01.02.2017 Aufrufe

Die Bhagavad Gita

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong><br />

BHAGAVAD GITA<br />

<strong>Die</strong> Transzendenz der menschlich geistigen<br />

Erkenntnis<br />

1


2


Persönliche Einleitung von Attila Lusthoff<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> – Gesang des Erhabenen – ein Abschnitt aus der Mahabharata –<br />

der großen Erzählung – ist eine der prominentesten Literatur der Hinduphilosophie,<br />

die die Menschheit sich geschaffen und erhalten hat. Der vermutlich zwischen dem<br />

fünften und dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert entstandene Text ist eine Zusammenführung<br />

mehrerer verschiedener Denkschulen des damaligen Indien auf<br />

Grundlage der Veden, der Upanishaden, des orthodoxen Brahmanismus, des Yoga<br />

u. a. m., steht aber den Upanischaden gedanklich am nächsten.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist ein religiöses Edikt. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren<br />

dialektischen Gehalt aus und gilt als eines der Meisterwerke menschlicher Psychologie.<br />

Sie hat mich bereits als Kind in einem Internat beim Zusammenwohnen mit einem<br />

Psychologiestudenten begeistert, so dass ich sie regelrecht verschlungen habe.<br />

Mit 14 Jahren habe ich mit dem Yoga und mit Dauerläufen begonnen und habe es<br />

darin zur Meisterschaft gebracht. Gleichzeitig, was für einen 14jährigen Gymnasiasten<br />

ungewöhnlich ist, las ich Bücher über Psychologie, die im Bücherschrank meines<br />

Zimmergenossen zuhauf greifbar waren. Darunter unter anderem FREUD, NIETZ-<br />

SCHE, MARX und ENGELS usw. – Weil dass ich in diesem Internat sozusagen gelandet<br />

bin, hat wahrhaft zu Grunde die Gewalt. Sei sie einerseits durch die Trennung<br />

meines Vaters von seinen Großeltern durch den Mauerbau 1961, der Trennung meiner<br />

Eltern 1964 im ehemaligen West-Berlin.<br />

Ich bin 1957 in Istanbul geboren. Mein Vater ist ehemaliger West-Deutscher, zu dem<br />

ich keinen Kontakt mehr habe, und meine Mutter ist Türkin, aus Fethiye, und sie ist<br />

leider verstorben. Dennoch habe ich viel von der Welt gesehen: Bereiste damals<br />

West-Europa und lebte sieben Jahre in Istanbul, zehn Jahre in Norditalien, vier Jahre<br />

in West-Deutschland – als Physiotherapeut – und über dreißig Jahre in Berlin.<br />

Meine Aufgabe als Yogi ersehe ich insofern, den Extrakt der BHAGAVAD GITA erneut<br />

aufzulegen und gemäß meiner Erkenntnisse etwas, jedoch unwesentlich, dem<br />

Verständnis der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechend zu berichtigen.<br />

Ich habe deshalb die Verse an den ZWEITEN WELTKRIEG angelehnt und<br />

leicht auf den ZWEITEN WELTKRIEG bezogen abgeändert. Gleichfalls möge der<br />

KALTE KRIEG durch die Trennung der Ostblockstaaten gegenüber dem kapitalistischen<br />

WESTEN als Anlehnung dafür sprechen, dass wir als Menschengemeinschaft<br />

und Gesellschaft nur diesen einzigen Planeten zur Lebensgrundlage haben.<br />

Natürlich berücksichtige ich die moralische Kritik von ALBERT SCHWEITZER, der<br />

die BHAGAVAD GITA ethisch ablehnt. Gleichzeitig und – und das ist der Aussagegehalt<br />

der BHAGAVAD GITA – dass sich durch den Mangel an gesellschaftlicher<br />

oder der Moral im Menschengeiste ein DUNKLES ZEITALTER hereinzöge, der die<br />

menschliche Gesellschaft durch Krieg und Mord ideologisch kläre.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA verweist auf das KARMA: Denn das Leben ist – und das<br />

nachweislich – aus sich selbst entstanden und hat kosmogene Ursachen. Das Leben<br />

ist eine Kette von Geburt und Wiedergeburt. Leben ist ein atomares, molekulares –<br />

ein energetisches Geschehen.<br />

<strong>Die</strong> heutige Wissenschaft versucht die Logik des Universums in der Quantenphysik<br />

zu erklären. <strong>Die</strong> STRING-THEORIE ist hinzugekommen. Gar im Nichts, also im Vakuum,<br />

entstehen stets Energiefluktuationen. Und aus dem Nichts ist unser Universum<br />

entstanden.<br />

Doch die Krönung der Schöpfung selbst ist das menschliche Gehirn, die menschliche<br />

Vernunft, der menschliche Verstand, die menschliche Kultur und vor allem die<br />

3


menschliche Bildung und der menschliche Anstand sowie seine Ehrfurcht vor der<br />

Kreation und vor der Kreatur.<br />

Der dialektische und ideologische Prozess innerhalb der Menschengemeinschaften<br />

und der Gesellschaften seit der Menschwerdung, deren Grundlage, einerseits durch<br />

die Monarchie hin zur Demokratie und andererseits durch den SCHWARZEN FREI-<br />

TAG 1929 an der WALL-STREET sowie der Bindung aller Weltwährungen an den<br />

GOLD-STANDARD und an den US-DOLLAR – die Ursache der beiden kurz aufeinander<br />

folgenden Weltkriege waren und zur Erschaffung von zwei Weltideologien –<br />

nämlich die des Sozialismus und die des Kapitalismus und zum Kalten Krieg geführt<br />

haben – hat ALBERT SCHWEITZER zu seinen Lebzeiten nicht voraussagen können.<br />

– Aber die Schöpfung der UNO nach 1949 als friedliche Gemeinschaft zur Lösung<br />

der ideologischen Weltprobleme und die Wechselkurse, werde er sicherlich begrüßt<br />

haben. Wer weiß, wie er über die Rating-Agenturen und über die PIIGS innerhalb der<br />

Europäischen Gemeinschaft urteilen würde, die erneut zu einer Grundlage werden<br />

könnten, derer sich die GITA zu Eigen macht: Zu erneutem Völkermord und der<br />

Rechtstellung von Ethik und Moral, wie wir es jüngst in Afrika erleben...<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA oder kurz GITA genannt, ist ein Auszug aus der MAHABHA-<br />

RATA. Das heißt, aus der GROSSEN ERZÄHLUNG über INDIEN. Sie ist die Grundlage<br />

des Hinduismus, die, wenn sie verstanden, eine sehr feine Philosophie sowie<br />

Religion an sich darstellt. Dass ich daran nicht zweifele, versuche ich mit dem Einbezug<br />

und der Verkettung von eigenständig entstandenen Philosophien, wie die des<br />

SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL bis hin MARX und ENGELS zu bekräftigen.<br />

Sri Krischna ist in allen Zusammenhängen als Wagenlenker ein Medium der Vermittlung<br />

vo Erkenntnis und Einsicht für Arjuna: eine Metapher der Inkarnation der ewigen<br />

Weisheit der universellen Wirkkraft und der Bedeutung von Erkenntnis, Einsicht und<br />

der Bedeutung von Vernunft, Ethik und Moral.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA selbst ist an sich eine Metapher. Sie stellt im Grunde genommen<br />

eine fiktive psychiatrische Schlacht im Gehirn des Menschen und seinem Verständnisvermögen<br />

dar und ist deshalb zeitlos.<br />

Stets sind es Einzelmenschen – wenn wir uns die Zeiträume betrachten, in denen<br />

Propheten und Wahrsager Religionen gründeten – die bedingt durch ihren Charakter<br />

und ihre Psyche Massen in Bewegung brachten. Schlimmstenfalls erwähne ich A-<br />

DOLF HITLER und alle Völker, die sich von einem Psychopathen real in Massenmorde<br />

hineinziehen haben lassen. <strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist eine altertümliche Warnung<br />

vor der Psychopathie und gilt als sie nach wie vor: Nämlich, wenn psychiatrisch<br />

bedingt und durch die ideologische Unordnung der heutigen menschlichen Gesellschaft<br />

und im Zuge der immer knapper Lebensressourcen, dem Versagen einer geregelten<br />

Weltwirtschaft, sich die Gewalt immer mehr zuspitzt. Irgendwann einmal<br />

werden gar die Geheimdienste kapitulieren und die Menschheit wird sich in einer A-<br />

pokalypse, welcher Genre auch immer, in Massen vernichten. Im ZWEITEN WELT-<br />

KRIEG waren es Millionen. In einem gegebenen DRITTEN WELTKRIEG könne<br />

nichts mehr bestehen, was einst die Schöpfung darbrachte.<br />

<strong>Die</strong> GITA warnte vor 300 Jahren unserer Zeitrechnung stets davor, dass es die Möglichkeit<br />

von Völkermord durch den allgemeinen und gesellschaftlichen Verfall von<br />

Ethik und Moral dazu kommen kann. Deshalb empfiehlt sie den Yoga und die<br />

Selbsterkenntnis, um die Menschheit vor derart psychiatrischen Abgründen zu wahren.<br />

Doch beweist die heutige menschliche Wissenschaft, dass der Grundgedanke der<br />

BHAGAVAD GITA absolut ist, im Erkenntnis- und Aussagegehalt eine universelle<br />

Darstellung vom Sein hergibt: In Zeitaltern, in denen Universen entstehen und ver-<br />

4


gehen, ist die Kernaussage der GITA und des HINDUISMUS die Verkörperung des<br />

Universums bis hin zu unserem Planeten und uns Menschen einer urgründlichen<br />

Kraft, die zwischen dem Nichts und der Inkarnation alles in sich bindet.<br />

<strong>Die</strong> Aussage des HINDUISMUS hat in einigen wenigen Passagen Bindungen zu anderen<br />

Weltreligionen, wie Seelenwanderung und Wiedergeburt. In sich sind diese<br />

letzten Aussagen sich im HINDUISMUS selbst wiederfindende Widersprüche, die der<br />

Kernaussage des HINDUISMUS – nämlich der Inkarnation der Urkraft, die mit dem<br />

Urknall den Raum und die Zeit geschaffen hat. Wissenschaftlich gilt eine ursächliche<br />

und radikale Betrachtung. Aber die GITA wurde 300 Jahre vor unserer Zeitrechnung<br />

geschrieben. Da hat es noch kein Internet, keine Zivilisationen, wie in unserer Zeit,<br />

keine derartige Mobilitäten, wie wir sie heutzutage haben gegeben, die sich auf dem<br />

Pfeiler der Demokratie, der gesellschaftlichen nationalen Ordnung sowie der internationalen<br />

Ordnung stützten. Gleichsam diese Feststellung in keiner Weise einen Bezug<br />

zu der Unterordnung des globalen menschlichen Zusammenleben zu unserer<br />

heutigen Marktwirtschaft wiedergibt und eher durch den Yoga sich dazu kontrovers<br />

stellt.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA erhebt Anspruch und Respekt für das persönliche und zeitlich<br />

begrenzte Leben geschaffen als PRAKRITI oder das SAMSARA 1 , das sich gründet<br />

auf die Inkarnationskraft des BRAHMAN als Begriff.<br />

Analog zur BHAGAVAD GITA haben sich einige zeitlose grundlegende Philosophien<br />

entwickelt wie der STOIZISMUS oder das ZA-ZEN bis hin zum von FRIEDRICH<br />

NIETZSCHE propagierten NIHILISMUS. Für die Quadratur menschlichen Begreifens<br />

und Sozialverhaltens findet sich in der BHAGAVAD GITA ein Fundament. Der grundlegende<br />

Inhalt ist, wie der Kranich als Gleichnis dazu äußert, dass im Geficht aller<br />

Handlungen kein Mensch persönlich an seinen eigenen Tod glaubt und nichts nach<br />

seinem Tod mitnehmen kann. Hier liegt der eigentlich verständnismäßige und erhebliche<br />

Ansatz der BHAGAVAD GITA, das Leben und Sterben eine Folge von Inkarnationen<br />

der Quintessenz sind, die auch das Universum geschaffen hat. <strong>Die</strong> grundlegende<br />

Vermittlung in der BHAGAVAD GITA und im Zwiegespräch von SRI<br />

KRISCHNA und ARJUNA ist tatsächlich mystisch bis hin psychiatrisch und stellen<br />

sich entgegen den von Religionen propagierten Unsterblichkeit des Menschen und<br />

seiner Aufnahme in ein Himmelreich... Hierzu möchte ich mich nicht weiter äußern<br />

und es dem Leser selbst überlassen, in welcher Art von Glaubensgemeinschaft und<br />

für sich selbst er schlüssige Erkenntnisse ziehe.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA stellt für sich fest, das BRAHMAN die Stütze allen Seins ist.<br />

RABINDRANATH TAGORE zitiert in einem Aphorismus: Ich liebe meinen Gott, da er<br />

mir die Freiheit der Entscheidung lässt und stellt im Gegensatz zu manchen anderen<br />

Weltreligionen fest, dass BRAHMAN in sich ein Nicht-Begriff – das NIRWANA – lediglich<br />

eine Weisung ist, die auch SIDDHARTA GAUTAMA, der BUDDHA aufgegriffen<br />

hat.<br />

Ich glaube, dass auch SIDDHARTA GAUTAMA die Kernaussage des HINDUISMUS<br />

nicht verstanden hat und sich gemäß den Bedingungen der ehemaligen Bedingungen<br />

der indischen Gesellschaft mit Kastenwesen eine bürgerliche und ideologische<br />

Abspaltung in seinen persönlichen Aussagen binden wollte: Der BUDDHISMUS ist<br />

dialektisch für mich genauso wenig eine Ziel weisende Ideologie.<br />

Mehrfach habe ich erfahren, wie damit Menschen psychisch und ideologisch manipuliert<br />

werden. – In diesem Sinne warne ich jeden Menschen vor Gruppierungen und<br />

1 Beide Begriffe beziehen sich auf den Wandel durch Energieerhaltungsgesetze und schließen damit<br />

Geburt, Leben und Tod sowie den Wandel des Leichnams als Grundlage für neues Leben ein.<br />

5


Sekten, die Heilsverkündigungen anpreisen: Jeder Verstand, Vernunft – also jedes<br />

menschliche Einzelgehirn – muss für sich begreifen, dass seine Wünsche, seine Begehen,<br />

seine Taten, seine Sexualität und dergleichen mehr nichts anderes sind, als<br />

elektrische Ströme in seinem Gehirn. Sie sind die Folge vom Austausche von elektrischen<br />

Strömen innerhalb der Architektur seines Zentralnervensystems. 2<br />

Dialektisch hält die BHAGAVAD GITA nahezu an eine Schöpfung durch einen Gott<br />

fest. Doch im Begriff Inkarnation in der GITA findet sie eher in CHARLES DARWIN<br />

ihren Fürsprecher. Leider ist es so, dass eine Religion mit dem Erkenntnisfortschritt<br />

von Physik, Chemie und Mathematik Schritt halten muss. Da gehören Stöckelschuhe,<br />

die im Laufe der Jahrzehnte bei Frauen zu gravierenden Fußdeformationen genauso<br />

wenig hinein wie Top-Models, die im Laufe ihrer Zeit dadurch seelische Probleme<br />

bekommen, weil sie verblüht sind und als Models unwertig durch andere verdrängt<br />

werden. <strong>Die</strong> Zeit und ihr Gang, Leben und Sterben, sind ein universelles Maß.<br />

Auf Ideale und auf Idole kann deshalb niemals Verlass sein!<br />

Wesentlich ist in der BHAGAVAD GITA und im Dialog zwischen SRI KRISCHNA und<br />

ARJUNA, dass SRI KRISCHNA ARJUNA als Wagenlenker lehrt, dass sich die gesamte<br />

Schlacht im Gehirn von ARJUNA abspielt und er seine psychischen Kräfte<br />

durch den Yoga erkenne und somit seine ethische und moralische Eingebundenheit<br />

gegenüber der Schöpfung. SRI KRISCHNA ist in diesem Sinne als Wagenlenker und<br />

im Gehirn von ARJUNA selbst das Gewissen und eine intellektuelle sowie emotional<br />

gebundene Kraft der Unterscheidung für sein Handeln.<br />

Insofern ist die BHAGAVAD GITA ein Meisterwerk der Psychiatrie! ()<br />

Das gelte auch für Serienmörder und Triebtäter in unserer Gesellschaft, dem auf<br />

dem Wege der Erziehung Versagen vorgeworfen werden muss: Eine Gesellschaft, in<br />

der Massenmörder, Triebtäter und Kriminelle gezeugt werden, hat ideologische und<br />

soziale Probleme menschlicher Gemeinschaften, was wir in Nationen,<br />

auch trotz der UNO,<br />

auf unserer Erde im Rahmen kollektiver Zustimmung heute noch wieder finden!<br />

Stets dafür zeichnen sich die Despoten ab, die ein Volk ideologisch derart verblenden,<br />

dass große Massen von Menschen eben durch die Verblendung bereit sind,<br />

sich einer Ideologie zu unterwerfen, die analog zum Kriegsgeschehen der BHAGA-<br />

VAD GITA aufgrund von Irrungen und Wirrungen zu morden. Motiviert angefangen<br />

im näheren Umfeld bis hin zum Massenmorden. Fiktiv legt die kapitalistische Gesellschaftsordnung<br />

allem an Möglichkeiten für eine - meines Erachtens wahrhaft psychiatrische<br />

geschaffene Ordnung an Bürgerlichkeit und bourgeoiser Übereinkünfte des<br />

angeblichen Geldverdienens durch Erweckung an Bedürfnissen am Nächsten - bis<br />

hin sich der Kreis schließt und eine menschliche Gemeinschaft verfangen verbleibt in<br />

Spekulationen über ein Wohl und Wehe der Menschen innerhalb der gehegten Gesellschaft.<br />

Seien es die Geißelungen von Bürgern im Alten Rom um etwa 180 nach Christi, die<br />

die Pest als die göttliche Bestrafung Gottes für ein kollektives Fehlverhalten der Bürgers<br />

Rom verhießen und sich wie auch die Pestkranken prügelten und auspeitschten.<br />

Das ist Psychiatrie pur: Ein Schaffenswerk im menschlichen Zentralnervensystem,<br />

das glaubt, es seie die Wirklichkeit und prüde auf ein Machwerk von Selbsttäuschung<br />

hereinfällt, bis hin alle gräulichen Völkermorden und Weltkriege der Menschheit untereinander<br />

stattfinden, weil der/die Standpunkte menschlich-kollektiver Betrachtung<br />

2 ECCLES, POPPER, SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL, MARX, NIETZSCHE, SUZUKI, MEISTER<br />

ECKHARD, LAO-TSE u.v.a.<br />

6


im menschlichen Zentralnervensystem - also Stammtischparolen - hervorhievten 3<br />

oder diskriminierten.<br />

So ist die BHAGAVAD GITA auch für den Leser ein möglichst vorurteilsfreies dialektisches<br />

Skript, es in dieser Form zu lesen dazu führe, sich selbst zu begreifen, seine<br />

Gedanken und seine Handlungsfelder und schließlich inneren und gemeinschaftlichen<br />

Frieden zu finden...<br />

Da sich das Leben und Erleben ausschließlich im menschlichen Gehirn abspielen, ist<br />

die Meditation – also die persönliche Analyse der Umstände mit den inwendigen psychischen<br />

Kräften – wahrhaft entscheidend. Und das Dharma 4 der menschlichen Gesellschaft<br />

im Sinne der ethisch-moralischen Aussagen der GITA sowie des Hinduismus,<br />

des Buddhismus, des Laozismus und des Zen-Buddhismus werden deshalb<br />

wesentlich. <strong>Die</strong> Inkarnation vom Wesen der Schöpfung wird in SRI KRISHNA verkörpert.<br />

Das beinhaltet auch die Göttliche Schau, dass das Universum an und in sich die<br />

Verkörperung der göttlichen Geist- und Wesenheit darstellt.<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist deshalb das Buch der Bücher, weil es dem Menschen die<br />

Möglichkeit der Erkenntnis durch ihrem Studium und der dazu gehörigen Lauterkeit<br />

von Frieden und Nicht-Stören und Nicht-Zerstören durch Einsicht und Meditation zur<br />

Göttlichkeit zurückfindet.<br />

Wer jedoch streiten will, muss bedenken, dass sein Streit ein Machwerk seiner Nervenströme<br />

in seinem Zentralnervensystem ist und lediglich sich darin bekundet, dass<br />

dieser Mensch noch davon entfernt ist, das zu begreifen, was sein eigenes Zentralnervensystem<br />

stets produziert. () große Bilder und Entfernungen, doch erhebliche<br />

Verfangenheiten: Wie schreibt LAO-TSE doch so schön: Viele Worte meist ins Nichts<br />

verrinnen, weitaus besser, man bewahrt sie innen.<br />

3 gute Laune fischen<br />

4 Rechtschaffenheit, Tugend<br />

7


<strong>Gita</strong> und Mahabharata<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist ein Teil der MAHABHARATA, der großen Erzählung, die in<br />

etwa zur gleichen Zeit wie sie selbst entstanden ist. Sie ist ein Epos indischer Geschichtsschreibung<br />

und Erzählkunst und im Gehalt nicht unnennenswert. Sie erzählt<br />

von einer Geschichte und von Fürsten und Kasten, also einer antiken hierarchischen<br />

Gesellschaftsstruktur Indiens. – Sie könne meines Erachtens als eine Basis zu unserer<br />

heutigen Demokratie gelten. ARTHUR SCHOPENHAUER hatte seinerseits<br />

– wahrscheinlich ohne die GITA gekannt zu haben –<br />

einen großen Anteil daran. Sowie die ihm folgenden großen Geisteswissenschaftler<br />

wie – ich kürze einfach mal ab – SCHOPENHAUER, KANT, HEGEL, FROMM,<br />

MARX, ENGELS, REICH usw. usw.<br />

Sie gilt deshalb in der Psychiatrie angesiedelt, da faktisch das menschliche Bewusstsein<br />

nach wie vor irgendwie die Erkenntnisgründe nicht anerkennt – und das zeigt<br />

sich vor allem im muslimischen Glauben – dass der Tod eines Menschen eine Grenze,<br />

die Lücken im gesellschaftlichen Zusammenhang hinterlässt und vor Jahrtausenden<br />

zu hypothetischen Schließungen dieser Lücken wie ein Leben nach dem Tode,<br />

Himmelreich, Engel, Wiedergeburt usw. geführt hat. – Den Leser soll dieses hier<br />

auch nicht interessieren, weshalb Auszüge wie Seelenwanderung und Wiedergeburt<br />

von mir bewusst zensiert wurden, weil die Kernaussage der GITA, die Inkarnation der<br />

Schöpfung an sich, das Universum und letztendlich wir Menschen, a priori, im Vordergrund<br />

steht. Das ist eine sehr alte und doch heutzutage zeitgemäße Aussage, die<br />

wir unserem befristeten Leben entnehmen! Und diene diese Erkenntnis allgemein<br />

dem Frieden aller Geschöpfe, da alles gemäß der BHAGAVAD GITA göttlich ist.<br />

Im Hinduismus gibt es das nicht, wie in der BIBEL Auge um Auge und Zahn um<br />

Zahn: Reaktionäres Gedankengut wird als Täuschung und als Karma 5 beschrieben.<br />

Reaktion wird als Unwissenheit und im Grade der GUNA im menschlichen Geist und<br />

als seine Auswirkung beschrieben. – Gerade die Begrifflichkeit KARMA passt in unsere<br />

heutige Zeit, die wissenschaftlich zugibt, dass Energie niemals verloren geht,<br />

sondern sich gesetzmäßig und kausal umwandelt (absolutes Energieerhaltungsprinzip).<br />

Der Hinduismus ist die drittgrößte Glaubensgemeinschaft der Menschheit. Sie zählt<br />

etwa 3 Milliarden sich zum Hinduismus bekennende Menschen.<br />

Ihre Philosophie entspringt einer, dem Volksraum bei Indien, sehr ausgeprägten<br />

Geistigkeit, Intelligenz, Sensibilität und Intuition. <strong>Die</strong>sem Volksraum verdanken wir<br />

auch wesentlich die Schaffung unseres Kalenders, die Jahreswechsel wie z.B. die<br />

Zeiten der Sonnenwende, die für die Saat von Anteilen von Nahrungsmitteln zum<br />

Ertrag und der Vorratsspeicherung für das Volk sehr wichtig waren.<br />

Hieran zeigt sich, dass das Soziale, die Gemeinschaft, Politik und Urbanisierung der<br />

Länder eine eingreifende Rolle im Zusammenleben der Menschen spielte.<br />

So wert- und gehaltvoll der Kontext sich für jedes Menschenindividuum für seine innere<br />

seelische Ausrichtung zeigen wird, wenn Sie es als Gewinn für sich lesen, um<br />

5 Karma 1. Wirken, einer Tat.<br />

2. Auswirkung einer Tat<br />

3. Das über allen Handlunge und deren Auswirkungen stehende Kausalgesetz auf physischer<br />

und psychischer Ebne<br />

8


sich um Ihr Seelenwohl um und ihre psychische Ausrichtung kümmern und hoffentlich<br />

im inneren Dialog für sich Erkenntnisse und Korrekturen vornehmen.<br />

Indien war nach dem ersten Weltkrieg Besatzungsmacht der Briten und wurde zu<br />

einer britischen Kolonie.<br />

Hieran zeigt sich im Wesentlichen, mit den derzeitigen Kommunikationsmitteln, wie<br />

gefährlich sich für die Weltgemeinschaft eine Überstülpung von Ideologien über Kulturen<br />

darstellt, wenn Kulturen vorgegeben oder diktatorisch verdrängt oder zu Nichte<br />

gemacht werden und kein Dialog im vernünftigen Konsens geführt werde, denn eher<br />

blind, konservativ und eigennützig Kulturen abergläubig vernichtet werden durch<br />

Voreinnahme.<br />

Das ist ein Vorwurf an die Doktrin der katholischen christlichen Glaubensgemeinschaft,<br />

die sich durch außerordentlichen Konservatismus auszeichnet und anstatt<br />

einer Erkenntnis und Gläubigkeit, sich als eine Willkürgemeinschaft auszeichnet, die<br />

die Bibel als einen Diktat sich zum Vorbild nimmt. Dadurch, weil die katholischen<br />

Christen den internationalen Dialog nicht suchen, weil sie ihre Frömmigkeit unter den<br />

Scheffel von Ideologien und der Heiligen Schrift stellen, machen es sich die christlichen<br />

Obrigen der katholischen Kirche es zu einfach in Dialektik, Verständnis und<br />

friedlicher Zusammengehörigkeit der Menschen in aller Welt.<br />

Seit Luther gibt es die evangelische Christengemeinschaft. Ich hoffe, dass sie es<br />

besser mache. Auch der evangelischen Christengemeinschaft ist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong><br />

empfohlen und allen Menschen auf dieser Erde!<br />

<strong>Die</strong> Misshandlung von Kindern und Jugendlichen durch die christliche Glaubensgemeinschaft,<br />

ihr Unverständnis mit Tugend und der respektvollen Achtung von jungen<br />

Menschen und der sexuelle Missbrauch von jungen Menschen, stellt den christlichen<br />

Glauben an den Pranger, in Deutschland sozusagen in einer Art bevorzugt behandelt<br />

werden, dass sich Politik und Kirche im Sinne des Laizismus nicht zu trennen imstande<br />

sind. Immer wieder hat sich in der Menschheitsgeschichte gezeigt, wie gefährlich<br />

bürgerliche Ideologien gewesen sind.<br />

Sie ist deshalb verschollen, weil es dafür einen sehr einfachen Grund gibt: <strong>Die</strong><br />

menschliche Psyche. Sie ist das Konstrukt – und das seit der Entstehung des Universums<br />

aus dialektischer Energieumwandlung. Das wir sind, ist im Sinne der <strong>Bhagavad</strong><br />

<strong>Gita</strong>, nichts anderes als ein energetischer Umwandlungsprozess des Brahman<br />

– der universellen Göttlichkeit:<br />

Und dadurch wir als Menschen sind nichts anderes als inkarnierte und bewusste<br />

Göttlichkeit.<br />

Der Hinduismus ist eine sehr reale menschliche Erkenntnis über das Sein als eine<br />

fortlaufende Wandlung der Schöpferkraft. Erstaunlich ist, wie sensibel die damaligen<br />

Menschen, die den Hinduismus in die Taufe hoben, gewesen sein müssen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> gilt im ihrem Gehalt als das Buch der Weisheiten.<br />

9


10


Erkenntnisgrade und Widersprüche<br />

Ich laufe Gefahr – wie LAO-TSE sowie JESUS CHRISTUS, der eine mit den Konfuzianer,<br />

der andere mit den Pharisäern – mich in Detail zu verstricken. Der Grund dafür<br />

ist ein einfacher:<br />

‣ Menschen, die entsprechend ihrem Erziehungs-, Bildungs- und innerlichen Erkenntnisgrad<br />

zentralnervös verständig innerhalb der sozialen Bezüge friedlich zusammenleben.<br />

‣ In Anbetracht vom Selbstverständnis und dem Verständnis der Bezüge, die der<br />

Menschheit dazu verhalf, nach derart zahlreichen Völkermorden endlich und nach<br />

dem verheerenden ZWEITEN WELTKRIEG die UNO sich als dialektisches Glied<br />

innerhalb der Völkerverständigung geschaffen zu haben und um gräuelbehaftetes<br />

Morden innerhalb der Völkergemeinschaft zu verhindern.<br />

Das Bedürfnis, die Weltreligionen zu haben, mit denen Abermillionen von Menschen<br />

sich identifizieren, ist absolut psycho- und soziogen!<br />

Seit der Emanzipation der Menschheit durch die Revolutionen – sei als Beispiel eine<br />

der markantesten: <strong>Die</strong> Französische Revolution 1848 als Aufbruch in die Demokratie<br />

dahingestellt – hat eine fortschrittliche Umwälzung menschlich-geistiger Energie<br />

stattgefunden.<br />

Doch als Grundlage dafür stand grundlegend das persönliche und sexuelle Streben<br />

vom Menschen nach Macht, was FRIEDRICH NIETZSCHE in seinem Werk: DER<br />

WILLE ZUR MACHT DARSTELLT. Auch sehr empfehlens- und lesenswert ist sein<br />

Werk: DIE MORGENRÖTE und SCHOPENHAUERS Werk: DIE WELT ALS WILLE<br />

UND VORSTELLUNG.<br />

Der industrielle Ausbruch und die Massenproduktion von Bedarfsmitteln der Völker<br />

im internationalen Austausch und die Beibehaltung von Steuereinnahmen durch die<br />

Marktwirtschaft, ist vorbehaltlich nicht verkehrt. Doch darin sind auch die Nationen,<br />

die aufgrund ihrer ökologischen Lage wirtschaftlich im Sinne des Kapitalismus und<br />

der Marktwirtschaft nicht imstande sind, Produkte verkaufen zu können, ideologisch<br />

bedingt auf die internationale Hilfsgemeinschaft angewiesen zu sein und ein Dasein<br />

in Elend und Unterentwicklung zu führen. –<br />

Obgleich sie in sich ein Spiegelbild, wie im Hinduismus durch die MAYA, der (begrifflichen)<br />

