werkstatt‹<br />

ins Leben gerufen, in der<br />

Vertreter der verschiedenen schulischen<br />

Akteure und von außerschulischen Partnern<br />

gemeinsam nach Entwicklungsperspektiven<br />

suchen, sich austauschen und<br />

mit allen Beteiligten an der Umsetzung<br />

arbeiten.«<br />

Dieser Prozess, dessen Kern die Weiterentwicklung<br />

der Ganztagskonzeption<br />

bildet, ist noch längst nicht abgeschlossen.<br />

Er hat aber schon viele<br />

Früchte getragen. Stichworte sind:<br />

Eine breite Beteiligungskultur; eine<br />

veränderte Zeitstruktur mit offenem<br />

Tages anfang; Unterrichtsrhythmisierung;<br />

jahrgangsübergreifende Lerngruppen;<br />

eine eindrucksvolle Rückmeldekultur,<br />

die mit Lernportfolios,<br />

Selbsteinschätzungen, Entwicklungsgesprächen<br />

und Zeugnisbriefen arbeitet<br />

und die bis zur 4. Klasse ganz ohne<br />

Noten auskommt; die Einbeziehung<br />

außerschulischer Lernorte oder Kooperation<br />

nach Innen und Außen.<br />

Die Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam<br />

wurde 1998 gegründet und befand sich<br />

bis vor kurzem noch im Aufbau zu einer<br />

zweizügigen <strong>Grundschule</strong> (Jahrgänge<br />

1 – 6). Ihre Geschichte ist seit ihrer Gründung<br />

die einer Ganztags-<strong>Grundschule</strong>:<br />

Von Anfang an bestand eine enge Kooperation<br />

zwischen Schule und Hort. Als<br />

»<strong>Grundschule</strong> mit festen Öffnungszeiten<br />

plus angegliedertem Hort« arbeiteten<br />

Schule und Hort schon bald nach<br />

Gründung »unter einem<br />

Dach« zusammen.<br />

Nach sechs Jahren, als<br />

nunmehr »ausgewachsene«<br />

zweizügige und<br />

auch offiziell als Ganztagsschule<br />

genehmigte<br />

<strong>Grundschule</strong> hat sie sich<br />

erneut auf den Weg gemacht:<br />

»Ein Traum von<br />

Schule – gemeinsam<br />

Schule bewegen« unter<br />

diesem Motto haben<br />

sich Kinder, Eltern, Lehrer/innen,<br />

Erzieher/innen,<br />

Träger und Kooperationspartner/innen<br />

zusammengefunden,<br />

um ihre Schule als einen<br />

Lebens- und Lernort weiter zu gestalten,<br />

der Raum, Zeit und Gelegenheit<br />

bietet sich zu begegnen und mit- und<br />

voneinander zu lernen. Im Januar 2004<br />

wurde eine »Gemeinsinn-Werkstatt«<br />

initiiert. Diese brachte im Entwicklungsprozess<br />

der Schule und für die<br />

Ausgestaltung des Ganztagskonzeptes<br />

eine neue Qualität ins Spiel: Kinder, Eltern,<br />

Erzieher/innen, Lehrer/innen und<br />

Kooperationspartner/innen wurden in<br />

neuer Weise zu Trägern der Entwicklung<br />

und der Realisierung des Ganztags.<br />

Dieser Prozess wurde von einem<br />

externen Beratungs- und Begleitteam<br />

unterstützt.<br />

Mehr Informationen dazu im Internet<br />

unter: http://gemeinsinn-egsp.<br />

blogspot.com/<br />

Die Laudatio schließt: »Gerade weil diese<br />

Schule kein abgeschlossenes und unerreichbares<br />

Modell, kein statisches Denkmal<br />

ist, eignet sie sich außerordentlich<br />

als Beispiel. Sie zeigt, dass der Weg und<br />

die Bewegung das Ausschlaggebende<br />

sind, wenn eine neue und lebendige Lernkultur<br />

geschaffen werden soll. In diesem<br />

Sinne bleibt nur, der Schule und den in<br />

ihr Schaffenden weiterhin viel Kraft, Mut<br />

und Erfolg für diesen eingeschlagenen<br />

Weg zu wünschen!«<br />

Ganztag braucht Frei-Räume –<br />

Kunstaktion auf dem Gelände des Roten<br />

Hauses (Jahrgänge vier bis sechs).<br />

Kontakt<br />

Evangelische <strong>Grundschule</strong> Potsdam,<br />

Große Weinmeister str. 49, 14469 Potsdam<br />

Markus Althoff, Tel.: 03 31 – 280 36 60<br />

Web: www.grundschule.hoffbauer-stiftung.de/p/<br />

E-Mail: grundschule@hoffbauer-Stiftung.de<br />

Ganztag braucht Rückzugsorte und Rückzugsgelegenheiten<br />

– Lesepause im Mittagsband auf dem Hof des »Gelben<br />

Hauses«, in dem die Jahrgänge eins bis drei in jahrgangsübergreifenden<br />

Gruppen untergebracht sind.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

13


Praxispreis<br />

Tami-Oelfken-Schule,<br />

Bremen<br />

»… weil sie ein verlässliches ganzheitliches Angebot aus<br />

einem Guss bietet und in einem den Bedürfnissen der<br />

Kinder entsprechenden Raum eine Atmosphäre und ein<br />

Lernklima schafft, in dem Kinder mit Migrationshintergrund<br />

eine eigene Identität entwickeln und wertschätzen<br />

können.« (aus der Laudatio)<br />

Der Stadtteil<br />

Die Schulkinder der Tami-Oelfken-Schule<br />

auf dem Weg zum Mittagessen<br />

Die Tami-Oelfken-Schule liegt im<br />

Stadtteil Lüssum-Bockhorn in einem<br />

sehr eng begrenzten Wohngebiet. Die<br />

mehrgeschossigen Wohnhäuser wurden<br />

ab 1965 errichtet. Der Anteil von<br />

Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache<br />

ist sehr hoch. Ein Großteil der<br />

Kinder wächst unter schwierigen Entwicklungsbedingungen<br />

auf.<br />

Gleichzeitig gibt es im Stadtteil<br />

viele soziale Einrichtungen. Ein städtisches<br />

und ein evangelisches Kindertagesheim<br />

betreuen einen Großteil der<br />

Vorschulkinder des Stadtteils. Nach<br />

der Schule und in den frühen Abendstunden<br />

ist das »Spielhaus« mit dazu<br />

gehörigem Abenteuerspielplatz eine<br />

beliebte Anlaufstelle. Das »Haus der<br />

Zukunft« steht mit seinen vielfältigen<br />

Angeboten für Kinder und ihre Eltern<br />

offen. Alle Einrichtungen arbeiten sehr<br />

intensiv zusammen.<br />

Das Schulgebäude<br />

Das Schulgebäude ist ein funktionaler<br />

roter Backsteinbau mit zwei Etagen,<br />

der 1969 entstand. Eine Halle, die als<br />

Theater- und Versammlungsraum genutzt<br />

wird, bietet Platz für die gesamte<br />

Schülerschaft. Die Turnhalle wird von<br />

diversen Sportvereinen mit genutzt.<br />

Unsere umfangreiche Schulbücherei<br />

wird von vielen Kindern gern besucht.<br />

An Fachräumen stehen ein Musikraum,<br />

ein Werkraum mit Tonarbeitsraum<br />

und Brennofen, ein PC-Raum,<br />

ein Zirkusraum und ein naturwissenschaftlicher<br />

Raum zur Verfügung.<br />

Eine Cafeteria mit gut ausgestatteter<br />

Küchenzeile bereichert das Schulleben.<br />

Der Außenbereich gliedert sich in<br />

den verzweigten Pausenhof, einen<br />

kleinen Sportplatz, einen Schulgarten,<br />

einen Bereich mit Kletter- und Spielgeräten<br />

und im Innenhof das Klassenzimmer<br />

im Freien.<br />

Der Ganztag<br />

Wilfried Steiner, der Vorsitzende des<br />

Bundeselternrates, schilderte die Schule<br />

in seiner Laudatio:<br />

»Friedlich, freundlich, leise , langsam …<br />

… so werden Schülerinnen, Schüler<br />

und Besucher auf einem großen Plakat<br />

neben der Schultür begrüßt. Eine lichtdurchflutete,<br />

freundliche Atmosphäre<br />

prägt Flure, Klassen- und Gruppenräume.<br />

Eine Schule, in der man sich gerne<br />

aufhält.<br />

Eine Schule in einem sozialen Brennpunkt<br />

mit einer Lernumgebung, in der<br />

man nichts von Aggression und Gewalt<br />

wahrnimmt – ausgesprochene Höflichkeit,<br />

Fröhlichkeit und Lebendigkeit der<br />

Schülerinnen und Schüler empfängt die<br />

Besucher.<br />

Lehrerinnen und Lehrer übernehmen<br />

Verantwortung für ihren Stundenplan,<br />

gestalten zusammen mit pädagogischen<br />

Fachkräften einen rhythmisierten<br />

Tagesablauf mit den Kindern. Die Integration<br />

des Hortes in die Zuständigkeit<br />

der Schulleiterin – einschließlich der Personalverantwortung<br />

und der finanziellen<br />

Ressourcen ist gelungen.<br />

Auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

haben sich auf die Ganztagsschule<br />

eingelassen; im Rahmen<br />

der Präsenzzeit sind sie den ganzen<br />

Tag in der Schule – nicht nur zur Arbeit<br />

mit den Schülerinnen und Schülern<br />

– und zur Vorbereitung stehen auch PC-<br />

Arbeitsplätze zur Verfügung.<br />

Kontakt<br />

Tami-Oelfken-Schule,<br />

Lüssumer Ring 55, 28777 Bremen<br />

Syltje Töpper-Hurrle,<br />

Tel.: 04 21 / 3 61 - 77 55<br />

Web: www.tami-oelfken-schule.de<br />

E-Mail: 077@bildung.bremen.de<br />

14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

»Musische Förderung –<br />

wir feiern Mozarts<br />

250. Geburtstag«<br />

Spannende Projekte wie das Zirkusprojekt,<br />

der Trommelkurs, das Theaterprojekt,<br />

um die Sprachfähigkeit der<br />

Kinder zu fördern und Wirkung nach<br />

außen zu erreichen, schaffen alternative<br />

Lernzugänge. Muttersprachlicher Unterricht<br />

in Türkisch und Kurdisch ermöglicht<br />

den Kindern Zugänge zur eigenen Identität<br />

und wertet ihre Herkunft auf.<br />

Das Projekt ›Elternarbeit‹ zusammen<br />

mit der Uni Bremen versucht gerade die<br />

Eltern zu erreichen, deren Erziehungskompetenz<br />

die größten Unterstützungen<br />

braucht.<br />

Das Kollegium der Tami-Oelfken-<br />

Schule zeigt, wie eine Schule als Ganztagschule<br />

durch mehr Bildungszeit für<br />

die Schülerinnen und Schüler deren Kompetenzen<br />

fördern und soziale Defizite<br />

auszugleichen beginnen kann … friedlich,<br />

freundlich, leise , langsam.«<br />

»Ohne Eltern geht es nicht –<br />

Senator Willi Lemke zu Besuch der<br />

Auftaktveranstaltung unseres<br />

interkulturellen Elternprojektes<br />

»Hand in Hand««<br />

Willi Lemke, Bremer Senator für Bildung<br />

und Wissenschaft, gratulierte der<br />

Schule zu ihrem gelungenen Ganztagskonzept<br />

und wies lobend darauf hin,<br />

dass deren »gute Arbeit für die Kinder<br />

mit Migrationshintergrund von der Jury<br />

besonders gewürdigt wird«.<br />

»Eigenständigkeit ist uns wichtig –<br />

Kinder bereiten Frühstück für Kinder«<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

15


Praxispreis<br />

Burgschule<br />

Esslingen<br />

»… weil die Schule zu allen relevanten Fragen eines ganztägigen<br />

Angebotes überzeugende Antworten gefunden hat.<br />

Die Aufspaltung in eine Vormittagschule für alle und eine Nachmittagsschule<br />

für einige wird wirksam verhindert. Die Burgschule<br />

ist zu einem Lern- und Lebensort geworden, in dem Kinder um 16 Uhr<br />

eigentlich lieber noch eine Höhle bauen wollen, als nach Hause zu<br />

gehen.« (aus der Laudatio)<br />

»Bodenspiele –<br />

die Außenanlage<br />

gewinnt neue<br />

Bedeutung an<br />

einer Ganztagesschule«<br />

Die Schule<br />

Die Burgschule ist eine Grund- und<br />

Hauptschule. In der Burgschule lernen<br />

rund 400 Kinder und Jugendliche, davon<br />

175 in den Grundschulklassen. Der Anteil<br />

an Kindern mit Migrantenhintergrund<br />

beträgt etwa 60 %, »Pass-Ausländer«<br />

lediglich 53 %.<br />

Die 40 Lehrer/innen des Kollegiums<br />

werden von einem Jugendsozialarbeiter<br />

sowie zwei Freizeitpädagoginnen im<br />

Hauptschulbereich sowie drei Freizeitpädagoginnen<br />

in der <strong>Grundschule</strong> kollegial<br />

und gleichberechtigt begleitet.<br />

Zusätzliches bürgerschaftliches<br />

Engagement und Vernetzung mit Institutionen<br />

des Sozialraums ergänzt<br />

die pädagogische Arbeit im Selbstverständnis<br />

als »offene Stadtteilschule«.<br />

2004 feierte die traditionsreiche<br />

Schule den 100. Geburtstag. Ihr Schulbezirk<br />

umfasst die Altstadt Esslingens<br />

(93000 Einwohner). Dies bringt besondere<br />

soziale Herausforderungen als<br />

klassische Brennpunktschule.<br />

Das Umfeld des Schulbezirks<br />

■ Doppelt so hoher Ausländerwohnanteil<br />

von 39,1 % im Vergleich zur Gesamtstadt<br />

mit 22,4 %.<br />

■ Wesentlich höhere Quote an »Hilfen<br />

zur Erziehung« durch Heimunterbringung<br />

und andere Betreuungsformen<br />

(Kinder im Frauenhaus, Tagesgruppen,<br />

Jugendwohnen, Mädchenwohngruppen<br />

usw.).<br />

■ Ein Drittel aller Empfänger/innen von<br />

Hilfen zum Lebensunterhalt der Gesamtstadt<br />

stammen aus diesem Schulbezirk.<br />

Dies zeugt von großen materiellen<br />

und sozialen Notlagen.<br />

■ Besorgniserregend steigen die Fälle<br />

wohnungsloser Jugendlicher als »Straßenkinder«<br />

– vorrangig männlicher.<br />

■ Burgschulkinder geben an, dass es<br />

ihnen in ihrem Umfeld »an freundlichen<br />

Menschen« fehlt. Sie wünschen sich<br />

mehr Freunde (71,8 %), vor allem Erwachsene,<br />

die »auch mal zuhören«.<br />

Fazit des Kollegiums<br />

■ Erziehung und Beziehung sind an<br />

dieser Schule nötig, um überhaupt unterrichten<br />

zu können.<br />

■ Familien brauchen Unterstützung in<br />

ihrer Erziehungsaufgabe und akzeptieren<br />

die Professionalität der Schule,<br />

nehmen Hilfen an.<br />

■ Wenn Schule sich nicht um diese<br />

Betreuungsaufgaben und die pädagogische<br />

Begleitung der Kinder und ihrer<br />

Familien kümmert, wirken sich die<br />

genannten Belastungen und Überforderungen<br />

störend auf die Unterrichtsund<br />

Bildungsarbeit der Schule aus, ja,<br />

machen sie in einigen älteren Klassenstufen<br />

fast unmöglich.<br />

Der Ganztag<br />

Die Entwicklung zur ganztägig betreuenden<br />

Schule wurde 1996 mit der Einrichtung<br />

des Ganztagesbetriebs in der<br />

Hauptschule praktisch begonnen. 2003<br />

wurde die Einrichtung als 9. Ganztagesgrundschule<br />

in Baden-Württemberg<br />

überhaupt vom Kultusministerium genehmigt.<br />

Eine große Schwierigkeit war<br />

in der Vorbereitung, dass das Kollegium<br />

der Burgschule und der Schulträger<br />

konzeptionell völlig auf sich alleine<br />

gestellt waren, weil kein vergleichbares<br />

Ganztagesmodell einer <strong>Grundschule</strong> in<br />

Baden-Württemberg bestand.<br />

Hilfen seitens der staatlichen Verwaltung<br />

gab es nicht. Gleichzeitig erlebte<br />

die Schule dies als Freiheit bei der<br />

Ausgestaltung der Ganztagesschule.<br />

Ganztagsschul-Zeiten<br />

■ Betreuungszeiten: Montag bis Donnerstag<br />

wird zwischen 12 und 16 Uhr<br />

betreut. Freitags bis 14 Uhr. An allen<br />

5 Wochentagen gibt es optional ein<br />

warmes Zweimenüangebot für 2 € in<br />

der Cafeteria. Grundsätzlich gibt es<br />

keine Elternkosten für die Ganztagesbetreuung.<br />

■ Nachhaltig gesicherte Ausstattung<br />

mit Lehrer/innenstunden durch das Land.<br />

Der Erlass des Landes sichert 10 Lehrer/innenstunden<br />

pro Grundschulklasse<br />

zu. Somit haben alle Grundschulkinder<br />

zwischen 32 und 26 Wochenstunden ein<br />

Angebot an Erziehung, Beziehung und<br />

unterrichtlichem Lernen pro Woche.<br />

■ Die Konzeption sieht an zwei Nachmittagen<br />

ein verpflichtendes Lehrer/innenangebot<br />

vor. Enthalten im rhythmisierten,<br />

verbindlichen Stundenplan sind<br />

sowohl Projekte wie Lernzeiten – offen<br />

nach Klassenstufen oder altersübergreifend<br />

– als Gantagsschul-Zeit zur<br />

Förderung in Kleinstgruppen. Die Teilnahme<br />

an AGs wird zusätzlich erwartet,<br />

bleibt aber freiwillig.<br />

■ Das Mittagsband zwischen 12 und<br />

14 Uhr verbindet Vormittag und Nachmittag<br />

konzeptionell – die Rhythmisierung<br />

des verlängerten Lerntages ist in<br />

Arbeit.<br />

■ Das Mittagsband in Kleingruppen<br />

wird differenziert in einem Netzwerk angeboten.<br />

Es ist ein komplexes System<br />

aus offenen AGs, festen AGs zur Betreuung,<br />

Lernen, freiem Spiel und gut<br />

organisiertem Mittagessen.<br />

16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Das gemeinsame Mittagessen in festen<br />

