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Die Bhagavad Gita

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Zweitens: <strong>Die</strong> Menschen können nicht nur durch Schlussfolgerungen etwas über den<br />

Göttlichen Urgrund wissen, sondern sind fähig, seine Existenz durch unmittelbare<br />

Intuition zu erfahren, die über die Beweisführung des Verstandes erhaben ist. <strong>Die</strong>se<br />

unmittelbare Erfahrung lässt den Erkennenden eins werden mit dem Erkannten.<br />

Drittens: Der Mensch besitzt eine Doppelnatur, das in Erscheinung tretende Ich und<br />

das ewige Selbst, das den inneren Menschen ausmacht, den Geist, den Funken<br />

Göttlichkeit in der Seele. Verlangt es den Menschen danach, so hat er durchaus die<br />

Möglichkeit, seine Identität mit dem Geist festzustellen und ebenso auch mit dem<br />

Göttlichen Urgrund, der von derselben Wesensart ist wie der Geist.<br />

Viertens: Das Erdenleben des Menschen hat nur ein einziges Ziel: sich mit dem ewigen<br />

Selbst zu identifizieren und somit zu einer vereinigenden Erkenntnis des Göttlichen<br />

Urgrundes zu kommen.<br />

Im Hinduismus findet sich die erste dieser vier Lehren in scharf umrissenen Sätzen.<br />

Der Göttliche Urgrund ist Brahman, dessen schöpferische, erhaltende und verwandelnde<br />

Aspekte sich in der hinduistischen Trinität manifestieren. Eine Hierarchie von<br />

Manifestationen verknüpft die unbeseelte Materie mit Menschen, göttlichen Wesen,<br />

Göttern und der über alle Gegensätze erhabenen höchsten Gottheit.<br />

Im Mahayana-Buddhismus wird der Göttliche Urgrund Geist genannt oder ‚das reine<br />

Licht der Leere’; die Stelle der Götter nehmen die Dhyani-Buddhas ein.<br />

<strong>Die</strong> gleichen Begriffe sind durchaus mit dem Christentum vergleichbar und wurden<br />

tatsächlich – implizite oder explizite – auch von vielen katholischen und protestantischen<br />

Mystikern dann angewandt, wenn sie eine den durch überrationelle Intuition<br />

beobachteten Tatsachen angepasste Philosophie formulierten. So gab es für ECK-<br />

HART und RUISBROEK einen Göttlichen Urgrund, welcher der Dreieinigkeit ebenso<br />

zugrunde liegt wie Brahman der Trinität Brahma, Vishnu und Shiva. SUZO hat sogar<br />

eine geometrische Darstellung der bestehenden Beziehungen zwischen höchster<br />

Gottheit, dreieinigem Gott und den Geschöpfen hinterlassen. In dieser äußerst seltsamen<br />

und interessanten Zeichnung verbindet eine Manifestationskette das geheimnisvolle<br />

Symbol des Göttlichen Urgrundes mit den drei Personen der Trinität; und die<br />

Trinität steht ihrerseits wiederum in absteigender Linie mit Engeln und Menschen in<br />

Verbindung. <strong>Die</strong>se letzten haben, wie das Bild deutlich zeit, die Wahl zwischen zwei<br />

Wegen. Sie können entweder das Leben des äußeren Menschen wählen, das Leben<br />

des vom übrigen abgetrennten Ichs, in welchem Falle sie verloren sind, denn, so sagt<br />

die Theologica Germania: „Nichts verbrennt in der Hölle, ausgenommen das Ich“,<br />

oder aber sich mit dem inneren Menschen identifizieren, was ihnen die Möglichkeit<br />

gibt, durch die einigende Erkenntnis wieder aufzusteigen zur Dreieinigkeit und sogar<br />

über diese hinaus zur letzten Einheit des Göttlichen Urgrundes.<br />

In der mohammedanischen Tradition würde eine solche Rationalisierung der unmittelbaren,<br />

mystischen Erfahrung auf gefährliche Weise unorthodox wirken. Nichtsdestoweniger<br />

hat man beim Lesen gewisser Sufi-Texte den Eindruck, ihre Autoren haben<br />

sich al haqq, das Wahre, als den Göttlichen Urgrund oder die Einheit Allahs vorgestellt<br />

und darin die Basis der aktiven und persönlichen Aspekte der Gottheit gesehen.<br />

<strong>Die</strong> zweite Lehre der Ewigen Weisheit – dass es möglich ist, den Göttlichen Urgrund<br />

durch unmittelbare, alles beweisende Denken übersteigende Intuition zu erkennen –<br />

findet sich in sämtlichen großen Religionen der Welt. Ein Philosoph, der sich damit<br />

zufrieden gibt, das Äußerste an Realität nur theoretisch oder von Hörensagen zu<br />

kennen, wird von Buddha mit einem Hirten verglichen, der eines anderen Mannes<br />

Kühe hütet. Mohammed gebraucht einen sogar noch drastischeren Vergleich. Für ihn<br />

ist ein Philosoph, der vor der Metaphysik die Augen verschließt, nichts als ein mit<br />

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