Inkarnation der Täuschung, sich in der Spanne zwischen Leben und Tod jedes<br />

Lebewesens, wahrhaft im Erkenntnisgrad den Materialismus und unsere Konsumgesellschaft,<br />

sowie darin gebunden die Akkumulation von Produktionsmitteln und<br />

Kapital und den menschlichen Aktionismus, ethisch als Täuschung, als virtuell definitiv<br />

benannt.<br />

ARTHUR SCHOPENHAUER, IMMANUELL KANT, GEORG WILHELM FRIEDRICH<br />

HEGEL werden zu ihrer Zeit die BHAGAVAD GITA nicht gekannt haben. Doch bis<br />

hin zu KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS, zur FRANZÖSICHEN REVOLUTION<br />

1848 und der Ausrufung der Demokratie, dem ERSTEN WELTKRIEG und der Abschaffung<br />

der Monarchie in Deutschland, dem ZWEITEN WELTKRIEG und der<br />

Gründung der UNO: In allen ist hintergründig die Erkenntnis der BHAGAVAD GITA<br />

als eine Wandelwelt, die für sich – in der Spanne zwischen Leben und Tod – durch<br />

den Yoga sich zu befreien von den Süchten der Sinneslust und sich hinzuwenden<br />

zur Selbsterkenntnis durch die Einkehr in sich selbst.<br />

Darauf weist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> hin. Denn unser Leben ist endlich und Tod behaftet:<br />

Eindringlich weist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> moralisch darauf hin, dass sich die Menschheit,<br />

fernab der eigentlichen Seinswirklichkeit, eine auf Vorstellungen oder auf Illusionen<br />

11


gebaute Welt geschaffen hat, die im Grunde mit der kausalen Wirklichkeit keineswegs<br />

zu tun habe.<br />

<strong>Die</strong> Weltansichten und Religionen neben der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> und des Hinduismus<br />

nenne ich eher als opportun und bürgerlich und überlasse es dem internationalen<br />

und gesellschaftlichen Dialog, um Übereinstimmungen auf rationaler und emotionaler<br />

Art und Begegnungen zueinander zu finden.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> weist darauf hin, dass in aller Existenz im Grunde Sternenstaub<br />

sich birgt. Und diese Weisheit gründete sich vor etwa 300 Jahren vor unserer Zeitrechnung.<br />

So ist es bis heute geblieben, wenn an Begräbnisreden ein christlicher<br />

Pfarrer verlautet: Von Staub bist Du geworden und zu Staub sollst Du werden<br />

Wir als Menschheit sind in unserer Zerrütteltheit dabei, diesen Planeten zu ruinieren,<br />

anstatt in uns selbst zu gehen und innerlichen Frieden zu finden. – Also dem Frieden<br />

in sich durch Erkenntnis und Selbsterkenntnis. – Und das ist derart einfach. Da<br />

braucht man keine ideologischen oder Sektengemeinschaften, nur die Einsicht und<br />

das Finden seiner Selbst.<br />

Rein sachlich muss mit der kapitalistischen Ideologie aufgeräumt werden, die eine<br />

kollektive Fiktion ist, gleichermaßen wie der Nationalsozialismus oder andere: Derart<br />

Ideologien haben grundlegend gar nichts mit Menschsein und menschlicher Gemeinschaft<br />

zu tun, sondern sind wie so einiges als kollektiver Irrweg zu werten: Religionen<br />

als Keime von Unzucht, Rache<br />

<strong>Die</strong> Philosophie der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist eigentlich ein bildhafter psychischer Monolog,<br />

in dem der Yogi hervorgehoben wird. Auch wenn sie zahlreiche Dialoge beinhaltet,<br />

sind die Dialoge als Kontext und durch ihre Bildhaftigkeit Orientierung gebend für den<br />

Menschen, der für sich in geistiger Betrachtung inneren Frieden sucht. Also für einen<br />

Yogi.<br />

Auch ist in verschiedenen Textpassagen der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> der Ursprung zum<br />

Buddhismus, zum Zen-Buddhismus bis hin übergreifend auch auf das Christentum<br />

festzustellen. 6 In Fußnoten verweise ich auf die dialektische Kraft der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong>,<br />

die zur Entstehung des Buddhismus usw. geführt haben mögen.<br />

<strong>Die</strong>se Einleitung beschreibt an sich das Verständnis vom Yogi und der Philosophie<br />

des Yoga: Der Yogi ist ein Mensch, der für sich und für sein Leben bestimmende Erkenntnisse<br />

und aufgrund dessen einschneidende Entscheidungen für inwendig seine<br />

psychische Haltung und zur Haltung gegenüber der menschlichen Gemeinschaft sich<br />

als primäre Geisteshaltung zuschreibt. Im Raja-Yoga 7 , dem königlichen Weg des<br />

Yoga, sind es YAMA 8 und NIYAMA 9 .<br />

<strong>Die</strong> verschiedenen Yoga-Lehren sind in ihrer Gesamtheit recht umschweifend. So hat<br />

SIDDHARTA GAUTAMA, der später vom Volk, in dem der Hinduismus entstanden<br />

ist, als der Buddha, der Erleuchtete, benannt wurde, mit der Gründung seiner buddhistischen<br />

Lehre, im Schnitt eine Einung oder ein Konzentrat der sehr ausgiebigen<br />

religiösen Meinungen im Hinduismus intellektuell verarbeitet.<br />

6 Ich bin kein Religionsgelehrter. Deshalb muss ich im Detail auf die Fachgelehrten verweisen.<br />

7 sprich Raja (der König)<br />

8 YAMA: Übung sittlicher Tugenden<br />

9 NIYAMA: Gewöhnung an Reinheit, Genügsamkeit, Forschung, Enthaltsamkeit und Hingabe an die<br />

Schöpfung selbst.<br />

12


SRI KRISCHNA ALS DIE INKARNATION DER GÖTTLICHKEIT UND DER<br />

SCHÖPFER DER UNIVERSEN UND DER WANDELWELT (PRAKRITI)<br />

13


<strong>Die</strong> im HATHA-YOGA einleitend als YAMA und NIYAMA niedergeschriebenen Empfehlungen<br />

zur geistigen und sittlichen Erkenntnis und hernach zur Entscheidung zu<br />

einem Leben als Yogi, werden wiedergegeben des im Buddhismus verankerten im<br />

achtfachen Pfad:<br />

o Rechtes Erkennen<br />

o Rechtes Entschließen<br />

o .Rechtes Leben<br />

o Rechtes Reden<br />

o Rechtes Handeln<br />

o Rechte Sammlung<br />

o Rechte Betrachtung<br />

o Rechte Einfalt<br />

Mittlerweile sind über 2000 Jahre seit der Entstehung der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> vergangen<br />

und die Menschheit hat sich einen rasanten Vorsprung an Erkenntnis über die Zusammenhänge<br />

im Universum, unserer Galaxie und unseres Sonnensystems erarbeitet.<br />

–<br />

Doch nicht so sehr ist die Welt der Erscheinungen, das SAMSARA (sanskrit die<br />

Wandelwelt), denn eher das Feinstoffliche als Betrachtung vordergründig: Sie beginnt<br />

mit dem Urknall vor etwa 13.Jahrmilliarden und endet mit unserer heutigen Gesellschaft<br />

und damit bei uns Menschen und dem Leben auf diesem Planeten.<br />

In diesem Zusammenhang ist die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> als religiöses, sich auf der Zeitlosigkeit<br />

des Seins gründend, ein Werk für jeden bewussten Menschen, der sich, die<br />

menschliche Gemeinschaft und die Genesis an sich verstehen will.<br />

Nämlich das Feinsinnige der <strong>Gita</strong> ist, dass sie das Sein neutral, kausal und zusammenhängend<br />

betrachtet. Inwendig liegt ihr zugrunde, wonach die heutige Wissenschaft<br />

z.B. mit der europäischen Forschungseinrichtung C.E.R.N. in der Schweiz<br />

sucht: <strong>Die</strong> Intelligenz des Seins an und in sich! Aber muss mehr denn überhaupt<br />

sein, als das, was wir heutzutage wissenschaftlich errungen haben. Wichtig ist doch<br />

der Standpunkt bei allen Betrachtungen! Das C.E.R.N. kann dabei in Anbetracht der<br />

Gewichtung der Standpunkte zu einer Spielerei von Wissenschaftlern an sich entarten,<br />

ohne das - und das kostet ja auch enorm viel - für die Menschheit an sich Grundsätzliches<br />

und Erkenntnistheoretisches herausschäle, als dass das C.E.R.N. an und<br />

für sich das bestätigt, dass das menschliche Kollektiv und der menschliche Geist ihn<br />

erschuf; und nun?! ()<br />

Bei den gewaltigen Entfernungen in unserem Universum, ist das C.E.R.N. usw. sicherlich<br />

eine gute Sache, doch verbleibt das C.E.R.N. eben aufgrund der Entfernungen<br />

zu anderen Planeten, auf denen Leben möglich ist, eher eine Fortsetzung AL-<br />

BERT EINSTEIN's RELATIVITÄTSTHEORIE. Das Alles ist wahnsinnig spannend,<br />

doch der Aufwand gegenüber dem Ergebnis viel zu hoch: Das C.E.R.N. kann Argumenten<br />

bis hin in die tief greifende historische und gesamtläufige Philosophie geben.<br />

Doch wäre es auch schön, wenn in der gesamten Weltgemeinschaft es solcherart<br />

öffentlich-rechtliche Medien gäbe, wie in der BRD als Auflage der Siegermächte nach<br />

dem ZWEITEN WELTKRIEG gegen ein erneutes Aufkeimen des NATIONALFA-<br />

SCHISMUS in Deutschland und im deutschsprachigem Raum. So kommt es eben<br />

dazu, dass menschlich-individuelle STANDPUNKTE auf unserem Planeten wie Sterne<br />

entstehen und ihren Lauf nehmen, wie z.B. der Arabische Frühling, der erneut<br />

14


zahlreiche Menschen in Gewalt, Krieg, Vertreibung und bei der Flucht ertrinkender<br />

Menschen wiedergibt.<br />

Wir haben uns noch nicht einmal nach zwei kürzlich geschehenen Weltkriegen mit<br />

Abermillionen Toten auf der Erde, wo im Zeichen der heutigen Zeit mit der explosionsartigen<br />

Überbevölkerung der Menschheit und der Deckung seiner Bedarfe - eben<br />

durch Nahrung, Schutz im Allgemeinen, friedlicher Horte usw. - befriedigt werde und<br />

in den Nachrichten das gehäufte Ertrinken von Flüchtlingen aus den afrikanischen<br />

Staaten in die Europäische Union<br />

Doch die UNO ist für ein menschenwürdiges Konzentrat des Standpunktes (-e) dem<br />

C.E.R.N. als Standpunkt überzustellen: Das C.E.R.N. diene in diesem Sinne auch<br />

philosophisch dem menschlichen Begreifen aller innewohnenden Kräfte im Universum<br />

und ist demzufolge auch nicht isoliert betrachtbar, sondern wie die UNO (), den<br />

gegenwärtig auf diesem Planeten lebenden Menschen und allen ihren Delegierten in<br />

allen Bereichen, die menschlich familiäre Grundlage unseres Zusammenlebens nach<br />

vor allem dem ZWEITEN WELTKRIEG zu vermitteln.<br />

<strong>Die</strong> Menschheit weiß seit DEMOKRIT, PLATON, MENDELEJEW usw., dass die Welt<br />

der Erscheinungen aus Molekülen und Atomen zusammengesetzt ist. Weiterhin wissen<br />

wir mittlerweile, dass gar Moleküle und Atome an und für sich aus mehr bestehen,<br />

als bis vor etwa einem Jahrhundert angenommen: aus Quanten und aus Stings.<br />

Also in sich die Welt der Erscheinungen inhaltlich und im Grunde aus nur einer Erscheinungsform<br />

von Energie besteht. Gar das Vakuum ist in Wirklichkeit nicht leer,<br />

sondern es entstehen nachweislich Energiefluktuationen in ihm selbst. So lässt sich<br />

der Urknall auch erklären.<br />

Es ist sicherlich gut, darum zu wissen. Natürlich stellt sich daraufhin die hypothetische<br />

Frage, wie in der BIBEL: Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei<br />

Gott. Bereits in den der BIBEL zugrunde liegenden Orten stellten die Menschen Metaphysisches<br />

zum Schicksal allen Lebens zueinander. ()<br />

Ich denke, die Abgründe menschlich-dialektischer Wirren liegen eher in den Gefilden<br />

zwischen den Menschen, die eher extrovertiert orientiert sind und Menschen auch -<br />

wie in allen menschlichen Auseinandersetzungen überhaupt - kaltblütig einfach zu<br />

töten, weil es ihnen an Empathie fehlt eben jener Menschen, die gierig nach Tand<br />

und Schund greifen, wie ergreifend der Film von Cecil B. DeMille mit Starbesetzung<br />

wieder gibt. Auch ist der Film LUTHER sehr sehenswert. Doch Alles in Allem ficht es<br />

wie ein Bollwerk von extrovertierten Menschen nach Rechthaberei und in diesem<br />

Getümmel von Drüber und Darunter, wonach wir sinnlich auch noch heute ausgerichtet<br />

sind.<br />

Im Grunde ist alles klar, weil wir in einer Gesellschaftsordnung leben, die WILHELM<br />

REICH auf seine Art und Weise nach dem ZWEITEN WELTKRIEG erkanntem und<br />

sie als Psychiater als '<strong>Die</strong> Psychologie des Faschismus' mitgeteiltem Werk beschrieb.<br />

<strong>Die</strong> BIBEL an sich gibt das doch damit wieder, als MOSES die ZEHN GEBOTE für<br />

die Menschen vom Berge SINAI den Menschen als Gottes Worte herab trägt und sie<br />

dem Volke verkündet. ()<br />

<strong>Die</strong> tiefe philosophische Bedeutung der bisherigen Zusammenhänge könne das Universum,<br />

wie in der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> als Brahman und als Atman bezeichnet, die also<br />

als die Seele, die – und das mag unfassbar klingen – im Nichts wohnt. Sie wird als<br />

die Schöpferkraft an sich bezeichnet und den Menschen empfohlen, im Geiste des<br />

Yoga, einen zeitgemäßen, einsichtigen und zufriedenen Lebenswandel zu führen,<br />

konstruktiv an einer stabilen globalen menschlichen Lebensform im Sinne der Sozialstatuten<br />

zu wirken und an ihnen friedlich und gemeinsam zu arbeiten.<br />

15


Bei der Betrachtung über den individuellen psychischen Lebenswandel mit Vernunft,<br />

Verstand und seelischer Ausgeglichenheit mag der Aphorismus: Das letzte Hemd hat<br />

keine Taschen, möglicherweise zu denken geben. Alles Streben des Menschen, die<br />

emotional Neid, Missgunst, Eifersucht usw. beinhalten und karmische Auswirkungen<br />

haben, werden im Hinduismus als die MAJA, die Täuschung, bezeichnet. 10<br />

Sicherlich ist in unserer heutigen Zeit des Geldverkehrs und einer allgemein von allen<br />

Gesellschaften auf unserem Planeten eine sinnverkehrte Ideologie des Kapitalismus<br />

und der Marktwirtschaft zu betreiben, etliches, das ethisch rein und sinnvoll ist, als<br />

Ware zu verkaufen. - Darin auch den Yoga: Inneres Wissen jedoch ist unverkäuflich!<br />

Leider entstellt die Ideologie von Konsumsucht und nahezu grenzenlosen Wettbewerbes<br />

den Sinn einer ethisch reinen Kosmogonie und führe – wie auch in der <strong>Bhagavad</strong><br />

<strong>Gita</strong> enthalten – zur vom Menschen herbeigeführten Vernichtung des Planeten,<br />

auf dem er lebt.<br />

Einige Passagen im vierten Kapitel, dem Yoga der Erkenntnis, verkörpern eine doch<br />

eher hypothetische und bürgerliche Einstellung des Hinduismus zum Verständnis von<br />

Leben. Eine Seelenwanderung ist nicht beweisbar. – Dennoch enthält es wesentliche<br />

und schwerwiegende Argumente zum Verständnis von Universum, unserem Sonnensystem<br />

und unserem Sein und ist voller ethischem Gehalt. Trotzdem stellt er für<br />

den modernen Menschen eine intellektuelle und kritische Herausforderung für sein<br />

Selbstverständnis als Mensch und im Sinne seiner Aufgaben für sich selbst und für<br />

die Gemeinschaft, in der er lebt, dar. Möge dieses Werk Sie dazu anregen, in sich<br />

selbst zu gehen, sich selbst zu verstehen und in sich rein zu werden. ()<br />

10 Im TAO TE KING des LAO-TSE, also dem Taoismus, werden ähnliche Vorbehalte lyrisch wiedergegeben.<br />

16


Das Leben in jedwelcher Form ist relativ. Im Hinduismus gibt es dafür die begriffliche<br />

Trinität von Brahma 11 , Vischnu 12 und Schiva 13 . Sie sind gleichsam eine Metapher,<br />

also ein Gleichnis in der Relativität des Daseins und in der Relativität des bewussten<br />

menschlichen Daseins.<br />

Auch wenn die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> zum Hinduismus zugehört, benutzt sie die Begrifflichkeiten<br />

namentlich als Inkarnation einer universellen Schöpferkraft, zu dem alles, was<br />

uns nun – sei es über das Universum, die Galaxien, die Schwarzen Löcher und der<br />

Dunklen Materie, aus der angeblich 95% des Universums bestehen soll, über Physik,<br />

Chemie, Materialkunde, Elektrizität, Atomwissenschaften usw. usf. – bekannt ist.<br />

Erkenntnistheoretisch ist es ein wesentlicher und diametraler Unterschied, ob ein<br />

Gott das Universum geschaffen hat oder ob sich eine schöpferische Urkraft bis hin in<br />

die Lebewesen inkarniert: <strong>Die</strong> Betrachtungsmomente in der BHAGAVAD GITA weisen<br />

durch die Aussage von Inkarnation der Schöpferkraft auf ihren immensen philosophischen<br />

Erkenntnisgrad hin. Auch wenn seit ihrer Schöpfung über zwei Jahrtausende<br />

vergangen sind, könne ihre Aussagekraft derlei gewaltig sein, als hätten sie –<br />

im übertragenen Sinne – einst Außerirdische auf die Erde zu den Menschen gebracht:<br />

<strong>Die</strong> BHAGAVAD GITA ist deshalb ein Unikum innerhalb der menschlichen<br />

Philosophie. ()<br />

Da es an der geschlechtlichen Dualität des Menschen in der BHAGAVAD GITA<br />

mangelt, weil sie eine von Männern ausgeführte Schlacht als Erzählgrundlage darstellt,<br />

ist sie – meines Erachtens – eine Schöpfung von männlichen Weisen, also von<br />

Mönchen nach den Wechseljahren. Somit ist von der Gehirnphysiologie und in ihr<br />

enthaltenen Psychologie her die BHAGAVAD GITA nicht allgemein verständlich. <strong>Die</strong><br />

jungen Menschen vor den Wechseljahren haben im Wesentlichen andere Inhalte, als<br />

sich um religiöse Fragen zu kümmern: Sie wollen Familien gründen. So nehme ich<br />

an, dass sich der Hinduismus durch die Erziehung sowie die Lebenskultur im indischen<br />

Raum sich etabliert und bis heute erhalten hat.<br />

HERRMANN HESSE gibt in seinem Werk: SIDDHARTA lyrisch diese Annahme wider.<br />

Das Werk gehört in die Weltklasse der geistigen Aufklärung, löst doch in sich die<br />

bestehende Spannung des HINDUISMUS zum BUDDHISMUS auf, als SIDDHARTA<br />

am 'Flusse' den Wandel aller Geschöpfe in sich als die Einheit erkennt, wie SRI<br />

KRISHNA sie ARJUNA vermittelt in seiner Schau der Göttlichkeit.<br />

<strong>Die</strong> geschlechtliche Polarität der Weisheiten der GITA wiederum wird im TAO wiedergegeben,<br />

und die essentielle Philosophie der BHAGAVAD GITA wird an sich im<br />

DAOISMUS durch das YIN und YANG erneut aufgeworfen. So wird ein großer Lebensraum<br />

von Menschen, nämlich in Asien und sicherlich bedingt durch einen damaligen<br />

Handel (z.B. Seidenstraße), auch zu einem religiösen Kulturraum. Daraus kann<br />

sich erschließen, dass die Religionen Ergebnisse sozialer Kulturen und menschliches<br />

Begreifen ihres Hier-Seins auf diesem Planeten und der Erhalt des durch den Menschen<br />

ideologisch und existentiell die Bedarfe vereinnahmbarten Seins der Menschengemeinschaft<br />

auf diesem Planeten friedlich regelt, bevor sich die Menschheit<br />

ins Weltall aufmacht. ()<br />

Gilt es doch zuvörderst das friedliche Zusammenleben der Menschenfamilie<br />

auf unserem Planeten der Zusage zuerst gemäß YAMA und NIYAMA<br />

bei sich selbst zu beginnen: Das ist der Yoga und die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong><br />

11 ...die Schöpferkraft<br />

12 ...die Lebenskraft<br />

13 ...die Kraft der Auflösung nach dem Dharma...<br />

17


Nun will ich den Leser nicht weiter auf die Folter spannen: Lesen Sie die BHAGAVAD<br />

GITA.<br />

<strong>Die</strong> eingefügten Bilder sind dem Internet entnommen und dienen lauter dialektischen<br />

und meditativen Zwecken. Ich bin mir sicher, dass ihre Publizisten es<br />

wohlwollend sehen, wenn ihre Publikationen im Internet dazu dienen, dass sie<br />

als meditative Objekte in diesem Skript aufgenommen sind, welches für jeden<br />

kostenlos zugänglich ist. Dazu auch herzlichen Dank an His Divine Grace A. C.<br />

Bhaktivedanta Swami Prabhupada und der Gemeinschaft der Hinduisten in aller<br />

Welt!<br />

Gerne füge ich zum Abschluss meines Teiles hier einen dialektischen Aphorismus<br />

von LAO-TSE hinzu:<br />

Wahre Worte sind nicht schön,<br />

schöne Worte sind nicht wahr.<br />

Tüchtigkeit überredet nicht,<br />

Überredung ist nicht tüchtig.<br />

Der Weise ist nicht gelehrt,<br />

der Gelehrte ist nicht weise.<br />

Der Berufene häuft keinen Besitz auf:<br />

Je mehr er für andere tut,<br />

desto mehr besitzt er.<br />

Je mehr er anderen gibt,<br />

desto mehr hat er.<br />

Des Himmels SINN ist fördern, ohne zu schaden.<br />

Des Berufenen SINN ist wirken, ohne zu streiten.<br />

mit freundlichen Grüßen<br />

Attila Lusthoff<br />

18


Vorwort von Aldous Huxley<br />

Heute ist es üblich, die bedeutendsten Bücher der Welt leicht verständlich zu machen<br />

und in eine alltägliche, allen zugängliche Sprache zu übersetzen. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> jedoch<br />

eignet sich nicht dazu. <strong>Die</strong> Sprache, in der sie geschrieben ist, das Sanskrit, unterscheidet<br />

sich wesentlich von unserer modernen, da sie, geradezu telegrammartig<br />

zusammengedrängt, ein Überfülle von genauen philosophischen und religiösen Begriffen<br />

enthält. Der Rahmen, in den sie sich einfügt, stellt ein kosmologisches System<br />

dar, das den westlichen Denkern nicht vertraut ist. Es wäre denn auch äußerst<br />

schwierig, eine einheitliche Sprache, sei es eine alte oder eine moderne, zu finden, in<br />

die sich die <strong>Gita</strong> auf befriedigende Weise übertragen ließe. Denn sie ist – als ein<br />

Stück Literatur betrachtet – an sich keine Einheit. Sie hat verschiedene Aspekte, verschiedene<br />

deutlich von einander getrennte Stimmlagen. <strong>Die</strong>se wollen wir der Reihe<br />

nach betrachten.<br />

Vor allem muss man die <strong>Gita</strong> als Teil eines epischen Gedichtes ansehen. Sie ist<br />

durchweg in Versen geschrieben. Ihr erstes Kapitel trägt rein epischen Charakter und<br />

setzt die Tonart der Mahabharata selbst fort. Das Brüllen der Krieger, das Wiehern<br />

der Pferde und die fremdklingenden Namen der Häuptlinge dröhnen noch in unseren<br />

Ohren, wenn das Zwiegespräch von Krischna und Arjuna beginnt. Den epischen Prolog<br />

so zu übersetzen, als gehöre er ausschließlich zu dem folgenden philosophischen<br />

Gespräch hieße, die <strong>Gita</strong> aus ihrem historischen Rahmen schneiden und sie<br />

des ganzen lebendigen Lokalkolorits berauben.<br />

Außerdem ist die <strong>Gita</strong> auch eine Darlegung der Vedanta-Philosophie, die sich auf ein<br />

klarumrissenes Weltbild stützt. Es hat keinen Sinn, diese Tatsache zu übersehen aus<br />

Angst, den westlichen Leser zu befremden. Der Übersetzer, der annähernd gleichwertige,<br />

ortsübliche Bezeichnungen verwendet und die Bedeutung der Sanskritworte<br />

nacherzählt, glaubt eine Brücke zwischen zwei Gedankensystemen zu schlagen,<br />

während er in Wirklichkeit beiden jeglichen Sinn nimmt. Deshalb haben wir versucht,<br />

in einem Anhang die Kosmologie der <strong>Gita</strong> so kurz wie möglich zu erklären und aus<br />

dem gleichen Motiv einige grundlegende, viel gebrauchte Worte wie Brahman, Atman,<br />

Prakriti und die Gunas unübersetzt beibehalten. Genaue deutsche Bezeichnungen<br />

dafür gibt es nicht, und jedes philosophische oder wissenschaftliche Werk<br />

besitzt seine eigene bestimmte Terminologie… Niemand der ein Buch über Physik<br />

schreibt, würde das Wort Elektron vermeiden, nur weil es in der alltäglichen Sprache<br />

nicht vorkommt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> ist aber auch ein Stück Prophetie. Wie die Geschichte Jesajas und die<br />

Psalmen Davids enthält sie ekstatische, mystische Äußerungen über die Natur und<br />

die Eigenschaften Gottes. <strong>Die</strong>s ist Poesie und verlangt nach poetischem Ausdruck.<br />

<strong>Die</strong> Diktion muss versuchen, mit der Inspiration übereinzustimmen. Gewöhnliche<br />

Prosa würde hier flach und langweilig wirken.<br />

Und schließlich ist die <strong>Gita</strong> ein Evangelium. <strong>Die</strong> ihr zugrunde liegende Botschaft ist<br />

zeitlos. In Worten, die keiner bestimmten Sprache, Rasse oder Epoche angehören,<br />

spricht der inkarnierte Gott zum Menschen, seinem Freund. Hier muss der Übersetzer<br />

alles vergessen, was er von Vedanta-Philosophie und Sanskrit-Begriffen, von<br />

Indien und dem Westen, von Krischna und Arjuna, von Vergangenheit und Zukunft<br />

weiß, und um äußerste Einfachheit bemüht sein.<br />

Da sind die Gründe, warum wir die <strong>Gita</strong> in verschiedenen Stilen übersetzt haben,<br />

zum Teil in Prosa, zum anderen Teil in Versen. Allerdings berechtigt uns nichts im<br />

Text selbst zu diesem Experiment. Bei den Übergängen von einem Stil zum andern<br />

ließen wir uns einzig von unserem Empfinden leiten, und sie sind nur dann gerecht-<br />

19


fertigt, wenn uns das gelungen ist, was wir anstrebten: das Buch zugänglicher zu<br />

machen als bisher.<br />

Denn es gibt bereits äußerst wortgetreue Übersetzungen. Wir aber haben uns vielmehr<br />

um eine Auslegung bemüht. Vor uns liegt eines der bedeutendsten Dokumente<br />

der Welt: Wir dürfen ihn nicht so pedantisch nahen wie einem archaischen Text, der<br />

eifersüchtig nur den Universitätsprofessoren vorbehalten ist. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> hat etwas auszusagen,<br />

etwas Wesentliches. Und zwar für jeden von uns. Wir müssen diese Botschaft<br />

der Gedrungenheit der Originalsprache entreißen, wobei uns die großen, klassischen<br />

Kommentatoren von unschätzbarer Hilfe sind. Zu dieser Übersetzung wurden<br />

drei von ihnen aufs Gründlichste zu Rate gezogen: Schankara, Sridhara, Swami<br />

und Dadhusudana Saraswati. Um lange Fußnoten zu vermeiden, haben wir ihre Erläuterungen<br />

der vorliegenden Version einverleibt. Auch Sri Aurobindo Ghoses meisterhafte<br />

‚Essays über die <strong>Gita</strong>’ haben uns wesentlich geholfen. Nichtsdestoweniger<br />

ist unsere Arbeit keine Paraphrase. Abgesehen von wenigen, außergewöhnlich<br />

schwierigen Stellen, folgt sie getreulich dem Original.<br />

• Nur eine einzige kleine Freiheit haben wir uns gestattet. <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> ist übersät mit<br />

Attributen. Krischna wird ‚Govinda’ genannt, ‚Vernichter der Madhu’, ‚Keschava’<br />

etc. Arjuna wird als ‚Zerstörer des Feindes’ angeredet, ,Sohn der Kunti’, ‚Nachkomme<br />

des Bharata’, ‚Prithas Sohn’ etc. Einige wenige dieser Bezeichnungen<br />

haben wir uns in den Anfangskapiteln beibehalten, um den richtigen Ton zu treffen.<br />

Später wurden sie meistens ausgelassen, wenn sie uns nicht aus rein literarischen<br />

Gründen wirkungsvoll schienen. Doch fanden wir, dass ihre allzu häufige<br />

Wiederholung den Leser ermüdet. 14<br />

• Abschließend danken wir unseren Freunden, Margaret Adams Kiskadden und<br />

Aldous Huxley, für ihre Hilfe, offene Kritik und warmherzige Ermutigung. <strong>Die</strong> jetzige<br />

Gestalt unserer Übersetzung schuldet ihnen vieles, vielleicht sogar ihre ganze<br />

Existenz.<br />

14 Auch ich empfinde, dass im 21.ten Jahrhundert – also im Jahrhundert der Aufklärung und der Wissenschaften<br />

– mit religiösen Weisheit und Philosophien entsprechend umgegangen werden muss und<br />

die Begrifflichkeit sich auf eine Quintessens, einer grundlegenden Aussage eine.<br />

20


Kapitel<br />

‣ 1. Kapitel: Arjunas Kummer<br />

‣ 2. Kapitel: Yoga der Erkennnis<br />

‣ 3. Kapitel: Karma Yoga<br />

‣ 4. Kapitel: Entsagung durch Erkenntnis<br />

‣ 5. Kaptitel: Der Yoga der Entsagung<br />

‣ 6. Kapitel: Der Yoga der Meditation<br />

‣ 7. Kapitel: Erkenntnis und Erfahrung<br />

‣ 8. Kapitel: Der Weg zum ewigen Brahman<br />

‣ 9. Kapitel: Der Yoga der heiligen Geheimnisse<br />

‣ 10. Kapitel: Göttliche Herrlichkeit<br />

‣ 11. Kapitel: <strong>Die</strong> Schau Gottes in seiner allumfassenden Gestalt<br />