Betreuungsgruppen ist eine feste<br />

Größe.<br />

■ Es ergibt einen abgesprochenen,<br />

geplanten Angebotsmix aus Kollegium,<br />

Freizeitpädagogik, unentgeltlichen<br />

Vorleserinnen und anderem Ehrenamt,<br />

Sprachhelferinnen mit Förderangeboten,<br />

Lernzeiten und Lerninseln<br />

für die Aufgabenbetreuung bei Bedarf<br />

der Kinder, dem Jugendsozialarbeiter,<br />

dem Sportangebot einer Übungsleiterin<br />

eines Sportvereins (mit Bezahlung<br />

durch das Land nach dem Lehrbeauftragtenprogramm).<br />

So wird den Grundschulkindern<br />

– zunehmend stufenübergreifend<br />

– eine ganze Palette an AGs<br />

angeboten.<br />

■ Der Stundenplan versucht, Lernen<br />

mit Kopf, Herz und Hand gleichermaßen<br />

und differenziert über den langen<br />

Tag anzusprechen. Dies ist in Arbeit<br />

und ein Prozess, weil sehr viele Faktoren<br />

unter einen Hut gebracht werden<br />

müssen.<br />

■ Seit September 2005 wurde (auch<br />

für die Hauptschule!) der Stundentag in<br />

2-Stundenblöcke gegossen, die jeweils<br />

eine längere Pause von 20 Minuten haben.<br />

So folgt den ersten beiden Stunden<br />

eine Bäckerpause im Freien, den<br />

nächsten beiden Stunden eine animierte<br />

Bewegungspause, dem nächsten<br />

Zweistundenblock das Mittagsband<br />

mit nachfolgenden Angeboten. Der<br />

45-Minuten-Takt ist faktisch aufgelöst.<br />

Das Läuten der Schulglocke wurde auf<br />

das Mindestmaß reduziert und erinnert<br />

die Kinder nur nach Pausen im Freien,<br />

dass nun wieder eine Lernzeit im Zimmer<br />

folgt.<br />

■ Statt Hausaufgaben werden im<br />

Stundenplan rhythmisiert klassen- wie<br />

stufenübergreifende Lerninseln und<br />

Lernzeiten angeboten. Hauptsächlich<br />

noch im Klassenverband. Die Schule<br />

arbeitet an der Organisation von Förderprogrammen<br />

für überdurchschnittliche<br />

Lerner.<br />

Raumausstattung als Hülle<br />

für Ganztagspädagogik<br />

Der <strong>Grundschule</strong> stehen zur Nutzung<br />

zur Verfügung:<br />

■ die Klassenräume mit ergonomischgesunden,<br />

dänischen Möbeln, wegen<br />

des verlängerten Aufenthalts in der<br />

Schule ein Ablagefach für jedes Kind,<br />

um die Schultaschen zu entlasten,<br />

■ die Fachräume, Sport- und Gymnastikhalle<br />

für Naturphänomene, Internetangebote,<br />

Sportangebote, Tonarbeiten,<br />

Technik, Kunst, Musikprojekte<br />

usw.<br />

■ die Erlebnisbereiche drinnen wie<br />

draußen: Klettern in der Turnhalle und<br />

auf dem Niedrigseilparcours sowie der<br />

Sinnespfad im Außenbereich. Der in<br />

Betrieb genommene Hochseilparcours<br />

wird zuerst von der Hauptschule erprobt.<br />

Versuche mit den Grundschulkindern<br />

sind vorgesehen.<br />

■ die Spielothek mit 3 Multi-Media-PC,<br />

einer Kinderbücherei mit stufenbezogener<br />

Literatur, Sachbücheranteil und<br />

Kunstbänden, Spielecken zum Vorlesen<br />

ausgestaltet, an den Wänden Wechselrahmen<br />

für Kinderbilderausstellungen<br />

usw.<br />

■ die Betreuungsräume zum Spielen<br />

und Bauen, mit einer Kletterburg und<br />

einer Kreativwerkstatt für Malen und<br />

Basteln,<br />

■ der Aktivraum zum Tanzen und Musik-Hören.<br />

■ der Schulgarten am Schulhaus,<br />

■ die übrigen Programmflächen des<br />

großen Hauses (Flure und Treppenhäuser)<br />

werden als gestaltete Lernumgebungen<br />

genutzt (Bilderrahmen;<br />

Arbeiten der Kinder; Lehrmittel, die<br />

Anschauungsmittel sind; Projektarbeiten;<br />

Arbeiten auf Leinwänden; Naturprodukte<br />

aus Projekten wie »Apfelwochen«,<br />

»Elemente der Natur« usw.)<br />

Allen Arbeiten im Schulhaus ist in<br />

10 Jahren noch nichts geschehen.<br />

Vandalismus ist in der Burgschule ein<br />

Fremdwort!<br />

»Kunst und Schule –<br />

Gerade ›sprachlose‹<br />

Kinder finden<br />

andere, kreative<br />

Ausdrucksformen,<br />

Welt zu gestalten«<br />

»Wir wollen keine »Bikini-Schule« sein«,<br />

sagte Schulleiter Klaus Hummel bei<br />

der Preisverleihung, »die morgens wie<br />

nachmittags nur das Nötigste abdeckt<br />

und dazwischen irgendwas für den<br />

Magen bietet. Wir arbeiten an einer kooperativen<br />

Pädagogik aller Professionen<br />

aus einem Guss!«<br />

Kontakt<br />

Burgschule Esslingen, Blumenstraße 31, 73728 Esslingen<br />

Klaus Hummel, Tel.: 07 11 / 35 12 - 23 15<br />

Web: www.Burgschule-Esslingen.de<br />

E-Mail: GHS_Burgschule@esslingen.de<br />

»An unserer Schule werden<br />

nun viele Bücher gelesen«<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

17


Praxispreis<br />

Französische Schule<br />

Tübingen<br />

»… weil es der Schule gelingt, den individuellen<br />

Lernrhythmus und das unterschiedliche Lerntempo der<br />

Kinder zu berücksichtigen und damit verstärkt Lern- und<br />

Arbeitsformen zum Zuge kommen lässt, die selbst gestaltetes<br />

und am Erfahrungsprozess ausgerichtetes Lernen<br />

ermöglichen und fördern.« (aus der Laudatio)<br />

Pädagogische Leitideen<br />

»Gleichen Schritt und Tritt zu verlangen<br />

beachtet nicht die unterschiedliche Anstrengung<br />

für kleine oder große Beine.«<br />

(Ruth C. Cohn)<br />

Dieses Zitat ist charakteristisch für<br />

das pädagogische Konzept der Französischen<br />

Schule.<br />

Sie möchte ein Ort sein, an dem<br />

Kinder und Erwachsene gerne leben,<br />

lehren und lernen. Insofern soll die<br />

Französische Schule auch mehr als<br />

Unterricht bieten. Ihre Konzeption ist<br />

deshalb überschrieben mit den Stichworten:<br />

Lernen – Erfahren – Entdecken<br />

»Damit wollen wir zum Ausdruck bringen,<br />

dass der Unterricht an unserer<br />

Schule in starkem Maße von den Kindern<br />

getragen und gestaltet wird. Sie<br />

sind die entscheidenden Mitarchitekten<br />

ihres Lern- und Entwicklungsprozesses.<br />

Deshalb haben die Formen der Freien<br />

Arbeit, des Werkstattunterrichts und des<br />

Projektlernens einen hohen Stellenwert.<br />

Dies wird in jahrgangsübergreifenden<br />

Lerngruppen umgesetzt.«<br />

Die Chancen der Vielfalt aufgreifen<br />

»Unser Verständnis von Chancengleichheit<br />

verlangt, dem wachsenden Anspruch<br />

der Kinder auf Autonomie und<br />

soziale Bindung Rechnung zu tragen.<br />

So begreift die Schule die Lebensräume<br />

des Stadtteils als Lernräume und nimmt<br />

die Bewohner immer wieder in Anspruch<br />

(z. B. als Handwerker und Künstler). Umgekehrt<br />

sucht die Französische Schule<br />

auch im Stadtteil verantwortungsvolle<br />

Aufgaben (z. B. Mitwirkung bei der ›Zukunftswerkstatt<br />

Gestaltung des öffentlichen<br />

Raums‹). Zusammenarbeit besteht<br />

auch mit verschiedenen Initiativen und<br />

Einrichtungen (z. B. Vereine, ausländische<br />

Kulturarbeit, Gesprächskreise für Eltern<br />

zu verschiedenen Themen, Sprachkurse<br />

für ausländische Mütter, kommunale<br />

Einrichtungen).<br />

Ein besonderer Schwerpunkt ist die<br />

theaterpädagogische Arbeit an der Schule,<br />

die auch in Zusammenarbeit mit dem<br />

im Stadtteil ansässigen Theater erfolgt.«<br />

Kurzprofil der Schule<br />

Integratives pädagogisches Konzept<br />

Schule wird für viele berufstätige Eltern<br />

und Alleinerziehende zu einer<br />

Institution, die Kinder in verlässliche<br />

Obhut nimmt.<br />

Rhythmisierung zwischen Anspannung,<br />

Entspannung, Lernen und<br />

Entlastung. Entdeckendes und experimentierendes<br />

Lernen, freies Arbeiten,<br />

Angebote in Mathematik, Deutsch und<br />

Sachkunde wechseln ab mit AG-Angeboten,<br />

Sport- und Gestaltungsangeboten.<br />

Das Lernen wird so in starkem<br />

Maße von den Kindern mitgetragen<br />

und ihre Selbständigkeit<br />

und Selbstverantwortung damit<br />

bestärkt.<br />

Jahrgangsübergreifendes<br />

Lernen<br />

■ Die Kinder arbeiten und lernen<br />

in jahrgangsgemischten<br />

Lerngruppen, die aus etwa je<br />

einem Drittel Kinder der Stufe 1,<br />

2 und 3 zusammengesetzt sind.<br />

Die Klassen 4 werden als Jahrgangsklassen<br />

geführt.<br />

■ Unterricht oder: Kinder lernen<br />

Lernen. Schwerpunkt der<br />

Unterrichtsformen und -methoden:<br />

Arbeit mit dem Wochenplan,<br />

Projekt- und Werkstattunterricht.<br />

Demokratisierung und Selbstorganisation<br />

der Kinder<br />

In den einzelnen Lerngruppen<br />

und Klassen sind Formen der<br />

Selbstverwaltung eingeführt<br />

und werden weiter entwickelt.<br />

Das Gremium »Kinderrat« (zwei<br />

Kinder jeder Lerngruppe / Klasse)<br />

tagt regelmäßig, die dort gefassten<br />

Beschlüsse werden dann<br />

in die Lerngruppen / Klassen eingebracht.<br />

Schulversammlungen<br />

finden regelmäßig statt.<br />

Integration von Kindern in schwierigen<br />

Lebenslagen<br />

Die Lebensprobleme der Kinder, in der<br />

Mehrzahl aus sozial benachteiligten<br />

Familien, führen häufig zu Lern- und<br />

Leistungsproblemen. Differenzierte<br />

Angebote und gezielte Hilfen wurden<br />

/ werden erreicht durch:<br />

■ weiterentwickelte Unterrichtsmethoden<br />

■ Kooperation mit der Förderschule<br />

■ Kooperation mit Allgemeinem<br />

Sozialen Dienst, Jugendamt<br />

■ Einrichtung einer Schulstation<br />

»Jugendhilfe« (andere Form der<br />

Schulsozialarbeit)<br />

■ »freie« Mitarbeiter (finanziert durch<br />

Förderverein)<br />

Zur Ruhe kommen<br />

Altersmischung<br />

18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Stadtteilschule<br />

■ Treff- und Kommunikationsraum<br />

■ Zusammenarbeit mit Vereinen /<br />

Einrichtungen / Initiativen<br />

■ Stadtteil als Lernraum entdecken<br />

Kinder versorgen die schuleigenen Ziegen<br />

Schulhaus<br />

■ Einrichtung von Lern-, Arbeits-,<br />

Kommunikations- und Spielecken<br />

im Treppenhaus und Flurbereich<br />

■ wechselnde Ausstellungen<br />

■ Veröffentlichung der Unterrichtsarbeit<br />

/ Projekte<br />

■ Hauspostbriefkasten<br />

(betreut durch Kinderrat)<br />

■ Info-Brett »Eltern an Eltern«<br />

■ Pausenradio<br />

Tierhaltung<br />

Mit der Tierhaltung an unserer Schule<br />

verfolgt die Schule unter anderem folgende<br />

Ziele:<br />

Liebe zum Leben, Begegnung mit<br />

der Natur, sinnlicher Kontakt zu Tieren<br />

und schonender Umgang mit der Umwelt.<br />

Die Kinder übernehmen bei der<br />

Pflege der Ziegen die Verantwortung<br />

für diese Tiere – jeden Tag, jede Woche,<br />

ob Unterrichtszeit, Wochenende oder<br />

Ferien sind. Dabei arbeiten sie im Freien<br />

und entdecken täglich Neues.<br />

Der Ganztag<br />

In der Laudatio heißt es: »Die Französische<br />

<strong>Grundschule</strong> Tübingen wird für die<br />

konsequente und überzeugende Umsetzung<br />

ihres Ganztagsschulkonzeptes ausgezeichnet.<br />

Ausgehend von ihrem Schulkonzept,<br />

in dem das Kind als Akteur des<br />

Lernens innerhalb seiner Lebenswelt in<br />

den Mittelpunkt gestellt wird, hat sich<br />

die Französische Schule Tübingen schon<br />

vor einigen Jahren auf den Weg zur Ganztagsgrundschule<br />

gemacht.<br />

Initiiert durch den Elternbeirat der<br />

Schule nahmen Eltern, Lehrkräfte und<br />

Erzieherinnen gemeinsam bereits im<br />

Jahr 2000 das Projekt ›Die Französische<br />

Schule wird Ganztagsschule‹ in Angriff.<br />

Die Mühe und das Engagement der<br />

Schulgemeinschaft und das Durchhaltevermögen<br />

aller haben sich gelohnt: Seit<br />

Beginn des Schuljahres 2005 / 2006 ist<br />

die Französische Schule eine der wenigen<br />

gebundenen Ganztagsgrundschulen in<br />

der Bundesrepublik Deutschland.«<br />

Die Welt entdecken<br />

Durch die konsequente Umsetzung<br />

des Ganztagsschulgedankens greift die<br />

Französische Schule die Veränderung<br />

der Lebenswelten von Kindern und den<br />

steigenden Betreuungsbedarf von Eltern<br />

auf. Darüber hinaus gelingt es der<br />

Schule durch die Rhythmisierung des<br />

Schulalltags den individuellen Lernrhythmus<br />

und das unterschiedliche<br />

Lerntempo der Kinder zu berücksichtigen<br />

und damit verstärkt Lern- und<br />

Arbeitsformen zum Zuge kommen zu<br />

lassen, die selbst gestaltetes und am<br />

Erfahrungsprozess ausgerichtetes Lernen<br />

ermöglichen und fördern (zur Gestaltung<br />

vgl. Tabelle).<br />

Die Französische Schule kennzeichnet<br />

ihre Arbeit in einer Broschüre unter der<br />

Überschrift »Lernen braucht Zeit« mit<br />

einem Zitat:<br />

»… Zeit, damit eben nicht mehr alle das<br />

Gleiche machen müssen, sondern jeder<br />

das Seine erledigen kann.<br />

Zeit zum Luftholen zwischendurch.<br />

Zeit zum Nachdenken und Träumen.<br />

Zeit, langsam sein zu dürfen und doch<br />

fertig zu werden …«<br />

Schulgebäude<br />

Die Schule gibt Kindern, Pädagog/innen<br />

und Eltern diese Zeit – und dabei<br />

ruht sie sich selbst nicht aus. Mit den<br />

derzeitigen Planungen für die Erweiterung<br />

der Schule um eine Sekundarstufe<br />

schaut sie in die Zukunft und will<br />

weitere Schritte gehen.<br />

Kontakt<br />

Französische Schule, Galgenbergstr. 86, 72072 Tübingen<br />

Jutta Baitsch, Doris Hertkorn-Gärtner<br />

Tel.: 0 70 71 / 3 66 97-0<br />

Web: www.franzoesische-schule.de<br />

E-Mail: franzoesische.schule@t-online.de<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

