Bauen in der Lücke.pdf - Wohnbau - TU Wien
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Moriyama-Sans Leben <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Haus Tokio, November 2008<br />
Wir bef<strong>in</strong>den uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ruhigen Vorort von Tokio,<br />
abseits des bunten Treibens <strong>der</strong> Großstadt. E<strong>in</strong>e typisches,<br />
verdichtetes Vorortensemble, als ob die Zeit stillstände.<br />
Mittendr<strong>in</strong> – weiße Qua<strong>der</strong>, <strong>in</strong> verschiedensten Größen,<br />
fast beliebig und wild durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Landschaft<br />
gesetzt. Rundum ist alles so wie immer, den Menschen<br />
wohl bekannt. Da sticht dieses Sammelsurium von Blöcken<br />
erst so richtig heraus. Im Gegensatz dazu stehen die<br />
Gebäude r<strong>in</strong>gsum, denen man die Zeichen <strong>der</strong> Zeit längst<br />
ansieht, denen das Leben se<strong>in</strong>en Abdruck tief e<strong>in</strong>geprägt<br />
hat. Die weiße Qua<strong>der</strong>struktur dagegen sche<strong>in</strong>t auf ihre<br />
eigene Idee reduziert. Bei genauer Betrachtung handelt es<br />
sich aber um das Gegenteil – e<strong>in</strong>en Wohnkomplex, <strong>der</strong> die<br />
Lebenskraft se<strong>in</strong>er Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner erst an<br />
die Oberfläche zu br<strong>in</strong>gen sche<strong>in</strong>t. Und <strong>in</strong> den Qua<strong>der</strong>n<br />
sitzen überdimensional große und sche<strong>in</strong>bar ohne genaues<br />
Konzept e<strong>in</strong>gebaute Fensteröffnungen.<br />
Das „Moriyama House“ ist e<strong>in</strong> Wohnkomplex, bestehend<br />
aus e<strong>in</strong>er Ansammlung von zehn Qua<strong>der</strong>n verschiedener<br />
Größe <strong>in</strong>mitten e<strong>in</strong>er rechteckigen Grundfläche. Manche<br />
s<strong>in</strong>d ebenerdig, manche zweistöckig, zwei dreistöckig und<br />
e<strong>in</strong>ige wie<strong>der</strong>um haben e<strong>in</strong> Kellergeschoss. Jede e<strong>in</strong>zelne<br />
dieser Boxen, jedes e<strong>in</strong>zelne Stockwerk besteht aus nur<br />
e<strong>in</strong>em Raum, unterbrochen höchstens durch Nass- und<br />
Stauräume. Zuerst sche<strong>in</strong>en diese „Schachteln“ wild<br />
durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>geraten – auf den zweiten Blick lässt sich<br />
jedoch die Bedeutung <strong>der</strong> Gärten und Wege dazwischen<br />
erkennen. Die Relation von Gärten und Häusern ist genau<br />
durchdacht, ebenso die Öffnungen <strong>der</strong> Fenster. An zwei<br />
Seiten grenzt <strong>der</strong> Komplex an die Straße, das Grundstück<br />
selbst ist durch ke<strong>in</strong>e Zäune o<strong>der</strong> Hecken abgegrenzt.<br />
Interessierten bietet es also freien Zugang. Und wer dann<br />
tatsächlich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geht, bemerkt auch, dass er am Leben <strong>der</strong><br />
Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner tatsächlich teilhaben kann,<br />
denn nichts bleibt verborgen.<br />
Die riesigen Fenster jedes Raumes geben das Leben <strong>der</strong><br />
Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner preis. Da würde man wohl<br />
dicke Vorhänge o<strong>der</strong> Jalousien vermuten. Mitnichten. Die<br />
Häuser stehen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> nämlich so gegenüber, dass die<br />
Fenster sorgfältig gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> versetzt s<strong>in</strong>d. Egal ob<br />
man gegenüber nun die Fenster weit geöffnet hat, die<br />
Blicke kreuzen sich nicht. Deshalb nimmt hier das Leben<br />
auch mit unverhangenen Fenstern se<strong>in</strong>en Lauf. Mit dem<br />
Resultat, dass die Gärten und <strong>der</strong> Blick auf die Umgebung<br />
e<strong>in</strong>en fixen Bestandteil des eigenen Lebensraumes bilden.<br />
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