21


22


Einleitung<br />

Mehr als 25 Jahrhunderte sind dahingegangen, seit das, was man die Ewige Weisheit<br />

nennt, zum ersten Mal der Schrift anvertraut wurde; und im Laufe dieser Jahrhunderte<br />

hat sie immer wieder ins Wort gefunden, hier teilweise, dort vollständig, hier<br />

in dieser, dort in jener Form. Im Vedanta, in der alttestamentarischen Prophetie, im<br />

Tao Te King, in den Dialogen Platons, im Evangelium des Johannes, in der Mahayana-Theologie,<br />

bei Plotin und dem Areopag, bei den persischen Sufis und den christlichen<br />

Mystikern des Mittelalters und der Renaissance – in allen asiatischen und europäischen<br />

Zungen hat die Ewige Weisheit gesprochen und sich der Terminologie und<br />

der Überlieferungen jeder höheren Religion bedient. Doch in allen Wirrnissen von<br />

Sprache und Mythen, ortsgebundener Geschichte und sonderrechtlichen Doktrinen<br />

bleibt ein höchster gemeinsamer Faktor, der die Ewige Weisheit enthält und der ihr<br />

chemisch reiner Zustand genannt werden kann. <strong>Die</strong> letzte Reinheit kann natürlich<br />

niemals durch eine philosophisch-sprachliche Darstellung ausgedrückt werden, so<br />

undogmatisch, so entschieden synkretistisch 15 diese Darstellung auch sein mag. Allein<br />

die Tatsache, dass sie zu einer bestimmten Zeit, von einem bestimmten Menschen,<br />

in einer bestimmten Sprache niedergeschrieben wird, unterlegt den so formulierten<br />

Lehren automatisch einen gewissen soziologischen und persönlichen Sinn.<br />

Nur im Akt der Kontemplation, der Worte und sogar die Persönlichkeit versinken<br />

lässt, kann die Ewige Weisheit in ihrer ganzen Reinheit erfahren werden. <strong>Die</strong> auf uns<br />

gekommenen Aussagen jener, die sie erfahren haben, machen es nur zu deutlich,<br />

dass sie alle, ob Hindu, Buddhist, Jude, Taoist, Christ oder Mohammedaner, das<br />

gleiche zu beschreiben versuchen: eine ihrem Wesen nach völlig unbeschreibbare<br />

Wahrheit.<br />

<strong>Die</strong> Urschriften der meisten Religionen sind poetisch und unsystematisch. <strong>Die</strong> Theologie,<br />

die im Allgemeinen als verstandesmäßiger Kommentar zu den Parabeln und<br />

Aphorismen der heiligen Schriften auftritt, erscheint erst auf einem späteren Schauplatz<br />

der Religionsgeschichte. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> nimmt eine Mittelstellung zwischen<br />

den Schriften und der Theologie ein; denn sie vereinigt in sich die Poesie der ersten<br />

mit der klar umrissenen Methodik der letzten. Man kann sie, wie Ananda K. Coomaraswamy<br />

in seinem bewundernswerten Werk ‚Hinduismus und Buddhismus’ sagt,<br />

beschreiben als ein Kompendium aus der ganzen vedischen Lehre, die sich in den<br />

frühen Veden, den Brahmanas und den Upanischaden findet und sie, da sie somit<br />

die Basis aller späteren Entwicklungen ist, als den Brennpunkt aller indischen Religion<br />

ansehen.<br />

Aber dieser Brennpunkt der indischen Religion ist einer der klarsten und verständlichsten<br />

Auszüge der Ewigen Weisheit, der je gemacht worden ist. Daher sein dauernder<br />

Wert nicht nur für die Inder, sondern für die gesamte Menschheit.<br />

Als Kern der Ewigen Weisheit finden wir vier grundlegende Lehren.<br />

Erstens: <strong>Die</strong> materielle Welt der Erscheinungen und des individuellen Bewusstseins<br />

– die Welt der Dinge, Tiere, Menschen und sogar Götter – ist die Manifestation eines<br />

göttlichen Urgrundes, in dem alle einzelnen Realitäten ihr Dasein haben und ohne<br />

dem sie nicht existieren würden.<br />

15 Synkretismus bedeutet allgemein die Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen oder<br />

philosophischer Anschauungen. Der Ausdruck geht auf die Kreter (griechisch syn gemeinsam; Krethi<br />

Kreter) zurück, die ihre gegenseitigen Streitigkeiten im Falle eines fremden Angriffes einstellten, um<br />

sich dem Feind mit vereinten Kräften entgegenzustellen (aus WIKIPEDIA).<br />

23


Zweitens: <strong>Die</strong> Menschen können nicht nur durch Schlussfolgerungen etwas über den<br />

Göttlichen Urgrund wissen, sondern sind fähig, seine Existenz durch unmittelbare<br />

Intuition zu erfahren, die über die Beweisführung des Verstandes erhaben ist. <strong>Die</strong>se<br />

unmittelbare Erfahrung lässt den Erkennenden eins werden mit dem Erkannten.<br />

Drittens: Der Mensch besitzt eine Doppelnatur, das in Erscheinung tretende Ich und<br />

das ewige Selbst, das den inneren Menschen ausmacht, den Geist, den Funken<br />

Göttlichkeit in der Seele. Verlangt es den Menschen danach, so hat er durchaus die<br />

Möglichkeit, seine Identität mit dem Geist festzustellen und ebenso auch mit dem<br />

Göttlichen Urgrund, der von derselben Wesensart ist wie der Geist.<br />

Viertens: Das Erdenleben des Menschen hat nur ein einziges Ziel: sich mit dem ewigen<br />

Selbst zu identifizieren und somit zu einer vereinigenden Erkenntnis des Göttlichen<br />

Urgrundes zu kommen.<br />

Im Hinduismus findet sich die erste dieser vier Lehren in scharf umrissenen Sätzen.<br />

Der Göttliche Urgrund ist Brahman, dessen schöpferische, erhaltende und verwandelnde<br />

Aspekte sich in der hinduistischen Trinität manifestieren. Eine Hierarchie von<br />

Manifestationen verknüpft die unbeseelte Materie mit Menschen, göttlichen Wesen,<br />

Göttern und der über alle Gegensätze erhabenen höchsten Gottheit.<br />

Im Mahayana-Buddhismus wird der Göttliche Urgrund Geist genannt oder ‚das reine<br />

Licht der Leere’; die Stelle der Götter nehmen die Dhyani-Buddhas ein.<br />

<strong>Die</strong> gleichen Begriffe sind durchaus mit dem Christentum vergleichbar und wurden<br />

tatsächlich – implizite oder explizite – auch von vielen katholischen und protestantischen<br />

Mystikern dann angewandt, wenn sie eine den durch überrationelle Intuition<br />

beobachteten Tatsachen angepasste Philosophie formulierten. So gab es für ECK-<br />

HART und RUISBROEK einen Göttlichen Urgrund, welcher der Dreieinigkeit ebenso<br />

zugrunde liegt wie Brahman der Trinität Brahma, Vishnu und Shiva. SUZO hat sogar<br />

eine geometrische Darstellung der bestehenden Beziehungen zwischen höchster<br />

Gottheit, dreieinigem Gott und den Geschöpfen hinterlassen. In dieser äußerst seltsamen<br />

und interessanten Zeichnung verbindet eine Manifestationskette das geheimnisvolle<br />

Symbol des Göttlichen Urgrundes mit den drei Personen der Trinität; und die<br />

Trinität steht ihrerseits wiederum in absteigender Linie mit Engeln und Menschen in<br />

Verbindung. <strong>Die</strong>se letzten haben, wie das Bild deutlich zeit, die Wahl zwischen zwei<br />

Wegen. Sie können entweder das Leben des äußeren Menschen wählen, das Leben<br />

des vom übrigen abgetrennten Ichs, in welchem Falle sie verloren sind, denn, so sagt<br />

die Theologica Germania: „Nichts verbrennt in der Hölle, ausgenommen das Ich“,<br />

oder aber sich mit dem inneren Menschen identifizieren, was ihnen die Möglichkeit<br />

gibt, durch die einigende Erkenntnis wieder aufzusteigen zur Dreieinigkeit und sogar<br />

über diese hinaus zur letzten Einheit des Göttlichen Urgrundes.<br />

In der mohammedanischen Tradition würde eine solche Rationalisierung der unmittelbaren,<br />

mystischen Erfahrung auf gefährliche Weise unorthodox wirken. Nichtsdestoweniger<br />

hat man beim Lesen gewisser Sufi-Texte den Eindruck, ihre Autoren haben<br />

sich al haqq, das Wahre, als den Göttlichen Urgrund oder die Einheit Allahs vorgestellt<br />

und darin die Basis der aktiven und persönlichen Aspekte der Gottheit gesehen.<br />

<strong>Die</strong> zweite Lehre der Ewigen Weisheit – dass es möglich ist, den Göttlichen Urgrund<br />

durch unmittelbare, alles beweisende Denken übersteigende Intuition zu erkennen –<br />

findet sich in sämtlichen großen Religionen der Welt. Ein Philosoph, der sich damit<br />

zufrieden gibt, das Äußerste an Realität nur theoretisch oder von Hörensagen zu<br />

kennen, wird von Buddha mit einem Hirten verglichen, der eines anderen Mannes<br />

Kühe hütet. Mohammed gebraucht einen sogar noch drastischeren Vergleich. Für ihn<br />

ist ein Philosoph, der vor der Metaphysik die Augen verschließt, nichts als ein mit<br />

24


Büchern beladener Esel. Christliche, hinduistische und taoistische Meister schrieben<br />

nicht weniger nachdrücklich über die absurde Anmaßung des ausschließlich erlernbaren<br />

Wissens und analytischen Denkens. Nach den Worten des anglikanischen<br />

Gebetbuches fußt unser ewiges Leben jetzt und dereinst ‚in der Erkenntnis Gottes’<br />

und diese Erkenntnis entstammt nicht dem logisch schließenden Verstand, sondern<br />

‚dem Herzen’. Sie ist eine überrationale Intuition, unmittelbar, synthetisch und zeitlos.<br />

<strong>Die</strong> dritte Lehre der Ewigen Weisheit, welche von der Doppelnatur des Menschen<br />

spricht, tritt als wesentliches Prinzip in allen höheren Religionen auf. <strong>Die</strong> einende Erkenntnis<br />

des Göttlichen Urgrundes schließt als notwendige Bedingung Selbstverleugnung<br />

und Liebe ein. Einzig durch Selbstverleugnung und Liebe können wir das<br />

ablegen, woraus unsere sogenannte Persönlichkeit besteht, nämlich Wahn, Übel und<br />

Unwissenheit. Sie sind es, die uns hindern, den göttlichen Funken zu erkennen, der<br />

den inneren Menschen erleuchtet. <strong>Die</strong>ser innere Funke jedoch ist eng verwandt mit<br />

dem Göttlichen Urgrund. Indem wir uns mit ersterem identifizieren, können wir zu der<br />

einigenden Erkenntnis des Zweiten gelangen. <strong>Die</strong>se empirischen Tatsachen des<br />

geistigen Lebens wurden auf verschiedene Weise durch die Theologien der einzelnen<br />

Religionen vernunftgemäß erklärt. <strong>Die</strong> Hindus behaupten kategorisch: DAS bis<br />

du. Das heißt, der innewohnende Atman ist von gleichem Wesen wie Brahman. Für<br />

den orthodoxen Christen gibt es keine Identität zwischen dem Funken und Gott. Eine<br />

Vereinigung des menschlichen Geistes mit Gott findet statt – eine so vollkommene,<br />

dass sie ‚Vergöttlichung’ genannt wird – doch ist dies keine Einung gleichwertiger<br />

Substanzen. Nach der christlichen Theologie wird der Heilige ‚vergöttlicht’, nicht weil<br />

der Atman identisch ist mit Brahman, sondern weil Gott den geläuterten Geist des<br />

Menschen durch einen Akt der Gnade aufnimmt und sich gleichmacht.<br />

<strong>Die</strong> islamische Theologie trifft eine ähnliche Unterscheidung. Der Sufi Masur wurde<br />

hingerichtet, weil er den Worten ‚Vereinigung’ und ‚Vergöttlichung’ wörtlich den Sinn<br />

zugebilligt hat, den die Hindutradition ihnen gibt. Für unsere gegenwärtigen Zwecke<br />

ist es jedoch von Bedeutung, dass diese Begriffe tatsächlich von Christen und Mohammedanern<br />

gebraucht werden, um die empirischen Tatsachen metaphysischen<br />

Erlebens durch unmittelbare überrationelle Intuition zu beschreiben.<br />

In Bezug auf das Endziel des Menschen stimmen sämtliche höheren Religionen vollkommen<br />

miteinander überein. Der Zweck des menschlichen Lebens ist die Entdeckung<br />

der Wahrheit, die einende Erkenntnis Gottes. Der Grad, bis zu welchem die<br />

einende Erkenntnis auf Erden erlangt wird, bestimmt das Maß, in dem diese im Zustand<br />

nach dem Tode genossen werden kann. Kontemplative Betrachtung der<br />

Wahrheit ist der Zweck, Tätigsein das Mittel. In Indien, in China, im alten Griechenland,<br />

im christlichen Europa gehört dies zum unverkennbarsten und unumstößlichen<br />

Teil der Rechtgläubigkeit. <strong>Die</strong> Erfindung der Dampfmaschine hat nicht nur in der industriellen<br />

Technik eine Revolution hervorgerufen, sondern auch eine noch viel bedeutungsvollere<br />

in der Philosophie. Da die Maschinen mit der Zeit immer mehr verbessert<br />

werden können, kam der westliche Mensch auf den Gedanken, die Menschheit<br />

und ihre Gemeinschaften ließen sich ebenfalls ganz automatisch in entsprechendem<br />

Maße geistig und moralisch heben. <strong>Die</strong> gesamte Aufmerksamkeit und Hingabe<br />

richtete sich nun nicht mehr auf die Ewigkeit sondern auf eine utopische Zukunft.<br />

So kam es, dass äußere Umstände für wichtiger erachtet wurden als die Geistesverfassung<br />

in Bezug auf diese äußeren Umstände und Tätigsein als der Zweck<br />

des menschlichen Lebens galt, wobei die Kontemplation die Rolle des Mittels zu diesem<br />

Zweck spielte. <strong>Die</strong>se falschen und historisch abirrenden und ketzerischen Doktrinen<br />

werden heute systematisch in unseren Schulen gelehrt und tagtäglich von namenlosen<br />

Schreibern marktschreierischer Bücher wiederholt, die mehr als irgendwelche<br />

andere Lehrer die europäische und amerikanische Jugend mit ihrer billigen Le-<br />

25


ensphilosophie versorgen. Und so wirkungsvoll ist diese Propaganda, dass selbst<br />

überzeugte Christen diese Ketzerei unbestritten annehmen und es sich gar nicht bewusst<br />

machen, dass diese sowohl mit der Moral allgemein, ihrer eigenen wie mit jeder<br />

anderen Religion völlig unvereinbar ist.<br />

Ich bedauere es sehr, wenn Christen und Juden in muslimischen Ländern verfolgt<br />

und ermordet werden. Aber solange die ideologischen Spannungen von Christen,<br />

Juden, Muslimen usw. bis tief hinein in den nicht aufhören, wird es - bis in die USA<br />

mit dem KU-KLUX-CLAN - im Sinne des Synkretismus nicht aufhören, als dass<br />

Menschen erniedrigt, gequält, denunziert bis hin ermordet werden. <strong>Die</strong> Facetten der<br />

möglichen Gewalt bis hin zu Wasser-Boarding usw., die Mensch gegen Mensch verübt<br />

werden, widersprechen an und für sich vollkommen gegen das, was Mensch-<br />

Sein an und für sich beinhaltet. <strong>Die</strong> Folter von Menschen, die von Menschen verübt<br />

werden, bezeugen im Grunde genommen lediglich die Primitivität und die Gegenwärtigkeit<br />

von Armut an Bildung und Empathie bis hin einst doch die größte Art der Gewalt<br />

auf unserem Planeten durch den ZWEITEN WELTKRIEG Menschen zum Massenmorden<br />

trieb, als wäre es eine Freude, Menschen zu erniedrigen und zu töten.<br />

Nun, mit dem Computer-Zeitalter und den Drohnen, gibt es doch eine bessere Art<br />

menschlichen Zeitvertreibes mit dem Abschießen von Menschen im geheimen Kämmerlein<br />

Das ist auch mein Problem, dass ich mit den politischen Parteien habe, die sich als<br />

christliche Parteien hervorheben und an und für sich geringe Identifikation mit dem<br />

Christentum, denn als Kapitalisten gemein haben. Sie, die CDU/CSU veröffentlichen<br />

sich als eine angeblich christliche Partei und sind im Grunde nicht besser als die anderen<br />

Parteien, die sich - wohl angemerkt - nach dem ZWEITEN WELTKRIEG in die<br />

selben Reihen in der Deutschen Politikgestaltung einordnen wie die SPD und die<br />

FDP. Nahezu scheint es wie eine Blasphemie. Besser wäre es, auf der christlichen<br />

Welt den Papst und den Vatikan auf jene Scheffel zu stellen, den christliche Parteien<br />

() für sich verheißen wollen. Aber im Grunde genommen sind die auch nicht besser,<br />

wenn sie mit ihren im katholischen Besitz befindlichen Banken und Ländereien und<br />

damit ihrer Extroversionen genüsslich eben einfach leben, ihren gesicherten Unterhalt<br />

und genügend zu essen haben.<br />

<strong>Die</strong>se vier Lehren stellen die auf ihr Minimum beschränkte, grundlegende Form der<br />

Ewigen Weisheit dar. Wer das auszuüben vermag, was der Inder Jnana 16 Yoga<br />

nennt (die metaphysische Lehre von der Unterscheidung zwischen Sein und Schein),<br />

verlangt nach nichts anderem. <strong>Die</strong>se einfache Arbeitshypothese genügt seinen Zwecken.<br />

Aber solch eine Unterscheidung ist äußerst schwierig und kann, jedenfalls in<br />

den Vorstadien des geistigen Lebens, kauf ausgeübt werden, es sei denn von Persönlichkeiten,<br />

denen eine besondere Art geistiger Veranlagung gegeben ist. Aus diesem<br />

Gunde haben die meisten Darlegungen der Ewigen Weisheit noch eine weitere<br />

Lehre aufgenommen, die von einer oder mehreren Inkarnationen des Göttlichen Urgrundes<br />

spricht, durch deren Vermittlung und Gnade dem Gläubigen geholfen wird,<br />

die einigende Erkenntnis der Gottheit, d.h. ewige Seligkeit, zu erlangen. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong><br />

<strong>Gita</strong> ist eine solche Darlegung. Hier ist Krischna eine Inkarnation des Göttlichen<br />

Urgrundes in menschlicher Gestalt. Ebenso sind in der christlichen und der buddhistischen<br />

Theologie Jesus und Gotama göttliche Inkarnationen. Während jedoch im<br />

Hinduismus und im Buddhismus mehr als eine Inkarnation der Gottheit möglich ist –<br />

und nach ihrer Lehre auch bereits stattgefunden hat – gab und gibt es für den Christen<br />

nur eine einzige.<br />

16 Sprich: Dschnana<br />

26


Eine göttliche Inkarnation oder bis zu einem gewissen Ausmaß auch ein gotterfüllter<br />

Heiliger, Weiser oder Prophet ist ein Mensch, der weiß, wer er ist und deshalb andere<br />

Menschen an das erinnern kann, was sie in Vergessenheit geraten ließen, nämlich,<br />

dass sie, wenn sie sich entschließen, das zu werden, was sie potentiell bereits<br />

sind, sich auf ewig mit dem Göttlichen Urgrund vereinen können.<br />

<strong>Die</strong> Anbetung der Inkarnation und die Kontemplation ihrer Attribute sind für die meisten<br />

Menschen die beste Vorbereitung auf die einende Gotteserkenntnis. Ob jedoch<br />

diese Erkenntnis selbst dadurch erlang werden kann, ist eine andere Frage. Viele<br />

katholische Mystiker haben behauptet, dass es auf einer gewissen Stufe des kontemplativen<br />

Betens, woraus nach den meisten maßgebenden Theologen, das Leben<br />

der christlichen Vervollkommnung letzten Endes besteht, notwendig sei, alle Gedanken<br />

an die Inkarnation beiseite zu lassen, da sie von der höheren Erkenntnis dessen,<br />

was inkarniert wurde, ablenken. Aus dieser Tatsache haben sich reichlich viele Missverständnisse<br />

und eine große Zahl intellektueller Schwierigkeiten ergeben. So<br />

schreibt zum Beispiel Abt John Chapman in seinen bewundernswerten Geistigen<br />

Briefen folgendes: Das Problem der Vereinbarkeit (nicht nur der Vereinigung) von<br />

Mystizismus und Christentum ist noch schwieriger.<br />

Der Abt Marmion sagt, der heilige Johannes vom Kreuz sei ein wie mit Christentum<br />

voll gesogener Schwamm. Man könne ihn völlig auspressen und nichts anderes bleibe<br />

übrig als die reine mystische Lehre. <strong>Die</strong>s war für mich Grund genug, den heiligen<br />

Johannes vom Kreuz etwa fünfzehn Jahre lang zu hassen und ihn einen Buddhisten<br />

zu nennen. <strong>Die</strong> heilige Teresa hingegen liebte ich und las in ihren Schriften immer<br />

und immer wieder; denn sie ist zu allererst Christin und erst in zweiter Linie Mystikerin.<br />

Dann aber erkannte ich, dass ich, soweit es sich um Beten handelte, fünfzehn<br />

Jahre vertan hatte. Denn, so schließt er, trotz des ‚buddhistischen’ Charakters gingen<br />

aus der Übung der Mystik (mit anderen Worten: aus dem Erlebnis der Ewigen Weisheit)<br />

gute Christen hervor. Er hätte hinzufügen können, dass auch gut Hindus, gute<br />

Buddhisten, gute Taoisten und gute Juden daraus hervorgehen.<br />

<strong>Die</strong> Lösung von Abt Chapmans Problem muss nicht im Bereich der Philosophie, sondern<br />

in dem der Psychologie gesucht werden. <strong>Die</strong> Menschen kommen nicht in gleicher<br />

Weise ausgestattet zur Welt. Es gibt verschiedene Temperamente und Anlagen.<br />

Und in jeder psycho-physischen Klasse finden sich Menschen von sehr verschiedenen<br />

Stufen der geistigen Entwicklung.<br />

Andachtsübungen und geistige Zucht, die für den einen Menschen von höchstem<br />

Wert sind, können für einen anderen sinnlos oder sogar schädigend sein, wenn dieser<br />

nicht der gleichen Klasse angehört oder innerhalb der gleichen Klasse auf höherer<br />

oder niedrigerer Entwicklungsstufe steht. <strong>Die</strong>s alles wird in der <strong>Gita</strong> deutlich dargestellt,<br />

da hier die psychologischen Tatsachen durch das Postulat der Gunas mit<br />

einer allgemeinen Kosmologie in Verbindung gebracht werden. Krischna, das<br />

Sprachrohr des Hinduismus in seinen sämtlichen Kundgebungen, findet es vollkommen<br />

natürlich, dass die verschiedenen Menschen verschiedene Methoden und sogar<br />

scheinbar verschiedene Objekte der Anbetung haben.<br />

Alle Wege führen nach Rom, vorausgesetzt allerdings, dass es wirklich Rom und<br />

keine andere Stadt ist, die der Wanderer zu erreichen wünscht. <strong>Die</strong> gleiche Haltung<br />

liebevollen Einbegreifens, doppelt erstaunlich bei einem Muselmanen, findet herrlichen<br />

Ausdruck in der Parabel von Moses und dem Hirten, die Jalaluddin Rumi im<br />

zweiten Buch des Masnavi erzählt. Und in der exklusiveren christlichen Tradition<br />

wurden diese Probleme des Temperamentes und der Entwicklungsstufe im allgemeinen<br />

im Hinblick auf die Art Marthas und jene Marias erforscht und erörtert, und im<br />

besonderen in Bezug auf Neigung und persönliche Hingabe des Einzelnen.<br />

27


Unsere Betrachtung wendet sich jetzt den ethischen Zusätzen der Ewigen Weisheit<br />

zu. ‚<strong>Die</strong> Wahrheit’, sagt Thomas von Aquin, ‚ist das letzte Ziel des gesamten Weltalls.<br />

Und die Kontemplation der Wahrheit ist die Hauptbeschäftigung der Weisheit.’<br />

‚<strong>Die</strong> sittlichen Tugenden’, sagt er an anderer Stelle, ‚gehören ihrem Wesen nach<br />

nicht notwendigerweise zur Kontemplation, sind aber eine unbedingt erforderliche<br />

Vorbedingung.’ Mit anderen Worten: Tugend ist nicht das Ziel, sondern das unerlässliche<br />

Mittel zur Erkenntnis der göttlichen Realität. Schankara, der bedeutendste indische<br />

Kommentator der <strong>Gita</strong>, hält sich an die gleiche Lehre. Rechtes Tun ist der Weg<br />

zur Erkenntnis, da es die Seele läutert. Denn nur zu einer von Selbstsucht freien<br />

Seele vermag die unmittelbare Erkenntnis vom Göttlichen Urgrund zu kommen.<br />

Selbstverleugnung kann nach der <strong>Gita</strong> durch die Übung von zwei alles umfassenden<br />

Tugenden erlangt werden: durch die Liebe und durch innere Lossagung. Letztere ist<br />

das Selbe wie der ‚heilige Gleichmut’, den der heilige Franziskus von Salia unermüdlich<br />

fordert. „Wer jede Tat auf Gott bezieht“, schreibt Camus, indem er seinen Meisters<br />

Lehre zusammenfasst, „und auf nichts anderes hinzielt als auf Seine Herrlichkeit,<br />

der findet überall Frieden, selbst mitten im heftigsten Aufruhr.“ So lange wir den<br />

Früchten unserer Arbeit mit dem heiligen Gleichmut gegenüberstehen, „wird keine<br />

rechtliche Tat uns von Gott scheiden; sie kann im Gegenteil zum Mittel einer noch<br />

innigeren Vereinigung werden“. Das Wort rechtlich ersetzt hier eine Einschränkung<br />

dieser Lehre, die ohne diese unvollständig und sogar potentiell gefährlich wäre. Es<br />

gibt Handlungen, die ihrem Wesen nach übel oder schädlich sind; und keine gute<br />

Absicht, keine bewusste Darbringung vor Gott, kein Verzicht auf ihre Früchte kann<br />

den ihnen innewohnenden Charakter wandeln. Nicht nur in Verbindung mit einer<br />

Reihe jedes Verbrechen untersagender Gebote muss der heilige Gleichmut gelehrt<br />

werden, sondern auch mit einem klaren Begriff dessen, was bei Buddhas achtteiligem<br />

Pfad „rechtes Handeln“ genannt wird. Daher ist für den Buddhisten rechtes<br />

Handeln unvereinbar mit der Herstellung tödlicher Waffen und Gifte, wie es für den<br />

Christen des Mittelalters unvereinbar gewesen ist mit Zinserhebung und verschiedenen<br />

monopolistischen Betätigungen, die heutzutage als rechtliches, gutes Gewerbe<br />

angesehen werden. John Woolman, der amerikanische Quäker, gibt ein höchst aufschlussreiches<br />

Beispiel für die Möglichkeit des Menschen, auf dieser Welt zu leben,<br />

vollkommene Löslösung von ihr zu üben und doch empfindsam zu bleiben für die<br />

Bedingungen des rechten Handelns. So weigerte sich Woolman, den Kunden, die in<br />

seinen Laden kamen, westindischen Zucker und Rum zu verkaufen, obgleich dies<br />

vorteilhaft für ihn und vollkommen rechtmäßig gewesen wäre. Er tat dies, weil diese<br />

Produkte der Ertrag von Sklavenarbeit waren. Ebenso wäre es durchaus gesetzmäßig<br />

und für ihn sehr bequem gewesen, mit der Postkutsche zu fahren, als er in England<br />

war. Trotzdem zog er es vor, seine Reisen zu Fuß zu machen. Warum? Weil die<br />

Annehmlichkeit des raschen Fahrens nur auf Kosten der grausam überforderten<br />

Pferde und Postkutscher genossen werden konnte, die unter unwürdigsten Bedingungen<br />

arbeiten mussten. In Woolman’s Augen war dieses Transportsystem als solches<br />

ablehnenswert, und keine noch so große persönliche Loslösung konnte es zu<br />

etwas begehrenswertem machen. Also schulterte er seinen Reisesack und ging zu<br />

Fuß.<br />

Auf den vergangenen Seiten habe ich zu zeigen versucht, dass die Ewige Weisheit<br />

und ihre ethischen Begleitsätze den höchsten gemeinsamen Faktor ausmachen, der<br />

allen Weltreligionen innewohnt. <strong>Die</strong>se Wahrheit zu bestätigen, ist niemals notwendiger<br />

gewesen als zu unserer Zeit. Nie wird es dauernden Frieden geben, so lange die<br />

Menschheit nicht so weit kommt, eine Lebensphilosophie anzunehmen, die den kosmischen<br />

und psychologischen Tatsachen mehr entspricht als die irren Abgöttereien<br />

28


des Nationalismus und der rätselhafte Glaube des Reklame besessenen Menschen<br />

an den Fortschritt, der auf ein mechanisiertes Neues Jerusalem zustrebt. Wie wir<br />

gesehen haben, sind alle Grundstoffe der Ewigen Weisheit in den traditionellen Religionen<br />

vorhanden. Aber wie die Dinge nun einmal liegen, besteht nicht die leiseste<br />

Aussicht, dass eine dieser traditionellen Religionen Weltgültigkeit erlangen wird.<br />

Europäer und Amerikaner sehen keinen Grund, warum sie, sagen wir, Hinduisten<br />

oder Buddhisten werden sollten. Und von den Völkern Asiens ist kaum zu erwarten,<br />

dass sie sich ihrer eigenen Traditionen begeben zugunsten eines Christentums, zu<br />

dem sich, oft aufrichtigerweise, die Imperialisten bekannten, die mehr als vier Jahrhunderte<br />

lang den Osten überfallen, systematisch ausgebeutet und unterdrückt haben<br />

und nun ihr Zerstörungswerk krönen, indem sie ihn „erziehen“,<br />

Aber glücklicherweise gibt es den höchsten gemeinsamen Faktor aller Religionen,<br />

die Ewige Weisheit, die immer und überall das metaphysische System der Propheten,<br />

Heiligen und Weisen gewesen ist. <strong>Die</strong> Menschen können durchaus gute Christen,<br />

Hindus, Buddhisten und Mohammedaner bleiben und doch, auf den Grundlehren<br />

der Ewigen Weisheit fußend, in voller Übereinstimmung und Harmonie leben.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist vielleicht die systematisch geordnetste schriftliche Darstellung<br />

der Ewigen Weisheit, Einer Welt voller Krieg, einer Welt, die, da ihr die<br />

intellektuellen und geistigen Vorbedingungen für den Frieden fehlen, nur auf<br />

einen widerruflichen, hochgerüsteteten Waffenstillstand hoffen kann, zeigt sie<br />

klar und unmissverständlich den einzigen Weg, wie sie der selbstauferlegten<br />

