Mittelstandsmagazin 01-2017
Neue Wege im Mittelstand: Einzelhandel geht online | E-Government: Deutschland verpasst den Anschluss | Handwerk stärken: Zurück zum Meister | "Digitales Entwicklungsland: Jens Spahn im Interview
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MIt:DeBatte<br />
Seit den 1990er Jahren gab es bundesweit den trend,<br />
öffentlich-rechtliche aufgaben zu privatisieren. nun<br />
stehen mehrere tausend neuvergaben der konzessionen<br />
von Strom- und Gasnetzen an, was kommunen dazu<br />
veranlasst, eigenbetriebe oder Beteiligungsgesellschaften<br />
bei der Vergabeentscheidung zu bevorzugen. Deshalb<br />
stellen wir die frage: Sollten örtliche aufgaben im Rahmen<br />
der Daseinsvorsorge rekommunalisiert werden?<br />
Ihre Meinung zählt<br />
Stimmen Sie mit ab auf der MIt-Webseite!<br />
Unter www.mit-bund.de/<br />
mitmachen/umfrage können Sie<br />
Ihre Meinung zum aktuellen Pro und<br />
Contra äußern. Über das abstimmungsergebnis<br />
informieren wir im<br />
MIt:neWSletteR. Sollten Sie diesen<br />
noch nicht erhalten, können Sie ihn<br />
unter www.mit-bund.de/newsletter<br />
kostenlos abonnieren.<br />
„Staatswirtschaft muss gestoppt werden“<br />
Fotos: Laurence Chaperon, BDE<br />
CONTRA<br />
Sollten Schrottsammlungen oder der<br />
Betrieb eines Rechenzentrums kommunale<br />
aufgaben sein? Ist Daseinsvorsorge<br />
in einer Stadt wie Berlin dasselbe wie in<br />
einem Dorf in der Uckermark? Jedenfalls<br />
ist in den letzten Jahren der Umsatz<br />
kommunaler Unternehmen explodiert:<br />
Mit fast 300 Milliarden euro satz entfallen deutlich mehr als<br />
Umtelekom<br />
und Bahn in die Privatisierung<br />
eingestiegen und kaum ein<br />
zehn Prozent unseres Bruttoinlandproduktes<br />
auf kommunale<br />
Unternehmen. Während<br />
die Bundesebene mit Post,<br />
Bürger den alten Staatsapparaten hinterhertrauert,<br />
feiert auf kommunaler ebene<br />
der Volkseigene Betrieb (VeB) 2.0 fröhliche<br />
Urstände.<br />
Und es sind immer mehr Branchen betroffen:<br />
energie-, Wasser- und Recyclingwirtschaft,<br />
Garten- und landschaftsbau,<br />
Datenverarbeitung. kommunen betreiben<br />
kurioserweise im Saarland Meeresfischzucht<br />
und in niedersachsen Pommesbuden,<br />
Reisebüros, fitnesscenter. es geht<br />
längst nicht mehr um Daseinsvorsorge.<br />
noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik<br />
hat irgendwo eine kommunalaufsicht<br />
eine unternehmerische aktivität<br />
gestoppt – auch nicht die fälle, die zur<br />
Insolvenz der ersten Stadtwerke geführt<br />
haben. auch nicht die zahlreichen fälle,<br />
die die Berichte der Rechnungshöfe oder<br />
des Bundes der Steuerzahler füllen. Hier<br />
stimmt etwas nicht!<br />
ebenso gehören die kom-<br />
munalen Privilegien auf den<br />
Prüfstand: Die Befreiung von<br />
der Umsatzsteuer bei öffentlich-rechtlichen<br />
Unternehmen,<br />
die freistellung von fairem<br />
Wettbewerb und Vergaberecht – all<br />
das passt nicht zu den Sonntagsreden,<br />
in denen Mittelstand und familienunternehmen<br />
sich Schulterklopfer der Politik<br />
abholen dürfen. Im tagesgeschäft<br />
hingegen werden regional verankerte<br />
Mittelständler vom Markt verdrängt –<br />
und zwar durch den Staat selbst. Vorfahrt<br />
für den Mittelstand klingt da nur<br />
noch wie Hohn.<br />
Wer für ordnungspolitische Vernunft<br />
eintritt, muss der Staatswirtschaft einhalt<br />
gebieten. auch und insbesondere<br />
den kommunalen auswüchsen. •<br />
Peter Kurth, finanzsenator a.D., studierte Rechts- und Politikwissenschaften und ist seit 2009 Präsident<br />
des Bundesverbands der Deutschen entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDe). Seit 2<strong>01</strong>2 ist er<br />
Präsidiumsmitglied des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und seit 2<strong>01</strong>4 Vizepräsident der<br />
feaD, der europäischen föderation der entsorgungswirtschaft.