19


Forschungsförderpreis<br />

Forschungsförderpreis für<br />

junge Wissenschaftlerinnen<br />

von<br />

Friederike<br />

Heinzel<br />

Der mit 6000 € dotierte Forschungsförderpreis<br />

des Grundschulverbandes<br />

wurde geteilt und an zwei junge Wissenschaftlerinnen<br />

vergeben: Nadine<br />

Budych (Doktorandin an der Universität<br />

Duisburg-Essen) und Doreen Weide<br />

(Doktorandin an der Technischen Universität<br />

Berlin). Der Grundschulverband<br />

unterstützt mit seinem Forschungsförderpreis<br />

laufende Forschungsarbeiten<br />

zum Thema »Ganztagsgrundschule«.<br />

Es wurden Qualifizierungsarbeiten<br />

zweier junger Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

ausgezeichnet. Prämiert<br />

wurden empirische Vorhaben,<br />

die zur Praxisförderung beitragen und<br />

den Kenntnisstand darüber erweitern,<br />

wie Ganztagsgrundschulen konzipiert<br />

und eingeführt werden, mit welchen<br />

Konsequenzen dies geschieht und wie<br />

der schulische Alltag an bestehenden<br />

Ganztagsgrundschulen beschaffen<br />

ist. Beide Untersuchungen evaluieren<br />

Ganztagsgrundschulen und tragen zur<br />

Weiterentwicklung von Konzepten bei.<br />

Die Preisträgerinnen<br />

Nadine Budych, Essen,<br />

Doktorandin an der Universität Duisburg-Essen<br />

»… weil sie mit ihrem Forschungsvorhaben einen<br />

wichtigen Beitrag zu Fragen der Schulentwicklung<br />

und Qualitätsentwicklung im Hinblick auf die<br />

Implementierung von Konzepten der Ganztagsschule<br />

leisten kann.«<br />

Dissertationsvorhaben zum Thema »Ganztagsgrundschule:<br />

Dezentrale Entwicklungsmodelle und Qualitätskriterien«<br />

(Betreuer der Dissertation: Prof. Dr. Tassilo Knauf )<br />

Doreen Weide, Potsdam,<br />

Doktorandin an der Technischen Universität Berlin<br />

»… weil ihr Forschungsvorhaben Konsequenzen der<br />

Einführung der Ganztagsschule für Kinder untersucht<br />

und deren Perspektiven rekonstruiert.«<br />

Dissertationsvorhaben zum Thema »Zur Entwicklung von Zeitumgang<br />

und Zeitverständnis bei Schülerinnen und Schülern an<br />

Ganztagsschulen«<br />

(Betreuerin der Dissertation: Prof. Dr. Sabine Reh)<br />

Kontakt<br />

Nadine Budych, Philippstraße 70, 45327 Essen<br />

Tel.: 02 01 / 8 37 28 78, Mail: n.budych@web.de<br />

Doreen Weide, Stahnsdorfer Straße 156c,<br />

14482 Potsdam, Mail: Dreenchen78@gmx.de<br />

Zudem werden Handlungsperspektiven<br />

der<br />

Betroffenen durch Befragungen<br />

oder Beobachtungen<br />

von pädagogischen Fachkräften,<br />

Schul- und Projektleitungen,<br />

Schülerinnen und Schülern, Eltern und<br />

außerschulischen Kooperationspartnern<br />

erfasst sowie Fragen der Partizipation<br />

untersucht.<br />

Qualitätsentwicklung<br />

von Ganztagsschulen<br />

In der Arbeit von Nadine Budych geht<br />

es um dezentrale Entwicklungsmodelle<br />

und Qualitätskriterien. Das Dissertationsvorhaben,<br />

das von Prof. Dr. Tassilo<br />

Knauf betreut wird, befasst sich<br />

mit dem Vergleich von Standorten, die<br />

Ganztagsschulen in unterschiedlicher<br />

Form eingeführt haben. In Fallstudien<br />

soll gezeigt werden, wie die Umwandlung<br />

von <strong>Grundschule</strong>n in offene Ganztagsgrundschulen<br />

vollzogen wurde.<br />

Der Entwicklungsprozess wird im Hinblick<br />

auf Qualitätskriterien überprüft,<br />

wie raum-zeitliche Bedingungen von<br />

Lernkultur oder Partizipationsmöglichkeiten<br />

der Beteiligten. Überdies<br />

sollen sowohl mit der Ganztagsschule<br />

verbundene Hoffnungen als auch Vorbehalte<br />

und Einwände gegen die Ganztagsschule<br />

in die Analysen einbezogen<br />

werden. Die Untersuchung von Nadine<br />

Budych berücksichtigt den langsam<br />

sich vollziehenden Paradigmenwechsel<br />

von einer zentralen Systemsteuerung<br />

zu kooperativen Prozess-Strukturen,<br />

die im Rahmen von Organisationsentwicklungsprozessen<br />

von den Akteuren<br />

vor Ort geleistet werden.<br />

In der Laudatio für Nadine Budych<br />

heißt es: »Für die Entwicklung von<br />

Ganztagsgrundschulen ist es wichtig,<br />

standortspezifische bedarfsgerechte<br />

Konzepte zu fördern. Schulentwicklung<br />

wird in der Einzelschule geleistet, wobei<br />

Lernkultur, Gestaltung des Schullebens<br />

und Schulorganisation abhängen von<br />

den Vorstellungen und Kompetenzen<br />

Prof. Dr. Friederike Heinzel (Mitte) hielt<br />

die Laudatio auf die beiden ausgezeichneten<br />

jungen Wissenschaftlerinnen:<br />

Nadine Budych (links) und Doreen Weide<br />

(rechts im Bild).<br />

Friederike Heinzel, Fachreferentin für<br />

Grundschulforschung des Grundschulverbandes,<br />

ist die Autorin dieses Beitrags.<br />

des Kollegiums, den Bedürfnissen der<br />

Kinder, den Anliegen der Eltern und den<br />

Kooperationsbeziehungen. Heißt dies jedoch,<br />

dass es keine verallgemeinerbaren<br />

Erfahrungen und Modelle für die Umgestaltung<br />

von <strong>Grundschule</strong>n in Ganztagsgrundschulen<br />

geben kann?<br />

Diese wichtige Frage untersucht Nadine<br />

Budych in ihrer Dissertation. Sie<br />

befasst sich zunächst mit dem Entstehungs-<br />

und Entwicklungsprozess der<br />

Ganztagsgrundschulen der Städte Herford<br />

und Haan, die Ganztagsschulen in<br />

unterschiedlicher Form eingeführt haben.<br />

Sie vergleicht die Qualität der Ganztagsschulen<br />

im verpflichtenden System<br />

in Herford und im Angebotsmodell in<br />

Haan. Überdies will Nadine Budych herausfinden,<br />

ob es generalisierbare Planungsmodelle<br />

für die Umgestaltung von<br />

<strong>Grundschule</strong>n in offene Ganztagsschulen<br />

gibt oder ob nur jeweils vor Ort sinnvolle<br />

und angemessene Strukturen entwickelt<br />

werden können.<br />

Die Untersuchung des Entwicklungsprozess<br />

in Herford, wo alle elf <strong>Grundschule</strong>n<br />

in Ganztagsschulen umgewandelt<br />

wurden, erscheint dem Grundschulverband<br />

im Hinblick auf Modellentwicklung<br />

besonders interessant, weil hier die Stadt<br />

wesentlicher Kooperationspartner ist<br />

und sich aktiv und konstruktiv an der<br />

Entwicklung beteiligt.<br />

Das Forschungsvorhaben von Nadine<br />

Budych kann einen wichtigen Beitrag zu<br />

Fragen der Schulentwicklung und Qualitätsentwicklung<br />

im Hinblick auf die Implementierung<br />

von Konzepten der Ganztagsgrundschule<br />

leisten.«<br />

20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Zeitumgang und Zeitverständnis<br />

im Ganztag<br />

Die Studie der zweiten Preisträgerin<br />

des Forschungsförderpreises, Doreen<br />

Weide, setzt sich mit dem Versuch<br />

der Ganztagsgrundschule auseinander,<br />

durch Rhythmisierung des Tages und<br />

flexible Zeitstrukturen einer anderen<br />

Zeiterfahrung in der Schule Raum zu<br />

geben. In der Untersuchung wird davon<br />

ausgegangen, dass Zeit in der postindustriellen<br />

Welt eine spezielle Rolle<br />

spielt. Gesellschaftlich hat sich das<br />

Verständnis einer linearen und messbaren<br />

Zeit herausgebildet, gleichzeitig<br />

gibt es die Vorstellung einer subjektiv<br />

erlebten Zeit, einer Eigenzeit und Bildungszeit.<br />

Allerdings trägt gerade die<br />

Schule wesentlich zur Entwicklung des<br />

gesellschaftlichen Zeitverständnisses<br />

bei, weil Schülerinnen und Schüler mit<br />

dem Eintritt in die Schule nach starren<br />

Zeitvorgaben zu leben lernen.<br />

Durch intensive Beobachtungen von<br />

Kindern und Gespräche mit Kindern an<br />

zwei Ganztagsgrundschulen untersucht<br />

Doreen Weide die Auswirkungen<br />

von Zeitstrukturen und veränderter<br />

Tages- und Unterrichtsorganisation<br />

auf den Zeitumgang und das Zeitverständnis<br />

der Schülerinnen und Schüler.<br />

Die Studie entsteht im Kontext des<br />

vom BMBF geförderten Forschungsprojektes<br />

»Lernkultur und Unterrichtsentwicklung<br />

an Ganztagsschulen in Berlin,<br />

Brandenburg und Rheinland-Pfalz«, das<br />

von Prof. Dr. Sabine Reh und Prof. Dr.<br />

Fritz-ulrich Kolbe geleitet wird.<br />

In der Laudatio für Doreen Weide heißt<br />

es: »Durch die Einführung von Ganztagsschulen<br />

sollen Kinder mehr Bildungszeit<br />

erhalten. Handlungsspielräume sollen<br />

gewonnen und interaktives Lernen ermöglicht<br />

werden durch längere Schulzeiten,<br />

eine Rhythmisierung des Schulalltags<br />

und flexible Zeitstrukturen. Doch<br />

nutzen Kinder die zusätzliche Zeit in<br />

Ganztagsschulen als Bildungszeit?<br />

Dieser interessanten Frage geht<br />

Doreen Weide mit ihrer Dissertation<br />

nach. Sie beschäftigt sich in ihrem Forschungsvorhaben<br />

mit der Entwicklung<br />

von Zeitumgang und Zeitverständnis<br />

bei Schülerinnen und Schülern an Ganztagsschulen.<br />

Doreen Weide untersucht,<br />

wie sich die Einführung ganztägiger<br />

Peter Heyer ist 75<br />

– wir gratulieren!<br />

Die Schule ohne Auslese. Das ist seine<br />

zentrale Botschaft, die in jeder Diskussion<br />

mit Peter Heyer und in seinen<br />

vielfältigen Aktivitäten immer wieder<br />

durchscheint:<br />

Kinder nicht aus der allgemeinen Schule<br />

ausgrenzen, weil sie anders sind, zum<br />

Beispiel behinderte Kinder. Dabei ist in<br />

Wahrheit doch jedes Kind anders. Die<br />

Vielfalt der Kinder in der Schule akzeptieren<br />

und sie konstruktiv nutzen, dies<br />

ist nicht nur pädagogisch sondern auch<br />

gesellschaftlich eine hoch bedeutsame<br />

Aufgabe. Und dann die Auslese nach vier,<br />

in zwei Bundesländern nach sechs Jahren.<br />

Viel zu früh, auch mit dem Blick auf schulisch<br />

erfolgreichere Länder.<br />

Der Kampf um die Schule ohne Auslese<br />

ist ein Kampf gegen die Schule der Privilegien,<br />

die aus der vordemokratischen<br />

ständischen Gesellschaft in die Demokratie<br />

hinübergerettet wurde. Peter Heyers<br />

Engagement ist mit dieser Denkweise<br />

immer politisch und zugleich immer pädagogisch.<br />

Wir schätzen ihn als scharfen<br />

und beharrlichen Argumentierer, als Anreger<br />

und Förderer von Initiativen, die eine<br />

Schule ohne Auslese zum Anliegen haben.<br />

Er trat zum Beispiel in Berlin und bundesweit<br />

wirkungsvoll für die Integration Behinderter<br />

in die allgemeine Schule ein, ein<br />

Thema, das ihn nicht loslässt, auch weil es<br />

aus der Bildungsdebatte derzeit nahezu<br />

verschwunden ist. Er initiierte zuletzt das<br />

Projekt »Länger gemeinsam lernen«, das<br />

der Grundschulverband mit dem Gesamtschulverband<br />

gründete und dem sich inzwischen<br />

zehn Verbände angeschlossen<br />

haben.<br />

Schulangebote auf die Entwicklung des Zeitumgangs und Zeitverständnisses<br />

von Schülerinnen und Schülern auswirkt. In der<br />

Arbeit soll geprüft werden, wie die vorgegebene Tagesstruktur<br />

in den Ganztagsschulen die Entwicklung von Fähigkeiten zu einem<br />

selbstgesteuerten Umgang mit Zeit beeinflusst.<br />

Dabei geht Doreen Weide von einer zentralen Rolle der Schule<br />

bei der Entwicklung des Zeitverständnisses von Kindern aus.<br />

Ein bewusster Umgang von Kindern mit Zeit ist für sie nicht so<br />

sehr Ausdruck einer ›verplanten Kindheit‹. Vielmehr gehört für<br />

sie die Förderung des Zeitverständnisses bei Kindern zu einer<br />

wesentlichen Voraussetzung von Selbstbestimmung und Selbständigkeit.<br />

Dem Forschungsvorhaben von Doreen Weide misst der<br />

Grundschulverband große Bedeutung zu, weil es Konsequenzen<br />

der Einführung der Ganztagsschule für Kinder untersucht und<br />

deren Perspektiven rekonstruiert. Ihre Forschungsarbeit lässt<br />

einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um die Ganztagsschule<br />

erwarten.«<br />

Der Grundschulverband freute sich, Nadine Budych und<br />

Doreen Weide für ihre Qualifizierungsarbeiten den Forschungsförderpreis<br />

überreichen zu können und sie damit<br />

bei Ihren Forschungsvorhaben zu unterstützen.<br />

Peter Heyer war von Anfang an dabei, als<br />

der Grundschulverband noch Arbeitskreis<br />

<strong>Grundschule</strong> hieß: Er war in den Anfangsjahren,<br />

den Siebzigern, fünf Jahre Stellvertreter<br />

des Gründers und ersten Vorsitzenden<br />

Erwin Schwartz. Später leitete er die<br />

Landesgruppe Berlin mit vielen Initiativen.<br />

Seit dem Jahr 2000 ist er auf der Bundesebene<br />

des<br />

Grundschulverbandes<br />

Fachreferent,<br />

zur Zeit<br />

für das Referat<br />

»Länger gemeinsam<br />

lernen«.<br />

Nun ist Peter Heyer 75 geworden. Wer<br />

seine pointierten Diskussionsbeiträge erlebt,<br />

seine Streitbereitschaft, wenn es um<br />

die Sache geht, seine konstruktive Arbeit<br />

in vielen Arbeitsgruppen, seine Überzeugungskraft<br />

durch große Sachkenntnis,<br />

der hofft, dass er ans Ausruhen noch nicht<br />

denkt und freut sich darauf, noch einiges<br />

mit ihm gemeinsam bewegen zu können.<br />

Lieber Peter Heyer, im Namen des Grundschulverbandes<br />

– herzlichen Glückwunsch<br />

und weiter so für unser gemeinsames Anliegen,<br />

der Schule ohne Auslese!<br />

Horst Bartnitzky, Vorsitzender<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