Notwendigkeit der Eigenzerstörung zu entgehen vermag. Aus diesem Grunde<br />

müssen wir Swami Prabhavananda und Christopher Isherwood für die neue<br />

Leseart dieses Buches dankbar sein – eine Leseart, die nicht nur ohne die<br />

durch allzu viele Übersetzungen aus dem Sanskrit hervorgerufene ästhetische,<br />

mühselige Qual, sondern mit reiner Freude aufgenommen werden kann.<br />

Aldous Huxley<br />

29


<strong>Gita</strong> und Mahabharata<br />

Das Mabaharata gilt als das längste Gedicht der Welt. In seiner ursprünglichen Form<br />

bestand es aus 24 000 Versen und wuchs zu über hunderttausend an. Wie das Alte<br />

Testament ist es kein homogenes Werk, sondern eine Sammlung von Erzählungen.<br />

Sein Kernthema ist, wie der Name schon sagt, die Geschichte von König Bharatas<br />

Nachkommenschaft (Maha heißt groß) und des alten Indiens, des Landes, in welchen<br />

die Bharatas gelebt und geherrscht haben.<br />

Nach dem Tode König Pandus, so erzählt uns das Mahabharata, folgte ihm sein<br />

Bruder Dhritaraschtras auf den Thron. Dhritaraschtras ließ die fünf Söhne Pandus,<br />

die Pandavas, mit seinen eigenen hundert Söhnen erziehen.<br />

Als sie zu Männern geworden waren, zeichneten sich die Pandavas durch Frömmigkeit<br />

und heldische Tugenden vor allem aus. <strong>Die</strong>s erregte Duryodhana, des ältesten<br />

Sohne Dhritaraschtras, Eifersucht, und er fasste den Entschluss, sie zu töten.<br />

Sein Plan war, in einer entfernten Stadt einen Palast zu bauen und die Pandavas<br />

einzuladen, während eines religiösen Festes darin zu wohnen. Der Palast wurde erbaut<br />

und zwar aus einem leicht brennbaren Material, das Duryodhana <strong>Die</strong>ner ohne<br />

Mühe in Brand setzen konnten. Am festgesetzten Tage erschienen die Gäste, und<br />

nachts ging der Palast in Flammen auf. Doch die Pandavas und Kunti, ihre Mutter,<br />

waren rechtzeitig gewarnt worden und flohen. Duryodhana jedoch hielt sie für tot.<br />

<strong>Die</strong> Pandavas aber lebten als Brahmanen verkleidet in einem Walde, wo sie viele<br />

Gefahren und Aberteuer bestanden. Eines Tages erfuhren sie, dass ein benachbarter<br />

König sich anschickte, einen Gatten für seine Tochter zu wählen. Der Sieger<br />

musste einen Bogen von gewaltiger Größe spannen und mit dem Pfeil eine winzige<br />

Zielscheibe treffen. <strong>Die</strong> Pandavas beschlossen, es zu versuchen und begaben sich<br />

in ihrer Verkleidung zu der Stadt.<br />

Aus ganz Indien hatten sich Freier eingefunden, unter ihnen auch Duryodhana. Einer<br />

nach dem anderen versagten sie bei der Prüfung. Schließlich erhob sich Arjuna, der<br />

dritte der Pandavas, spannte den Bogen und traf die Scheibe mit der größten Leichtigkeit.<br />

Draupati, die Prinzessin, warf ihm den Siegerkranz zu. Doch die versammelten<br />

Prinzen konnten diese Demütigung von Seiten eines anscheinend armen und<br />

unkriegerischen Brahmanen nicht einstecken. Ein furchtbarer Kampf wäre entbrannt,<br />

wie in der Geschichte Ulysses, hätte Krischna, der auch zugegen war, nicht eingegriffen<br />

und ihnen klargemacht, dass Arjuna ein Recht auf seine Braut habe. Krischna<br />

war ein Vetter der Pandavas, aber keiner von Dhritaraschtras Söhnen.<br />

<strong>Die</strong> Brüder wanderten mit Draupati in den Wald zurück, wo Kunti sie bereits erwartete.<br />

„Mutter“, riefen sie, „wir bringen einen wundersamen Schatz heim!“ „Dann teilt ihn<br />

auch ehrlich, meine Kinder“, antwortete Kunti. Dann erst sah sie die Prinzessin und<br />

rief entsetzt aus: „Oh, was habe ich da gesagt!“ Aber es war zu spät. Ihr Wort war<br />

ihren Söhnen heilig. So vermählte Draupati sich mit allen fünf Brüdern.<br />

30


Dhritaraschtra und sein Sohn wussten jetzt, dass die Pandavas nicht nur am Leben,<br />

sondern auch mit einem mächtigen Monarchen durch Heirat verbündet waren. Duryodhana<br />

verlangte es danach, die Feindschaft fortzusetzen. Doch Dhritaraschtra<br />

schenkte klüglich dem Rat seines Oheims Bhisma Gehör, der lautete, nach den Brüdern<br />

zu senden und ihnen die Hälfte des Königreiches anzubieten. So wurden denn<br />

das Reich geteilt.<br />

<strong>Die</strong> Pandavas erhielten den schlechtesten Teil, eine Wildnis am Flusse Jamuna. Sie<br />

machten sie urbar und erbauten eine herrliche Stadt und setzten Yudhisthira, den<br />

ältesten der Brüder, als König ein.<br />

Nur lebten die fünf Brüder in Glanz und Ruhm und Duryodhana hasste sie glühender<br />

denn je. Seine Eifersucht heckte einen neuen Plan zu ihrem Untergang aus. Der<br />

fromme und edle Yudhisthira hatte eine verhängnisvolle Neigung zum Spiel. Deshalb<br />

forderte Duryodhana ihn zum Würfelspiel mit einem durchtriebenen Gauner namens<br />

Sakuni heraus, wohl wissend, dass der König sich ehrenhalber verpflichtet fühlte,<br />

anzunehmen. Sie spielten, Sakuni betrog, und Yudhisthira verlor Spiel um Spiel, wobei<br />

er sein Vermögen, sein Königreich, schließlich seine Brüder, Draupati und sich<br />

selbst zum Pfand einsetzte. Sie alle waren nun die Sklaven von Duryodhanas Rache<br />

und wurden Schmähungen und Grausamkeiten ausgesetzt, bis Dhritaraschtra eingriff<br />

und darauf bestand, dass ihnen die Freiheit und ihr Königreich zurückgegeben werden.<br />

Aber Duryodhana redete auf seinen Vater ein, bis dieser ihm die Erlaubnis zu einem<br />

zweiten Würfel-Wettspiel gab. Der Unterlegene verwirkte sein Königreich, musste<br />

sich auf zwölf Jahre in den Wald zurückziehen, dann ein Jahr lang in der Stadt leben,<br />

ohne erkannt zu werden. Entdeckte man ihn aber doch, so begann seine Verbannungszeit<br />

aufs Neue. Auch dieses Spiel verlor Yudhisthira. Also wanderten die Pandavas<br />

wieder zurück in den Wald. Aus ihrer Not aber machten sie eine Tugend, indem<br />

sie religiöse Kasteiung übten und viele Heldentaten vollbrachten.<br />

Einmal, so erfahren wir, litten die Brüder auf ihren Wanderungen an furchtbarem<br />

Durst. Nakula, der Jüngste, wurde ausgesandt, um Wasser zu suchen. Er fand einen<br />

See, der so klar aussah wie Kristall. Als er sich darüber beugte, sagte eine Stimme:<br />

„Halt an, mein Kind! Erst beantworte meine Fragen. Dann magst Du trinken.“ Nakula<br />

aber in seinem übermäßigen Durst achtete der Stimme nicht: er trank und sank augenblicklich<br />

zu Boden. Da zog sein Bruder Sahadeva aus, um ihn zu suchen. Auch<br />

erfand den See, auch er trank, ohne der Stimme Gehör zu schenken und fiel tot zu<br />

Boden. So starben vier von den Brüdern.<br />

Als letzter kam Yudhisthira. Er fand die Leichname und begann laut zu klagen. Da<br />

sagte die Stimme zu ihm: „Kind, erst beantworte meine Fragen, dann will ich Deinen<br />

Kummer und Deinen Durst stillen.“ Yudhisthira wandte sich um und sah Dharma, die<br />

Personifikation von Pflicht und Tugend, in Gestalt eines Kranichs neben sich stehen.<br />

„Wie heißt der Weg zum Himmel?“ fragte der Kranich.<br />

„Wahrheitsliebe.“<br />

„Wie gelangt der Mensch zum Glück?“<br />

„Durch rechten Wandel.“<br />

„Was muss er überwinden, um dem Leid zu entgehen?“<br />

„Seine Begierden.“<br />

„Wann wird der Mensch geliebt?“<br />

„Wenn er frei ist von Eitelkeit.“<br />

31


„Welches von den Wundern der Welt ist das verwunderlichste?“<br />

„Dass kein Mensch, obgleich er alle anderen rings um sich sterben sieht, an<br />

seinen eigenen Tod glaubt.“<br />

„Wie erlangt man wahre Frömmigkeit?“<br />

„Nicht durch Beweise, nicht durch Schriften und Lehren. <strong>Die</strong>s alles ist nutzlos.<br />

Der Pfad zur Frömmigkeit kann nur von Heiligen beschritten werden.“<br />

Dharma war von den Antworten befriedigt. Er gab sich Yudhisthira zu erkennen und<br />

erweckte die vier Brüder wieder zum Leben.<br />

Als die Zeit der Verbannung schließlich abgelaufen war, verlangte Yudhisthira sein<br />

Königreich zurück, aber Duryodhana verweigerte es ihm Yudhisthira sage, er wolle<br />

sich mit nur einem Dorf für sich und jeden seiner Brüder zufrieden geben. Aber Duryodhana<br />

in seiner wahnwitzigen Gier konnte sich nicht einmal dazu bereiterklären. <strong>Die</strong><br />

älteren Mitglieder der Familie suchten zu vermitteln, erreichten aber nichts. Also war<br />

ein Krieg unvermeidbar. Benachbarte Könige wurden in diesen Streit hineingezogen,<br />

bis schließlich ganz Indien daran beteiligt war. Beide Seiten verlangten Krischnas<br />

Hilfe. Beide stellte dieser vor die gleiche Wahl. „Ihr könnt entweder die Hilfe meiner<br />

Sippe, der Vrischnis, in der Schlacht haben“, sagte er zu ihnen, „oder mich allein. Ich<br />

aber werde nicht am Kampfe teilnehmen.“<br />

Duryodhana wählte die Vrischnis, Arjuna wollte Krischna selbst haben als seinen eigenen<br />

Wagenlenker.<br />

Der Kampf wurde auf der Ebene von Korukschetra ausgetragen, dem heiligen Platz<br />

der Pilger. Hier war es gerade bevor die Heere einander begegneten, dass Krischna<br />

und Arjuna das Gespräch führten, von dem die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> berichtet.<br />

<strong>Die</strong> Schlacht dauerte achtzehn Tage lang und endete mit dem Tod Duryodhanas und<br />

dem vollständigen Sieg der Pandavas. Danach wurde Yudhisthira zum unumschränkten<br />

Herrscher über Indien ausgerufen, das er sechsunddreißig Jahre lang<br />

regierte.<br />

<strong>Die</strong> Geschichte endet mit der Pilgerschaft Draupatis und der Pandavas auf die Höhen<br />

des Himalayas zur Wohnstätte Gottes. Auf dem Wege dorthin sterben die Königin<br />

und vier Brüder: Sie sind noch nicht so rein, dass sie den Himmel mit menschlichem<br />

Leibe betreten dürften. Nur Yudhisthira, der königliche Heilige, wandert weiter,<br />

von seinem treuen Hunde begleitet. Als sie den Himmel erreichen, verweigert Indra,<br />

der Götterkönig, dem Hund den Eintritt. Da erklärt Yudhisthira, wenn dem so sei, wolle<br />

auch er außen bleiben, denn nichts könne ihn dazu bewegen, ein Geschöpf zu<br />

verlassen, das ihm vertraue und seines Schutzes bedürfe. Schließlich werden nach<br />

langen Hin- und Widerreden beide zugelassen. Da gibt der Hund sich als Dharma zu<br />

erkennen. <strong>Die</strong>s war eine weitere Prüfung von Yudhisthiras geistiger Größe. Eine letzte<br />

sollte noch folgen. Als der König um sich blickte, entdeckte er, dass der Himmel<br />

erfüllt war von seinen irdischen Feinden.<br />

„Wo“, fragte er, „sind meine Brüder und Gefährten?“ Indra führte ihn in eine düstere,<br />

entsetzliche Gegend, zum Höllengrund selbst. „Dann will ich hier bleiben“, sagte Y-<br />

udhisthira, denn der Ort, wo sie sich befinden, ist der Himmel für mich.“ Auf diese<br />

Worte hin verschwand alles Düstere und Entsetzliche. Yudhisthira und die anderen<br />

Pandavas schritten über die Grenzen der Erscheinungen von Himmel und Hölle hinweg<br />

in das ewige, göttliche Sein, in die Unsterblichkeit.<br />

32


<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> – wörtlich Gesang des Erhabenen – wird von den Hindus nicht<br />

als Sruti (biblische, von Gott den Menschen offenbarte Lehre wie die Upanischaden)<br />

angesehen, sondern nur als Smriti (die Lehre göttlicher Inkarnationen, Heiliger und<br />

Propheten, welche die von Gott gegebene Wahrheit der Heiligen Schriften erläutern<br />

und ausarbeiten). Trotzdem ist sie das beliebteste Buch der religiösen Hinduliteratur,<br />

ja man kann sagen, das Evangelium Indiens. Seit Jahrhunderten hat es das geistige,<br />

kulturelle, intellektuelle und politische Leben des Landes aufs tiefste beeinflusst und<br />

tut dies auch heute noch. Jeder westliche Mensch, der die geistige Entwicklung der<br />

indischen Denker und Führer zu verstehen wünscht, sollte es studieren.<br />

<strong>Die</strong> Entstehung der <strong>Gita</strong> wird gewöhnlich von Gelehrten ungefähr zwischen dem fünften<br />

und dem zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung angenommen. <strong>Die</strong> meisten<br />

von ihnen stimmen darin überein, dass sie ursprünglich nicht ein Teil des Mahabharata<br />

gewesen sei, doch heißt das nicht notwendig, sie sei später entstanden als<br />

dieses Epos. Sie scheint eine Weile unabhängig davon existiert zu haben.<br />

In den Wechselgesprächen der <strong>Gita</strong> gibt es vier Sprecher: König Dhirtaraschtra, Sajaya,<br />

Ardschnuna und Krischna.<br />

Dhritaraschtra ist blind. Der weise Vyasa (der von der Tradition für den Autor der <strong>Gita</strong><br />

angesehen wird) bietet ihm an, sein Augenlicht wieder herzustellen, damit er die<br />

Schlacht von Kurukschetra verfolgen könne. Doch Dhritaraschtra lehnt ab. Er kann<br />

es nicht ertragen, seine Blutsverwandten fallen zu sehen. So überträgt Vyasa die<br />

psychische Gabe des Hellsehens und Hellhörens auf Sandschaya, der Dhritaraschtras<br />

Minister und Wagenlenker ist. Währen sie im Palast beisammensitzen, beschreibt<br />

Sadshaya seinem Herrn alles, was er auf dem fernen Schlachtfeld sieht und<br />

hört. Durch seinen Mund werden die Worte Krischnas und Arjunas mittelbar berichtet.<br />

Gelegentlich unterbricht er seine Rede, um eigene schildernde Bemerkungen<br />

einzuflechten.<br />

Sri Krischna (Sri ist ein Titel der Ehrfurcht wie Herr vor Gott oder Jesus) wurde der<br />

Christus von Indien genannt. Und tatsächlich gibt es einige auffallende Parallelen<br />

zwischen Krishas Leben, wie es im Bhagavatam und anderwärts erzählt wird, und<br />

dem Leben Jesu von Nazareth. In beiden Fällen vermischen sich Legende und Tatsache.<br />

Doch hat das geschichtliche Problem nichts mit der Einstellung zu der Botschaft<br />

der <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> zu tun. Für denjenigen, der als Sucher nach geistiger<br />

Wahrheit die <strong>Gita</strong> oder die Bergpredigt liest, kann es nicht von Wichtigkeit sein,<br />

ob der historische Krischna und der historische Jesus wirklich gelebt haben<br />

oder nicht.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> befasst sich nicht vornehmlich mit Krischna als Individuum, sondern mit seinem<br />

Aspekt als Brahman. Brahman ist hierbei verstanden als der Urgrund des Universums<br />

und als die quintessentielle Geistigkeit und Energie, die sich mit dem Urknall<br />

und der Entstehung des Universums bis hin zu unserer Galaxie und unserem<br />

Sonnensystem.<br />

Auf dem Planeten Erde entstand das Leben im Sinne der Inkarnation als in sich stehende<br />

Kraft. Als eine Kraft, die begrifflich für menschliches Begreifen ein Mysterium<br />

ist.<br />

Seit der Entstehung des Planeten Erde in unserem Sonnensystem vor etwa 4,5<br />

Jahrmilliarden, hat sich auf unserem Planeten bedingt durch eine kausale Kette der<br />

Energieumwandlung, die nicht nur unseren Planeten betrifft, sondern kausal und mathematisch<br />

über unser Sonnensystem hinaus, unsere Galaxie und das Universum an<br />

sich betrifft.<br />

33


Insofern die Wissenschaft feststellt, dass es im Universum derart viele Sonnen gibt,<br />

wie Sandkörner auf unserem Planeten, ist es für den Sucher nach geistiger Wahrheit<br />

genauso unbedeutend, ob es außerirdische Lebewesen gibt:<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> zeigt den Weg zur Kontemplation (Einfalt) mit der inwendigen<br />

Kausalkraft der Schöpfung an sich. Was vor dem Urknall vor 13,5 Jahrmilliarden in<br />

etwa war, ist genauso unbeschreibbar, wie dass das Vakuum voller Leben ist. – Und<br />

mit dem Ende unseres jetzigen Universums ist es gleichsam wie mit unserem eigenen<br />

Tode: Unser Begreifen ist außerstande, das zu erklären.<br />

Und so sehr wir uns wissenschaftlich anstrengen – noch befangen von Deutungen<br />

von Himmel und Hölle, Engeln und Teufeln – verstehen zu wollen, was die Genesis<br />

an sich beinhaltet, gilt primär doch voran wissenschaftlich zu verstehen, wer jeder<br />

Einzelne von uns ist und wie wir eine Gesellschaft gestalten können, die gleich einer<br />

gegebenen Gefahr eines Meteoriteneinschlags, der diesen Planeten vernichten werde<br />

oder sonstiger Katastrophen, miteinander friedlich zusammenzuleben, uns gegenseitig<br />

zu respektieren und zu achten. – Wohlwissend, dass kein Leben niemals<br />

sich selbst als eine Göttlichkeit begreife, doch alle Existenz an sich eben dieses Mysterium,<br />

ist welches wir verkenntlich als eine außer uns seiende Göttlichkeit ansehen,<br />

aber absolut verkennen, dass wir unserem persönlichem und gemeinschaftlichen<br />

Begreifen einräumen müssen, dass wir eine Folge der Evolution sind.<br />

Vielen mutigen Aufklärern sei Dank, die mutig gegen Aberglauben und Willkür damaliger<br />

Dummheit, Zusammenrottung im Sinne bürgerlicher Anschauungen und der religiösen<br />

Doktrin (!) ihre Arbeiten veröffentlichten und zu unserer heutigen Demokratie,<br />

Freiheit und Rechtschaffenheit beigetragen und mitunter mit Qualen oder mit ihrem<br />

Leben dafür – weil sie rechtschaffend waren – vom Klerus und vom Mob, weil sie<br />

dem Bündel ihrer Ansichten widersprachen, gerichtet wurden.<br />

<strong>Die</strong> Demokratie in unserem jungen Jahrhundert möge hoffentlich ein Jahrhundert von<br />

Einsicht, Einkehr, Verständnis und Gemeinschaft sein.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> solle in diesem Sinne verstanden sein, als eine Alternative zu<br />

unserer heutigen vom Geldfluss und Kapitalismus geprägten internationalen Gesellschaftsform,<br />

die dabei ist, alles, was aus sich selbst entstanden ist und sich als Biotop<br />

einbegreift, zu zerstören.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> befasst sich nicht vornehmlich mit Krischna als Individuum, sondern mit seinem<br />

Aspekt als Brahman, der letzten Wahrheit. Wenn Krischna mit Arjuna spricht, so<br />

tut er das manchesmal als Individuum, oft aber auch als Gott selbst:<br />

„Denn ich bin Brahman<br />

In diesem Leibe,<br />

Unsterbliches Leben,<br />

Das niemals verwelkt.<br />

Ich bin die Wahrheit,<br />

<strong>Die</strong> ewige Freude.“<br />

34


Auch Arjuna drückt in seiner Haltung zu Krischna diese zwiefache Beziehung aus.<br />

Krischna ist die göttliche Inkarnation von Vischnu, Arjunas erwählter Gottheit. <strong>Die</strong>s<br />

weiß Arjuna, doch eine barmherzige Einfalt lässt ihn das manchmal vergessen.<br />

Krischna selbst ist es, der es ihn vergessen lässt, denn ein gewöhnlicher Sterblicher<br />

könnte die Spannung eines dauernden Zusammenseins mit Gott unmöglich ertragen.<br />

Nach der Vision von Krischnas Aspekt, von der im elften Kapitel berichtet wird, ist<br />

Arjuna entsetzt über die Erkenntnis, dass der den Herrn des Weltalls wie einen<br />

„Freund und sterblichen Mitmenschen“ behandelt hat. Demütig bittet er Krischna um<br />

Vergebung; bald aber verlässt seine Furcht ihn wieder, denn abermals wurde ihm<br />

Vergessen zuteil. Wir dürfen auf die gleiche Beziehung zwischen Jesus und seinen<br />

Jüngern folgern nach der Vision seiner Verklärung.<br />

König Dhritaraschtra spricht nur ein einiges Mal. Tatsächlich stellt er nur die eröffnende<br />

Frage an Sandschaya, aus dessen Antwort sich die ganze Erzählung der <strong>Gita</strong><br />

aufbaut.<br />

35


Erstes Kapitel<br />

Arjunas 17 Kummer<br />

Dhritaraschtra:<br />

Sage mir an, Sandschaya, was taten meine Söhne und die Söhne Pandu, als sie<br />

sich kampfbereit auf dem heiligen Felde von Kurukschetra versammelten?<br />

(In den folgenden Versen beschreibt Sandschaya, wie Duryodnaha sich angesichts<br />

der gegnerischen Pandava-Heeres an Drona, seinen Lehrer, wendet und ihm seine<br />

Befürchtung kundtut, die eigenen Scharen seien, obgleich größer an Zahl, die<br />

schwächeren von beiden, und er nennt die führenden Krieger beider Seiten bei Namen.<br />

<strong>Die</strong>s ist eine Art Verzeichnis, das sich in allen epischen Werken findet und nicht<br />

wörtlich übertragen zu werden braucht.<br />

Um Duryodhanas wankenden Mut zu festigen, stößt Bhisma, der Oberbefehlshaber,<br />

in sein Muschelhorn. Doch ist dies ein unüberlegtes Vorgehen, denn die feindlichen<br />

Führer stoßen ebenfalls in Erwiderung darauf in ihre Hörner, und der Lärm, der dadurch<br />

entsteht, ist viel mächtiger. Der davon ‚hallte wieder durch Himmel und Erde’,<br />

so wird berichtet.<br />

(Nun spricht Arjuna zu Krischna, seinem Freund und Wagenlenker.)<br />

Arjuna<br />

Krischna, Wandelloser,<br />

Halt den Wagen<br />

Dort, wo die Krieger<br />

Kampfesbegierig<br />

Trotzen dem Feinde.<br />

Zwischen den Heeren<br />

Lass mich sie ansehn,<br />

<strong>Die</strong> ich bekämpfe,<br />

Zahllos geschart jetzt<br />

Auf das Geheiß hin<br />

All ihrer Führer: des<br />

Blinden Dhritaraschtras<br />

Schmachvolle Söhne. -<br />

Sie sind mir Feind in dem<br />

Krieg, der da anhebt.<br />

Da fuhr Krischna, der Überwinder der Sinne, also gebeten von Arjuna, dem Bezwinger<br />

der Trägheit 18 , den prächtigen Wagen zu einer Stelle zwischen den Heeren von<br />

Bhisma, Drona und alle anderen Herrscher der Erde. Und er sagte: „Sieh' hin, mein<br />

Prinz, hier sind die sämtlichen Kurus.“<br />

17 sprich Ardschuna<br />

18 <strong>Die</strong> Tradition sagt, Arjuna habe völlig ohne Schlaf gelebt. Wir dürfen das dahin deuten, dass er über<br />

jede Form der Trägheit erhaben gewesen sei.<br />

36


Und der Prinz sah die Truppen und gewahrte in beiden Heeren Väter und Großväter,<br />

Lehrer, Oheime, Söhne, Brüder, Enkel, Schwäger, geliebte Freunde und viele andere<br />

vertraute Gesichter.<br />

Als Kuntis Sohn alle die Reihen seiner Verwandten sah, ward er erfüllt von glühendem<br />

Mitleid und verzweifelt sprach er wie folgt:<br />

Arjuna<br />

Krischna, Krischna,<br />

Nun ich gewahre<br />

Alle Verwandten in<br />

Schlachtrein geordnet,<br />

Wanken die Glieder mein.<br />

Dorrt mir die Lippe<br />

Zittert mein Körper,<br />

Brennt mir die Haut<br />

Und meine Haare stehen zu Berge.<br />

Gandiva, mein Bogen<br />

Entgleitet meinen Händen.<br />

Mein Hirn ist in Aufruhr<br />

Und wirbelt in Wirrnis,<br />

<strong>Die</strong> Knie versagen.<br />

Oh Krischna, ich sehe<br />

Viel Zeichen des Unheils.<br />

Was kann ich hoffen vom<br />

Töten der Meinen?<br />

Was fang ich an mit<br />

Sieg und mit Herrschaft<br />

Und ihren Genuss?<br />

Oh Govinda 19<br />

Kann mich es verlangen nach<br />

Macht und Freuden,<br />

Eigenem Leben selbst,<br />

Sehe ich die anderen,<br />

Lehrer und Väter,<br />

Oheime, Großväter,<br />

Söhne und Brüder,<br />

Gatten von Schwestern,<br />

Enkel und Vettern,<br />

Um derentwillen nur<br />

Ich mich des Daseins freu,<br />

19 Einer von Sri Krischnas Namen; er bedeutet: Erleuchteter.<br />

37


Dasteht, bereit,<br />

Blut und Habe zu wagen<br />

Im Krieg gegen uns?<br />

Allweiser, könnte ich,<br />

Schlügen sie mich auch,<br />

Je sie verletzen?<br />

Selbst nicht zu wünschen<br />

Vermag ich es: Niemals!<br />

Brächte es auch ein mir<br />

Den Thron der drei Welten,<br />

Um wie viel weniger<br />

Für irdische Herrschaft.<br />

Krischna, Erhörer der Menschengebete,<br />

Sag an, wie können wir Glück uns erhoffen,<br />

Hinmähend die Nachkommen Von Dhritaraschtra?<br />

Töten wir sie, übersteigt unsere Sünde die ihre.<br />

Wie wagt’ ich je, ihr Blut zu vergießen.<br />

Blut, das uns Eins macht?<br />

Wo läge das Glück im Töten Verwandter?<br />

Falsch ist ihr Herz<br />

Vor Gier und verblendet:<br />

Sie seh'n kein Arg im<br />

Zerreißen der Blutsbande,<br />

Seh'n keine Schmach im<br />

Verrat der Gefährten.<br />

Wir aber, klaräugig,<br />

Wissend um Untergang<br />

Entzweiter Sippe,<br />

Soll'n wir nicht meiden<br />

Solche Schuld, Krischna?<br />

38


Wir kennen das Schicksal<br />

Zerstörter Familien:<br />

<strong>Die</strong> Bräuche versinken,<br />

Das Laster greift um sich,<br />

Entweiht die Frauen.<br />

Und sind sie verdorben,<br />

Kommet Kastenmischung:<br />

Der Fluch der Verwirrung<br />

Entwürdigt die Opfer,<br />

Verdammt die Zerstörer.<br />

Reis nicht, noch Wasser<br />

Werden geopfert,<br />

<strong>Die</strong> Ahnen selbst müssen<br />

Ohne Ehrung fallen<br />

Vom Heim des Himmels.<br />

So wirkt der Frevel<br />

Des Brudermordes:<br />

Das Einstige, das Heilige<br />

Ist hin und vergessen.<br />

Das ist das Los derer,<br />

<strong>Die</strong> Kaste und Ritus verloren:<br />

Endloses Dunkel und<br />

Zweifel und Hölle.<br />

Wie heißt, oh Krischna,<br />

<strong>Die</strong> Schuld, die ich plane?<br />

Mord heißt der Frevel,<br />

grausigster Brudermord!<br />

Bin ich denn wirklich<br />

So gierig nach Macht?<br />

Viel lieber lass die<br />

Missratenen Söhne<br />

Von Dhritaraschtra<br />

Mit ihren Waffen<br />

Rasch mich besiegen:<br />

Ich will nicht kämpfen,<br />

Will sie nicht schlagen.<br />

Ist doch mein Tod mir<br />

Lieber als Mord.<br />

39


Nachdem er also gesprochen hatte, warf Arjuna Pfeil und Bogen mitten in das<br />

Schlachtfeld, ließ sich nieder auf den Sitz seines Wagens, und sein Herz war von<br />

Kummer erfüllt.<br />

•<br />

Krischna und Arjuna<br />

40


Zweites Kapitel<br />

Yoga der Erkenntnis<br />

Sandschaya:<br />

Tränen entfielen seinen Augen, und sein Sinn war voll Gram und verwirrt von Mitleid.<br />

Und Sri Krischna sprach also zu ihm:<br />

Sri Krischna:<br />

Arjuna, ist diese Stunde der Schlacht der rechte Augenblick für Zweifel und Zögern?<br />

Stehen solche Dir an, Dir, der Erleuchtung sucht? Sogar der Tapfere, der nichts anderes<br />

erhofft als Ruhm oder den Himmel, würde ihrer nicht achten.<br />

Was soll diese Schwäche? Sie ist Deiner nicht würdig. Ist’s unbegründet, dass Du<br />

der Feinde-Vernichter genannt wirst? Wirf ab diese Feigheit, Arjuna, erhebe Dich!<br />

Arjuna:<br />

Bhisma und Drona sind Edle, Altehrwürdige, der höchsten Achtung wert. Wie darf ich<br />

sie kämpfend mit Pfeilen begrüßen? Wenn ich sie töte, wie könnt ich mich je meines<br />

