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Kritisches Handbuch zur Aufrüstung und Einsatzorientierung der Bundeswehr

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<strong>und</strong> B<strong>und</strong>eswehr nicht auf diese Erfahrung. Am Ende<br />

bestand das deutsche Engagement vor allem in einer<br />

bedeutsamen finanziellen Beteiligung in Höhe von<br />

knapp 17 Milliarden D-Mark, ohne dass die B<strong>und</strong>eswehr<br />

aktiv an den Kampfhandlungen teilgenommen<br />

hätte. Deutschland war „wie<strong>der</strong>vereinigt“, aber aus<br />

Sicht <strong>der</strong> Herrschenden nicht kriegstauglich, militärisch<br />

„nicht glaubwürdig“.<br />

1990er Jahre: Salamitaktik in Richtung<br />

Kampfeinsatz<br />

An <strong>der</strong> Entschlossenheit <strong>der</strong> damals regierenden<br />

konservativ-liberalen Regierung, die B<strong>und</strong>eswehr in internationale<br />

Einsätze bringen zu wollen, än<strong>der</strong>te sich<br />

nichts. Nur ging sie nach <strong>der</strong> Erfahrung mit dem Irak-<br />

Krieg 1991 behutsam vor, um nicht durch übereiltes<br />

Vorpreschen zu großen Wi<strong>der</strong>stand hervor<strong>zur</strong>ufen.<br />

Zunächst kamen ausschließlich Auslandseinsätze mit<br />

UN-Mandat in Frage – <strong>und</strong> auch nur solche, in denen<br />

deutsche Soldaten nicht kämpfen (<strong>und</strong> sterben) würden.<br />

Es ging darum, die öffentliche Meinung zu gewinnen,<br />

indem die Entsendung deutscher Soldaten als<br />

rein humanitäres Anliegen verkauft wurde.<br />

Als während des beginnenden Bürgerkrieges im<br />

ehemaligen Jugoslawien im Jahr 1992 die Marine an<br />

Patrouilleneinsätzen <strong>der</strong> NATO <strong>zur</strong> Durchsetzung eines<br />

Embargos gegen Serbien in <strong>der</strong> Adria beteiligt wurde,<br />

betonte <strong>der</strong> damalige Verteidigungsminister Volker<br />

Rühe: „Niemand setzt in diesem Konflikt in erster<br />

Linie auf militärische Maßnahmen. […] Wir sind uns<br />

international einig, dass ein Einsatz von Kampftruppen<br />

in Jugoslawien nicht in Frage kommt.“ 22<br />

Auf den Hinweis des Nachrichtenmagazins Der Spiegel,<br />

dass „we<strong>der</strong> die Bürger noch die B<strong>und</strong>eswehr<br />

10<br />

auf solche militärischen Ausfl üge vorbereitet“ seien,<br />

antwortete Rühe: „Das ist ja meine These. Deswegen<br />

müssen wir Schritt für Schritt vorgehen. Es geht<br />

auch nicht nur darum, die Soldaten, son<strong>der</strong>n die<br />

ganze Gesellschaft auf diese neuen Aufgaben vorzubereiten.“<br />

23<br />

Das von Rühe angekündigte Vorgehen nach Art <strong>der</strong><br />

Salamitaktik, das heißt, sich „Schritt für Schritt“ in<br />

Richtung Kampfeinsätze zu bewegen, wurde in den<br />

folgenden Jahren systematisch umgesetzt. Der 1992<br />

begonnene Einsatz <strong>zur</strong> Durchsetzung eines gegen<br />

das serbisch dominierte Rest-Jugoslawien gerichteten<br />

Embargos ging im folgenden Jahr in die von <strong>der</strong> NATO<br />

geführte Operation Sharp Guard über, in <strong>der</strong>en Rahmen<br />

die deutsche Marine mit je zwei Kriegsschiffen<br />

beteiligt war. Daneben wurden B<strong>und</strong>eswehrsoldaten<br />

im gleichen Zeitraum im Rahmen <strong>der</strong> Operation Deny<br />

Flight <strong>zur</strong> Durchsetzung einer Flugverbotszone über<br />

Bosnien-Herzegowina in AWACS-Aufklärungsflugzeugen<br />

<strong>der</strong> NATO eingesetzt. Neben <strong>der</strong> Aufklärung<br />

des Luftraums hatte die Mission <strong>zur</strong> Aufgabe, die<br />

US-Luftwaffe bei <strong>der</strong> Durchführung von Angriffen auf<br />

serbisch-jugoslawische Ziele zu unterstützen. Dabei<br />

kam es zum Abschuss mehrerer jugoslawischer<br />

Kampfflugzeuge.<br />

Die Einsätze in <strong>der</strong> Adria <strong>und</strong> über dem Luftraum<br />

Bosniens liefen bis 1996. Sie hatten aus Sicht <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esregierung mehrere Vorteile. Sie waren mit<br />

UN-Mandat ausgestattet <strong>und</strong> ließen überdies kaum<br />

die unmittelbare Beteiligung von B<strong>und</strong>eswehrsoldaten<br />

an bewaffneten Auseinan<strong>der</strong>setzungen erwarten.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung griff im Rahmen <strong>der</strong> NATO-<br />

Operationen de facto als Konfliktpartei auf Seiten<br />

<strong>der</strong> kroatisch-muslimischen Kräfte in den bosnischen<br />

Bürgerkrieg ein, konnte dies aber nach außen als Friedenssicherung<br />

darstellen.

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