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Neue Szene Augsburg 2017-02

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* Augsbürger<br />

66<br />

Barmann<br />

ROBERT MASCHEK<br />

Abschlussball - Hotel 3 Mohren: “Hier hast du 50 Mark, Junge. Jetzt geh mal<br />

mit deiner Tanzpartnerin an die Bar und bestell euch was Ordentliches!” Ein<br />

Angebot des Vaters, das der Sohn nicht ablehnen kann. An diesem Abend<br />

bestellt der junge Robert Maschek seinen ersten richtigen Drink: “Brandy<br />

Alexander” – ein Schlüsselerlebnis. Den Grundstein für die jahrzehntelange<br />

Gastrokarriere legt <strong>Augsburg</strong>s Barkeeper-Legende als Schüler - durch eine<br />

eher unorthodoxe Ausbildung im elterlichen Lotto-Toto-Laden in Göggingen:<br />

Freitagnachmittags schiebt die Aushilfskraft Fabrikarbeitern ihren Jägermeister<br />

über den Tresen und lernt nebenbei Kopfrechnen. Er zapft Bier<br />

– mal auf Hochzeiten, mal im “Zeughaus”-Biergarten – und hilft im “Paulaner<br />

Bräustüberl” am Predigerberg aus. Dann funkt die Staatsmacht dazwischen:<br />

Die Teilnahme am Verweigerungskurs im “Thing” erweist sich als<br />

vergebens. Mascheks Antrag auf Wehrdienstverweigerung wird als “nicht<br />

überzeugend” abgelehnt und ehe er sich versieht, lernt er 15 Monate lang als<br />

Gebirgsjäger in Mittenwald körperliche Grenzen kennen. Zurück in <strong>Augsburg</strong><br />

fährt der leidenschaftliche Musiksammler dann mehrgleisig: Ab 1988 reicht<br />

er im Oberhauser Kultclub “Bootleg” Bier über den Tresen, mixt Londrinks<br />

und Cocktails. Parallel dazu rezensiert der freischaffende Autor Konzerte<br />

und Tonträger, führt Musikerinterviews jenseits des Mainstreams und legt<br />

seine favorisierten Undergroundbands auf. Als der Laden aufgeben muss,<br />

verschlägt es “Captain James T.”, wie der Bekanntenkreis ihn damals in Anlehnung<br />

an Star Trek wegen seines spacigen Festival-Outfits tauft, zunächst<br />

ins “Liliom”. “Vega” (heute: “Alte Liebe”) und “Kerosin” (heute: “Bungalow”)<br />

sind die nächsten Stationen seiner beruflichen Vita, die im Juli 1995 um eine<br />

Vollzeitstelle als Barchef im “Eickmanns” ergänzt wird, dem er bis zu dessen<br />

Schließung treu bleibt. Mit einer Vorliebe für hochwertigste Grundzutaten<br />

und raffinierte Rezepturen jenseits kurzlebiger Trends stellt er seine eigene<br />

Barkarte zusammen und lernt Etikette, Anforderungen, aber auch Grenzen<br />

des Bartender-Jobs kennen: “Ein guter Barmann muss sich in Anwesenheit<br />

von Gästen stets professionell verhalten. Er muss eloquent sein, zügig und<br />

korrekt arbeiten, sich merken können, was ein Stammgast trinkt oder einer<br />

Person den Drink empfehlen können, der zu ihr passt. Psychologe zu sein<br />

ist allerdings nicht mein Job!” Als das gediegene Kaffeehaus nach gut acht<br />

Jahren seine Pforte schließt, heuert Maschek im “Capitol” am Moritzplatz an,<br />

um dort fortan den Barbetrieb auszubauen. Seit einem kurzen Intermezzo im<br />

“Kaffeehaus im Thalia” hat der seit 1989 fest liierte Handy- und Internetverweigerer<br />

im “Anna” seine Heimat gefunden. Dort kredenzt das Barkeeper-Urgestein<br />

Eigenkreationen und Klassiker - und das auf unbestimmte Zeit: “Ich<br />

werde Manhattans und Martinis rühren, bis ich den Löffel abgebe!” (Text &<br />

Foto: Fabian Schreyer)

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