Reichtums erfreuen und sämtlicher anderen Genüsse? Alles wäre in Blutschuld getaucht.<br />

Viel lieber schone ich ihrer und esse das Brot des Bettlers.<br />

Was das Schlimmre: Sieger sein in diesem Krieg oder Besiegter? Ich weiß es kaum.<br />

Sogar die Söhne Dhritaraschtras stehen in den Feindesreihen. Töte ich sie, wird keiner<br />

der unseren mehr leben wollen.<br />

Ist es wahres Mitleid, das ich empfinde oder nur Wahn? Es tastet mein Geist im Dunkel<br />

umher und kann nicht erkennen, was Pflicht von mir heischt. Krischna, ich flehe<br />

Dich an, sag mir offen und klar, was zu tun ist. Ich bin Dein Schüler und gebe mich in<br />

Deine Hand. Zeig mir den Weg.<br />

Nicht irdische Herrschaft,<br />

<strong>Die</strong> unumschränkte,<br />

Nein, auch der Thron nicht<br />

Der Götter im Himmel,<br />

Heilt meinen Gram,<br />

Der die Sinne mir lähmt.<br />

41


Sandschaya:<br />

Als Arjuna, der Feinde-Vernichter, der Nimmerträge, zu Govinda, dem Beherrscher<br />

der Sinne, also geredet hatte, fügte er nurmehr hinzu: „Ich will nicht kämpfen“, und<br />

verfiel in Schweigen.<br />

Da sprach zu dem Kummergebeugten zwischen den beiden Heeren lächelnd dies<br />

der Beherrscher der Sinne:<br />

Sri Krischna:<br />

Weise sind Deine Worte, Arjuna, doch grämst Du Dich um ein Nichts. Wahres Wissen<br />

trauert nicht um Lebende noch um Tode.<br />

Nie hat es eine Zeit gegeben, da ich nicht war, noch Du, noch einer dieser Könige.<br />

Und auch in aller Zukunft wird unser Sein nicht enden. Just wie der Eigner dies Leibes<br />

durch Kindheit, Manneskraft und Greisenalter geht, so tauscht er sich beim Tod<br />

nur einen anderen Leib ein. Den Weisen ist dies offenbar.<br />

Empfindungen von Hitze, Kälte, Lust und Leiden entstehen durch das, was unsere<br />

Sinne anrührt. Sie kommen, gehen und dauern nicht. <strong>Die</strong>s ist hinzunehmen.<br />

Der ungetrübte Geist sieht Freud und Gram gelassnen Sinnes entgegen und lässt<br />

sich nicht erschüttern. Er nur ist würdig der Unsterblichkeit.<br />

Was nicht ist, kann ins Sein nicht kommen, und das, was ist, hört niemals auf zu<br />

sein. Wer diese innerlichste Wahrheit weiß, der kennt auch die Natur von Sein und<br />

Nichtsein.<br />

Und diese Wahrheit, die alles durchdringt, ist unzerstörbar. Denn nichts hat Macht,<br />

das Wandellose je zu verwandeln.<br />

Dem Leibe ist der Tod beschieden, doch was den Leib besitzt, ist ewig. Nicht kann es<br />

zersetzt, noch können Grenzen ihm gezogen werden. Drum musst Du kämpfen.<br />

20 <strong>Die</strong> Gottheit in jedem Wesen<br />

Wer sagt, der Atman 20<br />

Werde getötet,<br />

Wer sagt, er töte,<br />

Hat nichts begriffen.<br />

Wie könnte er töten?<br />

Wer sollte ihn töten?<br />

Siehe, der Atman wird nicht<br />

Geboren und stirbt nicht,<br />

Ist nimmerendend,<br />

Todlos, geburtlos,<br />

Ewig unwandelbar.<br />

Wie könnt er sterben<br />

Den leiblichen Tod?<br />

Nun Du weißt: herkunftslos,<br />

Nun Du weißt: todlos,<br />

Nun Du weißt: endlos<br />

Ist er, unwandelbar, Träum nicht mehr, Dein sei<br />

Des Tötenden Tat,<br />

Träum nicht mehr, Dein sei<br />

42


<strong>Die</strong> Macht, sie zu fordern.<br />

Verbrauchte Gewänder<br />

Wirft ab der Körper;<br />

Verbrauchte Körper<br />

Wirft ab der hauset<br />

In diesem Körper,<br />

Und legt neue an<br />

Wie neue Gewänder.<br />

Den Pfeile nicht treffen,<br />

Den Feuer nicht brennt,<br />

Den Winde nicht dörren,<br />

Den Wasser nicht netzt,<br />

Das ist der Atman.<br />

Nicht dürr, nicht durchnässt,<br />

Nicht verbrannt, nicht verwundet,<br />

Innerster Grundstoff,<br />

Überall, immerdar,<br />

Wesen der Wesen,<br />

Wandellos, ewig,<br />

Von jeher und stets.<br />

Der Atman lässt sich von keinem Sinn wahrnehmen, noch vom Verstande bedenken;<br />

keiner Veränderung ist Er je unterworfen. Nun Du dies weißt, darfst Du Dich länger<br />

nicht grämen.<br />

Aber selbst wenn Du den Atman ständiger Geburt, ständigem Tod unterworfen<br />

glaubst, darfst Du Dich nicht der Trauer ergeben.<br />

Tod ist gewiss dem Geborenen, Wiedergeburt dem Toten. Niemals sollst Du Dich<br />

härmen um Unabwendbares.<br />

Vor der Geburt lässt kein Wesen von menschlichen Sinnen sich wahrnehmen. Zwischen<br />

Geburt und Tod jedoch sind sie uns wahrnehmbar. Nach dem Tode kehren sie<br />

ins Unwahrnehmbare heim. Wo läge hierin ein Grund zur Trauer?<br />

Da gibt es welche, die wahrlich den Atman geschaut haben und Ihn begreifen in allen<br />

seinen Wundern. Andere können von Ihm nur sagen, wunderbar sei Er, weit über<br />

alles Begreifen hinaus. Andere kennen alle Seine Wunder einzig vom Hörensagen.<br />

Und wieder andere haben von Ihm gehört und keines der Worte begriffen.<br />

Er, der weilt in jedem lebendigen Leibe, bleibt ewig unzerstörbar. Deshalb sollst Du<br />

nie um ein Wesen trauern.<br />

Selbst wenn Du dies vom Standpunkt der Kastenpflicht ansiehst, sollst Du Bedenken<br />

nicht tragen; denn für den Krieger gibt es nichts Edleres als den gerechten Krieg.<br />

Glücklich der Krieger, dem eine Schlacht wie diese hier winkt: Sie öffnet ein Tor ihm<br />

zum Himmel.<br />

(Anmerkung: Das ist ein psychiatrischer Dialog zwischen Krishna und Arjuna und<br />

entspricht der Gesinnung der Menschen des hinduistischen Glaubens von der Unterscheidung<br />

der Menschen in Kasten durch ihre Geburtsherkunft. Wohlan ist das natürlich<br />

für demokratische Verständnisse fatal und habe eigentlich keinen Bestand für<br />

demokratische Gesellschaften. Doch besteht die Unterscheidung in Kasten und<br />

Klassen weiterhin weltweit.)<br />

43


Weigerst Du Dich jedoch, gerechten Krieg zu führen, so weichest weidlich von Deinen<br />

Pflichten Du ab. Schuldig machst Du Dich dann und gereichst Dir selber zur<br />

Schande. Durch Jahrhunderte hin folgt Dir der übelste Ruf. Wer noch auf Ehre hält,<br />

dem ist dies schlimmer als Tod. <strong>Die</strong> obersten Kriegsherren müssen dann glauben,<br />

Furcht habe Dich vom Kampffeld verjagt. Ächten werden <strong>Die</strong> jene, die Dich so lange<br />

bewundert haben. Auch Deine Feinde werden den Mut Dir ableugnen und Dich mit<br />

Namen benennen, die nie gesagt werden sollten. Was wäre schwerer zu tragen als<br />

dieses?<br />

Stirb, und Du wirst Dir den Himmel erringen! Siege, und freue der Erde Dich! Stehe<br />

nun auf, oh, Sohn der Kunti, entschließ Dich zu kämpfen. Erkenne, dass Freude und<br />

Leid, Gewinn und Verlust, Sieg und Besiegt-Sein ein und dasselbe sind. Dann ziehe<br />

hin in den Kampf. Tu dies, Du kannst keine Sünde begehen.<br />

Ich habe Dir nun die wahre Natur des Atman erklärt. Jetzt lausche der Lehre des<br />

Karma Yoga 21 . Bist Du fähig, sie zu erfassen und ihr zu folgen, so wirst Du die Kette<br />

der Wünsche zerbrechen, die Dich an Deine Handlungen bindet.<br />

In diesem Yoga ist selbst ein fehlgeschlagner Versuch nicht verschwendet, noch<br />

kann er ein falsches Ergebnis zeitigen. Auch nur ein wenig Übung in diesem Yoga,<br />

und Du bist sicher vor jenem schrecklichen Rad von Tod und Wiedergeburt.<br />

In diesem Yoga wird der Wille einzig auf ein Ideal hingelenkt. Wenn es dem Menschen<br />

mangelt an dieser Einsicht, wandert er in alle Richtungen zahllosen Zielen<br />

nach. Jene, die solche Einsicht nicht haben, mögen die Sätze der Schriften hersagen,<br />

doch ihre innere Wahrheit könne sie niemals erfassen. Ganz erfüllt von irdischen<br />

Wünschen sind sie und voller Durst nach himmlischem Lohn. Herrliche Wendungen<br />

führen sie in ihren Reden. Feinerdachte Riten lehren sie, die dem, der sie<br />

vollzieht, Kräfte und Freuden versprechen. Aber in Wirklichkeit wissen nichts als das<br />

Karma-Gesetz.<br />

Jene, denen durch solche Reden die Einsicht genommen wurde, verfallen der Sucht<br />

nach Macht und Genuss. Unfähig werden sie dann, dem Willen die Richtung zu geben,<br />

welche den Menschen führt zur Versenkung in die Wahrnehmung der Quintessenz<br />

des Universums und damit namentlich der Sinngebung Gott.<br />

<strong>Die</strong> Veden 22 sprechen uns von den drei Gunas 23 und ihrem Wirken. <strong>Die</strong>se drei Gunas<br />

zu überwinden, das musst Du lernen, Arjuna; musst Dich befreien von den Gegensatzpaaren<br />

24 , musst Dein Gemüt in Ruhe und Gleichgewicht bringen. Hänge<br />

Dein Herz nicht an Haben und Horten. Sieh Deinen festen Grund stets im Bewusstsein<br />

des Atman.<br />

Wenn eine ganze Gegend tief unter Wasser steht, braucht man den Staudamm nicht<br />

mehr. So sind die Veden überflüssig für den Erleuchteten.<br />

Wohl hast ein Recht Du zu wirken, aber allein um des Wirkens willen. Kein Anrecht<br />

hast Du jedoch auf die Früchte des Wirkens. Gier nach den Früchten darf der Beweggrund<br />

des Wirkens nie sein, noch sollst Du je der Trägheit frönen.<br />

Vollziehe jegliche Tat mit einem Herzen, das einzig auf die Quintessenz des Universums<br />

gerichtet ist. Entsag der Bindung an die Früchte. Bleibe stets gelassen bei Er-<br />

21 Karma 1. Wirken, einer Tat.<br />

2. Auswirkung einer Tat<br />

3. Das über allen Handlunge und deren Auswirkungen stehende Kausalgesetz auf physischer<br />

und psychischer Ebne<br />

22 Offenbarungsschriften der Hindus. Der Hinweis bezieht sich auf den rituellen Teil der Veden<br />

23 <strong>Die</strong> drei Kräfte oder Substanzen, aus denen die Welt von Stoff und Kraft besteht.<br />

24 Von Hitze und Kälte, Lust und Leid etc, den scheinbaren Widersprüchen der relativen Welt<br />

44


folg und Misserfolg. Denn die Gelassenheit des Inneren ist es, was unter Yoga man<br />

versteht.<br />

<strong>Die</strong> Arbeit, die im Hinblick auf Erfolg geleistet wird, ist weit geringer als das Werk,<br />

das ohne diese Sorge in tief ergebener Ruhe sich vollzieht. Dein Heil such in Erkenntnis<br />

Deiner Selbst, indem Du Dich selbst begreifen lernst als die Kraft, die dem<br />

Universum innewohnt. Mögen sie Gott oder Seele bezeichnet sein.<br />

45


Dein Heil suche in der Erkenntnis des Brahman, dem Ewigen. Wer eigensüchtig um<br />

des Lohnes willen wirkt, lebt glücklos.<br />

<strong>Die</strong> Arbeit, die im Hinblick auf Erfolg geleistet wird, ist weit geringer als das Werk,<br />

das ohne diese Sorge und tief ergebener Ruhe sich vollzieht. Dein Heil suche in Erkenntnis<br />

des Brahman. Wer eigensüchtig um des Lohnes willen wirkt, lebt glücklos.<br />

In ruhevoller Selbsthingabe kannst Du Dich schon in diesem Leben aus der Tugend<br />

und des Lasters Knechtschaft lösen. Drum weihe alle Deine Kraft dem Ziel, Einheit<br />

mit Deinem Urgrund, Deiner Seele und der dem Universum innewohnenden Quintessenz,<br />

dem wir unseren Planeten Erde verdanken und uns als Lebewesen in einem<br />

Lebewesen begreifen, so wie die Blutgefäße darauf bedacht sind, unsere Zellen mit<br />

den Lebensnotwendigen zu versorgen, die Biotope auf unserem Planeten gleichsam<br />

als ein großes Lebewesen zu achten, dem wir unser Leben verdanken. Erst sei Dein<br />

Herz durch Deine Einsicht eins mit der grundlegenden Kraft des Universums, dann<br />

handele: <strong>Die</strong>s ist der Schlüssel zu dem Wirken, das an nichts haftet. In ruhevoller<br />

Selbsthingabe entsagt der Sehende den Früchten seiner Arbeit und gewinnt Erleuchtung.<br />

Dann ist er frei und weilt im Zustand jenseits alles Übels.<br />

Wenn Dein Verstand vo seiner Täuschung sich gereinigt hat, wirst Du den Folgen<br />

Deiner Taten, den jetzigen wie den künftigen, mit Gleichmut gegenüberstehen. Heute<br />

ist Dein Denken noch verwirrt von widerstreitenden Auslegungen der Schriften. Erst<br />

wenn in tiefer Schau des Atman es stetig, unablenkbar ruht, dann wirst die Einheit<br />

mit Deinem inneren Urgrund bzw. Deiner eigenen Seele erlangen.<br />

Krischna, woran erkenne ich den Menschen, der ganz in Brahman wohnt und aufgeht?<br />

Auf welche Weise spricht solch ein Erleuchteter, wie sitzt er, und wie wandelt<br />

er?<br />

Sri Krischna:<br />

Glückselig im Atman,<br />

Wünscht er nichts anderes.<br />

Begierde schafft Aufruhr:<br />

Begierden entsagt er.<br />

Ihn nenne ich erleuchtet.<br />

Nicht wankend durch Feindschaft,<br />

Nicht strebend nach Freuden,<br />

Von Angst frei, von Unwillen,<br />

Frei von Verlangen,<br />

Ist er ein Seher,<br />

Sprengt Fesseln des Fleisches,<br />

Frohlockt nicht im Glück<br />

Und weint nicht im Unglück.<br />

Ihn nenne ich erleuchtet.<br />

46


Wie Schildkröten einziehen die Glieder,<br />

So zieht der Seher die Sinne ein.<br />

Ihn nenne ich erleuchtet.<br />

Der Fastende flieht das Begehrte<br />

Und nimmt die Begierde mit.<br />

Wer vordringt zur Wahrheit,<br />

Lässt jeglichen Wunsch hinter sich.<br />

Selbst wer den Pfad kennt,<br />

Kann abgelenkt werden vom Pfad:<br />

<strong>Die</strong> Sinne sind so unbändig.<br />

Der Seher herrscht über die Sinne<br />

Er sammelt seine Gedanken<br />

Und wendet mir sie zu.<br />

Ihn nenne ich erleuchtet.<br />

Denken an Sinnenziel,<br />

Bindet an Sinnenziel,<br />

Bist Du gebunden<br />

Wird es zum Hang.<br />

Hinderst den Hang Du,<br />

Wird er zum Ärger,<br />

Ärgernis aber<br />

Wirrt Dir den Geist.<br />

Wirrgeist vergisst,<br />

Was er erfahren;<br />

Vergessne Erfahrung<br />

Verliert Erkenntnis;<br />

Verlierst Du Erkenntnis,<br />

Ist hin des Lebens einziger Sinn.<br />

Wer Gier nicht noch Hass kennt,<br />

Geht sicher inmitten von Gier und Hass,<br />

In Atmans <strong>Die</strong>nst liegt<br />

Sein friedvolles Glück:<br />

Betrübnis löst sich<br />

In quellklare Ruhe,<br />

Sein stilles Gemüt hat<br />

Im Frieden sein Heim<br />

47


Der Zuchtlose ahnt nicht<br />

Des Atmans Gegenwart.<br />

Wie könnte er je sich versenken. –<br />

Ohne Versenken,<br />

Wo wäre Friede?<br />

Und ohne Frieden,<br />

Wo wäre Glück?<br />

Sturmwind drängt ab das Schiff<br />

Von seinem Wasserweg,<br />

Den Sinnesstürmen<br />

Ist preisgegeben<br />

Des Menschen Wille<br />

Trotz besseren Wissens.<br />

Wer Sinne zu schweigen bringt,<br />

Den nenne ich wahrlich erleuchtet.<br />

Gesammelter Geist wacht<br />

Im Wissen um Atman,<br />

Das dunkle Nach ist dem Nichtwissenden.<br />

Nichtwissen ist wach im Leben der Sinne<br />

Und hält für das Licht des Tages,<br />

Was finstere Nacht ist dem Seher.<br />

48


Beständig fließt Wasser zum Meere,<br />

Das stört nicht die Ruhe des Meeres.<br />

Zum Seher strömt stets Begierde,<br />

Doch wird er dadurch nicht verwirrt;<br />

Denn sein ist der Frieden.<br />

Wer eigene Gier schürt,<br />

Weiß nicht, was Frieden ist.<br />

Frieden kennt nur, wer Begierden vergisst.<br />

Wunschlos lebt er,<br />

Frei von Stolz, frei vom Ich.<br />

So steht es um den in Brahman Erleuchteten:<br />

Niemals stürzt er von hier<br />

Wieder zur Täuschung zurück.<br />

Selbst in der Stunde des Todes<br />

Lebt im Lichte der Wahrheit:<br />

Brahman und er sind Eins.<br />

49


Drittes Kapitel<br />

Karma Yoga<br />

Arjuna:<br />

Wenn aber, Krischna, Erkenntnis des Brahman erhabener Dir erscheint als<br />

alles Handeln, warum verlangst Du von mir dann all diese schrecklichen Taten?<br />

Deine Behauptungen scheinen einander zu widersprechen, und sie verwirren<br />

den Geist. Nenne mir den einzigen, sicheren Weg, das höchste Gut zu erlangen.<br />

Sri Krischna<br />

Ich habe bereits Dir erzählt, dass zwei verschiedene Wege den Strebenden<br />

hin zur Erleuchtung führen. Für den Besinnlichen ist es der Pfad der Erkenntnis;<br />

für den Tätigen jener der selbstlosen Tat.<br />

Freisein von Tätigkeit wird nicht erreicht durch Sich-Enthalten vom Tun. Niemand<br />

wird vollkommen dadurch, dass er der Arbeit entsagt. Wahrlich, niemand<br />

vermag, auch nicht für einen einzigen Augenblick, alle Tätigkeit 25 ruhen<br />

zu lassen. Jeden zwingen dazu unausweichlich die Gunas.<br />

Wer auf gewisses leibliches Handeln verzichtet, aber sein Denken trotzdem<br />

verweilen lässt bei den Zielen des Sinnesverlangens, täuscht nur sich selbst.<br />

<strong>Die</strong>s bringt ihm höchstens den Ruf des Heuchlers ein. Wirklich Ehrfurcht gebietend<br />

ist nur, wer die Sinne kraft seines Willens beherrscht; denn all sein<br />

Handeln ist uneigennützig und führt ihn den Pfad entlang, der mündet in die<br />

Vereinung mit Brahman.<br />

Handeln ist besser als untätig sein. Handle, aber beherrsche dabei ständig<br />

Dich selbst 26 ! – Doch bist Du träge, kannst Du nicht einmal den eigenen Körper<br />

erhalten. <strong>Die</strong> ganze Welt ist die Gefangene der eigenen Tat, wenn die Tat<br />

nicht geschieht als Anbetung Gottes. Deshalb musst Du jegliche Tat vollziehen<br />

wie ein Sakrament und frei sein von aller Bindung an die Ergebnisse.<br />

25 Unter Tätigkeit wird hier geistiges, bewusstes und unbewusstes Tun verstanden.<br />

26 Unter dieser Aussage findet sich die Wurzel zur Entstehung des ZEN-BUDDHISMUS<br />

50


Am Anfang schuf<br />

Der Herr alles Lebens<br />

<strong>Die</strong> Menschen und gab<br />

Seine Pflicht einem jeden.<br />

„Tue dieses“, so sprach Er.<br />

„Es wird Dir gedeihen.<br />

Pflicht, wohlgetane,<br />

Stillt das Begehren<br />

Wie Kamadhenu 27 ,<br />

<strong>Die</strong> Wünsche-Erfüllerin.<br />

„Pflicht, wohlgetane,<br />

Ehret die Devas 28 .<br />

Gnädig sind sie dann<br />

Wiederum Dir.<br />

Ehrt jeder den anderen,<br />

Wird Höchstes erreicht.<br />

Erfreue die Devas:<br />

Dein Gebet wird erhört.<br />

Den die Devas beschenken<br />

Und der keinen Dank zeit,<br />

Bestiehlt die Devas.<br />

Der Fromme verzehrt,<br />

Was die Götter ihm lassen.<br />

Nach seinem Opfer:<br />

So bleibt er sündlos.<br />

Gottlose aber,<br />

die Speisen bereiten<br />

Der Gier ihres Leibes,<br />

Sündigen im Essen.<br />

Nahrung befeuert<br />

Den Samen des Lebens:<br />

Das Brot wächst durch Regen,<br />

Den heilige Opfer<br />

Vom Himmel gerufen.<br />

<strong>Die</strong> Opfer sprechen<br />

Durch Opferhandlung.<br />

27 <strong>Die</strong> legendäre Kuh aus dem Mahabharata.<br />

28 <strong>Die</strong> Himmelsbewohner<br />

51


So lehrt uns die heilige<br />

Schrift, die dem Munde des<br />

Unwandelbaren entsprungene. 29<br />

Wisse denn: Brahman,<br />

Der Allesdurchdringer,<br />

Ist stets gegenwärtig<br />

In Opfer und Brauch.<br />

Wer nie an diesen<br />

Handlungen teilnimmt,<br />

Führt schlechten Wandel,<br />

Und frönt den Lüsten.<br />

Drum wisse, o Prinz<br />

Sein Leben ist sinnlos.<br />

Doch wer Genügen, Wonne und Frieden in seiner eigenen Seele, dem Atman, gefunden,<br />

dem ist es nicht Pflicht mehr, solchen und anderen Brauch zu vollziehen.<br />

Nichts hat er in dieser Welt zu gewinnen durch Handlung, nichts zu verlieren, wenn<br />

er von jeder Tat absieht. Unabhängig ist er von allen und allem.<br />

Deine Pflicht tue immer, doch ohne Bindung an sie 30 . Auf diese Weise erreicht der<br />

Mensch die letzte Wahrheit durch Arbeit, ohne sich um deren Ergebnis zu sorgen. So<br />

haben Janaka 31 und viele andere Erleuchtung gewonnen, weil ihre Pflicht sie getan<br />

in diesem Geist. Der Grund Deines Arbeitens sei, andere kraft Deines Beispiels zum<br />

Pfade der Pflichten zu führen.<br />

Was immer der Große tut, ahmt die Menge ihm nach. Sein Beispiel ist ihnen Antrieb.<br />

Sieh mich: keine Art von Pflicht hält mich gebunden. In allen drei Welten ist nichts,<br />

das ich nicht schon besäße und nichts, das ich noch zu erlangen hätte. Und trotzdem<br />

fahr ich zu wirken fort. Täte ich es nicht, wie ich es ohne Ermüden stets tue, würde<br />

die Menschheit mir trotzdem folgen, wohin auch immer. Gesetzt nun den Fall, ich<br />

hielte inne? Verloren wären die Menschen, und das Ergebnis wäre Kastenvermischung<br />

und Weltuntergang.<br />

29 Hier findet sich ein Gleichnis zu Moses und den Zehn Geboten.<br />

30 …ein erneuter Hinweis auf den ZEN-BUDDHISMUS<br />

31 Ein fürstlicher Heiliger aus den Upanischaden.<br />

52


Der Nichtweise wirkt für<br />

<strong>Die</strong> Früchte des Handelns,<br />

Der Weise wirkt gleichfalls,<br />

Doch ohne Verlangen<br />

Und weiset dem Menschen<br />

Den Pfad seiner Pflicht.<br />

Es sorge der Weise,<br />

Dass nicht er verwirre<br />

Den Sinn des Unweisen,<br />

Der hungert nach Tat;<br />

Er zeige durch sein Beispiel,<br />

Dass heilig die Tat, wenn das<br />

Herz des Täters<br />

In Erkenntnis und Einklang<br />

Zur Schöpferkraft nur schlägt.<br />

Jegliche Tat vollziehen in Wahrheit die Gunas. Der Mensch, von seiner Selbstsucht<br />

betrogen, denkt: ‚Ich bin der Wirkende.’ Wer aber wahre Einsicht besitzt in das Wirken<br />

der Gunas, weiß dass Gunas an Gunas sich binden, wenn Sinne dem Sinnenziel<br />

anhangen. Wer dieses weiß, kettet sich nicht an sein Wirken.<br />

Der Weise darf in der Seele des Unweisen Wirrnis nicht stiften, indem er vom Tun<br />

sich zurückzieht. Der Unweise in seiner Täuschung vermeint, sein Selbst, seine Seele<br />

sei eins mit den Gunas: Er ist an die Sinne und an das Wirken der Sinne gebunden.<br />

Wirf ab dieses Fieber der Unwissenheit! Halt ein mit der Hoffnung auf weltlichen<br />

Lohn! Richte den Geist auf Deine Seele. Befrei Dich von Deinem Ich! Alle Deine Taten,<br />

weihe sie in der Erkenntnis meiner Innwendigkeit und Grundlage zur Existenz<br />

allgemein! Dann gehe hin und kämpfe!<br />

Wer meinen Lehren mit gläubigem Herzen folgt ohne inneren Vorbehalt, wird aus der<br />

Leibeigenschaft seines Karmas entlassen. Wer jedoch meine Lehren höhnt und ihrer<br />

nicht achtet, der ist verloren. Ihm fehlt jede geistige Einsicht. All sein Wissen ist Täuschung.<br />

Selbst der Weise handelt im Einklang mit den Neigungen seiner Natur. Jedes lebendige<br />

Geschöpf folgt seiner Neigung. Was nützte es, ihnen äußerlich Halt zu gebieten?<br />

Sympathien und Antipathien, welche die Sinne verschiedenen Dingen entgegenbringen,<br />

sind nur natürlich. Doch sollst Du solchen Gefühlen nicht nachgeben;<br />

denn sie sind Hemmnisse.<br />

Besser ist es, Deine eigenen Pflicht, selbst unvollkommen zu tun, statt Pflichten anderer<br />

aufzunehmen, wenn auch erfolgreich. Ziehe es vor, in Erfüllung der eigenen<br />

Pflichten zu sterben: <strong>Die</strong> Pflichten anderer stürzen Dich nur in große geistige Gefahr.<br />

53


Arjuna:<br />

Krischna, was ist es, das den Menschen Böses tun heiß, selbst gegen seinen Willen,<br />

gleichsam unter Zwang?<br />

Sri Krischna:<br />

Raja Guna hat zwei Gesichter:<br />

Gier und Wut, das Schlingende, das Tödliche.<br />

Erkenne beide: Sie sind Deine Feinde.<br />

Rauch versteckt Feuer,<br />

Staub den Spiegel,<br />

Der Schoß das das Ungeborene,<br />

<strong>Die</strong> Gier die eigenen Seele (Atman)<br />

Gier versteckt den Atman in ihren hungrigen Flammen,<br />

Sie, des Weisen getreue Feindin.<br />

Sinne, Verstand und Lust<br />

Sind Öl ihrem Feuer.<br />

So wird getäuscht,<br />

Der im Leibe wohnt,<br />

Und sein Urteil verwirrt.<br />

Deshalb Arjuna, musst Du vor allem die Sinne beherrschen, dann jenes Böse töten,<br />

das unterscheidendes Wissen hemmt und die Erkenntnis des Atman.<br />

<strong>Die</strong> Sinne, sagt man, stehen höher als die Sinnenziele, Verstand höher als die Sinne.<br />

Vernunft und Wille stehen höher als Verstand. Was steht noch höher als Vernunft<br />

und Wille? <strong>Die</strong> Seele selbst.<br />

Erkenne Ihn, der über Vernunft und Wille steht. Beherrsche den Sinn durch geistige<br />

Unterscheidung. Dann vernichte den listigen Feind, der die Gestalt der Gier trägt.<br />

54


Viertes Kapitel<br />

Entsagung durch Erkenntnis<br />

Sri Krischna:<br />

Feindevernichter,<br />

Ich habe Dir gezeigt,<br />

Wie Yoga führt zu<br />

Unsterblicher Wahrheit.<br />

Zuerst lehrte ich<br />

<strong>Die</strong>sen Yoga Vivaswat,<br />

Der wiederum ihn<br />

Manu hat gelehrt.<br />

Ikschaku später<br />

Empfing ihn von Manu.<br />

Und also trugen<br />

In fürstlicher Folge<br />

<strong>Die</strong> Weisen ihn weiter<br />

Von Lehrer zu Lehrer,<br />

Bis er verloren, vergessen ward<br />

Viele Jahrhunderte lang.<br />

Arjuna:<br />

Vivaswat wurde lange vor Dir geboren. Wie kann ich glauben, Du seiest der Erste,<br />

der diesen Yoga lehrt?<br />

Sir Krischna:<br />

Du und ich, Arjuna,<br />

Wir haben oft schon gelebt.<br />

Ich sehe sie vor mir, alle diese Leben,<br />

Du hast sie vergessen.<br />

55


Ich bin der Herkunfts- und Todlose,<br />

Herr alles dessen, was atmet.<br />

Zwar schein ich geboren zu sein,<br />

Doch ist dies nur Anschein,<br />

Nur meine Maya 32 .<br />

Ich bin noch Meister meiner Prakriti 33 ,<br />

Der Macht, die mich schuf. ()<br />

Wenn Güte erlahmt<br />

Und Böses zunimmt,<br />

Schaffe ich mir einen Leib.<br />

In jedem Zeitalter<br />

Kehre ich zurück,<br />

Und erlöse das Heilige,<br />

Vernichte die Sünde der Sünder,<br />

Und setze das Recht wieder ein.<br />

Wer die Art meines Auftrages,<br />

<strong>Die</strong> Heiligkeit meiner Geburt kennt,<br />

Der wird nicht wiedergeboren,<br />

wenn er den Körper verlässt:<br />

Er kommt zu mir.<br />

Angemahnt sei dem Leser, hier kritisch und vorsichtig weiter zu lesen. Hier ist ein<br />