21


Politikpreis: Schritte auf dem Weg zum Ganztag<br />

Politikpreis für die Stadt Herford<br />

»Zukunftsweisende«<br />

Ganztagsschul-Entwicklung<br />

»… weil die Stadt aus ihrem kommunalen<br />

Etat erhebliche Mittel für die Entwicklung<br />

ihrer elf <strong>Grundschule</strong>n zu Ganztagsschulen<br />

bereitstellt und in Kooperation mit den<br />

Schulen, einem wissenschaftlichem Beirat<br />

und außerschulischen Institutionen stetig<br />

an der Weiterentwicklung ihres Modells<br />

arbeitet.« (aus der Laudatio)<br />

von<br />

Ulrich Hecker<br />

(v. l. n. r.:) Ernst<br />

Meihöfer (Schuldezernent<br />

der Stadt<br />

Herford), Horst<br />

Bartnitzky, Rainer<br />

Schweppe (Leiter<br />

der Schulabteilung)<br />

und Reinhard Kahl,<br />

der Moderator der<br />

Preisverleihung<br />

Elternvertreter hatten für Kaffee und<br />

Brötchen gesorgt, Schulleiterin Stürcken-Schäfer<br />

verteilte Schokolade,<br />

Schuldezernent Meihöfer Lakritzkonfekt:<br />

Es war eine vergnügte Reise,<br />

fast wie ein Schulausflug, als sich am<br />

25. März ein Bus mit Schulleiter/innen,<br />

Kommunalpolitiker/innen, Eltern,<br />

Kooperationspartnern und Mitarbeitern<br />

der Schul- und Bauverwaltung<br />

auf den Weg zum<br />

»Grundschulforum« nach<br />

Frankfurt machte, um für die Stadt<br />

Herford den Politikpreis des Grundschulverbandes<br />

entgegenzunehmen.<br />

Mit seinem Politikpreis würdigte der<br />

Grundschulverband das Engagement<br />

der Stadt Herford bei der Einführung<br />

des Ganztags an allen städtischen<br />

<strong>Grundschule</strong>n als herausragend. Herford<br />

investiert 16 Millionen Euro in die<br />

notwendige Erweiterung der Schulgebäude.<br />

Nur die Hälfte davon können<br />

aus Fördermitteln des Bundes bestritten<br />

werden.<br />

»Ein weiterer Teil des Qualitätsunterschiedes<br />

zu anderen Schulträgern, die<br />

auch Ganztagsbetrieb eingeführt haben,<br />

ist der wissenschaftliche Unterbau<br />

des Projektes, die Finanzierung weiterer<br />

Stellen und von Fortbildung sowie die<br />

Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />

Partnern«, sagte der Vorsitzende des<br />

Verbandes, Horst Bartnitzky. Er überreichte<br />

eine Urkunde und Blumen an<br />

Herfords Schuldezernenten Ernst Meihöfer<br />

und den Leiter der Schulabteilung,<br />

Reiner Schweppe.<br />

In seiner Laudatio hob Horst Bartnitzky<br />

hervor:<br />

»Die Stadt Herford überzeugt mit dem<br />

von ihr vorgelegten Leit- und Handlungskonzept<br />

für eine offene Ganztagsschule.<br />

Dieses Konzept wurde in Zusammenarbeit<br />

mit einem wissenschaftlichen<br />

Beirat und<br />

Expertinnen und Experten<br />

aus den Bereichen Schule, Schulaufsicht,<br />

Kultur, Weiterbildung und Sport entwickelt.<br />

Es ist als Entwicklungsmodell<br />

konzipiert, das in seiner letzten Stufe die<br />

gebundene Ganztagsschule mit rhythmisierter<br />

Zeitstruktur vorsieht.«<br />

Der Prozess der Umwandlung von<br />

<strong>Grundschule</strong>n in Ganztagsgrundschulen<br />

wird von der Stadt Herford seit<br />

dem Jahre 2003 begleitet. Derzeit gibt<br />

es in allen 11 Herforder <strong>Grundschule</strong>n<br />

Ganztagsangebote. »Bis zum Sommer<br />

2007«, so heißt es im Konzept, »sollen<br />

sämtliche <strong>Grundschule</strong>n zu ganztägig<br />

genutzten Lern- und Lebensräumen<br />

umgestaltet werden, in denen Kinder<br />

mit unterschiedlicher Herkunft unter<br />

multiprofessioneller Anleitung ihren<br />

Entdeckungsdrang ausleben und ihre<br />

Wissensbegierde befriedigen können.«<br />

Vor dem Hintergrund dieser pädagogischen<br />

Zielbeschreibung hat die<br />

Stadt ein Raumkonzept entwickelt und<br />

zeichnet in ihm die Vision einer Schule,<br />

in der der Faktor Raum eine zentrale<br />

Bedeutung erhält »von der Pädagogik<br />

zum Raum – vom Raum der Pädagogik«.<br />

Die Stadt Herford hat den Politikpreis<br />

erhalten,<br />

■ weil sie aus ihrem kommunalen Etat<br />

erhebliche Mittel für die Entwicklung<br />

ihrer 11 <strong>Grundschule</strong>n zu Ganztagsschulen<br />

bereitstellt und in Kooperation<br />

mit den Schulen, einem wissenschaftlichem<br />

Beirat und außerschulischen<br />

Institutionen stetig an der Weiterentwicklung<br />

ihres Modells arbeitet;<br />

■ weil sie in Kooperation mit dem<br />

Schulamt und außerschulischen Institutionen<br />

Lehrerfortbildung und Fortbildung<br />

der ergänzenden pädagogischen<br />

Kräfte anbietet und den Lehreraustausch<br />

zwischen schwedischen und<br />

Herforder Schulen vorantreiben will;<br />

■ weil sie logistische Unterstützung<br />

bietet und kommunale Zuschüsse für<br />

zusätzliche Stellen, Sachmittel und<br />

Baumaßnahmen bereitstellt;<br />

■ weil sie mit Experten Qualitätskriterien<br />

für die Raumgestaltung entwickelt<br />

und fachliche Beratung und Unterstützung<br />

bei der Umgestaltung von<br />

<strong>Grundschule</strong>n in Lern- und Lebensräume<br />

gewährleistet;<br />

■ weil sie mit Institutionen, wie z. B.<br />

der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />

kooperiert mit dem Ziel, das<br />

Modell Ganztag stetig weiterzuentwickeln,<br />

Nachhaltigkeit zu gewährleisten<br />

und der überregionalen Implementierung<br />

Vorschub zu leisten.<br />

»Damit«, so Horst Bartnitzky im Namen<br />

der Jury, »hat die Stadt Herford ein<br />

zukunftsweisendes Modell geschaffen,<br />

welches der Grundschulverband mit der<br />

Preisvergabe auszeichnet.«<br />

Eine weitere Auszeichnung kommt Herford<br />

ebenfalls zu Gute: Nadine Budych<br />

aus Essen bekam mit 3.000 Euro eine<br />

Hälfte des Forschungsförderpreises<br />

des Grundschulverbandes. Sie will in<br />

ihrer Dissertation den Ganztagsbetrieb<br />

in Herford und Haan vergleichen und<br />

ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen<br />

prüfen. Ihr Doktorvater an der Uni<br />

Duisburg-Essen ist übrigens Prof. Dr.<br />

Tassilo Knauf, der die Herforder bei<br />

der Entwicklung ihres Ganztagskonzepts<br />

beraten hat.<br />

Kontakt<br />

Stadt Herford, Rainer Schweppe, Abt.<br />

Schule, Postfach 2843, 32046 Herford<br />

Tel.: 0 52 21 / 1 89 - 3 42<br />

Mail: rainer.schweppe@herford.de<br />

22


Dokumentation<br />

Ganztagsgrundschulen –<br />

Zur Entwicklung in den Bundesländern<br />

Es wurde und wird schon etwas bewegt<br />

mit dem Investitionsprogramm<br />

»Zukunft Bildung und Betreuung«,<br />

in dem der Bund den Ländern für die<br />

Einrichtung neuer Ganztagsschulen<br />

und die qualitative Weiterentwicklung<br />

4 Mrd. € für den Zeitraum von 2003<br />

bis 2007 zur Verfügung stellt. Nach<br />

anfänglichem Zögern sind alle Bundesländer<br />

in diesen Zug eingestiegen bzw.<br />

sind noch auf den bereits fahrenden<br />

Zug aufgesprungen und versuchen nun<br />

Tempo und Richtung des Zuges länderspezifisch<br />

zu bestimmen. So entsteht<br />

leicht der Eindruck, dass sich viel bewegt,<br />

aber nichts vorankommt. Doch<br />

bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass<br />

alle Bundesländer eine Tür – wenn auch<br />

manchmal nur einen Spalt weit – geöffnet<br />

haben und sich Schulen auf den<br />

Weg begeben mit ihren Möglichkeiten<br />

und unter den örtlichen Rahmenbedingungen<br />

sowie den teils förderlichen<br />

und teils hinderlichen ministeriellen<br />

Rahmenvorgaben, ihre Schule zu einem<br />

ganztägigen Lebens- und Lernort<br />

weiter zu entwickeln.<br />

Wie unterschiedlich die Konzepte<br />

und Rahmenvorgaben zu Ganztagsgrundschulen<br />

in den 16 Bundesländern<br />

sind, wurde in GSV-<strong>aktuell</strong> Nr. 87 (September<br />

2004) bereits im Überblick dargestellt.<br />

Aktuellere Zahlen und Daten<br />

liegen hierzu von der KMK nicht vor.<br />

Doch gibt es eine Recherche, die das<br />

Sozialpädagogische Institut NRW, Fachhochschule<br />

Köln (SPI NRW, FH Köln) im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung durchgeführt<br />

hat (http://www.ganztagsschulen.org/<br />

1108.php.). Sie gibt zum einen fundierten<br />

Einblick in die Rahmenvorgaben<br />

und informiert detailliert über die<br />

rechtlichen und pädagogisch-konzeptionellen<br />

sowie die organisatorischbetrieblichen<br />

Grundlagen in den einzelnen<br />

Bundesländern. Als Quellen<br />

dienten in erster Linie Veröffentlichungen<br />

der jeweiligen Landesregierung.<br />

Die Auswertung erfolgt nach Kategorien,<br />

die im SPI NRW erarbeitet wurden.<br />

Mit diesen Kategorien können nicht<br />

nur Konzepte und Rahmenvorgaben<br />

jedes Bundeslandes analysiert und mit<br />

anderen verglichen und übersichtlich<br />

dargestellt werden, sondern die Kategorien<br />

können auch als »Checkliste«<br />

und Anregung für die Entwicklung eines<br />

Entwicklungsprogramms von jeder<br />

Schule, die sich auf den Weg machen<br />

will, genutzt werden. Sie sollen daher<br />

genannt und mit einigen Beispielen<br />

aus den Ländern, aus denen die Preisträgerschulen<br />

kommen, konkretisiert<br />

werden:<br />

Die »Pädagogisch konzeptionellen<br />

Grundlagen« sind nach folgenden<br />

Kategorien gegliedert:<br />

■ Pädagogische Leitziele<br />

■ Qualitätsentwicklung<br />

■ Gestaltung des Schultages / Ganztages<br />

■ Raumkonzept<br />

■ Verpflegung<br />

■ Personaleinsatz<br />

■ Zeitkonzept<br />

■ Kooperationsmöglichkeiten<br />

■ Wissenschaftliche Begleitung / Interne<br />

Evaluation<br />

Die »Organisatorisch-betrieblichen<br />

Grundlagen« sind nach folgenden<br />

Kategorien gegliedert:<br />

■ Verpflegung<br />

■ Raumprogramm/ Sachausstattung<br />

■ Kooperationsoptionen/-ziele<br />

■ Kooperationsvereinbarungen<br />

■ Zeitrahmen<br />

■ GTS-Angebote<br />

■ Personalstruktur<br />

■ Finanzierung<br />

■ Genehmigungsverfahren<br />

Pädagogische Leitziele<br />

Hier werden vor allem die unterschiedlichen<br />

Grundpositionen der Länder<br />

deutlich. Einige Länder halten sich in<br />

den konzeptionellen Aussagen zurück<br />

und geben nur den bildungspolitischen<br />

Schwerpunkt an:<br />

Die Ganztagsschulen mit besonderer<br />

pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung,<br />

insbesondere Hauptschulen,<br />

sollen bedarfsorientiert weiter ausgebaut<br />

werden. (Baden-Württemberg http://<br />

www.ganztagsschulen.org/1112.php)<br />

Andere Bundesländer geben den bildungspolitischen<br />

Schwerpunkt an und<br />

formulieren einen Gestaltungsauftrag:<br />

Das Ziel ist die Schaffung eines ausgewogenen<br />

und bedarfsorientierten Schulnetzes<br />

im Grundschulbereich, das sowohl<br />

die ganztägige Betreuung sichert als<br />

auch die intensive Förderung aller Kinder<br />

unterstützt. Schulen mit Ganztagsangeboten<br />

sollen Lern- und Lebensorte sein,<br />

die den 45-Minuten-Takt der bisherigen<br />

Unterrichtsorganisation überwinden. Es<br />

geht darum, Lernprozesse zu rhythmisieren,<br />

außerschulische Lernorte und Freizeitaktivitäten<br />

in die Arbeit der Schule<br />

einzubeziehen und vor allem selbständige<br />

und eigenverantwortliche Lernprozesse<br />

zu fördern. (Berlin http://www.ganz<br />

tagsschulen.org/1131.php)<br />

Andere Bundesländer formulieren<br />

einen Zielkatalog, der die vielfältigen<br />

reformpädagogischen Hoffnungen der<br />

<strong>aktuell</strong>en Diskussion enthält:<br />

Die Ganztagsschule soll Bildungsbarrieren<br />

abbauen, soziale Ausgrenzung<br />

verhindern, Lern- und Lebensort<br />

sein, gezielte individuelle Förderung von<br />

Talenten ermöglichen, mehr Raum für<br />

die persönliche Begegnung zwischen<br />

Schülern und Lehrkräften sowie für die<br />

Verbindung von fachlichem und sozialem<br />

Lernen schaffen, vertiefte Lern- und<br />

Förderangebote bei der Bildung und Erziehung<br />

für möglichst viele Schülerlnnen<br />

ermöglichen. Durch Kooperation von<br />

Schule, Jugendhilfe und anderen Trägern<br />

sollen attraktive Lern- und Lebensorte<br />

für junge Mensch entstehen. Die Ganztagsschule<br />

soll die Erreichbarkeit jugendkultureller<br />

Angebote in dünn besiedelten<br />

ländlichen Regionen sichern und Ressourcen,<br />

die im Gemeinwesen vorhanden<br />

sind, für SchülerInnen nutzbar machen.<br />

( Brandenburg http://www.ganztags<br />

schulen.org/1133.php)<br />

von<br />

Karlheinz Burk<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

23


Dokumentation<br />

Dr. Karlheinz Burk<br />

Fachreferent des<br />

Grund schulverbandes<br />

zu Fragen der<br />

Schul entwicklung<br />

und Schulgestaltung.<br />

Und besonders ausführlich<br />

im Bundesland Bremen (http://<br />

www.ganztagsschulen.org/<br />

1135.php):<br />

Im Primar- und Sekundarstufe-I-Bereich<br />

erfolgt schrittweise<br />

ein bedarfsgerechter Ausbau<br />

von Ganztagsangeboten.<br />

Sie können Benachteiligungen<br />

vermindern und neue Fördermöglichkeiten<br />

auch für leistungsstärkere<br />

Schülerinnen und<br />

Schüler eröffnen.<br />

Ganztagsschulen bieten besonders<br />

gute Voraussetzungen dafür, durch eine<br />

entsprechende Unterrichtsorganisation<br />

Schülerinnen und Schüler zum selbst verantworteten<br />

Lernen zu führen verbunden<br />

mit einem umfassenden Förderkonzept<br />

für leistungsstarke und leistungsschwache<br />

Schülerinnen und Schüler.<br />

Dazu gehören:<br />

■ die Förderung des selbst verantworteten<br />

Lernens von Schülerinnen und Schülern<br />

durch Unterrichtskonzeptionen,<br />

die die spezifischen Möglichkeiten von<br />

Ganztagsschulen zur Öffnung des Unterrichts<br />

und zur Freien Arbeit entsprechend<br />

nutzen,<br />

■ Formen der integrativen, auch außerunterrichtlichen<br />

Lernförderung im kognitiven,<br />

manuellen, sozialen und emotionalen<br />

Bereich,<br />

■ Lernarrangements und gezielte Angebote,<br />

die eine Förderung und Entwicklung<br />

von Talenten und Stärken bei allen<br />

Schülerinnen und Schülern ermöglichen,<br />

■ die systematische und verbindliche<br />

jahrgangs- und fächerübergreifende Zusammenarbeit<br />

der Lehrkräfte und deren<br />

Einsatz über den ganzen Tag,<br />

■ die inhaltliche Verzahnung von Unterricht,<br />

unterrichtsergänzenden und<br />

anderen Angeboten durch die inhaltliche<br />

Einbeziehung der sozialpädagogischen<br />

Fachkräfte in die Unterrichtsplanung<br />

und – gestaltung sowie die Einbeziehung<br />

von themenbezogenen Vorhaben,<br />

Arbeitsgemeinschaften und Projekten<br />

(auch außerschulischer Anbieter und Kooperationspartner),<br />

■ die Nutzung des Zeitvolumens zur<br />

verstärkten Einbeziehung lebens- und<br />

arbeitsweltlicher sowie sozialer Praxis<br />

und Erfahrung,<br />

■ der Ersatz der (traditionellen) Hausaufgaben<br />

durch schulische Angebote<br />

und Freiarbeitsräume im Ganztag sowie<br />

die Verknüpfung und Weiterentwicklung<br />

von Trainings- und Förderprogrammen,<br />

■ die Förderung eines aktiven, kritischen<br />

und der Gesundheit sowie der kulturellen<br />

Integration dienenden Freizeitverhaltens.<br />

Bei der Realisierung von Ganztagsschulen<br />

verfolgt der Senator für Bildung<br />

und Wissenschaft das Ziel, in Kooperation<br />

mit dem Senator für Arbeit, Frauen,<br />

Gesundheit, Jugend und Soziales und mit<br />

freien Trägern ein offenes Angebot zu<br />

gestalten, dieses aber schrittweise in gebundene<br />

Form zu überführen, das heißt,<br />

den Unterricht, unterrichtsergänzende<br />

Angebote und Betreuung eng zu verzahnen<br />

und die Teilnahme für Schülerinnen<br />

und Schüler verbindlich zu machen. (Bremen)<br />

Qualitätsentwicklung<br />

Hier verweisen die Länder auf unterschiedliche<br />

länderspezifische Entwicklungsprojekte,<br />

Rahmenvorgaben und<br />

Qualitätskriterien allgemeiner und<br />

ganztagsschulspezifischer Art sowie<br />

auf die Beteiligung am Verbundprojekt<br />

der Bund-Länderkommission für<br />

Bildungsplanung und Forschungsförderung<br />

»Lernen für den GanzTag – Entwicklung<br />

von Qualifikationsprofilen<br />

und Fortbildungsbausteinen für pädagogisches<br />

Personal an Ganztagsschulen«<br />

und die in Zusammenarbeit mit<br />

der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung<br />

erfolgte Einrichtung der Serviceagentur<br />

»Ideen für mehr! ganztägig<br />

lernen«, sofern das Land (z. B. Baden-<br />

Württemberg) sich nicht aus grundsätzlichen<br />

Erwägungen (Neuordnung<br />

der Zuständigkeit von Bund und Ländern<br />

im Bildungsbereich) an Bundesprogrammen<br />

nicht beteiligt.<br />

Gestaltung des Schultages /<br />

Ganztages<br />

Je nach Grundposition werden die Rahmenvorgaben<br />

für die Gestaltung des<br />

Schultages formuliert. In Ganztagsschulen<br />

der voll oder teilweise gebundenen<br />

Form bilden der Unterricht und die<br />

zusätzlichen Angebote der Schule sowie<br />

der Kooperationspartner eine pädagogische<br />

Einheit. Es sollen des weiteren Angebote<br />

von Kooperationspartnern aus den<br />

Bereichen Jugend, Kultur, Sport, Religionsgemeinschaften,<br />

Arbeit, Umwelt oder<br />

Soziales über Kooperationsvereinbarungen<br />

angeboten werden. Offene Form:<br />

Zusätzlich zu einem im Wesentlichen unverändert<br />

bleibenden Unterrichtsteil am<br />

Vormittag gibt es außerunterrichtliche<br />

Bildungsangebote, pädagogisch begleitete<br />

oder selbstorganisierte Freizeitaktivitäten,<br />

jugendkulturelle Angebote und<br />

Betreuungsformen, die nicht zwingend<br />

mit dem Lerngeschehen der Schule in<br />

Verbindung stehen. Ganztagsangebote<br />

nach diesem Modell erfordern ebenfalls<br />

eine pädagogische Gesamtkonzeption,<br />

in der die unterrichtlichen und die offenen<br />

Angebote nach der Unterrichtszeit<br />

inhaltlich verknüpft und aufeinander bezogen<br />

sind. (Brandenburg)<br />

Das pädagogische Konzept soll auf<br />

die Situation und das Profil der jeweiligen<br />

Schule vor Ort zugeschnitten sein.<br />

Nachmittagsangebote können Schulen,<br />

Schulträger und außerschulische Kooperationspartner<br />

wie beispielsweise Vereine,<br />

Verbände, Musik- und Kunstschulen,<br />

aber auch die Jugendhilfe und Eltern<br />

machen. Nachmittägliche Angebote an<br />

den Schulen müssen unter der Aufsicht<br />

und Verantwortung der Schulleitung organisiert<br />

und in enger Kooperation mit<br />

der Schulleitung durchgeführt werden<br />

sowie in einem konzeptionellen Zusammenhang<br />

mit dem vormittäglichen Unterricht.<br />

(Baden-Württemberg)<br />

Raumkonzept<br />

Hier wird in der Regel auf die Rahmenbedingungen<br />

bzw. Modellraumprogramme<br />

für allgemein bildende<br />

Schulen bei der Einrichtung von Fachräumen<br />

verwiesen, da die Bedingungen<br />

in den einzelnen Schulen sehr<br />

unterschiedlich sind oder es werden<br />

Mindestanforderung an eine Ganztagsschule<br />

formuliert:<br />

■ Bereiche für Lernen, Verpflegung, Spiel<br />

und Erholung, Rückzug, Begegnung /<br />

Sozialerfahrung<br />

■ begründetes Raumkonzept sowie<br />

Stammraumkonzept<br />

■ Räume für Lehrkräfte, um Vor- und<br />

Nachbereitungsarbeiten zum Unterricht<br />

erledigen zu können.<br />

Die Gestaltung der Räume soll das<br />

Wohlbefinden fördern, zu eigenaktivem<br />

Lernen anregen und zu einem entwicklungsförderlichen<br />

Klima beitragen. Im<br />

Rahmen des Raumkonzeptes sind nicht<br />

nur die Räume des Schulhauses, sondern<br />

auch Räumlichkeiten des Kooperationspartners<br />

mitzudenken. (Brandenburg)<br />

Verpflegung<br />

In der Regel wird darauf hingewiesen,<br />

dass ein qualitatives Mittagessen angeboten<br />

werden soll.<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Dokumentation<br />

