REPORT GRÖNLAND WINTER-ABENTEUER Pur! Pur!“, ruft der Inuit Mika. „Pur, Jackie, Pur!“, und meint damit seinen Schlittenhund „Jackie“, benannt nach dem Filmstar Jackie Chan. Der Hund weiß genau, was sein Führer möchte: „Pur“ ist eine abgewandelte Form von „Pull“ – dem englischen Wort für „Zieh!“. Und genau das müssen die Hunde tun: ziehen! Ihre Pfoten sinken in den tiefen Schnee ein. Mitte April ist die Sonne schon stark und überall haben sich bereits kleine Pfützen gebildet. Es erscheint kaum möglich, den Schlitten samt Hundeführer, zwei Gästen und Ausrüstung über die nächste Anhöhe zu ziehen, aber den zwölf Hunden gelingt es trotzdem. Dabei ziehen sie ein Gewicht, das dem eigenen Körpergewicht von circa 25 Kilogramm entspricht – und das über mehrere Stunden. HELDEN MIT VIER PFOTEN Der Schlitten gleitet nahezu lautlos über den noch zugefrorenen Fjord. Hinein in die Gebirgslandschaft, die noch von Eis und Schnee bedeckt ist, aber hier und da auch schon braune Flecken aufweist. „Die Hunde sind die wahren Helden der Arktis“, meint Sven Gust von Northern Explorers. Der Deutsche, der sich nördlich von Trondheim in Norwegen niedergelassen hat, organisiert schon seit Jahren Tauchexpeditionen in die Arktis. „Schlittenhunde waren in den letzten Jahrhunderten die wichtigsten Nutztiere in Grönland. Sie waren im Winter oft das einzige Transportmittel und brachten die Inuit an die Eisgrenze oder transportierten sie zum Jagen in abseits gelegene Fjorde“, so Gust weiter. Neuerdings haben aber die mit Benzin betriebenen Motorschlitten die Hunde mehr und mehr verdrängt, da diese im Sommer keine Aufmerksamkeit benötigen, während Hunde ständig gefüttert werden müssen. „Die meisten Inuit sind sehr arm und können sich nicht viel leisten. Ein Motorschlitten kann im Sommer einfach in der Ecke stehen und kostet kein Geld“, erklärt Gust. Aber zum Glück gibt es in Tasiilaq, der Hauptstadt Ost-Grönlands, in der etwa 2000 Einwohner leben, immer noch Schlittenhunde und Hundeführer, die auf dieses traditionelle Verkehrsmittel setzen. „Besonders bei dünnem Eis sind die Hundeschlitten gegenüber den schwereren Motorschlitten im Vorteil“, erzählt Gust. Und für Touristen sind Hundeschlittentouren eine tolle Möglichkeit, grönländische Tradition kennenzulernen. „Dieses Erlebnis wollen wir natürlich Nach der Fahrt mit dem Hundeschlitten wird das Equipment für einen Tauchgang unter Eis vorbereitet. Zwei Taucher bahnen sich ihren Weg durch einen Riss in der Eisschicht. Ein Inuit beim Eisangeln in der Nähe von Tasiilaq (von oben rechts im Uhrzeigersinn). Der Schnee ist zu feucht, sodass wir den Schlitten kurz verlassen und selber laufen müssen. Es ist anstrengender als gedacht – da sieht man die Leistung der Schlittenhunde schnell mit ganz anderen Augen. nutzen und unseren Gästen neben dem <strong>Tauchen</strong> auch noch ein Abenteuer anbieten“, schwärmt Gust. Während der einwöchigen Expedition gibt es eine dreitägige Tour, die in einen nahen Fjord führt. „Mit den Hunden brauchen wir dorthin etwa fünf bis sechs Stunden“, so Gust. Der Großteil der Ausrüstung wird mit dem Motorschlitten transportiert, damit die Hunde diese nicht noch zusätzlich ziehen müssen. Eine anfängliche Unsicherheit, weil man erst nicht so recht weiß, wo man sich festhalten oder wo man die Füße hinstellen soll, verliegt schnell. Die Hunde, die schon ungeduldig gewartet haben, sind jetzt nicht mehr zu halten. Mit weit heraushängender Zunge werfen sie sich in ihr Geschirr und ziehen die dünnen Seile stramm, an denen der Schlitten befestigt ist. Und spätestens wenn der Schlitten das erste Mal ins Gleiten kommt und lautlos über den Fjord fährt, haben die Gäste ein Grinsen auf dem Gesicht. Nur bei steilen Anstiegen und zu feuchtem Schnee müssen wir abspringen und neben dem Schlitten her laufen, um es den Hunden ein wenig zu erleichtern. „Das Laufen im tiefen Schnee ist anstrengender als gedacht. Der Respekt vor den Hunden steigt, wenn man sich wieder auf den Schlitten fallen lassen kann“, resümiert homas aus Heidelberg den letzten Anstieg. Der Hobby-Triathlet, der sich sonst kaum über Anstrengung beklagt, indet seit Jahren Gefallen an Reisen in die Arktis. „Besonders die Kombination von <strong>Tauchen</strong> und Hundeschlitten-Touren hat mich bei dieser Expedition besonders gereizt“, erzählt er weiter. 64 TAUCHEN.DE 3/<strong>2017</strong>
Die Eisberge sind Kunstwerke der Natur und beeindrucken durch ihre Größe und einzigartigen Strukturen. 3/<strong>2017</strong> TAUCHEN.DE 65