Bruch oder Sprung im Kontext und hebt bürgerliche und ggf. damalige gesellschaftliche<br />

Einstellungen in den Vordergrund.<br />

Im Besonderen zielen die Zeilen auf die Einfalt menschlichen Verständnisses und<br />

seiner ‚Seele’ mit der Seele des Universums durch ethischen Gehalt und Streben.<br />

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Seele im Menschen, also der Atman, durch den<br />

Yoga dem menschlichen Bewusstsein zugänglich wird und dieser geläuterte Mensch<br />

eine Einfalt erfährt durch völlige tugendhafte Reinheit dadurch, indem die kosmische<br />

Seele (also wieder sein Atman) sich energetisch als die höchste Erkenntnis, Einfalt<br />

oder Kontemplation in die Sphären des Bewusstseins des Yogi hervortritt. Verwirrung<br />

tritt deshalb auf, weil, wie bei Maja und Prakriti, Atman und Brahman zwar ein und<br />

das selbe bedeuten, doch dem damaligen Verständnis entsprechend bürgerlich nomenklassifiziert<br />

werden! Wer weiß, warum?<br />

Stets sei sich der Leser bewusst, dass die <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ein Monolog ist, der<br />

im Leser selbst stattfindet! <strong>Die</strong> bildhafte Gestaltung der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> ist ein<br />

Meisterwerk der psychogenen Literatur und des Yoga sowie der Meditation.!<br />

32 Bezieht sich auf die schöpferische Macht Brahmans und daher auf den Grundstoff, aus dem das<br />

Weltall besteht.<br />

33 Ein zweiter austauschbarer Begriff . Beide Beziehen sich auf die schöpferische Macht Brahmans<br />

und daher auf den Grundstoff, aus dem das Weltall besteht.<br />

56


Primär obliegt es dem Verständnis des Lesers, aus den Dialogen für sich selbst<br />

Schlüsse zu ziehen! – Nochmals: <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong>-<strong>Gita</strong> ist ein inwendiger dialektischer<br />

Monolog zum inneren Verständnis, der sich beim Lesen vollzieht!!! Auch die Kritik<br />

verbleibt absolut inwendig!<br />

Sollten Sie durch ein Gespräch, eine Diskussion mit anderen Menschen, die<br />

Inhalte für sich verdeutlichen wollen, haben Sie ein sehr großes Problem: Den<br />

Dialog müssen Sie in sich selbst suchen durch den Yoga und die Meditation!<br />

Darauf zielt die <strong>Gita</strong> im Wesentlichen ab!<br />

Weg von der Furcht,<br />

Von Gier und Zorn,<br />

Flieht er in mich,<br />

Seinen Hort, seine Sicherheit.<br />

Reingebrannt in der Glut meines Seins,<br />

Finden Viele ihr Heim in mir.<br />

Den Wunsch, in Andacht mir dargebracht,<br />

Den Wunsch erfülle ich.<br />

Welch einen Weg der Mensch auch einschlägt.<br />

Sein Weg ist mein Weg.<br />

Wohin er auch gehen mag,<br />

Er führt zu mir.<br />

57


<strong>Die</strong> meisten Menschen verehren die Götter 34 , weil sie für alles weltliche Streben Gelingen<br />

brauchen. <strong>Die</strong>se Art äußeren Erfolges ist rasch erlang hier auf Erden.<br />

Vier Kasten habe ich aufgestellt, die den verschienen Arten von Guna und Karma<br />

entsprechen. Ich bin ihr Stifter. Trotzdem musst Du Dir klar sein, dass ich jenseits<br />

von Handeln und wandellos bin. Handeln befleckt mich nicht; denn mich verlangt<br />

nicht nach Früchten des Handelns 35 . Wer nun mein Wesen in diesem Sinne erfasst,<br />

kann nie mehr zum Knechte seiner eigenen Tätigkeit werden. Weil sie dies wussten,<br />

konnten jene, die einst nach Erlösung suchten, sich gefahrlos in Taten einlassen. So<br />

musst auch Du nun Dein Werk im Geist jener frühen Seher vollenden.<br />

Was ist Tun, was ist Nichttun? Selbst der Weise rätselt über solche Fragen. Deshalb<br />

will ich Dir sagen, was Tun ist. Wenn Du dies weißt, bist Du frei von jeglicher Unreinheit.<br />

Du musst lernen, welcherart Arbeit zu tun, welcherart Arbeit zu meiden ist, und<br />

wie der Zustand gelassenen Freiseins vom Werke erlangt wird: Das wahre Wesen<br />

des Wirkens ist schwer zu erfassen.<br />

Wer das Nichttun im Tun sieht und das Tun im Nichttun, der, wahrlich, ist weise.<br />

Selbst wenn er mit Tun sich einlässt, so bleibt er doch ausgewogen im Ruhezustand<br />

seiner Selbst (Atman).<br />

<strong>Die</strong> Seher sagen<br />

Mit Recht, der sei weise,<br />

Der tut ohne Zweck, ohne Gier<br />

Nach den Früchten des Tuns.<br />

Sein Tun fällt von ihm ab,<br />

Seine Kette zerbricht, zerschmilzt<br />

In der Glut des Mich-Erkennens.<br />

Er wendet das Antlitz weg von den Früchten:<br />

Er braucht sie nicht.<br />

Sein Selbst (der Atman) ist ihm genug.<br />

Er tut und ist jenseits der Tat.<br />

34 <strong>Die</strong> Götter sind, wie ich mehrfach anmahne, nichts anderes als bildhafte Ordnungsgrößen in den<br />

psychischen und persönlichen Vorgängen und in diesem Fall ggf. in ihnen selbst: <strong>Die</strong> damalige Hinduistische<br />

Gemeinschaft von vor über 2000 Jahrtausenden glaubte an Götter. ()<br />

Trotz der inwendigen psychischen und gesellschaftlichen Verkehrung zu der damaligen Zeit, ist die<br />

<strong>Gita</strong> im Gehalt unabwendbar, da sie die in einer Gesellschaft lebenden Menschen zur Einkehr und<br />

emotionalen Stabilität aufruft. Mehr noch: Anmahnt, dass wenn die Menschengemeinschaft durch<br />

Mangel an Verständnis, Erziehung und Bildung durch die Summe von Menschen, die sich sozial davon<br />

entfernen, wie uns jeglicher soziale Gewaltakt von Mensch gegen Mensch bekundet!<br />

35 Synonym zum späteren ZEN-BUDDHISMUS<br />

58


Ohne Erwartung und Habgier,<br />

Leib und Seele im Zaum,<br />

Nennt nichts er sein Eigen.<br />

Er tut und erntet nichts Böses.<br />

Was er erhält, ist durch sein Karma und sein Dharma 36 , also durch die Prinzipien<br />

meiner Geistigkeit und Inwendigkeit sowie meiner Allmächtigkeit.<br />

Das nimmt er zufrieden.<br />

Leid folgt der Lust:<br />

Ihn rührt es nicht an.<br />

Gewinn folgt Verlust:<br />

Ihm ist es das gleiche.<br />

Wen sollt’ er beneiden?<br />

Er tut uns ist frei von der Tat.<br />

Sind alle Bande zerrissen,<br />

Dann schlägt in Brahman sein Herz,<br />

Das erleuchtete.<br />

Alles sein Tun<br />

Ist Versenkung und Suche<br />

Nach dem kosmischen Einklang.<br />

Kann solchem Tun ein Böses entspringen?<br />

Der Ritus ist Einklang und Verstehen,<br />

Das Opfer ist Einklang und Verstehen (Brahman) 37 .<br />

In jeglichem Tun, das dieser Tugend entspringt,<br />

findet sich Einklang und Verstehen,<br />

mit sich selbst und der universellen Seele (Brahman).<br />

Manche Yogis verehren einzig die Devas 38 . Andere sind durch die Gnade des Atman<br />

fähig, in das Einssein des Atman mit Brahman sich zu versenken. (Lieber Leser: die<br />

Gnade des Atman weist in diesem Satz auf die Läuterung des Menschen hin, um zur<br />

Kontemplation zu gelangen.)<br />

<strong>Die</strong>sen ist der Atman das Opfer, Brahman das Opferfeuer, welches das Feuer aufnimmt.<br />

(Bekundet wird hierin auf der Suche und dem Wege zur Erkenntnis, die psychische<br />

Energie eines Yogi oder nach der Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens suchenden,<br />

das Feuer, welches durch die Erkenntnis an sich entfacht wird.)<br />

36 Rechtschaffenheit, Tugend<br />

37 Den Originaltext habe ich verändert: Brahman steht als Oberbegriff. Wenn sich die Geschöpfe<br />

auf unserem Planeten unterscheiden, kann eine Personifizierung in Form der Nennung Brahman<br />

und die Begrifflichkeit des Allumfassenden, sich nicht als unterscheidendes Merkmal für<br />

die individuelle Seele begrifflich divergieren, wenn Brahman und Atman ein und das selbe<br />

beinhalten. Sie sind als die grundlegende Seele in allen Geschöpfen und bis hin zum Feinstofflichen<br />

enthalten(). Eine andere Deutung wäre abwegig und irreführend.<br />

38 Göttliche Inkarnationen und Weise im Hinduismus<br />

59


60


Manche ziehen alle ihre Sinne von der Beziehung zu Sinnenzielen zurück. <strong>Die</strong>sen<br />

sind das Gehör und die anderen Sinne das Opfer und die Selbstzucht das Opferfeuer.<br />

Andere gestatten ihren Gedanken und Sinnen ungehindert zu wandern und versuchen,<br />

Brahman in allen äußeren Sinnenzielen zu sehen. <strong>Die</strong>sen sind Klang und<br />

alle Sinnenziele das Opfer und die Sinnenfreuden das Opferfeuer.<br />

Manche entsagen aller Betätigung der Sinne und jeglicher Leistung der leiblichen<br />

Kraft. <strong>Die</strong>sen sind Tat und Leistung das Opfer, Übung der Selbstbeherrschung das<br />

am Erkennen seiner Selbst bzw. seiner inwendigen Energie und Gestaltungsgrund<br />

(Atman) das Opferfeuer.<br />

Dann gibt es solche, deren Andacht im Verzicht auf Sinnenziele und äußerem Besitz.<br />

Anderer Aufgabe ist Enthaltsamkeit und geistige Zucht; darin liegt ihre Art der Verehrung.<br />

Anderer Andacht vollzieht sich im Üben von Raja Yoga 39 .<br />

Andere, die um Vervollkommnung ernstlich bestrebt und Männer strenger Gelübde<br />

sind, erforschen und überdenken die Wahrheit der Heiligen Schriften. <strong>Die</strong>ses ist ihre<br />

Art der Verehrung.<br />

Andere mühen sich um die Beherrschung der lebenswichtigen Kräfte; also machen<br />

sie Atemübungen – Einatmen, Ausatmen, Halten des Atems. Andere kasteien ihr<br />

Fleisch durch Fasten, um die Sinnengier zu vermindern, und so erlangen sie Selbstbeherrschung.<br />

Sie alle haben erfasst, was andachtsvoll Darbringung heißt. <strong>Die</strong> Andacht tilgt ihre<br />

Sünden. Sie essen die Nahrung, die bei der Darbringung Segen empfing. So erlangen<br />

sie Unsterblichkeit und ruhen ewig in Brahman ()<br />

Wer Gott nicht anbetet, kann nirgends glücklich sein, selbst nicht auf dieser Welt.<br />

Was kann er dann von einer anderen erwarten?<br />

(Anmerkung: Wer bis hierher gelesen hat, mögen sich für den Leser neue Begrifflichkeiten<br />

eröffnet haben, die ihm bislang eher unbekannt. <strong>Die</strong> <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> stößt an.<br />

Ihr liegen der Erhalt der Menschengemeinschaft und die Vollziehung eines göttlichen<br />

Willens. <strong>Die</strong> Schöpfung des Universums vor Urzeiten und die menschliche sowie die<br />

biotopische Gemeinschaft aller Lebewesen auf unserem Planeten, deren Leben eigentlich<br />

durch zahlreiche Zusammenhänge erhalten sind, wie die Wärme und das<br />

Licht unserer Sonne, der Erdanziehungskraft und dem Erdmagnetfeld: <strong>Die</strong> <strong>Gita</strong> zielt<br />

auf inneres Verständnis universeller Zusammenhänge und dem persönlichen sowie<br />

den kollektiven Frieden durch Erkenntnis des menschlichen Bürgers… - Der menschliche<br />

Bürger wird hierin als Bewusstsein, Verstand und Vernunft verstanden, der mit<br />

seinen ihm durch die Evolution gegebenen Kräften sich um sein Seelenwohl zu<br />

kümmern habe und sie zur Kraft erkoren, die einst in Gang gesetzte Fortsetzung der<br />

Schöpfung an sich nicht zu zerstören durch Unbill, denn eher den Fortgang mittels<br />

seiner Gaben wie Vernunft und Verstand, Begreifen, Sozialität und Solidarität, sich<br />

Verstand und Vernunft zum Prinzip zu machen!)<br />

39 Vom Pfad des Raja Yoga sagt man, er habe acht Stufen:<br />

1. Übung sittlicher Tugenden (Yama)<br />

2. Gewöhnung an Reinheit, Genügsamkeit, Forschung, Enthaltsamkeit und Hingabe an Gott (Niyama)<br />

3. Haltung (Asana)<br />

4. Beherrschung lebenswichtiger Kräfte durch Atemübungen (Pranayama)<br />

5. Abziehen des Denkens von den Sinnenzielen (Prathiyara)<br />

6. Konzentration<br />

7. Meditation<br />

8. Versinken in das Bewusstsein Gottes (Kontemplation)<br />

61


Alle diese und noch viele andere Arten der Andacht sind in den Schriften beschrieben.<br />

In allen liegt der Vollzug einer Handlung beschlossen. Wenn Du dies völlig begreifst,<br />

dann wirst Du frei sein in Brahman.<br />

<strong>Die</strong>se Form der Andacht, welche aus Sich-Versenken in Brahman besteht, ist von<br />

höherer Art als rituelle Verehrung mit dinglichen Opfergaben.<br />

Der Lohn aller Tat findet sich in der Erleuchtung.<br />

Jene Erleuchteten, welchen die Wahrheit bekannt ist, werden Dich unterweisen in<br />

der Erkenntnis des Brahman, wenn Du Dich ihnen demütig unterordnest, sie befragst<br />

und ihnen als Schüler dienst. 40<br />

Ist Dir Erleuchtung zuteil geworden, vermag Dich Unwissenheit nicht länger zu täuschen.<br />

Im Lichte dieser Erkenntnis wirst Du die ganze Schöpfung im eigenen Atman<br />

sehen und mit mir.<br />

Und wärst Du der Schlimmste der Sünder<br />

<strong>Die</strong>se Erkenntnis allein<br />

Trägt wie ein Floß Dich<br />

Über die Sünde hinweg.<br />

Flammenfeuer macht Holz zu Asche.<br />

Erkenntnisfeuer macht Karma zur Asche.<br />

Kein Läuterer ist hier auf Erden<br />

So groß wie diese Erkenntnis.<br />

Wer vollkommen wurde im Yoga,<br />

Der trägt dessen Wahrheit im Herzen.<br />

Der gläubige Mensch,<br />

Des Herz bereit ist,<br />

Dessen Sinne gemeistert sind,<br />

Der findet Brahman. 41<br />

Erleuchtet, schreitet<br />

Sogleich er zum Höchsten:<br />

Zum Frieden jenseits der Leidenschaft.<br />

40 Hier wird eine der damaligen Zeit entsprechenden Unterordnung von Schülern an die Gelehrten<br />

verlangt. Den Leser bitte ich zu berücksichtigen, dass die <strong>Gita</strong> eigentlich als ein innerer Monolog, als<br />

ein meditatives Werk gedacht ist, und in diesem Abschnitt sicherlich gegeben durch den Mangel der<br />

damaligen Möglichkeit von vor 300 Jahren vor unserer Zeitrechnung sicherlich eine derartige Schulung<br />

von interessierten Menschen erforderlich war. ()<br />

41 Bezogen ist dieser Absatz auf die Kontemplation durch Yoga und Befreiung durch die Innensicht<br />

verdunkelnde innere Laster<br />

62


Der Zweifler, Gottlos, Unweise<br />

Geht seiner Vernichtung entgegen.<br />

Wie sollte er genießen<br />

<strong>Die</strong> Welt hier, die nächste<br />

Oder sonst eine Seligkeit?<br />

Wer wunschlos handelt<br />

Durch Yoga-Übung,<br />

Wer seine Zweifel in Stücke riss,<br />

Weil Brahman er kennt,<br />

Wes Herz gelassen.<br />

Im Wesen seiner Selbsterkenntnis (Atman) schlägt,<br />

Den kann nichts binden.<br />

Noch sehe ich deutlich<br />

Tief Dir im Herzen,<br />

Aus Täuschung entstanden,<br />

Den Zweifel, der zaudert.<br />

Du traust nicht der Wahrheit<br />

Des lebenden Atman.<br />

Wo ist Dein Schwert,<br />

Unterscheidender Einsicht?<br />

Ziehe es und schlage<br />

<strong>Die</strong> Täuschung in Stücke.<br />

Dann stehe auf<br />

Oh, Sohn des Bharata,<br />

Nehme Deinen Platz ein<br />

Im Karma Yoga!<br />

Der Leser, der bis hierher folgte, sieht sich unmittelbar gefordert, ob sein inneres Bildungs-<br />

und Verständnisvermögen den Inhalten der <strong>Gita</strong> noch folgen kann. Sollten<br />

sich hier die ‚Geister scheiden’, dann einfach einmal aufhören, weiter zu lesen.<br />

63


Fünftes Kapitel<br />

Der Yoga der Entsagung<br />

Arjuna:<br />

Du sprichst in hohen Worten vom Entsagen der Tat; doch forderst Du von mir,<br />

dem Yoga der Tat zu folgen. Sage mir nun endgültig: Welches von diesen ist<br />

besser?<br />

Sri Krischna:<br />

Der Tat entsagen bringt Freiheit,<br />

<strong>Die</strong> Tat vollziehen bringt Freiheit.<br />

Beides ist besser als<br />

Bloßes Vermeiden der Tat.<br />

Wer Gier und Hass nicht kennt,<br />

Schwankt nicht in seiner Entsagung.<br />

Er sehnt nicht das eine herbei,<br />

Verabscheut auch nicht dessen Gegenteil.<br />

Gar bald ist er ledig<br />

Der Fesseln von Irrtum und Wahn.<br />

Der Unweise meint, der Yoga der Tat<br />

Scheide sich vom Yoga der Brahman-Erkenntnis.<br />

Der Weise sieht in Erkenntnis und Tat das Gleiche,<br />

Und er sieht richtig.<br />

Wähle irgendeinen der Pfade,<br />

Verfolge ihn ganz bis an das Ende:<br />

Du triffst auf das Gleiche,<br />

Alle der Tat Ergebenen<br />

Begegnen dort den Erkenntnissuchern<br />

In nämlicher Freiheit.<br />

Schwer ist, auf Tun zu verzichten,<br />

Ohne den Yoga der Tat zu üben.<br />

<strong>Die</strong>ser Yoga läutert<br />

Den Sich-Versenkenden<br />

Und führt gar bald ihn zu Brahman.<br />

64


Ist das Herz durch Yoga geläutert,<br />

Ist der Leib zu Gehorsam erzogen,<br />

Sind alle Sinne gemeistert,<br />

Weiß der Mensch, dass sein Atman<br />

Der Atman ist aller Geschöpfe,<br />

Dann mag er handeln,<br />

Unbefleckt von der Handlung.<br />

<strong>Die</strong>ser Erleuchtete,<br />

Des Herz ist Brahmans Herz,<br />

Denkt stets: „Nicht ich bin es, der tut.“<br />

Was immer er sieht,<br />

Hört, fühlt, riecht und isst,<br />

Wo immer er geht,<br />

Schläft, atmet und spricht,<br />

Absondert, aufnimmt,<br />

Das Auge öffnet,<br />

Das Auge zuschließt –<br />

Eines weiß er immer:<br />

„Nicht ich hör, nicht ich sehe,<br />

<strong>Die</strong> Sinne sind es,<br />

<strong>Die</strong> hören und sehen<br />

Und Sinnenziele berühren.“<br />

Wunschlos bringt alle Tat<br />

Er Brahman dar.<br />

So wie das Blatt des Lotos<br />

Im Wasser nicht nass wird,<br />

So steht er im Tun,<br />

Unberührt von der Tat.<br />

Dem Schüler des Karma Yoga<br />

Sind Sinne und Leib,<br />

Verstand und Wille<br />

Nur Werkzeug, nichts andres:<br />

Er weiß sich gesondert vom Werkzeug,<br />

Und also bleibt lauter sein Herz.<br />

Vereinigt mit Brahman,<br />

Frei von der Frucht der Tat,<br />

65


findet er Frieden<br />

Im geistigen Werk.<br />

Doch ohne Brahman<br />

Ist er ein Häftling,<br />

Sklave der Arbeit,<br />

Im Schlepptau der Gier.<br />

Selig, wer wohnt in<br />

Der Stadt der neun Tore 42 ,<br />

Wenn hohe Einsicht<br />

Ihn frei macht vom Tun.<br />

Nicht wird in die Tat er gezogen,<br />

Noch zieht er andere hinein.<br />

Sage niemals:<br />

Gott gab uns den Irrtum.<br />

Du träumst, Du seiest es, der tut,<br />

Du träumst, die Tat sei getan,<br />

Du träumst, die Tat trage Früchte.<br />

Dein Unwissen ist es,<br />

Das Blendwerk der Welt,<br />

Das solche Träume Dir eingibt.<br />

Der Herr ist vollkommen,<br />

Immer und überall. 43<br />

Was kümmert ihn Sünde<br />

Und Tugend der Menschen? 44<br />

Der Atman ist Licht.<br />

<strong>Die</strong>ses Licht ist umdunkelt,<br />

<strong>Die</strong>ses Dunkel ist Täuschung.<br />

Drum wandeln wir träumend.<br />

Wenn Atmans Licht<br />

<strong>Die</strong> Dunkelheit fortscheucht,<br />

42 Im menschlichen Leib<br />

43 Hier ist ein Fehler in dialektischer Auslegung: Wenn Atman und Brahman eines sind, kann diese<br />

Aussage lediglich daraufhin hinweisen, dass der Yogi sich im Yoga übe, weil Atman und Brahman<br />

ein und das Selbe sind. So ist die Kreatur ein Spiegelbild der Schöpfung an sich. Unter Herr verstünde<br />

sich eher ein Defizit in der Kosmogonie der Kreatur mit der erahnbaren Wirklichkeit des<br />

Quintessentiellen. – <strong>Die</strong>se Aussage ist meines Erachtens ein grober Auslegungsfehler.<br />

44 Im TAO-TE-KING von LAO-TSE finden sich analoge Aussagen:<br />

66


Geht dieses Licht von uns aus,<br />

Ein Sonnenleuchten,<br />

Entschleiertes Brahman.<br />

In ihm ruhen die Frommen.<br />

Sie wissen ihn ständig<br />

In ihrem Herzen,<br />

Wo Taten nicht sind.<br />

Er ist all ihr Ziel.<br />

Befreit durch Erkenntnis<br />

Von einstigem unreinem<br />

Tun und Denken,<br />

Finden den Ort 45 sie der Freiheit,<br />

Von dem man nicht wiederkehrt.<br />

Das Eine in allem erkennend,<br />

Blickt der Erleuchtete<br />

Auf den gelehrten,<br />

Edlen Brahmanen,<br />

Auf Elefanten, auf Kühe,<br />

Auf Hunde und Hundeesser. 46<br />

Versunken in Brahman<br />

Überwindet die Welt er<br />

Hier schon, in dieser Welt lebend.<br />

Brahman ist eines,<br />

Wandellos, unangefochten vom Bösen.<br />

Wo wäre ein Hort jenseits von Erkenntnis und Einsicht?<br />

Der Erleuchtete,<br />

der Brahman erkannt hat,<br />

Ruhigen Herzens,<br />

Ist durch seine Weisheit unverwirrbar,<br />

Nicht trunken durch Freude,<br />

Nicht traurig durch Leid.<br />

45 Den Zustand, in dem man der Wiedergeburt nicht mehr unterworfen ist, da Erleuchtung erlangt wurde…<br />

46 Was ich hier wiedergebe, ist ein Werk, welches vor über zwei Jahrtausenden geschrieben ist. Deshalb<br />

bitte ich, diese letzten Zeilen eher episch anzunehmen.<br />

67


Sein Geist ist frei<br />

Der Berührung von außen.<br />

Lebendig und frisch<br />

Durch die Wonnen der Erkenntnis<br />

Und dem Einklang seiner Selbst.<br />

Mit der alles umgebenden Einigkeit<br />

Und Erkenntnis der Wirkkraft<br />

Des Brahman ist ewig sein Glück.<br />

<strong>Die</strong> sinnlichen Freuden<br />

An Sinnenzielen<br />

Sind Schöße voller Kummer,<br />

Beginnen und enden:<br />

Dem Weisen sind sie kein Labsal.<br />

Auf dieser Erde schon<br />

Vor seinem Weggang<br />

Meistere der Mensch<br />

Alle seine Triebe,<br />

<strong>Die</strong> lusterzeugten,<br />

<strong>Die</strong> Angst geborenen:<br />

So findet er Brahman,<br />

So wird er selig.<br />

Einzig der Yogi,<br />

Der innen sein Glück hat,<br />

Innen den Frieden<br />

Und innen sein Schauen,<br />

Der kommt zu Brahman,<br />

Und ihm wird Nirwana 47 .<br />

Alle seine Mängel<br />

Sind dann verschwunden,<br />

<strong>Die</strong> Zweifel zerstreut,<br />

<strong>Die</strong> Sinne gemeistert,<br />

Und alles sein Tun<br />

Gilt der Wohlfahrt<br />

Der Mit-Geschöpfe.<br />

47 Zustand der Vereinigung mit Brahman<br />

68


So ist der Seher,<br />

Der eingeht in Brahman<br />

Und ruht in Nirwana.<br />

Der Selbstbeherrschte,<br />

Der, frei von Gelüsten,<br />

Im Zaum hält sein Herz<br />

Und kennet den Atman,<br />

Der findet in Brahman<br />

Hin zu Nirwana<br />

Jetzt und hernach.<br />

Den Sinn versperrt<br />

Gegen alles von außen,<br />

Den Blick eingestellt<br />

Auf die Wurzel der Brauen 48 ,<br />

Gehemmt in den Nüstern<br />

Das wechselnde Ein und Aus<br />

Strömenden Atems,<br />

Gezügelt die Sinne,<br />

Gezügelt das Denken,<br />

Gezügelt den Willen,<br />

Wirft jener, der Freiheit sucht,<br />

Ängste beiseite,<br />

Denn wahrlich, nur jener<br />

Ist ewiglich frei.<br />

Wer also mich kennt<br />

Als Ziel und als Schöpfer<br />

Jeglichen Opfers<br />

Und aller Kasteiung,<br />

Als Herren der Welten<br />

Und Freund aller Menschen:<br />

Oh, Sohn der Kunti,<br />

Wird er nicht eingehen<br />

Zum Frieden in mir?<br />

48 Wenn die Augen in der Meditation geschlossen oder halbgeschlossen sind, bleibt der Augapfel reglos<br />

und der Blick läuft gleichsam zwischen den Brauen zusammen. Swami Swarupananda.<br />

69


Sechstes Kapitel<br />

Der Yoga der Meditation<br />

Sri Krischna:<br />

Wer den Auftrag erfüllt,<br />

Den die Pflicht ihm gebietet,<br />

Und sich nicht schert<br />

Um die Früchte der Tat,<br />

Der ist ein Yogin.<br />

Ein wahrer Sannjasin 49 .<br />

Doch wer nur dem Wort nach<br />

Folgt seinem Schwur<br />

Durch Abstehen vom Tun<br />

Und kein Feuer entzündet<br />

Beim Opferritus<br />

Und Vorwände findet<br />

Für Meiden von Arbeit,<br />

Der ist kein Yogi,<br />

Kein wahrer Sannjasin.<br />

Denn Du musst verstehen, dass das, was man Yoga nennt, in Wahrheit Sannjasa<br />

50 ist, da niemand den Yoga der Tat ausüben kann, der um seine Zukunft<br />

besorgt ist oder um die Ergebnisse aller seiner Taten.<br />

Es möge, wer aufsteigen<br />

Will durch Versenkung<br />

Zur Höhe der höchsten<br />

Vereinigung mit Brahman,<br />

Als Pfad sich erwählen<br />

Den Yoga der Tat.<br />

Denn wenn er sich selbst nahet<br />

Dem Gipfel der Einheit,<br />

Fällt von ihm ab alle Tat,<br />

Und still wird sein Pfad.<br />

49 Mönch<br />

50 Sannjasa: Das formelle Entsagungsgelübde der Mönche. Wer dieses Gelübde ablegt, gibt den Vollzug<br />

der vedischen Opferriten auf.<br />

70


Denn wenn der Mensch das Haften am Tun und an Sinnenziel aufgibt, wenn<br />

er lüsternen Ängsten und angstvollen Lüsten entsagt, dann hat er die höchsten<br />

Höhen erklommen: tiefste Einsicht und die Einheit mit Brahman.<br />

<strong>Die</strong>ser Mensch ist ein wahrer Sannjasin. 51<br />

Was ist der Wille des Menschen?<br />

Wie solle er ihn gebrauchen?<br />

Lasse seine Macht dahin wirken,<br />

Den Atman 52 zu enthüllen,<br />

Nicht zu verdecken den Atman:<br />

Er ist der Wille des Menschen<br />

Der einzige Freund des Atman.<br />

<strong>Die</strong> Verkenntnis ist auch<br />

Des Atmans Feind.<br />

Denn hat der Mensch Selbsterkenntnis und durch sie eine Einsicht im Wandel<br />

innerhalb seines Lebens und folge den Reichtümern, die ihm die Erkenntnisse<br />

über sich selbst geben und handele maßvoll in jener Genügsamkeit, in jenem<br />

Verständnis, dass seine Taten auch einen Ast absägen könnten, auf dem er<br />

selbst sitzt.<br />

Macht über andere Lebewesen zu haben, ist eine Fiktion: Macht-Haben-<br />

Wollen findet ausschließlich im Gehirn des Menschen als ein psychogenes<br />

Drama statt: In der Konterfei von Dialektik und Verständnis ist ein solches<br />

Streben provokant und sozial unverantwortlich.<br />

51 <strong>Die</strong> Aufnahme der Psychologie als einen medizinischen und kassenabrechenbaren Zweig<br />

in unser heutiges Zeitalter als anerkannter Wissenschaftszweig - neuerdings von Balint und<br />