Personaleinsatz<br />

Je nach Konzept kommt es zu unterschiedlichen<br />

Lösungen:<br />

Lehraufträge können im Bereich der<br />

Freiwilligen Unterrichtsangebote an öffentlichen<br />

Schulen im Umfang von bis zu<br />

acht Wochenstunden durch die Schulleitungen<br />

im Rahmen der verfügbaren Mittel<br />

vergeben werden. Erfahrungsgemäß<br />

kommen Lehrbeauftragte für folgende<br />

Veranstaltungen in Betracht: Arbeitsgemeinschaften<br />

(z. B. Schultheater, Sport,<br />

Computer, Sprachen), Chor, Orchester<br />

und Instrumentalgruppen, Stütz- und<br />

Förderkurse, Einzelprojekte wie etwa Vorbereitung<br />

und Durchführung einer Theateraufführung,<br />

Workshop »Ballett«, Kurs<br />

über Graphik, PC-Software oder Sport.<br />

(Baden-Württemberg)<br />

Lehrer an einer gebundenen Ganztagsschule<br />

haben die gleiche Unterrichtsverpflichtung<br />

wie Lehrer an anderen<br />

Schulen; auch die Erzieherausstattung<br />

entspricht der, die im Hortbereich an<br />

Kindertagesstätten sowie im offenen<br />

Ganztagsbetrieb vorhanden ist. Erzieherinnen<br />

stehen am Schulvormittag vor<br />

allem in der Schulanfangsphase den Kindern<br />

für zusätzliche Unterstützung zur<br />

Verfügung, z. B. für basale Förderung,<br />

motorische Übungen, Lernspiele. (Berlin)<br />

Zeitkonzept<br />

Es reicht von Hinweisen auf das Zeitkontingent<br />

bis zu Gestaltungsempfehlungen<br />

und Kriterien eines rhythmisierten<br />

Schultages.<br />

Über den vormittäglichen Unterricht<br />

hinaus soll an mindestens drei Tagen in<br />

der Woche ein ganztägiges Angebot für<br />

die Schülerinnen und Schüler bereitgestellt<br />

werden, das täglich mindestens<br />

sieben Zeitstunden umfasst. (Baden-<br />

Württemberg)<br />

Über den Vor- und Nachmittag erstreckende,<br />

jugend- und lerngerechte Rhythmisierung,<br />

die sowohl an den physiologischen<br />

und psychologischen Belastungen<br />

und am Lerntempo der Schülerinnen orientiert<br />

sind.<br />

Darüber hinaus wird zwischen äußerer<br />

Rhythmisierung von Tagesorganisation<br />

und innerer Rhythmisierung in<br />

didaktisch-methodischen Konzeptionen<br />

unterschieden.<br />

Offene Form: Unterricht in täglich<br />

gleich bleibenden und geregelten Schulzeiten<br />

bis zum Mittag, anschließend pädagogische<br />

Angebote / außerunterrichtliche<br />

Bildungsangebote am Nachmittag<br />

(ohne Teilnahmepflicht).<br />

Mit der ganzheitlichen Organisationsform<br />

vollgebundener und teilgebundener<br />

Ganztagsgrundschulen soll eine<br />

Rhythmisierung des Schultages erreicht<br />

werden. (Brandenburg)<br />

Ganztagsschulen nutzen ein Mehr<br />

an pädagogisch gestaltbarer Lernzeit in<br />

einer auf den ganzen Tag abgestimmten<br />

Organisation von Unterricht, Freizeit und<br />

Schulleben. Dazu gehören:<br />

■ die Überwindung des 45/90-Minuten-<br />

Rhythmus,<br />

■ eine dem Ganztagsrhythmus angemessene<br />

Dauer und Anordnung der Pausen<br />

(insbesondere der Mittagspause),<br />

■ Wechsel und Verbindung von unterrichtlichen<br />

und nicht-unterrichtlichen<br />

Elementen,<br />

■ Verteilung der verpflichtenden Unterrichtsstunden<br />

auf den Vor- und Nachmittag,<br />

■ eine Konzeption des Wechsels von<br />

gelenkter und selbstverantworteter Tätigkeit<br />

inner- und außerhalb des Unterrichts.<br />

(Bremen)<br />

Kooperationsmöglichkeiten<br />

Da alle Länder in der Kooperation mit<br />

außerschulischen Trägern einen zentralen<br />

Schwerpunkt im Ausbau der<br />

Ganztagsschulen sehen, finden sich<br />

unter dieser Kategorie vielfältige Anregungen<br />

und Hinweise:<br />

Eine wesentlich neue Qualität sollen<br />

die Ganztagsangebote auch dadurch<br />

erreichen, dass die vielfältigen Angebote<br />

unterschiedlicher Träger im jeweiligen<br />

Stadtteil für eine engere Zusammenarbeit<br />

in Unterrichtsprojekte und Freizeitaktivitäten<br />

einbezogen werden. Bisher<br />

nur teilweise genutzte spezielle Freizeitangebote<br />

der Jugendeinrichtungen im<br />

Bezirk oder im überregionalen Bereich<br />

sollen damit planmäßig in die Bildungsund<br />

Erziehungsprozesse einbezogen werden.<br />

Zu diesen Möglichkeiten gehören<br />

z. B. Jugendfreizeitheime, Jugendverbände,<br />

Musikschulen, Bibliotheken, Sportvereine<br />

in der Umgebung der Schule …<br />

In Zusammenarbeit von Jugendhilfe und<br />

Schule sollten Netzwerke entstehen, die<br />

Impulse und Unterstützung für die Bildungsprozesse<br />

der Kinder und Jugendlichen<br />

im schulischen und außerschulischen<br />

Bereich geben … Das erweiterte<br />

Zeitkontingent der Ganztagsschulen bietet<br />

auch effektive Möglichkeiten der präventiven<br />

Unterstützung für Kinder und<br />

deren Eltern. (Berlin)<br />

Ganztagsschulen entwickeln und<br />

öffnen sich unter Einbeziehung von Eltern,<br />

Schülerinnen und Schülern, aller<br />

in Schule beschäftigten Kräfte und in<br />

Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />

Partnern unter Nutzung anderer Lernorte<br />

und verschiedener Professionen (insbesondere<br />

Einrichtungen der Kinder- und<br />

Jugendhilfe, Sportvereine, soziale und<br />

kulturelle Einrichtungen sowie Betriebe<br />

der Region). Zur Erfüllung ihres Auftrages<br />

arbeitet die Schule zusammen mit Institutionen,<br />

die allgemein für die Angebote<br />

und Hilfe in gesundheitlichen, sozialen<br />

und berufsbezogenen Fragen zuständig<br />

sind, insbesondere mit den außerschulischen<br />

Bildungs-, Förderungs- und Beratungsangeboten<br />

der Jugendhilfe, mit den<br />

örtlichen Beiräten sowie sozialen und<br />

kulturellen Einrichtungen der Region einschließlich<br />

der Kirchen … (Bremen)<br />

Wissenschaftliche Begleitung<br />

/ Interne Evaluation<br />

Hier wird in der Regel auf interne und<br />

externe Evaluationsmöglichkeiten (unter<br />

Einschluss der Kooperationspartner)<br />

verwiesen. Sie sind meist Bestandteil<br />

der Schulprogrammentwicklung.<br />

Bei den »Organisatorisch-betrieblichen<br />

Grundlagen« spielen länderspezifische<br />

Grundüberzeugungen, Organisationsformen<br />

und länderspezifische<br />

Berechnungen eine besondere Rolle. Es<br />

bedürfte einer längeren Abhandlung,<br />

auf die hier aus Platzgründen verzichtet<br />

werden muss.<br />

Die Frage, welche der pädagogischen<br />

Leitideen, Konzepte und Rahmenvorgaben<br />

für die einzelne Schule hilfreich,<br />

förderlich oder hinderlich sind auf dem<br />

Weg zur Ganztagsgrundschule, ist<br />

schwer zu beantworten. Entscheidend<br />

sind zum einen die Unterstützung der<br />

einzelnen Schule (von welcher Seite<br />

auch immer), die Ausstattung und die<br />

personellen Ressourcen. Aber auch der<br />

Satz »Wer will, findet Wege, wer nicht<br />

will, findet Gründe«, wird mit Blick auf<br />

die Entwicklung einzelner Schulen in<br />

verschiedenen Bundesländern mit den<br />

unterschiedlichen Rahmenbedingungen<br />

bestätigt.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

25


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Baden-Württemberg<br />

Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen; www.gsv-bw.de<br />

Bayern<br />

Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht,<br />

Landeselternausschuss<br />

für freie Grundschulwahl<br />

Die in den Berliner Landeselternausschuss<br />

gewählten Bezirksvertreter(innen)<br />

der Erziehungsberechtigten<br />

haben »Bildungspolitische<br />

Ziele der Berliner Eltern« formuliert<br />

und zur Diskussion gestellt. Als<br />

Grundschulverband stimmen wir<br />

vielen dieser Ziele ausdrücklich zu,<br />

haben jedoch gegenüber einigen<br />

Zielen kritische Einwände.<br />

Wir stimmen ausdrücklich zu, wenn<br />

auch Eltern Chancengleichheit fordern<br />

und dafür eintreten, dass alle<br />

Kinder und Jugendlichen individuell<br />

bestmöglich zu fördern und zu fordern<br />

sind. Wir stimmen ausdrücklich<br />

zu, wenn auch Eltern fordern,<br />

Schule brauche verlässliche Finanzierung;<br />

Haushaltssperren und Kürzungen<br />

würden Schule lähmen und<br />

Gemeinsame Bildungsverantwortung<br />

von Kindergarten<br />

und <strong>Grundschule</strong><br />

Im Januar 2006 führten Mitglieder<br />

der Landesgruppe ein Gespräch mit<br />

der Staatssekretärin im Kultusministerium,<br />

Frau Dr. Monika Stolz,<br />

und weiteren Vertretern des Ministeriums.<br />

Frau Dr. Stolz ist inzwischen<br />

zur Ministerin für Arbeit<br />

und Soziales ernannt worden. Ihr<br />

Nachfolger im Amt des Staatssekretärs<br />

ist der ehemalige bildungspolitische<br />

Sprecher der CDU, Georg<br />

Wacker.<br />

In dem anderthalbstündigen Gespräch<br />

konnte weitgehende Einigkeit<br />

darüber erzielt werden, dass<br />

frühe, grundlegende Bildung nicht<br />

banalisiert und trivialisiert werden<br />

darf, sondern im Vergleich zu späteren<br />

Bildungsphasen aufgewertet<br />

werden muss. Bildung bedarf der<br />

Kontinuität. Pädagogische Brüche<br />

zwischen frühen und späteren Bildungsphasen<br />

müssen geschlossen<br />

werden. Dabei bedürfen Bildung<br />

und Entwicklung der Förderung<br />

und Ermutigung. Das Bildungswesen<br />

muss frühzeitig Ressourcen,<br />

Förderangebote und genügend Zeit<br />

bereitstellen, die allen Kindern bei<br />

unterschiedlichen Voraussetzungen<br />

ermöglichen, Bildungsansprüche<br />

einzulösen. Bildung darf nicht<br />

von oben und vom Ende her standardisiert<br />

und eingefordert werden.<br />

Sie muss vielmehr von ihren Anfängen<br />

her angeregt, herausgefordert,<br />

entfaltet werden, vom Kind, vom<br />

Individuum, vom Subjekt her. Dabei<br />

müssen Schule und Kindergarten<br />

einander auf Augenhöhe begegnen.<br />

Es bedarf einer pädagogischen<br />

Annäherung. Kindergärten müssen<br />

sich auf die Bildungsthemen der<br />

Schule einlassen. Aber es darf keine<br />

Verschulung des Kindergartens<br />

geben. Die Zusammenfassung der<br />

Bereiche Vorschulische und Schulische<br />

Bildung unter dem gemeinsamen<br />

Dach des Kultusministeriums<br />

wird von der Landesgruppe begrüßt.<br />

Sie muss nun pädagogisch<br />

entwickelt werden. Die Kooperation<br />

zweier getrennter Institutionen<br />

muss zu einer Pädagogik aus einem<br />

Guss weiterentwickelt und für unterschiedliche<br />

Träger verbindlich<br />

Berlin<br />

Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; ikornmesser@yahoo.de<br />

werden. Auch der neue Orientierungsplan<br />

stärkt den Bildungsgedanken<br />

des Kindergartens, auch<br />

wenn er im Detail noch verbessert<br />

werden kann. Bei ErzieherInnen<br />

herrscht eine große Fortbildungsbereitschaft.<br />

Die Ausbildung von<br />

ErzieherInnen gehört jedoch – wie<br />

fast überall in Europa – an wissenschaftliche<br />

Hochschulen. Die Pädagogischen<br />

Hochschulen Baden-<br />

Württembergs bieten hier eine<br />

enge Vernetzungsmöglichkeit mit<br />

der Ausbildung für die Lehrämter.<br />

Davon können ErzieherInnen und<br />

LehrerInnen gleichermaßen profitieren.<br />

Von Bedeutung ist auch,<br />

dass der Kindergarten in der Breite<br />

zum Gegenstand von Bildungsforschung<br />

wird. Hervorgehoben wurde,<br />

dass es bei der notwendigen<br />

Annäherung von Kindergarten und<br />

<strong>Grundschule</strong> um eine Aufwertung<br />

des Kindergartens, nicht etwa um<br />

eine Abwertung der <strong>Grundschule</strong><br />

geht und dass nicht neue Lücken<br />

zur Sekundarstufe aufgerissen werden<br />

dürfen.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Hans-Joachim Fischer)<br />

Zukunft behindern. Kritisch stehen<br />

wir jedoch z. B. zur Vorstellung des<br />

Landeselternausschusses, ständiger<br />

Wettbewerb der Bildungseinrichtungen<br />

untereinander sei ein<br />

wichtiges Instrument zur Verbesserung<br />

schulischer Qualität: So förderlich<br />

für die Entwicklung einer<br />

Schule die Auseinandersetzung mit<br />

guter Praxis anderer Schulen sein<br />

kann, so wenig förderlich ist Lernen<br />

unter ständigen Wettbewerbsbedingungen<br />

nicht nur für die Entwicklung<br />

der Kinder, sondern auch<br />

für die Entwicklung einer Schule als<br />

Bildungseinrichtung. Völlig kontrovers<br />

ist die Position des Grundschulverbandes<br />

zur Forderung des<br />

Landeselternausschusses, den Eltern<br />

sei das Recht auf freie Wahl<br />

der <strong>Grundschule</strong> ihres Kindes einzuräumen.<br />

Kinder im Grundschulalter<br />

brauchen für ihre Gesamtentwicklung<br />

aus vielen Gründen eine<br />

wohnungsnahe Schule (s. Brügelmann:<br />

Feste Schulbezirke oder<br />

freie Schulwahl?; www.gsv-berlin.<br />

de/Fundgrube). Außerdem würde<br />

die Freigabe der Grundschulwahl<br />

zwangsläufig zur sozialen Entmischung<br />

der <strong>Grundschule</strong> führen;<br />

gemeinsame Grunderfahrungen<br />

aller Kinder unabhängig von ihrer<br />

sozialen Herkunft sind jedoch<br />

wichtig für den gesellschaftlichen<br />

Zusammenhalt.<br />

2. Forum <strong>Grundschule</strong>,<br />

Donnerstag, 1. Juni 2006<br />

zum Stand der konkreten<br />

Umsetzung der Berliner Grundschulreformmaßnahmen.<br />

Genaueres<br />

entnehmen Sie bitte dem<br />

Internet (www.gsv-berlin.de).<br />

(für die Landesgruppe: Peter Heyer)<br />

Praktische Ideen für eine<br />

veränderte Leistungskultur<br />

Im Februar fand an der Grund- und<br />

Teilhauptschule I Schorndorf-Sattelbogen<br />

ein Grundschultag zur<br />

Thematik »Fördern und Fordern in<br />

einer pädagogischen Leistungskultur«<br />

statt. 150 Lehrerinnen und Lehrer<br />

aus ganz Bayern und vor allem<br />

aus dem Landkreis Cham besuchten<br />

die ganztägige Veranstaltung.<br />

Hauptanliegen<br />

Die Landesgruppe möchte viele<br />

praktische Ideen zu einer veränderten<br />

Leistungskultur vermitteln und<br />

bekannt machen. Unser Ziel ist es,<br />

die Lehrer so mit Material zu unterstützen,<br />

dass sie nicht noch weiter<br />

unter der sowieso großen täglichen<br />

Arbeitsbelastung leiden müssen,<br />

sondern einzelne Ideen direkt umsetzen<br />

können.<br />

Durchführung<br />

Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />

begrüßte als Landesvorsitzende<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

und bedankte sich besonders<br />

bei dem Tagungsteam »Zukunftswerkstatt<br />

Cham« unter der Leitung<br />

von Bianca Ederer. Diese hatte<br />

sich vor zwei Jahren in Zusammenarbeit<br />

mit dem Schulamt Cham gegründet<br />

und bietet Lehrerinnen<br />

und Lehrern die Möglichkeit zum<br />

Austausch und Kennenlernen von<br />

pädagogischen Konzepten und<br />

Ideen. Besonderer Dank galt dem<br />

Kollegium aus Schorndorf-Sattelbogen<br />

unter der Leitung von Rektor<br />

Richard Kreuzer, das den Grundschultag<br />

gemeinsam mit dem Elternbeirat<br />

erst ermöglichte. Frau<br />

Schönknecht bedankte sich des<br />

Weiteren beim Schulamt Cham und<br />

der Gemeinde Schorndorf für ihre<br />

Unterstützung bei der Planung des<br />

Grundschul tages. Frau Schulamtsdirektorin<br />

Melanie Heigl sprach<br />

ebenso wie der Bürgermeister Max<br />

Schmaderer ein kurzes Grußwort.<br />

26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />

Hauptvortrag »Pädagogische Leistungskultur<br />

in der <strong>Grundschule</strong>«<br />

Gabriele Klenk führte in das Thema<br />

»Pädagogische Leistungskultur<br />

in der <strong>Grundschule</strong>« unter den<br />

Aspekten »Leistungen der Kinder<br />

wahrnehmen«, »Leistungen der<br />

Kinder würdigen«, »Kinder individuell<br />

fördern« und »Lernwege öffnen«<br />

theoretisch und mit vielfältigen<br />

praktischen Anregungen aus<br />

ihrer Unterrichtspraxis ein.<br />

Markt der Möglichkeiten<br />

Als besonderes Angebot stellte<br />

die Landesgruppe einen Markt<br />

der Möglichkeiten zusammen, damit<br />

die Besucherinnen und Besucher<br />

vor Ort Materialien aus der<br />

täglichen Praxis einsehen und sich<br />

so selbst überzeugen können. So<br />

stellte Gabriele Klenk vielfältige<br />

Materialien zu alternativen Leistungsbewertungen<br />

aus jahrgangsgemischten<br />

Klassenstufen 1/2 aus.<br />

Bianca Ederer ergänzte mit Schüler-<br />

und Lehrerprodukten aus den<br />

Jahrgangsstufen 3/4. Besonders interessant<br />

erschien den Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern, Materialien<br />