Supervisionen in den Betrieben im Sinne der Sozialhygiene hinzugefügt - verdeutlicht noch<br />

einmal hervorgehoben die Aussagen der GITA: Alles Erleben und Erfahren im menschlichen<br />

Leben ist ausschließlich auf zentralnervöse Vorgänge beruhend: Das menschliche Leben ist<br />

in Wirklichkeit eine zentralnervöse Verarbeitung individueller Interaktion mit der Umwelt und<br />

der Gesellschaft. Nichts anderes. – Das menschliche und das Leben aller Lebewesen spielen<br />

sich ausschließlich nur im Gehirn als zentralnervöse und energetische Vorgänge ab.<br />

Zu Recht haben die Verkünder der GITA die MAYA (die Täuschung, die Illusion), wie sie<br />

auch in der BIBEL enthalten, als die größte Gefahr für die Zufriedenheit menschlicher Individuen,<br />

Bürgerinnen und Bürger, in sich selbst und das seelische Gleichgewicht im bewussten<br />

Individuum benannt.<br />

<strong>Die</strong> Konsumgesellschaft und der Kapitalismus sind große geistige Gefahren für das Seelenheil<br />

aller menschlichen Lebewesen im sozialen Austausch in ihrem unmittelbaren Umfeld,<br />

innerhalb des politischen Umfeldes der Länder, in denen sie leben und im internationalen<br />

Geflecht…<br />

52 <strong>Die</strong> individuelle Seele, eindeutig und unverwechselbar eins mit der Schöpferkraft, die das<br />

Universum und stets sich neu inkarniert; auch Synonym für Selbsterkenntnis, dem Einklang<br />

mit der in allem innewohnenden Kraft, die sich stets selbst schöpft.<br />

71


Im Verständnis weicht jedoch das Streben nach Macht 53 ; dass es nur eine<br />

Macht gibt: <strong>Die</strong> Macht innerhalb der Dialektik und der Vollkommenheit der universellen<br />

Schöpfung!<br />

Denn: Hat der Mensch Selbstbeherrschung, so ist sein Wille des Atmans Freund;<br />

doch der Wille des Unbeherrschten ist gegen den Atman gerichtet: Seine Unkenntnis<br />

und Verbrämtheit machen ihn in sich selbst zum Feind. Und seine innere Täuschung<br />

kann ausweglos werden und ihn sich selbst verzehren lassen. Dabei denke ich an<br />

das Versagen des eigenen Immunsystems, welches im schlimmsten Fall zu den Systemerkrankungen<br />

bis hin zu den Tumorerkrankungen.<br />

Unter dem Strich gibt es eindeutiges im gesellschaftlichen, kollektiven und sozialen<br />

Austausch der Menschheit: Es bestehen erhebliche noch vorhandene psychische<br />

Gesinnungsmuster, die ethisch und moralisch für auch unsere internationale Welt-<br />

Gemeinschaft von einer nebulösen Selbstsucht, die unnötig und rational unverständig<br />

als Gesinnung verbreitet werden.<br />

<strong>Die</strong> Vorgänge in Lybien und in Syrien, in denen Clan-Wirtschaft das eigene Volk unterdrückt,<br />

ist aus der Sicht der GITA und auch aus meiner Sicht nichts anderes, als<br />

dass ich nicht verstehen kann, wie es zu Despoten, Diktatoren und Willkürherrschern<br />

über Volksgruppen überhaupt kommen kann. – Ich denke: Hier hat die UNO und das<br />

IWS noch erheblichen psychischen und ideologischen Nachholbedarf, in dem sich<br />

die menschlichen Fürsprecher eben als nur Menschen begreifen, die moralisch und<br />

ethisch Begriffsfelder vertreten, die nicht nur für sich selbst, sondern stellvertretend<br />

für alle Menschen und für die Ökologie auf unserem Planeten sich verbürgt!<br />

Denn das Fatale ist, dass, um ARTHUR SCHOPENHAUER doch als einen der maßgeblichsten<br />

Philosophen unserer heutigen Zeit zu benennen, aus seiner Zunft doch<br />

KANT, HEGEL, FREUD, MARX und ENGELS stammen: Also einen Zeitgeist, der in<br />

Deutschland mit ARTHUR SCHOPENHAUER begann und zu – über etlichen Umwegen<br />

– freiheitlichen und friedlichen Demokratie innerhalb der Bundesrepublik<br />

Deutschland geführt hat.<br />

<strong>Die</strong> BRD ist christlich gesinnt. Und auch hieran zeigt sich das Tiefwendige und Gehaltvolle<br />

an der BHAGAVAD GITA: Sie ist ein Inbegriff an universellem Grundbegreifen<br />

und eine Aufforderung an sich und für gerade jeden Menschen, der sich Gedanken,<br />

Philosophien über sich und die Gesellschaft an sich macht: Das die Wege und<br />

Gefilde der Erkenntnis ausschließlich und im Absoluten keine anderen Wege sind,<br />

als die im eigenen Zentralnervensystem. In diesem Absolut verweigert sich alle Gewalt:<br />

Da die Gewalt und alle Formen der Verletzung von Ethik und Moral: der Eigensucht,<br />

Vorteilnahme, Neid und Hass, Eifersucht und Buhlen, und gerade der sexuelle<br />

Abusus und der Abusus von Drogen und drogenähnlichen Mitteln wie Alkohol und<br />

Zigaretten – deren Überwindung an sich eine neue Ära im noch psychogen festgefahrenen<br />

und stets in sich explosive Brandherde bergende internationale Menschengemeinschaft!<br />

In der Spanne zwischen Leben und Tod allen Lebens, hebt gerade sich die Menschheit<br />

empor und verkündet: Gott habe den Menschen erschaffen.<br />

Nun ist wissenschaftlich die BHAGAVAD GITA und der HINDUISMUS nachgewiesenerweise<br />

als die der Realität der Schöpfung als Nahestehendeste und für den<br />

Frieden innerhalb der menschlichen Gemeinschaft sich am ehesten verbürgende und<br />

gehaltvolle Erkenntnis, deren Geheiß: Leben und leben lassen durch innere Einsicht<br />

– unverzichtbar ist für jeden Menschen auf unserem Planeten. –<br />

53 NIETZSCHE: DER WILLE ZUR MACHT<br />

72


Leben und leben lassen, Einsichten finden, durch innere Läuterung und Begreifen,<br />

den eigenen Lebenswandel erkennen und die tiefste Erkenntnis, dass<br />

alles Dasein im Universum einer einzigen Schöpferkraft entspringt. Und wir<br />

Menschen in der Spanne zwischen unserer Geburt und unseres Sterbens lediglich<br />

und im tiefsten Grunde die Inkarnation einer göttlichen Kraft sind: <strong>Die</strong>ses<br />

inwendig und dialektisch zu begreifen und uns im sozialen Umfeld danach<br />

auszurichten und friedlich diesen Globus, auf dem wir leben, zu bewirtschaften,<br />

ist eine der Existenz gestellte Aufgabe. Vor allem dem das Bewusstsein<br />

beinhaltenden Menschen.<br />

Dann endlich – durch die vornehme Erkenntnis – ist Schluss mit Eitelkeit, Neid,<br />

Hader, der Selbstsucht, der Selbstbereicherung.<br />

Dann vollzöge sich die Schöpferkraft durch sich selbst, da sie dieselben Forderungen<br />

an das Universum stellt, wie an die Menschheit selbst: Durch deren<br />

Selbsterkenntnis. ()<br />

<strong>Die</strong> Menschen sind an sich durch den Mangel an Herzenserziehung, dem Mangel<br />

an sozialer Bildung so verblendet, dass sie sich ausschließlich im Mittelpunkt<br />

im Vorteil von Nationalen Absicherungen sehen. Doch neben Sozialgesetzbüchern<br />

gibt es noch unsere Galaxie, dem Schwarzen Loch, welches sie<br />

zusammenhält und unsere Sonne, die Licht, Wärme und Leben spendet und<br />

ohne sie wir nicht wären. Und dann noch unseren Mond, der die Eklipse, das<br />

heißt, die Neigung unseres Planeten stabilisiert und ohne den unser Planet<br />

strudelnd um die Sonne kreisen würde und für die Gezeiten zeugt, die so wichtig<br />

sind für das Leben auf unserer Erde.<br />

Im Grunde möchte ich hiermit ein dialektisches Fenster öffnen und eine Diskrepanz<br />

zwischen Morgen- und Abendländlichem mentalem Gut von – ich sage<br />

mal – Religion darstellen: <strong>Die</strong> morgenländischen Religionen wie der Hinduismus,<br />

der Buddhismus oder der Zen Buddhismus sehen die Kraft der Schöpfung<br />

unseres Seins durch sich selbst. Wohingehend die abendländischen Religionen<br />

es nahezu vollkommen umgekehrt sehen: Gott habe die Menschen erschaffen.<br />

Hier liegt mental und im Grundverständnis sehr vieles im Argen. Das<br />

betrifft auch die Weltwirtschaftspolitik und das internationale Finanzgebahren<br />

und der Gefahr, dass durch Eitelkeit, Neid, Selbstsucht und Selbstbereicherung<br />

ethisch und moralisch Nationen durch Despoten und Diktatoren mittels<br />

Massenvernichtungswaffen, wie einst ADOLF HITLER, an den Abgrund brächten.<br />

Da alles am Mangel an Grundverständnis moralischer und ethischer Art von<br />

Gemeinden und menschlichen Kollektiven liegt, kann ich dazu lediglich nur<br />

sagen: Ob ich nun heute oder morgen sterbe, sterben werde ich. Und wenn ich<br />

tot bin, ist alles vorbei. Doch wenn ich heute lebe, denn dann: Weil Leben Aufgabe,<br />

Gegenwart und Zukunft verheißt. Doch ich werde einmal nicht mehr leben.<br />

Auch wenn ich Nachkommen habe, kann ich nicht davon ausgehen, dass<br />

ich in einer anderen Welt weiterlebe.<br />

Das ist die Diskrepanz und die dialektische Trennung der Weltreligionen zwischen<br />

Orient und Okzident, wobei die muslimische Religion – wie die jüdische<br />

auch – dem Zweig des Abendländischen, also dem Christentum eher zugeneigt<br />

ist und sich mit den Glaubensansichten von Hinduisten und Buddhisten nahezu<br />

diametral, also in der Schöpferideologie sich vollkommen umgekehrt verhalten.<br />

Das Christentum verkündet: Gott habe die Menschen erschaffen.<br />

Hinduisten und Buddhisten sehen die Wirkkraft einer universellen Schöpferkraft<br />

und seiner Wandelwelt: Das heißt seiner Inkarnation innerhalb des Uni-<br />

73


versums und auch durchlaufend die Geburt, das Leben und den Tod aller Lebewesen.<br />

<strong>Die</strong>se Ansichten habe unzweifelhaft auch – trotzdem es etliche Menschen darunter<br />

gibt, die sich Atheisten nennen, jedoch in einem Staat leben, der nicht<br />

laizistisch ist wie die BRD und in der Politik christliche Parteien zulässt – unmittelbaren<br />

psychisch prägenden Einfluss auf Bevölkerung an sich.<br />

Das kann gleichsam ausgeweitet werden auf Europa, wobei sich West-Europa<br />

vornehmlich ideologisch christlich ansiedelt.<br />

Hierzu kann ich lediglich sagen: Ethikunterricht in den Schulen – Ja.<br />

Religionsunterricht in den Schulen: Ein absolutes Nein. Weil es ein Angriff auf<br />

die Köpfe und die Uniformierung unserer Nachkommen ist. <strong>Die</strong> Pubertät der<br />

Jugendlichen ist eine natürliche Schranke, die in einer friedlich angelegten Nation<br />

gegen die Vermittlung und Überstülpung von Ansichten der Zeugergeneration<br />

einer derartigen Erziehung verweigert und dialektisch selbst nach den eigenen<br />

demokratischen, sozialen und kollektiven Wegen der Einsicht sucht.<br />

Auch heute noch stellt sich die Frage – und gerade nach dem verheerenden<br />

ZWEITEN WELTKRIEG – ob im Sinne der Demokratisierung und Normalisierung<br />

der menschlichen Gesellschaften, sich in offenen Demokratien und demokratischen<br />

Rechtstaaten, nicht eine Gesinnungs- und Arbeitsgemeinschaft<br />

zu entwickeln imstande ist, die die Rechte aller Lebewesen als gleichwertig betrachtend<br />

und im Grunde genommen universell, wie es in der BRD die GRÜ-<br />

NEN tun.<br />

Das wird die Herausforderung für die Zukunft sein und stellt den dialektischen<br />

sozialen Prozess weiterhin in den Vordergrund.<br />

<strong>Die</strong>se Zeilen lediglich als Angebote – Und hier möchte ich gerne unverschämt<br />

werden und sagen: An Ihre Hirnströme…<br />

Und in diesem Bezug noch einmal verweisen, dass das geschichtliche Völkermorden<br />

und auch die heutzutage noch bestehende Gewalt in sich ein psychogenes<br />

Drama darstellt, in dem soziale Unebenheiten, der Mangel an sozialer<br />

Hygiene, die Bildung und normale Entwicklungsaussichten gewährleistet werden.<br />

Ansonsten wird jede Gesellschaftsform Gewalt und ihrer Zersetzung begegnen,<br />

die einst in der Härte und der Radikalität der NATIONALSOZIALISMUS<br />

in verschiedenen Ländern je hervorgebracht.<br />

Und gerade daran bemessen sich die Inhalte von Menschenglück und dem<br />

friedlichen glücklichen Zusammenleben der menschlichen Gemeinschaften<br />

ineinander an den Sinn- und Zielstellungen der menschlichen Lebensinhalte. –<br />

Wenn Glück und Zufriedenheit ausschließlich innere Erfahrenszustände sind,<br />

ist der Zustand oder die Zustände, die dazu geführt haben, für die Dauerhaftigkeit<br />

und dem Erhalt deren verantwortlich. Sie zu erhalten, ist grundlegend. Das<br />

Maß jedoch, der Aufwand, der diese Zustände auslösenden Faktoren, kann<br />

nicht die Grundlage einer psychischen verantwortungslosen Ideologie des<br />

maßlosen Konsums sein, die dem Wahnsinn der Steuereinnahmen entspringt.<br />

Noch brauche ich mich und sozusagen meine Schreibmaschine, um die Wogen,<br />

die innerhalb der Menschengemeinschaften noch weil der Verblendung,<br />

der Irreführung durch die Konsum- und Werbegesellschaft usw.: Ich weiß, dass<br />

ich im Grunde nichts anderes benötige als meinen Frieden. Dann werde ich<br />

weiterhin zielstrebig fortfahren, mich selbst zu suchen. Darin bin ich bereits<br />

sehr weit gekommen.<br />

74


Ein jeder muss sich selbst finden und erhoffe sich von keinem Guru oder einer<br />

Sekte irgendwelche Hoffnungen: Jeder ist sich sein eigener Lehrer, weil es<br />

keineswegs anders sein kann, als durch das eigene Bemühen der Mensch lerne.<br />

Niemand kann lehren, wenn es niemanden gibt, der bereit ist zu lernen: Also<br />

gibt es weder Lehrer noch Schüler. – Denn wer sich dazu hergibt, lernen zu<br />

wollen, der hat Vorstellungen der Lehrinhalte und der Vorteile für sich. Sie sind<br />

irrwegig. Der Königsweg – der Raja-Yoga – ist die Selbsterkenntnis und die Erkenntnis,<br />

dass sich die menschliche Gesellschaft durch Voreingenommenheit,<br />

Geschwätzigkeit, Fingerzeig, Verleumdung usw., seie es in Philosophie oder<br />

auch in der Politik, zahlreiche Hürden aufgestellt hat, um einen Suchenden die<br />

Freiräume zu verhindern, um zur reinsten Selbsterkenntnis zu gelangen. <strong>Die</strong><br />

menschliche Welt wird von einer herkömmlichen Ideologie, die geprägt ist von<br />

Verantwortungslosigkeit gegenüber der Existenz an sich, geprägt ist von<br />

Dummheit und Langeweile, die derart veräußerlicht ist und sich über Klatsch<br />

und Verleumdung anderer, Boulevardgazetten liest usw., eine bürgerliche Gesellschaft<br />

sich erschaffen hat, die ethisch und moralisch eigentlich stinkt.<br />

Auch auf diese Gefahren weist der Hinduismus mit der <strong>Bhagavad</strong> <strong>Gita</strong> hin.<br />

Kommt es nicht zu humanen Regelungen innerhalb der Produktionsverhältnisse,<br />

zu realen Einstellungen aller Bürger auf diesem Planeten hin zu einem ausgewogenen<br />

Austausch und einer ausgewogenen Verteilung aller lebenswichtigen<br />

Güter, dann erst hat die Menschheit eine Zukunft vor sich, die sich ethisch<br />

und moralisch als eine Wohlfahrtsorganisation die Ressourcen unseres Planeten<br />

unter sich aufteile.<br />

Ich fahre fort mit den Inhalten der BHAGAVAD GITA:<br />

Der Heiter-Gelassene,<br />

In Sich, seinem Atman Versunkene,<br />

Meistert den Willen.<br />

Er kennt keine Unrast<br />

In Hitze, in Kälte,<br />

In Lust und in Leid,<br />

In Ehre und Unehre.<br />

Denn: Ist dem Herzen des Menschen Erfüllung durch tiefste Erkenntnis und eigenen<br />

Erfahrung von Brahmans Wahrheit zuteil geworden, dann lässt er sich nicht mehr<br />

erregen durch Dinge der herkömmlichen Sinneswerte: Gold, Erde und Stein, sie alle<br />

dünken ihm gleich. Von einem Yogi, der die Sinne gemeistert hat sagt man, er habe<br />

die Einheit mit Brahman erlangt.<br />

Jener, der anschaut<br />

Mit gleicher Gelassenheit<br />

Freunde, Gefährten,<br />

Den Feind, den Verwandten,<br />

Den Edlen, den Bösen,<br />

Den, der in richtet,<br />

Und jene, die keiner<br />

Partei angehören:<br />

75


Der ist der Größte.<br />

Der Yogi soll in die Einsamkeit gehen und danach streben, Meisterschaft zu erlangen<br />

über Körper und Geist. Den Hoffnungen und den Besitztümern dieser Welt muss er<br />

entsagen und pausenlos sich in die Selbstversenkung, der Suche nach seiner inwendigen<br />

Kraft, seinem Atman, widmen.<br />

Der Platz, wo er sitzt, soll fest sein, nicht zu hoch, nicht zu tief, und an einem sauberen<br />

Ort. Erst soll er ihn mit heiligem Gras überdecken, darauf ein sauberes Tuch<br />

ausbreiten. Wenn er dort sitzt, muss er in Schach halten Sinne und Phantasie und<br />

die Gedanken einzig auf ein Ziel zusammenziehen. Wenn er in dieser Weise Versenkung<br />

übt, wird sein Herz ruhig und rein.<br />

Reglos in seiner Haltung, Leib, Kopf und Nacken aufrecht, den Blick eingezogen, als<br />

ob er die Spitze der Nase betrachte, darf er nicht um sich schauen.<br />

So, mit gelassenem, furchtlosem Herzen,<br />

Treu dem Gelübde letzter Entsagung,<br />

Hemmend das rastlose Schweifen der Sinne,<br />

Möge er sich um die Einheit mit mir mühen.<br />

Ständig versunken, die Augen stets gerichtet<br />

Auf mich, sein Ziel, mich zu erkennen.<br />

Hat der Yogi durch die Kraft der eigenen Läuterung durch die Erkenntnisgründe die<br />

innere Sehnsucht erlangt, sich selbst und mich zu erkennen, dann wird er schließlich<br />

als Krönung in seiner Innenschau mich vollends wahrnehmen und das Nirvana erlangen:<br />

die große Erkenntnis der Ungeteiltheit allen Seins und ihrer kosmischen und<br />

grenzenlosen Verwobenheit durch die Innenschau, in dem er mich erkennt in sich<br />

selbst und in allem enthalten.<br />

Yoga ist weder für den, der allzu viel isst, noch für jenen, der über das Maß hinaus<br />

fastet. Er ist nicht für den, der allzu viel schläft, noch für jenen, der übertrieben viel<br />

wacht. Mäßig sei der Mensch beim Essen und bei der Erholung, mäßig im Tun, mäßig<br />

im Schlaf und im Wachen. Er wird erkennen, dass dieser Yoga allen seinen Unfrieden<br />

löscht.<br />

Wann darf man sagen von einem Menschen, er die Einheit mit Brahman erlangt?<br />

Dann, wenn sein Geist unter vollkommener Herrschaft steht und er, frei von jeglichem<br />

Wunsche, einzig im Atman und in nichts anderem aufgeht. „Lampenlicht flackert<br />

nicht an eine windstillen Ort.“ <strong>Die</strong>ses ist ein Gleichnis und auf den Yogi gemünzt,<br />

der mit ausgerichtetem Geiste sich in den Atman, in sich selbst, versenkt.<br />

Wenn durch Übung im Yoga das Denken sein rastloses Wandern aufgibt, dann erst<br />

er sich selbst, den Atman. Alles sein Trachten ist dann vollauf befriedigt. Endlose<br />

Seligkeiten sind sein, die nur ein völlig geläutertes Herz zu erfahren vermag, sich<br />

jedoch der Sinne zu entziehen. Nichts ist imstande, diese Erkenntnis zum Wanken zu<br />

bringen. Deshalb kann er niemals mehr abweichen von der innersten Wahrheit des<br />

eigenen Wesens.<br />

76


Nun sie sein Eigen,<br />

Weiß er: Der Schatz ist<br />

Köstlicher denn alle anderen.<br />

Solcher fester Glaube<br />

Wird auch nicht wankend<br />

Bei heftigstem Leid.<br />

Zur Erlangung dieser Gewissheit muss man den Sinn des Wortes Yoga verstehen:<br />

Es ist der Bruch mit der Beziehung zum Leid. Du musst beherzt diesen Yoga üben,<br />

ohne den Mut zu verlieren. Entsage allen Deinen Wünschen auf immer. Sie sind die<br />

Kinder des Eigenwillens. Nutze Dein Unterscheidungsvermögen, damit Du die ganze<br />

Meute der schweifenden Sinne in Schranken zu halten vermagst.<br />

Geduldig, Stück um Stück, muss der Mensch sich aus der gedanklichen Unruhe lösen<br />

mit Hilfe verständigen Wellens. Er muss seinen Geist auf sich selbst (den Atman)<br />

richten und nie etwas anderes denken. Wohin das rastlose, unruhige Innere auch<br />

wandert: Es muss zurückgeholt und der Erkenntnis des Selbst (dem Atman) unterworfen<br />

werden.<br />

Voller Ruhe bis in das Letzte,<br />

Gereinigt von Leidenschaft,<br />

Erkennt der Yogi,<br />

Dass Brahmans Wonne<br />

<strong>Die</strong> höchste der Wonnen ist.<br />

Vom Bösen befreit,<br />

Verharrt sein Geist<br />

Im Sich-Versenken in sich selbst.<br />

Ihm ist das ein Leichtes:<br />

<strong>Die</strong> Erkenntnis der Allumfassenheit<br />

Hat ihn berührt:<br />

<strong>Die</strong>ses Glück ist grenzenlos.<br />

Nun ruht sein Herz in meiniger Erkenntnis,<br />

Seine Augen sehen in allem mich,<br />

Stets allgegenwärtig.<br />

Er weiß dadurch sich selbst<br />

In allen Geschöpfen<br />

Und alle Schöpfung<br />

In sich selbst.<br />

Mich sieht dann der Yogi in allen Dingen und sieht alle Dinge in mir. Niemals verliert<br />

er mich aus den Augen, noch je ich ihn. Er ist festgegründet in Einheit mit mir in steter<br />

Gewissheit, dass ich allen Erscheinungen und Geschehnissen innewohne. Er<br />

wohnt in mir, gleichviel wie sein Leben verlaufen mag.<br />

77


Wer glüht mit der Wonne<br />

Und leidet die Trauer<br />

Aller Geschöpfe<br />

Im eigenen Herzen,<br />

Jegliche Wonne<br />

Und jegliche Trauer<br />

Zur eigenen machend,<br />

Der ist mir der Höchste<br />

Unter den Yogis.<br />

Arjuna<br />

Krischna, Du beschreibst mir diesen Yoga gleichsam als Leben in Einheit mit Brahman.<br />

Aber ich sehe nicht, wie dieses von Dauer sein kann. Der Geist ist rastlos.<br />

Unruhevoll ist<br />

Der Geist aller Menschen<br />

Und durch die Fänge<br />

Der Sinne zerrüttet,<br />

Grob und verhärtet<br />

Im starren Verlangen<br />

Nach weltlichem Gut.<br />

Kann man ihn zähmen?<br />

Wahrlich, ich glaube<br />

Der Wind ist nicht wilder.<br />

Sri Krischna:<br />

Ja, Arjuna, sicher ist ruhelos der Geist und schwer unterwerfbar. Aber durch ständige<br />

Übung, vorzüglich in der Gelassenheit, kann er gemeistert werden.<br />

Ja, gewiss, wer sein Ich nicht beherrscht, wird diesen Yoga schwierig finden. Jedoch<br />

der sich selbst überwindet, vermag ihm zu folgen, sobald er die rechten Mittel der<br />

Einsicht verwendet. Denn diese Einsicht wird durch Innehalten und Stille – durch die<br />

Meditation – vernehmbar.<br />

78


Arjuna:<br />

Wenn ein Mensch nun Glauben hat, doch nicht hart genug kämpft? Wenn von der<br />

Yoga-Übung sein Denken abirrt und er die Vollkommenheit nicht erreicht? Was wird<br />

das aus ihm?<br />

Wenn der Mensch vom Pfade des Brahman abweicht, so hat er beide Leben versäumt,<br />

das weltliche und das Geistige. Nirgendwo findet er Beistand. Ist er dann<br />

nicht verloren wie eine windverwehte Wolke am Himmel?<br />

<strong>Die</strong>ses ist, oh, Krischna, der Zweifel, der an mir nagt, und einzig Du kannst ihn mir<br />

ganz von der Seele nehmen. Lasse Deine Antwort mich hören!<br />

Sri Krischna<br />

Groß ist der Yogi, denn ihn verlangt, in Brahman zu sein,<br />

Größer als wer den Leib abtötet,<br />

Größer als alle Gelehrten,<br />

Größer als jener, der gute Werke vollbringt,<br />

Deshalb Arjuna, werde ein Yogi.<br />

Mir, in der Erkenntnis seines Selbst,<br />

bringt er dar sein ganzes Herz.<br />

79


Siebentes Kapitel<br />

Erkenntnis und Erfahrung<br />

Sri Krischna:<br />

Weihe mir Dein ganzes Wesen. Übe Yoga. Sieh in mir Deinen einzigen Hort. Ich will<br />

Dich lehren, wie Du, wenn Du dies tust, mich ganz erkennen kannst in meiner Wahrheit<br />

ohne eines Zweifels Schatten. Alle die Erkenntnis will ich Dir geben und überdies<br />

noch unmittelbare geistige Erfahrung. Wer diese besitzt, dem bleibt auf dieser Welt<br />

nichts mehr zu lernen übrig.<br />

Wer hat das Herzensbedürfnis,<br />

<strong>Die</strong> vollkommene Freiheit zu haben?<br />

Ein Mensch vielleicht<br />

Unter Tausenden und mehr.<br />

Und wer von denen,<br />

<strong>Die</strong> Freiheit suchen,<br />

Wird meines Wesens<br />

Völlige Wahrheit erfahren?<br />

Vielleicht nur ein einziger.<br />

Achtfältig ist die Beschaffenheit meiner Prakriti 54 :<br />

1. Erde,<br />

2. Wasser,<br />

3. Feuer,<br />

4. Luft,<br />

5. Äther,<br />

6. Geist,<br />

7. Verstand<br />

8. und das Ich.<br />

Erfasse, dass dahinter und getrennt davon das ist, was den Bewusstseinsgrund und<br />

die Quelle des Lebens in allen Wesen ausmacht. Das ist die Stütze des Weltalls.<br />

Wisse, meine Prakriti<br />

Ist Eines mit mir,<br />

Der Schoß allen Seins.<br />

Ich bin die Geburt dieses Kosmos<br />

Und ebenso seine Zersetzung.<br />

54 Wandelform<br />

80


Ich bin es der wirkt,<br />

Kein anderer außer mir.<br />

Alle Welten sind in mir aufgereiht<br />

Wie Perlen an einer Schnur.<br />

Ich bin die Nässe des Wassers,<br />

Das Leuchten von Sonne und Mond,<br />

Das OM in allen Veden,<br />

Denn OM, dieses Wort ist Gott.<br />

Ich bin es, der im Äther erklingt,<br />

Ich bin die Potenz im Manne,<br />

Bin der heilige Duft dieser Erde,<br />

Das Licht des Feuers,<br />

Das Leben alles Lebendigen,<br />

<strong>Die</strong> Askese des Asketen.<br />

Erkenne in mir den ewigen Samen<br />

Von allem, das wächst,<br />

Den Versand der Verständigen,<br />

<strong>Die</strong> Wirksamkeit im Tätigen.<br />

Im Starken bin ich die Stärke,<br />

Unbehindert durch Gier<br />

Und durch das, was begehrt wird:<br />

Ich bin, was Menschen sich wünschen mögen,<br />

Ohne sich zu versündigen<br />

Gegen die Weisungen ihrer Natur:<br />

Erfasse, dass alles, was zu dem Zustand von Sattwa, Rajas und Tamas gehört,<br />

aus mir hervorgeht. Sie sind enthalten in mir, jedoch ich nicht in ihnen. <strong>Die</strong><br />

ganze Welt wird betört von den Launen und Stimmungen, in denen sich die<br />

drei Gunas ausdrücken. Deshalb vermag die Welt mich nicht so zu sehen, wie<br />

ich in Wirklichkeit bin. Abgesondert von alledem stehe ich, erhaben und todlos.<br />

Wie schwer ist zu durchbrechen<br />

<strong>Die</strong>se meine Maya,<br />

<strong>Die</strong> von den Gunas geschaffene!<br />

Wer jedoch seinen Hort<br />

Einzig in mir sieht,<br />

Wird Maya 55 hinter sich lassen,<br />

Er und kein anderer.<br />

Der Übeltäter wendet<br />

55 <strong>Die</strong> Illusion, die Täuschung<br />

81


Sich nicht mir zu. Er ist<br />

Ein Tiefgesunkener unter den Sterblichen.<br />

Sein Wissen verliert sich<br />

Im Irrgarten Mayas,<br />

Bis länger sein Herz nicht<br />

Ein menschliches ist<br />

Und in ihm sich wandelt<br />

Zum teuflischen Herzen.<br />

Unter den Menschen, die sich geläutert haben und durch gute Werke sich auszeichnen,<br />

sind vielerlei, die im Ansatz meine Wahrheit erkennen und mich verehren: der<br />

des Weltlichen Müde, der Erkenntnissucher, der Sucher nach Glück und der Mensch<br />

mit weiser Einsicht.<br />

Der Erkennende und Einsichtige steht am höchsten von Allen. In der Erkenntnis und<br />

der Einsicht, dass ich die Schöpfung selbst bin, lebt er geheißvoll und frei von der<br />

Täuschung all jenes, dass ich bin.<br />

Gewiss, sie alle sind edel.<br />

Aber der Einsicht hat,<br />

Der verwirklicht in sich mein Selbst:<br />

Im Geheiß seiner Erkenntnis<br />

Lebt er sein Leben im Einvernehmen<br />

Unseres gemeinsamen Seins.<br />

Weil ich bin, der ich bin:<br />

Das einzige Ziel<br />

Eines ergebenen Herzens.<br />

Ist seine Einsicht gereinigt:<br />

Er macht mich zu seinem Hort.<br />

Er weiß: Ich bin alles.<br />

Wie selten sind diese Großen!<br />

82


<strong>Die</strong>, deren Einsicht durch weltliche Wünsche verdunkelt ist, führen diesen und jenen<br />

Kult oder Ritus ein und suchen Zuflucht bei vielerlei Gottheiten, je nach dem Drang<br />

ihrer eingeborenen Natur. Welch eine Gottheit der Hingegebene wählt für seine Verehrung,<br />

ist jedoch nicht von Belang. Hat er nur Glauben, so mache ich seinen Glauben<br />

zum Felsenfesten. Ausgerüstet mit diesem Glauben, den er sich selbst gibt, betet<br />

er dann jene Gottheit an und empfängt in seinem Glauben von ihr alles, was er<br />

erbittet. In Wahrheit aber bin ich es, der einzige Geber.<br />

Menschen von kleinem Fassungsvermögen beten nur um Vergängliches und Zerstörbares.<br />

Wer Devas anbetet, wird zu den Devas gehen. Doch wer sich mir ergibt,<br />

der kommt zu mir.<br />

<strong>Die</strong>ses meint der Unweise: Ich der Nichtoffenbarte, werde zum Menschen. Sie kennen<br />

mein Wesen nicht, Das Eins ist mit Brahman, übermenschlich und wandellos.<br />

Im Schleier meiner Maya stets, zeige ich mich wenigen.<br />

Wie sollte die Welt auch, verwirrt von Täuschung,<br />

Je mich erkennen, den Ungeborenen, den Wandellosen?<br />

Alle Wesen sind aus mir entstanden, Arjuna, die einstigen, die jetzigen und jene, die<br />

kommen werden.<br />

Alles, was lebt, wird, kaum geboren, irregeführt durch die Täuschung, diese Welt des<br />

Scheins sei die Wahre.<br />

Aus ihren Begierden und Hassgefühlen steigt diese Täuschung auf. Wer aber Gutes<br />

wirkt, wes böses Karma erschöpft ist, wird frei von dieser Täuschung über die<br />

Scheinwelt. Sie bleiben ihrer Erkenntnis uns Einsicht treu und leben in mir.<br />

So mancher nimmt seine Zuflucht zu mir aus Angst vor Alter und Tod. So werden sie<br />

mich nie erkennen, die wahre Natur ihrer Selbst und die Schöpferkraft, die alles<br />

durchdringt.<br />

Alle diese Zusammenhänge erkennend, begreifen sie die Natur der Scheinwelt, das<br />

Selbst aller Lebewesen und das Wesen meiner Inkarnationen, der über allem Wirken<br />

83


thront. Selbst in der Stunde des Todes sterben sie in der frommen und lauteren Einsicht,<br />

dass sie lediglich eine zeitliche Spanne meiner Inkarnation selbst waren.<br />

Achtes Kapitel<br />

Der Weg zum ewigen Brahman,<br />

der Weg zur Erkenntnis von Allem<br />

Arjuna:<br />

Erkläre mir, Krischna, wer Du bist? Und was ist mein innewohnendes Selbst? Was ist<br />

Deine Schöpferkraft? Erkläre das Wesen der Scheinwelt in mir und das des einzelnen<br />

Menschen.<br />

Was ist die Kraft, die alles Handeln leitet in diesem Körper, und wie verweilt er hier?<br />

Wie offenbart sich Dein Sein in der Stunde des Todes in Demjenigen, dessen Bewusstsein<br />

Dich verstanden hat und fromm in der Frucht seiner Erkenntnis und Einsicht<br />

lebt?<br />

Sri Krischna:<br />

Ich bin das, was wandellos und keiner anderen Ursache untertan ist als sich selbst.<br />

Wenn wir mich als jedem Einzelwesen innewohnend sehen, so nennen wir ihn die<br />

Seele, den Atman. Und meine Schöpferkraft ist es, was das Dasein aller Wesen bewirkt.<br />

Wandelbar ist die Natur der Scheinwelt. <strong>Die</strong> Natur des Einzelmenschen ist sein das<br />

Maß seiner Erkenntnis und seiner Einsicht. Je nachdem, inwieweit dieser Einzelmensch<br />

verfangen ist innerhalb der Verkenntnis, der Uneinsichtigkeit und den Sinnenlüsten<br />

anhängt, die als rastlose Früchte an diesem Baume von Sinnenlust und<br />

Gier, von Eifer, Ehrfurcht, Eitelkeit, Neid, Eifersucht und Lüsternheit hängen, sind sie<br />

die Früchte, die in der menschlichen Gemeinschaft als und in der Kraft meiner Gunas<br />

84


untereinander gemeinschaftlich verzehrt werden und damit die menschliche Gemeinschaft<br />

derart trüben, bis sie ihre unlauteren Kräfte entfalten und die Menschen dieser<br />

Gemeinschaft gegeneinander aufwerfen und zu ihrer gewalttätigen Entfaltung gelangen.<br />

Ich allein bin Dein Leben.<br />

Mache es zu einem festen Brauch, das Sich-Versenken zu üben, um Dich selbst zu<br />

erkennen und Dich von der Täuschung fromm zu befreien. Denn wisse: Dein Leben<br />

ist von mir. Dein Wirken ist für mich.<br />

So wie ich das Universum erschaffen habe, das Sonnensystem und diesen Planeten,<br />

auf dem sich die Wandelwelt vollzieht – und alles an sich in allen Größen die Wandelwelt<br />

an sich darstellt – so erkenne kraft Deiner Vernunft und Deinem Verstand,<br />

dass ich es bin: <strong>Die</strong> Inkarnation meiner Wesenheit in Dir.<br />

Ich bin Alles, Herr der Inkarnation und allen Seins.<br />

Ich bin weit zarter als des Geistes innerste Zartheit,<br />

Der Welten alterlose Stütze:<br />

Ich wirke aus mir selbst.<br />

Nun will ich kurz die Natur von jener Erkenntnis erläutern, den jene Seher, die fürwahr<br />

die Veden ganz erfassen und todlos nennen. Um mich zu erkennen, befreie der<br />

Ergebene sich von den Banden seiner Wünsche. Damit er dieses Ziel erreiche, übt er<br />

Beherrschung aller Leidenschaften.<br />

Hat viele Jahre lang der Yogi ohne Unterlass mit unzerstreutem Sinne nach sich<br />

selbst mittels der Einkehr gesucht und Erkenntnis erlangt, so wird der Yogi in sich<br />

meine in ihm innewohnende Macht erfahren und zur großen Erleuchtung, zum Maha-<br />

Samaddhi gelangen!<br />

Wer mich findet, hat mich, die universelle Seele und damit Vollkommenheit im letzten<br />

Sinn erlangt.<br />

Tag gibt es und ebenso Nacht im Weltall.<br />

<strong>Die</strong>ses weiß der Weise und auch, dass Brahmas Tag<br />

Tausend Jahrhunderte währt, und die Nacht<br />

Wiederum tausend Jahrhunderte 56 .<br />

Es dämmert der Tag, und alles im Schlaf geborgene Leben<br />

Kommt hervor und tritt in Erscheinung, erkennbar sterblich.<br />

Nacht sinkt herab, und alles löst sich auf<br />

In den schlafenden Keim des Lebens.<br />

So entsteht Leben, o Prinz, erscheint unaufhörlich,<br />

Sich lösend im Dunkel und mit dem Tag wiederkehrend,<br />

Zurück zu neuer Geburt, neuem Tod,<br />

Ganz unausweichlich: Es tut, was es muss.<br />

56 Siehe Anhang I<br />

85


Doch hinter dem Offenbaren und dem Nichtoffenbaren gibt es ein Sein, das ewig ist<br />

und wandellos. <strong>Die</strong>s wird nicht zerstört in der großen kosmischen Auflösung. Das<br />

Nie-Offenbarte, das Unvergängliche ward es genannt. <strong>Die</strong>s zu gewinnen, gilt als der<br />

größte aller Gewinne. <strong>Die</strong>ses ist mein höchster Zustand des Seins. <strong>Die</strong> ihn erlangen,<br />

erkennen die höchste aller Weisheiten und erschauen in sich mich selbst.<br />

Doch lässt dieser höchste Zustand des Seins – dem Wohnen in mir durch Selbsterkenntnis<br />

– nur erreichen in völliger Achtung dessen, in dem alle Schöpfung beruht<br />

und alle Schöpfung durchdringt.<br />

<strong>Die</strong> Schriften sagen, es könne gar viel Verdienst erworben werden durch Studium der<br />

Veden, Vollzug ritueller Opfer, durch Üben von Enthaltsamkeit und durch das Almosenspenden.<br />

– Der Yogi aber, der meine Lehre verstanden hat, gewinnt viel mehr als<br />

jene, die dies alles tun. Er wird innerlich zur Weltenquelle gelangen und mich in sich<br />

erkennen.<br />

86


Neuntes Kapitel<br />

Der Yoga der heiligen Geheimnisse<br />

Da Du mir zustimmst,<br />

Nicht mit mir rechtest,<br />

Will ich Dir sagen<br />

Das tiefste Geheimnis:<br />

Gotteserkenntnis<br />

<strong>Die</strong> mehr ist als Wissen<br />

<strong>Die</strong> offene Innenschau,<br />

Plötzlich, unmittelbar.<br />

Erfasse sie recht und<br />

Sei frei auf immer<br />

Vom Elend der Täuschung<br />

Und dem Rad der in ihr wohnenden<br />

Selbstgeschaffenen Verelendung<br />

Durch die karmische Kette von<br />

Verleumdungen und Sinnesverkehrung.<br />

<strong>Die</strong>ses ist von allen<br />

<strong>Die</strong> höchste Erkenntnis,<br />

<strong>Die</strong> Läuterin und Königin<br />

Aller Geheimnisse,<br />

<strong>Die</strong> nur dem Auge<br />

Des Mysten sich auftut.<br />

Groß ist ihr wert<br />

Und leicht, sie zu üben.<br />

Sie führt den Menschen<br />

Zur ewigen Wahrheit.<br />

Wer in dieser Erkenntnis<br />

Nicht Glauben kann schenken,<br />

Wird nimmer mich und sich finden.<br />

87


<strong>Die</strong>ses ganze Weltall ist von mir durchdrungen auf jene ewige Weise, die<br />

sich den Sinnen nicht offenbart. Bin ich auch nicht körperlich in den Geschöpfen,<br />

so sind doch alle Geschöpfe in mir. Ich sage nicht, dass sie<br />

körperlich in mir wohnen. <strong>Die</strong>s ist mein göttliches Geheimnis, doch<br />

musst Du versuchen, es seinem Wesen nach zu erfassen:<br />

Mein Sein erhält die Geschöpfe alle, ist Ursache<br />

zu ihrer Geburt und steht doch nicht in<br />

leiblicher Fühlung mit ihnen.<br />

So wie die Luft weltenweit wandert,<br />

Ewig im Reiche des Raumes verharrt,<br />

So bleiben meine Geschöpfe, die wandelnden,<br />

Wo sie auch sind, stets in mir.<br />

Wenn der Kreislauf der Zeit sich erfüllt hat,<br />

Rufe ich sie zurück in den Samen des Werdens,<br />

Und sende sie wiederum aus,<br />

Wenn die Stunde der Schöpfung schlägt.<br />

Preisgegeben sind sie, denn Maya ist ihre Meisterin.<br />

Und ich, ihr Herr, bin Meister der Maya.<br />

Immer wieder sende ich diese Vielheit<br />

Aus meinem Sein hervor.<br />

Wie könnte mein Tun mich binden,<br />

Mich, den die Früchte nicht kümmern?<br />

Tritt doch der Geist beiseite<br />

Und überwacht Maya, die Schöpferin.<br />

Maya bringt alles hervor, das Bewegte, das Starre.<br />

Oh, Sohn der Kunti, darum wirbelt die Welt<br />

Dreht sich das Rad durch Geburt<br />

Und durch Zerstörung.<br />

Toren gehen blind an meinem Wohnort<br />

Hier in der menschlichen Form vorüber,<br />

Nichts ahnend von meiner Erhabenheit,<br />

Von mir, meiner Allmacht und ihrer Seele.<br />

Eitel ist ihr Hoffen, eitel ist ihr Mühen und ihr<br />

Wissen, All Verstand nichts als Verwirrung,<br />

88


Ihr Wesen ist ganz dem Wahnsinn<br />

Der Ungeheuer und Teufel verfallen.<br />

Groß ist Jener, der durch die Erkenntnis meiner,<br />

den Anbeginn und im Tode den Wandel erkennt:<br />

Der nimmer wankenden Seele.<br />

Mit Herz und Mund preist er mich stetig.<br />

Nach Tugend, die mich gewinnt, hinstrebend,<br />

Seinen Gelübden treu:<br />

In seiner Erkenntnis um mich und sich<br />

Erlischt in ihm die Täuschung.<br />

<strong>Die</strong> mich in allem erkennen<br />

Und die sich vor zahllosen Göttern verneigen,<br />

<strong>Die</strong> nichts anderes sind, als die zahllosen<br />

Meiner Millionen Gesichter erkennen:<br />

Ich bin der Vater der Welt.<br />

Ich bin es, der jedem die Frucht<br />

Seiner Arbeit gewährt.<br />

Ich bin die unumschränkte Erkenntnis.<br />

Ich liege unter dem Sichtbaren<br />

Und bin aller Geschöpfe Samen:<br />

Der Wandellose.<br />

Ich bin der Sonne Glut und auch die Hitze des Feuers. Ich bin das Zeitlose<br />

und immerdar. Ewiglich Leben und Tod. Ich bin die Kraft im Regen und halte<br />

ihn zurück:<br />

Arjuna:<br />

Ich bin der Kosmos,<br />

der Offenbarte<br />

und in seinem Keim der Verborgene.<br />

Der sich durch die Kräfte der Erkenntnis<br />

Und der Einsicht selbst erkannt hat,<br />

versteht, dass Geburt und Tod<br />

Eine Spanne ist, die mich verwirklicht.<br />

Doch wer mit gesammeltem Sinn treulich mich in sich selbst durch Selbstversenkung<br />

sucht, wer jeden Augenblick sich treu auf dem Pfade der Erkenntnis<br />

wandelt, wird mich mit der Zeit durch Wandel und Erkenntnis in sich erfahren.<br />

89


Was immer das Tun sei,<br />

Deine Mahl, Deine Andacht –<br />

Welche Gabe auch immer<br />

Du anderen gibst,<br />

Was Du gelobest<br />

Dem geistlichen Werke,<br />

Bringe dieses alles<br />

Selbstverständlich und im<br />

Grunde der Erkenntnis dar.<br />

Verhafte Deinen Geist, Dein Leben, Dein Sinnen und Dein Streben nicht an<br />

diese vergängliche Welt, dem Samsara 57 . Wenn solcherart Du Dein Herz mir<br />

zuwendest, dann wirst Du eingehen in mein ewiges Wesen.<br />

57 Wandelwelt<br />

90


Zehntes Kapitel<br />

Göttliche Herrlichkeit<br />

Sri Krischna:<br />

Noch einmal, Krieger,<br />

Höre dieses höchste<br />

Wort meiner Weisheit:<br />

Dein Bestes wünschend,<br />

Lehre ich es Dich,<br />

Da sich Dein Herz<br />

An dieser Botschaft erfreut.<br />

Wie können die mächtigen<br />

Seher und Devas<br />

Wissen von meinem Beginn?<br />

Ich bin der Ursprung,<br />

Ich der Erhalter<br />

Der Seher und Devas.<br />

Wer mich geburtlos weiß,<br />

Nimmer beginnend,<br />

Herr aller Welten,<br />

Der nur ist makellos<br />

Unter den Sterblichen,<br />

Täuschungen nicht unterworfen.<br />

Alles dieses ist des Menschen<br />

Vielfaches Wesen:<br />

Erkenntnis und Fähigkeit<br />

Zur tiefen, vom Irrtum<br />

Unumdunkelten Einsicht,<br />

Seelenruhe,<br />

Beherrschung der Sinne,<br />

Seligkeit, Kummer,<br />

Geburt und Zerstörung,<br />

Was fürchtet, was furchtlos ist,<br />

Was kein Geschöpf schädigt,<br />

91


Unschreckbarer Sinn,<br />

Zufriedenes Herz,<br />

Unbeugsamer Wille,<br />

<strong>Die</strong> Hand des Spenders,<br />

Ehre und Ruhm<br />

Und ebenso Schande:<br />

Einzig durch mich<br />

Wird dieses alles verteilt.<br />

Mein Wesen brachte hervor<br />

<strong>Die</strong> sieben Weisen,<br />

<strong>Die</strong> Alten Vier<br />

Und schließlich die Manus:<br />

So gab ich Leben<br />

Den ersten Erzeugern<br />

Der Erdenkinder.<br />

Wer wahrlich mich kennt<br />

Im vielfältigen Sein<br />

Stets gegenwärtig<br />

Und alles beherrschend,<br />

Wohnt meinem Yoga,<br />

Stets unerschütterlich inne:<br />

Dessen sei sicher.<br />

Ich bin, wo alles begann, der Ausgangspunkt der Geschöpfe, dem Weisen in<br />

seiner Liebe bekannt, wenn er verehrt mit überströmendem Herzen:<br />

Sinne und Sinn sind gelöscht.<br />

Ich allein bin der Gegenstand ihrer Gespräche:<br />

So einander erfreuend, leben in Wonne<br />

sie und in Zufriedenheit,<br />

Überall meiner Gewahr und stets in Erkenntnis mir<br />

ergeben:<br />

Darum führt sie der Strom ihres erleuchteten Denkens<br />

alle Zeit zu mir.<br />

Dort im unweisen Herzen wohne ich durch die Huld<br />

meiner Gnade:<br />

Ich bin die Weisheit, die leuchtende,<br />

alles Dunkel verscheuchende Lampe.<br />

92


Arjuna<br />

Du bist Brahman, die höchste Stätte, das Allerheiligste. Jeder Weise kündet<br />

von Deiner Ewigkeit, Herr der Devas 58 . Fromm wusste Narada geburtlos Dich<br />

und allgegenwärtig. Devala Sang Lob und Preis Dir, Asita auch und Vyasa 59 :<br />

Nun ward hörend auch ich, denn Deine eigenen Lippen haben es mir bestätigt,<br />

Krischna, dies ist die Wahrheit, Du sagst es. Mein Herz gebietet mir, Dir zu<br />

glauben.<br />

Herr der Welten, Lebensquell, oh Inwendigkeit aller Geschöpfe, wie könnte<br />

Deva oder Titan erkennen Deiner Herrlichkeit gänzliche Weise?<br />

Du allein weißt, was Du bist, dank dem Licht Deines innersten Wesens:<br />

Deshalb lehre mich jetzt und halte kein Wort Deiner Rede zurück.<br />

Keine aus der Gesamtheit Deiner Gestalten,<br />

mit denen Du die drei Welten durchdringst.<br />

Krishnas Selbstdarlegung gegenüber Arjuna<br />

58 Weisen<br />

59 Alte Weise<br />

93


o Lehre mich, wie Du Dich zu erkennen gibst meiner Inbrunst. Zeige mir, in<br />

welcher Form und Verkleidung Dich zu erkennen ich lernen muss.<br />

o Zähle sie mir auf, Deine himmlischen Mächte und alle Deine Offenbarungen.<br />

o Sprich: Denn jedes Wort ist unvergänglicher Nektar, dessen ich nimmer<br />

müde werde!<br />

Sri Krischna:<br />

Oh, Arjuna, wahrlich, ich will Dir alle meine göttlichen Offenbarungen weisen.<br />

Doch will ich nur die gewichtigsten Dir davon nennen. Denn von den kleineren<br />

und ihren Einzelheiten zu sprechen, fände ich kein Ende.<br />

Ich bin der Atman, der im Herzen alles Geschaffenen wohnt. Ich bin der Beginn,<br />

des Lebens Spanne und auch sein Ende.<br />

Vischnu, der Erhalter des Lebens in der philosophischen Trinität des Hinduismus.<br />

<strong>Die</strong> Abbildungen gelten als Metapher. Eigentlich gilt bei allen Betrachtungen die<br />

Urkraft der Schöpfung – nämlich das Nirwana – ein Synonym, dass gleichsam die<br />

Schöpfung allesamt wiedergibt: <strong>Die</strong> des Universums, die Geburt, die Gedanken,<br />

die Handlungen...<br />

Das Nirwana – das Nichts – ist die Quelle der Schöpfung<br />

94


Ich bin Vischnu. Ich bin die strahlende Sonne. Von den Sinnen bin ich der Sinn. Ich<br />

bin das Bewusstsein in allem Lebendigen. Ich bin der Tod, der die Frucht des Handelns<br />

zerstückt. Ich bin die Zeit und bin doch zeitlos. Im Gemisch bin ich das Verbindende.<br />

Ich bin der Tod, der alles wegrafft. Und ich bin der Quell, aus dem alles Leben hervorgeht.<br />

Ich bin die Herrlichkeit, Glück und Gedeihen, Gedächtnis, Vernunft, Verstand, Standhaftigkeit<br />

und Verständnis und damit die Erkenntnis an sich.<br />

Oh, Arjuna: Ich bin der göttliche Samen allen Lebens. Nichts besteht ohne mein innewohnendes<br />

Vermächtnis!<br />

Meinen Offenbarungen sind keine Grenzen gesetzt, noch können sie aufgezählt<br />

werden.<br />

Was immer in dieser Welt mächtig ist, schön oder erhaben, wisse, es entspringt aus<br />

meiner mir innewohnenden Allmacht!<br />

Wisse Arjuna: Ich bin das kausale Vielfache. Und wisse, dass ich die Ursache des<br />

Universums bin und derjenige, der das Weltall zusammenhält. Ich bin alles: Erkenne<br />

mich durch den Yoga: Erkenne, dass ich es bin, der in Dir lebt! Befreie Dich von der<br />

Täuschung, in dem Du Dich und damit mich erkennst: Das ist die höchste Weisheit<br />

und das größte Wissen. Nur dem Menschen wird sie derart bewusst zuteil und durch<br />

den Yoga erlangbar. Mich zu erkennen, die Inwendigkeit und die Schöpfung, die Zeit<br />

und das in ihr enthaltene Leben.<br />

Nun ist über die Zeitalter des Karma das menschliche Bewusstsein entstanden und<br />

der Mensch dadurch befähigt, mich zu erkennen. Und damit sich selbst in der Ungeschiedenheit<br />

der Erkenntnis. Denn wisse: Ich bin Alles. Suche derart mich in Dir zu<br />

erkennen.<br />

95


<strong>Die</strong> Schau Gottes in seiner allumfassenden Gestalt<br />

Arjuna:<br />

In Deiner Gnade hast Du mich die Wahrheit über den Atman gelehrt. Deine Worte<br />

sind geheimnisvoll und hehr. Mein Unwissen haben sie zerstreut.<br />

Durch Dich, des Augen wie die Lotosblumen sind, habe ich von Ursprung und Vergehen<br />

aller Kreatur und Deiner eigenen endlosen Herrlichkeit erfahren.<br />

Oh, höchster Herr, Du bist, wie Du Dich selbst beschreibst; kein Zweifel ist in mir<br />

mehr. Doch sehn’ ich mich danach, zu schauen Dein göttliches Wesen.<br />

Wenn Du mich dessen wert erachtest, so offenbare mir, oh Meister aller Yogis, Deinen<br />

wandellosen Atman.<br />

Sri Krischna:<br />

So siehe, oh Prinz, denn meine göttlichen Gestalten, die vielen Hunderttausende, an<br />

Art, an Farbe und an Form verschieden.<br />

Nehme wahr die Adityas, die Vasus, die Rudras, die Aswins und die Maruta 60 . <strong>Die</strong><br />

vielen Wunder nehme wahr, oh Spross der Bharata, die noch kein Mensch je geschaut.<br />

Oh Überwinder der Trägheit, noch heute sollst Du das Weltalle mit allem Beseelten<br />

und Unbeseelten als Eins in mir erfahren. Doch nicht mit Menschenaugen wirst Du<br />

mich innerlich erfahren können. Darum eröffne ich Dir die Fähigkeit, meiner durch<br />

Deine Innenschau gewahr zu werden.<br />

Sandschya:<br />

Dann, oh König, nachdem Sri Krischna, Meister aller Yogis, diese Worte gesprochen<br />

hatte, offenbarte er Arjuna seine alle Phantasien übersteigende, allgöttliche Gestalt,<br />

sprach aus unzähligen Mündern, blickte aus Myriaden von Augen, bot zahllose, an<br />

Wundern überreiche Anblicke, mit Ornamenten göttlicher Natur geschmückt, himmliche<br />

Waffen aller Arten schwingend, mit Blumenkränzen und mit paradiesischen Gewändern<br />

angetan, gesalbt mit Düften überirdischer Wohlgerüche, voll von Enthüllungen,<br />

hellstrahlend, grenzenlos, allgegenwärtig.<br />

60 Verschiedene Stufen himmlischer Wesen<br />

96


<strong>Die</strong> Schau der göttlichen Inwendigkeit und Kraft<br />

97


Nimm an, es stiegen am Firmament im gleichen Augenblick viele Tausend Sonnen:<br />

So herrlich strahlt die Allgestalt des ewigen Gottes.<br />

Dann sah der Sohn der Pandu das gesamte Weltall in seinen endlosen verschiedenen<br />

Teilen geborgen wie ein einziges Wesen.<br />

Von all den Wundern völlig überwältigt war Arjuna, der Herrscher über mächtigen<br />

Reichtum. Das Haar stand ihm zu Berge. Er weinte ergriffen, dass er in sich die<br />

Weisheit der Weisheiten erfuhr: <strong>Die</strong> Ewigkeit des Brahman.<br />

Tief neigte er sich und die Hände faltend sprach er:<br />

Arjuna:<br />

Ich sehe Brahma, thronend auf dem Lotus, sehe alle Weisen und sehe die<br />

Heiligen.<br />

Allumfassende Gestalt, ich sehe Dich ohne Grenzen,<br />

Endlos reich an Augen, Mündern, Armen, Leibern,<br />

Sehe und finde nicht Ende, Mitte noch Anfang.<br />

Strahlend nach allen Seiten blendest Du das Auge mit Deinem Glanz,<br />

Der sonnengleich leuchtet, wie Feuer ist, glühend und grenzenlos. 61<br />

Das, was wir kennen, bist Du und erhaben, weit über Menschenermessen,<br />

Der Welten sicherer Grund und nimmer wankende Zuflucht,<br />

Wächter des ewigen Gesetzes, des Lebens unsterbliche Seele.<br />

Geburtlos, todlos; Dein ist die allumfassende Kraft, Alles umfassender,<br />

Sonne und Mond sind die Leben spendenden Kräfte auf diesem Planeten,<br />

Auf dem das Leben wandelt. Der Himmel von Erde sondert.<br />

Herrlich und schrecklich lässt Du vor Deiner Gestalt mich erzittern.<br />

Strahlend nach allen Seiten blendest das Auge Du mit Deinem Glanz,<br />

Der Sonnengleich leuchtet wie Feuer ist, glühend und grenzenlos.<br />

Das, was wir kennen bist Du und weit über Menschenermessen erhaben.<br />

Der Welten sicherer Urgrund und niemals wankende Zuflucht,<br />

Wächter des ewigen Gesetzes des Lebens und ihre unsterbliche Seele.<br />

Geburt- und todlos bist Du der Inhalt allen Seins.<br />

Du hauchst die Welten zu Asche,<br />

Füllst des Himmels vier Ecken,<br />

Der Himmel von Erde sondert.<br />

Mit gefalteten Händen gehen die Scharen der Devas<br />

Ein in Dich in Ehrfurcht und Staunen.<br />

Künde mir, wer Du bist und warst von Anbeginn!<br />

In Ehrfurcht neige ich mir vor Dir, oh Herr.<br />

Unerforschlich sind mir Deine Wege.<br />

61 Gegebenenfalls ist dieses eine Anspielung auf die Leben spendende Sonne...<br />

98


Sri Krischna:<br />

Ich bin Raum und Zeit und darin enthalten<br />

Geburt, Leben und Tod.<br />

Lässt die menschliche Gemeinschaft ab<br />

Von Vernunft und verständigem Gestalten<br />

Und missachtet das Dharma,<br />

So überwiegt das Raja-Guna im Herzen der Völker,<br />

Das Verlangende, das Gierige und das Ausgrenzende,<br />

geblendet von Eigensucht und verkennend das Dharma.<br />

Weil sie mich nicht zu verstehen suchen,<br />

Sind alle diese Heere zum Sterben bestimmt.<br />

Ob Du kämpfst oder nicht:<br />

Weil sie bar und jenseits von Vernunft und Verstand sind,<br />

geblendet sind nach Besitz und Reichtum,<br />

sind sie darauf aus, Dich und Deine Sippschaft zu morden.<br />

Deshalb kämpfe: Du richtest das Dharma wieder,<br />

und sei deshalb ohne Furcht. 62<br />

Arjuna:<br />

Du bist der Erste, der Höchste, oh uralter Geist.<br />

In Dir liegt der Kosmos geborgen.<br />

Ewigen Wandels voll, gestaltest Du dauernd die Schöpfung.<br />

Vater von allem Geborenen und des Weltalters Vater,<br />

Seie gegrüßt mit allen erdenklichen Grüßen.<br />

Arjuna innehaltend weiter:<br />

Unbedacht nannte ich Dich ‚Krischna’ und lieber ‚Gefährte’<br />

Und hielt den todlosen Gott für meinen sterblichen Freund.<br />

Vermessen vor Liebe, Deiner Größe mir gar nicht bewusst.<br />

Urheber dieser Welt, der bewegten, der unbewegten,<br />

Dir allein gebührt Ehrung, Dir als dem Höchsten.<br />

Wo in allen Welten gäbe es Deinesgleichen? 63<br />

62 Dabei muss ich derart an die Gräuel des ZWEITEN WELTKRIEGES und die Teilung der<br />

Gesellschaftsbündnisse durch den KALTEN KRIEG denken. Das alles hätte nicht sein<br />

brauchen...<br />

63 SRI RAMAKRISCHNA:<br />

‣ Der Gottergebene akzeptiert die drei Gunas. Er sieht, dass es nur Gott ist, der zu<br />

den Naturgesetzen, dem Universum und allen Lebewesen geworden ist.<br />

‣ Wer Gott nicht in sich selbst findet, wird ihn niemals außerhalb von sich selbst<br />

finden. Aber der, der ihn im Tempel der eigenen Seele sieht, sieht ihn auch im<br />

Tempel, welcher dieses Universum ist.<br />

99


100


101


102


103


104


105


106

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!