(wie sie im Band 119 des GSV<br />

vorgestellt wurden) in praktischer<br />

Erprobung zu sehen.<br />

Für viele waren die ausgestellten<br />

Referate aus der Jahrgangsstufe<br />

1/2 zum Thema »Haustiere« erstaunlich.<br />

Gerne blätterten die Kollegen<br />

in Portfolios zu Flächen, zur<br />

Wiese, zur Heimatgeschichte oder<br />

zum Wald.<br />

Wie Leistungsrückmeldungen über<br />

Lerngespräche oder schriftliche Bögen<br />

ermöglicht werden können,<br />

interessierte viele Lehrkräfte. Diagnostische<br />

Materialien aus den<br />

Bereichen Schriftspracherwerb,<br />

Mathematik und Texte verfassen<br />

konnten eingesehen werden. Viele<br />

Lehrer waren besonders begeistert<br />

von dem Angebot, derartige<br />

Materialien vor Ort in die Hand zu<br />

nehmen und zu betrachten. Tenor<br />

war daher bei den Gästen einhellig,<br />

dass der Markt der Möglichkeiten<br />

eine wahre Fundgrube für neue<br />

Ideen und Anregungen darstellte.<br />

So konnten wir unserem Anliegen,<br />

Lehrer tatsächlich zu unterstützen,<br />

anstatt sie noch zusätzlich zu belasten,<br />

nachkommen.<br />

Workshops zum Thema<br />

»Fördern und Fordern«<br />

In sieben verschiedenen Workshops<br />

zu den Fächern Mathematik,<br />

Deutsch und Heimat- und Sachunterricht,<br />

die zweimal parallel angeboten<br />

wurden, konnten einzelne<br />

Materialien und Strategien näher<br />

vorgestellt, erläutert und diskutiert<br />

werden. Christine Gerhardt übernahm<br />

den Bereich Leistungsfeststellung<br />

in einem entwicklungsorientierten<br />

Schriftspracherwerb.<br />

Kreatives Schreiben in der <strong>Grundschule</strong><br />

stellte Dr. Wilma Aigner mit<br />

vielfältigen Ideen vor. Prof. Dr. Gudrun<br />

Schönknecht referierte zum<br />

Thema Lernen und Leisten im Sachunterricht<br />

1/2. Nachhaltiges Lernen<br />

im Heimat- und Sachunterricht 3/4<br />

initiieren, begleiten, dokumentieren<br />

und bewerten war Schwerpunkt<br />

im Workshop von Bianca Ederer.<br />

Wie man der Heterogenität im Anfangsunterricht<br />

Mathematik gerecht<br />

werden kann, zeigte Gabriele<br />

Klenk auf. Franz Sperl erläuterte<br />

materialgeleitete Ideen zur Förderung<br />

in den Jahrgangsstufen 3/4 im<br />

Mathematikunterricht.<br />

Zusammenarbeit mit Sonderschullehrern<br />

als besonderes<br />

Anliegen der Integration<br />

Ergänzt wurde das Förderprogramm<br />

zu den Fächern durch einen<br />

Workshop mit dem Titel »Kinder<br />

mit erhöhtem Förderbedarf in der<br />

<strong>Grundschule</strong>«. Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />

erläuterte aus Sicht<br />

der Sonderschullehrerin Kennzeichen<br />

für erhöhten Förderbedarf in<br />

den Lernbereichen Deutsch und<br />

Mathematik. Sie besprach mögliche<br />

individuelle Fördermaßnahmen<br />

im Rahmen des Grundschulunterrichts.<br />

Intensiv diskutiert<br />

wurde über Einschulungsverfahren<br />

bei erhöhtem individuellem Förderbedarf.<br />

Die Verknüpfung von Sonder-<br />

und Grundschulpädagogik ist<br />

der Landesgruppe Bayern ein besonderes<br />

Anliegen, was mit diesem<br />

Angebot auch rege angenommen<br />

wurde.<br />

(für die Landesgruppe: Bianca Ederer)<br />

Brandenburg<br />

Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf<br />

Ganztag an unseren Schulen<br />

Ziel unseres Landes ist es, bis zum<br />

Schuljahr 2007/2008 für rund 25 %<br />

aller Grundschulkinder einen Platz<br />

in einer <strong>Grundschule</strong> mit Ganztagsangeboten<br />

vorzuhalten. Gegenwärtig<br />

gibt es in der Primarstufe<br />

79 Ganztagseinrichtungen. Davon<br />

sind 42 Verlässliche Halbtagsgrundschulen<br />

und 37 offene Ganztagsangebote.<br />

Die Kooperation mit dem<br />

Hort ist im Primarbereich verpflichtend.<br />

Die Qualitätsentwicklung<br />

und -sicherung an Ganztagsschulen<br />

ist ein Schwerpunkt der Arbeit<br />

in diesem Bereich. Hierfür werden<br />

einerseits die bundesweit genutzten<br />

Methoden und Verfahren verwendet,<br />

aber andererseits auch<br />

das im Brandenburger Grundschulbereich<br />

schon mehrfach erprobte<br />

Verfahren der Netzwerkbildung.<br />

8 Ganztagseinrichtungen im Primarbereich<br />

sind Konsultationsstandorte,<br />

die für künftige und<br />

bestehende Ganztagseinrichtungen<br />

ihrer Region Beratungs- und<br />

Begleitungsaufgaben wahrnehmen.<br />

Unterstützt werden sie dabei<br />

durch die Service Agentur Ganztag<br />

von Brandenburg und durch die am<br />

LISUM Brandenburg ausgebildeten<br />

Ganztagsberaterinnen und -berater.<br />

Einblick in diese anspruchsvolle<br />

Arbeit, aber auch in ihre eigene Entwicklung<br />

als Ganztagseinrichtung,<br />

haben z. B. die Konsultationsstandorte<br />

Brück und Missen auf dem<br />

bundesweiten Ganztagskon gress<br />

2005 in Berlin gegeben.<br />

Zu dem positiven Bild von Ganztag<br />

in Brandenburg tragen aber auch<br />

Schulen in freier Trägerschaft bei.<br />

So hat sich die Evangelische <strong>Grundschule</strong><br />

in Potsdam erfolgreich an<br />

dem Wettbewerb des Grundschulverbandes<br />

»Mehr Bildungszeit für<br />

Kinder – Schritte auf dem Weg zum<br />

Ganztag« beteiligt und als eine von<br />

fünf <strong>Grundschule</strong>n in Deutschland<br />

den Praxispreis erhalten. Es bleibt<br />

zu hoffen, dass dies mit dazu beiträgt,<br />

dass Ganztagsangebote auch<br />

bei Schulen in freier Trägerschaft<br />

die den staatlichen Einrichtungen<br />

entsprechenden staatlichen Zuschüsse<br />

erhalten.<br />

(für die Landesgruppe: Barbara Wegner)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

27


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Bremen<br />

Vorsitzende: Karin Sanders, Langenstr. 11, 28816 Stuhr<br />

Hessen<br />

Anschrift: Ilse Marie Krauth, Steigerwaldweg 3, 63456 Hanau<br />

Not mit den Noten<br />

Der Zentralelternbeirat plante gemeinsam<br />

mit der Landesgruppe<br />

eine Veranstaltung für die Elternvertreter/innen<br />

der Schulen, um<br />

sie für die Problematik der Notengebung<br />

zu sensibilisieren. So kann<br />

eine Diskussionsgrundlage für die<br />

Informationsgespräche zum Schulanfang<br />

geschaffen werden. Die Veranstaltung<br />

fand am 20. März im<br />

Landesinstitut für Schule statt.<br />

Ankündigung Fachtagung<br />

Die Landesgruppe veranstaltet in<br />

Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut<br />

für Schule Bremen, dem<br />

Lehrerfortbildungsinstitut Bremerhaven<br />

und der GEW die Fachtagung:<br />

»Auf den Anfang kommt<br />

es an – jahrgangsübergreifendes<br />

Lehren und Lernen<br />

in der <strong>Grundschule</strong>«<br />

17. Juni 2006<br />

9.00 bis 16.00 Uhr<br />

im Landesinstitut für Schule<br />

Eingeladen sind Grund- und Sonderschullehrerinnen,<br />

Erzieherinnen,<br />

Referendarinnen, Studentinnen<br />

und Eltern.<br />

Ablauf der Tagung:<br />

■ Begrüßung durch den Leiter des<br />

Landesinstituts<br />

■ Grußwort der Grundschulreferentin<br />

■ Vortrag von Prof. Dr. Erika<br />

Brinkmann (Schwäbisch-Gmünd)<br />

■ Workshops: Schulen aus anderen<br />

Bundesländern (mit guter Praxis<br />

im jahrgangsübergreifenden<br />

Unterricht) geben ihre Erfahrungen<br />

weiter (Peter-Petersen Schule Köln,<br />

Clara-Grundwald-Schule Hamburg,<br />

Am Paulsberg Achim, <strong>Grundschule</strong><br />

Nordholz, <strong>Grundschule</strong> Grumbrechtstr.<br />

Hamburg, Wartburg<br />

<strong>Grundschule</strong> Münster, <strong>Grundschule</strong><br />

Frankenburg Lilienthal, <strong>Grundschule</strong><br />

Salzböden Lollar, Michael-Ende-<br />

Schule Minden, <strong>Grundschule</strong> Lindenstraße<br />

Osterholz, <strong>Grundschule</strong><br />

Edewecht).<br />

■ Marktbummel: Salatbuffet,<br />

Ausstellung Bremer Schulen, Bücherstand,<br />

Filmecke, Fachaustausch<br />

■ Workshops: Thematische<br />

Schwerpunkte (Fächer, Übergang<br />

Kindergarten / <strong>Grundschule</strong>, Schulstruktur<br />

/ Lernumgebung, Integrative<br />

Förderung, Hochbegabung,<br />

Leistungskultur, Elternsicht )<br />

(für die Landesgruppe: Roswitha Kremin)<br />

Hessen – ein Bildungsland?<br />

Zu einem Meinungsaustausch trafen<br />

sich der Vorstand der Landesgruppe<br />

und der bildungspolitische<br />

Sprecher der Landtagsfraktion von<br />

BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN, Mathias<br />

Wagner. Ziel dieses Treffens war<br />

die Klärung, ob es gemeinsame Ziele<br />

gibt und ob sich die Landtagsfraktion<br />

als fortschrittlicher Partner<br />

erweist, mit dem diese Ziele<br />

verwirklicht werden können.<br />

Mathias Wagner stellte klar, dass<br />

er dem Konzept der hessischen Bildungspolitik<br />

zwar inhaltlich nicht<br />

zustimmt, jedoch die Modernisierung<br />

der Schulverwaltung und<br />

die Systematisierung der Lehrerausbildung<br />

und Lehrerfortbildung<br />

trotz der vielen ungelösten Fragen<br />

durchaus begrüßt.<br />

Folgende Themen wurden diskutiert:<br />

■ Vergleichsarbeiten: Wir sind einig<br />

darüber, dass die Startbedingungen<br />

nicht berücksichtigt werden.<br />

Die Ergebnisse sagen somit<br />

wenig über die tatsächliche Leistung<br />

aus und sind als Grundlage für<br />

Konsequenzen kaum geeignet.<br />

■ Notengebung in Klasse 2: Bei<br />

unserer nachdrücklichen Forderung<br />

nach Abschaffung der Ziffernnoten<br />

im Grundschulbereich zugunsten<br />

von Entwicklungsberichten finden<br />

wir für Klasse 2 die Zustimmung,<br />

die wir erwarten, jedoch nicht für<br />

die Klassen 3 und 4. Mathias Wagner<br />

weist darauf hin, dass die Abschaffung<br />

der Noten allein noch<br />

keine hinreichende Bedingung für<br />

individuelle Förderung ist.<br />

■ Dreigliedriges Schulsystem: Wir<br />

sind uns einig, dass das im hessischen<br />

Schulgesetz verankerte dreigliedrige<br />

System, das die Kinder<br />

viel zu früh in Schubladen sortiert<br />

und einen Übergang in die nächst<br />

höhere Schulstufe immer schwerer<br />

macht – nach unten geht es leichter!<br />

– abträglich ist und sind gemeinsam<br />

dafür, dass Kinder länger<br />

gemeinsam lernen. Mathias Wagner<br />

plädiert dafür, bei der Reform<br />

des Bildungssystems schrittweise<br />

vorzugehen und nicht in den Schulkampf<br />

früherer Jahre und Jahrzehnte<br />

zurückzufallen. Er ist der<br />

Meinung, dass ohne gesellschaftliche<br />

Mehrheiten und einen von<br />

den Schulen vor Ort getragenen<br />

Reformwillen eine grundsätzliche<br />

Veränderung unseres Schulsystems<br />

erneut scheitern wird.<br />

■ Schulinspektoren: Schulen werden<br />

extern evaluiert. Wir sind einig<br />

darüber, dass dies nur Sinn macht,<br />

wenn die Ergebnisse konstruktive<br />

Folgen haben und Schulen, die<br />

etwas ändern wollen und müssen,<br />

Unterstützung erfahren.<br />

■ Ganztagsschulen: Das Ganztagsschulprogramm<br />

muss aufgestockt<br />

und anders akzentuiert<br />

Hamburg<br />

Vorsitzender: Dirk Erdmann, Klotzenmoor 38 d, 22453 Hamburg<br />

Reform des<br />

Hamburger Schulgesetzes<br />

Voraussichtlich zum 1. 8. 2006 wird<br />

eine Reform des Schulgesetzes in<br />

Hamburg in Kraft treten, deren Ziel<br />

die Steigerung der schulischen und<br />

unterrichtlichen Qualität sein soll.<br />

Unter dem Stichwort ›Schulqualität‹<br />

geht sowohl ein größeres Maß<br />

an Handlungsspielraum für die<br />

Schulleitungen als auch ein höheres<br />

Maß an Selbstverantwortung<br />

der einzelnen Schule einher. Gleichzeitig<br />

wird in Hamburg die externe<br />

Schulinspektion eingeführt.<br />

Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />

Bereits bis zum 30.6.2006 müssen<br />

die Schulleitungen mit den Schulaufsichten<br />

eine Ziel- und Leistungsvereinbarung<br />

in mehreren<br />

Bereichen abschließen, die sich auf<br />

konkrete Entwicklungsprozesse<br />

der Einzelschule bezieht. Über die<br />

Festlegung von Zielen hinaus wird<br />

erwartet, dass die Schulleitungen<br />

auch Indikatoren und Kriterien benennen,<br />

die innerhalb eines Schuljahres<br />

erreichbar sind. Durch die<br />

Einführung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />

soll mehr Zielklarheit,<br />

Terminklarheit und Transparenz<br />

in ausgewählten Bereichen der<br />

Schulentwicklung geschaffen werden.<br />

Es ist zu fragen, in welcher Form die<br />

Behörde für Bildung und Sport und<br />

die Schulen tatsächlich als gleichberechtigte<br />

Vertragspartner agieren.<br />

Zu beklagen ist auch der Zeitdruck,<br />

unter dem die Hamburger Schulen<br />

sich mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />

auseinander setzen<br />

müssen. Eine breite Beteiligung<br />

der Schulgemeinschaft ist auf diese<br />

Weise nicht möglich.<br />

Dadurch wird der Orientierungsrahmen<br />

Schulqualität als ein eigentlich<br />

wertvolles Instrument der<br />

Qualitätsentwicklung in seiner Akzeptanz<br />

gefährdet. Die Landesgruppe<br />

Hamburg hofft dennoch, dass<br />

sich für die <strong>Grundschule</strong>n durch die<br />

Gesetzesänderung neue Möglichkeiten<br />

der Schulentwicklung ergeben,<br />

beispielsweise der Verzicht auf<br />

Ziffernzeugnisse, die Möglichkeit<br />

zu schulspezifischen Stundentafeln<br />

oder eine individuelle Profilbildung<br />

der Einzelschulen.<br />

für die Landesgruppe: Susanne Peters<br />

susanne.peters@gsvhh.de<br />

28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Niedersachsen<br />

Vorsitzende: Dr. Eva Gläser, Fasanenstr. 1, 38 102 Braunschweig<br />

werden. Der Pädagogische Mittagstisch<br />

allein ist für uns keine Akzentuierung.<br />

Richtige offene und<br />

gebundene Ganztagsangebote sind<br />

notwendig.<br />

■ Unterrichtsgarantie plus: Wir<br />

sind uns einig darüber, dass wir das<br />

Programm ablehnen, so lange lediglich<br />

die Verwaltung des Lehrermangels<br />

auf die Schule delegiert<br />

werden soll.<br />

■ Mathias Wagners Forderung<br />

nach Besetzung der 1000 in Hessen<br />

gestrichenen Lehrerstellen unterstützen<br />

wir nachdrücklich.<br />

Während unserer Diskussion wurde<br />

deutlich, dass Mathias Wagner<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk<br />

als Politiker darauf achtet, ob seine<br />

Vorstellungen der Bildungspolitik<br />

beim Wähler Zustimmung finden.<br />

Sein Fazit lautete: »Nicht alle<br />

Probleme im Schulsystem haben<br />

mit Geld zu tun, es muss aber auch<br />

mehr Geld ins System.« Dem haben<br />

wir nichts hinzuzufügen.<br />

Bundesweites Treffen der<br />

Lernwerkstätten:<br />

11. – 14. September 2006<br />

im Odenwald.<br />

(www.gsv-hessen.de)<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Ilse Marie Krauth)<br />

Projekt »Soziale Schulqualität«<br />

In Zusammenarbeit mit der Universität<br />

Potsdam hat das Institut für<br />

berufliche Bildung und Weiterbildung<br />

e. V. aus Göttingen in 7 Bundesländern<br />

an 80 <strong>Grundschule</strong>n<br />

die Schüler nach ihrer Sicht auf die<br />

Schule befragt. Unterstützt wird<br />

die Studie durch das Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung<br />

und die Bildungsministerien der<br />

Länder.<br />

Aus unserem Bundesland nehmen<br />

16 <strong>Grundschule</strong>n an diesem Projekt<br />

teil, das bis Ende 2007 gestaltet<br />

wird.<br />

Ziel ist die Sicherung und Verbesserung<br />

der sozialen Schulqualität.<br />

Kinder sollen gern zur Schule gehen<br />

und sollen dort Entwicklungsbedingungen<br />

vorfinden und mitgestalten<br />

können, die ihnen Raum für<br />

die Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />

bieten.<br />

Dieses Projekt verbindet deshalb<br />

zwei Aufgabenstellungen: die Bewertung<br />

der Schulqualität und<br />

die Erarbeitung eines schulspezifischen<br />

Fort- und Weiterbildungsprogramms<br />

für die Lehrkräfte der<br />

einzelnen Schule.<br />

Speziell für dieses Projekt wurden<br />

Befragungsmöglichkeiten für<br />

Grundschüler entwickelt, die in<br />

spielerischer Form auf insgesamt<br />

69 Fragen antworten mussten.<br />

Gemeinsam mit den Mitarbeitern<br />

der Universität Potsdam und des<br />

Göttinger Institutes wird nun ein<br />

Fortbildungskatalog erstellt, der<br />

die Schulqualität weiter verbessern<br />

soll.<br />

Dabei stehen Fragen von neuen<br />

Lehr- und Lernmethoden und Beteiligung<br />

der Kinder am Unterricht<br />

im Vordergrund.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.ibbw.de.<br />

(für die Landesgruppe: Ralph Grothe)<br />

Fachtagung<br />

»Zusammenarbeit von<br />

<strong>Grundschule</strong> und Kindergarten«,<br />

9. September 2006<br />

in Rothenklempenow<br />

Das Tagungsprogramm kann unter<br />

ralphgrothe@aol.com angefordert<br />

werden.<br />

Kritische Punkte in den neuen<br />

Kerncurricula für die <strong>Grundschule</strong><br />

Das Niedersächsische Bildungsbündnis,<br />

in dem auch die Landesgruppe<br />

des Grundschulverbandes<br />

seit Jahren aktiv mitarbeitet, hat in<br />

seiner gemeinsamen Stellungnahme<br />

Kritik an den neuen Kerncurricula<br />

geübt. Gemeinsam mit der<br />

GEW, dem VBE, dem VDS und mit<br />

»Gemeinsam lernen – Gemeinsam<br />

leben« sieht der Grundschulverband<br />

einige kritische Punkte in den<br />

Kerncurricula. Grundsätzlich stellt<br />

sich die Frage, wie die Entwicklung<br />

von Kerncurricula vollzogen werden<br />

konnte, zumal die Kultusministerkonferenz<br />

noch keine Vorgaben<br />

für alle Fächer vorlegte. Das verwundert<br />

nicht, denn viele Fachdidaktiken,<br />

nicht nur in Niedersachsen,<br />

sondern bundesweit, können<br />

noch keine »Anforderungsniveaus«<br />

benennen. Es fragt sich, wie die in<br />

den niedersächsischen Kerncurricula<br />

festgeschriebenen Anforderungsniveaus<br />

begründet werden<br />

können.<br />

Generell bleibt der Leistungsbegriff,<br />

der sich hinter den »erwarteten<br />

Kompetenzen« verbirgt, undeutlich<br />

und ungenau. So finden<br />

sich insbesondere im Kerncurriculum<br />

Deutsch für die <strong>Grundschule</strong><br />

»Überprüfungsmöglichkeiten«, die<br />

aus fachdidaktischer Sicht überholt<br />

sind. Auch werden »Überprüfungsmöglichkeiten«<br />

formuliert,<br />

die keine »Überprüfung« zulassen:<br />

So kann der schlichte Hinweis<br />

»Bibliotheksbesuch«, der dem dritten<br />

bzw. vierten Schuljahr zugeordnet<br />

ist, als methodische Anregung<br />

für Lehrende gelesen werden,<br />

aber nicht als »Überprüfungsmöglichkeit«<br />

für Lernende. Im »Kompetenzbereich<br />

Lesen – mit Texten<br />

und Medien umgehen« werden<br />

zudem Leistungssituationen umschrieben,<br />

die fachdidaktisch nicht<br />

haltbar sind. Die Leseleistung, insbesondere<br />

das sinnverstehende<br />

Lesen, das mehr als Lesefertigkeit<br />

meint, soll durch das »flüssige«<br />

Vorlesen von »kurzen, ungeübten<br />

Texten« ermittelt werden. Diese<br />

unsinnigen Umschreibungen verwundern<br />

umso mehr, da insbesondere<br />

für dieses Fach bereits Vorgaben<br />

durch die »Bildungsstandards<br />

im Fach Deutsch für den Primarbereich«<br />

der Kultusministerkonferenz<br />

vorlagen und auch die Fachdidaktik<br />

Deutsch selbst zahlreiche Hinweise<br />

zur Überprüfung der Leseleistung<br />

vorsieht.<br />

Grundschultag am 10. Mai<br />

in Bruchhausen-Vilsen<br />

Am 10. Mai wird die Thematik<br />

» ›Hast Du heute schon gelebt<br />

– im Haus des Lernens?‹<br />

– Schule im Spannungsfeld zwischen<br />

Anspruch und Wirklichkeit«<br />

näher beleuchtet. Am Vormittag<br />

wird Prof. Dr. Bernhard Sieland<br />

von der Universität Lüneburg einen<br />

Vortrag zu diesem Thema halten,<br />

am Nachmittag werden zahlreiche<br />

Worksshops Gelegenheit zur<br />

aktiven Auseinandersetzung geben.<br />

Zu folgenden Themen werden<br />

unter anderem Workshops angeboten:<br />

Leseförderung von Anfang<br />

an, Förderpläne und Lernstandsbeschreibung,<br />

Aufmerksamkeitsdefizite<br />

beheben, pädagogische Mitarbeiter,<br />

Streitschlichterprogramm,<br />

Entwicklung des phonologischen<br />

Bewusstseins, ästhetisch-kreative<br />

Erziehung, Projektarbeit im Englischunterricht,<br />

Kerncurriculum<br />

Sachunterricht, Deutsch als Zweitsprache<br />

u. a. m.<br />

Veranstalter sind die Akademie für<br />

Leseförderung der Stiftung Lesen,<br />

der Grundschulverband, die Regionale<br />

Lehrerfortbildung Diepholz/<br />

Nienburg (Kurs-Nr. H005.619.029)<br />

der LschB-Abtl. Hannover, der Verband<br />

Bildung und Erziehung (VBE)<br />

und der Verband Sonderpädagogik<br />

(vds).<br />

Anmeldungen bei:<br />

Regionale Lehrerfortbildung Diepholz<br />

/ Nienburg<br />

28857 Syke, Herrlichkeit 21,<br />

Tel. 0 42 42 / 37 74,<br />

Fax 0 42 42 / 37 75,<br />

E-Mail: Annegret.Huscheck<br />

@lschb-h.niedersachsen.de<br />

(für die Landesgruppe: Dr. Eva Gläser,<br />

e.glaeser@tu-bs.de)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

29


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />

Saarland<br />

Vorsitzende: Lilo Groll,<br />

Neues Schulgesetz:<br />

Grundschulverband im Landtag<br />

Im Zusammenhang mit der von der<br />

CDU / FDP-Koalition geplanten Änderung<br />

des Schulgesetzes (s. auch<br />

die letzten Berichte in GS <strong>aktuell</strong>)<br />

wurde der Grundschulverband zu<br />

zwei Anhörungen des Ausschusses<br />

für Schule und Weiterbildung des<br />

Landtags NRW eingeladen.<br />

Zum Thema Elternrechte bewahren<br />

machte Gisela Cappel als Vorsitzende<br />

der Landesgruppe die Position<br />

des Grundschulverbandes in<br />

Bezug auf die Planungen zur Änderung<br />

des Übergangsverfahrens<br />

nach Klasse vier deutlich: Die sogenannte<br />

›verbindlichere <strong>Grundschule</strong>mpfehlung‹<br />

ist abzulehnen,<br />

da sie zum einen die gewünschte<br />

Erziehungspartnerschaft zwischen<br />

Schule und Elternhaus unnötig belastet<br />

und Eltern die Verantwortung<br />

für die Schullaufbahn ihrer<br />

Kinder abnimmt. Zum anderen gilt<br />

insbesondere aufgrund der seit langem<br />

empirisch nachgewiesenen<br />

Unmöglichkeit einer gesicherten<br />

Prognose des zukünftigen Lernerfolgs<br />

zu diesem Zeitpunkt jede verbindlichere<br />

Form einer Empfehlung<br />

als nicht haltbar. Statt diese Aussagen<br />

ernst zu nehmen und über<br />

die zu frühe Selektion von Grundschulkindern<br />

und die Unzulänglichkeiten<br />

der gegliederten Sekundarstufe<br />

nachzudenken, erprobt sich<br />

die Landesregierung im dilettantischen<br />

Agieren und erhöht mit der<br />

Wiederaufnahme des Instrumentariuns<br />

»Probeunterricht« bei abweichender<br />

Eltern-Lehrer-Einschätzung<br />

den Druck auf das einzelne<br />

Kind, an wenigen Stichtagen seine<br />

›Eignung‹ beweisen zu müssen.<br />

Diese Ignoranz gegenüber wissenschaftlichen<br />

Aussagen zeigte sich<br />

auch bei der Anhörung zum Thema<br />

Individuelle Förderung. Hier konnte<br />

Baldur Bertling als stellvertretender<br />

Vorsitzender überzeugend<br />

die Position des Grundschulverbands<br />

vertreten: Individuelle Förderung<br />

braucht eine Schule, die<br />

Heterogenität als Chance für erfolgreiches<br />

Lernen begreift und Abstand<br />

nimmt von dem Gedanken<br />

eines sogenannten begabungsgerechtem<br />

Sortieren und der angeblichen<br />

Sinnhaftigkeit von Noten.<br />

Insbesondere die Diskussion um<br />

die Wiedereinführung von Kopfnoten<br />

zeigte, dass die Komplexität<br />

und Problematik dieses Gedankens<br />

längst nicht zu Ende gedacht ist.<br />

Wenn Arbeits- und Sozialverhalten<br />

zensiert werden soll, kann dies aufgrund<br />

einer völlig unzureichenden<br />

Klärung der damit verbundenen<br />

Ziele und Kriterien nur zu einem<br />

weiteren Disziplinierungsmittel<br />

führen, das benachteiligte Kinder<br />

noch weiter benachteiligt und zu<br />

Etikettierungen führt, die keinerlei<br />

Aussagen über Fördermöglichkeiten<br />

zulassen.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.grundschulverband-nrw.de<br />

(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />

Verlässliche <strong>Grundschule</strong><br />

als Sparmodell<br />

Seit Beginn des Schuljahres<br />

2005 / 06 gilt im Saarland ein neues<br />

Schulordnungsgesetz, wonach alle<br />

<strong>Grundschule</strong>n zweizügig zu organisieren<br />

sind. Diese Neuerung – eine<br />

massive Sparmaßnahme wird als<br />

Qualitätsverbesserung verkauft –<br />

betrifft über die Hälfte aller <strong>Grundschule</strong>n<br />

und hat zu einer Schulschließungswelle<br />

nach folgendem<br />

Muster geführt:<br />

Ein Teil der betroffenen Schulen<br />

wurde mit sofortiger Wirkung geschlossen,<br />

ein Teil wird sukzessive<br />

in den nächsten drei Jahren auslaufen<br />

und alle anderen Schulen mit<br />

weniger als acht Klassen verlieren<br />

ihre Selbständigkeit und werden<br />

nur noch als Dependancen geführt.<br />

Selbst Protestaktionen, Unterschriftensammlungen<br />

und eine<br />

Bürgerinitiative »Rettet die <strong>Grundschule</strong>n«<br />

konnten diese Entwicklung<br />

nicht stoppen. Ein Antrag auf<br />

Zulassung eines Volksbegehrens<br />

wurde höchstrichterlich abgewiesen.<br />

Grundschultag 2006 in Landau<br />

Der Grundschultag 2006, in diesem<br />

Jahr an der Universität Koblenz-Landau,<br />

Campus Landau in<br />

Zusammenarbeit mit dem Institut<br />

für Bildung im Kindes- und Jugendalter,<br />

war wieder ein voller Erfolg.<br />

Mit dem Thema »Sprache« im<br />

Rahmen des Gesamtprojektes »Auf<br />

dem Weg zur neuen Lernkultur«<br />

wurde ein Bereich aufgegriffen, der<br />

auf breites Interesse stieß.<br />

Die Anmeldezahlen überstiegen<br />

bei weitem die vorhandene Kapazität,<br />

so dass die Veranstaltung drei<br />

Wochen vor Anmeldeschluss mit<br />

670 Teilnehmern völlig ausgebucht<br />

war und vielen Interessenten eine<br />

Absage erteilt werden musste. Viele<br />

Schulen nutzten die Veranstaltung<br />

als schulinternen Studientag und<br />

auch die Studienseminare nutzten<br />

das Fortbildungsangebot mit ihren<br />

Lehramtsanwärterinnen.<br />

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden<br />

der Landesgruppe, Werner<br />

Lang, brachte Frau Ministerin<br />

Doris Ahnen die zur Zeit vorherrschenden<br />

Themen der Bildungspolitik<br />

zur Sprache und präzisierte<br />

schon in Angriff genommene und<br />

zukünftig geplante Vorhaben.<br />

Das einführende Grundsatzreferat<br />

hielt der Bundesvorsitzende Horst<br />

Bartnitzky. Er stellte dar, wie »Themenzentrierter<br />

Deutschunterricht«<br />

auf der Basis des Teilrahmenplans<br />

Deutsch aussehen kann, und wie<br />

Schülerleistungen erkannt und bewertet<br />

werden können.<br />

Auf besondere Zustimmung stieß<br />

bei den Teilnehmern die Möglichkeit,<br />

zwei Workshops zu wählen.<br />

Aus mehr als 60 verschiedenen Angeboten<br />

konnten die Teilnehmer<br />

sowohl am Vormittag als auch am<br />

Nachmittag einen Workshop ihrer<br />

Wahl belegen. Damit wurden wesentlich<br />

tiefere Einsichten in die<br />

Tagungsthematik erzielt, als dies<br />

mit nur einem Workshop möglich<br />

ist. Alle Teilnehmer bewerteten die<br />

veränderte Tagungsstruktur gegenüber<br />

den vergangenen Jahren positiv.<br />

Neben den Weiterbildungsangeboten<br />

nutzen die Teilnehmer auch das<br />

breite Informationsangebot von<br />

mehr als 30 Verlagen und Institutionen,<br />

die ihre Produkte auf dem<br />

Grundschultag präsentierten.<br />

Die Landesgruppe dankt der Universität<br />

Koblenz-Landau und dem<br />

Institut für Bildung im Kindes- und<br />

Jugendalter für die vorzügliche Unterstützung<br />

und den reibungslosen<br />

Ablauf.<br />

(für die Landesgruppe: Rainer Mies)<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Vorsitzende: Petra Uhlig, Wilhelm-Külz-Str. 14, 06108 Halle<br />

Die auf diese Weise eingesparten<br />

Haushaltsmittel sollen im Sinne<br />

der vom Ministerium angekündigten<br />

Qualitätsverbesserung teilweise<br />

in die <strong>Grundschule</strong> zurückfließen.<br />

Hierzu zählt die Erweiterung<br />

der Stundentafel. Sie hat sich wieder<br />

dem Stand von vor 1985 angenähert<br />

bzw. diesen übertroffen und<br />

weist mit 100 Unterrichtsstunden<br />

den Umfang des wöchentlichen<br />

Pflichtunterrichts in den Jahrgängen<br />

eins bis vier aus, den auch die<br />

Landesgruppe eingefordert hatte.<br />

Damit verbunden ist die verlässliche<br />

<strong>Grundschule</strong>. Das heißt: Den<br />

Kindern und vor allem den Eltern<br />

wird eine Unterrichtszeit von mindestens<br />

fünf Unterrichtsstunden<br />

am Morgen zugesichert. Was auf<br />

der einen Seite aus pädagogischen<br />

Gründen zu begrüßen ist, stellt<br />

sich auf der anderen Seite als Problem<br />

dar.<br />

Bei Erkrankung der Lehrkräfte oder<br />

bei Besuch von Fortbildungsveranstaltungen<br />

ist der Unterricht kaum<br />

zu vertreten. Ein Großteil der bestehenden<br />

Lehrerfeuerwehr ist aufgrund<br />

längerfristiger Erkrankung<br />

von Lehrerinnen und Lehrern bereits<br />

bis zum Ende des Schuljahres<br />

fest verplant und steht bei neu auftretendem<br />

Bedarf nicht mehr zur<br />

Verfügung. Die Zusammenlegung<br />

von Klassen führt zu übergroßen<br />

Einheiten und stellt nur eine Notlösung,<br />

aber keine Qualitätsverbesserung<br />

dar. Der Einsatz von Teilzeitbeschäftigten,<br />

die wegen der<br />

Betreuung minderjähriger Kinder<br />

oder pflegebedürftiger Personen<br />

auf Einkommensanteile verzichten,<br />

führt zu Unmut bei den Betroffenen.<br />

Die Landesgruppe fordert ein<br />

schlüssiges Konzept. Ohne ein solches<br />

geht eine verlässliche Schule<br />

mit garantierten Unterrichtszeiten<br />

nicht nur zu Lasten der Lehrkräfte,<br />

sondern vor allem zu Lasten<br />

der Schülerinnen und Schüler –<br />

eine zweischneidige pädagogische<br />

Maßnahme. Ziel muss u. a. sein,<br />

dass mobile Einsatzkräfte in ausreichender<br />

Zahl zur Verfügung stehen.<br />

Alles andere verfehlt das angestrebte<br />

Ziel.<br />

(Landesgruppe Saarland)<br />

Ganztagsschulentwicklung<br />

in Sachsen-Anhalt<br />

In Sachsen-Anhalt wurden bisher<br />

10 % der verfügbaren Mittel aus<br />

dem Investitionsprogramm »Zukunft,<br />

Bildung und Betreuung« der<br />

Bundesregierung zur Entwicklung<br />

von Ganztagsschulen abgerufen.<br />

Der bisher so geringe Mittelabfluss<br />

erklärt sich nach Angaben des Kultusministeriums<br />

aus dem Bautempo<br />

der einzelnen Projekte.<br />

Nun ist das o. g. Programm »ein<br />

Beitrag des Bundes für eine nachhaltige<br />

Bildungsreform«. Erfreulich<br />

und notwendig ist, dass für die<br />

Entwicklung einer Ganztagsschule<br />

auch räumliche und sächliche Möglichkeiten<br />

durch die Schulträger geschaffen<br />

werden müssen.<br />

Die bauliche Veränderung ist aber<br />

nur ein Baustein in der Entwicklung<br />

zu einer Ganztagsschule.<br />

Für alle IZBB-Schulen gab es die<br />

Möglichkeit, sich durch das Zentrum<br />

für Schulforschung der MLU<br />

Halle-Wittenberg wissenschaftlich<br />

betreuen und auf dem Weg der inhaltlichen<br />

Ausgestaltung begleiten<br />

zu lassen.<br />

Es besteht die Hoffnung, dass viele<br />

Schulen dieses Angebot angenommen<br />

haben, denn Ganztagsschulen<br />

dürfen nicht als Schulen missverstanden<br />

werden, die den Unterricht<br />

in der bisherigen Form beibehalten<br />

und nur durch Betreuungsangebote<br />

ergänzen. Es stellt sich die Frage,<br />

inwieweit die kombinierten Modelle<br />

der <strong>Grundschule</strong> mit angeschlossenen<br />

Horten dem Anspruch »Mehr<br />

Zeit für Kinder. Von der Stundenschule<br />

zur Ganztagschule« auch<br />

gerecht werden können.<br />

Wir wünschen uns die Euphorie<br />

und Begeisterung der Berliner<br />

Ganztagsschulkongresse des Bundesministeriums<br />

für die Schulen<br />

unseres Landes, damit diese große<br />

Fördersumme ihre inhaltliche<br />

und bildungspolitische Bedeutung<br />

nicht verfehlt.<br />

(für die Landesgruppe: Susanne Horn)<br />

Grundschultag<br />

»Pädagogische Leistungskultur«<br />

oder »Was muss<br />

Schule leisten, damit Kinder<br />

leisten können?«<br />

14. Oktober 2006 in den Franckeschen<br />

Stiftungen, Halle (Saale)<br />

Sachsen<br />

Vorsitzende: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />

Entwurf zum Privatschulgesetz<br />

zurückgezogen<br />

Nach einem mehrwöchigen Anhörungsverfahren,<br />

das umfangreiche<br />

Änderungen im ursprünglichen Gesetzentwurf<br />

zur Folge hatte, zog<br />

Kultusminister Steffen Flath den<br />

Entwurf zum neuen Privatschulgesetz<br />

zurück. Er begründete den Entschluss<br />

damit, dass er keine Möglichkeit<br />

sehe, »ein Gesetz auf den<br />

Weg zu bringen, das dem Anspruch<br />

einer Reform genügt« (siehe auch<br />

Beitrag in Heft 93).<br />

Steiniger Weg zum Ganztag<br />

Kernstück beim Ausbau der Ganztagesangebote<br />

ist zweifellos die<br />

Rhythmisierung des Schultages.<br />

Auch in der sächsischen Förderrichtlinie<br />

wird dies betont. Alle<br />

Kinder sollen im Zuge der Chancengleichheit<br />

von den Angeboten,<br />

die der individuellen Leistungsentwicklung<br />

dienen, profitieren. Das<br />

scheint jedoch nur realisierbar zu<br />

sein, wenn auch alle Kinder im Hort<br />

angemeldet und möglichst nicht<br />

auf einen Bus angewiesen sind. Die<br />

Zahl der Kinder, die nur per Linienbus<br />

ihre Schule erreichen, wächst<br />

aufgrund der Schulschließungen<br />

jedoch ständig. So kann der Unterrichtsbeginn<br />

einer <strong>Grundschule</strong><br />

schon vom Stundenplan einer<br />

20 Kilometer entfernten Berufsschule<br />

abhängen. Denn die gleiche<br />

Linie transportiert Schüler aller<br />

Schularten. Auch bei aller Kooperationsbereitschaft<br />

von <strong>Grundschule</strong>,<br />

Hort, Landratsamt und Busunternehmen<br />

sind die angestrebten Veränderungen<br />

im Hinblick auf einen<br />

stressfreien Unterrichtstag kaum<br />

zufriedenstellend zu realisieren.<br />

Immer mehr (Grund-)Schulen und<br />

Eltern erkennen die Chancen der<br />

Ganztagesangebote für mehr Bildung.<br />

Die Kinder nehmen die Angebote,<br />

die von Honorarkräften realisiert<br />

werden, begeistert an.<br />

Wir hoffen, dass diese positive Entwicklung<br />

nicht an der Finanzknappheit<br />

der Busunternehmen scheitert.<br />

Der Landesgruppenvorstand möchte<br />

einen Erfahrungsaustausch unter<br />

den sächsischen <strong>Grundschule</strong>n,<br />

die Ganztagesangebote machen,<br />

initiieren. Wir bitten Sie deshalb,<br />

dieses Anliegen bekannt zu machen<br />

bzw. um Rückmeldungen unter<br />

jas.sib@gmx.de.<br />

(für die Landesgruppe: Sibylle Jaszovics)<br />

Grundschultag<br />

»Lernen lernen«<br />

23. September 2006<br />

in Leipzig/ Engelsdorf<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006<br />

31


<strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Vositzender: Bent Hirschelmann, Ostpreußenring 208, 23596 Lübeck<br />

Bildungspolitik unter<br />

der großen Koalition<br />

Zur Bildungspolitik der Koalition<br />

aus CDU und SPD hat die Landesgruppe<br />

des GSV Stellungnahmen<br />

abgegeben und stellt hier einige<br />

Punkte vor:<br />

Allen Grundschullehrkräften droht<br />

eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung<br />

von 27,5 auf 28 Stunden,<br />

was angesichts der vielfältigen neuen<br />

Aufgaben wie VERA, Verlässlichkeit,<br />

Fremdsprachenunterricht und<br />

Lernplänen eine Erhöhung der Arbeitsbelastung<br />

darstellt und kontraproduktiv<br />

ist.<br />

Die Landesgruppe des GSV begrüßt<br />

die gesetzliche Konkretisierung des<br />

ganzheitlichen Bildungsauftrages<br />

der Kitas und weist darauf hin, dass<br />

die notwendigen Ressourcen bereitzustellen<br />

sind.<br />

Die Regierung hält am gegliederten<br />

Schulwesen und dem Übergang<br />

nach Klasse 4 fest.<br />

Integration ist im Koalitionsvertrag<br />

verbindlich verankert für den Bereich<br />

vor der Schulzeit und für das<br />

Erwachsenenleben, jedoch nicht<br />

für die Schule.<br />

Die schleswig-holsteinischen Schulen<br />

sind zu rauch- und alkoholfreien<br />

Zonen erklärt worden.<br />

Für die vorschulische Sprachförderung<br />

sind seit Anfang des Schuljahres<br />

Stellen geschaffen worden. Kinder<br />

mit Deutsch als Zweitsprache<br />

werden in den Kitas in sogenannten<br />

SPRINT-Maßnahmen fit für den<br />

Schulstart gemacht. Auch Kinder<br />

mit Sprachauffälligkeiten erhalten<br />

Förderstunden vor Eintritt in die<br />

<strong>Grundschule</strong>.<br />

Die Stellungnahme ist ausführlich<br />

nachzulesen unter www.grund<br />

schulverband-sh.de.<br />

Veränderungen im Vorstand<br />

Sybille Pahlke hat ihr Amt als Vorstandsvorsitzende<br />

aufgegeben und<br />

sich ebenso wie Sabine Andresen<br />

aus der aktiven Vorstandsarbeit zurückgezogen.<br />

Wir danken beiden<br />

noch einmal herzlich für ihren langjährigen<br />

Einsatz und hoffen auch in<br />

Zukunft auf konstruktive Einmischung<br />

in die Vorhaben der Landesgruppe.<br />

Die Aufgabenbereiche der<br />

Vorstandsarbeit sind auf der letzten<br />

Vorstandssitzung im Februar<br />

neu verteilt worden. Den Vorsitz<br />

übernahm Bent Hirschelmann.<br />

Lesen durch Schreiben von und<br />

mit Jürgen Reichen im Norden<br />

Am Montag, 15. Mai 2006,<br />

hält Jürgen Reichen in<br />

Flensburg einen Grundsatzvortrag<br />

zur lautgetreuen<br />

Leselernmethode und zum<br />

Werkstattunterricht. Am darauffolgenden<br />

Dienstag gibt<br />

es in Rendsburg die Möglichkeit,<br />

praktische Erfahrungen<br />

mit der Methode<br />

und entsprechenden Materialien zu<br />

sammeln.<br />

Alle Interessierten finden auf der<br />

Internetseite unserer Landesgruppe<br />

genaue Informationen zu Ort<br />

und Zeit der Veranstaltungen.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Sabine Jesumann, Andrea Klimmek)<br />

Thüringen<br />

Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />

Konzept »Bildung und Betreuung<br />

2 bis 16« in Thüringen<br />

»Hort ist mehr als Hausaufgaben«,<br />

schreibt eine staatlich anerkannte<br />

Erzieherin eines Grundschulhortes.<br />

»Hort ist ein Platz zum Spielen,<br />

Träumen, Toben, Entspannen,<br />

Hausaufgaben anfertigen, zum Erzählen,<br />

um Freunde zu finden und<br />

um sich auszuprobieren.« 59,85 %<br />

aller Grundschüler besuchten im<br />

Schuljahr 2004 / 2005 den Hort einer<br />

<strong>Grundschule</strong>, Tendenz steigend.<br />

<strong>Grundschule</strong> und Hort sind nach<br />

dem Thüringer Schulgesetz eine organisatorische<br />

Einheit. Unterricht<br />

und außerunterrichtliche Angebote<br />

werden aufeinander abgestimmt.<br />

Die Erzieher sind in Unterrichtsprozesse<br />

und Schulentwicklung eingebunden.<br />

Die Eltern werden an den<br />

Kosten für einen Hortplatz beteiligt.<br />

Mit dem Konzept ›Bildung und<br />

Betreuung 2 – 16‹ sollen ab 2008 die<br />

Horte kommunalisiert werden, soll<br />

das bisherige Modell in Ganztagsgrundschulen<br />

mit bedarfsorientierten<br />

Angeboten übergehen. Das<br />

Land Thüringen hat geplant, eine<br />

verlässliche Betreuungszeit von<br />

35 Stunden je Unterrichtswoche<br />

(beispielsweise von 8:00 Uhr bis<br />

15:00 Uhr) zu gewährleisten, die für<br />

die Eltern kostenfrei sein soll. Ein<br />

positives Zeichen?!<br />

Die Elternschaft Thüringens und<br />

die Mitglieder der Landesgruppe<br />

Thüringen sind trotzdem in Sorge,<br />

hat sich doch das Modell ›<strong>Grundschule</strong><br />

und Hort‹ bewährt.<br />

Fraglich ist, wie Betreuungsangebote,<br />

die über die verbindlichen<br />

35 Stunden hinausgehen, durch<br />

kommunale und freie Träger abgesichert<br />

werden können, welche Wege<br />

für Grundschüler entstehen und<br />

wie eine inhaltliche Zusammenarbeit<br />

vor allem in ländlichen Gegenden<br />

zwischen den unterschiedlichen<br />

Einrichtungen gewährleistet<br />

werden kann.<br />

Mit der Kommunalisierung des Personals<br />

soll die bildungspolitische<br />

Mitverantwortung vor Ort gestärkt<br />

werden, soll sich eine neue Vielfalt<br />

an Angeboten und Wahlmöglichkeiten<br />

ergeben. Viele Erzieher im<br />

Land Thüringen sind jedoch in Sorge<br />

um ihren Arbeitsplatz.<br />

Angestrebt wird ein bis zum Jahr<br />

2008 dauernder Pakt mit zwischen<br />

dem Land und den kommunalen<br />

Spitzenverbänden, in dem verlässliche<br />

Konditionen enthalten sind.<br />

Viele Fragen sind derzeit noch offen.<br />

(für die Landesgruppe: Katrin Heckert)<br />

32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>94</strong> • Mai 2006


16. /17. November 2006<br />

Bundesweite Fortbildung des Grundschulverbandes<br />

Pädagogische Leistungskultur: Klassen 3 und 4<br />

Die Tagung ist Teil des Projekts<br />

Pädagogische Leistungskultur<br />

des Grundschulverbandes.<br />

Wir wollen damit ein deutliches<br />

Zeichen für eine ermutigende<br />

Leistungsförderung aller Kinder<br />

setzen, die individuelle Lernentwicklungen<br />

im Blick behält und<br />

die Kinder dialogisch einbezieht.<br />

Nach den Materialien<br />

für die Klasse 1<br />

und 2 erarbeiten wir<br />

zur Zeit Materialien<br />

■ für Deutsch,<br />

Mathematik und<br />

Sachunterricht<br />

■ in den Klassen 3<br />

und 4.<br />

121<br />

Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />

k i n<br />

d<br />

Lernstände feststellen<br />

Horst Bartnitzky<br />

Hans Brügelmann<br />

Ulrich Hecker<br />

Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />

Lernentwicklungen bestätigen<br />

Eigene Lernwege beschreiben<br />

Lerngespräche führen<br />

Pädagogische<br />

Leistungskultur:<br />

Materialien für<br />

Klasse 3 und 4<br />

Sie sollen helfen, Lernstände<br />

festzustellen,<br />

Lernentwicklungen zu<br />

bestätigen, Lerngespräche<br />

miteinander zu<br />

führen, und sie sollen<br />

die Kinder darin unterstützen,<br />

eigene Lernwege<br />

zu beschreiben.<br />

Thematik<br />

der Tagung<br />

Tagungsverlauf<br />

Eine Arbeitsgruppe des Grundschulverbandes<br />

erarbeitet bis zum Sommer<br />

Beispiele für die Fächer Deutsch, Mathematik<br />

und Sachunterricht Klassen 3 und 4<br />

– und zwar für die Unterrichtspraxis und<br />

für die Moderation in Kollegien und<br />

Arbeitsgruppen. Bei der Tagung werden<br />

diese Materialien für Praxis und Modera tion<br />

von den Autorinnen und Autoren vorgestellt<br />

und mit den Teilnehmern diskutiert.<br />

Donnerstag, 16. November 2005, ab 15 Uhr:<br />

Pädagogische Leistungskultur und Beispiele<br />

für Deutsch, Mathematik, Sachunterricht<br />

Klassen 3 und 4 (Plenum)<br />

abends: Gesprächsrunde zum Thema<br />

Ziffernnoten und Alternativen<br />

Ort<br />

Zielgruppe<br />

Schmitten (in der Nähe von Frankfurt)<br />

Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus<br />

zur Tagungsstätte organisiert.<br />

Die Tagung richtet sich vor allem an<br />

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren<br />

zur Thematik (z.B. Aus- und Fortbildner/innen,<br />

Fachkonferenz leiter/innen,<br />

Schulleiter/innen).<br />

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt auf 60.<br />

Sollten sich mehr als 60 Personen<br />

anmelden, dann werden Mitglieder des<br />

Grundschulverbandes vorrangig berücksichtigt.<br />

Referentinnen<br />

und Referenten<br />

Freitag, 17. November 2005, bis 15 Uhr:<br />

Vormittags: Arbeitsgruppen zu Deutsch,<br />

Mathematik, Sachunterricht<br />

Nachmittags: Berichte aus den Arbeitsgruppen,<br />

Anregungen zur Weiterarbeit<br />

Deutsch: Horst Bartnitzky und Ulrich Hecker,<br />

in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Erika Brinkmann,<br />

Prof. Dr. Hans Brügelmann,<br />

Mathematik: Fachleiterin Erika Sundermann,<br />

Prof. Dr. Christoph Selter, in Zusammenarbeit<br />

mit Lehrerin Henny Küppers<br />

Sachunterricht: Schulleiter Anton Höck,<br />

Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />

Tagungsbeitrag<br />

Anmeldung<br />

Für Mitglieder des Grundschulverbandes<br />

140 €, für Nicht-Mitglieder 180 €.<br />

Im Tagungspreis enthalten sind die<br />

Kosten für Übernachtung und Verpflegung<br />

sowie der Transfer vom und zum<br />

Frankfurter Hauptbahnhof.<br />

per Post: Grundschulverband,<br />

Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />

oder per Mail:<br />

info@grundschulverband.de<br />

oder über die Homepage:<br />

www.grundschulverband.de<br />

Anmeldeschluss: 15. Juni 2006<br />

Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />

Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />

Mitglied ja – nein;<br />

Anreise mit Auto oder Zug;<br />

derzeitige Funktion im Schulbereich


Lesekompetenz<br />

Ein Lese- und Arbeitsbuch<br />

des Grundschulverbandes<br />

Der Grundschulverband<br />

hat seit seiner<br />

Gründung 1969<br />

immer wieder die<br />

Leseförderung<br />

zum Thema seiner<br />

Mitgliedsbände,<br />

seiner Zeitschrift<br />

und seiner<br />

Veranstaltungen<br />

gemacht.<br />

Für das vorliegende<br />

Lese- und Arbeitsbuch<br />

wurden aus den<br />

Veröffentlichungen<br />

des Grundschulverbandes<br />

Beiträge<br />

ausgewählt,<br />

die diese Aspekte<br />

theoretisch und<br />

schulpraktisch<br />

konkretisieren.<br />

<br />

256 Seiten<br />

7,50 € + Versand<br />

Ab 10 Ex. 6 € + Versand<br />

ISBN 3-930024-91-8<br />

Best.-Nr. 2039<br />

Bestellungen<br />

postalisch<br />

Grundschulverband<br />

Niddastraße 52<br />

60329 Frankfurt/Main<br />

telefonisch<br />

(069) 77 60 06<br />

per Fax<br />

(069) 707 47 80<br />

per E-Mail<br />

info@grundschul<br />

verband.de<br />

Dieses<br />

Buch<br />

ist ein<br />

Lese- und<br />

Arbeits<br />

buch<br />

Ein Lesebuch weil es zur<br />

bedeutsamen Bildungsaufgabe<br />

»Lesekompetenz«<br />

<strong>aktuell</strong>e Texte verschiedener<br />

Autorinnen<br />

und Autoren aus Wissenschaft<br />

und Schulpraxis<br />

versammelt.<br />

Ein Arbeitsbuch weil es die Texte zu zentralen<br />

Fragestellungen sortiert und mit Impulsen, Fragestellungen<br />

und Anregungen zum Nachdenken,<br />

Recherchieren und zur Unterrichtspraxis versieht:<br />

Ein Serviceangebot des Grundschulverbandes<br />

für angehende wie für erfahrene Lehrkräfte, für<br />

»einsame« Leserinnen und Leser wie für Seminare,<br />

Konferenzen, Fortbildungen.

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